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Kitabı oku: «Scepter und Hammer», sayfa 8

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»An den Waldhüter Tirban,« antwortete diese.

»Tirpan? Ist mir niemals pekannt gewesen. Wo wohnt er?«

»Du fährst mit dem Frühzuge nach Süderhafen und gehst von da bis zum Abend auf der Straße fort, welche quer durch das Gebirge führt. Am Abend kommst Du an einen Krug, vor dessen Thür zwei Tannen stehen; dort kehrst Du ein und fragst den Wirth nach dem Waldhüter Tirban. Dieser wohnt auf einer Waldblöße, ihm gibst Du diesen Brief. Das Übrige wirst Du von ihm selbst erfahren.«

»Gut! Also Süderhafen – Gepirgsstraße – Apend – Krug – zwei Tannen – Waldplöße – Tirpan – gut, ich werde ihn zu finden wissen.«

»Aber wird Thomas nicht zu spät kommen?« frug Max. »Die Flüchtlinge sind heut früh fort, und er kommt erst morgen Abend zu Tirban.«

»Dafür laßt mich sorgen, junger Herr! Willst Du mir ein Telegramm aufschreiben, mein Sohn?«

Der Hauptmann nahm Platz und griff zur Feder, Zarba überlegte einen Augenblick und diktirte dann:

»Oberschenke Waldenberg – Fuhrmann Beyer und zwei Männer – einen Tag lang aufhalten – mit Gewalt zur Tannenschlucht – Zarba.«

Max hörte mit Erstaunen dem Diktate zu. Die Worte klangen nach Geheimnissen, welche zu ergründen er wohl begierig gewesen wäre. Die Gitana wurde ihm von Stunde zu Stunde eine immer mysteriösere Persönlichkeit. Er sah wahrhaftig jetzt eine ganze Zahl von Goldstücken in ihrer braunen Hand erglänzen, als sie in die Tasche griff, um den Betrag für die Depesche auf das Papier zu legen. Und dieser Betrag war so genau abgezählt, daß sich vermuthen ließ, dies sei nicht die erste Depesche, welche die Zingaritta expediren ließ.

»Willst Du diese Depesche noch heute Abend besorgen?« frug Max den Kavalleristen.

»Zu Pefehl, Herr Doktor!«

»Hier hast Du Reisegeld für morgen. Den Vater brauchst Du nicht um Erlaubniß zu fragen, ich werde dies für Dich thun.«

»Zu Pefehl, Herr Doktor und guten Apend die Herrschaften!«

Damit drehte er sich um und schritt zur Thür hinaus. Unten angekommen, stellte er sich breitspurig vor die beiden andern Gesellen hin.

»Wißt Ihr etwas Neues?«

»Nun?« frug Heinrich.

»Ich pegepe mich morgen auf eine lange Reise.«

»Wohin?«

»Geht Euch nichts an, Ihr Gelpschnäpel Ihr. Aper wenn Ihr in einer Stunde zu unserer Parpara Seidenmüller kommt, so will ich Euch einige Seidel zum Abschied gepen, weil das Reisegeld so reichlich ausgefallen ist.«

»Ich komme, Thomas!« meinte der immer durstige Artillerist. »Das mit den Seideln ist der trefflichste Gedanke, den Du heute haben konntest!«

»Ja, das ist am Den!« bekräftigte nickend Baldrian, der Grenadier. – — —

Achtes Kapitel: Almah

Da, wo der Fluß sich busenartig erweitert, um seine Wasser mit den Wogen des Meeres zu vermählen, liegt Tremona, der Haupthafen von Süderland. Am Fuße der Höhe, an welcher sich die Stadt amphitheatralisch emporzieht, dehnen sich die Außenwerke der Festung aus, während die beiden rechts und links vom Flusse liegenden Forts wie drohende Wächter von dem Berge herunterblicken und weit hinaus in die offene See schauen. Unter ihnen und an ihren Flanken dehnen sich zahlreiche Weinberge und Fruchtgärten hin, zwischen deren Grün verschieden stilisirte Villas, Lustschlösser dienen.

