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Kitabı oku: «Waldröschen VII. Die Abenteuer des schwarzen Gerard 2», sayfa 12

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19. Kapitel

Sternau saß, den Präsidenten erwartend, am Tisch; in seiner Nähe, teils auch im Flur, standen Apachen, in tiefer Schweigsamkeit die Fortsetzung der Ereignisse erwartend.

Sternau erhob sich, als Juarez eintrat.

»So schnell sind Sie fertig geworden, Señor?« fragte er verwundert. – »Fertig? O nein!« antwortete der Gefragte. »Ich habe mich entfernt, damit die Señores ungestört miteinander verhandeln können.« – »Sie haben ihnen also eine Wahl gestellt?« – »Ja. Ich will Blutvergießen vermeiden. Ich will meinen Namen nicht in der Weise beflecken, wie es die Namen meiner Feinde sind.« – »Darf ich fragen, welche Wahl Sie ihnen gelassen haben?« – »Die Offiziere werden entweder ertränkt und die Truppen erschossen, oder man zieht nach der Entwaffnung der letzteren mit dem Versprechen, nicht wieder gegen mich zu kämpfen, nach Mexiko, um zum Hauptquartier zu stoßen.« – »Das ist eine schwere Wahl: Auf der einen Seite ein ehrloser, schändender Tod und auf der anderen ein Rückzug ohne Kampf, ohne alle Waffen. Ich glaube, die Herren werden den Versuch machen, zu verhandeln.« – »Ich habe ihnen gesagt, daß ich keinen solchen Versuch dulde. Ich gab ihnen zehn Minuten Zeit, sich zu entscheiden, und füge keine Sekunde hinzu. Hätten Sie vielleicht anders gehandelt?« – »Wohl schwerlich.« – »So mag es dabei bleiben. Wo befindet sich Señorita Emilia?« – »Im Zimmer des Schließers.« – »Aber natürlich fesselfrei?« – »Versteht sich!« – »Ich habe gesagt, daß die Offiziere im Verweigerungsfall an demselben Ort ertränkt werden sollen, wo heute die Exekution stattfinden sollte. Auch die Zeit wird dieselbe sein. Die Gerechtigkeit erfordert diese Bestimmung. Wird dies angehen?« – »Ja. Ich mache mich verbindlich, mit Hilfe von zwanzig Apachen die Offiziere nach dem Fluß zu transportieren, ohne daß es bemerkt wird.« – »Señor, einen so brauchbaren Mann, wie Sie, wird man selten finden. Ich wollte, Sie blieben im Land. Ich bin überzeugt, daß Sie einer meiner hervorragendsten Offiziere sein würden. Wollen Sie es sich nicht überlegen?« – »Ich danke Ihnen für dieses Vertrauen, Señor«, antwortete Sternau höflich, »aber ich bin Arzt; mein Beruf ist, Wunden zu heilen, nicht aber, sie zu schlagen. Außerdem bin ich durch Bande der Liebe an die Heimat gefesselt, von der ich, wie Sie wissen, so lange Jahre getrennt wurde.«

Juarez drückte dem Deutschen warm die Hand.

»Sie haben recht, Señor. Ich wünsche Ihnen Glück und vollste Entschädigung für das Furchtbare, was Sie gelitten haben. Sollte es in meiner Macht liegen, Ihnen nützlich zu sein, so wissen Sie, daß Sie zu jeder Stunde über mich verfügen können. Vergessen Sie das niemals.« – »Ich werde daran denken, und zwar gleich jetzt, Señor.« – »Ah! Sie haben einen Wunsch?« – »Ja, und einen sehr dringenden.« – »So sprechen Sie!« – »Die zum Tode verurteilten Bürger befinden sich in einer schrecklichen Lage. Es ist unsere Pflicht, sie schleunigst von ihrer Todesangst zu befreien.«– »Sie haben recht. Wo befinden sich diese Leute?« – »Ich weiß es nicht, werde aber sofort den Schließer fragen.« – »Tun Sie das, denn ich selbst habe keine Zeit dazu. Es sind neun und eine halbe Minute verflossen; ich muß also nach oben gehen.«

Juarez entfernte sich, und Sternau suchte den Schließer auf. Dieser saß mit seiner Frau ängstlich in seinem Zimmer. Emilia befand sich bei ihnen.

