Kitabı oku: «NEW PASSION», sayfa 3
Da ich keine Lust auf eine Diskussion habe, stimme ich mit dem Wissen, dass ich dem eh nicht gerecht werde, zu. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er es sowieso vergessen wird. Von daher muss ich die Stimmung nicht vermiesen.
Liam hat recht behalten. Der Regen hört auf und die Sonne kommt wieder hinter den Wolken hervor.
Es fühlt sich unglaublich gut an, mit ihm Hand in Hand über den Dom zu schlendern. Allein wegen der Gerüche gehe ich schon gerne die Runde übers Heiligengeistfeld. Es ist noch kaum etwas los, sodass wir niemandem ausweichen müssen und die Eindrücke gelassen auf uns wirken lassen können.
Die verschiedene Musik aus den etlichen Fahrgeschäften gibt sich einen endlosen Kampf.
An den Ständen mit den Losen brüllen Männer aus ihrer Kehle, was es alles Tolles zu gewinnen gibt.
An den Bratwurstständen schleicht sich der Duft von Fleisch, Champignons und Pommes in meine Nase.
Von Stand zu Stand kommen mehr Duftnoten hinzu.
Gebrannte Mandeln, Zuckerwatte, Schmalzgebäck, Pizza und Crêpes. Dort bleibt Liam stehen.
„Möchtest du einen Crêpe?“
„Sehr gerne! Mit Apfelmus, bitte.“ Mir läuft das Wasser im Mund zusammen. „Alles klar.“
Heute scheint er die Spendierhosen anzuhaben. Finanziell geht es ihm anscheinend nicht so schlecht …
„Danke schön!“ Er reicht mir die heiße Teigware.
„Nicht dafür, Süße.“
Genüsslich verspeisen wir unser Essen; wobei er es eher verschlingt. Ich klimpere nur einmal mit den Augen und zack, ist Liam bereits fertig.
Wir gehen langsam weiter. Während ich esse, erzählt er mir von Österreich.
„Ich habe zehn Kilo zugenommen. Hab mein Ziel erreicht. Lars war ganz neidisch auf mich. Am meisten habe ich am Bizeps und an der Brust zugelegt. Fabian ist auch beeindruckt. Als er mich gesehen hat, ist ihm das direkt aufgefallen“, prahlt er.
Mir ist es tatsächlich nicht entgangen, dass er ordentlich an Muskelmasse zugelegt hat. Steht ihm. Er wirkt erwachsener und männlicher. Seine Kinnpartie ist kantiger als vor seinem Österreichaufenthalt. Seine Haut strahlt in einem gold-braunen Ton.
Ja, er ist in der Zeit definitiv attraktiver geworden. Jedoch tue ich mich immer noch schwer damit, Komplimente zu machen. Sein Ego will wohl gestreichelt werden. Würde er keine Bestätigung von mir brauchen, würde er nicht ausgiebig über seinen Erfolg reden.
„Ja, ist auf jeden Fall nicht zu übersehen. Sieht gut aus“, zwinkere ich ihm zu.
„Danke.“ Süß lächelt er mich an.
„Du bist echt krass braun geworden in deinem Urlaub. Gefällt mir gut.“
„Ja, aber neben dir fühle ich mich immer noch wie ein Käse“, sage ich lachend.
„Ich habe Glück. Werde schnell braun. In einem schönen goldenen Ton.“
„Dem ist wohl so.“ Ich würde ihm gerne widersprechen, weil ich es nicht leiden kann, wenn man dermaßen selbstüberzeugt von sich spricht, aber ich kann es nicht. Es trifft nun mal zu.
Komisch, dass Liam es nötig hat, sich so aufzuplustern. Ein Außenstehender würde wahrscheinlich denken, dass er total selbstsicher ist. Jedoch ist das „fishing for compliments“, was er hier macht und jemand, der wirklich im Reinen mit sich ist, hat das nicht nötig.
Er ist stark von der Meinung von außen abhängig. Eine Sache, die dafür sorgt, dass ich ihn weniger als Mann und mehr als Jungen wahrnehme.
Nachdem meine Süßspeise vollständig in meinem Magen gelandet ist, habe ich das Bedürfnis, mir die Hände zu waschen. Dank des Apfelmus sind sie ziemlich klebrig. Liam stört das nicht, denn er greift nach meiner Hand und lässt sie nicht direkt wieder los. Er macht vor einer Geisterbahn halt und schaut mich erwartungsvoll an. Ich schüttle instinktiv mit dem Kopf. Ich hasse es, erschreckt zu werden!
