Kitabı oku: «Das Gassi-Buch für besondere Hunde»
(Foto: Archiv Lismont/Daphne Mpaltsidis)
Katrien Lismont
DAS
Gassibuch
FÜR BESONDERE
HUNDE
Haftungsausschluss:
Autorin und Verlag haben den Inhalt dieses Buches mit großer Sorgfalt und nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Für eventuelle Schäden an Mensch und Tier, die als Folge von Handlungen und/oder gefassten Beschlüssen aufgrund der gegebenen Informationen entstehen, kann dennoch keine Haftung übernommen werden.
IMPRESSUM
Copyright © 2020 Cadmos Verlag GmbH, München
Covergestaltung: Gerlinde Gröll
Grafisches Konzept: www.ravenstein2.de
Satz: DAS AGENTURHAUS Werbe und Marketing GmbH
Coverfoto: Archiv Lismont/Daphne Mpaltsidis
Fotos im Innenteil: Katrien Lismont, Archiv Lismont/Daphne Mpaltsidis, Jürg Marti
Lektorat: Maren Müller
Deutsche Nationalbibliothek – CIP-Einheitsaufnahme
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten.
Abdruck oder Speicherung in elektronischen Medien nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung durch den Verlag.
ISBN: 978-3-8404-2057-3
eISBN: 978-3-8404-6484-3
INHALT
Zum Geleit
Einleitung
Was sind „besondere“ Hunde?
Was hat Gassigehen mit Verhaltenstraining zu tun?
Was genau können Gassirunden bewirken?
Was bedeutet Stress im Alltag?
Ein ganzheitlicher Ansatz
Verhalten als Symptom
Gassi-Basics: Womit, wann, wie lange, mit wem …?
Die Ausstattung für Mensch und Hund
Safety first – Rituale für mehr Sicherheit und Struktur
Wie soll die Gassirunde aussehen?
Wer geht (mit) Gassi?
Weitere vorbereitende Gedanken zur gelungenen Gassirunde
Umgang mit dem Hundeverhalten nach dem ABC-Prinzip
Die Zeit zwischen den Spaziergängen
Begegnungen mit frei laufenden Hunden
(Foto: Archiv Lismont/Daphne Mpaltsidis)
Wichtige Fähigkeiten für unterwegs
Autonome Aufmerksamkeit und Andocken
Umorientierung
Hand-Touch
Lockere Leine
Warten
Rückruf
Ableinen und Anleinen
Weiter (kombiniert mit einer Verlorensuche)
Not-Sitz
An die Seite
Stille im Kopf und Körper – Erregung abbauen
Balanceleine
Stoppen und stehen bleiben
Sitz auf Distanz
Begegnungen unterwegs meistern
Was ist BAT?
BAT beim Spaziergang
Freilauf mit anderen Hunden
Pimp up your Gassi
Körpererfahrungen
Unterschiedliche Suchaufgaben für jederhund
Übungen für eine bessere Verständigung
Entspannung und Pausen
Schlusswort
Danksagung
Tipps zum Weiterlesen
Stichwortregister
(Foto: Jürg Marti)
ZUM GELEIT
„Ein fundiertes Buch, das nicht die Schwächen des Hundes ins Zentrum der Mensch-Hund-Partnerschaft stellt, sondern die Qualitätszeit mit Hund!“ – sind meine ersten Gedanken zum vorliegenden Werk. Endlich ein Buch, das alltägliche Spaziergänge beleuchtet. Ein Buch, das erklärt, wie Sie selbst die Partnerschaft zu Ihrem Hund stärken und als klug agierende Hundeausbildende aktiv werden können.
Obwohl Besitzer mit „besonderen“ Hunden angesprochen werden, gehört dieses Buch meines Erachtens unbedingt in jeden Haushalt mit Hund: „Einfachere“ Hunde profitieren, weil Schwierigkeiten und damit verbundenen unerwünschten Verhaltensweisen vorgebeugt wird, „besondere“ Hunde werden entlastet und lernen, für sie schwierige Situationen auf ihren Spaziergängen anders, gelassen und mit Vertrauen zu bewältigen.
