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Kitabı oku: «Waldröschen IV. Matavese, der Fürst des Felsens. Teil 2», sayfa 11

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19. Kapitel

Der Haziendero stand am Portal und staunte, sie mit zwei Begleitern und einem ledigen Pferd ankommen zu sehen.

»Ah, da sind Sie ja. Wir haben nach Ihnen gesucht. Sie bringen mir Gäste mit, Señores?« – »Nicht eigentlich Gäste, Señor«, sagte Sternau. »Es sind Gefangene.«

Der Haziendero machte ein erstauntes Gesicht.

»Gefangene?« fragte er. »Wieso? Mein Gott, was ist Ihnen schon wieder passiert?« – »Das werden Sie erfahren. Aber bitte, öffnen Sie uns ein Gewölbe, in dem wir diese Männer sicher unterbringen können, von deren Hiersein die Offiziere der Lanzenreiter zunächst noch nichts wissen dürfen.«

Es wurden den Männern jetzt die Hände wieder gefesselt, dann band man sie von den Pferden los und steckte sie in ein Gewölbe, das ohne Fenster war und dessen Tür so verschlossen wurde, daß an eine Flucht gar nicht gedacht werden konnte. Die Soldaten merkten nicht das geringste davon.

Nun begaben sich die beiden Freunde nach dem Speisesaal, um das Frühstück einzunehmen. Dort fanden sie Helmers, Karja und Emma, die auf einige Augenblicke ihren genesenden Pflegling verlassen hatten, und erzählten ihnen das gehabte Abenteuer. Pedro Arbellez wußte noch nichts davon, daß seine Tochter auf dem Dach beleidigt worden sei; er erschrak, als er es hörte. Als dann die Rede auf das Duell kam, erbleichte Emma. Mariano berichtete den ganzen Hergang desselben, und Sternau erntete wohlverdiente Bewunderung von den Zuhörern. Diese war aber gemischt mit der Befürchtung, daß die Lanzenreiter nun an der Hazienda und ihren Bewohnern Rache nehmen könnten. Sternau versuchte, diese Befürchtungen zu widerlegen.

»Die Lanzenreiter sind ja Untergebene von Juarez, der es früher oder später ganz sicher zum Präsidenten bringen wird«, sagte er. Juarez aber ist Ihnen wohlgesinnt, Señor Arbellez, das hat er Ihnen bewiesen, indem er Ihnen die Verwaltung der Hacienda Vandaqua anvertraute. Das werden diese Offiziere bedenken müssen. Übrigens haben wir gegen diese eine sehr gefährliche Waffe in der Hand, nämlich unsere Gefangenen, die wir jetzt verhören werden. Der Mensch, den ich gestern abend gefangennahm, liegt wohl noch verschlossen in meinem Zimmer; ich habe heute noch nicht nach ihm sehen können und werde ihn herbeibringen.«

Er ging nach seiner Wohnung und fand den Mann noch in derselben Lage, wie er ihn verlassen. Es stand zu vermuten, daß er sich alle Mühe gegeben hatte, freizukommen, aber seine Fesseln waren zu fest gewesen. Sein Gesicht hatte eine bläuliche Farbe, und ein leises, röchelndes Stöhnen drang unter dem Knebel hervor, der ihn verhindert hatte, in freier Weise zu atmen. Sternau erkannte, daß der Gefesselte in kurzer Zeit dem Erstickungstod erlegen wäre und nahm ihm den Knebel ab. Dann band er ihn vom Bett los und befreite auch seine Beine und Füße von den sich umschlingenden Riemen, so daß er nur noch an den Händen gebunden war.

»Steh auf!« gebot er ihm. »Ich habe mit dir zu sprechen.«

Der Gefangene erhob sich mühsam; er hatte während der Zeit, in der er in Banden gelegen hatte, den freien Gebrauch der Glieder verloren. Er konnte jedoch atmen, und so stellte sich seine natürliche Gesichtsfarbe wieder ein, und seine Augen verloren den stieren Ausdruck, den sie gehabt hatten. Aber der Blick, den er auf Sternau warf, zeigte keine Spur von Ergebung.

