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Kitabı oku: «Im Lande des Mahdi II», sayfa 21

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Sobald ich annehmen konnte, daß man uns nicht mehr zu sehen vermochte, wendete ich mich nach links nach dem See. Ben Nil war bis jetzt still gewesen, nun aber sagte er:

»Du reitest ja nach Osten, Effendi! Unser Weg führt uns ja nach Süden! Warum weichest du von ihm ab?«

»Aus zwei Gründen. Erstens sollen die Takaleh unsere Fährte nicht sehen. Wären wir weiter geritten bis dahin, wo das Gras aufhört und der Sand wieder beginnt, so würden in dem letzteren unsere Spuren morgen früh zu finden sein, im Grase aber nicht, denn dieses wird sich bis zum Morgen wieder aufgerichtet haben. Es giebt Wasser in der Nähe, auch wird Tau fallen, und infolge dieser Feuchtigkeit richtet sich das von unsern Kamelen niedergetretene Gras schon nach einigen Stunden auf.«

»Hast du die Takaleh im Verdachte, daß sie uns verfolgen wollen.«

»Nicht nur im Verdachte, sondern ich weiß es ganz genau. Sie werden uns Hafid Sichar wieder abnehmen wollen.«

»Hafid Sichar? Ja, dieser Name wurde genannt. Er fiel mir auf. Er ist der Name des Bruders des Führers in der Höhle von Maabdah. Denkst du etwa, daß er sich hier bei den Takaleh befindet?«

»Ich bin fast überzeugt davon.«

»Und du willst ihn befreien?«

»Ja. Und das ist der zweite Grund, weshalb ich jetzt ostwärts nach dem See einbiege.«

»Allah! Das giebt wieder ein Abenteuer! Effendi, wer mit dir reitet, darf um Ereignisse, Unterbrechungen und sogar Gefahren keine Sorge tragen. Fast wurde es mir angst um uns, als man vorhin erriet, wer wir sind. Warum hast du dich erniedrigt und dich prüfen lassen!«

»Weil dies das klügste war. Wüßte Schedid bestimmt, daß ich der christliche Effendi bin, so würde er nicht nach Faschodah gehen und überdies einen Eilboten dorthin senden, Ibn Asl und auch den Sangak der Arnauten warnen zu lassen. Unser Ritt nach Faschodah würde dann umsonst und erfolglos sein. Wir haben ja soviel gehört; das weiß und das überlegt sich Schedid ebensogut wie wir.«

»Das ist wahr, Effendi. Also wir reiten jetzt ostwärts, um die Takaleh irre zu führen, und biegen dann aber nach Süden ein?«

»Nein. Wir reiten am diesseitigen Ufer des Sees zurück, bis wir an die schmale und steile Vertiefung kommen, über welche wir vorhin die Kamele nicht hätten bringen können. Dann bleibst du hüben bei den Tieren zurück, und ich klettere hinüber, um Hafid Sichar zu holen.«

»Was willst du mit ihm anfangen?«

»Er muß natürlich mit nach Faschodah.«

»Dazu bedarf er eines Kameles!«

»Ich werde den Takaleh eines abnehmen.«

»Hm! Hafid Sichar vom Seile losmachen, ohne daß jemand es bemerkt, und dann auch noch die kostbare Zeit auf die Habhaftwerdung eines Kamels verwenden, das ist zu viel für eine Person.«

»Ich hätte nichts dagegen, dich bei mir zu haben, wenn nicht der wilden Tiere wegen jemand bei den Kamelen bleiben müßte.«

»Glaubst du, daß es hier welche giebt?«

»Wo Wasser ist, da giebt es Leben, und wo es hier Leben giebt, findet man auch sicher reißende Tiere.«

»Glaubst du, daß ich die Kamele gegen Löwen zu verteidigen vermag? Wenn du mit ja antwortest, werde ich dir sehr dankbar für das Vertrauen sein, welches du mir dadurch erweisest; aber ich glaube nicht, daß ich demselben entsprechen könnte. Daß ich mich nicht fürchte, daß weißt du ja; aber einen Löwen zu erlegen, dazu gehört mehr als bloße Furchtlosigkeit. Du würdest bei deiner Rückkehr mich und auch die Tiere zerrissen vorfinden. Darum ist es auf alle Fälle besser, du nimmst mich mit.«

Er hatte recht, und darum zeigte ich mich bereit, seinen Wunsch zu erfüllen. Es war ja richtig, daß ich in die Lage kommen konnte, einen Gehilfen zu brauchen.

