Kitabı oku: «Feuerwehr - Challenge», sayfa 6
„Ich nehme das Filet vom Dover sole“, bestellte ich bei der jungen Frau. „Doch bitte mit Pommes Frites anstatt der Kräuterkartoffeln. Und den Salat können sie getrost weglassen, vielleicht bringen sie stattdessen eine doppelte Portion Pommes. Und das alles mit Mayonnaise und Ketchup bitte. Und was können sie mir für den Hund empfehlen?“
„Für den Hund?“ Die Frau überlegte. „Wir haben einen Schnitzelteller für Kinder. Wenn wir die Pommes Frites weglassen, da...“
„Nein, nein, bringen sie den Teller ruhig mit Pommes.“ Ich wusste, dass ich die Kartoffelstäbchen essen würde. „Aber auf die Pommes auch ruhig Mayo und Ketchup. Und vielleicht etwas Wasser für den Hund. Und für mich noch ein Bier.“
„Selbstverständlich. Sie haben eine gute Wahl getroffen. Unsere Fisken sind wirklich frisch. Fangfrisch, ebenso natürlich die Dover sole.“
‚Merkwürdige Leute hier an der Küste‘, dachte ich, nachdem die Kellnerin gegangen war. Die Fritten nannten sie Fisken und die sollten dann ‚fangfrisch‘ sein? Und ebenso das Filet? Ich leerte mein Bierglas und schaute zufrieden in die Runde. Auch am letzten Tisch saßen nun hungrige Gäste und ich wusste, dass ich eine gute Wahl mit diesem Lokal getroffen hatte.
Das Essen kam nach einer kurzen Wartezeit, die ich mir damit verkürzte, die Leute an den Tischen ringsherum zu beobachten. Alle schienen die Nähe zum Meer ausnutzen zu wollen und durchweg Fischgerichte zu sich zu nehmen. Insgeheim schüttelte ich den Kopf. Selbst wenn diese glibberigen Tiere frisch aus der Nordsee auf den Teller kamen, so ging doch nichts über ein großes, saftiges Rindersteak. Oder ein Filet, auch wenn es aus Dover kam.
Die Bedienung stellte alles auf den Tisch, versorgte Bingo mit einer Schale Wasser und ein erster Blick zeigte mir, dass sie Mayonnaise und Ketchup vergessen hatte. „Bei beiden Gerichten fehlen Mayonnaise und Ketchup“, reklamierte ich dann auch direkt, bevor sie wieder fortlaufen konnte. Zum Glück war kein Salat dabei, doch die Pommes bei meinem Steak schienen nur eine einfache Portion zu sein. Nun, ich würde mir die von Bingos Kinderteller dazutun und im Zweifelsfall noch eine Portion nachbestellen.
„Hier“, sie zeigte auf vier kleine Tütchen, Zweimal Mayonnaise und zweimal Ketchup.“
„Das ist aber zu wenig“, lächelte ich. In diesen winzigen Tütchen konnte ja nicht viel drin sein. „Würden sie mir dann noch einmal vier von jeder Sorte bringen? Und noch ein Bier, bitte.“
Sie sah mich ein wenig merkwürdig an, nickte aber und verschwand. Wenn schon mit Geschmack, dann aber richtig. Während ich auf die Mayonnaise wartete, betrachtete ich mein Steak. Es war ziemlich dünn und paniert, was mich ein wenig verwunderte. Ein richtiges Rindersteak musste auf dem Grill medium gegart sein und höchstens mit ein wenig grobem Pfeffer bestreut werden. Vorsichtig schnitt ich das Steak an, um zu schauen, ob es wenigstens medium gebraten war.
Doch das Fleisch erschien mir merkwürdig weiß und weich. Von ‚medium‘ keine Spur. Ich überlegte ernsthaft, ob ich es nicht zurückgehen lassen sollte, doch dann knurrte mein Magen vernehmlich und ich zuckte mit den Schultern. Hier an der Küste war das wohl so und ein Dover-Steak hatte ich ja noch nie gegessen. Vielleicht musste das so sein ...
Bier, Mayonnaise und Ketchup kamen schon nach wenigen Minuten, als ich gerade Bingo das Schnitzel vorsetzte. Natürlich hatte ich die Pommes zuvor auf meinen Teller geschaufelt. Dann öffnete ich ein Tütchen nach dem anderen und verteilte die Mayo- und Ketchupmasse kunstvoll auf Pommes und Steak, was eine lustige Farbmischung ergab. „Guten Appetit“, wünschte ich Bingo, der sein Schnitzel aber schon aufgefressen hatte.