»Wie können Sie sich an mir vergreifen!« sagte er. »Ich bin ein freier Mexikaner.« – »Laß diesen dummen Spaß!« antwortete Sternau. »Du siehst ja, daß du jetzt aufgehört hast, ein freier Mexikaner zu sein!« – »Aber ohne meine Schuld. Ich verlange Freiheit und Genugtuung!« – »Was du verlangst, ist uns gleichgültig; was du bekommst, das wird sich baldigst finden. Nur erwarte nicht, daß ich Theater mit dir spiele. Du gehst jetzt mit mir.«

Sternau faßte den Mann und schob ihn vor sich her zur Tür hinaus. Der Mexikaner gab sich Mühe, einen trotzigen Gang und eine ebensolche Haltung anzunehmen, aber es gelang ihm schlecht, da infolge seiner Fesselung das Blut noch nicht in der früheren Weise durch seine Adern pulsierte. Er hatte seine Bewegungen noch nicht wieder in seiner Gewalt, und so kam es, daß er nicht den mindesten Versuch machte, sich durch einen raschen Sprung zu befreien, obgleich ihn Sternau nicht mit der Hand gefaßt hielt.

Als sie in den Speisesaal traten und er die dort Anwesenden erblickte, fragte en

»Was soll ich hier?« – »Meine Fragen beantworten, weiter nichts«, antwortete Sternau, indem er ihn vorwärts stieß. »Hier stellst du dich her! Sieh diesen Revolver, bei der geringsten Bewegung, die du etwa unternimmst, um zu entfliehen, schieße ich dich nieder!« – »Ich protestiere gegen eine solche Behandlung!« meinte der Mexikaner trotzig.

Sternau zuckte geringschätzend die Schultern und antwortete nicht, sondern wandte sich zum Fenster. Draußen war der Hufschlag eines Pferdes zu hören, und als er hinausblickte, sah er einen Lanzenreiter, der auf schweißtriefendem Pferd beim Lager ankam. Es war gewiß ein Bote, der irgendeinen Befehl überbrachte.

Nun wandte sich Sternau wieder zu dem Gefangenen und sagte zu ihm:

»Du stehst vor einem Verhör, das über dein Schicksal entscheidet. Ich hoffe, daß du an deinen Vorteil denkst und mir aufrichtig antwortest.« – »Es hat niemand das Recht, mich zu verhören; ich gestehe dieses Recht nur dem Richter zu, das aber ist keiner von Ihnen.« – »Du irrst. Alle, die hier sind, sind deine Richter; du wirst das bald bemerken. Ich sage dir, daß wir wenig Federlesens mit dir machen werden. Du bist gedungen worden, einige von uns zu töten. Ich habe deine Unterhaltung um Mitternacht unten bei den Palisaden und bei der Ruine belauscht und jedes Wort vernommen; ich bin auch bei dem Stein gewesen und habe den Zettel gelesen, den der Kapitän dort für dich verbarg und den du noch in deiner Tasche hast. Ihr habt in der Schlucht des Tigers auf mich geschossen – ich weiß das alles. Du bist ein Mörder, und ich werde dich ohne alle Umstände binnen zehn Minuten aufhängen lassen, wenn du nicht durch eine offene Bereitwilligkeit dein Leben zu retten versuchst«

Diese Worte waren in strengem Ton gesprochen, der den Mann bedenklich machte. Er hörte zu seinem Schrecken, daß alles verraten sei, und der angenommene Trotz wich aus seinen verwitterten Zügen. Er antwortete nur mit einem Schweigen.