Wie schon bereits beschrieben, hatte das Nid en Nil an der Stelle, an welcher wir es erreicht hatten, aus einer schmalen, wasserleeren Schlucht bestanden. Dann hatten wir uns rechts gewendet und waren an zwei seeartigen Erweiterungen des Nid vorübergekommen, worauf wir erst dann die Furt erreicht hatten. Wir waren da an der Nordseite hingeritten. Jetzt aber ritten wir an der Südseite des einen Sees zurück, kamen dann an den zweiten und langten nachher an der trockenen Schlucht an, gerade gegenüber der Stelle, an welcher wir auf das Nid en Nil gestoßen waren. Der Weg war gar nicht schwierig, denn es schien der Mond. Dennoch wäre es mir lieber gewesen, wenn wir Finsternis gehabt hätten. Mein Vorhaben war derart, daß der Mondschein mir gefährlich werden konnte.

Wir hielten an, stiegen ab und banden die Kamele an Baumstämme fest. Die Gewehre hätte ich gern zurückgelassen; aber wir konnten leicht einem größeren Raubtiere begegnen, gegen welches mit Messern und Revolvern nichts zu machen war; darum nahmen wir sie mit.

Nun kletterten wir diesseits in die Schlucht hinab und jenseits wieder hinauf. Dann verfolgten wir denselben Weg, auf welchem wir bei unserem Kommen die Furt erreicht hatten. Natürlich ging dies jetzt langsamer als vorher, wo wir zu Kamele gesessen hatten.

In der Nähe der Furt bemerkten wir, daß dort kein Feuer mehr brannte. Das war mir lieb, denn es bewies, daß die Takaleh nun schliefen. Ich ließ Ben Nil unter einem Baume zurück und schlich nun allein weiter. Ungefähr hundert Schritte vom Lagerplatz entfernt, legte ich mich nieder, um zu kriechen.

Der Mond stand schon tief und ließ die Schatten der Bäume auf den Platz fallen, was mir außerordentlich nützlich war. Die Takaleh hatten aber einen Wächter ausgestellt, wohl nur ihrer Sklaven wegen, denn er schritt da, wo diese lagen, langsam auf und ab. Ich sah ihn zwar nicht, aber ich hörte seine leisen Schritte. Bevor ich etwas Direktes unternehmen konnte, mußte ich mich ganz genau orientieren; darum umkroch ich das ganze Lager in einem Bogen. Ich fand alles so, wie ich es verlassen hatte. Die Gefangenen lagen da, wo sie vorher lagen; die andern ebenso. Um zu demjenigen zu kommen, den ich für Hafid Sichar hielt, mußte ich den Wächter unschädlich machen. Die Sättel lagen in zwei Haufen nebeneinander. Die Kamele lagen teils an der Erde, teils standen sie mit gefesselten Vorderbeinen am Wasser hin bei den Büschen oder im Grase, um zu fressen. Nach dieser Lage der Dinge galt es zu handeln. Ich kehrte also zunächst zu Ben Nil zurück, um diesen zu holen. Er schlich sich dann mit mir so nahe heran, wie es bei seinem Mangel an Uebung geraten war; dann mußte er das Lager umgehen, um jenseits desselben, wo sich die Kamele befanden, auf mich zu warten. Ich bezeichnete ihm einen Baum, hinter dessen Stamm er sich zu verstecken hatte. Dann kroch ich wieder zu den Gefangenen hin.

Als mich höchstens noch zehn Schritte von denselben trennten, hielt ich an und lauschte. Sie schienen alle zu schlafen, was freilich kein Wunder war, da sie, schlecht genährt und schlecht getränkt, während des ganzen Tages im Sonnenbrande marschiert waren. Nichts regte sich, und nichts bewegte sich; nur der Wachtposten schritt noch immer hin und her. Er bewegte sich immer auf einer und derselben Linie. Ich näherte mich derselben soweit wie möglich, ließ ihn an mir vorüber, sprang dann auf, packte seine Kehle von hinten mit der linken und gab ihm mit der rechten Faust einen Hieb auf den Kopf. Er breitete die Arme aus und sank nieder. Auffälliges Geräusch war dabei nicht zu hören gewesen. Ich ließ die Linke vorsichtig locker. Er blieb still; er war besinnungslos. Ich hob ihn auf und trug ihn zu Ben Nil, der ihn bewachen sollte. Als ich dabei über eine vom Monde beschienene Stelle kam, fiel das Licht für einen Augenblick auf sein Gesicht, und ich sah zu meiner Verwunderung, daß es kein Takaleh, sondern der Baqquara-Araber war, der Bote, den Ibn Asl an Schedid gesandt hatte. Das war mir aus mehreren Gründen außerordentlich lieb.