Das Steak war weich und labbrig und schmeckte ein wenig nach Fisch. Vielleicht hatte man die Rinder in Dover mit Fischmehl gefüttert, doch zum Glück rettete der Ketchup den Geschmack. Ich nahm mir vor, dieses Dover-Steak nie mehr zu essen, doch dank der doppelten Portion Pommes und der Verfeinerung mit Mayonnaise und Ketchup hatte das Essen doch einigermaßen gut geschmeckt. Sobald ich zurück in Mönchengladbach war, würde ich in meinem Lieblingssteakhaus einkehren und mir ein richtiges, gutes deutsches Rindersteak gönnen.
Die junge Frau trat an meinen Tisch, um die leeren Teller und das Besteck abzuräumen, warf einen skeptischen Blick auf meinen soßenverschmierten Teller und meinte: „Hat es dem Herrn geschmeckt?“
„Sehr gut“, lobte ich, konnte dann aber eine gewisse Kritik nicht zurückhalten: „Allerdings erschien mir das Filetsteak ... nun, also ... ein wenig ... merkwürdig.“ Ich wusste nicht, wie ich mich ausdrücken wollte, ohne direkt zu sagen, dass es überhaupt nicht gelungen war. „Also, mein Rindersteak bin ich ein wenig anders gewöhnt.“
„Rindersteak?“ Sie sah mich aus großen Augen an. „Das war doch Filet vom Dover sole. Fisken, sie verstehen?“
Ich schüttelte den Kopf. „Fritten?“
„Fisch. Fisken sind Fische und wir bieten nur Fisch an, deswegen auch Fiskenhuus.“ Sie lächelte in Richtung des Hundes. „Und natürlich für die Kinder Schnitzel. Wenn sie keinen Fisch mögen. Dover sole ist doch Seezunge ...“
Ich sah ihr entgeistert nach, als sie mit den leeren Tellern in Richtung Küche ging und verspürte plötzlich ein leichtes Würgen. Die Konstitution eines Jonathan Lärpers war nicht auf die Aufnahme irgendwelcher Fischgerichte ausgerichtet.
Doch ich riss mich tapfer zusammen und würgte ein paar Mal dezent hinter vorgehaltener Hand, bis ein enormer Rülpser mir ein wenig Linderung verschaffte.
X.
Die folgenden Tage verbrachten Bingo und ich bei herrlichem Wetter durchweg am Strand. Wir machten lange Spaziergänge und genossen die freie Zeit so gut es eben ging. Einmal wanderten wir ohne ein Ziel durch den Sand und plötzlich fand ich uns in Bensersiel wieder, doch um dieses Fiskenhuus, also das Fischhaus mit den fangfrischen Glibbertieren, machte ich einen großen Bogen. Da bevorzugte ich jetzt doch lieber die Speisen eines Schnellimbisses, wobei ich akribisch darauf achtete, auch wirklich nur Fleisch vorgesetzt zu bekommen. So etwas, wie mit dem ‚Dover sole‘ sollte mir nicht noch einmal passieren.
Am Sonntag vergaß ich fast die Einladung meiner Mieterin zum Mittagessen und wir eilten im Laufschritt vom Strand zurück zum Bauernhof. Zwei Minuten vor halb eins betrat ich das Haus, während Bingo sich draußen im Schatten niederließ und wieder mit seinem Knochen kämpfte.
Rieke de Düün kam mir schon in der Diele entgegen. „Da sind sie ja endlich, Herr Lärrperts“, begrüßte sie mich und wischte sich die Hände an einer fleckigen Schürze ab. „Wir dachten schon, sie hätten die Einladung vergessen.“
„Nein, nein“, log ich. „Ich habe an nichts anderes denken können und freue mich schon auf das Essen. Was gibt es denn Gutes?“
„Snirtjebraten. Aber kommen sie doch erst einmal herein!“ Sie führte mich in das Wohnzimmer, das ich bisher noch nicht kannte. Mit ausgestreckter Hand kam mir ihr Mann entgegen, zwei Gläser und eine Flasche in der anderen haltend. „Das ist Jendrik, mein Mann und das ist Herr Jonathan Lärrperts, unser Gast aus der Ferienwohnung.“
Wir schüttelten uns die Hände und Jendrik de Düün drückte mir direkt ein Schnapsglas in die Hand. Rasch füllte er es bis zum Rand auf. Dann redete er in Platt auf mich ein, wobei ich kein Wort verstand.