»Ich frage dich zunächst, ob du aufrichtig antworten willst«, fuhr Sternau fort. »Willst du nicht, so ist das Verhör allerdings beendet, und du wirst aufgehängt.«

Der Mann blickte düster zu Boden und entgegnete:

»Wenn Sie das tun, so wird man mich rächen; darauf können Sie sich verlassen!« – »Wer würde denn der Rächer sein?« fragte Sternau. – »Ich habe noch Gefährten.« – »Pah! Du hattest nur noch ihrer zwei übrig. Sie warteten in dem Kalkbruch auf dich, wie du gestern abend zu dem Kapitän sagtest. Wir sind heute dort gewesen und haben sie gefangengenommen. Du wirst sie bald sehen.«

Der Mexikaner erbleichte, antwortete aber doch:

»Das glaube ich nicht. Sie sagen die Unwahrheit, damit ich schüchtern werden soll.« – »Du bist nicht der Mann, um dessentwillen ich eine Unwahrheit sagen würde. Tritt an das Fenster und blicke hinab. Ihre Pferde stehen noch unten im Hof, und das deinige auch.«

Der Mann tat, wie ihm befohlen war. Er sah die beiden Pferde seiner Gefährten, er erkannte auch das seinige und sah nun ein, daß Sternau die Wahrheit gesagt hatte. Dennoch machte er noch einen schwachen Versuch, den Anwesenden Furcht einzuflößen, und sagte:

»Der Kapitän wird mich rächen!«

Sternau war mit seinen Blicken dem Gefangenen, als dieser aus dem Fenster sah, gefolgt, und dabei bemerkte er drei Reiter, die von Westen her auf das Lager zugeritten kamen. Er erkannte sie sofort und antwortete dem Mann:

»Sieh dort hinüber! Erblickst du die drei Reiter? Es ist der Kapitän mit seinen beiden Leutnants. Wenn sie näher kommen, wirst du sehen, daß Verdoja und Pardero die rechte Hand verbunden haben. Ich habe mich heute morgen in dem Kalkbruch mit ihnen geschlagen und dabei beide um die rechte Hand gebracht. Von ihnen hast du keine Hilfe zu erwarten.«

Der Gefangene erschrak von neuem und blickte angestrengt zum Fenster hinaus. Auch die anderen traten herbei, um die Ankömmlinge zu beobachten. Diese kamen im Trab näher, ritten, ohne bei den Ihrigen, den Soldaten, anzuhalten, in den Hof ein und stiegen ab. Nach einigen Augenblicken hörte man an ihren Schritten, daß sie sich nach ihren Zimmern begaben. Alle Anwesenden hatten bemerkt, welch ein Zug entschlossener Rachgier auf den Gesichtern der drei lag; diesen Mienen nach hatte man auf einen friedlichen Weiterverlauf der Dinge allerdings nicht zu rechnen.

»Nun, hoffst du noch auf Hilfe von dem Kapitän?« fragte Sternau.

Der Gefragte schwieg. Er wollte nicht mit Worten eingestehen, daß er bereit sei, seinen bisherigen Widerstand aufzugeben.

»Antworte mir jetzt!« fuhr Sternau fort. »Gestehst du ein, daß ihr von einem gewissen Cortejo gedungen waret, mir und meinen Gefährten aufzulauern?« – »Ja, das will ich gestehen«, sagte der Mann. – »Als dies mißlang und ich eure Leute in der Schlucht des Tigers getötet hatte, engagierte euch übrigen der Kapitän Verdoja, uns niederzuschießen?« – »Ja.« – »Ihr habt infolgedessen auch wirklich auf mich geschossen?« – »Ich nicht, sondern nur die beiden, die Sie in der Schlucht töteten.« – »Entschuldige dich nicht, du warst ihr Anführer. Du hast dann mit Verdoja einige Zusammenkünfte gehabt, und bei der letzten derselben, gestern, forderte er dich auf, mich und Señor Mariano heute mit deinem Doppelgewehr zu erschießen, und zwar in dem Augenblick, in dem ich mit ihm auf der Mensur stehen würde?« – »Ja«, antwortete der Mexikaner kleinlaut. Er sah ein, daß Leugnen ganz vergeblich sei, fügte jedoch hinzu. »Sie können mir aber glauben, Señor Sternau, daß ich es nicht getan hätte; ich hätte Sie auf keinen Fall erschossen.« – »Ah! Was hättest du denn getan?« – »Ich wäre hervorgetreten und hätte Ihnen gesagt, was der Kapitän mit Ihnen im Sinn hatte.« – »Das mache einem anderen weis. Du wirst übrigens jetzt deine Kameraden zu sehen bekommen. – Mariano, willst du die beiden Leute holen?«

Mariano ging und brachte sie nach kurzer Zeit herbei. Sie erschraken sichtlich, als sie ihren Gefährten erblickten, und es bedurfte von seiten Sternaus nur einer kleinen Einschüchterung, um sie zum vollen Geständnis zu bringen. Sie hörten, daß ihr Mithelfer bereits alles gesagt habe, und sahen nun keinen Grund, durch ein unnötiges Leugnen ihre an und für sich bereits gefährliche Lage zu verschlimmern.