„Komm schon, Mel. Seine keine Spielverderberin“, überredet er mich.
„Hm. Na gut. Aber ich warne dich vor. Ich bin schreckhaft!“
„Ach, so schlimm wird das schon nicht sein. Da fahren immerhin Kinder mit.“
„Das hat nichts zu sagen …“
Er zieht mich zum Schalter mit, um dort zwei Tickets für uns zu kaufen. Eine Fahrt kostet sage und schreibe fünf Euro! Eigentlich ist das der perfekte Pärchentag; so fühlt es sich jedenfalls an. Na ja, fast perfekt. Die Sache, dass er versucht, mich optisch so hinzubiegen, wie er mich gerne hätte, geht mir gegen den Strich. Klar, er hat mich in Rock und Stiefeln kennengelernt, aber es war wohl offensichtlich, dass das nicht mein Alltagskleidungsstil ist. Vor Österreich war es ihm egal, was ich trage.
Er hat sich noch nicht mal über meine schlichte Unterwäsche beschwert …
Ich werde mich auf jeden Fall nicht für ihn verstellen. Ich kann mich sexy kleiden, aber dann mache ich das für mich und weil ich darauf Lust habe; ansonsten fühle ich mich nicht wohl. Ach, man kann sich auch mal für einen Mann sexy kleiden, bringt sich mein Teufelchen ein. Der Versuch, mir das einzureden, gelingt nicht. In der Hinsicht bin ich stur.
Entweder ein Mann findet mich aufgrund meines Wesens sexy oder eben nicht. Ich will meine Weiblichkeit nicht provokant nach außen hin präsentieren, um den Mann zu manipulieren und so von mir zu überzeugen. Es fühlt sich falsch an, mit reiner Oberflächlichkeit zu punkten und zu blenden … Diese Fassade aufrechtzuerhalten, wäre mir viel zu anstrengend. Wenn man mit mir auf entsprechende Veranstaltungen geht, kann ich mich wie eine Lady kleiden und verhalten, aber privat mag ich es gemütlich und locker. Wenn man nicht mal vor seinem Partner rülpsen oder mal pupsen kann, weil das ja nicht ladylike ist, würde ich verrückt werden. Damit würde ich mir mein eigenes Gefängnis erbauen. Nein. Ein Mann muss mich für das lieben, was er in mir sieht und fühlt und nicht für das, was er oberflächlich mit seinen Augen erfasst. Schön, wenn er das dann auch tut, aber es sollte zweitrangig sein.
Liam sieht mich nicht. Dabei habe ich ihm schon einige Möglichkeiten gegeben, hinter meine Maske zu blicken.
Aber was erwarte ich von jemandem, der sich selbst über die Meinung anderer definiert. Obwohl er dem total widersprechen würde … Er tut auch krampfhaft das Gegenteil von dem, was man von ihm erwarten würde. Damit er sich als etwas Besonderes fühlt. Damit er anders ist als andere. Dafür will er anerkannt werden. Er spielt eigentlich in einer Tour eine Rolle.
Noch habe ich die Hoffnung aber nicht aufgegeben, dass er sich mir zeigt und ich sein wahres Ich kennenlernen darf.
Ohne diese ganze Show. Ohne diese widersprüchlichen Aussagen zu seiner Person.
Er hasst es angeblich im Mittelpunkt zu stehen, strippt aber und legt viel Wert darauf, wie er aussieht. Ich kann mich noch genau an seine Worte erinnern, als ich im Freibad war und ihm schrieb, dass dort alle Augen auf ihn gerichtet wären.
Vielleicht werde ich es aber auch nie zu sehen bekommen, weil er selbst nicht weiß, wer er in Wahrheit ist. Ein Mensch, der sein Leben von außen nach innen richtet und nicht von innen nach außen lebt, kann nur unbewusst sein. Er definiert seine Persönlichkeit über das, was er glaubt, sein zu müssen, um von anderen anerkannt, geschätzt und im besten Fall geliebt zu werden.
Wir setzen uns in den Achterbahnwagen. Die Vorkehrungen zu unserer Sicherheit werden getroffen. Von Sekunde zu Sekunde finde ich diese Idee immer schlechter. Ich umklammere die Stange, die fest in unseren Schoß gedrückt wird und schmiege mich mit meiner rechten Schulter an Liam an.
„Angst?“, fragt er cool.
„Jetzt definitiv!“, gebe ich zu.
Liam lächelt. Er sieht zufrieden aus. Seinem Lächeln schließe ich mich für einen kurzen Moment an, bis sich unser Wagen in Bewegung setzt und auch noch beginnt, sich nach links und rechts zu drehen. Am liebsten würde ich wieder aussteigen.
