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Kitabı oku: «Der Schatz im Silbersee», sayfa 11

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Er gab, um von derselben nicht gehindert zu sein, seinem Gefährten die Büchse, legte sich auf die Erde nieder und kroch dem Feuer zu. Seine Aufgabe war viel leichter zu lösen, als er geglaubt hatte. Die Tramps sprachen so laut, daß er fast auf halbem Wege liegen bleiben und doch jedes Wort hören konnte.

Wenn der Häuptling der Ansicht gewesen war, daß die vier an diesem Feuer sitzenden Männer die hervorragenden Tramps, die Anführer seien, so hatte er sich nicht geirrt. Der eine von ihnen, der mit dem roten Kopfe, war der Cornel Brinkley, welcher sich mit seinen wenigen, den Rafters entkommenen Begleitern heute gegen Abend hier eingestellt hatte. Er war soeben im Sprechen, und der Humply-Bill hörte ihn sagen. »Ich kann euch also einen großen Erfolg versprechen, denn dort ist die Hauptkasse. Ihr seid also einverstanden?«

»Ja, ja, ja,« antworteten die drei andern.

»Und wie ist‘s mit Butlers Farm? Wollt ihr sie auch mitnehmen? Oder soll ich das auf eigene Faust ausführen und ein halbes Schock eurer Leute dazu werben?«

»Wir machen natürlich mit,« erklärte einer. »Sehe nicht ein, warum wir das Geld dir in die Tasche fallen lassen sollen! Es fragt sich nur, ob es schon da ist.«

»Noch nicht. Die Rafters haben nicht sofort Pferde gehabt, während ich gleich am nächsten Morgen einige gute Klepper fand. Sie können also noch nicht auf der Farm sein. Aber Butler ist auch ohnedies reich genug. Wir überfallen die Farm, rauben sie aus und erwarten dann ganz ruhig die Ankunft der Rafters und der Halunken, von denen sie befehligt werden.«

»Weißt du denn genau, daß sie dorthin kommen werden?«

»Ganz genau. Dieser Old Firehand muß hin, eines Ingenieurs wegen, welcher sich jedenfalls schon jetzt dort befindet.«

»Welches Ingenieurs? Was ist mit ihm?«

»Nichts. Das ist eine Geschichte, welche euch ganz gleichgültig sein kann. Vielleicht erzähle ich sie euch ein andres Mal. Vielleicht engagiere ich euch noch zu einem ganz andern Coup, bei welchem das Geld in Masse zu verdienen ist.«

»Du sprichst in Rätseln! Aufrichtig gestanden, möchte ich mit diesem Old Firehand lieber nichts zu thun haben. Ich hörte oft von ihm erzählen.«

»Hast du Angst?« höhnte der Rote.

»Angst nicht, aber eine sehr triftige Abneigung gegen diese Art von Menschen.«

»Unsinn! Was sollte er uns anhaben können? Denke doch, daß wir vierhundert Kerls beisammen haben, welche es mit dem Teufel aufnehmen würden!«

»Sollten die alle mit nach Butlers Farm?«

»Natürlich! Der Weg dorthin geht ja in unsrer Richtung. Wollen wir etwa wieder nach hier zurück?«

»Nein, das ist richtig. Und wann brechen wir auf?«

»Morgen nachmittag, so daß wir die Farm am Abend erreichen. Sie ist groß und wird ein hübsches Feuer geben, an welchem wir uns manchen Braten wärmen können.«

Humply-Bill hatte genug gehört; er kroch zurück zu den Gefährten und forderte dieselben auf, sich nun an die Befreiung der Osagen zu machen. Nach seiner Meinung sollte sich jeder hinter einen derselben schleichen, aber der Häuptling fiel ihm in die Rede und sagte: »Ich habe meine weißen Brüder nur geholt, um mir schnell Hilfe zu bringen, falls es mir nicht gelingen sollte, meine roten Brüder allein zu befreien. Was jetzt geschehen muß, ist nicht Sache der Weißen, sondern der roten Männer. Ich gehe allein, und meine Bruder mögen mir nur dann beispringen, wenn das, was ich thue, bemerkt wird.«

Er schlich sich wie eine Schlange auf dem Boden fort.

»Was hat er vor?« fragte der Engländer leise.