Wie wunderbar die Partnerschaft zwischen Mensch und Hund auf der alltäglichen Gassirunde mit kluger Voraussicht positiv beeinflusst werden kann, zeigt Katrien Lismont, indem sie alle wesentlichen Themen anspricht und die zu entwickelnden Kompetenzen von Mensch und Hund erklärt. Dieses Buch wird Ihnen helfen, Spaziergänge mit den Augen Ihres Hundes wahrzunehmen. Sie lernen Übungen, Möglichkeiten für geeignetes Handling und auch artgerechte Beschäftigungsmöglichkeiten kennen, die mit viel Freude leicht umsetzbar sind.
Auf meinen Spaziergängen mit meinem eigenen Hund erlebe ich täglich Situationen, die aus meiner Sicht als Hundetrainerin und Hundeverhaltensexpertin vermeidbar wären, würde dem Zweibeiner am Ende der Leine das entsprechende Wissen vermittelt und dabei das eigene Einfühlungsvermögen, das eigene Bauchgefühl im Umgang mit dem Hund, nicht verschüttet, sondern weiter gestärkt.
Nicht selten vermisse ich während Begegnungen die förmlich spürbare Verbundenheit des Menschen mit seinem Hund. Dieses Buch kann helfen, diese Verbundenheit (wieder) wahrnehmen zu lernen, zu leben.
Sie halten ein Werk in Ihren Händen, das nicht von Methoden spricht, sondern von Ihrem Hund. Es vermittelt eine Lebenseinstellung, geprägt von Aufmerksamkeit und Freundlichkeit.
Im Mittelpunkt der Spaziergänge steht die Hundepersönlichkeit, die Sie in Ihrem Alltag begleitet. Katrien Lismont erklärt, dass Hundeverhalten nicht urplötzlich vom Himmel fällt, sondern dass es Gründe dafür gibt, die mit Weitsicht verstanden werden sollten, um Situationen sinnvoll gestalten, positiv leiten und freundlich begleiten zu können.
Wir wissen, dass Lernen jederzeit stattfindet. Und so sind Spaziergänge besonders geeignet, unterschiedlichen planbaren, aber auch nicht planbaren Situationen zu begegnen. Dem Hund werden fortwährend Lernräume geöffnet, die es ihm ermöglichen, bei Bedarf mit verständnisvoller Begleitung körperlich wie mental stärker zu werden. In diesem Buch wird nicht einfach von Beziehung und Bindung gesprochen, sondern gezeigt, wie diese gelebt werden.
Tauchen Sie ein in die folgenden Zeilen, machen Sie sich auf den Weg zu Ihrem starken Mensch-Hund-Team. Lernen Sie eine Art von Spaziergängen kennen, die Ihre und die Augen Ihres Hundes glänzen lassen werden!
Das besondere Gassibuch von Katrien Lismont ist ein unentbehrliches Werk in der Hundebuchbibliothek. Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre und wunderbare Spaziergänge mit Ihrem treuen Freund!
Eva Zaugg ist eine Hundetrainerin aus der Schweiz, die sich seit Jahrzehnten für einen freundlichen Umgang mit Hunden und positive Trainingsmethoden einsetzt.
(Foto: Archiv Lismont/Daphne Mpaltsidis)
EINLEITUNG
Dieses Buch „lebt“ schon lange in mir und wollte nun endlich geschrieben werden. Denn täglich – während ich mit meinen eigenen Hunden draußen unterwegs bin, aber auch in den zahlreichen Erstgesprächen mit Kundinnen und Kunden – überlege ich mir, wie sich die regelmäßigen gemeinsamen Spaziergänge sinnvoller nutzen und gestalten lassen.