„Du musst mit dem Herrn Hochdeutsch sprechen, Jendrik“, wies ihn seine Frau zurecht. „Herr Lärrperts versteht kein Platt!“
Jendrik de Düün nickte und bemühte sich mehr schlecht als recht, mich mit verständlicheren Worten zu begrüßen. „Willkommen Herr Lärrperts, willkommen Held von Siel in unserer bescheidenen Kate.“ Der Mann war vielleicht einen Meter fünfundsechzig groß, sehr dünn und roch nach Schnaps. Er nickte mir aufmunternd zu: „Prost Herr Held! Nich lang schnacken, Kopp in Nacken.“
„Trink nicht so viel, Jendrik“, tadelte ihn seine Frau, die wieder in der Küche verschwand.
„Wie gefällt es ihnen bei uns?“, fragte Jendrik de Düün und schenkte erneut nach. Ich spürte schon die Wirkung des scharfen Getränks und wollte dankend ablehnen, musste aber feststellen, dass de Düün auf dem Ohr taub zu sein schien.
„Gut, gut. Der herrliche Strand, das gute Wetter, uns gefällt es hier sehr gut.“
Der Mann nickte sinnend und schenkte uns Schnaps nach. Ich wollte dankend abwehren, war aber zu langsam. „Jo, dat Weer löppt mit“, grunzte er, lächelte und wiederholte seinen Spruch von vorhin: „Nich lang schnacken, Kopp in Nacken.“
Zum Glück rief die Hausfrau jetzt zum Essen und ich entsorgte den Schnaps unauffällig in einem Blumentopf. „Dieses Schmietebraten, was ist das eigentlich?“, fragte ich Jendrik de Düün, bevor wir uns in die Küche begaben. Nicht, dass es sich dabei wieder um diesen unsäglichen Fisch handelte. Hier im Norden konnte man nie wissen, was sich hinter den kryptischen Bezeichnungen verbarg. Wenn ‚Fisken‘ schon nicht Fritten, sondern Fische waren, dann konnte Schmietebraten ja durchaus ein Braten von einem großen, glibberigen Fisch sein.
„Snirtjebraten“, korrigierte Jendrik mich und lachte. „Dat Oog is groter as de Mund, klööv et mi!“ Dann schien er sich plötzlich zu erinnern, dass ich kein Platt sprach. „Meine Rieke macht den besten Snirtjebraten von der ganzen Küste. Dat kannst mi klööve. Dazu gibt dat leckeren Rotkohl, Kartoffeln und Ditjes und Datjes.“
Ich setzte mich mit einem unguten Gefühl an den Tisch. Meinte der Mann in seinem unsäglichen Platt vielleicht ‚Matjes‘? Also doch wieder ein Fischgericht, was ja hier an der Küste wenig verwunderlich schien. Ich beschloss, mich mit den Kartoffeln und dem Rotkohl zu begnügen ...
Frau de Düün stellte große, dampfende Schüsseln auf den Tisch und ich sah meine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. In einer dunklen, nach den verschiedensten Kräutern duftenden Soße, schwammen irgendwelche braunen Klopse, die für mich stark nach Bratrollmöpsen aussahen. Und Bratfisch war - neben dem normalen Fisch - so ziemlich das Ekelhafteste, was ich mir vorstellen konnte.
Jendrik de Düün wollte nach dem Löffel in der Schüssel greifen, doch seine Frau haute ihm auf die Finger. „Toeerst de Gast, Jendrik!“ Dann sah sie mich an: „Greifen sie zu, Herr Lärrperts. Snirtjebraten, unsere Spezialität.“
Ich nickte und nahm ein paar Kartoffeln, danach griff ich zum Rotkohl. Kaum, dass ich die Löffel in die Schüsseln zurückgelegt hatte, stürzte sich Jendrik de Düün auf das Essen. „Jendrik du sitt mit d‘ Vörpoten in d‘ Block“, tadelte ihn seine Frau und schob mir die Schüssel mit den vermeintlichen Rollmöpsen hin. „Nehmen sie ruhig, Herr Lärrperts. Ich habe noch genügend davon.“
Ich hob eine Hand und schüttelte dankend den Kopf. „Danke, Frau de Düün, das ist sehr nett. Doch ich habe dem schon vor Jahren abgeschworen. Mir genügen wirklich die Kartoffeln und der Rotkohl. Was ist denn in der Schüssel dort?“
„Das sind Ditjes und Datjes - eingelegte Kürbisse, rote Beete und Senfgurken. Die gehören traditionell zum Snirtjebraten.“
„Datjes sind Senfgurken? Keine Fische?“ Also war anscheinend doch keine Rede von ‚Matjes‘.