»Ein Meisterstück,« antwortete Bill. »Seid so gut und legt Euch mit uns nieder, und schaut scharf dorthin, wo die Gefangenen stehen. Geht es verkehrt, so eilen wir hin und helfen. Wir brauchen ihnen nur die Riemen zu durchschneiden und dann zu unsern Pferden zu laufen.«

Der Lord folgte der Aufforderung. Das Feuer, an welchem die vier Anführer der Tramps saßen, war vielleicht zehn Schritte von dem Rande des Waldes entfernt. An dem letzteren standen die Bäume, an welche die Gefangenen in aufrechter Stellung an Händen und Füßen gebunden waren. Neben jedem Gefangenen saß oder lag ein bewaffneter Wächter. Der Englishman strengte seine Augen an, den Häuptling zu sehen, doch vergebens. Er sah nur, daß einer der Wächter, welcher gesessen hatte, sich jetzt umlegte und zwar mit einer so schnellen Bewegung, als ob er umgefallen sei. Auch die andern drei Wächter bewegten sich, einer nach dem andern, und sonderbarerweise so, daß ihre Köpfe in den Schatten der betreffenden Bäume zu liegen kamen. Dabei war kein Laut, nicht das leiseste Geräusch zu hören gewesen.

Es verging noch eine kleine Weile und dann sah der Lord plötzlich den Häuptling zwischen sich und Bill am Boden liegen.

»Nun, fertig?« fragte der letztere.

»Ja,« antwortete der Rote.

»Aber deine Osagen sind ja noch gefesselt!« flüsterte der Lord ihm zu.

»Nein; sie sind nur stehen geblieben, bis ich mit euch gesprochen habe. Mein Messer traf die Wächter mitten in das Herz, und dann habe ich ihnen die Skalps genommen. Jetzt schleiche ich mich wieder hin, um mit meinen roten Brüdern zu den Pferden zu gehen, bei denen sich auch die unsrigen noch befinden. Da alles so gut gegangen ist, werden wir nicht fortgehen, ohne unsre Pferde zu holen.«

»Warum euch noch in diese Gefahr begeben?« warnte Bill.

»Mein weißer Bruder irrt sich. Es ist jetzt keine Gefahr mehr vorhanden. Sobald ihr die Osagen von ihren Bäumen verschwinden seht, könnt ihr Euch fortbegeben. Bald werdet ihr das Stampfen der Pferde hören und das Geschrei der Tramps, welche dort wachen. Dann kommen wir zu der Stelle, an welcher wir vorhin abgestiegen sind, howgh!«

Mit diesem letzten Bekräftigungsworte wollte er andeuten, daß jeder Einwand nutzlos sei, dann war er plötzlich nicht mehr zu sehen. Der Lord fixierte die Gefangenen; sie lehnten steif aufgerichtet an ihren Bäumen, dann waren sie in einem Nu fort, wie in die Erde hinein verschwunden.

»Wonderful!« flüsterte er dem Buckeligen begeistert zu. »Ganz, wie man es in Romanen gelesen hat!«

»Hm!« antwortete der Kleine. »Ihr werdet bei uns noch manchen Roman erleben; das Lesen ist freilich leichter, als das Mitmachen.«

»Wollen wir fort?«

»Noch nicht. Ich möchte die Gesichter sehen, welche die Kerls machen, wenn die Geschichte losgeht. Wartet noch einige Augenblicke.«

Es verging keine lange Zeit, so ertönte von jenseits des Lagers ein lauter Schreckensruf; ein zweiter antwortete; darauf folgten mehrere schrille Schreie, denen man es anhörte, daß sie aus Indianerkehlen kamen – und nun ein Schnauben und Stampfen, ein Wiehern und Dröhnen, unter welchem die Erde zu zittern schien.

Die Tramps waren aufgesprungen. Jeder rief, schrie und fragte, was geschehen sei. Da ertönte die Stimme des roten Cornels: »Die Osagen sind fort. Alle Teufel, wer hat sie – – —«

Er hielt entsetzt mitten in der Rede inne. Er war, während er sprach, zu den Wächtern gesprungen und hatte den ihm nächsten derselben gepackt, um ihn emporzuzerren. Er sah die verglasten Augen und den haarlosen, blutigen Schädel desselben. Er riß den zweiten, dritten und vierten in den Schein des Feuers und schrie dann entsetzt: »Tot! Skalpiert, alle vier! Und die Roten sind fort! Wohin?«

»Indianer, Indianer!« rief es in diesem Augenblicke von der Seite her, an welcher sich die Pferde befunden hatten.