Die erste Tür öffnet sich. Wir fahren nach oben, Richtung Tageslicht. Noch ist nichts zum Gruseln. Ein paar Puppen stehen zur Dekoration an den Seiten und werden mit rotem Licht angeleuchtet. Als wir um die Kurve fahren, erschrecke ich mich aber beinahe zu Tode!
„Ahhh!“, kreische ich Liam laut ins Ohr und kralle mich an seinem Arm fest.
Einer der Darsteller hielt sich dort versteckt und kam genau in dem Moment hervor, als wir die Kurve passierten … Mit einem Schläger in der Hand. Er hat noch nicht mal einen Ton von sich gegeben …
„Musst du so schreien?“, fragt Liam, der versucht, weiterhin cool zu wirken, aber ich sehe ihm an, dass er sich über mich amüsiert.
„Das ist ein Reflex. Ich kann da nichts für“, rechtfertige ich mein Geschrei.
„Dann versuch den zu unterdrücken. Ich möchte am Ende dieser Fahrt nicht gehörlos sein.“ Ich muss lachen.
„Ich gebe mir Mühe, in die andere Richtung zu schreien.“
Vor jeder Kurve habe ich Angst, wieder erschreckt zu werden.
Ich löse meinen Griff von Liams Arm, als wir oben angekommen sind, um eine kurze Strecke den Ausblick genießen zu können, obwohl dieser nicht sonderlich besonders ist.
„Wuahhh!!!“, schreie ich und fahre zusammen. Natürlich musste direkt hinter der Tür, die wieder ins Dunkle führt, eine Frau stehen, die auf mich zukommt und mich anschreit.
Liam schüttelt mit dem Kopf, aber kann sich ein Lachen nicht verkneifen. Ich habe gespürt, dass er gezuckt hat. Aber wahrscheinlich hat ihn mein Losschreien mehr erschreckt als der Schrei der Schauspielerin. Auf jeden Fall scheint er Spaß mit mir zu haben.
Den Weg hoch fahren wir nun wieder herunter. Dass ich nichts sehen kann, macht mich fertig. Ich mag Dunkelheit nicht. Es nimmt mir die Kontrolle. Und alles, was ich nicht kontrollieren kann, finde ich doof. Na ja. Fast alles …
Links und rechts springen Puppen laut aus ihren Kästen oder fallen von der Decke; werden begleitet von Licht- und Soundeffekten. Ein paar lautere Töne verliere ich auf der restlichen Fahrt noch, aber nicht in dem Frequenzbereich, in dem Liams Gehör einen Schaden davon tragen könnte.
„Das war doch ganz witzig“, sage ich, als wir das Fahrgeschäft verlassen und er wieder meine Hand ergreift.
„War es, du Schreihals.“ Er festigt dabei impulsartig seinen Griff. Ich grinse ihn an.
„So, ich muss mir jetzt noch etwas zu essen kaufen. Muss genügend futtern, damit die Muskeln weiter wachsen.“
Am nächsten Stand kauft er sich ein Burgunder Brötchen.
„Wie viel willst du denn noch zulegen? Dachte, du hättest dein Ziel jetzt erreicht …“, hake ich nach.
„Da kann noch gut was drauf. Das war ja bloß mein Ziel für Österreich.“
„Oh. Okay. Aber verlierst du dadurch nicht deine Beweglichkeit?“
„Ja, das schon. Daher werde ich es nicht übertreiben. Aber in dem Business bekommt man mehr Angebote, wenn man ordentlich Muskeln hat. Und so lange werde ich diesen Job bestimmt nicht mehr machen können. Seitdem ich wieder hier bin, hab ich Schmerzen im Knie.“
„Das ist nicht gut …“, sage ich besorgt.
„Nein. Kommt wohl daher, dass ich von Österreich nach Hamburg durchgefahren bin und nur Tank- und Klopausen gemacht habe.“
„Du bist ja verrückt!“
„Ich wollte halt nach Hause.“
„Das kann ich natürlich verstehen.“
Nachdem er aufgegessen hat, nimmt er erneut meine Hand und wir verlassen schlendernd den Hamburger Dom. Ich weiß nicht, wo er als nächstes hin möchte, frage aber auch nicht nach. Wir überqueren die Ampel, die zum Kiez führt. Die entgegengesetzte Richtung zu seinem Auto. Ich bin doch zu neugierig …
„Was machen wir jetzt?“
„Wir gehen in die Alm, in der Lars und ich arbeiten. Ich hole den Wohnungsschlüssel ab“, zwinkert er mir zu.