Unter diesen Gebäuden zeichnet sich besonders eines durch seine prächtige Lage wie unübertreffliche Architektonik aus. Es ist ein im maurischen Stile gehaltenes Schloß, welches sonderbarer Weise keinem Süderländischen Unterthanen, sondern einem Fremden gehört, nämlich dem Fürsten Viktor von Sternburg, General z.D. Sr. Majestät des Königs von Norland. Allerdings ist der General nur selten auf dieser seiner Besitzung anwesend, und auch sein Sohn, der Prinz Arthur, welcher als wirklicher Kapitän zur See in Norländischen Diensten steht, kann den Reiz dieser herrlichen Besitzung nur höchst selten und auf kurze Zeit genießen, da sein Beruf ihn oft Jahre lang vom Lande fern hält und er in der Frist eines etwaigen Urlaubs zu sehr in der Heimath in Anspruch genommen wird, als daß er auf den Gedanken kommen sollte, eine Besitzung zu besuchen, welche im Nachbarstaate liegt, dessen Intentionen zum Vaterlande nie sehr freundliche genannt werden konnten. —

Auf der Veranda von Sternburg, wie das erwähnte Schloß nach seinem Besitzer genannt wird, saßen mehrere in Civil gekleidete Herren, deren Exterieur die Vermuthung nahe legte, daß sie trotz dieser Kleidung den militärischen Kreisen angehörten. Sie hatten die substanzielleren Theile des Frühstücks überwunden und schauten nun vergnügt auf eine Batterie feurigen Sizilianers, welcher ihnen rothgolden durch das Glas entgegenglänzte.

»Sagen Sie, Kapitän, auf wie lange werden Sie Ihren gegenwärtigen Aufenthalt ausdehnen?« frug der eine von ihnen. »Sie dürfen erwarten, daß wir wünschen, Sie so lange als möglich hier festhalten zu können.«

Der Gefragte war ein junger Mann von wohl nicht über zweiundzwanzig Jahren. Sein ernstes, männlich schönes Angesicht war sehr stark von der Sonne gebräunt und trug den Charakter einer milden aber unerschütterlichen Energie, welche durch nichts dahin zu bringen ist, einen einmal für rechtlich erkannten Entschluß wieder aufzugeben. Seine Kameraden waren ausnahmslos älter als er, und dennoch schien er ihnen an Reife und Würde überlegen zu sein, wenigstens bildete ihrer Lebhaftigkeit gegenüber die Ruhe und Gleichmäßigkeit seiner Worte und Bewegungen einen Kontrast, welcher nur zu seinem Vortheile ausfallen konnte.

»Leider ist die Dauer meines Aufenthaltes hier eine sehr von den Umständen abhängige,« antwortete er. »Sie kann einige Wochen währen, aber auch schon binnen einer Stunde ihr Ende erreicht haben. Allerdings habe ich meine Fregatte dem Werfte übergeben müssen, aber es kann leicht sein, daß man mir während der dadurch entstehenden Vakanz einstweilen das Kommando eines anderen Fahrzeuges anvertraut. In diesem Falle werde ich telegraphisch abberufen und hätte dann nicht einmal Zeit, mich von Ihnen zu verabschieden, meine Herren.«

»Ein Grund mehr, uns an die Gegenwart zu halten,« meinte ein anderer der Gäste. »Laßt uns den eventuellen Abschiedstrunk gleich jetzt mit schlürfen!«

Die Gläser erklangen.

»Wo waren Sie zuletzt stationirt, Kapitän?« tönte dann die Frage.

»Im indischen Archipel.«

»Donnerwetter, ein wenig entfernt von hier! Nun ist mir auch der famose Teint erklärlich, durch welchen Sie sich so vortrefflich auszeichnen. Aber ich glaube, von Ihnen als in Egypten anwesend gehört zu haben.«

»Ich war auf dem Rückwege nach der Heimath mit der Abgabe von Depeschen an den Vizekönig beauftragt.«

»Ah! So ward Ihnen das Glück zu Theil, die Khedive‘sche Majestät Auge in Auge zu sehen?«

»Natürlich.«

»Ja, ein zweiundzwanzigjähriger Kapitän zur See besitzt ganz verteufelte Meriten. Aber, im Vertrauen, haben Sie auch Einblick in die liebenswürdigen Verhältnisse des vizeköniglichen Harems erhalten?«

Der Gefragte blickte mit einem sinnenden Lächeln vor sich nieder.

»Einblick? Nein!«

»Aber Anblick – ein Anblick ist Ihnen geworden, Sie Glücklicher? Gestehen Sie!«

»Ich gestehe!«

»Genügt nicht. Beichten!«

»Ich habe nichts zu beichten, meine Herren!«

»Nun wohl, dann haben Sie desto mehr zu erzählen oder zu berichten. Nicht?«

»Höchstens eine Kleinigkeit.«

Kapitän!«

Er griff zum Glase, that einen kleinen, langsamen Zug aus demselben und begann mit einer Miene, in welcher sich deutlich das Widerstreben kund gab, eine persönliche Erfahrung dem weiteren Wissen preis zu geben.