»Zu den Waffen, zu den Pferden!« brüllte der rote Cornel. Wir sind überfallen. Man will uns die Pferde stehlen!«

Es gab eine Scene ganz unbeschreiblicher Verwirrung. Alles rannte durcheinander, aber es war kein Feind zu sehen, und erst als man sich nach längerer Zeit einigermaßen beruhigt hatte, stellte es sich heraus, daß nur die erbeuteten Indianerpferde fehlten. Nun erst, nachdem das Unglück geschehen war, wurden Posten ausgestellt und man durchsuchte die Umgebung des Lagers, doch ohne allen Erfolg. Man kam zu der Meinung, daß noch andre als nur die gefangenen Osagen im Walde gewesen seien und sich herbeigeschlichen hatten, um ihre Kameraden zu befreien. Sie hatten dabei die Wächter von hinten erstochen und skalpiert und sich dann der Indianerpferde bemächtigt. Unbegreiflich war es den Tramps, daß die Ermordung der Wächter so vollständig lautlos hatte vor sich gehen können. Wie hätten sie sich aber gewundert, wenn sie gewußt hätten, daß es nur ein einziger gewesen war, der dieses indianische Meisterstück fertig gebracht hatte.

Als dann die Anführer wieder an ihrem Feuer beisammensaßen, sagte der Cornel: »Dieses Ereignis ist zwar kein großes Unglück für uns, aber es zwingt uns zur Änderung unsres Planes für morgen. Wir müssen schon sehr frühzeitig von hier aufbrechen.«

»Warum?« wurde er gefragt.

»Weil die Osagen alles gehört haben, was wir gesprochen haben. Ein wahres Glück ist es, daß sie von unsrer Absicht auf den Eagle-tail nichts wissen, denn davon sprachen wir nicht hier, sondern vorher drüben beim andern Feuer. Aber was wir mit Butlers Farm vorhaben, das wissen sie.«

»Und du meinst, daß sie es verraten?«

»Natürlich!«

»Sollten diese wilden Halunken mit Butler befreundet sein?«

»Befreundet oder nicht; sie werden es ihm melden, um sich an uns zu rächen und uns einen warmen Empfang zu bereiten.«

»Das ist freilich leicht zu denken, und da ist es allerdings geraten, uns soviel wie möglich zu sputen. Möchte nur wissen, wo die fünf Kerls bleiben, welche dem flüchtigen Häuptling nach sind!«

»Mir auch unbegreiflich. Hätte er seine Zuflucht in dem Walde gesucht, so wäre er schwer oder unmöglich zu finden gewesen; seine Spur führte aber weit in die offene Prairie hinaus und er hatte kein Pferd. Da müssen sie ihn doch erwischt haben!«

»Jedenfalls. Aber sie sind wohl auf dem Rückwege von der Nacht überrascht worden und haben sich verirrt. Oder haben sie sich gelagert, um sich nicht zu verirren, und stoßen morgen früh zu uns. Jedenfalls werden wir ihre Fährte treffen, denn sie nahmen genau die Richtung, welche wir einhalten müssen.«

Da allerdings befand sich der Sprecher in einem Irrtum. Der Himmel oder vielmehr die Wolken sorgten dafür, daß die betreffende Spur verwischt wurde, denn es stellte sich später ein, wenn auch leichter, aber mehrere Stunden anhaltender Regen ein, welcher alle Huf- und Fußeindrücke verwischte.

Sechstes Kapitel. Ein Parforceritt im Finstern

Sobald sich, wie im vorigen Kapitel geschildert, vorhin bei den Pferden das Geschrei erhoben hatte, war es für Bill, den Uncle und den Engländer an der Zeit gewesen, sich in Sicherheit zu bringen. Sie waren, so schnell es die Finsternis gestattete, durch den Wald und zu ihren Pferden geeilt. Daß die letzteren nicht verfehlt wurden, war nur dem Scharfsinn der beiden Jäger zu verdanken. Der Lord hätte sich wohl nicht so leicht zurecht gefunden, da ein Wellenberg und Wellenthal bei Nacht noch viel mehr als am Tage dem andern glich. Sie machten die Pferde los, stiegen auf und nahmen die ledigen an der Koppel fest.

Kaum war das geschehen, so hörten sie die Indianer kommen. Der Häuptling hatte sich in der Finsternis ebenso leicht wie am hellen Tage an Ort und Stelle gefunden.

»Diese Tramps waren blind und taub,« sagte er. »Wir konnten weiter keinen von ihnen töten, denn wenn wir unsre Pferde haben wollten, durften wir uns nicht bei den Menschen verweilen; aber es werden ihrer viele in die ewigen Jagdgründe wandern, um die Geister der Osagen zu bedienen.«

»Du willst dich rächen?« fragte Bill.