„Okay. Warum wohnst du eigentlich nicht bei Fabian?“
„Fabian wohnt zu weit weg. Das mit Lars geht aber auch nicht auf längere Sicht. Das Zimmer ist für uns zwei zu klein und er selbst muss demnächst eine neue Wohnung finden, da sein WG-Kollege keine Lust mehr auf ihn hat. Für mich ist das auch kein Zustand. Die haben nicht mal eine anständige Küche. Kaum Geschirr. Lars erhofft sich leider, dass ich mit ihm zusammen eine WG gründe, aber darauf habe ich gar keinen Bock. Der ist wirklich sehr anhänglich. Bin froh, dass er arbeiten muss und ich jetzt Zeit mit dir verbringen kann. Nachher hab ich ihn dann nur ein paar Stunden an der Backe.“
Mein Herz erfreut sich über die Tatsache, dass er anscheinend wirklich gerne mit mir Zeit verbringt. Obwohl neben meinem Herzen bestimmt das Teufelchen sitzt und irgendwelche Knöpfe drückt …
„Also seid ihr gar keine dicken Freunde?“, fahre ich mit meiner Ausfragerei fort.
„Er ist an sich voll in Ordnung. Bin ihm auch dankbar, dass er mir den Job vermittelt hat. Aber er ist halt nicht das hellste Licht. Du hast ihn ja gesehen … Er stofft, trainiert nicht anständig und frisst nur Scheiße. Da frage ich mich, wieso er überhaupt stofft. Er steht in der Umkleide immer vor dem Spiegel, post und feiert sich selber. Seine Körperhaltung ist total für den Arsch, weil er meint, sich aufplustern zu müssen, um breiter auszusehen. Dadurch, dass er die Schultern so hochzieht, ragt sein Kopf viel zu sehr nach vorn.“
„Hast du ihm das mal gesagt, dass das nicht gut aussieht? Mir ist vorhin direkt aufgefallen, dass er gerne wie ein richtiger Kerl wirken möchte, aber das tut er nicht. Dadurch, dass er sich Gedanken darüber macht, wie er in der Außenwirkung cool wirkt, passiert das Gegenteil.“
„Nein, ich muss keinen Stress mit ihm anfangen. Er würde das eh nicht einsehen. Er meint ja auch, dass er mehr Glück bei den Frauen hat als ich. Was ganz offensichtlich nicht der Fall ist.“ Liam rollt mit den Augen.
„Da hat es wohl jemand nötig, sein Ego mit Lügen zu stärken.“
„Sieht ganz so aus. Der wird gleich doof gucken, wenn ich mit dir da antanze und den Schlüssel abhole.“ Er grinst schelmisch. Das scheint ihm zu gefallen.
„Die anderen Leute glotzen uns beide auch sehr neidisch an“, sagt er stolz. Ich runzle die Stirn.
„Ja, wahrscheinlich, weil ich halbnackt über den Kiez laufe mit einem braungebrannten, muskulösen Typen … Die denken bestimmt, dass ich hier arbeite und du mein Zuhälterfreund bist“, ziehe ich das Ganze ins Lächerliche.
Wie er darauf kommt, dass die anderen Menschen neidisch auf uns sind, verstehe ich nicht. Eigentlich ist er in der Hinsicht nicht besser als Lars. Er redet sich Dinge ebenfalls gerne schön, um sein Ego zu pushen.
„Haha. Kann auch sein. Aber wir sehen schon gut zusammen aus. Dein Bauch lässt sich eben wunderbar präsentieren.“
Oh! Ein Kompliment.
„Danke“, sage ich trocken, aber mit einem Grinsen.
Er sagt nichts, was wahrscheinlich daran liegt, dass sein Fokus auf die Boutique Bizarre gefallen ist.
„Wollen wir mal reinschauen?“, fragt er mich in einem Ton, der keine andere Antwort als ein Ja akzeptiert. Eigentlich hätte er mich gar nicht fragen brauchen. Vor allem, da ich selbstverständlich mit ihm in dieses Geschäft möchte!
Als wir die Treppen in die Fetischabteilung heruntergehen, begleitet mich eine unglaubliche Vorfreude. Ich erwarte nicht, dass wir etwas Neues kaufen. Für mich reicht schon die Tatsache, dass wir uns gemeinsam Dinge anschauen, die wir benutzen könnten. Zukünftig.
Wir bleiben direkt in dem kleinen Flur stehen, von dem der Raum zu den Dessous abgeht, wie auch der Raum, in dem sich die extremeren Toys, Filme, Latex- und Lederbekleidungen befinden.
