Kitabı oku: «Die Piraten des indischen Meeres», sayfa 2

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Wir schlossen den Singhalesen ein und gingen.

Vor der Wohnung des Beamten lungerte eine Menge seiner Untergebenen herum. In diesen Länderstrichen hat jeder wohlhabende Mann für jede besondere Handreichung auch einen besonderen Bedienten. Das ist bedingt durch das Kastenwesen und wird ermöglicht durch die überaus große Billigkeit der Löhne und aller Dinge, die zur Notdurft des Leibes und des Lebens erforderlich sind.

„Wollt ihr zum großen Mudellier?“, fragte einer von den Leuten.

„Allerdings.“

„Da müsst ihr morgen kommen. Jetzt ist es zu spät.“

Raffley nahm den Mann und schob ihn fort.

„Fool, Narr, mach dich beiseite!“

Im Nu waren wir umringt. Einige hatten sogar die Verwegenheit, uns anzufassen. Sir John ließ durch eine ihm eigentümliche Bewegung der Gesichtsmuskeln, die auf gute Laune des Sonderlings deutete, den Klemmer auf die Nasenspitze vorrücken, erhob den Schirm und zog damit dem ihm zunächst Stehenden einen Hieb übers Gesicht, dass dieser weit zurücktaumelte.

Das setzte uns sofort in die gewünschte Achtung, sodass wir nun ungehindert eintreten konnten.

„Seht Ihr, Charley, was meine Chair-and-umbrella-pipe zu bedeuten hat? Sie ist ein Allerweltsreisegerät, wie es sicher kein zweites gibt“, lachte höchst befriedigt der Engländer. „Vielleicht kann ich es gleich zum zweiten Mal beweisen.“

Wir waren durch die Veranda in ein Vorzimmer gelangt, dessen Wände die Decke nicht erreichten, sondern nur bis etwas über Mannshöhe emporgingen, um der Luft den freien Zustrich zu gestatten. Man findet diese dem Klima angemessene Bauart fast an jedem Haus von Point de Galle. Hier saßen auf Bastmatten zwei Diener, die sich erhoben und die schon vorher an uns gerichtete Frage wiederholten.

„Ihr wollt zum großen Mudellier?“

„Ja.“

„Er ist am Abend nicht zu sprechen. Wer hat euch eingelassen?“

„Wir selbst, wenn’s euch beliebt.“

„Geht und kommt morgen wieder!“

„Das wird sich nicht gut machen, meine Jungens.“

Raffley schritt ohne Umstände auf den Eingang des nächsten Zimmers zu, doch stellten sich ihm die beiden Männer sofort entgegen.

„Halt! Der Eintritt ist verboten. Geht zurück!“

„Well! Und dann wieder vorwärts. Kommt her, Jungens!“

Er fasste den einen mit dem rechten und den anderen mit dem linken Arm, trug sie zum Eingang zurück und schleuderte sie hinaus unter die anderen, denen ihre bereits erschütterte Fassung jetzt vollends verloren ging. Ein fürchterliches Geschrei war die Folge des ungewöhnlichen Angriffs, Raffley aber blieb von dem Lärm unberührt. Er schob seinen Klemmer zurück und fasste mich am Arm.

„Kommt, Charley, sonst verkriecht sich dieser Mudellier und denkt, dass er auch hinausgeworfen werden soll.“

Wir traten in das nächstfolgende Gemach. Es war aus Bambuswänden gefertigt, die eine Bekleidung von Bananenblättern trugen. Von der Mitte des deckenlosen Raums hing an einer Kreuzschnur eine Lampe hernieder, die ihren matten Schein über einen kostbaren persischen Teppich breitete, auf dem der, nach dem wir suchten, mit untergeschlagenen Beinen in der Stellung saß, die der Türke Rahat atturmak, d. i. Ruhe der Glieder, nennt. Der kleine, schmächtige Beamte war in gelbe Seide gehüllt, und seine groß auf uns gerichteten Augen, seine halb geöffneten Lippen und der erstaunte, ängstliche Ausdruck seines Gesichts bewiesen, dass er den von uns verursachten Lärm vernommen hatte und unseren Eintritt keineswegs als ein gleichgültiges Ereignis betrachtete.

„Good day, Sir!“, grüßte John Raffley englisch, obgleich er wusste, hier einen Eingeborenen vor sich zu haben.