»Warum spricht mein weißer Bruder solche Worte aus? Sind nicht heute acht Osagen gefallen, deren Tod gerächt werden muß? Sollten nicht die vier übrigen gemartert und gemordet werden? Wir werden nach den Wigwams der Osagen reiten, um viele Krieger zu holen. Dann folgen wir der Fährte dieser Bleichgesichter, um ihrer so viele auszulöschen, wie Manitou in unsre Hände gibt.«

»In welcher Richtung weiden jetzt die Herden der Osagen?

»Gegen Westen.«

»So müßt ihr an Butlers Farm vorüber?«

»Ja.«

»Und wie lange reitest du von dort aus, um die Deinigen zu erreichen?«

»Die ersten Herden sind schon nach einem halben Tage zu treffen, wenn man ein gutes Pferd besitzt und sich beeilt.«

»Das ist sehr gut. Wir werden uns beeilen müssen, um Butlers Farm zu retten.«

»Was sagt mein Bruder? Butler ist der Freund und Beschützer der Osagen. Droht ihm ein Unglück?«

»Ja. Doch sprechen wir nicht jetzt und hier davon. Wir müssen zunächst fort, um aus der Nähe der Tramps zu kommen. Diese wollen morgen die Farm überfallen, und wir müssen hin, um den Besitzer zu warnen.«

»Uff! Meine roten Brüder mögen die ledigen Pferde führen, damit die weißen Brüder mir leichter folgen können!«

Seine Leute gehorchten, indem sie zu den ihrigen auch noch die erbeuteten ledigen Pferde nahmen; dann ging es im Galopp zwischen die niedrigen Hügel hinein, nicht auf der Spur zurück, welche sie selbst geritten waren, denn das wäre ein Umweg nach Norden gewesen, sondern auf der Fährte, die der Häuptling und seine Verfolger heute am Nachmittage gemacht hatten. Diese führte in schnurgerader Richtung der Gegend zu, in welcher Butlers Farm lag, die der Osage hatte aufsuchen wollen.

Im Galopp! Und zwar in dieser Finsternis! Und doch war es so. Schon am Tage war es nur dem Kundigen möglich, sich ohne Irrung in dieser Rolling- Prairie zurecht zu finden; aber bei Nacht sich nicht zu verirren, das konnte fast als ein Wunder gelten. Als der Engländer dem kleinen Bill, neben welchem er ritt, eine darauf bezügliche Bemerkung machte, antwortete dieser: »Ja, Sir, ich habe zwar schon bemerkt, daß auch Ihr nicht auf den Kopf gefallen seid; aber Ihr werdet hier noch manches sehen, hören und auch selbst erleben, was Ihr vorher nicht für möglich hieltet.«

»So würdet auch Ihr Euch hier nicht verirren?«

»Ich! Hm! Wenn ich aufrichtig sein will, so muß ich Euch sagen, daß es mir nicht einfallen würde, so zwischen diese welligen Hügel hineinzustürmen. Ich würde hübsch langsam reiten und die Krümmung jedes einzelnen Thales, dem ich folgen muß, genau prüfen. Dennoch aber würde ich morgen früh an einer ganz andern Stelle als derjenigen sein, an welche ich gelangen will.«

»So kann das dem Häuptling doch auch passieren.«

»Nein. So ein Roter riecht die Richtung und den Weg förmlich. Und, was die Hauptsache ist, jetzt hat er sein eigenes Pferd wieder. Dieses Tier weicht sicher keinen Schritt von der Fährte ab, welche sein Herr heute gelaufen ist. Darauf könnt Ihr Euch verlassen. Der Himmel ist so schwarz wie ein Sack voll Ruß, und von der Erde sehe ich nicht so viel, wie ich auf einen Fingernagel legen könnte, dennoch galoppieren wir wie am hellen Tage und auf ebener Straße, und ich wette, daß wir, ehe sechs Stunden vorüber sind, unsre Pferde gerade vor der Thüre von Butlers Farm anhalten werden.«

»Wie? Was?« rief der Engländer erfreut. »Ihr wollt wetten? Das ist ja herrlich! Also Ihr behauptet das? So behaupte ich das Gegenteil und setze fünf Dollar, oder auch zehn. Oder wollt Ihr höher wetten? Ich bin sofort dabei!«

»Danke, Mylord! Das von der Wette war nichts als eine Redensart. Ich wiederhole, daß ich niemals wette. Behaltet Euer Geld! Ihr braucht es anderwärts. Denkt, was Ihr mir und dem Uncle nur schon für heute zu zahlen habt!«

»Hundert Dollar. Fünfzig für die vier erschossenen Tramps und fünfzig für die befreiten Osagen.«