»Ihr seid Mörder und wohl auch noch mehr als das«, sagte Sternau, »es gehört euch der Strick ohne alle Gnade und Barmherzigkeit, aber ich will Nachsicht üben, sobald ihr bereit seid, eine Bedingung zu erfüllen.« – »Welche ist es?« fragte der eine. – »Ich fordere von euch, daß ihr euer Geständnis in Gegenwart des Kapitäns wiederholt, sobald ich es verlange. Seid ihr bereit dazu?«

Sie blickten einander an und antworteten nicht. Endlich fragte der Anführer:

»Ist das unbedingt notwendig?« – »Ja. Tut ihr es nicht, so geschieht das mit euch, was ich euch sagte: Ich lasse euch unverzüglich aufhängen. Denket nicht, daß ich nur drohe!« – »Hängen lassen wir uns des Rittmeisters wegen nicht. Wenn es wirklich nicht anders geht, so werden wir also auch in seiner Gegenwart die Wahrheit sagen.« – »Gut. Das Leben ist euch also geschenkt, und das Weitere wird sich finden. Ihr werdet jetzt zusammengesperrt. Versucht nicht, zu entfliehen, denn jeder Versuch wird euren Tod zur Folge haben!«

Sie wurden jetzt zu dreien in dasselbe Gewölbe eingeschlossen, in dem die zwei gesteckt hatten. Sternau ahnte mit den übrigen, daß sehr bald eine Kundgebung feindseliger Art von den Offizieren zu erwarten sei, und so zogen sie es vor, im Haus zu bleiben, um einander in jedem Augenblick zur Hand zu sein.

20. Kapitel

Die drei Offiziere waren nach dem Aufbruch Sternaus und Marianos noch längere Zeit auf dem Kampfplatz geblieben; sie sahen sich durch Verwundungen dazu gezwungen. Die Hand Parderos war vollständig zerschmettert, aber die Blutung zeigte sich bei ihm als nicht übermäßig. Das Taschentuch und ein Stück von der Pferdedecke genügten zum einstweiligen Verband. Anders war es bei dem Kapitän. Die scharfen Schnittflächen seiner vierfachen Fingerwunde begünstigten das Hervorbrechen des Blutes, und die Kugelwunde am Arm, obgleich nicht gefährlich, schien eine bedeutende Vene zerrissen zu haben. Hier war die Blutung mit weit größerer Mühe zu stillen.

Während dieser Verbandarbeiten wurde nur wenig gesprochen, und das, was geredet wurde, trug den Charakter des Grimmes und der Wut an sich.

»Wer hätte das gedacht!« meinte Pardero. – »Daß Sie so ungeschickt sind, auf mich zu schießen!« unterbrach ihn der Kapitän. – »Ich? Sie haben ja bereits gehört, wie es zugegangen ist. Dieser Sternau ist ein Fechter und ein Schütze, wie es keinen zweiten gibt.« – »Und Sie sind ebenso ein Schütze, wie es keinen zweiten gibt, nämlich ein so schlechter!« – »Ich bitte die Herren, sich nicht zu entzweien!« bat der Sekundant, dem das Geschäft des Verbindens allein oblag, da die beiden anderen durch ihre Wunden verhindert waren, ihm durch eine Handreichung beizustehen. »Das Rendezvous war ein ganz außergewöhnliches. Dieser Sternau kann wirklich fast ein Teufel genannt werden, obgleich alles sehr natürlich zugegangen ist. Seine Geschicklichkeit sowohl in der Handhabung von Schieß- und Hiebwaffen ist eine geradezu auffällige, aber noch auffälliger sind mir die Worte, die er sprach.« – »Allerdings auffällig im höchsten Grad«, stimmte Pardero bei. »Er beschuldigte Sie, Kapitän, ja geradezu, einen Mörder gedungen zu haben, der ihn und seinen Sekundanten niederschießen solle.« – »Infamie!« antwortete Verdoja.