„Sie würden dazu ‚Dies und Das‘ sagen“, erklärte sie lächelnd. „Es ist aber schade, dass sie kein Fleisch essen, Herr Lärrperts. Wenn ich das gewusst hätte, gäbe es natürlich etwas anderes. Sind sie so ein Vegetarier oder Veganer, Herr Lärrperts?“
„Fleisch?“ Jetzt war ich vollkommen verwirrt. Aber hier an der Küste wurde der Dover-Fisch ja auch als ‚Filet‘ bezeichnet. „Was für ein Fleisch?“
Jendrik de Düün schob sich eine übervolle Gabel in den Mund, verdrehte die Augen und nuschelte: „Snirtjebraten, Herr Lärrperts. Feinstes Schweinefleisch ... Dumm, dass sie Vegetanier sind.“
Perplex starrte ich auf die Schüssel, aus der Herr de Düün sich erneut großzügig bediente. Schweinefleisch? Keine Bratrollmöpse, keine Matjes? Kein Fisch? Ich überlegte angestrengt, wie ich die Situation für mich noch retten konnte. Da schwamm das feinste Schweinefleisch in einer würzig duftenden Soße und ich saß hier vor meinem Teller mit trockenen Kartoffeln und Rotkohl. Entschlossen zog ich die Schüssel mit dem Fleisch zu mir herüber. „Dann will ich einmal eine Ausnahme machen“, lächelte ich und wollte gerade nach dem Löffel greifen, als Frau de Düün mir die Schüssel wieder entzog.
„Nein, Herr Lärrperts. Wegen uns müssen sie doch ihren Prinzipien nicht untreu werden. Wir verstehen, wenn sie kein Fleisch essen wollen. Soll ich ihnen schnell ein Fischragout zubereiten? Oder essen sie auch keinen Fisch?“
Ich schüttelte den Kopf. „Fischragout? Das ist doch nicht notwendig, Frau de Düün. Soviel Aufwand! Ich werde einfach einmal von dem Schweinefleisch probieren.“ Mir lief das Wasser im Mund zusammen. Würziges Schweinefleisch in einer dicken, dunklen Soße. Das perfekte Sonntagsessen ...
Aber Frau de Dünn war schon aufgesprungen, nahm eine Schüssel aus dem Kühlschrank und füllte den Inhalt in einen kleinen Topf. „Das ist noch von gestern übrig. Ragout von der Seekatze. Sehr nahrhaft und bekömmlich. Und es macht mir überhaupt keine Mühe, für den Helden vom Siel tue ich doch alles.“ Sie lachte und kippte den Inhalt des Topfes auf meinen Teller. „Ich hätte den Fisch ansonsten sowieso wegschmeißen müssen, der hält sich nicht so lange ... Und falls von dem Snirtjebraten noch etwas übrigbleiben sollte, kann ich ihn ja morgen für Jendrik und mich noch einmal aufwärmen. Guten Appetit, Herr Lärrpers.“
„De Adebaars nöögt, mutt Poggen weten“, grunzte Jendrik de Düün und schaufelte sich das letzte Stück Fleisch auf den Teller.
Frau de Düün, die meinen fragenden Blick sah, übersetzte: „Wer Gäste einlädt, muss sie auch passend bewirten können. Nun essen sie aber, Herr Lärrperts, bevor das Fischragout kalt wird. Dann schmeckt es nämlich nicht mehr!“
Später schaffte ich es mühsam auf mein Zimmer. Natürlich war mein Essen fast kalt gewesen und der Geruch nach säuerlichem Glibbertier ließ mich immer wieder würgen. Doch unter dem strengen Blick der Frau de Dünn stopfte ich das Essen in mich hinein. Auf den Nachtisch verzichtete ich und mühsam den Brechreiz unterdrückend, verabschiedete ich mich rasch. Zurück in meiner Wohnung übergab ich mich keuchend über der Toilette, bis sich auch nicht das geringste bisschen Fisch mehr in meinem Magen befand.
Nach einer umfangreichen Erholungspause wanderte ich am Nachmittag mit Bingo - den ich vor dem Bauernhaus nur schwer von seinem Knochen loseisen konnte - am Strand entlang nach Bensersiel, wo ich mich in dem mir bekannten Imbiss mit einer doppelten Currywurst und reichlich Pommes mit Mayonnaise entschädigte.
XI.
Am Mittwochmorgen befand ich mich schon sehr früh in der Detektei und verfrachtete Bingo mit seinem stinkenden Knochen in Birgits Büro. Sollte das Mädchen doch auch etwas von ihrem ‚Geschenk‘ an den Hund haben.