Hier soll es nun vor allem um verhaltensauffällige Hunde gehen: Hunde, die sich, an der Leine oder im Freilauf, reaktiv oder gar aggressiv verhalten, die mit sämtlichen oder bestimmten Umweltreizen überfordert sind oder die oftmals ihre Aufmerksamkeit überall, nur nicht bei ihrem Menschen haben und immer wieder ihren Radius stark vergrößern. Häufig treten diese Themen in Kombination auf, denn sie sind Symptome für kleinere und größere tiefer liegende Probleme.
Die täglichen Gassirunden sind für die meisten Hundehalter ein festes Ritual, das sehr zuverlässig eingehalten wird. Fragt man aber nach der Gestaltung dieser Runden, hört man leider allzu oft: „Wir laufen halt“, oder: „Wir spielen Bällchen, das liebt er.“ Das finde ich schade, denn man könnte diese gemeinsamen Momente so viel sinnvoller nutzen. Spaziergänge sollten, vor allem für den Hund, aber auch für seinen Menschen, die Highlights im Alltag sein. Schließlich verbringen unsere Hunde in der Regel den Rest des Tages damit, zu schlafen, zu ruhen, auf uns zu warten und geduldig, still und möglichst unauffällig zu sein. Qualitätszeit mit dem Menschen, interessante Aufgaben für Kopf und Körper sowie das Sammeln von Input aus der Umwelt, kurz gesagt, das Aktivieren aller Sinne – das alles kann, neben Bewegung an der frischen Luft, in einer Gassirunde stecken.
Mit einem „besonderen“ Hund ist es oft besser, möglichst ruhige Strecken zu wählen. Hier kann man prima trainieren und mit wenig Aufwand für interessante Abwechslung sorgen. (Foto: Katrien Lismont)
Ich möchte Ihnen zeigen, wie Sie Ihre Spaziergänge in Zukunft gezielt und nachhaltig dazu nutzen können, unerwünschtes Verhalten Ihres Hundes positiv zu verändern. Dabei ist es nicht meine Absicht, Ihnen genaue Vorgaben für gelungene, wirkungsvolle Gassirunden zu machen. Mein Ziel ist vielmehr, für Sie ein Fenster aufzustoßen, durch das Sie einen neuen Blick auf das Verhalten und das Wohlbefinden Ihres Hundes bekommen. Ich möchte Sie mit den hier aufgeführten Ideen dazu motivieren, Ihre Spaziergänge für Ihren Hund (und nicht zuletzt auch für sich selbst) abwechslungsreich, kreativ und effektiv zu gestalten. Was genau Sie durch dieses weit geöffnete Fenster wahrnehmen und aus dem Buch für sich und Ihren Vierbeiner mitnehmen, liegt ganz allein in Ihrer Hand.
Mein Motto beim Training lautet: Keep it simple! Ich möchte Ihnen einige einfache Übungen mit auf den Weg geben, die Kooperation und Zuverlässigkeit fördern, sowie Ideen vorstellen, wie sich unterwegs ohnehin Vorhandenes für mehr Abwechslung und auch zum Trainieren eines besseren Körpergefühls nutzen lässt. Letztlich geht es bei all dem darum, dass sich das Zusammensein mit Ihnen für Ihren Hund lohnt. Und da ein bisschen Planung gerade bei besonderen Hunden von Vorteil ist, finden Sie auch Anregungen zur Streckenwahl, der Dauer eines Spaziergangs, der geeigneten Begleitung und vielen weiteren Aspekten. Bedenken Sie bei der Umsetzung all dieser Vorschläge jedoch, dass jeder Hund anders ist und andere Bedürfnisse hat. Haben Sie also den Mut, das hier Beschriebene ganz individuell für sich und Ihren Vierbeiner zu nutzen.
Was sind „besondere“ Hunde?
