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Kitabı oku: «Waldröschen VI. Die Abenteuer des schwarzen Gerard 1», sayfa 11
15. Kapitel
Der Mann, der sich den Offizieren näherte, war hoch und breit gebaut, und die flackernden Reflexe der Feuer schienen seine Gestalt in das Gigantische verlängern zu wollen. Er blieb gerade vor der Front bei dem Hauptmann stehen und grüßte:
»Guten Abend, meine Herren. Ich verbiete Ihnen, diese Damen zu beleidigen.«
Die Franzosen waren ganz erstaunt ob dieses Zwischenfalls. Die Gestalt und das gebieterische Verhalten dieses Mannes machten einen so verblüffenden Eindruck auf sie, daß erst nach einer Pause der Kapitän fragte:
»Mensch, was wagen Sie? Wer sind Sie?«
Der Mann stützte den Kolben seiner Büchse auf die Erde und antwortete ruhig:
»Ein Jäger bin ich, Monsieur.« – »Ein Jäger? Und Sie treten hier als Gebieter auf?« – »Wie Sie sehen und hören! Die Damen stehen unter meinem Schutz.« – »Ah, woher kommen Sie?« – »Aus Fort Guadeloupe.« – »Donnerwetter! Und wohin wollen Sie?« – »Nur hierher zu Ihnen!«
Der Kapitän war über diese Antwort ganz betreten. Er fragte:
»Hierher? Zu mir? Kennen Sie mich?« – »Ja.« – »Und wußten Sie, daß ich hier zu treffen bin?« – »Sehr genau.« – »Woher?« – »Ich habe von Chihuahua aus Ihre Spur verfolgt und Sie seit dem Nachmittag hier beobachtet.«
Der Offizier befand sich beinahe in Verlegenheit, was er von dem Mann zu halten habe. Die Sicherheit und Ruhe desselben imponierten ihm, und die ganze Szenerie war vollständig dazu angetan, den Eindruck dieser plötzlichen Erscheinung zu verzehnfachen. Als der Oberleutnant die Bestürzung seines Vorgesetzten sah, trat er, den Lasso in der Hand, näher, musterte den Fremden aufmerksam und fragte:
»Sie wußten, daß wir hier zu finden seien?« – »Ja«, nickte der Gefragte. – »Sie haben uns also gesucht?« – »Gewiß.« – »So sind Sie ein Bote?« – »Nein.« – »Aber, zum Teufel, was wollen Sie denn da hier?« – »Ihnen sagen, daß die vier Personen, die dort an den Pfählen stehen, sich unter meinem Schutz befinden.« – »Sie sind einfach verrückt! Ich werde Sie festnehmen lassen, um zu sehen, was wir von Ihnen zu halten haben. Geben Sie Ihre Büchse ab.«
Der Leutnant streckte die Hand nach dem Gewehr aus, der Fremde aber trat einen Schritt zurück und antwortete:
»Sie erklären mich für wahnsinnig, weil ich, ein einzelner Jäger, es wage, der Vollstreckung eines ungerechten Urteilsspruchs mich zu widersetzen? Ah, wissen Sie, was hier im wilden Gebirge ein Jäger zu bedeuten hat? Sie haben zwei Unschuldige zum Tode verurteilt; dafür werde ich mich als Richter auf werfen und Sie selbst zum Tode verurteilen. In fünf Minuten lebt von Ihnen allen kein einziger mehr. Blut um Blut, das fordert das Gesetz der Savanne.«
Da erhielt der Kapitän die Sprache wieder. Er zog seinen Degen, trat hart an den Fremden heran und sagte:
»Mensch, aus Ihnen spricht entweder der Wahnsinn oder Verrat. Geben Sie Ihre Waffen ab und sagen Sie, wer Sie sind und wie Sie heißen.« – »Die Waffen abgeben? Pah, das wollen Sie doch nicht von mir verlangen! Die Kugeln werden Sie bekommen, aber die Büchse nicht. Ich brauche Ihnen nur meinen Namen zu nennen, so werden Sie es glauben.«
Der Fremde stand so ruhig und stolz vor dem Kapitän, als ob er mit einem Schulknaben spräche. Dies entflammte den Offizier zur Wut, und er gebot:
»Nun, so lassen Sie hören! Wie heißen Sie?« – »Man nennt mich den Schwarzen Gerard.«
Diese Antwort brachte allerdings eine nicht geringe Wirkung hervor. Im ersten Augenblick herrschte das tiefste Schweigen, im zweiten ging der Name die ganze Front hinab von Mund zu Mund, im dritten aber faßte der Kapitän den Sprecher bei der Brust und rief:
»Der Schwarze Gerard? Ah! Herbei, Ihr Leute, er muß unser werden!«
Sofort löste sich die militärische Linie auf, und man sprang herbei, um den berühmten und gefürchteten Jäger zu umzingeln. Dieser jedoch schüttelte den Kapitän leicht von sich ab und rief:
»Ich? Euer werden? Nein, nein, Ihr werdet unser!«
Damit erhob er die Büchse, und zwei Schüsse krachten. Der erste traf den Kapitän und der zweite den Oberleutnant durch den Kopf. Und in demselben Augenblick erscholl ein Geheul, von dem die Erde zu erzittern schien. Der ganze Talkessel wurde lebendig. Hunderte von wilden Gestalten warfen sich von allen Seiten auf die Franzosen, die vor Schreck gar nicht an Gegenwehr dachten. Schüsse wurden fast nicht gewechselt. Der fürchterlich Tomahawk und das heimtückische Bowiemesser wüteten. Es war eine entsetzliche Szene, bei der den Zuschauern die Haare zu Berge steigen konnten.