Die letzten Tage an der Küste waren sehr erholsam und entspannend gewesen. Nachdem ich mich endlich von dem Fischschock, schon beinahe einer Fischvergiftung, erholt hatte, genossen mein Hund und ich die herrlichen Tage am Meer. Doch die Zeit ging viel zu schnell vorbei und alsbald musste ich mich von meinen Wirtsleuten verabschieden. Frau de Dünn überreichte mir mit einem Lächeln eine Dose. „Ich habe extra noch etwas Fischragout für sie gekocht, Herr Lärrperts. Da haben sie noch ein wenig Reiseproviant ...“
Die Dose wanderte unterwegs an einer Raststätte in den Mülleimer und ich gönnte mir in dem Restaurant dort ein großes Zigeunerschnitzel mit Pommes. Und natürlich ausreichend Mayonnaise!
Punkt zehn Uhr betrat ich den abgesperrten Parkplatz vor dem Krav Maga Studio und wurde von meinen Freunden dort schon erwartet. Bernd blickte demonstrativ auf seine Armbanduhr und sah mich streng an: „Jonathan, da bist du ja endlich!“ Ich begrüßte meine Kollegen, die im Halbkreis vor einem Mann in Feuerwehruniform standen. Es war wieder ein herrlicher Tag, eigentlich viel zu warm für den Monat April und die Sonne brannte jetzt schon heiß vom Himmel. Zum Glück ging ein stetiger Wind, der den Aufenthalt im Freien erträglich machte. Nachdem ich Bernd, Christine, Birgit, Jennifer, Sam, Dozer und Frank ausgiebig begrüßt hatte - lediglich Monika Salders, die quirlige kleine Brünette fehlte - sah mich der uniformierte Feuerwehrmann nun ebenfalls streng an und meinte: „Dann sind wir jetzt endlich vollzählig und können anfangen?“ Er war spindeldürr, vielleicht einen Meter und fünfundneunzig Zentimeter groß und überragte mich damit gut um eine Kopfeslänge. Neben ihm stand ein übergroßer Feuerlöscher und etwas abseits befand sich ein kleiner Haufen aufgeschichtetes Holz, sowie ein Benzinkanister.
Frank Behrmann, eigentlich Professor, Dr. phil. nat. habil. - ich wunderte mich, wie ich mir das alles merken konnte - machte zu mir das ‚Daumen-Hoch-Zeichen‘ und grinste. Er, der er in Duisburg und Dresden Elektrotechnik studiert hatte und dann zum Professor für Elektrische Netze promovierte, war ebenfalls ein fester Mitarbeiter Bernds. Ein Adrenalinjunkie, der sich - wie wir alle - dem Kampf gegen das Böse verschrieben hatte.
Der Feuerwehrmann richtete sich an die Gruppe, die schlagartig mit dem Getuschel aufhörte. Plötzlich war es totenstill auf dem Parkplatz. „Guten Morgen. Mein Name ist Udo Färse, ich bin Hauptbrandmeister bei der Feuerwehr in Rheydt und ich freue mich, sie heute zu unserem Kurs ‚Brandbekämpfung für Laien‘ begrüßen zu dürfen. Ich hoffe, sie haben sich alle schon ein wenig auf den heutigen Tag vorbereitet, so dass ich die Begriffsbestimmungen übergehen und direkt in medias res gehen kann.“
Was dann folgte, waren verschiedene Verhaltensmaßregeln im Brandfall und der monotone Ton, in dem der Brandmensch seinen Vortrag herunterleierte, gab mir genügend Zeit, über das vergangene Wochenende nachzudenken.
Herrlicher Strand, herrliches Wetter, herrliches Meer und herrliche Luft ...
„Nun, sie da ...“ Christine, die neben mir stand, stieß mich an und ich merkte, dass der Feuerwehrmann auf mich zeigte. „Wie verhalten sie sich also bei einem Brand?“
Ich blickte erschrocken auf, meine Gedanken an die Currywurst in Bensersiel zerplatzen. „Äh, also, bei einem Brand?“
„Genau, bei einem Brand. Würden sie bitte ihren Namen nennen?“
„Jonathan Lärpers, ich heiße Jonathan Lärpers. Also ... also, wenn es brennt, dann rufe ich ‚Feuer‘.“
Meine Kollegen und Freunde sahen mich an und lachten.
„Ja, sie rufen ‚Feuer‘. Das dachte ich mir schon. Würden sie bitte ein wenig mehr meinem Vortrag folgen? Sagen sie, Herr Lärpers, waren sie eingeschlafen?“
„Ich?“ Beide Hände in die Höhe haltend, verkündete ich entrüstet: „Niemals.“ Aus den Augenwinkeln sah ich Birgit, die Zicke, breit grinsen und mit Jennifer tuscheln.