»Wie steht es, Señor Sternau?« fragte letztere schnell, als Sternau eintrat. – »Gut, hoffe ich«, antwortete er. Und sich an den Schließer wendend, fuhr er fort: »Wo stecken die Gefangenen, die nachher erschossen werden sollten? Im Gefängnis?« – »Nein. Sie waren bis gestern abend dort; doch als es dunkel ward, hat man sie hierher transportiert, weil sich hier die Hauptwache befindet und man sie infolgedessen besser bewachen kann.« – »Also hier im Stadthaus? Das ist gut. In welchem Raum?« – »In einem Gewölbe, wo sie an den Wänden festgebunden sind.« – »Haben sie Wächter bei sich?« – »Ja. Es befinden sich fünf Soldaten und drei französische Militärgeistliche bei ihnen, die auch mit eingeschlossen sind.« – »Französische Geistliche? Welch eine Grausamkeit! Der Sterbende will beichten und Vergebung seiner Sünden haben; hier aber können Beichtvater und Beichtkind sich wohl kaum oder gar nicht verstehen. Ich werde einige Indianer holen, und dann führen Sie mich hinab.« – »Sie wollen sie befreien?« fragte der Schließer. – »Ja.« —»Das lohne Ihnen Gott, Señor!« – »Oh, es leitet mich hierbei nicht bloß Mitgefühl, sondern auch Klugheit. Wenn diese Männer befreit sind, bewaffne ich sie mit den Gewehren der Franzosen. Wir haben dann eine ansehnliche Unterstützung an ihnen.« – »Sie werden für die gute Sache ihr Leben lassen.«

Nach Verlauf einer kurzen Zeit brachte Sternau zehn Indianer, die mit allem versehen waren, was zum Fesseln eines Menschen erforderlich ist. Man stieg eine steinerne, massive Treppe hinab und gelangte an eine starke, eiserne Tür, vor der sich zwei große, dicke Riegel befanden.

»Es ist natürlich Licht in dem Gewölbe?« flüsterte Sternau dem Schließer zu. – »Ja, Señor.« – »So verlöschen oder verschließen Sie Ihre Laterne. Der Schein derselben würde sonst auf meine Indianer fallen, und es ist besser, sie werden erst dann erkannt, wenn es für die Soldaten bereits zu spät ist.«

Der Schließer schob die Laterne in die Tasche und zog die Riegel zurück. Als er die Tür öffnete, sah man einen weiten Raum, der nur durch eine von der Decke herabhängende Lampe notdürftig erhellt wurde.

In dieses Halbdunkel hinein huschten die zehn Indianer. Ein, zwei, drei, vier, fünf laute Schreie ertönten fast zu gleicher Zeit; ein kurzes Rascheln und Rauschen folgte; dann war es still.

»Ugh!« rief einer der Indianer.

Er wollte damit sagen, daß ihre Arbeit vollendet sei. Sternau trat ein und gebot dem Schließer, seine Laterne wieder hervorzuholen. Dies geschah, und nun war es möglich, die Insassen des Raumes besser zu erkennen. An den Wänden ringsum waren eiserne Haken eingeschlagen, an die man die Gefangenen mittels Stricken befestigt hatte. Am Boden aber lagen die fünf Soldaten und die drei Geistlichen gefesselt.

»Macht die Gefangenen los«, gebot Sternau, »aber so, daß die Stricke nicht verletzt werden, denn wir brauchen dieselben sogleich für andere Leute.«– »Santa Madonna! Sollen wir schon zur Schlachtbank geführt werden?« fragte einer der Mexikaner. – »Nein! Sie sind frei!« antwortete Sternau. – »Frei?« erklang es von den Lippen einiger. – »Ja, frei. Ich habe Ihnen zu sagen, daß Juarez gekommen ist, um Sie vom sicheren Tode zu erretten. Er ist zur rechten Zeit eingetroffen.« – »Juarez!« jubelte es aus dem Mund von mehr als dreißig Menschen.