»Wen bringst du da?« fragte Ben Nil leise, als ich zu ihm kam. »Ist es Hafid Sichar?«

»Noch nicht. Es ist der Baqquara, welchen die Takaleh als Wächter zu den Gefangenen gestellt haben.«

»Er war schlimm gegen uns und muß zum Schweigen gezwungen werden. Soll ich ihn erstechen?«

»Nein. Wir nehmen ihn mit. Er ist ein Verbündeter Ibn Asls. Indem wir ihn an den Reïs Effendina ausliefern, erfüllen wir unsere Pflicht.«

»Wenn wir ihn erstechen, erfüllen wir sie noch weit besser.«

»Dann aber kann Schedid sich leicht sagen, wer hier gewesen ist. Nehmen wir ihn aber mit, so kommt er in den Verdacht, Hafid Sichar befreit und mit sich fortgenommen zu haben.«

»Das ist sehr wahr, Effendi. Aber dann müssen wir auch gerade seinen Sattel und gerade sein Kamel haben!«

»Das ist nicht nötig. Je besser die Kamele und die Sättel sind, welche wir mitnehmen, desto größer ist gegen ihn der Verdacht, sein geringes Eigentum mit Absicht gegen besseres vertauscht zu haben. Laß mich nur machen. Wir können uns Zeit nehmen; die Takaleh schlafen fest.«

Der Baqquara wurde gebunden und bekam einen Knebel in den Mund. Dann kroch ich wieder zu den Gefangenen. Hafid Sichar, den ich suchte, war der vorderste am Seile gewesen, ein Umstand, welcher mir sehr günstig war. Ich hatte mir die Stelle, wo er lag, genau gemerkt und fand sie sehr leicht. Die Gefangenen lagen, noch immer an das Seil gefesselt, im Kreise. Sie schliefen, als wären sie tot. Nur einer schlief nicht, nämlich gerade derjenige, den ich suchte. Als ich, mit meinem Kopfe bei dem seinigen angekommen, ihn mit dem Finger leise berührte, flüsterte er:

»Effendi, bist du es?«

»Ja.«

»Allah! Ich habe dich erwartet. Mein Herz hämmerte vor Sorge, daß du vielleicht nicht derjenige seist, von dem ich Rettung erwarten kann.«

Der Kreis der Gefangenen war so gebildet, daß sie mit den Füßen nach innen und mit den Köpfen nach außen lagen. Da ich mich, wie selbstverständlich, außerhalb dieses Ringes befand, lag ich, wie schon erwähnt, mit meinem Kopfe vor dem seinigen, und er konnte mich nicht sehen. Ich erhob den Oberkörper, schob mein Gesicht über das seinige und raunte ihm zu:

»Wie heißest du?«

»Hafid Sichar aus Maabdah.«

»Wie heißt dein Bruder?«

»Ben Wasak.«

»So bist du wirklich derjenige, den ich haben will. Ich grüße dich von deinem Bruder!«

»O Himmel, o Allah! Was will – —!«

»Pst, still! Nicht so laut! Schlafen deine beiden Nachbarn?«

»So fest, wie du es nur wünschen kannst.«

»So liege still; ich werde machen.«

Ich untersuchte mit den tastenden Fingern, auf welche Weise er gefesselt und dann an das Seil gebunden war; darauf gab es einige Schnitte mit meinem Messer, und er war los. Aber frei noch nicht. Falls er versuchte, aufzustehen, konnte er leicht einen seiner Nachbarn wecken. Ich ergriff ihn also unter den Armen und zog ihn aus dem Kreise heraus, langsam und vorsichtig, so daß er weder rechts noch links anstieß. Dann mußte er hinter mir her zu Ben Nil kriechen. Dort angekommen, wollte er sich in Danksagungen ergehen, ich aber schnitt ihm das Wort ab:

»Jetzt still! Später kannst du sprechen, soviel es dir beliebt. Wir müssen uns beeilen.«

Ich untersuchte den Araber. Er kam eben jetzt zu sich. Er versuchte, seine Fesseln zu zerreißen und zu schreien; es gelang ihm aber weder das eine noch das andere. Die ersteren hielten fest, und das, was ein Schrei, ein Hilferuf sein sollte, kam als leises, röchelndes Stöhnen aus der Nase. Ben Nil setzte ihm das Messer auf die Brust und drohte:

»Noch einen solchen Laut, und ich stoße dir die Klinge in das Herz!«

Das half; der Baqquara blieb still und bewegte sich von jetzt an nicht wieder, als bis wir ihn später in Sicherheit hatten.