Der Brandmeister fuhr mit seinem Vortag fort. Die Zeit kroch nur so dahin und ich warf verstohlen einen Blick auf meine Uhr. Bis zur Mittagspause würde es noch ein wenig dauern, doch irgendwann wäre es ja soweit. Vielleicht sollte ich Jennifer zu Curry-Erwin einladen, doch irgendwie war mir bewusst, dass ich mir bei der Blonden wieder nur eine Abfuhr holen würde.
Ach ja, Curry-Erwin. Ich dachte an all die kulinarischen Köstlichkeiten, die er mir zu Ehren schon kreiert hatte. Der Lärpers-Spezial-Teller. Oder das Schaschlik Eiffelturm, bei dem leider immer noch die Soße durch das Loch im Boden der Pappschale herauslief. Erwin arbeitete noch an einer Lösung dieses Problems. Ich musste lächeln, als ich an meine mit Schaschliksoße versauten Schuhe dachte.
Dann riss mich ein erneuter Stoß in die Seite aus meinen Gedanken. Chrissi sah mich böse an und ich hörte den Feuerwehrmann sagen: „Also, Herr Lärpers, würden sie mir bitte erklären, warum sie so dämlich grinsen, wenn ich von einer Brandleiche rede? Was, bitteschön, ist daran so lustig?“
Ich fühlte mich überrumpelt und dachte direkt an die verbrannte Frikadelle bei Curry-Erwin, die er mir einmal als neueste Kreation vorgesetzt hatte. „Ich musste gerade an den ‚Schwarzen Frikaner‘ denken“, gab ich von mir. „So hat Erwin die verbrannte Frikadelle einst genann...“
„Jonathan“, unterbrach mich Bernd und es klang wenig freundlich. „Wäre es zu viel von dir erwartet, wenn du dich auf den Lehrgang konzentrieren würdest?“
„Nein, Bernd, entschuldige. Natürlich nicht.“
Mein Freund nickte. „Nach der Mittagspause findet nämlich die Praxisübung statt und du solltest dir genau anhören, wie der Feuerlöscher zu handhaben ist!“
Ich nickte und versuchte dem dürren Männchen zu lauschen. Doch schon nach wenigen Minuten lullte mich der monotone Singsang erneut ein, mit dem er seinen Vortrag hielt. Der Mann war definitiv nicht geeignet, solche Ausbildungen durchzuführen. Als in irgendeinem Zusammenhang der Begriff ‚Wind‘ fiel, sah ich mich an den Nordseestrand zurückversetzt, an dem auch immer ein leichter Wind vom Meer her geweht und den Geruch von Salzwasser zu uns getragen hatte.
Fast so wie hier, nur, dass der Salzgeruch fehlte ...
Die Mittagspause wurde dann eine Enttäuschung für mich, denn Bernd gönnte uns lediglich eine Viertelstunde, in der wir belegte Brötchen und kalte Getränke zu uns nehmen konnten. „Nach dem Lehrgang heute Nachmittag“, erklärte er mit einem Grinsen, „treffen wir uns im Atrium zur Nachbesprechung bei einer Grillveranstaltung.“ Während Jennifer uns mit den Brötchen versorgte, nahm mich Bernd zur Seite. „Wie war dein Urlaub, Jonathan?“, fragte er und griff nach einem Mettbrötchen. Ich folgte seinem Beispiel, begnügte mich aber nicht mit einer Hälfte, sondern nahm die drei verbliebenen von dem Teller.
„Gut. Tolles Wetter, gute Seeluft und herrlicher Strand. Ein wunderbarer Urlaub.“
Bernd sah mich prüfend an. „Und sonst, war da noch etwas?“
„Ich weiß nicht, was du meinst, Bernd.“
„Nun, zum Beispiel dein Abenteuer in der Sparkassenfiliale. Oder hast du das schon wieder vergessen? ‚Der Held vom Siel‘, so haben sie dich doch genannt?“
„Ach so.“ Es war mir ein wenig peinlich, darüber zu reden. Ein Jonathan Lärpers prahlt ja nicht mit seinen Taten. Ich machte eine wegwerfende Handbewegung. „Das war eigentlich nichts Besonderes ...“
„Dafür kam es aber groß und breit in den Nachrichten“, lächelte Bernd. „Seit Tagen gibt es hier kein anderes Gesprächsthema mehr. Jonathan Lärpers, der eigentl...“
„Ja, das war schon eine Heldentat“, unterbrach ich Bernd und grinste. „Du hättest einmal sehen sollen, wie der eine Gangster dem anderen den Kopf wegschoss, also das wa...“
„... der eigentlich selbst im Urlaub von Abenteuern nicht genug bekommt“, vollendete Bernd seinen Satz. Als er dann mein verdutztes Gesicht sah, musste er herzhaft lachen.