Und hundert Ausrufe und Fragen drängten sich durcheinander.

»Schweigen Sie jetzt, Señores!« bat Sternau. »Noch ist die Stadt nicht ganz in unseren Händen, wir müssen vorsichtig sein. Würden Sie, wenn ich Sie sofort bewaffnen würde, bereit sein, für den Präsidenten zu kämpfen?«

Ein allgemeines freudiges Ja erscholl.

»Nun gut! Schnell fort mit den Fesseln! Wer losgebunden ist, mag helfen, die anderen zu befreien. Oben liegen gefesselte Soldaten. Wir schaffen sie herab, um sie nebst ihren hierliegenden Kameraden an Ihrer Stelle zu fesseln. Die Waffen derselben aber erhalten Sie. Beeilen wir uns!«

Mit nach solcher Todesangst vor Freude und Entzücken zitternden Händen befreiten die Mexikaner einander und folgten Sternau nach oben, wo sie auf Juarez stießen, der Sternau gesucht und erst jetzt erfahren hatte, wo dieser sich befand.

Als der Präsident bei den Offizieren eingetreten war, nahmen diese, von den Apachen im Zaum gehalten, noch genau dieselbe Stellung ein wie vorher. Er gab einen Wink, und sofort erhielten sie, den Kommandanten ausgenommen, ihre Knebel wieder in den Mund. Die Apachen hatten darin eine solche Übung, daß kein Zusammenbeißen der Zähne dagegen half.

»Die Zeit ist vorüber, Señor«, sagte Juarez. »Wollen Sie sich ergeben?«– »Ihre Bedingungen sind zu hart. Ich hoffe, daß Sie sich…« – »Halt! Kein Wort weiter!« fiel ihm Juarez in die Rede. »Ich habe Ihnen bereits gesagt daß ich keine Minute zugebe und mich auf keine weiteren Verhandlungen einlasse. Jedes weitere Wort wird ebenso wie Ihr Schweigen von mir dahin gedeutet, daß Sie sich nicht ergeben wollen. Also reden Sie! Ja oder nein!« – »Unser Tod würde sofort gerächt werden!« – »Ich verachte diese Drohung. Sie verzichten also auf meine Langmut. Gut. Sie denken wohl, daß ich nicht den Mut habe, französische Offiziere mexikanisches Wasser kosten zu lassen, bis sie tot sind? Oh, wir Mexikaner haben französische Behandlung genossen, bis uns das Wasser am Hals stand. Wir verzichten aber darauf, es zu schlucken, und überlassen dies lieber Ihnen. Damit Sie aber sehen, daß es mein Ernst ist, und daß ich nicht Komödie spiele, will ich nicht bis zur angegebenen Stunde warten, sondern Ihnen bereits jetzt einen Vorgeschmack Ihres Schicksals geben.« – »Sacré! Was wollen Sie tun?« fragte der Kommandant.

Es wurde ihm jetzt wirklich angst.

»Oberst Laramel«, antwortete der Präsident, »ist der Mörder von hunderten meiner Landsleute. Er hat selbst im ehrlichen Kampf niemals Pardon gegeben; er trägt die Schuld, daß in dieser Nacht abermals eine Massenexekution gegen wackere Bürger stattfinden sollte. Er hat sich wie ein Bandit betragen und wird wie ein solcher behandelt. Ich werde ihn ohne vorheriges Gericht und ohne Urteilsspruch an diesem Haken aufhängen lassen.« – »Das werden Sie nicht wagen!« rief der Kommandant. – »Ah! Warum nicht?« – »Ein französischer Oberst!« – »Ist unter diesen Verhältnissen ein größerer Schurke als jeder andere Bösewicht. Er hat auf seinem Gewissen die Grausamkeiten aller seiner Untergebenen.« – »Ich verlange ein ordentliches Gericht!« – »Über einen Banditen? Pah! Selbst wenn ich ein Gericht konstituierte, so würde das Urteil auf Hängen lauten; darauf können Sie sich verlassen.«

Damit wandte sich Juarez an den Indianer, der neben dem Oberst stand, und sagte zu ihm in der Mundart der Apachen:

»Ni ti salkhi lariat akaya – hänge diesen mit dem Lasso da hinauf!«

Bei diesen Worten deutete er nach dem krummen Haken, der in der Mitte der Zimmerdecke zu dem Zweck eingeschraubt war, bei festlichen Gelegenheiten einen Leuchter zu tragen.