»Ich hatte meine Pflicht gethan und war vom Vizekönig auch bereits verabschiedet worden, beschloß aber doch, noch einige Tage in Kairo zu verweilen. Man muß diese Stadt gesehen haben, um diesen Entschluß als etwas ganz und gar Selbstverständliches anzuerkennen. Kairo heißt nicht ohne Grund Kahira, die Siegreiche; sie besiegt mit ihren tausend Wundern und Reizen jeden Abendländer, welcher zum ersten Male sich in den Zauberkreis des orientalischen Lebens wagt.«

»Auch Sie wurden natürlich von diesem Zauber gefangen genommen?«

»Vor Jahren, ja, als ich den Boden des Morgenlandes zum ersten Male betrat.«

»Vor Jahren! Alle Teufel, Kapitän, Sie haben freilich an einer ganz bedeutenden Summe von Jahren zu tragen! Doch, apropos, Sie sind wirklich ein ganz ungewöhnlich bevorzugtes Schoßkind des Glückes. Während andere sehr tüchtige Männer es kaum mit vierzig Jahren bis zu Ihrem Range bringen, waren Sie mit vierzehn Jahren bereits Midshipman, mit zwanzig Decklieutenant und jetzt Kapitän, notabene nicht Korvetten- sondern Fregattenkapitän. Warten wir noch ein Jährchen, meine Herren, so werden wir erfahren, daß diesem Herrn Arthur von Sternburg als Kommodore eine Eskadre anvertraut worden ist, und dann ist es nicht mehr weit bis zu einem fünfundzwanzigjährigen Admiral. Doch bitte, Herr Kamerad, fahren Sie fort!«

»Mit oder ohne weitere Unterbrechungen?«

»Ohne —« lachte der Gefragte.

»Also, wir waren in Kahira, der Siegreichen, und sahen uns gezwungen, den Einflüssen des Klimas gerecht zu werden. Des Tages verträumte ich, wenn nicht gerade eine Audienz oder ein nothwendiger Besuch vorlag, die Zeit bei einer Pfeife feinem Assuan, und ging nur des Abends aus, um manches Abenteuer zu erleben oder zu beobachten, von welchem die Erinnerung zu zehren vermag. Aufgefallen war mir die Schönheit der Fellahmädchen. Diese schlanken und dabei doch so vollen, reizenden Glieder, der warme Ton der dunklen, sammetnen Haut, die liebliche Regelmäßigkeit der Züge, die jungfräuliche Fülle und Festigkeit derjenigen Formen, welche man bei uns künstlich zu stützen pflegt, die Anmuth der Bewegungen – das Alles, bei diesen Bauernmädchen gesehen, ließ die Frage aufkommen, welchen Grad von Schönheit erst die Damen höherer Stände besitzen müßten.«

»Donnerwetter, Kapitän, denken Sie daran, daß Sie gegenwärtig zu außerordentlich gefühlvollen Wesen sprechen!«

»Ohne Unterbrechung, meine Herren —!«

»Bon! Sprechen Sie weiter. Wir sind natürlich gespannt auf Ihren ethnographischen Essay. Natürlich erhielten Sie Gelegenheit, den Grad dieser letztgenannten Schönheit zu bewundern.«

»Allerdings. Es war an einem Abende – —«

»Ah, der Anfang ist reizend: an einem Abende – fahren Sie weiter fort!«

»Ich hatte mir ein Boot genommen und fuhr den Fluthen des Niles entgegen, das heißt, ich saß und träumte, wie man es in jenen Breiten zu thun pflegt, und ließ mich rudern. Wir hatten nach kurzer Zeit die Stadt hinter uns, fuhren einsam stromauf und sahen nur eine einzige Gondel vor uns, welche von vier schwarzen Sklaven fortbewegt wurde —«

»Ich ahne! In dieser Gondel saß ein – — —«

»Nein – saßen zwei tief verschleierte Frauengestalten, welche jedenfalls gerade so wie ich die Kühle des Abends in der Einsamkeit genießen wollten. Unwillkürlich wurden meine Augen von den zarten feinen Hüllen magnetisch angezogen; es gab ja so Vieles hinter ihnen zu ahnen und zu vermuthen. Wer waren diese Frauen? Waren sie alt, so daß die Schleier nichts als Runzeln zu verbergen hatten, oder pulsirte das Blut heiß durch Herz und Adern zweier Gestalten, wie sie die Phantasie sich malt, wenn man an das Harem eines orientalischen Herrschers denkt? Wem gehören sie, und – durfte man es hier in dieser Entfernung von der Stadt wagen, sie anzusprechen? Nein, das ging nicht, denn die Schwarzen hätten dies jedenfalls verrathen. Ich fuhr ihnen also langsam nach, dem weißen Schleier ihrer Gewänder wie einem Polarsterne folgend, nach welchem der Seefahrer den Lauf seines Fahrzeugs bestimmt.«