Dieser erwiderte den Gruß und auch meine stumme Verneigung mit einem leisen Nicken seines Haupts und fragte dann:

„Was wollt ihr?“

„Uns setzen!“, bemerkte der Englishman einfach, indem er sich sofort zur rechten Seite des Mudellier niederließ und mir einen Wink gab, dasselbe auch auf der linken zu tun. Ich folgte seinem Beispiel, dann fuhr er fort: „Du bist der weise Mudellier, der Gericht hält über die Sünden der Stadt Point de Galle?“

„Ja.“

„Wie ist dein Name?“

„Meine Name ist Oriwana ono Javombo.“

„Well, du hast einen stolzen und wohlklingenden Namen. Aber ich sage dir, Oriwana ono Javombo, dass du nicht lange mehr Mudellier sein wirst.“

Der Beamte horchte auf.

„Was sagst du? Ich verstehe dich nicht.“

„Sag, wem gehört diese Insel?“

„Der großen Königin in Anglistan.“

„Und wer hat dir dein Amt gegeben?“

„Der Gouverneur, der ein Diener unserer mächtigen Herrscherin ist.“

„Er kann es dir auch wieder nehmen?“

„Ja, wenn es ihm beliebt.“

„Nun wohl, es wird ihm belieben.“

„Warum?“

„Weil du dich versündigst an dem Eigentum derer, die über dich zu gebieten haben.“

„Hüte dich, Franke! Dein Mund redet die Unwahrheit von einem treuen Sohn der großen Königin.“

„Kennst du den Namen Kaladi?“

„Ich kenne ihn. Kaladi ist zweimal entsprungen, um dem Tod zu entgehen, doch meine Leute sind hinter ihm und werden ihn wiederbringen.“

„Welches Recht hast du, ihn zu verfolgen?“

„Er hat einen Menschen getötet.“

„Er hat bloß einen nichtswürdigen Chinesen getötet. Kanntest du den Toten?“

„Es war ein Mann von der Dschunke Haiang-dze. Er hatte die Verlobte Kaladis angerührt und dieser stach ihn nieder. Der Kapitän der Dschunke kam zu mir und verlangte Gerechtigkeit.“

„Hast du sie ihm gegeben?“

„Ich werde sie ihm geben, sobald Kaladi wieder vor mir steht.“

„Well, das ist es ja, was ich meine: Du versündigst dich an meinem Eigentum. Kaladi gehört nicht dir, denn er ist mein Diener.“

„Ah! So bist du der Engländer, der ihm behilflich gewesen war, zu entkommen?“

„Der bin ich.“

„So hab’ ich auf dich gewartet. Ich muss dich bestrafen, wenn du mir nicht beweisen kannst, dass Kaladi wirklich dein Diener gewesen ist in dem Augenblick, als er vom Felsen floh.“

Raffley lächelte. Der Klemmer rutschte ihm auf die Nasenspitze. Er griff in die Tasche und zog seine Drehpistolen hervor.

„Ich sage, Kaladi war mein Diener. Glaubst du es?“

„Beweise es!“

„Du glaubst es also nicht! Well, so werde ich als Gentleman mit dir reden! Weißt du, was ein Gentleman ist?“

„Sag mir’s!“

„Ein Mann, der sich mit jedem schießt, der ihm keinen Glauben schenkt. Hier, nimm diese Pistole. Ich zähle bis drei, dann schieß’ ich, und du tust’s natürlich auch. Vorwärts! Eins – zwei – – – dr...“

„Halt! Ich weiß ja nicht, wie ich dieses fürchterliche Ding anzufassen habe!“, rief der Mudellier, vor Angst kerzengerade emporspringend.

„Was hab’ ich dir getan, dass du mich morden willst?“

„Du hast nicht geglaubt, was ich dir mitteilte, und darum muss einer von uns beiden sterben. Dann bin ich befriedigt und werde ruhig nach Haus gehen.“

„Ich glaube ja, was du sagtest! Hier hast du die Waffe zurück.“

„Du glaubt, dass Kaladi mein Diener ist?“

„Ich glaube es, ich weiß es gewiss.“

„Well, warum verfolgst du ihn dann?“

„Ich werde sofort Boten aussenden, die Verfolger zurückzurufen, damit ihm kein Leid geschieht.“

„Das hast du nicht nötig. Er befindet sich bereits bei mir in Sicherheit.“

„Wo wohnst du?“

„Im Hotel Madras.“

„Und wie ist dein Name?“

„John Raffley.“

„John Raffley, der Neffe des Generalstatthalters?“, rief der Mudellier höchst überrascht.