»Und bald wird es noch mehr sein.«

»Allerdings, denn der Überfall der Farm, den wir abschlagen werden, ist wieder ein Abenteuer, welches fünfzig kostet.«

»Ob uns das Abweisen des Überfalles glückt, ist noch unbestimmt; es ist auch im Gegenfalle ein Abenteuer, welches Euch fünfzig Dollar kostet, nämlich wenn wir leben bleiben. Aber wie war es denn eigentlich mit Old Shatterhand, Winnetou und Old Firehand? Wieviel wollt Ihr zahlen, falls Euch einer dieser drei Männer zu Gesicht kommt?«

»Hundert Dollar, wenn es Euch recht ist.«

»Sehr recht sogar, denn es ist wahrscheinlich, daß wir morgen oder übermorgen Old Firehand begegnen.«

»Wirklich? Wirklich?«

»Ja. Er will nämlich auch nach Butlers Farm kommen.«

Der voranreitende Häuptling hatte diese Worte gehört. Er drehte, ohne den Lauf seines Pferdes zu mäßigen, sich um und fragte: »Old Firehand, dieses berühmte Bleichgesicht, will kommen?«

»Ja. Der rote Cornel sagte es.«

»Der rothaarige Mann, welcher die lange Rede hielt? Woher weiß er es? Hat er den großen Jäger gesehen oder gar gesprochen?«

Bill erzählte im Vorwärtsjagen, was er gehört hatte.

»Uff!« rief der Häuptling. »Dann ist die Farm gerettet, denn der Kopf dieses Bleichgesichts ist mehr wert als die Waffen von tausend Tramps. Wie freue ich mich, ihn sehen zu können!«

»Kennst du ihn schon?«

»Alle Häuptlinge des Westens haben ihn gesehen und mit ihm das Calumet geraucht. Warum soll ich allein ihn nicht kennen? Fühlst du, daß es zu regnen beginnt? Das ist gut, denn der Regen gibt dem niedergetretenen Grase die Kraft, sich bald wieder aufzurichten. Die Tramps werden also morgen früh unsre Fährte nicht wahrnehmen können.«

Jetzt hörte die Unterhaltung auf. Die Schnelligkeit des Rittes und die Aufmerksamkeit, welche dabei zu verwenden war, erschwerten das Sprechen, und außerdem macht ja der Regen stets weniger mitteilsam.

Der Weg an und für sich bot keine Schwierigkeiten; kein Stein, kein Graben, kein ähnliches Hindernis hemmte den Schritt, und die Wellenthäler waren so breit, daß stets mehrere Pferde ganz bequem nebeneinander gehen konnten. Der Boden bestand ganz ausschließlich aus weichem Graslande. Nur die Dunkelheit war zu überwinden.

Zuweilen ließen die Reiter ihre Pferde, um dieselben nicht allzusehr zu ermüden, im Schritte gehen; dann wurde wieder im Trab oder gar Galopp geritten. Als einige Stunden vergangen waren, schien die vorherige Zuversicht Bills doch ein wenig nachzulassen, denn er fragte den Häuptling: »Ist mein Bruder überzeugt, daß wir uns in der beabsichtigten Richtung befinden?«

»Mein weißer Bruder sorge nicht,« antwortete der Gefragte. »Wir haben uns sehr beeilt und werden sehr bald die Stelle erreichen, an welcher ich dich und den Uncle heute getroffen habe.«

War das Übung oder angeborener Instinkt, daß dieser Indianer diese Behauptung so bestimmt auszusprechen vermochte? Bill wollte gar nicht glauben, daß man eine so bedeutende Strecke zurückgelegt habe. Aber mit dem Regen hatte sich ein scharfer Luftzug erhoben, welcher die Reiter von hinten traf und den Pferden das Laufen wesentlich erleichterte.

Schon kurze Zeit nach der erwähnten Frage und Antwort fiel das Pferd des Häuptlings plötzlich aus dem Galopp in einen langsamen Schritt, blieb dann sogar, ohne von dem Reiter angehalten worden zu sein, stehen und stieß ein leises Schnauben aus.

»Uff!« sagte der Rote in gedämpftem Tone. »Es müssen Menschen vor uns sein. Meine Brüder mögen lauschen, sich nicht bewegen und die Lust scharf durch die Nase atmen.«

Der Trupp hielt stille und man hörte, daß der Häuptling den Geruch der Luft prüfte.

»Ein Feuer!« flüsterte er.

»Man sieht ja keine Spur davon!« meinte Bill.