»Uff!« antwortete der Apache.

Im Nu hatte er seinen Lasso losgeschlungen und an dem einen Ende desselben eine Schleife gebunden. Dann erfaßte er den Oberst und schob ihn in die Mitte des Zimmers. Mit derselben Geschwindigkeit legte er ihm die Schlinge um den Hals. Da rief der Kommandant:

»Halt! Das ist Mord! Ich erhebe allen Ernstes Widerspruch!« – »Dieser Ernst kommt mir lächerlich vor!« antwortete Juarez. »Sie können ihn nur dadurch retten, daß Sie erklären, sich ergeben zu wollen.«

Der Kommandant warf einen fragenden Blick auf Laramel. Dieser antwortete dadurch, daß er unter den Fesseln die Fäuste ballte und mit dem Kopf schüttelte. Dieser verblendete Mensch hielt es jetzt noch für unmöglich, daß man es wagen werde, einen französischen Oberst aufzuknüpfen.

»Wir ergeben uns nicht, werden aber eine solche Behandlung nicht länger dulden«, erklärte der ebenso verblendete Kommandant. – »Das ist geradezu eine Verrücktheit. Hier meine Antwort darauf!« erwiderte Juarez und gab dem Apachen einen Wink, der nun den mittleren Teil des Lassos mit solcher Geschicklichkeit emporwarf, daß der achtfach zusammengeflochtene Riemen in den Haken zu liegen kam. Dann zog er den Lasso an – ein Ruck, ein zweiter und dritter, und der Oberst hing an der Decke. Seine konvulsivischen Bewegungen boten einen schauderhaften Anblick dar. – »Mord! Mord! Mord!« rief der Kommandant.

Auch die anderen bewegten sich im höchsten Grimm unter ihren Fesseln.

»Dieses Schreien will ich Ihnen unmöglich machen«, sagte Juarez.

Ein Wink von ihm genügte, und der Kommandant bekam den Knebel wieder in den Mund. Der Apache aber, der seinen Lasso mit beiden Händen festhalten mußte, band das Ende desselben an das Kamingitter fest, so daß er sich nicht mehr anzustrengen brauchte.

Jetzt verließ Juarez das Zimmer, um Sternau aufzusuchen. Er fand ihn nicht in der Wachtstube, hörte aber dort, daß er nach dem Gewölbe gegangen sei, um die Gefangenen zu befreien. Er stieß auf die letzteren, als diese eben zur Treppe heraufkamen.

Der Schein von der Laterne des Schließers war nicht hinreichend, den weiten Flur zu erleuchten; darum wurde der Präsident nicht erkannt.

»Ah, diese braven Leute waren hier im Haus eingesperrt?« fragte er. – »Glücklicherweise, ja«, antwortete Sternau. »Es ist uns ohne allzugroße Mühe gelungen, sie zu befreien.« – »Wurden sie bewacht?« – »Von fünf Soldaten und drei Beichtvätern. Diese acht Señores befinden sich jetzt, selbst gebunden, an dem Ort, den sie vorher bewachten.« – »Gut Aber ich sehe ja hier einige, die Gewehre tragen?« – »Ich habe die Absicht, diese Señores mit den Gewehren der Soldaten zu bewaffnen. Sie sind bereit, für Sie zu kämpfen und zu sterben.« – »Ich danke Ihnen, Señores!« sagte der Präsident. »Das ist eine große, willkommene Hilfe, die wir wohl noch nötig haben werden.«