»Schwärmer! Ich an Ihrer Stelle hätte sie angesegelt, geentert und als gute Prise an Bord genommen.«

»Ich wünsche Ihnen von Herzen eine solche Gelegenheit, Ihre —«

»Alle Teufel, jetzt kommt die Pointe: ein Retter – eine wundervoll schöne Göttin – Liebe – Geständniß – Hochzeit – — habe ich recht, Kapitän?«

»Pah! Die beiden Frauen hatten natürlich ihre Fassung vollständig verloren. Sie zeterten und schrien um Hülfe. Die Eine von ihnen hatte die Hände vom Bord genommen, eine Woge riß die Gondel zu sich empor – die Dame verlor das Gleichgewicht und stürzte in das auf- und abwogende Wasser. Ich hatte so Etwas vermuthet und das Steuer ergriffen. Im Nu war ich zur Stelle und sprang über Bord. Es gelang mir, die Verunglückte zu fassen. Bei dem unruhigen Wasser war es eine Unmöglichkeit, mit ihr in das Boot zu kommen, ich legte mich auf den Rücken, nahm ihren Oberkörper quer über mich herüber und schwamm nach dem Ufer, welches ich noch vor den Kähnen erreichte. Dort legte ich sie nieder und entfernte den Schleier, welcher den Kopf und die Schultern bedeckte.«

Der Kapitän machte jetzt eine Pause und blickte über die vor ihm liegende Landschaft hinaus weit in die Ferne, als suche er den Ort zu erschauen, auf welchen er damals die Errettete gebettet hatte.

»Fast erschrocken fuhr ich zurück – —«

»Was – erschrocken? War sie so häßlich, Kapitän?«

»Häßlich? Pah! Können Sie sich nicht denken, daß es einen Grad von Schönheit gibt, welcher dieselbe Wirkung hat? Den Beschauer überkommt das Gefühl, als habe er eine Entweihung begangen, als sei er unberufen in ein Heiligthum eingetreten, welches er bei Todesstrafe nicht betreten dürfe. So war es auch hier. Ich sah in ein Gesicht, in ein Gesicht – doch, warum davon sprechen, da es geradezu unmöglich ist, solche Wunder zu beschreiben. Aber wenn eine jener Feen, von denen wir uns in der Jugend erzählen ließen, vom Himmel herabgestiegen wäre, um den Sterblichen die Schönheit in ihrer herrlichsten Inkarnation zur Offenbarung zu bringen, sie hätte sich mit dem Mädchen, welches vor mir lag, nicht messen können. Die dünnen, durchsichtigen Gewänder waren von den oberen Theilen dieser unvergleichlichen Gestalt zurückgewichen, und da, wo sie dieselbe noch verhüllten, schienen sie bestimmt zu sein, mehr zu verrathen als zu verbergen. Und über dem Allem lag ausgebreitet der zauberische Mondesglanz Egyptens – pah, ich glaube gar, ich werde poetisch!« wäre!«

»Ich wurde aus meinem Entzücken gerissen. Mein Ruderer hatte gelandet, und auch die Gondel war herbeigekommen. Die zweite Verschleierte setzte den Fuß auf das Land und kam herbeigeeilt.«

»Almah! O Fatime, heiligste Frau des Himmels, hilf, daß sie nicht todt ist!«

Erst durch diesen Ruf wurde ich aus das Nöthigste aufmerksam gemacht. Ich legte die Hand auf das Herz der Verunglückten und fühlte einen leise schlagenden Puls.

»Sie lebt. Die Hand des Todes war nicht schnell genug, die herrlichste Blume Kahiras zu brechen.«

»Sie lebt?«

Mit diesen jubelnden Worten warf sie sich auf die Liegende nieder, zog sich den Schleier vom Gesicht und küßte die Bewußtlose auf Stirn, Wange und Lippe.

»Ja, sie lebt. Dank Dir, Fremdling! Du wird!«

Auch sie war schön, doch einige Jahre älter als die Andere. Noch kniete ich an der Seite der Letzteren und hatte ihren Kopf auf meinem Arme liegen, von welchem das aufgelöste, reiche schwarze Haar in lockiger Fülle herniederfloß.«

»Wer ist sie? Wer seid Ihr?« frug ich, mehr unwillkürlich als mit bestimmter Absicht.

»Ich bin Aimée, die Lieblingsfrau des Vizekönigs, und diese hier heißt Almah. Wer bist Du? Ein Franke?«

Sie sprach italienisch, um von den Dienern nicht verstanden zu werden; ich durfte also annehmen, daß sie lesen könne. Noch immer kniend griff ich mit der freien Hand in meine Tasche und nahm eine Karte hervor.