Aber trotz dieses Wortes konnte er die tiefe Röte nicht verbergen, die in sein vorher so totenbleiches Gesicht getreten war. Wer bei solchem Blutverlust so tief erröten konnte, der mußte sich getroffen fühlen.

Der Sekundant fixierte ihn mit scharfem Auge. Er war ein Ehrenmann, der, wenngleich Mexikaner, sich der Beihilfe zu einer Unehrenhaftigkeit nicht schuldig machen wollte. Er hatte keine Ahnung von den eigentlichen Absichten seines Vorgesetzten, dem er nur sehr ungern als Sekundant gedient hatte, da es sich ja um die Beleidigung einer Dame handelte; aber gerade daß es sein Vorgesetzter war, hatte ihn vermocht, eine Weigerung nicht auszusprechen. Er fühlte, ja, er war fest überzeugt, daß Sternaus Anschuldigung eine begründete sei, und fragte:

»Was sollte diesen Deutschen zu einer solchen Beschuldigung veranlassen?« – »Eben seine Schlechtigkeit«, antwortete der Kapitän. – »Sie irren wohl, Señor!« erwiderte der Sekundant ruhig. »So wie ich Sternau beurteile, ist er nicht der Mann zu einer solchen Bosheit.« – »So war es ein übel angebrachter Theatercoup, um den Effekt zu erhöhen.« – »Auch das glaube ich nicht. Sternau, der berühmte Jäger, ist kein Schauspieler.«

Da stampfte Verdoja zornig mit dem Fuß.

»Schweigen Sie! Oder wollen Sie mir etwa sagen, daß Sie glauben, was dieser Mensch ausgesprochen hat?« – »Er hat eine offene Anschuldigung ausgesprochen, die Sie nicht widerlegten«, antwortete der Leutnant gemessen. »Ich enthalte mich natürlich eines jeden Urteils, bis erwiesen ist, daß der Ankläger sich geirrt hat.« – »Das will ich Ihnen auch raten!«

Der junge Mann blickte von dem Verband auf, mit dem er beschäftigt war, zog die Brauen zusammen und fragte:

»Soll das eine Drohung sein, Kapitän?« – »Allerdings!« lautete die zornige Antwort.

Sofort ließ der Leutnant das Tuch los und trat zurück.

»Ich verbitte sie mir sehr ernstlich!« sagte er. »Sie sind im Dienst mein Vorgesetzter, in einem Ehrenhandel aber ist meine Stellung keine andere als die Ihrige. Ihr Verhalten gegen mich ist mir unbegreiflich, und ich sage Ihnen, daß ich sofort nach unserer Rückkehr mit Señor Sternau sprechen werde. Er hat Sie des Meuchelmords angeklagt, geschah es mit Unrecht, so muß er widerrufen und Genugtuung geben, geschah es aber mit Recht, so werde ich aus meiner Stellung scheiden.« – »Ich verbiete Ihnen, mit diesem Menschen zu sprechen!« schnaubte der Kapitän. – »Sie haben mir nur in dienstlichen Dingen Befehle zu erteilen, sonst nicht. Sie kennen jetzt meine Ansicht. Soll ich den Verband vollenden, so ersuche ich Sie, das jetzige Thema fallenzulassen.«

Der Kapitän schwieg notgedrungen und hielt ihm den Arm hin. Der Zorn, der ihn beherrschte, war nicht geeignet, die Wallungen seines Blutes zu beruhigen, und so kam es, daß das Verbinden längere Zeit in Anspruch nahm. Während der Leutnant mit dem Arm seines Vorgesetzten beschäftigt war, wechselte dieser Blicke mit Pardero, aus denen er erkannte, daß er in letzterem einen Verbündeten haben werde.