Dabei streckte er ihnen die Hände entgegen, und nun merkten sie, wer vor ihnen stand. Ausdrücke der Freude und Ehrfurcht erschollen aus aller Munde, und alle Hände griffen nach den seinigen, um sie zu drücken. Aber diesem Enthusiasmus konnte keine lange Frist gestattet werden. Juarez sagte:

»Bewaffnen Sie sich zunächst Señores, und dann werde ich Ihnen zeigen, wie ich die an Ihnen begangene Unbill zu bestrafen weiß.«

20. Kapitel

Juarez führte die Befreiten nach dem Wachtlokal, wo die Mexikaner mit Flinten und Seitengewehren versehen wurden. Die dort postierten Indianer erhielten den Auftrag, die von ihnen bewachten Franzosen nach dem Gewölbe zu schaffen, und dann begab sich Juarez mit Sternau und den Mexikanern nach oben zurück, wo sich die Offiziere befanden.

Dort konnten die Eintretenden einen Ausruf des Entsetzens nicht unterdrücken, als sie den Oberst an der Decke hängen sahen. Sein Todeskampf war vorüber. Er hing steif und ohne zu zucken an dem Lasso.

»Hier, Señores, sehen Sie den Beginn des Gerichtes, das ich halten werde«, sagte Juarez. »Dieser tote Franzose ist unser erbittertster Feind gewesen; er trug den größten Teil der Schuld daran, daß Sie erschossen werden sollten. Dennoch war ich bereit, ihm und diesen anderen das Leben zu schenken; sie waren aber so verblendet, meine Forderung, die Stadt zu verlassen, nicht anzunehmen, und so habe ich ihn hängen lassen, um ihnen zu zeigen, daß ich nicht gesonnen bin, Scherz mit ihnen zu treiben.«

Trotz des schauderhaften Anblicks, den der Gehängte bot, ließen sich doch nur Ausdrücke der Befriedigung hören.

»Diese anderen«, fuhr Juarez fort, »werden in kurzer Zeit ertränkt werden, und zwar in derselben Krümmung des Flusses, an der Sie erschossen werden sollten. Diesen Akt der Gerechtigkeit bin ich denen schuldig, die unter den Händen der französischen Mörder sich verblutet haben, und ebenso allen, die sich noch in der Gefahr befinden, für gemeine Banditen ausgegeben zu werden, weil sie von dem uns allen angeborenen Recht Gebrauch machen, sich zu wehren, wenn man ihnen ihren heimatlichen Herd zerstören und ihr wohlerworbenes Eigentum gewaltsam rauben will.«

Diese Worte machten einen tiefen Eindruck auf alle Anwesenden. Sternau sagte:

»Sie nennen die gefangenen Offiziere verblendet, Señor? Es ist mehr als Verblendung; es ist Wahnsinn, sich gegen uns zu sträuben. Wir haben das Hauptquartier in unserer Gewalt, wir haben die Stadt besetzt. Was haben die zwei Hände voll Franzosen zu bedeuten gegen unsere fünfhundert Apachen, von denen jeder mehrere Franzosen spielend auf sich nimmt, wie wir bewiesen haben. Rechnen wir noch dazu unsere weißen Jäger und Waldläufer, ebenso die guten Bürger der Stadt, die nur unseres Rufes warten, um die Waffen zu ergreifen, so ist ein Widerstand unklug. Hier stehen dreißig Bürger, und wie schwer ein Jäger wiegt, das haben die Herren Franzosen an dem Schwarzen Gerard bemerkt.«

Diese Worte, die Sternau nicht zwecklos ausgesprochen hatte, verfehlten ihre Wirkung nicht. Der Kommandant deutete durch sein Mienenspiel und eine Bewegung seines Körpers an, daß er sprechen wolle.

Auf einen Wink des Präsidenten nahm ihm ein Indianer den Knebel ab.

»Was wollen Sie sagen?« fragte ihn Juarez. – »Werden Sie Ihre Drohung, uns zu ertränken, wirklich ausführen?«

Auf diese Frage zuckte Juarez mitleidig die Achsel.