»Nimm und lies, wer ich bin!

Ich wollte weiter sprechen, wurde aber verhindert. Derjenige, welcher am Steuer der Barke gesessen hatte, trat herbei.

»Warum lässest Du gehörst?«

Diese Worte klangen streng. Sie wandte sich ab und ließ den Schleier fallen.

»Lebe wohl, Fremdling. Aimée sagt Dir Dank; sie wird ihre Freundin auch ohne Hülfe pflegen.«

»Ist Almah auch ein Weib?«

»Nein.«

Jetzt durfte ich es wagen, ohne der Herrlichen zu schaden. Ich hob ihr schwer auf meinem Arme liegendes Haupt empor und drückte Kuß um Kuß auf die halb geöffneten Lippen, zwischen denen das reine Elfenbein der Zähne hindurchschimmerte. Dann erhob ich mich.

»Wessen Tochter ist sie?«

»Ich darf es Dir nicht sagen. Hab Dank und lebe wohl!«

»Sie reichte mir ihre Hand, allerdings ein großes Wagniß. Ich drückte meine Lippen auf die zarten Spitzen ihrer Finger und schritt wie im Traume nach meinem Kahne – —«

»Verdammt! Das war ein Fehler! Das hätte ich nicht gemacht! Ich wäre sicher nicht eher fortgegangen, als bis ich erfahren hätte, wer sie war. Doch, Sie haben sie wiedergesehen?«

»Nein.«

»Was? Nein? Das ist ja vollständig unmöglich!«

»Es ist einfach wirklich. Ich nahm mir allerdings vor, nach ihr zu forschen, erhielt aber bereits am nächsten Tage den Befehl, nach Algier zu gehen – tout voila; ich bin zu Ende!«

»Zu Ende? Wirklich? Sie wollen nicht längeren Urlaub nehmen und hinübergehen, um nach ihr zu forschen?«

»Ich bin nicht Phantast genug, um solch einen Entschluß fassen zu können, und der Dienst —«

»Ja, der leidige Dienst! Und doch! Treten Sie mir Ihre Egypterin ab, Kapitän! Ich werde hinübergehen und den Vizekönig interpelliren. Er muß mich mit seiner Aimée sprechen lassen, und von dieser ist es ja zu erfahren, wer die Unvergleichliche ist.«

Der Kapitän lächelte.

»Ich kann nicht ein Gut abtreten, welches ich nicht besitze.«

»So nehme ich es mir selbst. Kapitän, ich schwöre es Ihnen bei allen Liaisons der Erde, daß ich bei nächster Gelegenheit nach Egypten gehe, um Ihre Bekanntschaft fortzusetzen. Aber, meine Herren, vergessen wir nicht, daß wir für jetzt weiter engagirt sind; es bleibt uns nur noch eine Viertelstunde für unseren Wirth übrig. Vivat alle Aimées und Almahs; Pereat alle Dahabies und Sandals, und vor allen Dingen lebe der Entdecker des schönsten Weibes im Lande der Pharaonen. Hoch!«

Die Gläser klangen; die Flaschen entleerten sich, und als die Letzte unter der Tafel verschwunden war, erhoben sich die Herren. Der Kapitän blieb allein zurück.

Er war ernst geblieben trotz der launigen Gesellschaft. Jetzt lehnte er sich in den Sessel zurück und öffnete das Medaillon, welches an seiner Uhrkette befestigt war. Es enthielt einen Frauenkopf von jener Schönheit, welche nur unter den Gluthen des Orientes zu finden ist.

»Almah! Sie ist das erste Weib, welches ich liebe, und wird auch das letzte sein. Sie ist vor mir aufgetaucht und verschwunden, wie ein Phänomen, welches mir nie wieder erscheinen wird; aber ich habe ihre Züge festgehalten und werde von dieser süßesten meiner Erinnerungen zehren, so lange mein Herz schlägt und meine Brust athmet!«

Er trat aus der Veranda in das anliegende Zimmer und klingelte. Ein alter Mann erschien, welcher mit einer tiefen Verneigung vor der Thür stehen blieb.

»Haben Sie die Zimmer für den Pascha in Bereitschaft gesetzt?«

»Ja, Durchlaucht. Wann wird der Gast eintreffen?«

»Ich weiß es nicht. Sie werden für die nothwendige Dienerschaft sorgen müssen. Hoffentlich bleibt Ihnen bis zu seinem Eintreffen noch so viel Zeit, Alles zu arrangiren. Gestern kam der Brief des Vaters; es ist also anzunehmen, daß der Pascha vor Anfang nächster Woche nicht eintreffen wird. Für jetzt bitte ich um meinen Matrosenanzug!«

Der alte Kastellan trat einen Schritt näher.