Gerard war nach seinen beiden Schüssen an die Pfähle gesprungen. Während er sich um die blutige Arbeit der Apachen nicht im geringsten kümmerte, schnitt er die beiden Gefangenen los, nahm ihnen die Fesseln und Knebel ab und beruhigte sie, als dies geschehen war, durch die Worte:
»Haben Sie keine Angst, meine Herren! Die Rothäute werden Ihnen nichts zuleide tun, denn Sie stehen unter meinem Schutz.« – »Auch wir?« fragte Zilli beim Anblick der dunklen Gestalten, die Skalpe erntend über den Platz huschten. – »Auch Sie, Mademoiselle. Bleiben Sie ruhig stehen, bis es zu Ende ist.« – »Mein Gott, welch ein Abend!« rief Berthold. »Aber woher kommen diese Indianer?« – »Wir halten den Platz bereits seit der Dämmerung eingeschlossen.« – »Und ist es wahr, was Sie sagten? Sie sind der Schwarze Gerard?« – »Ich bin es!« – »Aber warum lassen Sie dieses Morden zu?« —»Es ist Krieg, mein Herr, und meine Freunde wollen Skalpe haben.« – »So gibt es kein Erbarmen?« – »Nein.« – »Entsetzlich! Getrauen Sie sich, dies zu verantworten?« – »Ja.«
Gerard sagte dies so ruhig und in einem so bestimmten Ton, daß der andere schwieg. Die beiden Geretteten und die Mädchen mußten nun dem Morden zusehen, ohne Einhalt tun zu können, und das Grauen lief ihnen eiskalt am Körper herab, als die Todesschreie der Sterbenden die Luft erfüllten.
»Es ist mir unmöglich, länger zuzusehen«, sagte endlich Zilli. »Ich falle um.« – »So kommen Sie«, bat Gerard. »Ich werde Sie in Ihre Zelte bringen und Sie dort bewachen, denn auch Ihr Eigentum wird unverletzlich sein.« – »Sie meinen auch das unsrige?« fragte Doktor Willmann. – »Natürlich!« – »So sage ich Ihnen großen Dank. Wir haben wertvolle Manuskripte und Instrumente bei uns, die jetzt unersetzlich sein würden. Doch ja, die Mädchen haben recht. Dieses Blutvergießen ist geradezu fürchterlich. Lassen Sie uns die Zelte aufsuchen!«
Man sah noch beim Schein des Lagerfeuers die Apachen in ihrer gräßlichen Beschäftigung. Die Franzosen waren überrumpelt worden und hatten sich widerstandslos hinschlachten lassen. Einer von ihnen kam auf fünf Indianer, so lag es klar auf der Hand, daß sie in Zeit von wenigen Minuten überwältigt werden mußten. Sie fielen massenhaft, wie die Sperlinge vom Schrot. Die Apachen stritten sich um die Skalpe, und wenn einer von ihnen eine Kopfhaut erobert hatte, so schwang er sie triumphierend in der Luft und stieß dabei ein schrilles Siegesgeheul aus, das Mark und Bein durchschnitt.
Durch diesen wilden Tumult hindurch führte Gerard seine Schützlinge, die von den Roten respektiert wurden, denn der Indianer hält sein Wort auf jeden Fall.
Mitten in der wüsten Szene stand hochaufgerichtet Bärenauge. Er hatte nicht gekämpft, sondern die Feinde und deren Skalpe den Seinigen überlassen. Sein dunkles Auge überflog den Platz, nichts entging seinem Blick, und wenn sich einer der zum Tode verwundeten und bereits skalpierten Franzosen noch leise regte, so genügte ein einfacher Fingerzeig des Häuptlings, um über den Sterbenden das Beil des nächsten Apachen zu bringen.
Da erblickte er Gerard, der, auf seine Büchse gestützt, als Schutzwache bei den Zelten stand. Langsam schritt er auf ihn zu und sagte:
»Diese weißen Hunde sterben wie die Ratten. Das Herz eines Kriegers der Apachen hat mehr Mut, als sie alle.« – »Sie hätten sich gewehrt, aber sie sind ganz unvermutet überfallen worden«, antwortete Gerard in gerechter Würdigung der Umstände. »Ich habe die beiden Anführer erschossen. Will mein Bruder ihre Skalpe haben?«
Da machte Bärenauge eine unbeschreiblich geringschätzige und abwehrende Armbewegung und erwiderte mit einem stolzen Kopfschütteln:
»Bärenauge nimmt nur die Skalpe derer, die er selbst erlegt hat.« – »Aber warum kämpft mein Bruder heute nicht? Warum holt er sich keinen Skalp?« – »Weil der Feinde zu wenige sind. Ich habe so viele Skalpe, daß ich sie nicht in meine Hütte bringe. Meine Krieger sollen auch welche haben.«
Das war eine Selbstlosigkeit, eine Rücksicht für die Seinen, die man bei einem Indianer höchst selten treffen wird. Es war jedenfalls das beste Mittel, die Begeisterung für sich zu erwecken und zu erhöhen.