Zwischen den beiden Bereichen ist eine Vitrine in die dunkelgraue Wand eingebaut, in der besonders teure Dinge ausgestellt sind.
Liams Blick fällt auf eine Gerte mit einem Diamanten besetzten Griff.
„Ich wüsste, wem das gut gefallen würde. Sie steht total auf alles, was glitzert“, kommentiert er das edle Toy.
Für einen kurzen Moment sucht mich ein merkwürdiges Gefühl heim. Hat er eine andere? Hat er eine in Österreich kennengelernt? Sofort verbanne ich diese Gedanken, denn immerhin würde er den Tag sonst nicht mit mir verbringen und vor allem würde er nicht Händchen mit mir halten. Bestimmt denkt er dabei an eine Freundin, die in der SM-Branche arbeitet. Nur war in seinen Worten keine Gleichgültigkeit zu spüren; es war nicht einfach bloß dahergeredet. In seiner Stimme lag ein Hauch von Emotion. Dennoch kann ich mich täuschen.
Wir gehen weiter zu den Schlagwerkzeugen. Den Floggern, Paddeln und Gerten. Als ich die Stränge eines der Flogger über meine Handfläche fahren lasse, steht Liam dicht hinter mir. Sehr dicht. Ich spüre seinen Oberkörper an meinem Rücken.
„Gefällt dir das?“, flüstert er mir leise von hinten ins Ohr. Ich nicke.
„Das dachte ich mir.“ Meine Armhärchen richten sich auf. Er weiß einfach, wie man eine erotische Spannung aufbaut.
„Hattest du hier nach Halsbändern geschaut?“
Ich richte meinen Blick nach oben. Diese hängen über den Peitschen an einer Stange.
„Ja. Genau. Damals hatte ich dir ein Bild von einem geschickt, was für mich in Ordnung gewesen wäre, aber eben nicht wirklich meinen Geschmack traf.“
„Die Auswahl ist wirklich nicht rosig. Du hast noch immer keines?“
„Nein, leider nicht“, sage ich kleinlaut.
„Dann suche weiter. Du wirst schon eines finden, was dir gefällt“, ermutigt er mich.
„Und, was dir gefällt“, ergänze ich.
„Es wird mir schon gefallen, wenn du dich damit wohl fühlst.“ Schöne Antwort.
„Was ist das?“ Ich habe mich vor einen Schrank gehockt. Eine Glasscheibe trennt mich von den skurrilen Dingen, die dort hell beleuchtet liegen. Er beugt sich zu mir und legt mir seine Hand auf meinen Rücken. Mir gefällt es, dass er den Körperkontakt zu mir sucht. Das gibt mir ein sicheres Gefühl.
„Das sind Stäbe, die sich der Mann in die Eichel einführen kann. Die gibt es in verschiedenen Größen“, erklärt er.
„Autsch. Tut das nicht weh?“, frage ich nach.
„Haha. Na sicher doch. Das ist ja der Sinn der Sache. Obwohl die dünneren bloß drücken und nicht wirklich wehtun. Ist schon ein geiles Gefühl. Also es geht in die Richtung Lustschmerz“, amüsiert er sich über mich. Ich habe den Eindruck, dass es ihm gefällt, wenn ich Fragen stelle, die er mir beantworten kann und wenn ich naiv bin. Manchmal sage ich Sachen, da frage ich mich, warum ich das gerade gesagt habe. Denn ich weiß ganz genau, dass meine Frage oder Aussage dumm ist.
Als würde ein Teil von mir wollen, dass Liam mich nicht als intelligente, selbstsichere Frau wahrnimmt, sondern als ein unwissendes, unsicheres Mädchen. Damit er sich überlegen fühlt? Damit ich mich ihm unterlegen fühle und somit zu ihm als dominanten Mann aufblicken kann? Ich habe keine Ahnung, wieso ich das tue. Wieso ich mein Licht unter den Scheffel stelle …
Liam klärt mich noch über ein paar der Werkzeuge auf. Zeigt mir überdimensionale Plugs, wirft mir einen frechen Blick zu, den ich mit einem „Komm-nicht-auf-dumme-Ideen-Blick“ erwidere.
„Keine Sorge. Du weißt, dass ich es nicht übertreibe mit dir.“
„Ja, ich weiß.“
Ich schmiege mich an seinen starken Oberarm.
„Gut. Die Plugs und den Rohrstock hast du noch nicht gekauft, oder?“
„Nein. Ich dachte ja, dass du später wiederkommst …“, begründe ich den Nichtkauf.