»Durchlaucht wissen, wie lieb ich Sie habe und wie glücklich es mich macht, meinen hohen jungen Herrn nicht so stolz zu sehen wie Andere, welche weder die Geburt noch die Verdienste des Kapitän von Sternburg aufzuweisen haben. Aber – — dieses Inkognito, dieses Herniedersteigen zu den untersten Klassen der Bevölkerung, könnte es nicht einmal mit Gefahren verbunden sein, denen man nicht gewachsen ist, weil sie unerwartet hereinbrechen?«

Der Prinz reichte dem treuen Manne die Hand entgegen.

»Ich kenne Sie, Horn, und bin weit entfernt, mich durch Ihre so gut gemeinte Warnung verletzt zu fühlen. Darum will Anzug!«

Der Kastellan entfernte sich und brachte nach einigen Augenblicken die verlangten Kleidungsstücke. Arthur legte sie an, verwirrte sich das wohlfrisirte Haar, gab dem sorgfältig gepflegten Schnurrbärtchen eine weniger kühne Haltung, und glich nun einem Matrosen in sonntäglicher Bekleidung. Horn war ihm bei dieser Metamorphose behülflich gewesen und betrachtete mit wohlgefälligem Lächeln die prächtig gebaute Gestalt seines jungen Gebieters.

»Und dennoch, Durchlaucht, sieht man es Ihnen an, daß Sie keine gewöhnliche Theerjacke sind.«

»So? Hm! Wollen sehen! Ein wenig Staub und Schmutz wird diesen Übelstand beseitigen. Adieu, Horn!«

Er ging.

Von der Veranda zum Schloßgarten niedersteigend, verließ er den Letzteren durch eine kleine Seitenpforte, schritt zwischen einigen Weinbergen hindurch und befand sich bald auf einem Wege, welcher in regelmäßigen Windungen zur Stadt hinabführte. Dort angekommen suchte er den Hafen auf. Hier schlenderte er scheinbar zwecklos auf und ab, doch ließen die scharfen Blicke, mit welchen er selbst die geringste Kleinigkeit beobachtete, errathen, daß diesem harmlosen Spaziergange dennoch eine bestimmte Absicht zu Grund liege.

Später trat er in eine jener Restaurationen, welche meist von Seefahrern besucht werden. Der vordere Raum derselben war für gewöhnlichere Gäste bestimmt, und von hier aus führte eine Thür nach einem Nebenzimmer, in welches sich die Kapitäne und Steuerleute zurückzuziehen pflegten. Hier war es jetzt vollständig leer, und Arthur nahm in der Gaststube auf einem Stuhle Platz, welcher am offenen Fenster stand. Von hier aus hatte er einen offenen Blick auf das Treiben des Hafens und auf die See, welche von dem letzteren aus den ganzen Raum bis zum Horizont erfüllte.

Nicht weit von ihm saßen einige Matrosen beim Kruge, deren ganzes Äußere dafür sprach, daß sie manches Jahr ihres Lebens auf dem Meere zugebracht hatten. Sie befanden sich in einem lebhaften Gespräche, welchem auch die sämmtlichen andern Gäste mit Interesse zuhörten.

»Und ich sagen Euch dennoch, daß der »Tiger« ein Dreimaster ist, der es mit der größten Fregatte aufzunehmen vermag. Ich habe mit Einem gesprochen, der diente auf einer Brigg, welche von dem Korsaren genommen wurde. Er hat also das Schiff genau betrachten können,« meinte einer der Leute.

»Hast nicht nothwendig, es ihm zu glauben, Wilm,« antwortete ein Anderer. »Der Tiger ist eine Korvette mit neun Kanonen. Ich habe sie selbst gesehen, und das ist genug!«

»Wirklich?« frug ein Dritter. »Ich kann es Euch ganz genau sagen, was der Tiger für ein Fahrzeug ist. Er ist eine zweimastige Brigg mit lateinischem Segelwerke. Als ich vor sechs Monaten mit der »Schwalbe« fuhr, sind wir ihm begegnet und wollten ihn ansprechen; er aber ging an uns vorüber, wie der Mond an dem Mopse, der ihn anbellt.«

»Sonderbar,« brummte der Vierte. »Ein Dreimaster, eine Korvette, eine Brigg mit lateinischem Segelwerke – daraus werde der Teufel klug! Was mich betrifft, so habe ich das Piratenschiff noch nicht gesehen und bin auch gar nicht begierig darauf, ihm zu begegnen. Nur wissen möchte ich, ob sein Kapitän wirklich ein Neger ist, wie man sich erzählt.«