„All right, der bin ich.“

„Ich habe dich gesucht, doch nicht gefunden.“

„Warum?“

„Ich habe einen Brief an dich abzugeben vom Statthalter von Kandy. Er schrieb mir, dass du kommen würdest.“

„Ich bin leider im Hotel und nicht im Regierungsgebäude abgestiegen. Das ist der Grund, warum du mich nicht fandest.“

Der Lord öffnete das Schreiben und überflog es.

Am Schluss ging ein so vergnügtes Lächeln über sein Gesicht, dass der dünne Mund von einem Ohr bis zum anderen gezogen wurde und der Klemmer in die höchste Gefahr kam, von der Nasenspitze herabzuspringen.

„Charley!“

„Sir Raffley!“

„Habt Ihr einmal einen Elefanten gesehen?“

„Einen wievielbeinigen?“

Er lachte vergnügt über meine Zurechtweisung.

„Aber noch keinen gejagt?“

„O doch! Im Norden der Kalahari und auch anderswo, wenn es Euch gefällig ist, Sir John.“

„Damn! Ich dachte, Euch eine Freude zu machen, und sie fällt mir nun in den Brunnen. Ihr habt Elefanten mit der Büchse erlegt?“

„Allerdings.“

„Dann wird Euch eine Korraljagd kein Vergnügen bereiten?“

„Warum nicht? Ich bin noch nie bei einer solchen zugegen gewesen.“

„Well; ich habe hier vom Statthalter die Einladung zu einer Korraljagd. Ihr seid doch dabei?“

„Versteht sich.“

„Und auch du wirst mich begleiten?“, wandte er sich zum Mudellier.

Dieser verbeugte sich beinahe bis zum Boden herab.

„Du gibst mir große Ehre, o Maharadscha. Lass mir die Stunde sagen und ich werde zu deinem Gefolge gehören.“

„Und Kaladi?“

„Ist frei.“

„So leb wohl!“

„Leb wohl!“

Der hohe Beamte begleitete uns bis vor die Tür und auf seinen Wink kamen sechs Läufer herbei, die uns mit Fackeln heimleuchten mussten. Die Dienerschaft, die uns den Eingang verweigert hatte, war sicher sehr erstaunt über den ehrenvollen Abschied, der uns gegeben wurde.

Daheim erwartete uns Kaladi mit leicht zu erklärendender Besorgnis.

„Wie ist es, Sahib?“, fragte er. „Habt Ihr mit dem Mudellier gesprochen?“

„Ja. Du bist frei.“

Der brave Singhalese tat vor Freude einen Satz, der einem Tiger Ehre gemacht hätte.

„Sahib, ich danke Euch, Ihr seid...“

„Still! Leben um Leben. Du hast mir das meinige gerettet und ich gebe dir das deinige zurück. Wirst du bei mir bleiben, solange ich auf Ceylon bin?“

„Ich werde nicht von Euch weichen, bis Ihr selbst mich verjagt.“

„Well, so mach dich fertig, mit uns nach Kornegalle zu gehen, wo wir Elefanten fangen werden!“

„Elefanten? Da ist viel Volk vonnöten, Männer, Frauen und Kinder. Darf ich mitnehmen Molama, die Blume meiner Seele?“

„Nimm sie mit!“

„Habt Dank! Ihr seid voll Güte wie der Tau der Wolken und voll Liebe wie die Sterne der Nacht. Wischnu segne Euch, Euch und den Maharadscha und Germanistan. Ich werde Euch mein Leben schenken, wenn Ihr es begehrt.“

2. Eine Elefantenjagd

Ceylon, was die Engländer Silon aussprechen, hieß bei den alten Indern Silandiv, bei den Griechen Taprobane. Die Eingeborenen nennen die Insel Singhala. Sie ist von dem hindustanischen Festland durch einen sechzig englische Meilen breiten Kanal getrennt und steigt von der Küste bis zum Pedrotalagalla 2.500 Meter empor. Dass man Ceylon das Malta des Indischen Ozeans genannt hat, geschah wohl seiner für das Kriegswesen bedeutenden Lage wegen.

Die Insel ist bekanntlich britisches Kronland und steht unter einem eigenen Statthalter. Alle höheren Ämter werden von Engländern bekleidet, doch beträgt die Zahl der Weißen kaum siebentausend. Die Eingeborenen, Singhalesen, bekennen sich zur buddhistischen Religion. Sie sind zum Teil mit später zugewanderten Hindus, Malaien, Javanern, mit maurischen und portugiesischen Volksteilen und mit Mosambique- und Madagaskar-Negern vermischt. Auch ein chinesisches Gesicht findet man hier oder da, doch verschwindet es schnell wieder, nachdem sein Besitzer die nicht lobenswerte Absicht erreicht hat, die ihn zu den ,Leuten mit geraden Nasen‘ herüberführte.