Obwohl ich keine Berührungsängste mit der Bezeichnung „verhaltensauffällige Hunde“ habe, wähle ich hier lieber das Wort „besonders“, einerseits, um eine negative, einschränkende Wertung zu vermeiden, und andererseits, weil es vom Lebensumfeld eines Hundes abhängt, inwieweit ein Verhalten als auffällig bewertet wird. In diesem Buch geht es vor allem um Hunde, die, wie ich es nenne, „großes Verhalten“ zeigen. Hiermit meine ich Hunde, die sehr leicht reizbar sind, laut, körperlich und kraftvoll auf Reize reagieren und ihre Menschen damit fast täglich an ihre Grenzen bringen. Verhalten, das im Alltag mehr oder weniger stark belastend ist, obwohl all diese Hunde von ihren Haltern gern gemocht oder sogar innig geliebt werden. Selbstverständlich gibt es auch andere Verhaltensweisen, die draußen zu starken Einschränkungen führen, beispielsweise Jagdverhalten. Diese mit einzuschließen, würde jedoch den Rahmen dieses Buches sprengen.
LEINENREAKTIVE HUNDE
Hunde, die sich hauptsächlich an der Leine anderen Hunden und auch Menschen gegenüber reaktiv verhalten, sind mein Steckenpferd. Man könnte meinen, dass dieses Verhalten kein großes Problem darstellt, weil man als Lösung nur die Leine wegnehmen muss. Leider funktioniert das im Alltag nicht. Ja, die Leine ist der Kern dieses Problems, aber nein, die Leine wegnehmen ist nicht die Lösung. Es gibt nun mal viele Situationen, in denen ein Hund angeleint sein muss. Zudem ist nicht jeder leinenreaktive Hund im Freilauf komplett unproblematisch. Schafft Ihr Hund es wirklich, jede Situation im Freilauf zu lösen? Haben Sie ihn und seine Körpersprache immer im Blick? Haben Sie bei Begegnungen mit Artgenossen auch den anderen Hund im Blick? Und was bedeutet es für den anderen Hund, wenn er Ihrem frei laufenden Hund begegnet? Wie kommen beide Hunde aus dieser Situation heraus? Und was macht es mit den beiden im Hinblick auf die nächsten Begegnungen ohne oder mit Leine? Viele Fragen, zu denen Sie im Kapitel „Freilauf“ mehr erfahren.
Selbst wenn leinenreaktive Hunde nicht unbedingt aggressiv und gefährlich für andere Lebewesen sind, können wir als Hundehalter mit einem solchen Hund zu einem Risikofaktor im öffentlichen Verkehr werden. Wir begegnen Spaziergängern mit Kind und Hund, Joggern, Reitern, Radfahrern und Fahrzeugen. Um Schaden anzurichten, kann es genügen, wenn der Hund sich Angst einflößend auf einen Verkehrsteilnehmer zubewegt, auch wenn sein lautes, bedrohliches Verhalten eigentlich nur aussagt, dass er keinen Kontakt haben will, zumindest nicht so schnell und nicht so nahe.
Von derart entspannten Begegnungen mit anderen Verkehrsteilnehmern können Halter von reaktiven Hunden oft nur träumen. (Foto: Archiv Lismont/Daphne Mpaltsidis)
Mit einem leinenreaktiven Hund Gassi zu gehen, gleicht häufig einem Spießrutenlauf. Man überlegt, wer wann wo unterwegs sein wird, malt sich mögliche Begegnungen aus und hofft, dass man weiträumig ausweichen kann. Man ärgert sich über das, was die anderen Hundehalter vermutlich über einen denken, und darüber, wie der eigene Hund betitelt wird. Man fragt sich immer wieder, wie es überhaupt dazu kommen konnte. Die Versuchung ist groß, mit einem solchen Hund nur noch in den eigenen Garten zu gehen, sofern man einen hat. Leider reicht dies für die meisten Hunde nicht aus, denn Leben ist Bewegung und Bewegung ist Leben. Spaziergänge müssen keine großen Touren sein und es muss auch nicht körperlich anstrengend werden, aber tägliche Abwechslung für den Kopf und Auslauf für den Körper über die Grenze des eigenen Gartens oder Hofs hinaus sollten einem Hund schon geboten werden. Es handelt sich um Grundbedürfnisse, denn Hunde sind neugierig, darauf ausgelegt, ihre Nase zu benutzen, und ihr Körper ist dazu gebaut, sich frei bewegen zu können. Wir müssen also mit Rücksicht auf Rasse, Körperbau, Alter und körperliche Befindlichkeit unseres Hundes Gassirunden organisieren, die befriedigend, aber auch zu bewältigen sind.