Endlich stiegen sie zu Pferde, um nach der Hazienda zurückzukehren. Sie taten dies, wie bereits bemerkt, mit düsteren Mienen, doch war bei dem Leutnant der Grund dazu ein ehrenhafterer als bei den beiden anderen.

Bei den Lanzenreitern befand sich einer, der einmal Arzt hatte werden wollen, aber wegen schlimmen Lebenswandels relegiert worden war. Er war der Chirurg der Schwadron und hätte bei dem Duell eigentlich zugegen sein müssen. Aber Sternau hatte die Anwesenheit eines Arztes abgelehnt, und der Kapitän war so überzeugt gewesen, daß sein meuchlerischer Anschlag gelingen werde, daß man nicht für nötig befunden hatte, ihn zu benachrichtigen. Kaum aber waren Verdoja und Pardero nach der Hazienda zurückgekehrt, so ließen sie ihn kommen, um sich einen regelrechten Verband anlegen zu lassen.

Bei dieser Gelegenheit erfuhren sie von ihm, daß ein Bote angekommen sei, der von Juarez die Weisung gebracht habe, sofort nach Monclova aufzubrechen, da dort die Bevölkerung im Aufstand gegen die Regierung begriffen sei. Der Kapitän ließ ihn zu sich kommen und empfing den schriftlichen Befehl, den Monclovanern gegen die Regierungstruppen beizustehen.

»Werde ich reiten können?« fragte er den Chirurgen. – »Ja«, antwortete dieser. »Das Reiten strengt den Arm nicht an. Es ist nur das Wundfieber zu befürchten, aber da ich das Wundkraut angewandt habe, so wird es gar nicht eintreten.« – »Und Leutnant Pardero?« – »Seine Wunde ist schmerzhafter als die Ihrige, gefährlicher aber nicht. Auch er kann reiten. Allerdings den Degen werden Sie beide nicht wieder führen können.« – »So fechte ich mit der linken Hand. Morgen früh brechen wir auf.«

Während der Chirurg mit den beiden Verwundeten beschäftigt war, führte der Leutnant seinen Vorsatz aus und begab sich zu Sternau. Dieser sah ein, daß er es mit einem Ehrenmann zu tun hatte, verweigerte ihm aber einstweilen jede Auskunft

»Und doch muß ich auf dieser Auskunft bestehen«, sagte der Leutnant. »Es ist ein Bote angekommen, der unseren schleunigen Aufbruch fordert. Juarez dirigiert uns nach Monclova. Haben Sie ein Recht, den Kapitän des Meuchelmords oder der Anstiftung dazu zu beschuldigen, so trete ich aus oder zwinge ihn auszutreten. Dasselbe wird auch mit Pardero der Fall sein, denn ich vermute sehr, daß die beiden zusammenhalten. Eigentlich genügt schon ihr ehrloser Angriff auf die Damen, mich von ihnen loszusagen.« – »Und doch dienten Sie ihnen als Sekundant!« – »Wer hätte es sonst tun sollen? Übrigens erfuhr ich etwas Ausführliches erst auf dem Weg nach dem Stelldichein. Jetzt sehen Sie wohl ein, daß ich unbedingt um sofortige Aufklärung bitten muß.« – »Sie soll Ihnen werden, wenn auch nicht in dieser Minute, aber doch in ganz kurzer Zeit Der Kapitän sieht seinen Anschlag mißlungen, und er wird, wie ich vermute, in kurzer Zeit ausreiten, um an denjenigen, der den Mord ausführen sollte, eine Botschaft zu richten. Ich beabsichtige, ihn dabei zu beobachten; Sie werden mich deshalb begleiten, denn dies ist der Weg, Sie von der Wahrheit meiner Behauptungen zu überzeugen. Bereiten Sie sich auf einen baldigen Spazierritt vor, aber ohne daß es jemand merkt.«

Der Leutnant mußte sich damit zufriedengeben und entfernte sich einstweilen. Sternau hatte sich in seinen Vermutungen nicht getäuscht, denn kaum hatte der Chirurg sich entfernt so verließ Verdoja zu Pferde die Hazienda, aber nicht allein, sondern er forderte den Leutnant Pardero auf, ihn zu begleiten, da er mit ihm zu sprechen habe.