Der Chinese ist nämlich in jenen Strichen nicht sehr beliebt. Den kleinsten Gewinn nicht verschmähend, opfert er einem größeren Vorteil alles, was er zu opfern hat, findet sich zu Land leicht in jede Lage und scheut auch die Wogen der See nicht, wenn es gilt, einen verhältnismäßigen Nutzen zu ziehen. Dann ist er ebenso schlau wie kühn, ebenso tatkräftig wie gewissenlos, und es gehört ein tüchtiger Gegner dazu, ihm durch List oder Gewalt den Weg zu verlegen.

Schon länger hatte eine Verbindung von malaiischen Seeräubern von sich reden gemacht, die auf ihren schnellsegelnden, schlank gebauten Prauen sogar bis herüber zu den Andamanen- und Nikobareninseln gekommen waren und selbst gut bemannten europäischen Schiffen Trotz geboten hatten. Ihr Anführer sollte ein chinesischer Seekapitän sein, der, von seiner Regierung verfolgt, landesflüchtig geworden war und, wie man erzählte, auf einer einsamen Insel des Indischen Meeres eine Freibeuterbande um sich gesammelt hatte, mit der er besonders kleinen Fahrzeugen gefährlich wurde. ,Yang-dzeu‘, d. i. Meerteufel, wurden diese Seeräuber von den Anwohnern der Chinesischen See genannt, und allen Gerüchten nach war dieser Name auch vollständig gerechtfertigt, da sie sich auch ihren Gefangenen gegenüber vollständig als Teufel betrugen.

Das alles ging mir durch den Kopf, als ich am anderen Morgen erwachte und unwillkürlich an den Chinesen dachte, der unter so seltsamen Umständen den Hafen verlassen hatte. Ein Mann der Dschunke hatte sich an der Verlobten Kaladis vergriffen – das Fahrzeug musste gewalttätige Leute an Bord haben. Wir standen in der Zeit des nun sechs Monate lang unaufhörlich wehenden Nordost-Monsuns, eine Zeit, in der es einem Segelschiff schwer und bei gewisser Bauart und Takelung sogar unmöglich ist, auf Nordost zuzuhalten. Konnte die Dschunke bei ihrer eigentümlichen Masten- und Segelstellung diesen Kurs einhalten? Es schien mir sehr wahrscheinlich, dass sie die Absicht hatte, den Westen der Insel zwischen sich und den Monsun zu nehmen. Aber was konnte sie dort wollen, in einer Gegend, wohin sicher noch niemals ein chinesisches Schiff gekommen war?

„Tschick, tschick, tschick!“, klang es hell und rasch hinter dem Spiegel hervor. Das kleine, kaum drei Zoll lange Tierchen, das mich durch diesen Ruf aus meinem Nachdenken störte, war ein Gecko von der Art, wie sie in jedem Haus Ceylons zu treffen sind. Es war des Nachts über auf der Jagd gewesen, schickte sich jetzt an, sein Versteck hinterm Spiegel wieder aufzusuchen, und hielt es für seine Pflicht, mir das durch seinen zutraulichen Ruf anzuzeigen.

Der Gecko ist für den Neuling eine überraschende und anfangs sogar unheimliche Erscheinung. Diese kleine, niedliche Eidechse kommt in jeder Wohnung zahlreich vor, hält sich während des Tages in den Spalten der Wände, in den Ecken und Lücken der Möbel verborgen und kommt erst zur Zeit des Lichtanzündens hervor, um Jagd auf schlafende Insekten zu machen. Da der Gecko ein nächtliches Tier ist, hat er gleich den Katzen schmale, senkrechte Pupillenöffnungen, die sich in der Dunkelheit erweitern. Durch die an seinen Zehen befindlichen Saugscheiben ist er im Stande, behänd an den Wänden auf und ab und an der Decke hin und her zu laufen. Er wird zahm und zutraulich und gewöhnt sich sogar, während der Tafel seinen Besuch zu machen, um die abfallenden Brocken zu verspeisen.

Ich erhob mich, um mich anzukleiden. Kaum war ich damit fertig, so ließ Raffley mich rufen. Als ich in sein Zimmer trat, fand ich ihn beim Tee, aber bereits zum Ausgehen bereit.