»Ein Weißer nimmt keine Skalpe«, meinte Gerard. »Was tue ich mit den beiden? Ich werde sie deinen Leuten überlassen.«
Da schüttelte Bärenauge abermals den Kopf und antwortete:
»Ein Apache nimmt niemals einen Skalp geschenkt; er würde verachtet werden von allen tapferen Kriegern. Die beiden Anführer der Bleichgesichter mögen gefressen werden von den Geiern mit Haut und Haar. Ihre Kopfhaut ist wie das Fell des Präriehundes. Kein Händler gibt einen Abschnitt seines Fingernagels dafür.«
Die Apachen waren jetzt mit den Leichen fertig und machten sich über die Beute her, die beim Schein der Feuer herbeigetragen und zur Verteilung geordnet wurde.
Bärenauge aber sagte:
»Sie mögen alles unter sich teilen; Bärenauge mag nichts davon. Er nimmt alle sieben Tage einem Weißen den Skalp, um den Tod seines Bruders Bärenherz zu rächen, der ein großer Mann war unter den Häuptlingen der Indianer. Das ist ihm genug.«
Dann schritt er davon, um die Beuteverteilung zu überwachen, die so ruhig ihren Verlauf nahm, als ob es sich um eine Preisverteilung für irgendeine europäische Konkurrenzarbeit handle.
Nach kurzer Zeit öffnete Doktor Berthold vorsichtig sein Zelt und trat zu Gerard. Er war kein furchtsamer Charakter, aber das Blutbad hatte ihm die Haare auf dem Kopf emporgesträubt, obgleich ihm die Ermordeten nach dem Leben getrachtet hatten.
»Ist das Morden vorüber, Señor?« erkundigte er sich bei dem Jäger. – »Ja.« – »So bin ich mit meinem Freund vollständig sicher?« – »Ja. Ihr waret es schon vorher, denn ich hatte Euch mir ausgebeten.« – »Sie stehen mit diesen Wilden auf dem Fuß der Freundschaft?« – »Pah, nennen Sie diese Leute nicht wild. Sie verteidigen ihr rechtmäßiges Vaterland, ihr Eigentum mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln. Da nennt man sie wild und Barbaren. Ich bin kein Gelehrter und auch kein Politikus, aber ich habe vielleicht mehr gesehen und erfahren als alle die Herren, die aus den roten Männern Barbaren machen. Es ist nichts Neues, daß Gewalt vor Recht geht.« – »Leider. Und der Fluch unserer Zeit ist, daß wir unser Unrecht in ein heuchlerisches Gewebe von Recht zu kleiden suchen. Wir rühmen uns, die Werkzeuge des göttlichen Willens und höherer Zwecke zu sein, aber mit Unrecht.« – »Ich ahne, was Sie sagen wollen. Ein sogenannter ›Halbwilder‹ charakterisierte die Eroberungsseuche sehr treffend mit dem Satz: ›Erst sendet Ihr einen Missionar, um zu sehen, was wir machen; dann schickt Ihr einen Konsul, um zu sehen, was der Missionar macht, und endlich sendet Ihr eine Armee, um zu sehen, was der Konsul macht.‹« – »Vielleicht hatte der Mann recht.« – »Vielleicht? Nein, jedenfalls. Diese Indianer waren Besitzer des Landes. Man hat es ihnen gestohlen und geraubt. Jetzt verteidigen sie das letzte Stück. Es handelt sich um Sein oder Nichtsein. Jeder von ihnen ist der beste Kerl, den ich kenne, aber selbst der schlägt zu, wenn man ihm eine Ohrfeige gibt oder ihm die Uhr aus der Tasche zieht.« – »Zu welchem Stamm gehören sie?« – »Es sind Apachen.« – »Und ihr Häuptling, den ich dort so stolz stehen sehe?« – »Es ist Bärenauge, ein junger Krieger, aber ebenso geachtet wie berühmt wie der älteste, weiseste und erfahrenste Indianerhäuptling. Sie stehen, wie ich Ihnen bereits versicherte, unter meinem Schutz, und er wird infolgedessen Ihr Freund sein und sie nach besten Kräften beschützen.« – »Aber, Señor, wie kommt es, daß Sie sich gerade unserer so nachhaltig annehmen?« – »Das ist sehr einfach. Ich habe heute abend das Lager belauscht. Ich lag unter den Franzosen hinter den Zelten und habe da die Unterredungen in denselben gehört Ich erfuhr, daß man sich Ihrer entledigen wollte und daß Sie Deutsche sind. Ich liebe die Deutschen, und so beschloß ich, Sie zu retten.« – »Ich danke Ihnen! Was werden die Apachen über uns bestimmen?« – »Nichts. Sie sind frei und können tun, was Ihnen beliebt.« – »So möchte ich am liebsten zurückkehren.« – »Allein? Durch die Berge und die Prärie?« – »Was bleibt uns anderes übrig? Ist die Gegend so unsicher?« – »Jetzt jedenfalls. Ich darf Ihnen vielleicht sagen, daß es in nächster Zeit hierherum viele Kämpfe gegen wird, und kann Ihnen darum nur eins raten: Wir werden morgen früh nach Fort Guadeloupe reiten. Schließen Sie sich uns an. Dort sind Sie sicher und können warten, bis der Weg wieder offen und sicher ist.« – »Wir sind in der Nähe des Forts?« – »Ganz nahe.« – »So werden wir Ihren Rat jedenfalls befolgen.« – »Daran tun Sie recht Aber erlauben Sie mir eine Erkundigung.« – »Sehr gem.« – »War der Kapitän, den ich erschoß, als Sie am Pfahl standen, wirklich der Hauptmann der vernichteten Kompanie?« – »Nein. Der eigentliche Kommandeur befindet sich bereite in Fort Guadeloupe. Er wird erschrecken, wenn er hört, daß seine Leute tot sind.« – »Er wird nicht erschrecken, denn auch er ist tot.« – »Ah! Er wurde getötet? Von wem?« – »Von mir. Eine Kugel aus dieser Büchse streckte ihn nieder.«
Der Doktor sah in Gerard einen Helden, dennoch schreckte er zurück.