»Natürlich ist er ein echter und richtiger Neger, weshalb man ihn auch nicht anders nennt, als den »schwarzen Kapitän.« Übrigens ist er der einzige Pirat, welcher kein Menschenblut vergießt. Ich kenne mehrere Fälle, in denen er ein Schiff hätte entern können, und dennoch hat er, um die Menschenleben zu schonen, davon abgesehen und die Prise davongehen lassen.«

»Aber nur um sie später durch List zu bekommen!«

»Das ist keine Schande für ihn, sondern das gerade Gegentheil. Aber habt Ihr auch beobachtet, daß er es meist auf Norländische Schiffe abgesehen hat?«

»Besonders auf die Fahrzeuge der Kolonialkompagnie.«

»Daher macht Norland so große Anstrengungen, seiner habhaft zu werden, aber stets ohne Erfolg. Die Sache liegt nämlich so, daß der Tiger einmal als Drei-, dann als Zweimaster und vielleicht dann gar als Dampfer erscheint. Wer will ihn festhalten? Und dazu ist sein Kapitän ein befahrener Kerl, der Haar auf den Zähnen hat. Ich habe davon sprechen hören, daß der Pirat vor dem Winde gegangen ist mit vollem Segelwerke; wer macht ihm das nach? Ein andermal haben sie ihn getroffen, daß er mit halbem Segelwerke dem Winde in die Zähne lenkte; das ist ein Kunststück, welches man für unmöglich halten möchte. Bei vollem Sturme haben.«

»Pah, es gibt anderwärts auch noch Leute, welche ein Schiff zu lenken verstehen. Ich kenne Einen, den sollte man gegen den »Tiger« schicken; der würde ihn bald erwischen.«

»Meinst Du? Wer könnte das wohl sein? Der müßte schon einige Haare auf den Zähnen haben!«

»Hast Du noch nichts von dem Sternburg gehört?«

»Der Sternburg? Alle Wetter, das ist wahr; das ist ein Kerl, der es wohl mit dem »Schwarzen« aufnehmen könnte. Wo steckt er denn wohl jetzt?«

»Ich glaube in Ostindien oder auf der Südsee. Der Junge ist wohl kaum über zwanzig Jahre alt und hat so viele Teufel im Leibe, daß man ihn nur immer dahin schickt, wo sich ein Anderer nicht hingetrauen würde. Denkt an den letzten Krieg, was er da als Volontär geleistet hat.«

»Er ist vom höchsten Adel, denn in den Adern der Sternburgs soll sogar königliches Blut fließen, und das mag mit zu der außerordentlichen Schnelligkeit beitragen, mit welcher er im Avancement vorgeschritten ist; aber man muß doch sagen, daß er seinen Platz verdient hat. Ich möchte ihn doch einmal sehen. Wer kennt ihn?«

»Keiner von uns!«

»O doch,« meinte Einer, welcher am nächsten Tische saß. »Ich habe ihn gesehen, doch allerdings nur von Weitem.«

»Wenn ist das gewesen und wo?«

»Eben im letzten Kriege, als er uns den Dreimaster entgegenbrachte.«

»Alle Teufel, das war ein Meisterstück! Ich habe davon erzählen hören, aber nicht recht klug aus der Sache werden können. Wie ging es denn eigentlich zu?«

»Sehr einfach. Nach dem Siege über die feindliche Flotte verfolgten wir dieselbe bis an die Küste, wo sie in der Flußmündung Schutz suchte, welche von einem festen Fort vertheidigt wurde. Ihr zu folgen, war unmöglich; wir mußten sie einfach blockiren. Das war eine langweilige Geschichte, und wäre wohl noch langweiliger geworden, wenn nicht hier oder da ein kleiner Coup unternommen worden wäre, der etwas Leben in das Nichtsthun und Hinwarten brachte. Bei Allem aber, was geschah, war dieser Lieutenant ersten Ranges Arthur von Sternburg, welcher dann Kapitän wurde, dabei. Einst verlautete, daß der Kommandant des Forts den Seeoffizieren einen Ball oder so etwas Ähnliches gebe. Sternburg war es selbst, der diese Nachricht brachte. Wenn sie sich bewahrheitete, so war die Gelegenheit geboten, dem Feinde einen Streich zu spielen, und daher entschloß man sich, einen kühnen und listigen Mann an die Küste zu setzen, welcher nachforschen sollte, ob das Gerücht die Wahrheit sage.«