»Wenn Sie jetzt noch daran zweifeln«, antwortete er, »so bin ich berechtigt, ebenso zu zweifeln, nämlich an der Gesundheit Ihres Verstandes.« – »Bedenken Sie, welche Verantwortung Sie auf sich laden.«

Da ging die Geduld des Präsidenten zu Ende.

»Schweigen Sie!« rief er mit donnernder Stimme. »Sie haben mein Land überfallen und mein Volk ermordet. Wer kann hier von Schuld und Verantwortung reden, ich oder Sie?«

Diese Worte ließen den Kommandanten einsehen, daß er von einer Fortsetzung seines bisherigen Verhaltens ganz und gar nichts zu erwarten habe. Er sagte:

»Würden Sie den uns gemachten Vorschlag aufrecht halten?« – »Ich gab Ihnen zehn Minuten Zeit und Sie ließen diese Frist verstreichen, ohne sie zu benutzen. Die Folgen kommen über Sie!«

Jetzt sah der Offizier den schimpflichen Tod unabweislich vor Augen. Dies brach den letzten Rest seines Selbstvertrauens.

»Und wenn ich Sie nun bäte, nicht um meinet-, sondern um der Soldaten willen, die sterben sollen?«

Juarez zögerte mit der Antwort. Dann wandte er sich an Sternau:

»Was meinen Sie dazu, Señor?« – »Meine Ansicht ist«, antwortete der Gefragte, »daß Verzeihung christlicher ist als Rache. Doch berühren diese Verhältnisse mich am wenigsten.« – »Ich will dennoch Ihre Ansicht gelten lassen«, erwiderte Juarez.

Und sich zu dem Kommandanten wendend, fuhr er in ernstem Ton fort:

»Sie hören, daß ich mich zur Milde stimmen lasse; aber ich rate Ihnen, mir nicht ferner zu widersprechen; Sie würden dann unbedingt dem angedrohten Schicksal verfallen. Also Sie übergeben mir Chihuahua?« – »Ja.« – »Ohne den Versuch zu machen, Ihre Untergebenen zum Widerstand zu bewegen?« – »Ja.« – »Sie übergeben mir Ihre Waffen und alle Kriegsvorräte, die sich in Ihrem Gewahrsam befinden?« – »Ja.« – »Sie verlassen die Provinz und ziehen sich in Eilmärschen durch die Presidios Durango Guanaxuato direkt nach Mexiko zurück?« – »Ja.« – »Sie versprechen, nie wieder gegen mich zu kämpfen? Unter diesem Sie verstehe ich nämlich nicht nur Ihre Person, sondern alle französischen Truppen, die sich gegenwärtig in Chihuahua befinden.« – »Ich verspreche es.« – »Wir stellen über diese Punkte ein Dokument aus, und Sie verbürgen die exakte Erfüllung derselben schriftlich mit Ihrem Ehrenwort, wobei auch alle übrigen Offiziere ihre Unterschrift geben?« – »Ja.« – »Sie treten endlich meinen Befehlen in Beziehung auf die Entwaffnung Ihrer Truppen in keiner Weise entgegen?« – »Nein. Doch hoffe ich, daß dabei jede Gewalttätigkeit vermieden wird.« – »Tragen Sie keine Sorge! Bisher sind nur die Franzosen gewalttätig gewesen, und ich mag diesen traurigen Ruhm nicht auf mich laden. Aber da fällt mir eins noch ein. Die Dame, die ich bei Ihnen traf, befindet sich in meiner Gewalt. Sie haben dieselbe als Spionin benutzt?«

Der Gefragte schwieg verlegen.