»Ich rieche aber Rauch, welcher um den nächsten Hügel zu kommen scheint. Mein Bruder mag absteigen und den Hügel mit mir erklimmen, damit wir sehen, was sich hinter demselben befindet.«

Die beiden verließen ihre Pferde und huschten nebeneinander nach dem Wellenberge hin. Noch waren sie aber nicht zehn Schritte weit gekommen, so legten sich zwei Hände mit gewaltigem Drucke um den Hals des Indianers, welcher zur Erde niedergedrückt wurde und mit Armen und Beinen um sich schlug, ohne daß es ihm möglich war, einen Laut von sich zu geben. Zu gleicher Zeit ergriffen zwei andre Hände den Buckeligen bei der Kehle und zogen ihn ebenso zum Boden nieder.

»Haben Sie ihn fest?« fragte derjenige, welcher den Indianer gepackt hielt, den andern ganz leise und zwar in deutscher Sprache.

»Ja, ich habe ihn so fest ergriffe, daß er gar nich rede kann,« lautete die ebenso leise gegebene Antwort.

»Dann schnell fort, hinter den Hügel! Wir müssen wissen, wen wir vor uns haben. Oder wird er Ihnen zu schwer?«

»Kann mir gar nich einfalle! Der Kerl is ja leichter wie eene Fliege, die drei Woche lang nischt gegesse und getrunke hat. Herrje, er scheint hinten eenen Buckel zu habe, was mer so ee schiefes Rückgrat nennt! Es wird doch nich etwa – – —«

»Was?«

»Nich etwa mein guter Freund Humply-Bill sein!«

»Das werden wir am Feuer erfahren. Für den Augenblick sind wir sicher, daß uns niemand folgen wird. Ich möchte den Trupp auf wenigstens ein Dutzend Männer schätzen, die sich aber nicht von der Stelle bewegen werden, weil sie auf die Rückkehr dieser beiden zu warten haben.«

Das war alles so blitzschnell und geräuschlos vor sich gegangen, daß die Begleiter der beiden Ergriffenen trotz der großen Nähe, in der es von ihnen geschah, keine Ahnung davon hatten. Old Firehand – denn dieser war es – nahm seinen Gefangenen auf die Arme, und Droll zog den seinigen auf dem Rasen hinter sich her, um den Hügel. Jenseits desselben lagen müde Pferde, ein kleines Feuer brannte, und bei dem Scheine desselben konnte man über zwanzig Gestalten sehen, welche mit angelegten Gewehren bereit standen, einen etwaigen Feind mit ebenso vielen Kugeln zu begrüßen.

Als die beiden Männer ihre Gefangenen an das Feuer brachten, entfuhr jedem von ihnen ein Ruf der Verwunderung.

»Alle Wetter!« meinte Old Firehand. »Das ist ja Menaka schecha, der Häuptling der Osagen. Von dem haben wir nichts zu befürchten.«

»Sapperlot!« stimmte Droll ein. »Es is wirklich Bill, der Humply-Bill! Kerl, Freund, geliebtes Menschenkind, konnste mer denn das nich sage, als ich der an de Gurgel ging! Nu liegste da und kannst weder schnaufe noch rede! Schteh off, und fall mer in de Arme, Bruderherz! Ach so, der verschteht ja gar nich deutsch. Er wird mer doch nich etwa schterbe! Schpring doch endlich off, Herzensschatz! Ich hab‘ dich wirklich nich erwürge wolle, wenn‘s halbwegs möglich is!«

Der brave Altenburger stand in diesem Augenblicke fast mehr Angst aus als der Gewürgte, welcher mit geschlossenen Augen da lag, begierig nach Luft schnappte, dann endlich die Lider öffnete, einen langen, immer bewußter werdenden Blick auf den über ihn gebeugten Droll warf und nun mit heiserer Stimme fragte: »Ist‘s möglich! Tante Droll!«

»Gott sei Dank, ich habe dich nicht umgebracht!« antwortete der Gefragte jauchzend, nun in englischer Sprache. »Natürlich bin ich es. Warum hast du mir nicht gesagt, daß du es bist?«

»Konnte ich sprechen? Ich wurde so schnell gepackt, ohne jemand gesehen zu haben, daß ich – – Himmel, Old Firehand!«

Er sah den Jäger stehen und der Anblick desselben gab ihm seine Bewegungsfähigkeit zurück. Der Druck von Firehands Fäusten war weit kräftiger gewesen als derjenige von Tante Droll. Der Häuptling lag mit geschlossenen Augen und bewegungslos am Boden.

»Ist er tot?« fragte Bill.