„Good morning, Charley“, sagte er. „Macht Euch fertig, abzureisen! Ich habe dem Mudellier bereits sagen lassen, dass es fortgeht, und auch meinem Steuermann das Zeichen gegeben, das ihn herbeiruft.“

Er deutete dabei auf einen Schal, der als Flagge aus dem Fenster hing und von der Dampfjacht aus gesehen werden konnte. Das Zeichen musste sofort bemerkt worden sein, denn noch hatten wir unser Frühstück nicht beendet, so trat ein Mann ein, den sein Äußeres sofort als Seefahrer kennzeichnete. Er war lang und hager, hatte die Haltung und den schleppenden Gang, der diese Leute auszeichnet, und besaß zwei kluge Äuglein, die hell und selbstbewusst über die scharfgeschnittene Nase hinwegblickten.

„Welcome, Tom!“, grüßte ihn Raffley. „Wie steht’s auf der Jacht?“

„All right, Sir. An Deck ist alles in Ordnung, wie es sich gehört.”

„Kohlen genug?“

„Yes, Sir. Genug, um bis hinauf nach Japan zu dampfen.“

„Proviant und Munition?“

„Kein Mangel. Was den Proviant betrifft, so wird er verbraucht, die Munition aber, mit der scheint es gute Wege zu haben. Seit unserem Erlebnis auf der Höhe von Bahia, wo wir es einem Ebenholzfahrer heiß machten, haben wir nicht einen einzigen Schuss getan. Unsere ,lange Harriet‘ trifft so vorzüglich und steht dennoch auf dem Deck wie die Frau des Lot, die damals, ich weiß nicht mehr bei welcher Gelegenheit, zur Salzsäule geworden ist. Das halte der Teufel aus! Ich bin ein guter Artillerist, Sir. Schafft mir bald einmal Gelegenheit, meine ,Harriet‘ brummen zu hören, sonst fahre ich vor Langeweile aus der Haut!“

Raffley lächelte.

„Nur Geduld, alter Seebär, es wird schon noch der Augenblick kommen, eine scharfe Ladung an den Mann zu bringen.“

„Hier auf keinen Fall, Sir. Ich habe gewaltige Lust, so bald wie möglich wieder in See zu gehen. Gehörte diese brave Jacht, mit der es wahrhaftig kein zweites Fahrzeug aufnimmt, mir, so hätte ich schon längst wieder die Anker gezogen und das weite Meer gesucht.“

„Well, Tom; so lichte die Anker!“

„Ist’s möglich, Sir?“

„Freilich. Ich reise heute mit dem Wagen nach Kolombo und habe nicht die Absicht, mein Schiff hier zurückzulassen. Macht euch daher so bald wie möglich in See, damit ich euch im Hafen von Kolombo wieder finde.“

„Schön, Sir Raffley. Wie weit ist es zu Land bis dorthin?“

„Siebzig Meilen.“

„Dann liege ich bereits vor Anker, wenn Ihr dort ankommt. Das wird heute Abend sein?“

„Ich denke es!“

Der Steuermann verabschiedete sich.

Nach seiner Entfernung kam ein Bote des Mudellier. Der Beamte ließ uns bitten, uns seiner Wagen zu bedienen, was angenommen wurde. Dann nahte Kaladi, um uns seinen Morgengruß zu bringen.

„Hast du mit Molama gesprochen?“, fragte ihn der Engländer.

„Ja, Sahib.“

„Geht sie mit?“

„Ich habe ihr erzählt von den beiden Maharadschas aus dem Abendland, die so mächtig sind und so gütig; sie wird mitgehen, Euch zu dienen.“

„Was sagt ihr Vater dazu?“

„Molama hat weder Vater noch Mutter, weder Bruder noch Schwester; sie hat nur mich.“

„So eile zu ihr! In einer Stunde reisen wir ab und erwarten euch an der Wohnung des Mudellier.“

„Wird der Mudellier mich nicht ergreifen?“

„Das wollte ich ihm nicht raten. Geh jetzt und komm getrost wieder!“

Bald zeigte uns ein Blick hinaus in den Hafen, dass die Jacht zu heizen begann. Ein Streifen dicken, schwarzen Rauchs entströmte ihrem Schornstein. Die Segel wurden gehisst, der Anker emporgewunden, und in demselben Augenblick, da wir das Hotel verließen, setzte sich auch das kleine, scharf auf den Kiel gebaute Fahrzeug in Bewegung, um die hohe See zu gewinnen und in der Richtung von Bentotte und Kaltura die Hauptstadt Kolombo zu erreichen.