»Ihr Schweigen ist mir die deutlichste Antwort. Sie hat als Spionin den Tod des Stranges verdient; aber es bringt mir keinen Ruhm, ein verführtes Frauenzimmer getötet zu haben. Doch darf ich sie auch nicht in meinem Bereich dulden.« – »Darf ich eine Bitte aussprechen?« – »Reden Sie!« – »Ich ersuche Sie für diese Dame um die Erlaubnis, sich uns anschließen zu dürfen.« – »Wohin wollen Sie sie bringen?« – »Ich nehme sie mit nach Mexiko.« – »Hm! Und unterwegs werden Sie sie irgendwo stationieren, damit sie von neuem gegen mich agitieren kann?« – »Das werde ich nicht tun. Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß ich Mademoiselle Emilia nur in der Hauptstadt entlassen werde.« – »Nun gut, ich will auf Ihren Vorschlag eingehen. Erklären Sie sich bereit, bereits am Morgen Chihuahua zu verlassen?« – »Ja.« – »So werde ich Ihnen und Ihren Kameraden jetzt die Fesseln abnehmen lassen. Dieser Laramel soll das einzige Opfer sein, das Ihrem Eigensinn gebracht worden ist. Das Dokument wird sofort ausgefertigt.«

Auf seinen Befehl nahmen die Apachen den Offizieren die Fesseln und Knebel ab. Papier war vorhanden, und so wurde augenblicklich zur Aufsetzung der Kapitulation geschritten. Als dieselbe unterzeichnet war, sandte Juarez Indianer ab, um alle Mannschaften, die die Ausgänge der Stadt besetzt hielten, herbeizuholen. Sie nahmen vor dem Stadthaus Aufstellung.

Jetzt mußte der Kommandant die Reveille trommeln lassen, und in kurzer Zeit befanden sich die französischen Soldaten mit ihren Ausrüstungsgegenständen auf dem Weg zum Hauptquartier. Da sie zu so ungewöhnlicher Zeit geweckt wurden, so war ein jeder überzeugt, daß dies nur infolge eines ganz ungewöhnlichen Ereignisses geschehen sein konnte.

»Sollen sie sich auf dem Platz in Front aufstellen?« fragte der Oberst. – »Nein«, antwortete Juarez. »Es ist dunkle Nacht, der man nicht trauen darf. Postieren Sie zwei Ihrer Offiziere an den Eingang. Diese Señores mögen jeden Soldaten, sobald er sich einstellt, hinauf in den Saal kommandieren, den ich sogleich erleuchten lassen werde.«

Das geschah, und unterdessen schickte Juarez den kleinen Jäger, der sich natürlich auch mit eingefunden hatte, zu dem Wirt der Venta, um ihn rufen zu lassen.

Er kam sofort und erhielt den Auftrag, diejenigen Personen, die er als zuverlässige Männer notiert hatte, herbeizurufen.

Der Saal war groß genug, um sämtliches französisches Militär zu fassen. Diese Leute staunten nicht wenig, als sie sahen, um was es sich handelte. Man merkte es ihnen an, daß sie nur mit Widerstreben ihre Waffen auslieferten. Bei der Zahl der anwesenden Indianer aber wagten sie keinen offenen Widerstand, sondern verarbeiteten ihren Zorn im Innern.

Unterdessen befand sich, da Sternau die Entwaffnung leitete, Juarez bei Señorita Emilia, um derselben seine Instruktionen für Mexiko zu geben.

Es ist nicht nötig, dieselben hier auszuführen, da sie sich ja ganz von selbst aus den später folgenden Ereignissen ergeben werden.

Die Einwohner der Stadt waren natürlich von dem Schlag der Trommeln erwacht. Sie ahnten irgendein für sie unheilvolles Ereignis, und die Mutigen von ihnen wagten es, sich, wenn auch mit Scheu, dem Stadthaus zu nahem. Vor demselben war es jetzt ziemlich hell geworden. Das Licht, das aus den erleuchteten Fenstern strahlte, fiel auf die Gruppe der Indianer und Jäger, die unten postiert standen. In vorsichtiger Entfernung von ihnen fanden sich jene Leute zusammen, um die Situation zu beobachten.

Da trennte sich eine Gestalt von der Masse der Indianer und kam auf die Leute zugeschritten. Es war Mariano. Als er bei ihnen war, sagte er:

»Sie möchten gern wissen, was hier vorgeht, Señores?« – »Ja«, antworteten einige Stimmen.