LEICHT REIZBARE, MIT IHRER UMWELT ÜBERFORDERTE HUNDE
Die generelle Reizbarkeit, die ich in den letzten Jahren im Training immer öfter erlebe und von der nicht nur Auslandstierschutzhunde betroffen sind, ist unter Umständen belastender als ein spezifisch leinenreaktiver Hund. In der Regel sind es Hunde, die über alle Sinne gereizt werden, auch wenn man das als Mensch nicht so genau wahrnehmen oder nachvollziehen kann. Stellen Sie sich vor, wie überfordernd ein ganz normaler Spaziergang sein kann, wenn Reize und Impulse auf einen Organismus einprasseln, der permanent mit ausgefahrenen hypersensiblen Antennen unterwegs ist. Häufig lässt sich schwer einschätzen, ob diese Hunde nun unter Angst, Schmerzen oder dauerhafter körperlicher, emotionaler oder mentaler Erschöpfung leiden, Panikreaktionen zeigen oder so hoffnungslos überfordert und verzweifelt sind, dass sie körperlich reagieren. Ihr autonomes Nervensystem ist permanent auf Alarmstufe Rot, ihr Sympathikussystem läuft ununterbrochen auf Hochtouren (mehr dazu später im Abschnitt „Was bedeutet Stress im Alltag?“).
Wenn nicht alle anderen Faktoren berücksichtigt werden, hilft es bei solchen Hunden wenig, ruhiges Verhalten zu trainieren und unter Signal zu stellen oder in hypoallergenes Futter zu investieren. Die Spaziergänge dahin zu verlegen, wo es besonders belebt ist – mit der Begründung, dass der Hund es ja mal lernen muss –, bedeutet für diese Hunde eine regelrechte Überflutung. Es kann sein, dass sie sich, von außen betrachtet, dann tatsächlich auffällig ruhig verhalten. In Wahrheit liegt das jedoch daran, dass ihr System überlastet ist und dichtmacht. Und wie bei allem im Leben gilt: Wenn ein Aspekt „gedeckelt“ wird, öffnet sich oftmals eine neue Baustelle … die größer ist.
Gassirunden sollten für Hund und Mensch schön und entspannend sein.
(Foto: Archiv Lismont/Daphne Mpaltsidis)
Gassirunden sind nicht dazu da, „gegen“ Ihren Hund zu agieren. Vielmehr geht es darum, seine Möglichkeiten und Fähigkeiten anzusprechen und zu berücksichtigen, egal, wie es um diese gerade bestellt ist. Nötig ist hier zunächst mal ein „Reset“: Spaziergänge sollten nicht mehr mit Erregung, Verunsicherung oder Überwältigung verknüpft werden, sondern mit angenehmen und sogar entspannenden Momenten. Das gelingt einfacher, als man vermutet.
KATRIEN LISMONT
„ES IST DIE ÜBERFORDERUNG WÄHREND DES VORIGEN SPAZIERGANGS, DIE DIE ERREGUNG VOR DEM NÄCHSTEN ENTSTEHEN LÄSST.“
Was will Ihr Hund mit „großem“ Verhalten sagen?
•Ich brauche Hilfe.
•Ich bin mit der Situation überfordert.
•Ich will hier weg.
•Ich möchte, dass die Reize verschwinden.