»Nun zwei Kamele, Effendi,« meinte Ben Nil. »Für jeden eins.«

»Wir brauchen drei,« antwortete ich. »Da wir jetzt mehr Wasser haben müssen als vorher, so müssen wir ein Tier haben, welches die Schläuche trägt. Auch einige Schläuche müssen wir von hier mitnehmen, denn wir haben jetzt nur zwei.«

»Erlaube mir, die Kamele auszusuchen, Effendi! Ich kenne unsere Tiere,« sagte Hafid Sichar. »Ich werde die drei besten wählen.«

Er huschte, ehe ich ihn halten konnte, fort, und so blieb uns freilich nichts anderes übrig, als zu warten, bis er zurückkehren würde. Natürlich war ich mit seiner Entfernung ganz und gar nicht einverstanden; er konnte uns alles verderben. Glücklicherweise aber war dies nicht der Fall. Nach ungefähr einer Viertelstunde, welche mir aber wie eine ganze Stunde vorkam, kehrte er zurück und sagte:

»Ich bin fertig, Effendi. Wir können aufbrechen.«

»Fertig? – Womit?«

»Ich habe nach und nach drei Sättel und auch drei Schläuche über die Furt getragen. Hast du es nicht gesehen?«

»Nein. Du mußt sehr vorsichtig gewesen sein.«

»Das war notwendig. Und die drei besten Kamele stehen auch bereit. Wir können gehen.«

»Hast du nicht bemerkt, ob einer der Schläfer aufgewacht ist?«

»Sie schlafen alle. Kommt, und folgt mir getrost.«

»Nimm zuvor dieses Messer und diese Flinte! Ich habe beides dem Baqquara abgenommen. Du mußt ja nun auch Waffen haben.«

Ich warf den Baqquara über die Schulter, um ihn zu tragen. Hafid Sichar führte uns nach der Furt. Dort hatte er die drei Kamele angebunden. Wir durften sie nicht besteigen, da sie dabei geschrieen hätten. Ben Nil und Hafid führten die Tiere; ich trug den Baqquara, und so stiegen wir in das Wasser, welches mir bis an den Gürtel ging.

Als wir drüben ankamen, löste ich dem Baqquara die Beinfesseln, damit er laufen könne. Die Sättel wurden den Kamelen im Stehen nur lose aufgelegt, was sie sich ruhig gefallen ließen; dann ging es vorwärts, an der Südseite des größeren Sees hin. Jeder von uns führte ein Tier, ich auch noch den Baqquara, während Ben Nil und Hafid die Wasserschläuche trugen.

Als wir die geeignete Strecke zurückgelegt hatten, hielten wir an, um die Kamele richtig zu satteln. Jetzt mochten sie Lärm machen, sie konnten von den Takaleh nicht mehr gehört werden. Sie mußten niederknieen. Ich stieg auf und nahm den Baqquara quer vor mir über; als auch die beiden andern saßen, ging es im scharfen Schritte fort, auch an dem andern See vorüber und dann nach links, wo wir unsere Tiere gelassen hatten.

Würden wir sie noch finden? Ja, sie waren noch da. Wir stiegen ab und banden die mitgebrachten drei Tiere in der Nähe an, nachdem wir sie von den Sätteln befreit hatten. Wir lagerten uns unter einem Baum, an welchen der Baqquara befestigt wurde. Ich nahm ihm den Knebel aus dem Munde und fragte ihn dann:

»Ben Baqquara, weißt du nun genau, wer ich bin?«

Er gab keine Antwort.

»Ich weiß, daß du nicht taub bist, und bin gewöhnt, eine Antwort zu bekommen, wenn ich frage. Ist dir der Mund jetzt geschlossen, so kann er mit der Peitsche wohl leicht geöffnet werden. Also antworte!«

»Ja, ich weiß es!« stieß er zornig hervor. »Du bist der Effendi und dein Begleiter ist Ben Nil.«

»Der Effendi soll doch aber so ungeheure Körperkräfte besitzen, und ich bin von Schedid besiegt worden?«

»Du hast dich verstellt. Ich ahnte es.«

»Aber ich habe doch die Sure Kuiffar ohne Anstoß hersagen können! Wir kann ich da jener christliche Effendi sein!«

»Du kannst alles!«

»Nicht alles, aber viel. So kann ich zum Beispiel sehr leicht einen Baqquara-Araber unter einer Schar Takaleh herausholen, um ihn nach Faschodah zu schaffen und dort dem Reïs Effendina zur Bestrafung auszuliefern.«

»Weshalb sollte man mich bestrafen? Was habe ich gethan?«

»Du besitzest noch weniger Gedanken, als das Krokodil Federn hat; aber ich werde dafür sorgen, daß du Gedanken bekommst! Der Reïs Effendina – —«

»Den fürchte ich nicht!« fiel er mir in höhnischem Tone in die Rede.