»Señor«, sagte er, »man hat mir nicht zu viel gesagt. Sie sind wirklich ein furchtbarer Gegner.« – »Aber meinen Freunden ein aufopfernder Freund. Doch sehen Sie, wie es sich die Roten jetzt bequem machen! Sie dämpfen die Lagerfeuer und stellen Wachen aus. Sie werden hier unter Skalpierten ebenso ruhig schlafen wie daheim in ihren Wigwams. Auch Sie können ohne Sorgen der Ruhe pflegen, denn es wird kein Haar Ihres Hauptes gekrümmt werden.« – »So werde ich diese beruhigende Botschaft den beiden Damen bringen.« – »Tun Sie das. Aber sagen Sie, waren nicht noch mehrere Damen im Lager?« – »Noch drei.« – »Wo sind sie?« – »Ich weiß es nicht. Vielleicht wurden sie getötet.« – »Möglich, vielleicht aber sind sie auch entflohen. Ich werde nachsehen. Gute Nacht.« – »Gute Nacht!«
Nach diesem Gruß ging Berthold zu dem Frauenzelt. Als er den Eingang desselben öffnete, wurde er von Pepi erkannt. Sie trat zu ihm.
Er ergriff ihre Hand, drückte dieselbe freundlich und sagte:
»Señorita, ich habe Sie verkannt.«
Sie schwieg; aber seine Worte taten ihr unendlich wohl.
»Ich habe Ihnen sehr viel zu danken«, fuhr er fort. – »Das sagen Sie ja nur«, flüsterte sie zagend. – »O nein; denn hätten Sie sich nicht unserer so mutig angenommen, so hätten die Indianer wohl nicht Zeit gehabt, noch im rechten Augenblick heranzukommen.« – »Sie täuschen sich, Señor! Die Indianer haben uns jedenfalls bereits seit Anfang des Abends umzingelt und nur den passenden Augenblick abgewartet. Was aber wird nun mit uns geschehen?« – »Wir sind frei.« – »Wirklich?« fragte sie in ungläubigem Ton. – »Ja. Der Schwarze Gerard hat mir die Versicherung gegeben. Morgen reiten wir nach Fort Guadeloupe, um dortzubleiben, bis der Rückweg sicher ist.« – »Sie?« – »Ja, und Sie natürlich mit. Aber sagen Sie, was Sie getan hätten, wenn der Lasso dieses Oberleutnants Sie wirklich getroffen hätte? Sie wären von demselben ja umschlungen und niedergerissen worden.«
Da stieß sie ein kurzes, metallisches Lachen aus und erwiderte:
»Sie sind kein Mexikaner, Señor, sonst wüßten Sie, daß man keinen Lasso zu fürchten braucht, wenn man darauf vorbereitet ist und einen Dolch oder ein Messer in der Hand hält Der Riemen ist durchschnitten, ehe er sich zusammenziehen kann. Übrigens stand ja meine Schwester bei mit. Wäre die eine getroffen worden, so hätte die andere den Lasso durchschnitten. Und wehe dem, der sich in unsere Nähe gewagt hätte!« – »Sie hätten sich wirklich mit dem Dolch verteidigt?« – »Das versteht sich!« – »Und er ist faktisch mit Kurare vergiftet?« – »Ja. Der kleinste Hautritz ist tödlich, und zwar binnen einer Minute.« – »Alle Wetter, was seid Ihr Mexikanerinnen für gefährliche Frauen! Muß man nicht eine junge Dame lieben, die sich so furchtlos bereit erklärt, einen gegen eine ganze Kompanie Soldaten zu verteidigen?«
Er bog sich nieder, um den Arm um sie zu legen. Sie aber entschlüpfte ihm.
»Wartet, bis Ihr an mich glaubt, Señor.«
Mit diesen Worten zog sie ihre Hand aus der seinigen und verschwand hinter dem Türvorhang ihres Zeltes. Er blieb in Gedanken versunken stehen.