Pardero war ein echter Mexikaner, leichtlebig, leidenschaftlich, seinen Wünschen und Begierden alles unterordnend. Er war arm, wollte es aber nicht bleiben, denn der Besitz ist ja das einzige Mittel zur Befriedigung aller Bedürfnisse. Reich zu werden, war ihm kein Mittel zu verwerflich, aber leider hatte er bis jetzt noch keinen Erfolg gehabt. Er hatte es bisher zu nichts gebracht als nur zu Schulden, und sein Hauptgläubiger war der Kapitän, an den er im Spiel Summen verloren hatte, die nicht ganz unbedeutend waren. Dies wollte Verdoja benutzen. Er brauchte einen Verbündeten, der von ihm abhängig war, und dazu paßte niemand besser als Pardero. Daher nahm er ihn auf seinem jetzigen Ritt mit, um ihn für seine Zwecke zu engagieren.

Verdoja wußte nicht, daß seine Helfershelfer gefangen seien; er konnte nicht begreifen, wie Sternau seinen Anschlag erfahren hatte, und wollte nun für den Mörder einen zweiten Zettel unter den Stein stecken, um ihn für Mitternacht abermals zu bestellen. Doch ritt er nicht direkt der Gegend zu, in der sich der Stein befand. Er wußte sich von Sternau beobachtet, darum machte er einen Umweg, und zwar einen noch weiteren, als sein gestriger gewesen war.

»Warum brechen wir erst morgen nach Monclova auf?« fragte Pardero unterwegs. »Der Weisung nach müßten wir doch sofort reiten.« – »Wir haben erst hier noch einiges abzumachen, ich und Sie«, antwortete Verdoja. – »Ich?« fragte Pardero erstaunt. – »Ja. Oder wollen Sie diesen Sternau, der Ihnen die Hand zerschmettert hat, unbestraft lassen?« – »Ah, wenn ich ihn fassen könnte!« knirschte der Leutnant. – »Das werden wir. Übrigens denke ich auch, daß die schöne Indianerin Ihr Blut in Wallung gebracht hat. Sie ist schuld an Ihrem Rencontre mit dem Deutschen. Wollen Sie von hier fortgehen, ohne sich diese Schuld in liebenswürdiger Weise abtragen zu lassen?«

Aus den Augen Parderos leuchtete eine gefährliche Glut.

»Teufel, ja«, sagte er. »Ich gestehe aufrichtig, daß ich vor Lust brenne, sie zu küssen. Sie ist das schönste Mädchen, das ich kenne.«

Dies war ein offenes Geständnis. Der Kapitän nickte mit dem Kopf.

»Gut! Sie werden offen, und so will ich Ihnen ebenso ehrlich sagen, daß es mir geradeso geht mit dieser Señorita Emma. Ich habe mich in sie vergafft und bin wirklich ganz verliebt in den Gedanken, meine innigen Gefühle belohnt zu sehen. Freiwillig wird das nicht geschehen, aber wer kann uns widerstehen, wenn wir vereint handeln? Wollen wir uns verbünden, Leutnant?«

Er streckte Pardero die Hand entgegen.

»Gern!« rief dieser, indem er sofort und kräftig einschlug. »Aber wie?« – »Lassen Sie nur mich sorgen! Ich habe übrigens noch andere Pläne, die nicht nur für mich, sondern auch für Sie von Vorteil sind.« – »Ich hoffe, daß ich sie erfahren werde!« – »Hm, sie sind etwas heikler Natur, und ich weiß nicht, ob ich Ihnen vertrauen darf, ob ich auf alle Fälle und unter allen Umständen auf Ihre Verschwiegenheit rechnen kann.« – »Ganz sicher! Ich schwöre es Ihnen!« – »Nun wohl, ich will einmal kühn sein und Ihnen glauben. Was halten Sie von der Anschuldigung, die Sternau heute gegen mich ausgesprochen hat?« – »Hm!« antwortete Pardero, indem er nachdenklich auf den Sattelknopf niederblickte. – »Nun? Reden Sie offen!« – »Wenn Sie es befehlen, so sage ich Ihnen aufrichtig, daß Ihr Verhalten bei dieser Sache nicht ganz geeignet war, das Gegenteil glauben zu lassen.« – »Richtig. Ich gestehe Ihnen, daß dieser Deutsche recht hatte.«