Auch wir hatten, allerdings zu Land, diese Richtung einzuhalten. Es war eine Reise, wie ich sie in dieser Weise und durch eine Gegend von so paradiesischer Schönheit noch nicht gemacht hatte.

Bei dem Mudellier fanden wir die köstlichsten Erfrischungen, die das Land zu bieten vermochte. Dann fuhren zwei in England gekaufte Kutschen vor, jede mit sechs Pferden von der feingebauten indischen Rasse bespannt. Die erste war für Raffley und mich, die andere für den Mudellier bestimmt. Auch Kaladi und Molama bekamen einen Wagen, deren eine ganze Reihe auf unseren Aufbruch wartete. Nach echt indischer Sitte stand vor dem Haus ein volles Hundert von Kulis, Läufern, Dienern, Köchen und anderen Begleitern, die Läufer zu Fuß, die anderen zu Pferd oder zu Wagen, sodass jeder uns Begegnende die Überzeugung erhalten musste, er habe die Ehre, sehr hoch gestellten Herrschaften auszuweichen.

Endlich ging es vorwärts. Wir verließen Point de Galle und hatten nun bis Kolombo eine wohlgepflegte Straße, zu deren Seiten sich eine ununterbrochene Reihe von Dörfern hinzog. Wie Schmuckkästen blickten die Gebäude aus dem reichen südländischen Pflanzenwuchs hervor.

Kein Ort der Welt darf sich in Beziehung auf die Pflanzenwelt mit Point de Galle messen. Der dieser Gegend eigentümliche Baum ist der Papawbaum (Carica papaya), der einen schlanken, hohen und sich sehr regelmäßig verjüngenden Stamm besitzt, an dessen Spitze sich die langen, glänzenden Blätter wie ein Fallschirm ausbreiten und eine Menge hellglänzender Früchte einschließen, die die Gestalt einer Melone haben.

Es war noch am frühen Morgen, und man muss in jenen Breiten gewesen sein, um die wonnige Schönheit der ersten Tagesstunden in der Tropenzone zu kennen. Wie rein und balsamisch umhaucht da die Luft die Wangen! Die vollkommene Bläue des Himmels spiegelt sich in kristallenen Wassern. Die uns umkosenden Winde tragen uns die trunkenmachenden Düfte von Millionen Blumen und Blüten entgegen. Welch ungekanntes Entzücken hebt das Herz, welch ungläubiges Staunen wagt sich an die Betrachtung der fremdartigen Erscheinungen, auf die man bei jedem Schritt stößt! Es liegt etwas so Großartiges in dem Eindruck, den die Tropenwelt auf das empfängliche Gemüt äußert, dass man nach einem Aufenthalt von wenigen Monaten die Empfindung hat, als weile man bereits eine lange Reihe von Jahren dort. Es erscheint hier alles neu und wunderbar. Inmitten dieser Dörfer und Felder, in der Undurchdringlichkeit dieser Wälder verwischen sich fast alle Erinnerungen an unsere abendländischen Formen und Erscheinungen, denn es ist ja hauptsächlich die Pflanzenwelt, die das Gepräge der Landschaft ausmacht; sie ist es, die durch ihre Massenhaftigkeit, den Unterschied ihrer Formen und den Glanz ihrer Farben auf unsere Einbildungskraft die tiefste Wirkung äußert. Je kräftiger und neuer ein Eindruck ist, desto mehr schwächt er frühere Vorstellungen; ihre Kraft gibt ihnen den Anschein der Dauer. Das Licht und das Bestrickende der Luft verherrlichen unter dem zauberhaften Himmel des Südens selbst den schmucklosesten Teil der Erdenwelt. Die Sonne spendet nicht nur Helle, sondern sie färbt zugleich jeden Gegenstand und umgibt ihn mit einem leichten Duft, der, ohne der Durchsichtigkeit der Luft zu schaden, die Töne ausgeglichener macht, die Wirkungen des grellen Strahls mildert und über die ganze Natur eine Ruhe verbreitet, die auch in unsere Seele einzieht.

Kein anderer kann das Landschaftsbild von Ceylon besser würdigen als der Jäger. Die Verfolgung des wilden Elefanten bringt ihn in Lagen, deren unübertreffliche Schönheit nicht leicht einem anderen vors Auge gerückt wird, außer vielleicht einem Soldaten im Kampf gegen aufständische Eingeborene. In einem Dampfer oder auf der Lustjacht um die Insel reisen und während einer solchen Fahrt alle größeren und kleineren Häfen besuchen, würde den Freund des Malerischen in den Stand setzen, viel von der herrlichen Natur Ceylons zu sehen. Alle, die es besuchen, müssen anerkennen, dass es wirklich das gerühmte Zauberland des Orient ist.