»Natürlich wählte man Sternburg?«

»Er meldete sich selbst. Es war bereits Nachmittag, als das Boot, welches ihn an die Küste setzen sollte, mit ihm abging. Man fuhr natürlich zunächst in die See hinaus, schlug dann einen Bogen und landete einige Stunden abwärts an einer einsamen, unbewohnten Stelle des Landes. Sternburg hatte nur einen Revolver und ein Messer mit und trug die Kleidung eines gewöhnlichen Handelsschiffmatrosen. Es gelang ihm, sich glücklich bis an den Fluß zu schleichen, wo er erfuhr, daß das beabsichtigte Fest wirklich stattfinde. Es war während dem Abend geworden, und sämmtliche Flottenoffiziere hatten sich nach dem Fort begeben.«

»Alle Teufel, nun kam er doch mit seinem Berichte zu spät! Ehe er zurückgelangen konnte, mußte ja bereits der Morgen anbrechen.«

»Dasselbe sagte auch er sich, und daher beschloß der kühne Mann, auf eigene Faust zu handeln.«

»Bravo! Wie fing er das an?«

»Sehr einfach. Er begab sich an Bord des Flaggenschiffes und – —«

»Des Flaggenschiffes? Der Kerl war verrückt!«

»Nicht ganz. Man wußte sehr genau, daß wir uns nicht stromaufwärts wagen konnten; daher hatte man sich vollständig sicher gefühlt und allen Offizieren außer dem jüngsten Schiffsfähndrich Erlaubniß gegeben, den Ball zu besuchen. Der Fähndrich hatte natürlich nichts zu thun, als sich zu ärgern, daß er hatte zurückbleiben müssen. Zur Entschädigung war ihm eine Ration Rum und Zucker zur Verfügung gestellt worden, um für die Mannschaft einen tüchtigen Extragrog zu brauen. Man war eben mit dieser Arbeit beschäftigt, als Sternburg von seinem Kahn aus um wolle.«

»Der ist nicht an Bord,« war die Antwort.

»So bringt mich zum ersten Lieutenant!«

»Ist auch von Bord.«

»Zum Zweiten!«

»Auch mit fort. Nur der Fähndrich ist da. Komme herauf zu mir, Bursche!«

Sternburg schwang sich am Eimertaue empor und stand vor dem Fähndrich. Dieser frug ihn nach den gewöhnlichen Punkten und war mit den Antworten so zufrieden, daß er gar nicht begehrte, die Papiere des neuen Mannes zu sehen; das war übrigens auch nur Sache des Kapitäns.

»Kannst gleich an Bord bleiben, bis der Kapitän zurückkehrt,« lautete sein Bescheid; »ich meine sehr, daß er Dich behalten wird. Geh vor zu den Mannen und stelle Dich dem Bootsmann vor!«

Sternburg that dies und wurde, da er sich zu geben wußte, nicht übel aufgenommen. Besonders erregte seine Idee, einige Flaschen Rum als Einstand zu geben, ungeheure Theilnahme. Der Fähndrich, welcher stolz darauf war, einmal angegangen werden zu müssen, gab mit stolzem Tone seine Erlaubniß, und der Koch stieg in den Raum hinab, um das Getränk heraufzubugsiren.

»Die Idee war zwar gefährlich aber nicht schlecht!«

»Meine es auch, denn nach Verlauf von einigen Stunden hatten Grog, Rum und Tabak das Ihrige gethan. Zwar gab es keinen eigentlichen Rausch, denn dazu war die Mannschaft zu fest und die Portionen zu klein, aber schlafen wollten sie Alle, schlafen mußten sie, und sogar der junge Fähndrich stieg hinab und legte sich ein wenig in die Hängematte. Man befand sich ja in vollständiger Sicherheit.«

»Was wird Sternburg jetzt thun!«

»Die Sternwache hatte sich auf eine Taurolle gesetzt und schlummerte, die Sprietwache lehnte an einer Lafette und schnarchte, und der Oberbootsmann, welcher eigentlich zum Rechten sehen mußte, saß mit dem Koche in der Kambüse und zerarbeitete sich mit dem Grogreste, welcher vor ihnen stand. Da ließ sich Sternburg wieder am Eimertau hinab, zog sein Messer, pagayete sich auf dem zur Disposition gesetzten Boote nach hinten und zerschnitt das große Ankertau. Jetzt hing das Schiff nur noch an den beiden Nothankern; auch diese wurden gekappt, und es begann sich langsam zu bewegen.«

»Alle Teufel! Ob die Mannen das bemerken werden?«

»Sogleich jedenfalls nicht. Sternburg hing das Boot wieder an und schwang sich an Bord zurück. Er fand noch Alles, wie er es verlassen hatte, und eilte zum Steuer. Dieses war natürlich angebunden. Er löste das Tau, gab dem Hebel die nothwendige Richtung und befestigte ihn dann wieder. Nun legte er sich in die Nähe der Vorderluke auf ein zusammengelegtes Segel, um das Kommando zu erwarten.«

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Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
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