»Ich weiß wohl, warum. Du meinst, daß der Mudir von Faschodah dir gegen ihn beistehen wird.«

Er gab dies, wenn auch nicht direkt aber doch indirekt zu, indem er antwortete:

»Was ist ein Effendi gegen einen Mudir! Welche Macht besitzt ein Effendi?«

»So kann nur ein Dummkopf, ein Mensch fragen, welcher nichts gelernt hat, nichts weiß und nichts versteht. Dein Kopf gleicht einem ausgelaufenen Ei, von weichem nur noch die Schale übrig geblieben ist. Ich sage dir, daß die großherrlichen Prinzen, die Söhne des Sultans, Effendi tituliert werden. Die Minister nennen sich Effendi, und auch der Vicekönig von Aegypten sieht es gern, wenn man ihn Effendi nennt. Was aber ist der Mudir von Faschodah gegen diese mächtigen Herren! Kennst du denn überhaupt diesen Mudir?«

»Ja.«

»So sage mir seinen Namen!«

»Er ist auch ein Effendi, denn er heißt Ali Effendi el Kurdi.«

»Das ist nicht wahr.«

»Wie kannst du mich der Lüge strafen, du, ein Fremder, der dieses Land und seine Verhältnisse unmöglich kennen kann!«

»Es scheint, daß ich das alles doch besser kenne als du, denn der Mudir von Faschodah heißt anders. Ist dir vielleicht der Name Ali Effendi Abu Hamsah Miah bekannt?«

»Ja.«

»So höre weiter. Der berühmte General Musah Pascha ist infolge der Wünsche des Reïs Effendina jetzt in Faschodah gewesen, um el Kurdi ab- und Abu Hamsah Miah einzusetzen. EI Kurdi wurde als Gefangener nach Chartum geschafft. Das ist auf Veranlassung des Reïs Effendina geschehen. Nun leugne noch, daß dieser nicht so mächtig sei als dein untreuer und verräterischer Mudir el Kurdi!«

Er schwieg. Jedenfalls erschreckte ihn das, was er von mir hörte. Ich fuhr fort:

»Jetzt weißt du, wie sehr du dich auf deinen el Kurdi verlassen kannst. Diesem ist es nun nicht mehr möglich, ausgesprochene Verbrecher in seinen Schutz zu nehmen; er würde jetzt Allah danken, wenn er selbst jemand hätte, der für ihn sprechen wollte. Wenn ich dich dem Reïs Effendina überantworte, wird er dich zum neuen Mudir bringen, und dann wirst du erfahren, daß dieser seinen Namen mit vollstem Rechte trägt. Das soll heißen: Der Vater der Fünfhundert wird dir sofort als Einleitung zum ersten Verhöre fünfhundert Hiebe geben lassen.«

»Mir, einem freien Araber!«

»Dir, einem Boten des Sklavenjägers! Was oder wer du sonst noch bist, das geht uns nichts an.«

»Da will ich dich darauf aufmerksam machen, daß dich die Rache aller Stämme der Baqquara treffen wird! Werde ich geschlagen, so ist das noch viel schlimmer, als wenn man mich tötet. Das merke dir!«

»Deine Stämme, und wären es ihrer hundert oder tausend, können mir nichts thun. Sie haben ebensowenig Macht über mich, wie sie dich jetzt beschützen können. Dennoch, und obgleich ich sie nicht im geringsten fürchte, bin ich bereit, dich morgen freizugeben, doch knüpfe ich eine Bedingung daran.«

»Welche?«

»Du sagst mir der Wahrheit gemäß, auf welche Weise du Ibn Asl kennen gelernt hast. Auch beantwortest du mir alle Fragen, welche ich in Beziehung auf ihn sonst noch an dich richten werde.«

»Das thue ich nicht!«

»So sind wir miteinander fertig. Wenn du jetzt, wo ich dich mit der Freiheit dafür belohnen würde, nicht reden willst, so wird dir später der »Vater der Fünfhundert, den Mund öffnen.«

Da fiel Hafid Sichar ein:

»Effendi, wenn du die Bosheit dieses Ibn Asl kennen lernen willst, so bin ich der richtige Mann, dir ein Beispiel von derselben zu erzählen.«

»Ich möchte dich allerdings darum bitten. Vorher aber mußt du ein weniges über mich erfahren, denn —«