„Passt schon. Aber du wirst das noch besorgen.“
„Ja, werde ich.“ Ich habe nicht wirklich vor, mir diese Sachen zu kaufen …
Das wäre beinahe so, als würde ein zum Tode Verurteilter seine eigene Todesspritze vorbereiten. Ja, der Vergleich ist extrem. Dennoch fände ich es schöner, wenn er diese Dinge besorgen würde …
Wir verlassen das Geschäft, ohne etwas gekauft zu haben. Immerhin hat er überwiegend meine Hand gehalten und wir waren uns nahe. Mir hat der kurze Abstecher gefallen.
Ein paar Meter vor der Bar, lässt er meine Hand allerdings los. Was mir zeigt, dass er definitiv nicht will, dass sein Freund denkt, dass zwischen uns mehr läuft als Sex.
Diese Tatsache sorgt dafür, dass ich mich ein wenig wie ein Flittchen fühle.
Wir betreten die dunkle Bar, in der nur wenige Gäste sitzen. Um genau zu sein: ein Gast. Schlagermusik läuft, die einen Fluchtinstinkt in mir auslöst. Hoffentlich bleiben wir nicht zu lange.
Liam begrüßt seinen Kollegen und setzt sich auf einen der hölzernen Hocker an der Theke. Ich setze mich neben ihn und begrüße Lars mit einem kurzen „Hallo“.
Ich habe es zur Kenntnis genommen, dass sein Blick direkt auf meine nackte Haut fiel, als wir den Laden betreten haben. Das Gefühl, ein Flittchen zu sein, wurde dadurch verstärkt.
Liam hält einen kurzen Small Talk mit ihm und verabschiedet sich dann aufs Klo.
Lass uns bitte nicht alleine! Dieser unangenehme Moment des Schweigens. Ich rede nicht mit Lars. Er nicht mit mir. Verlegen schaut er auf den Fernseher, der sich hinter der Bar an der Wand befindet. Es läuft ein Fußballspiel. Ich krame in der Zeit mein Handy aus der Handtasche und tue so, als würde ich meine Nachrichten checken. Dabei habe ich keine einzige empfangen …
Liam braucht viel zu lange. Wahrscheinlich muss er groß. Das ist wieder klar, dass ich mir über so was Gedanken machen muss. Innerlich verdrehe ich die Augen und versuche, das Bild von Liam, auf dem Klo sitzend und sein großes Geschäft verrichtend, loszuwerden. Als er wiederkommt, kann ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. Glücklicherweise merkt er es nicht und fragt somit nicht, was ich so lustig finde.
„Wollen wir?“ Er legt seine Hand auf meinen unteren Rücken.
„Sofort. Ich muss auch eben auf die Toilette.“
Besser hier als bei Lars in der Wohnung …
Während ich meine Blase entleere, frage ich mich, ob er und Lars gerade über mich sprechen. Das werde ich wohl nie erfahren …
Als ich die Treppen hochkomme, sehe ich, wie die beiden auf den Bildschirm starren.
Dabei kann Liam eigentlich nichts mit Fußball anfangen. Möglicherweise hatten sie keinen Gesprächsstoff.
„Wir sehen uns dann später, Diggi!“, verabschiedet er sich von Lars.
„Tschau und viel Spaß euch beiden!“
Unangenehmes Gefühl, zu wissen, dass er ahnt, was Liam und ich nun vorhaben. In seinem Zimmer.
„Wir fahren mit dem Auto hin. Ansonsten müsste ich es später holen und darauf habe ich keine Lust. Außerdem muss ich dringend tanken“, sagt er, nachdem wir die Alm verlassen haben.
„Okay.“
Ein paar Meter hinter der Bar nimmt er meine Hand. Dadurch fühle ich mich ein wenig besser.
Die Touristen, die draußen sitzen und ein kühles Astra genießen, scannen uns von oben bis unten ab. Es ist so auffällig, dass selbst mir das nicht entgeht.
Ich versuche, die Blicke auszublenden. Im Gegensatz zu Liam möchte ich nicht auffallen.
Als wir im Auto sitzen, erwarte ich, dass ich irgendetwas tun muss, um meine Lust in Fahrt zu bringen, aber Liam fährt direkt zur Tankstelle, fragt mich, ob ich etwas aus dem Shop haben möchte, was ich dankend ablehne, bringt sich selbst die obligatorischen Energydrinks mit und fährt uns dann zu Lars Wohnung, die wir nur wenige Minuten später erreichen.