Mariano schilderte ihnen nun die ganzen Vorgänge, und eine überaus freudige Stimmung bemächtigte sich des Volkes.

»Hoch Juarez! Hurra die Republik! Eilt fort, ihr Leute, um es allen zu sagen, die es noch nicht wissen. Eilt! Und wer ein guter Republikaner ist, der hole seine Waffen und stelle sich dem Präsidenten zur Verfügung. Es gilt, gegen die Feinde der Republik zu kämpfen!« – »Hoch, Juarez!« erscholl es da von aller Lippen. »Hurra die Republik!«

Die Sendung des Wirtes der Venta wäre gar nicht nötig gewesen, denn als der Morgen graute, standen in der Nähe des Stadthauses und in den angrenzenden Straßen fast an die tausend Mann, die alle bereit waren, sich als Kämpfer für die Sache der Republik dem Präsidenten zur Verfügung zu stellen.

Um kein Aufsehen zu erregen, ritt durch ein Nebengäßchen eine kleine Truppe dem südlichen Tor zu. In ihrer Mitte befand sich eine verschleierte Dame. Es war Emilia, die auf diese Weise die Stadt verlassen mußte, um von den Anhängern der Republik nicht verkannt und von den Franzosen nicht nachteilig beurteilt zu werden. Sie mußte vermeiden, von beiden Seiten als Verräterin betrachtet zu werden.

Kurze Zeit später zogen auch die Franzosen zu demselben Tor hinaus, ihre Offiziere an der Spitze. Es war dies ein nicht leichter Weg für sie, denn hüben und drüben hatten sich die Mexikaner in langen Reihen aufgestellt, um dieses Schauspiel mit triumphierenden Blicken zu betrachten.

Von manchem Mund erscholl ein Fluch oder eine Verwünschung, doch kam es zu keiner Tätlichkeit.

Somit war der Anfang gemacht und die nördliche Grenze des Landes von den Feinden gesäubert. Der berühmte Siegeszug des Zapoteken hatte jetzt begonnen.

In demjenigen mexikanischen Blatt der Hauptstadt aber, das unter französischem Einfluß stand, konnte man einige Zeit später folgendes lesen:

* * *

»Zur Vermeidung von böswilliger Entstellung der Tatsachen wird hiermit veröffentlicht, daß strategische Rücksichten den Oberstkommandierenden veranlaßt haben, Chihuahua und Coahuila nach und nach zu räumen. Diese Provinzen sind zwar ein Teil des Kaiserreiches, doch herrscht dort ungestörte Ruhe und Ordnung, und die Bewohner sind dem Thron so treu ergeben, daß man sich leicht entschließen konnte, die dort stationierten Truppen dahin zu ziehen, wo eine kräftige, militärische Hilfe notwendiger gebraucht wird.«

* * *

Coahuila war nämlich auch nach kurzer Zeit in die Hände des Präsidenten Juarez gefallen.

Dieser dachte jetzt natürlich an Lord Henry Lindsay, mit dem er ja am Sabinafluß zusammentreffen wollte.

Die Schar seiner Treuen war auf mehrere tausend gewachsen, daher tat er seiner Sache keinen Schaden, indem er zweihundert Reiter zu seiner Begleitung beorderte. Es schloß sich ihm Sternau mit allen seinen Freunden an, während eine bedeutende Anzahl von Hirten beauftragt wurde, mit Ochsenwagen nachzufolgen, auf denen alle von Lindsay zu erwartenden Requisiten verladen und nach der Stadt gebracht werden sollten.

Der, welcher sich am meisten nach der Zusammenkunft mit dem Engländer sehnte, war natürlich Mariano. Die Geliebte war ihm so lange Zeit treu geblieben, sie befand sich jetzt an der Seite ihres Vaters. Er sollte sie wiedersehen. Dieser Gedanke erfüllte ihn mit Entzücken und mit einer Unruhe, die ihn antrieb, den Ritt auf jede Weise zu beschleunigen.

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
Hacim:
340 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain

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