Die Straße von Point de Galle nach Kolombo windet sich längs der Meeresküste hin. Zwischen ihr und der See liegt ein dünnes Gehölz von Kokosnussbäumen, in deren Schatten die dicht zusammenhängenden Dörfer liegen. Man darf hier nicht an die niedrigen, breiten Kronen unserer Obstwälder denken; die Kokospalmen, die sich mit Vorliebe dem Meer zuneigen, ragen fünfundzwanzig bis dreißig Meter und mehr empor und tragen erst in dieser Höhe auf schlanken Säulen ihre herrlichen Fächerkronen. Das benimmt den Umrissen des landschaftlichen Bildes die Eintönigkeit, die unvermeidlich wäre, wenn der Wuchs der Kokospalme die gleichen, regelmäßig aufsteigenden Linien zeigte, die die Arekapalme so reizend, schlank und fein in ihrem Bau erscheinen lassen.

Unsere Reise ging schnell und glücklich vonstatten. Schon in geraumer Entfernung von Kolombo zeigten die dichteren Reihen von besser gebauten Wohnungen, vermischt mit einzelnen europäischen Häusern, dass wir uns der Hauptstadt näherten. Die Kokoswälder wechselten in angenehmer Weise mit den Zimtgärten der Regierung ab. Dieses Gesträuch, das im Handel so großen Nutzen abwirft, wächst bis zu einer Höhe von anderthalb Meter und gleicht, was sowohl die Farbe als auch die Gestalt des Blatts betrifft, der Syringe. Die Straße belebte sich bei jedem Schritt mehr mit malerischen Gestalten. Wir waren gewissermaßen bereits in der Vorstadt Kolombos, die aber wegen des Festungswerks durch einen breiten, freien und nicht von Wohnungen bedeckten Raum von der eigentlichen Stadt getrennt ist.

Endlich fuhren wir auch an dem berühmten, von den Singhalesen heilig gehaltenen Banianen-Baum vorüber, dessen Hauptwurzel auf der einen Seite der Straße in die Erde greift und der von der herrlich geästeten Riesenkrone aus eine seiner Luftwurzeln auf der anderen Seite des breiten Fahrwegs zu Boden gesandt hat, sodass sie nun einen zweiten kräftigen Stamm bildet. Diese Baniane ist eine großartige Erscheinung der tropischen Pflanzenwelt, ein wahrhaft königlicher Spross des mütterlichen Schoßes dieser so reich gesegneten Insel.

Gegen Sonnenuntergang langten wir in Kolombo an. Wir wurden da von einem Abgesandten des Statthalters empfangen, der den Auftrag hatte, uns nach dem Queens-house zu begleiten. Dort wurde uns alles geboten, was nach einer Tagesfahrt unter diesem Breitengrad erwünscht ist: kühle Zimmer, ein prachtvolles Bad, Ruhe und Speise. Nach dem Essen ging ich mit Raffley vor die Festungsanlage hinaus ans Meeresufer, den Sammelplatz der schönen Welt von Kolombo, die sich teils zu Wagen, teils zu Pferd des kühlen Seewinds erfreute.

Neben dem Weg auf einem weiten Freiplatz machte ein Teil der Besatzung, die aus Eingeborenen von Vorderindien unter englischen Offizieren besteht, seine Übungen; denn die Rücksicht auf das Klima erfordert, dass solche nur in den kühlen Morgen- und Abendstunden vorgenommen werden.

Wir ließen uns auf einer Bank nieder. In dem kurzen Zwielicht der tropischen Breite drang das brandende Rauschen des Meeres wie eine vernehmliche Sprache an mein Ohr. Wie wunderbar drängten und kreuzten sich die Gedanken! Ich ließ den Blick bald auf dem Treiben der kleinen Schaltierchen zu meinen Füßen haften, bald über die blaue See in endlose Ferne schweifen. Zur Rechten die Stadt und ihre Befestigungen, zur Linken ein großes, englisches Riesen-Hotel, dicht von Kokospalmen umgeben, deren Federkronen sich rauschend im Nachtwind bewegten. Es war mir alles wie ein Traum; ich musste mich besinnen, dass ich mich wirklich hier auf Ceylon befand. Vergangenes, Erlebtes, Kommendes und die Gebilde der reinen Vorstellungswelt fließen mit dem Gegenwärtigen in ein seltsames, halbbewusstes Dasein zusammen. Man erinnert sich nur undeutlich, wohin in solchen Augenblicken die Gedanken eilten, so wird man von der Seltsamkeit der neuen Eindrücke und der fremden Umgebung verwirrt, und dennoch zählen solche Stunden zu den reichsten und liebsten Erinnerungen, die man mit zur Heimat bringt.