Wir befinden uns in der Nähe der S-Bahn Königsstraße. Hier kenne ich mich nicht aus. Aber es ist grüner, als ich gedacht habe. Dafür, dass wir uns in der Nähe der Reeperbahn befinden, wirkt die Straße ziemlich ruhig.
Die WG liegt im Erdgeschoss. Endlich mal keine endlosen Stufen, die erklungen werden müssen …
Wir stehen in einem viereckigen Flur, von dem alle Zimmer abgehen. Liam geht direkt in Lars Zimmer. Eine Wohnungsführung gibt es nicht.
Ich folge ihm. Der Raum ist super klein. Rechteckig geschnitten. Am Zimmerende ist das Fenster. Davor steht ein hohes, großes Bett, rechts von uns ein kleines Sofa und links ein Fernseher auf einer niedrigen Kommode. Ich erblicke die Playstation.
„Zockt ihr gemeinsam?“, unterbreche ich die Stille.
„Ja, mehr kann man hier auch nicht machen. Wir verbringen für meinen Geschmack zu viel Zeit zusammen, da hat man kaum noch etwas, worüber man quatschen kann.“
„Und wo schläfst du hier? Ihr schlaft nicht zusammen in dem Bett, oder?“, frage ich naiv.
„Haha. Natürlich nicht! Hier. Auf dem Sofa.“ Er deutet mit seiner Hand auf die viel zu kurze Schlafgelegenheit.
„Da passt du aber nicht ganz drauf …“
„Gut erkannt. Daher will ich hier schnellstens raus. Das ist kein Zustand.“
„Kannst du so überhaupt schlafen?“
„Ich muss halt mit meinem Kopf am Bettende schlafen. Also sozusagen an seinen Füßen, damit meine Füße über den Rand zur Tür ragen können. Viel schlafen tue ich ja eh nicht.“
„Das klingt definitiv nicht angenehm“, sage ich mitfühlend.
Ich frage mich, ob wir nun in Lars Bett Sex haben werden und erhalte direkt eine Antwort.
„Ist es auch nicht. Lars ist nicht davon begeistert, dass du jetzt hier bist. Noch ein Grund, eine eigene Wohnung zu finden. Sein Bett ist tabu.“ Liam geht an eine Sporttasche, die hinter der Tür verstaut liegt, und holt ein Handtuch hervor, welches er auf seinem Schlafplatz auslegt.
Nun weiß ich, wo das Spektakel stattfinden wird. Leider ist die Erregung von vorhin längst verflogen. Ich bedaure es sehr, dass wir nicht direkt da weitermachen können, wo wir aufgehört haben.
Ich hätte gerne erfahren, wohin mich diese neu empfundene Lust geführt hätte.
In der Möglichkeitsform zu denken, ist reine Zeitverschwendung. Ich sollte mich auf das Jetzt konzentrieren und nicht den vergangenen Gefühlen hinterhertrauern.
„Hol mal aus dem Kofferraum die weiße Tüte. Die hab ich vergessen.“ Liam drückt mir den Autoschlüssel in die Hand.
„Warum gehst du nicht selbst?“ Ein Blick genügt …
„Okay, ich gehe eben“, sage ich schnell, bevor es Ärger gibt. „Klingel nicht, sondern klopf ans Fenster. Die Klingel funktioniert nämlich nicht.“
„Komme ich da denn an?“
„So klein bist du nicht. Los jetzt.“
Ohne etwas zu entgegnen, setze ich mich in Bewegung.
Natürlich bin ich mal wieder zu blond und habe Probleme, den Kofferraum aufzubekommen. Da ich nicht zu lange wegbleiben will, damit Liam nicht nachfragt, was ich getrieben habe, setzt mich das nur noch mehr unter Druck, aber ich bekomme das Schloß auf gut Glück entriegelt. Ich greife nach der weißen Tüte und bin mir sicher, dass es sich dabei um die altbekannte Wundertüte handeln muss.
Er will also nicht bloß mit mir vögeln …
Ich schließe das Auto wieder ab und gehe zurück zum Haus. Ohne Weiteres komme ich allerdings nicht an das Fenster. Liam hat meine Größe überschätzt. Ich stelle mich auf die Zehenspitzen und klopfe zweimal gegen das schmutzige Glas. Wenige Sekunden später ertönt der Türsummer.
Langsam bilden sich kleine Ameisen in meinem Bauch. Das Kribbeln der Vorfreude.
„Und? Alles geklappt?“, empfängt er mich im Flur. Leider noch vollkommen bekleidet. Sein T-Shirt hätte er gerne schon mal ablegen können.