»O, Effendi,« unterbrach er mich, »ich kenne dich schon; ich habe genug über dich gehört von dem Baqquara, als vorhin Schedid von dir erzählte. Ich lag in der Nähe und hörte alles. Ich hatte keine Ahnung davon, daß du meinen Bruder kennst, aber es war mir, als ob Allah mir eine Stimme sende, welche mir heimlich zuflüsterte: Dieser Effendi hat schon soviele andere befreit; wenn er und der Mann, welcher dort sitzt, einer und derselbe ist, so ist er wohl gekommen, um auch dich zu retten. Darum war ich so unbedacht, meinen Namen zu nennen und dazu Worte der Hoffnung auszusprechen. Hätte Schedid sie gehört, so wäre es mir schlimm ergangen.«

»Es war sehr gut, daß du deinen Namen nanntest, denn nur dadurch wurde meine Aufmerksamkeit auf dich gelenkt und du bist schon jetzt frei. Uebrigens wärest du später in Faschodah auch in den Besitz der Freiheit gelangt, denn ich hatte mir vorgenommen, dort den Mudir auf euch aufmerksam zu machen. Du kennst mich aus der Erzählung dieses Baqquara einigermaßen, und ich habe nur weniges hinzuzufügen. Ich kam nach Maabdah, um die dortige berühmte Krokodilhöhle zu sehen. Dein Bruder führte mich in derselben herum und schenkte mir dann die Hand einer weiblichen Mumie – —«

»Die Hand einer weiblichen Mumie?« fiel er rasch ein. »Beschreibe sie mir!«

Als ich dieser Aufforderung nachgekommen war, rief er aus.

»Effendi, da mußt du ihm einen sehr großen Dienst erwiesen haben!«

»Gar nicht!«

»Nicht? Nun, so hast du einen so guten Eindruck wie noch kein anderer auf ihn gemacht. Es ist die Hand einer Pharaonentochter, einer altägyptischen Prinzessin. Ich weiß, welchen Wert mein Bruder auf dieselbe legte, und freue mich außerordentlich darüber, daß es dir so schnell gelungen ist, sein Wohlwollen zu erwerben.«

»Dieses Wohlwollen ist ein gegenseitiges, wie ich dir versichern kann. Ich habe die Hand noch bei mir und kann sie dir zeigen, sobald es hell geworden ist. Sie befindet sich in meiner Satteltasche. Als dein Bruder hörte, daß ich nach Chartum wollte, erzählte er mir von deinem Verschwinden, welches er sich nicht zu erklären vermochte, und bat mich, nach dir zu forschen.«

»Hatte er dies denn nicht auch schon vorher gethan?«

»Natürlich hat er sich alle Mühe gegeben, dich zu finden, leider aber vergeblich. Wir mir schien, hat er dabei einen sehr großen Fehler begangen, indem er dem Kaufmanne Barjad el Amin, eurem Geschäftsfreunde, zu viel Vertrauen geschenkt hat. Dieser durfte gar nicht wissen, daß man nach dir suchte. Ich habe ihn sehr stark im Verdachte, daß er mit deinem plötzlichen Verschwinden in Verbindung steht.«

»Natürlich, ganz natürlich!« rief Hafid Sichar aus. »Er ist es ja, welcher mich an Ibn Asl ausgeliefert hat!«

»Ah, dachte es mir! Als dein Bruder mir von ihm erzählte, kam mir einiges nicht recht sauber vor. Barjad führt zwar den Beinamen el Amin, der ehrliche, kam mir aber nicht sehr ehrlich vor. Er wollte dir das viele Geld ausgezahlt haben, behauptete aber, weiter gar nichts von dir und über dich zu wissen. Das erschien mir als eine Unmöglichkeit. Ich nahm diesen Menschen sofort aufs Korn; ich wollte ihn heimlich beobachten, ihn, ohne daß er es merkte, ausforschen. Leider aber drängten mich dann meine Reiseerlebnisse so seitwärts, daß ich bis heute noch nicht nach Chartum gekommen bin.«

»Und zwar zu meinem Glücke! Wärest du uns heute nicht begegnet, so hätte ich die Freiheit niemals wiedererhalten.«

»Diese Voraussetzung ist vielleicht doch trügerisch. Ibn Asl war in dem Geschäft von Barjad el Amin thätig gewesen. Als ich das hörte, vermutete ich sofort, daß dein Aufenthalt oder Schicksal bei ihm am sichersten zu erfahren sei. Dann kamen weitere Gründe dazu, diesen Menschen zu verfolgen, um seiner habhaft zu werden. Dies mußte uns früher oder später gelingen, und dann hätte er mir unbedingt und unter allen Umständen gestehen müssen, was aus dir geworden war.«

»Dennoch preise ich Allah, daß ich es dir schon jetzt und selbst erzählen kann. Ich hätte nie geglaubt, daß mir ein solches Unglück widerfahren könne, und weiß wirklich nicht, wie ich es verdient habe.«