Dieses rückhaltlose Bekenntnis machte Pardero doch etwas verdutzt

»Also wirklich!« sagte er erstaunt. – »Ja, und wenn mein vorsichtiger Anschlag gelungen wäre, so befänden wir uns beide noch im Besitz unserer Hände, und den Deutschen mitsamt seinem Sekundanten hätte der Teufel geholt Ich muß Ihnen nämlich sagen, daß ich von sehr hoher und einflußreicher Seite den Befehl habe, Sternau und seine Begleiter unschädlich zu machen.«

Diese letzten Worte waren schlaue Berechnung, sie sollten Pardero willig machen, dem Kapitän Hilfe zu leisten.

»Das ist überraschend«, sagte dieser. »Darf man nach Namen fragen?« – »Jetzt noch nicht. Dieser Sternau ist mehr, als er scheint. Es hängt von seinem Verschwinden das Gelingen weittragender Pläne ab, und derjenige, der ihn verschwinden läßt oder dabei Hilfe leistet, hat auf eine nachhaltige Dankbarkeit zu rechnen. Sie können sich denken, daß ich mich nicht in Gefahr begeben hätte, wenn ich nicht wüßte, daß mir dadurch eine Karriere, eine Zukunft eröffnet wird, an die ich sonst nicht denken dürfte.«

Das war nicht wahr, das war eine große Lüge, aber der Kapitän sprach sie mit Vorbedacht aus. Indem er vorgab, in einem höheren Auftrag zu handeln, stellte er sich als einen Bevollmächtigten hin, dessen Taten nicht gerichtet werden konnten. Und indem er von einer nachhaltigen Belohnung sprach, versicherte er sich des Beistands Parderos, der keine Ahnung harte, daß die Worte seines Vorgesetzten eine Unwahrheit enthielten.

»Sie glauben, daß auch ich belohnt werde, wenn ich Ihnen behilflich bin?« fragte Pardero. – »Gewiß. Sie werden sogar doppelt belohnt, ebenso wie ich. Zunächst haben wir entweder auf ein schnelles Avancement oder auf eine bedeutende pekuniäre Berücksichtigung zu hoffen, und sodann ist es ja für uns beide eine Genugtuung, diesen Kerlen zu beweisen, daß wir uns zu rächen vermögen. Ich darf also auf Sie rechnen?« – »Vollständig, Kapitän! Ich stehe Ihnen mit größtem Vergnügen zur Verfügung und bitte, mir zu sagen, was ich zu tun habe.« – »Das weiß ich in diesem Augenblick selbst noch nicht. Zunächst muß ich erfahren, weshalb mein Beauftragter heute nicht gekommen ist.« – »Wir werden jetzt mit ihm sprechen?« – »Nein. Wir werden ihm jetzt zunächst ein Zeichen geben, daß ich heute abend mit ihm sprechen will. Da erfahre ich, was ihn abgehalten hat, und werde dann augenblicklich handeln. Dies ist auch der Grund, daß ich heute nicht nach Monclova aufbrechen kann, es kann dies erst morgen geschehen.« – »Aber wie hat Sternau erfahren, was Sie mit ihm vorhatten?« – »Das ist mir ein Rätsel.« – »Ihr Mann wird Sie doch nicht verraten haben?« – »Nein, er ist sicher. Eher glaube ich, daß Sternau uns belauscht hat. Er muß sich zufällig an dem Ort befunden haben, wo ich die Unterredung hatte. Daher werde ich die heutige Besprechung nach einem anderen Platz verlegen. Kommen Sie!«

Pardero mußte sich mit den Andeutungen für jetzt begnügen und folgte dem Kapitän, der sein Pferd in einen schnelleren Gang versetzte. Sie hatten beide keine Ahnung, daß ihr Ritt nicht nur ein vergeblicher sein, sondern ihnen geradezu zum Verderben gereichen werde.

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Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
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