„Klar!“ Ich überreiche ihm die Tüte und seinen Autoschlüssel.
„Prima.“ Er geht in Lars Zimmer. Ich folge. Er setzt sich auf das Sofa und legt die Tüte neben sich ab.
„Zieh dich aus.“ Der tiefe Klang, der aus seiner Kehle ertönt, durchdringt mich.
Schon damals habe ich keine Unsicherheit gefühlt, als ich mich in seiner WG in Harburg entkleiden sollte. Doch war damals eine unterbewusste Unsicherheit vorhanden. Jetzt fühle ich mich anders. Wesentlich sicherer. Was daran liegen mag, dass ich ihm Aufnahmen von mir geschickt habe, die mich nach meinem Empfinden nicht gerade vorteilhaft präsentiert haben und da er nun dort sitzt, mich lüstern anschaut, ist es ziemlich klar, dass ich mich definitiv für nichts schämen brauche.
Würde ihn etwas stören, wäre ich nicht hier.
Es sei denn, er ist total notgeil und bekommt nichts Besseres ab … Mein Engelchen gönnt mir Liams Interesse nicht. Ich bin eine gute Partie. Notgeil ist er, aber das heißt nicht, dass er mich nur für sexuelle Zwecke benutzt. Er muss mich mögen.
Bevor mich meine Gedanken wieder davon abhalten, Lust zu empfinden, stelle ich sie ab und konzentriere mich nur noch auf Liam und mich.
„Sehr schön“, kommentiert er meinen nackten Körper.
„Komm her. Beug dich vor.“ Seine Anweisungen gibt er von sich, während er mit der Tüte in der Hand aufsteht. Ich suche Halt an der Rückenlehne des Sofas.
„Die Nippelklemmen sind noch im Auto?“
„Ja, die hatte ich nicht mitgenommen. Die liegen noch vorne im Handschuhfach.“
„Hm. Ok. Egal.“ Ich bin froh, dass sie im Auto liegen. Meine Nippel sind bereits wund genug. Meine Pussy erhofft sich ein Wiedersehen mit dem großen schwarzen Gummidildo.
Eine G-Punkt Massage wäre jetzt genau das Richtige. Doch es kommt anders. Ganz anders.
„Ahhh!“, schreie ich laut auf und werde dann ganz leise. Mein Puls erhöht sich schlagartig. Meine Nägel vergraben sich im Material der Couch. Das ist definitiv nicht der Dildo, der in meiner Vagina steckt. Ich vermute, dass es sich dabei um den Analplug handelt. Es sei denn, Liam hat sich in der Zwischenzeit ein paar neue Toys zugelegt.
„Das tut verdammt weh!“, jammere ich.
„Stell dich nicht so an“, zeigt er keinerlei Mitgefühl.
„Ohne Spaß. Es tut echt weh.“ Dieses Druckgefühl ist mit das unangenehmste, was ich je gefühlt habe. Beinahe schlimmer als meine Analentjungferung. Beinahe? Definitiv ist es schlimmer! Das gleicht wahrscheinlich der Praktik Fisting. Ob es sich so anfühlt, wenn man ein Kind gebärt? Dann möchte ich noch weniger Kinder haben, als es jetzt schon der Fall ist.
„Fühlt es sich kein bisschen gut an, so ausgefüllt zu sein?“, fragt er nach; die Erregung in seiner Stimme ist kaum zu überhören.
„Nein. Überhaupt nicht. Kein Fünkchen.“
„Entspann dich und versuche, dich daran zu gewöhnen“, bleibt er stur.
Der Schmerz lässt tatsächlich ein wenig nach, aber der Druck bleibt. Wenn ich mich bewege, wird der Schmerz mit Sicherheit aufs Neue entfacht.
„Kannst du das Ding bitte rausnehmen? Bitte, Sir“, winsele ich.
„Wenn du feiern gehst, wirst du das Teil tragen, damit kein anderer Kerl dich ficken kann“, klingt es bestimmend aus seiner Kehle.
„Mit dem Teil kann ich mich kein Stück bewegen. Ich würde also direkt zu Hause bleiben“, argumentiere ich zickig.
„Noch besser.“ Erneut zeigt er mir ein eifersüchtiges Verhalten. Hör hin, Engelchen. Ich muss ihm etwas bedeuten. Ansonsten wäre es ihm total egal, ob ich mit einem anderen vögle.
Er will dich nicht teilen, weil du ihm so sehr am Herzen liegst, sondern weil du bloß sein Besitz bist. Sein Spielzeug. Kein Kind teilt sein Spielzeug gerne mit anderen, kontert es.