»Ein unbegreifliches Wesen!« dachte er. »Oh, diese Mexikanerinnen, wer kann aus ihnen klug werden!«
Er kehrte nach seinem Zelt zurück. Da mußte er bei demjenigen seines Kollegen vorüber. Dieser stand im Begriff, dasselbe zu verlassen und erkannte ihn.
»Ah, Berthold, du? Wie steht es?« fragte er. – »Gut. Diese Apachen sind unsere Freunde, und morgen reiten wir mit ihnen nach Fort Guadeloupe, um abzuwarten, wann wir zurückkehren können.« – »Welch ein Glück! Dem Tode so nahe und doch gerettet!« – »Das haben wir nur diesem Schwarzen Gerard zu verdanken.« – »Ich weiß es; aber es ist mir völlig unbegreiflich, weshalb er sich gerade für uns so interessiert.«
Berthold erklärte es ihm, soweit er selbst es soeben erfahren hatte. Dann fragte er:
»Hast du eine Ahnung von der eigentlichen Ursache, aus der man uns töten wollte?« – »Das versteht sich, der Kapitän war in Zilli verliebt.« – »Und der Oberleutnant in Pepi. Diese beiden Mexikanerinnen wären schuld gewesen an unserem Tode, aber sie haben uns dafür desto energischer verteidigt Hattest du jenes Schreiben wirklich von Juan Franzisko?« – »Nein. Ich ließ es mir vom Grafen La Tour schenken, um ein Autograph des berühmten Parteigängers zu besitzen. Aber dein Brief?« – »War auch ein ganz ungefährliches Schriftstück. Ich sollte d‘Huart eine Dosis Opium gegen ein Magenleiden schicken. Die Bemerkung, die er über Bazaine machte, war eine ganz zufällige und stand mit dem Marschall nicht in der geringsten Beziehung.« – »So hätten wir beide unschuldig sterben müssen, wenn wir die beiden Mädchen nicht gehabt hätten. Ich werde trotz der späten Stunde die kleine Zilli aufsuchen, um mich bei ihr zu bedanken.« – »Ich habe dies bei Pepi bereits getan.« – »Ah! Und wie hat sie es aufgenommen?« – »Sehr spröde.« – »So werde ich sehen, ob ich mehr Glück habe!«
16. Kapitel
Am anderen Morgen stand Señor Pirnero auf, kleidete sich verdrossen an und ging dann, wie gewöhnlich, sofort nach der Gaststube, um seine Morgenschokolade zu schlürfen, trat an sein Fenster, um die alltägliche Wetterbeobachtung zu machen, und bildete da eine höchst eigentümliche Figur.
Sein Mund hatte sich ganz erstaunt geöffnet, seine Brauen zogen sich bis zur oberen Stirnhälfte empor, seine Ohren fuhren nach hinten, und seine Hände streckten sich aus. So stand er da, ein Bild der höchsten Überraschung.
In diesem Augenblick trat Resedilla ein, um ihm den Morgentrank zu bringen. Als sie ihn erblickte, erschrak sie förmlich und fragte voll Angst:
»Mein Gott, Vater, was hast du?«
Da drehte er sich langsam um. Der Mund klappte zu, die Brauen fielen herab, die Ohren kehrten an ihren eigentlichen Platz zurück, und die Hände krochen langsam in die Hosentaschen. Er blickte die Tochter überlegen an und antwortete:
»Was ich habe? Nun, was soll ich haben? Freude habe ich über das Wetter!«
Jetzt mußte sie lächeln. Sie setzte die Tasse hin und begab sich an ihren gewöhnlichen Platz.
Der Vater tat einen langen, vergnügten Schluck, blickte freundlich zum Fenster hinaus, räusperte sich und sagte mit tiefster Betonung:
»Schönes Wetter!«
Er hatte recht, denn draußen schien die Sonne, und nach dem anhaltenden Regen sah die Natur aus, als ob sie neu geschaffen worden sei. Auch Resedilla freute sich über diese Änderung, aber sie vergaß, dem Vater zu antworten, darum drehte dieser sich zu ihr hin und brummte:
»Nun?« – »Was denn?« – »Schönes Wetter! Ausgezeichnetes Wetter!« – »Herrlich, Vater.« – »Gewiß. So einen Tag haben wir hier lange Zeit nicht gehabt Fast gerade so wie in Pirna.« – »Ist das Wetter dort so schön, Vater?« – »Ausgezeichnet!« – »Niemals Regen?« fragte sie zweifelnd. – »Nie! Wozu denn Regen? Wir haben ja die Elbe da, wenn wir Wasser brauchen! In Pirna sind sie nicht so dumm, die Elbe zu haben und es auch noch regnen zu lassen. Höchstens gießt es einmal vierzehn Tage lang, was nur so vom Himmel herunter will, denn die Wolken wollen doch auch einmal ihren Willen haben, dann tritt wieder gutes Wetter ein!« – »Also regnet es in Pirna doch?« fragte Resedilla lächelnd.
Das ärgerte ihn.