»Nein,« antwortete der Riese, indem er dem Kleinen die Hand reichte. »Er ist nur bewußtlos und wird bald zu sich kommen. Willkommen, Bill! Das ist eine freudige Überraschung. Wie kommt Ihr zu dem Häuptling der Osagen?«

»Ich kenne ihn schon seit Jahren.«

»So? Wer ist bei Euch? Vermutlich Indianer vom Stamme des Häuptlings?«

»Ja, vier Mann.«

»Nur? So habt Ihr ledige Pferde bei Euch?«

»Allerdings. Außerdem befinden sich der Gunstick-Uncle, den Ihr wohl auch kennt, und ein englischer Lord bei uns.«

»Ein Lord? Vornehme Begegnung also. Holt diese Leute herbei. Sie haben von uns und wir von ihnen nichts zu befürchten.«

Bill lief fort, doch legte er nur die Hälfte der Entfernung zurück und rief dann freudig: »Uncle, reitet immer vorwärts! Wir sind bei Freunden. Old Firehand und die Tante Droll sind da.«

Der Angerufene gehorchte diesen Worten. Die im Anschlage liegenden Rafters erhoben sich aus dem Grase, um die Ankömmlinge zu bewillkommnen. Wie erstaunten diese letzteren, als sie den Häuptling bewußtlos sahen und erfuhren, was geschehen war! Die Osagen standen, als sie von ihren Pferden gestiegen waren, von fern und betrachteten den berühmten Jäger mit ehrfurchtsvollen Blicken. Der Lord machte große Augen und näherte sich der Riesengestalt desselben mit langsamen Schritten; dabei machte er ein so dummes Gesicht, daß man über dasselbe hätte lachen können. Old Firehand sah dasselbe und die auf der einen Seite so dick angeschwollene Nase. Er reichte ihm die Hand und sagte: »Willkommen, Mylord! Ihr seid in der Türkei, in Indien, vielleicht auch in Afrika gewesen?«

»Woher wißt Ihr das, Sir?« fragte der Englishman.

»Ich vermute es, da Ihr noch jetzt den Rest des Bouton d‘Alep an Eurer Nase tragt. Wer solche Reisen gemacht hat, wird sich wohl auch hier zurecht finden, obgleich – – —«

Er hielt inne und warf einen lächelnden Blick auf die Ausrüstung des Engländers, besonders auf den Bratapparat, welcher auf den Tornister desselben geschnallt war. In diesem Augenblicke kam der Häuptling zu sich. Die Augen öffnen, tief Atem holen, aufspringen und das Messer ziehen war bei ihm eins. Da aber fiel sein Blick auf den Jäger; er senkte die Hand mit dem Messer und rief: »Old Firehand! Warst du es, der mich ergriff?«

»Ja. Es war so dunkel, daß ich meinen roten Bruder nicht erkennen konnte.«

»So bin ich froh. Von Old Firehand besiegt zu sein, ist keine Schande. Wäre es aber ein andrer gewesen, so hätte die Schmach so lange auf meinem Haupte gelegen, bis ich ihn getötet hätte. Mein weißer Bruder will nach Butlers Farm?«

»Ja. Woher weißt du es?«

»Bleichgesichter sagten es.«

»Nach der Farm will ich später. Jetzt liegt mein Ziel am Osage-nook.«

»Wen sucht mein berühmter Bruder dort?«

»Einen Weißen, der sich Cornel Brinkley nennt, und seine Genossen, lauter Tramps.«

»So kann mein Bruder getrost nach der Farm mit uns reiten, denn der Rote kommt morgen hin, um sie zu überfallen.«

»Woher weißt du das?

»Er selbst hat es gesagt, und Bill hörte es. Die Tramps haben heute mich und meine Osagen überfallen, acht von ihnen getötet und mich mit den übrigen gefangen genommen. Ich entkam und holte Bill und den Uncle, welche mir mit diesem weißen Engländer halfen, meine roten Brüder zu befreien.«

»Du wurdest von fünf Tramps bis hierher verfolgt?«

»Ja.«

»Bill und der Uncle lagerten hier?«

»So ist es.«

»Und der Engländer war kurz vorher auf diese beiden getroffen?«

»Du sagst es; aber woher weißt du das?«

»Wir sind am schwarzen Bärenflusse aufwärts geritten und haben ihn heute früh verlassen, um an den Osage-nook zu kommen. Wir fanden hier die Leichen von fünf Tramps und – – —«

»Sir,« unterbrach ihn der Humply-Bill, »woher wißt Ihr, daß diese Männer Tramps gewesen sind? Niemand kann es Euch gesagt haben?«