„Denken die anderen so über mich?“, fragte ich verunsichert.
Mein Freund japste nach Luft und meinte schließlich: „Nein, Jonathan, das war ein Witz. Du hast dort hervorragende Arbeit geleistet und mehrere Menschenleben gerettet. Das war sehr gut ...“
„Nun, es war nicht alleine mein Verdienst. Bingo hat auch einen erheblichen Anteil daran. Ohne ihn wären die Räuber nie so abgelenkt gewesen, dass ich hätte in Aktion treten können.“
Ich griff nach zwei Brötchenhälften mit gekochtem Schinken und stopfte eines mit Mett in den Mund. Das Lob von Bernd hatte mir richtig Appetit gemacht.
„Langsam, Jonathan. Sonst verschluckst du dich noch und erstickst hier an Brötchenresten.“ Bernd lachte erneut: „Aber dann kann uns der Feuerwehrmann an dir vielleicht ja zeigen, wie man einen Luftröhrenschnitt korrekt und fachmännisch durchführt!“
Die Pause ging schneller vorüber, als gedacht. Ich kam kaum dazu, alle meine Brötchen zu essen, zumal mich meine Freunde bedrängten, ihnen von dem Abenteuer in Neuharlingersiel zu berichten. „Später, beim Grillen“, vertröstete ich sie, um endlich nach einem Käsebrötchen zu greifen. Zu meinen Füßen standen drei leere Colafläschchen und ich musste mich beeilen eine vierte zu leeren, als der Feuerwehrmann darauf drängte, den Lehrgang mit dem Praxisteil fortzusetzen.
Wir gruppierten uns um das aufgeschichtete Holz herum und der Dürre goss reichlich Benzin darüber. „Vorsicht bitte“, mahnte er uns, „es kann zu einer größeren Verpuffung kommen.“ Wir traten einen Schritt zurück, worauf er ein brennendes Streichholz in das Holz warf. Noch bevor es den Haufen erreichte, verlosch es. Nach dem dritten erfolglosen Versuch blickte der Mann sich irritiert um.
„Feuer löschen kann er ja vielleicht“, raunte ich Christine zu, „doch mit dem Anzünden haperts.“ Ich drängte mich nach vorne und nahm den Kanister an mich. Hier musste einfach einmal ein Fachmann ran!
„Herr Lärpers, was haben sie vor?“, kreischte der Brandmeister auf. „Lassen sie das, stellen sie den Kanister sofort wieder hier hin!“
Doch ich ließ mich nicht beirren. Es befand sich noch genug Benzin darin, so dass ich vom Holzhaufen eine Spur ein Stück weit legen konnte. Grinsend zog ich mein Feuerzeug hervor, stellte den Kanister ab und zündete das Benzin an. Dann beobachtete ich zufrieden, wie sich die blaue Flamme in Richtung Holz vorwärtsfraß.
Leider befand sich der Kanister noch zu sehr in Reichweite der Flamme, so dass er plötzlich auch Feuer fing, obwohl er geschlossen war. Es musste sich noch etwas Benzin außen daran befunden haben.
Meine Freunde und Kollegen, wichen kreischend zurück und der Feuerwehrmann rief mir zu: „Weg da, Herr Lärpers. Weg da. Der Kanister kann jeden Moment explodieren.“
Ich erkannte die Gefahr, in der wir alle schwebten und malte mir eine gewaltige Explosion aus, die den halben Parkplatz verwüstete und uns alle als Leichen zurückließ. Kurzentschlossen riss ich den Kanister an mich und schleuderte ihn so weit wie möglich von uns fort. Dann drehte ich mich grinsend zu den anderen um, deren Leben ich gerade mit meiner genialen Aktion gerettet hatte. Hinter mir ertönte eine dumpfe Explosion, die nicht annähernd dem entsprach, was mir zuvor in Gedanken durch den Kopf gegangen war. Es handelte sich eher um einen kleinen Knall, wie von einer Feuerwerksrakete. Doch durch die Gruppe ging ein Stöhnen und ich hörte, wie der Brandmeister aufschluchzte. Schnell drehte ich mich um und erblickte ein Fahrzeug, das in hellen Flammen stand.
„Das war mein Auto“, stöhnte der Feuerwehrmann und Tränen rannen über sein Gesicht. „Ein Opel Manta von Neunzehnhundertsiebzig! Ein Oldtimer, gehegt und gepflegt.“
Ich drehte mich zu der Gruppe um, zuckte mit den Schultern und meinte lakonisch: „Durfte der denn überhaupt dort stehen? Ich meine, ist das kein Sicherheitsbereich?“
Bernd unterbrach die Praxisübung für einen Moment und wir sahen dem Wagen dabei zu, wie er langsam ausbrannte und nur ein verkohltes Gerippe zurückblieb.