»Nein, sondern es gießt!« antwortete er ergrimmt »Dann läuft das Wasser auf den Gassen, daß keine Frau hinauskann. Nur lange Stiefel kommen da durch. Wehe also der, die keinen Mann hat, sondern ledig ist!«
Jetzt schwieg Resedilla, und sie wußte sehr wohl, warum.
Es war höchst eigentümlich, auf welchen Wegen der Alte immer wieder auf sein Lieblingsthema zu kommen wußte. Jetzt war er glücklich dabei. Darum fuhr er fort
»Genaugenommen, muß man bei Sonnenschein ebenso verheiratet sein wie bei Regen. Ich setze den Fall, wir behalten dieses Wetter, so werden alle Jäger und Umwohner das Fort besuchen, und dann haben wir einen Zuspruch, den ich ohne Schwiegersohn gar nicht bewältigen kann.«
Die Tochter ließ ihn reden. Das schöne Wetter hatte ihn in gute Laune versetzt, und sie wollte ihm dieselbe nicht verderben, als er fortfuhr:
»Bei dir redet man allerdings nur in den Wind. Wie viele sind dagewesen, die die besten Anlagen zum Schwiegersohn gehabt hätten! Jetzt kommt sogar der Schwarze Gerard, der sicherlich ein Schwiegersohn ist, wie er im Buche steht Bei dem heutigen Wetter bleibt er sicherlich nicht aus. Da ist ferner unser gestriger Gast Er ist zwar ein bißchen klein, aber er hat einen berühmten Jägernamen und außerdem ganze Beutel voll Nuggets. Ah, ist er schon aufgestanden?« – »Schon längst.« – »Wo steckt er denn?« – »Er wollte sehen, ob er uns für den Mittagstisch etwas schießen könne.« – »So ist er fort?« – »Ja, schon sehr früh.« – »Auf die Jagd?« – »Ja.« – »Siehst du, was für ein Schwiegersohn der sein würde. Der brächte uns Hirsche und Wildbret die schwere Menge geschleppt, denn von dem Kleinen André hat man schon längst gehört. Er ist ein ganz anderer Kerl als jener Mason, der nie ein Wild sieht oder gar schießt, keine Kleider auf dem Leibe hat und nur einen einzigen Julep trinkt. Dieser Kerl könnte mir gestohlen werden, obgleich ich mich gestern freute, daß er so gut deutsch sprechen kann. Aber zu einem tüchtigen Schwiegersohn braucht man mehr als Deutsch. Der Mason ist mir nicht …«
Er hielt mitten in der Rede inne und fuhr vom Stuhl empor, denn draußen war ein Reiter vorübergekommen, der sein Pferd nach dem offenen Stall zu ritt.
»Da!« sagte der Wirt ärgerlich. »Man darf den Teufel nur an die Wand malen, so ist er auch sogleich da. Hast du gesehen, wer dieser Reiter war, Resedilla?« – »Ja.« – »Und wer?« – »Mason«, antwortete sie errötend. – »Dachte ich es doch, obgleich er mir zu rasch am Fenster vorüber war. Jetzt wird er hereinkommen und drei Stunden an einem Gläschen Julep herumlutschen. In Pirna sagen wir nämlich lutschen. Ja, da kommt er auch wirklich schon!«
Die Tür ging auf, und Gerard trat ein.
»Guten Morgen«, grüßte er freundlich.
Resedilla nickte ihm lächelnd zu, der Alte aber tat, als ob er den Gruß nicht gehört und auch den Eintretenden nicht bemerkt habe.
Letzterer bestellte sich wirklich einen Julep und nippte daran, nachdem er ihn von der Tochter empfangen hatte. Nun trat eine mehrere Minuten lange Stille ein. Da aber Pirnero kein Freund von solchen langen Pausen war, so sagte er schließlich:
»Schönes Wetter!«
Niemand antwortete. Deshalb drehte er sich zu Gerard herum und sagte:
»Nun, Señor! Schönes Wetter!« – »Allerdings. Ich habe Euch nur nicht geantwortet, weil ich Euch nicht erschrecken wollte!« – »Erschrecken? Warum sollte ich über Euch erschrecken?« – »Weil ich dachte, Ihr hättet es gar nicht bemerkt, daß ich bei Euch eingetreten bin.« – »Glaubt Ihr etwa, daß ich einen jeden bemerken soll, der nur einen Julep trinkt?« – »Ich denke.« – »Das fällt mir gar nicht ein. Aber sagt, trinkt der Schwarze Gerard auch nur einen einzigen?« – »Ja, wie ich gehört habe.« – »Hm! So einem Jäger sollte man doch zwanzig oder dreißig zutrauen. Aber Señor, was habt Ihr denn da für frische Blutflecke auf Eurer Jacke?«
Resedilla erbleichte, als sie diese Frage vernahm. Die Jacke Gerards war allerdings über und über mit Blut bespritzt. Es war das Blut des Kapitäns und des Oberleutnants, die er gestern erschossen hatte. Er antwortete ganz unbefangen:
»Das? Das ist das Blut von einer Rehgeiß.« – »Von einer Rehgeiß? Ah, da habt Ihr also doch endlich einmal etwas geschossen?« – »Nein.« – »Nicht? Aber das Blut?« – »Ein Kamerad hat sie geschossen. Ich habe sie nur getragen, und da bin ich ein wenig rot geworden.«
Da warf ihm der Alte einen Blick tiefster Verachtung zu.