»Dieses Stück Papier hat es mir verraten,« antwortete er. »Ihr habt diese Kerls ausgesucht, das Papier aber in der Tasche des einen stecken lassen.«

Er zog ein Stück Zeitung hervor, hielt es gegen das Feuer und las: »Ein Vergessen oder Versehen, welches man nicht für möglich halten sollte, ist jetzt durch den Kommissar des Landbureaus der Vereinigten Staaten an das Tageslicht gezogen worden. Dieser Beamte lenkte die Aufmerksamkeit der Regierung auf die erstaunliche Thatsache, daß es innerhalb der Vereinigten Staaten einen Landstrich gibt, größer als mancher Staat, der sich der Auszeichnung erfreut, ganz und gar nicht regiert und verwaltet zu werden. Dieses merkwürdige Stück Land ist ein ungeheures Viereck von 40 Meilen Breite und 150 Meilen Länge und enthält beinahe 4 Millionen Acres Land. Es liegt zwischen dem Indianerterritorium und New Mexiko, nördlich von Texas und südlich von Kansas und Colorado. Wie sich jetzt herausgestellt hat, ist dieses Land bei der öffentlichen Vermessung übersehen worden und verdankt den erwähnten Vorzug einem Fehler in der Bestimmung der Grenzlinien der benachbarten Territorien. Es ist infolgedessen keinem Staate und keinem Territorium zugeteilt, ohne Regierung irgend welcher Form, und also auch der Jurisdiktion keines Gerichtes unterworfen. Gesetz, Recht und Steuern sind dort unbekannte Dinge. In dem Berichte des Kommissars wird dieses Land als eine der schönsten und fruchtbarsten Gegenden des ganzen Westens angegeben, vortrefflich für Viehzucht und Ackerbau geeignet. Die wenigen Tausend freie Amerikaner, welche es bewohnen, sind aber nicht friedliche Ackerbauer oder Hirten, sondern sie bilden Banden von zusammengelaufenem Gesindel, Strolchen, Pferdedieben, Desperados und flüchtigen Verbrechern, welche sich aus allen Himmelsgegenden da zusammengefunden haben. Sie sind der Schrecken der benachbarten Territorien, in denen namentlich die Viehzüchter durch die Räubereien dieser Menschen viel zu leiden haben. Von diesen geplagten Nachbarn wird dringend verlangt, daß diesem freien Räuberstaate ein Ende gemacht werde, damit durch Einführung einer Regierungsoberhoheit dieses gesetzlose Treiben aufhören müsse.«

Die Roten, welche diese Worte gehört hatten, blieben gleichgültig, die Weißen aber blickten sich erstaunt an.

»Ist das wahr? Ist das möglich?« fragte der Lord.

»Ich halte es für wahr,« antwortete Old Firehand. »Ob dieser Bericht lügt oder nicht, ist übrigens hier Nebensache. Hauptsache ist, daß nur ein Tramp so ein Blatt so lange und so weit mit sich herumschleppen kann. Dieses Papier ist der Grund, weshalb ich die fünf Männer für Tramps gehalten habe. Als wir hier ankamen und die Leichen sahen, wußten wir natürlich, daß ein Kampf stattgefunden habe. Wir untersuchten die Leichen und alle vorhandenen Spuren und stellten uns als Ergebnis folgende Thatsachen zusammen: Zwei Weiße kampierten hier, ein langer und ein kleiner. Dann kam ein dritter Weißer, der sich zu ihnen gesellte und den Rest ihres Mahles verspeiste. Es wurde ein Probeschießen abgehalten, bei welchem man zwei Geier tötete. Der dritte Weiße bewies, daß er ein guter Schütze sei und wurde in die Gesellschaft der beiden andern aufgenommen. Dann näherte sich ihnen ein Indianer in eiligem Laufe. Er befand sich auf der Flucht, vom Osage-nook her, und wurde von fünf Tramps verfolgt. Es stellte sich heraus, daß er ein Freund der Weißen sei; diese standen ihm bei und erschossen die fünf Verfolger. Dann stiegen die drei Bleichgesichter und der Indianer zu Pferde, um sich auf einem Umwege nach dem Osage-nook zu schleichen; sie wollten also die Tramps überfallen. Ich beschloß, ihnen zu helfen. Da es aber mittlerweile Nacht geworden war, so mußte ich bis zum Anbruche des Tages warten, da ich des Nachts den Spuren nicht zu folgen vermochte.«

»Warum überfiel uns mein weißer Bruder?« fragte der Häuptling.

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
Hacim:
750 s. 1 illüstrasyon
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