»Was dieses letztere betrifft, so sind alle Menschen, auch du und ich, Sünder, welche nur von Allahs Gnade und Barmherzigkeit leben. Jedes Ereignis, wenn wir es ein Unheil nennen, haben wir reichlich verdient, und dennoch fügt es Allah, daß dieses Unheil, wenn wir es in der rechten Weise auf uns wirken lassen, uns zum Heile und Segen wird. Sprich also nicht vom Verdienen! Es war eine Prüfung, von Allah gesandt, vielleicht um dein Herz zu läutern, deinen Sinn nach innen und nach oben zu lenken.«

Er antwortete nicht; es entstand eine längere Pause. Dann ergriff er meine Hand und sagte, indem er sie mir herzlich drückte:

»Effendi, du hast mit deinen Worten das Richtige getroffen. Ich habe im Elende mit Allah gehadert; ich habe mein Leben verflucht und die Menschheit verwünscht. Zuweilen kamen bessere, lichtere Gedanken, doch verschloß ich ihnen die Thüre meines Herzens. Jetzt aber, wo ich wieder in das Leben trete und mein Inneres vor Wonne bebt, wo du von Läuterung redest und von dem Gerichtetsein des Sinnes nach innen und oben, da überkommt mich wie ein heller Blitzstrahl die leuchtende Erkenntnis, daß du recht hast. Wer und wie ich früher gewesen bin, davon werde ich dir später erzählen. Heute stehe ich plötzlich, ohne daß ich selbst eine Vorahnung davon hatte, als ein Neuer auf. Ja, ich habe nicht umsonst gelitten. Allah sei gelobt dafür!«

»Es freut mich aufrichtig, solche Worte aus deinem Munde zu hören. Du hast Monate und Jahre deines Lebens verloren, dafür aber innere Schätze gefunden, deren Wert nicht wie die Zeit vergänglich ist. Und was dir an Hab und Gut genommen wurde, das, hoffe ich, werde ich dir später zurückgeben können.«

»Du?« fragte er verwundert. »Bist du so reich, Effendi?«

»O nein; ich bin sogar arm. Aber ich weiß, daß Ibn Asl sehr viel Geld bei sich führt. Erwische ich ihn, ehe er es ausgegeben hat, so muß er dir und deinem Bruder alle eure Verluste ersetzen.«

»Dazu bedarf es Ibn Asls nicht. Er ist mir nicht so sicher wie Barjad el Amin.«

»So hat auch dieser von dem Verbrechen profitiert?«

»Natürlich! Barjad war arm, aber brav. Mein Bruder wußte dies und gab ihm das Geld, welches zur Errichtung eines Geschäftes in Chartum gehörte. Später lieh er ihm eine noch höhere Summe, um sein Geschäft zu vergrößern. Dann, als die Zeit kam, in welcher diese Beträge zurückzuzahlen waren, reiste ich nach Chartum, um sie in Empfang zu nehmen. Ich kam zu Barjad el Amin. Er war ein anderer geworden. Er hatte einen Gehilfen, welcher Ibn Asl hieß, in sein Geschäft genommen und war von diesem auf die hohe Erträglichkeit des Sklavenfanges aufmerksam gemacht worden. Es gelüstete ihn nach den Reichtümern, welche auf diesem Wege zu erlangen sind; die Habgier hatte in seinem Herzen Einzug gehalten. Aber zum Sklavenfange gehört, wenn er kaufmännisch betrieben werden soll, Geld, sehr viel Geld. Wenn er soviel an mich zu zahlen hatte, blieb ihm nicht genug. Da raunte ihm der Teufel zu: Gieb es ihm nicht, oder noch besser, gieb es ihm, verlange Quittung, und nimm es ihm dann wieder! Er gehorchte dieser Teufelsstimme. Ich hatte keine Ahnung davon. Ich wurde freundlich empfangen, bekam das Geld und quittierte. Ich wohnte dann noch einige Tage bei ihm. Am Tage vor meiner Abreise verabschiedete ich mich von den andern Bekannten in Chartum, denn die Dahabijeh, mit welcher ich nilabwärts zu fahren beabsichtigte, sollte schon beim Morgengrauen ihre Fahrt beginnen. Ich legte mich zeitig schlafen und erwachte von einem Schlage, den ich auf den Kopf erhielt; ich sage, erwachte, um aber die Besinnung sogleich wieder zu verlieren. Als ich dann wieder zu mir kam, fühlte ich schaukelnde Bewegungen unter mir. Lag ich in einem Schiffe? Nein, denn in dieser Weise schaukelt höchstens ein kleiner Kahn, aber kein Schiff. Ich öffnete die Augen; es war dunkel. Ich wollte aufstehen, mich bewegen; ich war gebunden. Da rief ich laut um Hilfe, aber nur, um eine drohende Stimme unfern von mir sagen zu hören, daß man mich peitschen werde, falls ich nicht vollständig ruhig sei.«