»Nicht einmal eine Rehgeiß also«, sagte er. »Ihr seid wohl nur darum Jäger geworden, um für andere die Beute zu tragen?« – »Hm, man ist doch gern gefällig.« – »Donnerwetter, Señor, so seid doch einmal gegen Euch gefällig und schießt etwas. Wenn ich da an andere denke! Da ist zum Beispiel der Kleine André, der bei mir wohnt und ganze Beutel voll Nuggets besitzt, heute auf die Jagd gegangen, um mir einen Braten zu liefern, und ich setze meinen Kopf zum Pfand, daß er – ah, da kommt einmal her, Señor!«
Pirnero streckte bei der Unterbrechung seiner Rede die Hand nach Gerard aus und fuhr dann fort
»Ich will Euch etwas zeigen.«
Gerard trat zum Fenster und blickte hinaus.
»Seht Dir, wer da drüben kommt? Wer ist es?« – »Euer Gast, der Kleine André.« – »Nun, was trägt er, he?« – »Einen Bock, wie es scheint« – »Ja, einen Bock, einen großen, feisten Bock. Und glaubt Ihr etwa, daß er ihn für einen anderen trägt, so wie Ihr es macht?« – »Das weiß ich nicht Man muß ihn fragen.« – »Das ist nicht notwendig, Señor. Was der André trägt, das hat er jedenfalls selbst geschossen. Er hält sein Wort und liefert mir einen Braten. Übrigens hat er es außerordentlich eilig. Er kommt ja gelaufen, als ob ihm irgend jemand auf dem Nacken säße. Was muß er haben?«
Der kleine Jäger, den der Rehbock nicht im mindesten zu belästigen schien, kam allerdings mit sehr eiligen Schritten daher. Draußen im Flur warf er, wie man hörte, das Wild auf die Erde und trat dann ein.
»Aufgestanden, Señor Pirnero? Guten Morgen!« sagte er. – »Guten Morgen, Señor André!« antwortete der Alte sehr freundlich. »Was bringt Ihr denn da für ein Wild in das Haus?« – »Ich habe es für Eure Küche geschossen.« – »Als Geschenk?« – »Natürlich. Aber ich bringe Euch noch etwas Besseres! Eine Nachricht von außerordentlicher Wichtigkeit.« – »Ihr macht mich neugierig. Welche Nachricht wäre das?« – »Gebt mir erst einen Julep, dann sollt Ihr es hören.«
Während Resedilla den Schnaps einschenkte, begrüßte Andre Gerard mit einem Kopfnicken, und nachdem er das Glas empfangen und ausgetrunken hatte, sagte er:
»Señor Pirnero, endlich kommt Euer längst erwarteter Gast!« – »Ah, wer? Etwa der Schwarze Gerard?« – »Ja.« – »Alle Wetter. Woher wißt Ihr das?« – »Von dem Apachenhäuptling Bärenauge.«
Da fuhr der Wirt ganz erschrocken einige Schritte zurück.
»Bärenauge, der Apache?« fragte er. »Der alle Wochen einen Weißen tötet?« – »Derselbe«, nickte Andre. – »Mit dem habt Ihr gesprochen? Und der hat Euch nichts getan?« – »Gar nichts«, lachte der Kleine. – »So seid Ihr wohl ein Freund der Apachen?« – »Das kann ich eigentlich nicht sagen, aber da sie jetzt mit uns verbündet sind, so brauchte ich mich vor ihnen nicht zu fürchten.« – »Aber wo war es denn? Wo traft Ihr ihn?« – »Am Rand des Waldes. Er hatte fünfhundert Apachen bei sich.«
Da schlug der Alte die Hände über dem Kopf zusammen und jammerte:
»So sei Gott uns allen gnädig! Fünfhundert Apachen! Sie werden das Fort überfallen; sie werden sengen und brennen und keinen Stein auf dem anderen lassen.« – »Da irrt Ihr Euch gewaltig«, entgegnete der Kleine. »Sie kommen nicht als Feinde, sondern als Freunde der Bewohner von Guadeloupe.« – »Das glaubt Euch niemand.« – »So sage ich Euch, daß sie sogar das Fort gerettet haben.« – »Gerettet?« fragte Pirnero ganz perplex. »Wann, wo und vor wem?« – »Gestern abend im Teufelspaß, vor einem Überfall der Franzosen.«
Das war dem Alten denn doch zu viel. Er drehte sich unwillig ab und sagte:
»Señor, glaubt Ihr etwa, wenn Ihr mir einen Braten in die Küche liefert, so ist es Euch als Lohn dafür erlaubt, Euch über mich lustig zu machen?« – »Das fällt mir gar nicht ein! Señorita, gebt mir noch einen Julep, und dann werde ich Euch erzählen, ganz richtig der Reihe nach.«
Er empfing den Branntwein, nippte daran und berichtete nun:
»Also ich hatte für Euch den Bock geschossen, Señor Pirnero, einen Kapitalbock, sage ich, und lief nun mit ihm durch den Wald, um nach dem Fort zu gehen. Da hörte ich, fast am Ende des Waldes angekommen, ein Pferd schnaufen. Man muß hier stets auf der Hut sein; darum blieb ich stehen und lauschte. Aber indem ich horchte, richteten sich plötzlich fünf Gestalten vor mir auf. Es waren Apachen, und zwar auf einem Kriegszug; das sah ich gleich an der Bemalung ihrer Gesichter.« – »Heilige Maria, so ist es also wirklich wahr?« fragte Pirnero. – »Natürlich«, antwortete der Kleine. »Ich griff sofort zur Büchse, aber sie wurde mir im Nu entrissen, und so ging es auch mit dem Bowiemesser.« – »Ihr waret gefangen?« – »Ja, wir alle beide, nämlich ich und der Bock«, lachte der Kleine. »Das ist allerdings fatal. Ein Jäger gefangen, ohne Gelegenheit zu finden, einen Schuß oder Stich zu tun, das ist eigentlich sehr ehrenkränkend. Aber in der offenen Prärie oder im Urwald wäre mir dies sicherlich nicht passiert.« – »Ich glaube es Euch, Señor!« versicherte Pirnero. – »Wer denkt auch, daß hier in unmittelbarer Nähe des Forts fünfhundert Apachen stecken können! Also ich war festgenommen und wurde vor den Anführer transportiert. Dieser lag inmitten eines Kreises, den seine Leute bildeten. Er war ein noch junger Kerl, schien aber Haare auf den Zähnen zu haben. Er blitzte mich mit seinen Augen an, daß mir angst und bange wurde, und fragte, was ich hier zu tun habe. – ›Ich habe dieses Wild geschossen‹, antwortete ich. – ›So bist du ein Jäger?‹ fragte er. – ›Ja‹, antwortete ich. – ›Wie ist dein Name?‹ – ›Man nennt mich den Kleinen André.‹ – Der Apache dachte nun eine Weile nach, nickte langsam mit dem Kopf und sagte darauf: ›Ich habe deinen Namen gehört, du bist kein Franzose. Wohin willst du jetzt dieses Tier tragen?‹ – ›Nach dem Fort‹ – ›Was tust du im Fort?‹ – ›Ich warte auf einen anderen Jäger, auf den Schwarzen Gerard.‹ – Da sah mich der Apache an, als ob er mich mit seinen Augen anbrennen wollte und erwiderte: ›Was willst du von ihm?‹ – ›Ich habe ihm eine Botschaft zu sagen.‹ – Jetzt nickte er wieder, lächelte ein wenig, winkte, und nachdem mir auf diesen Wink mein Gewehr und mein Messer wiedergegeben worden waren, meinte er: ›Gehe nach dem Fort. Du bist frei. Du wirst dort Gerard finden.‹ – Das war mir natürlich sehr überraschend; darum wagte ich die Frage: ›Weißt du genau, daß er sich dort befindet?‹ – ›Ich bin heute mit ihm geritten‹, antwortete er. ›Er ist in das Fort gegangen vor der Hälfte der Zeit, die die Bleichgesichter eine Stunde nennen.‹ – ›So ist der Schwarze Gerard ein Freund von dir?‹ fragte ich. – ›Ich bin Bärenauge, der Häuptling der Apachen‹, antwortete er, ›und Gerard ist mein Bruder.‹ – Diese Worte überzeugten mich, daß wir von den Apachen nichts zu befürchten hätten, und ich erlaubte mir daher die Frage: ›Was tut Bärenauge hier am Fort mit seinen Kriegern?‹ – ›Er hat mit Gerard das Fort beschützt‹, antwortete er. ›Gestern kam eine Kompanie Soldaten, um das Fort zu überfallen. Wir haben sie in der Schlucht des Teufels geschlagen und nur zwei Männer und zwei Frauen übriggelassen, die du dort am Baum sitzen siehst.‹ Das war wahr. Unter einem Baum saßen in der Tat zwei weiße Señores und zwei weiße Damen. Ich redete sie an, und denkt Euch mein Erstaunen, als ich hörte, daß die zwei Männer Deutsche seien.« – »Deutsche?« rief da Pirnero. »Ist das wahr?« – Natürlich.« – »Wo waren sie her? Aus Sachsen?« – »Nein.« – »Aus Pirna?« – »Nein. Wenn sie nicht aus Sachsen sind, so können sie doch auch nicht aus Pirna sein! Es waren zwei Ärzte aus Wien. Sie erzählten mir alles.« – »So hat der Häuptling nicht gelogen?« – »Nein. Die Franzosen haben wirklich das Fort überfallen wollen, und die beiden Ärzte sind mit ihnen ausgezogen. Der Schwarze Gerard aber hat sie abgelauert und mit den Apachen überfallen. Es ist kein einziger übriggeblieben.« – »Heilige Madonna, in welcher Gefahr haben wir geschwebt!« rief jetzt Pirnero. – »Ich hörte«, fuhr der Kleine fort, »daß ein Kapitän der Franzosen verkleidet sich bereits im Fort befunden habe. Er hat sogar bei Euch geschlafen, Señor. Da er aber ein Spion war, so hat ihn der Schwarze Gerard des Nachts aus Eurem Haus geschafft und jenseits des Presido unschädlich gemacht.«