Dafür brannte jetzt der Holzstoß munter vor sich hin ...
Nach einer halben Stunde, in der besonders Christine, Jennifer und Birgit den Brandmeister trösteten und ihm erklärten, dass die Versicherung die Kosten bestimmt übernehmen würde, zeigte der Mann, dass er ein echter Profi war und der Kurs wurde fortgeführt. So ein Feuerwehrmann ließ sich doch von einem abgefackelten Fahrzeug nicht aus der Ruhe bringen- selbst dann nicht, wenn es sein eigenes war.
Vielleicht aber hatte auch ein wenig nachgeholfen, dass die blonde Jennifer versprach, mit ihm in den nächsten Tagen auszugehen. Das Versprechen einer hübschen Frau tröstet über so manchen Verlust hinweg.
Mir kam kurz der Gedanke, meinen Kia auch anzuzünden und es wie einen Unfall aussehen zu lassen, doch irgendwie war ich mir sicher, dass Jennifer trotzdem nicht mit mir ausgehen würde. Und zu Curry-Erwin schon gar nicht!
Aus mir unerfindlichen Gründen hatte der Feuerwehrmann mich seit der Sache mit dem Kanister auf dem Kieker und so drückte er mir den Feuerlöscher in die Hand. „Nun zeigen sie mal, was sie gelernt haben, Herr Lärpers.“ Er wies auf das allmählich verlöschende Holzfeuer. „Löschen sie, aber bitte professionell!“
Ich besah mir den Feuerlöscher und fand zum Glück an der Seite eine Bedienungsanleitung. Hier drücken, da den Stift herausziehen ... das konnte ja nicht sonderlich schwer sein. Rasch schritt ich um das Feuer herum und musste husten, als ich etwas Rauch einatmete. Der Brandmeister rief irgendetwas - es klang wie ‚wird‘ oder ‚Wind‘, doch ich hatte jetzt keine Zeit, mich um seine Rufe zu kümmern. Ich musste das Feuer löschen, bevor es von alleine ausging. Rasch aktivierte ich den Feuerlöscher, wunderte mich, wie viel Druck der Strahl aus Schaum entwickelte und fand gerade noch die Zeit, den ungünstig stehenden Wind zu verfluchen, der den Schaum zu mir zurückwehte.
„Nicht gegen den Wind“, hörte ich den Brandmeister nun rufen. Das hätte er ja auch eher sagen können!
Das Feuer brannte seelenruhig herunter, während ich über und über mit Löschschaum bekleckert war.
„Wie geteert und gefedert“, ließ sich Bernd vernehmen und die anderen lachten alle.
Bis auf den Feuerwehrmann, der mich böse ansah. „Sie haben mir nicht einen Moment zugehört“, grollte er schließlich. „Ich werde ihnen keine Urkunde ausstellen können.“ Dann wandte er sich zu der Gruppe um. „Ihnen aber schon. Ich danke für ihre Aufmerksamkeit. Sie bekommen auch später noch Unterlagen über das Gelernte von mir. Jenny?“
Die blonde Maus wandte sich dem Mann zu. „Ja, Udo?“
„Wann hast du denn Zeit für mich, wann können wir miteinander ausgehen?“
Ich eilte ins Krav Maga Studio, um mir im Duschraum den klebrigen Schaum abzuwaschen. Zum Glück befand sich in meinem Spind noch Ersatzwäsche ...
Im Atrium des Kampfstudios stand alles schon bereit für einen gemütlichen Grillabend. Jennifer hatte wirklich an alles gedacht und der Grill war ebenfalls mit Holzkohle bestückt. Ich bot mich an, ihn in Gang zu setzen, doch merkwürdiger Weise lehnten das die anderen alle einstimmig ab. Das Anzünden sollte der Feuerwehrmann übernehmen und ich hoffte, dass er diesmal mehr Geschick an den Tag legen würde, als bei dem Holz draußen.
Es wurde ein recht lustiger Abend, doch das Hauptgesprächsthema war jetzt nicht mehr ‚der Held vom Siel‘ und mein Einsatz in der Sparkasse, sondern ‚der Autofackler von Güdderath‘. Der Brandmeister, der dem Bier reichlich zusprach und es einen ‚persönlichen Löscheinsatz‘ nannte, wich Jennifer nicht mehr von der Seite. Schließlich trat die Blonde zu mir und wisperte: „Jonathan, kannst du Udo für einen Moment übernehmen?“
Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.