»Du befandest dich wohl auf einem Kamele?«

»Ja. Es war Nacht, aber ich sah keine Sterne, denn ich lag, wie ich beim Anbruch des Morgens sah, in einem Tachtirwahn, einer Frauensänfte, welche von einem Kamele getragen wurde und mit dicken Decken verhangen war. Denke dir, man hatte mir, wie ich später bemerkte, Frauenkleider angezogen und sogar einen mehrfachen Schleier über das Gesicht befestigt. Ich sollte bei einer etwaigen Begegnung als Weib gelten. Du weißt ja, daß sich niemand um die Insassin eines Tachtirwahn kümmern darf. Am Vormittage wurde Halt gemacht. Das Kamel kniete nieder, und man nahm mich aus der Sänfte. Wir befanden uns in der Steppe. Fünf Reiter waren meine Begleiter. Vier davon kannte ich nicht; den fünften aber kannte ich desto besser; es war – – Ibn Asl.«

»Wie? Er wagte es, vor dein Angesicht zu treten?«

»O, er wagte noch viel mehr. Er hatte die Stirn, mir alles zu sagen. Ohne diese geradezu unvergleichliche Frechheit und ohne seine Anwesenheit damals wüßte ich heute noch nicht, wie damals alles gekommen ist. Er erzählte mir mit lachendem Munde, daß man meines Geldes zum Sklavenfange bedürfe, daß er und Barjad el Amin Compagnons seien und den Ertrag der Jagden teilen würden. Er selbst sei dafür gewesen, daß ich getötet würde, aber Barjad habe die Schwachheit besessen, dies nicht zuzugeben, weil er meinem Bruder große Gefälligkeiten zu verdanken habe. Da ich aber unschädlich gemacht werden müsse, wolle man dafür sorgen, daß ich niemals einem Bekannten begegnen und auch nie zurückkehren könne. Was man damit meinte, erfuhr ich erst am Ende der Reise, als wir in das Land der Takaleh kamen und ich dem Mek dieses Volkes als Sklave übergeben wurde. Er brauchte nichts für mich zu bezahlen, hatte aber dafür zu sorgen, daß mich niemand, dem ich vielleicht bekannt sei, sehen könne. Ich hörte noch, daß Ibn Asl mit dem Mek den Vertrag abschloß, daß der letztere ihm jährlich zweimal an ganz bestimmten Terminen Sklaven nach Faschodah zu senden habe, welche sofort mit gewissen Waren zu bezahlen seien. Dann wurde ich fortgeschafft.«

»Wohin?«

»An einen schrecklichen Ort, welchen ich seit jenem Tage nur verlassen habe, um jetzt nach Faschodah transportiert und Ibn Asl wieder ausgeliefert zu werden. Weißt du vielleicht, daß es bei den Takaleh berühmte Kupferbergwerke giebt?«

»Das ist mir allerdings bekannt.«

»Nun, in eine solche Grube wurde ich geschafft, um, angefesselt, in derselben zu arbeiten. Ich habe von jenem Tage an die Sonne nicht mehr gesehen. Und als man mich vor kurzem von der Kette löste, sagte mir einer, der wenig Erbarmen mit mir hatte, daß man mich jetzt dem Tode entgegenführe.«

»Wieso dem Tode?«

»Beim letzten Sklaventransporte hat Ibn Asl mich zurückverlangt. Er ist mit Barjad el Amin uneinig geworden und führt nun sein Geschäft auf seine eigene Rechnung fort. Er hat auf die Wünsche seines frühern Compagnons nicht mehr Rücksicht zu nehmen und glaubt sich sicherer, wenn ich nicht mehr lebe. Er könnte zwar dem Mek sagen, daß derselbe mich töten lasse, traut ihm aber nicht. Darum hat er meine Auslieferung verlangt, welche für mich mit dem Tode gleichbedeutend ist. Soll ich dir erzählen, was ich erlitten und ausgestanden habe? Jetzt nicht, aber vielleicht später einmal. Und soll ich dir nun sagen, welche Wonne ich jetzt empfinde, da ich gewiß bin, der bisherigen Sklaverei und dem auf mich wartenden sicheren Tode entgangen zu sein? Ich sehe in dir einen Engel, von Allah gesandt, welchem ich – —«

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Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
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