•Mir geht es nicht gut.
•Mir tut etwas/vieles weh.
•Ich weiß nicht, was du von mir erwartest.
•Ich habe keine Lösung für diese Situation.
•Ich habe versucht, es leiser zu sagen, aber ich fühle mich nicht verstanden.
Was will er Ihnen damit nicht sagen?
•Sorry, aber da muss ich durch.
•Ich habe nur ein wenig Angst.
•Das da ist kein Grund für Angst in dem Ausmaß.
•Ich übertreibe es gern ein wenig, das bringt mir Aufmerksamkeit.
•Ich bin stur und möchte das hier so nicht.
•Ich möchte bestimmen, wie es geht.
•Ich bin ein böser, unerzogener Hund.
•Es hilft mir, wenn du lauter und immer forscher mit mir sprichst.
•Ich brauche eine härtere Hand.
Mit „großem“ Verhalten drücken Hunde häufig aus, dass sie mit einer Situation überfordert sind.
(Foto: Shutterstock.com/alexei_tm)
(Foto: Archiv Lismont/Daphne Mpaltsidis)
(Foto: Archiv Lismont/Daphne Mpaltsidis)
WAS HAT GASSIGEHEN MIT VERHALTENSTRAINING ZU TUN?
Verhalten befindet sich stets im Wandel und Lernen findet immer statt. Unsere Hunde reagieren also ständig auf das, womit sie in ihrer Umwelt konfrontiert werden. Eine Erfahrung, die der Hund heute macht, wird sein Verhalten in der nachfolgenden ähnlichen Situation beeinflussen. Das kann der nächste Jogger auf der gleichen Runde sein, der Nachbarshund bei der Runde am nächsten Tag oder auch der Freilauf mit „Kumpeln“ in der nächsten Woche.
Solche Erlebnisse sind nicht nur Begegnungen mit anderen Artgenossen, sondern bei bestimmten Hunden geht es auch darum, wie sehr der Spaziergang ihren Körper gefordert hat, wie beeindruckend die unterschiedlichen Reize waren und wie gut sie damit umgehen konnten. Die körperliche, emotionale und mentale Fähigkeit jedes einzelnen Hundes beeinflusst ebenfalls, wie er mit schwierigen Situationen zurechtkommt. Das Bestreben aller Hunde ist, unversehrt und mit möglichst wenig Konflikten aus einer Situation herauszukommen. Nicht mehr und auch nicht weniger.
Eins ist sicher: Für jedes Verhalten Ihres Hundes gibt es einen triftigen Grund. Dieser ist nicht zwingend einer genetischen Eigenschaft (seine Mutter war auch so), einem unerklärlichen Charakterzug (die Hunde dieser Rasse sind alle so …) oder seiner Herkunft (Tötungsstation, schlechte Haltung …) zuzuschreiben. Manchmal reicht ein abschüssiger Weg mit grobem Schotter, um Ihren Hund zu einem Sitzstreik zu veranlassen. Vielleicht sind seine Pfoten überempfindlich, weil ihn anderswo im Körper Schmerzen plagen? Oder vielleicht tun ihm die Schultergelenke weh, vor allem bergab. Er will Ihnen mit seinem Verhalten nicht zeigen, wer das Sagen hat oder wer der Stärkere ist. Er möchte weder bestimmend noch bockig oder dumm sein. Er handelt so, wie es für ihn gerade am günstigsten scheint. So passen unsere Hunde Tag für Tag, Gassirunde für Gassirunde ihr Verhalten an. Sie streben ein konfliktfreies, harmonisches Dasein an. Nur verstehen wir häufig ihr Verhalten nicht oder falsch und ergreifen Maßnahmen, um es zu unterbinden oder zu bestrafen. Das ist dann der Punkt, an dem viele Hunde auf Plan B zurückgreifen und zum „besonderen“ Hund werden: weil wir ihre leisen Zeichen übersehen und übergangen haben.