Es war mittlerweile Nacht geworden und die Truppen hatten längst mit klingendem Spiel den Rückweg nach der Stadt angetreten, als wir uns nach dem Queens-house zurückbegaben. An seiner Tür stand Tom, der Steuermann, der hier auf uns gewartet hatte.

„Eingetroffen, Sir!“, meldete er nach kurzer Seemansart.

„Well, mein Junge; doch wo ist die Jacht? Ich habe sie trotz alles Suchens nicht bemerkt.“

„Hinter dem Felsen seitwärts vom Hafen, Sir. Der Hafen ist dem Wind ausgesetzt, und eine stramme Bö, die einen Dreimaster umklappt wie einen Gartenstuhl, ist in diesen Gegenden nichts Seltenes.“

„Well done! Gibt’s etwas Neues an Bord?“

„Nein. Aber außer Bord habe ich eine Bemerkung gemacht, die ich Euch melden muss, Sir.“

„Welche?“

„Habt Ihr den Chinesen bemerkt, der gestern den Hafen verließ?“

„Yes.“

„Sein Bau und seine Takelung nahmen mich wunder, auch konnte ich mir nicht recht denken, wohin der Kerl eigentlich wollte, da der Nordost-Monsun ihm ja die Fahrtrichtung verlegt. Dann fiel mir auf, dass heute Morgen in der ,schwarzen Stadt‘ von Point de Galle, wo nur Eingeborene wohnen, mehrere Mädchen verschwunden waren. Ich hatte neben dem Chinesen gelegen und einige Singhalesinnen bei ihm an Bord gesehen.“

„Ein Kidnapper[1]? Pshaw!“

„O doch, es gibt einen Kidnapper, Sir, einen Mädchenfänger. Es wurde mir im Wirtshaus viel von ihm erzählt. Er ist ein chinesischer Seeräuber und besucht die Küsten, um Mädchen zu holen, die die Frauen seiner Leute werden müssen. Die Bande soll auf einer verborgenen Insel wohnen.“

„Möglich, geht mich aber nichts an.“

„Mich auch nicht; aber dieser Pirat fiel mir doch bei der heutigen Nachricht unwillkürlich ein. Ich hatte die Singhalesinnen an Bord des Haiang-dze beobachtet und wusste genau, dass sie nicht wieder an Land gebracht worden waren. Dann dachte ich an Euern Kaladi, dessen Herzenskleinod ein Mann der Dschunke angefallen hatte, und heute...“

„Nun heute?“, fragte Raffley, neugierig werdend.

„Es war um Mittag herum. Die See ging ein wenig hoch und ich fuhr beinahe ohne Rauch. Dazu hatte ich die Leinwand ins Reff gelegt, sodass es nicht leicht war, uns von weitem zu bemerken. Da sah ich den Chinesen vor mir durchs Wasser gehen. Er hatte alle Segel beigesetzt und lief durch die Wogen wie ein gutes Pferd bei der Fuchshetze. Der Jacht aber war er nicht gewachsen; ich holte ihn ein und er bemerkte mich erst, als ich bereits bis auf eine Viertelmeile höchstens an ihn heran war. Sofort ließ er die Maske vorlegen; aber ich hatte durchs Rohr bereits genug gesehen.“

„Was?“

„Er ließ den Raum lüften und hatte außer den Luken auch acht Löcher geöffnet, die mir nur geschnitten zu sein schienen, um Kanonenkugeln hindurchzulassen. Auf dem Deck saßen, an den Händen gebunden, vier Frauenzimmer, die beim Nahen der Jacht sofort in den unteren Raum geschafft wurden.“

„Hast du ihn angesprochen?“

„Natürlich.“

„Was antwortete er?“

„Dschunke Haiang-dze, bestimmt nach Tschilah.“

„Das war eine Lüge. Was will der Chinese in Tschilah? Er bewegte sich gestern so leicht aus dem Hafen, dass er sicher keine Ladung hat, und in Tschilah ist nichts zu finden, was man stauen könnte. Der Kerl wird mir verdächtig und es macht mir Vergnügen, ihn zu beobachten.“

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