Kitabı oku: «Burn-In statt Burn-Out»
Inhaltsverzeichnis
Copyright
Burn-In statt Burn-Out
Vorwort
Einleitung
Teil 1
Burn-out ist DAS Thema
Was geschieht hier eigentlich?
Alles bloß Chemie?
Burn-out-Phasen
Ratespiel Diagnose
Vom Guten im Schlechten
Behandlungsformen
Gedankenkonstrukte
Morphische Felder
Glauben Sie, was Sie wollen!
Teil 2
Lösungen fokussieren
Meditation führt ins Unbekannte
Burn-In-Übungen
ZEN
Die Kraft der Mantras
Yoga-Übung: Nabho Mudra
Die Dynamische Meditation
Die Kundalini-Meditation
Tai-Chi-Chuan
Autogenes Training
Transzendentale Meditation
Neue Visionen gestalten
Die Kinotechnik
Rückschau halten
Reisen nach innen
Fantasiereisen
Fantasiereise: Kraft der Erde
Der Gedankengarten
Heilung
Ein Ritual
Geschichten & Weisheiten
Der Wettkampf der Frösche
Die sieben Zwerge
Der richtige Ton
Der Indianer am See
Die neun Kühe
Indianische Weisheit
Der Coach des Königs
Die zwei Frösche
Der Steinmetz
Die zwei Spatzen
Die Weisheit der Götter
Brief eines Vaters
Schlusswort und Dank
ANHANG
Der Antreiber-Test
Die Burn-In-Seminare auf Korfu
Über den Autor
Copyright
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Bei möglichen unterschiedlichen Schreibweisen wurde die von der Duden-Redaktion empfohlene Schreibvariante verwendet.
Erstauflage: © 2015 by Dr. phil. Klaus Biedermann
ascoach-coaching-akademie.köln
Neuauflage: © 2016 EchnAton Verlag Diana Schulz e.K.
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf –
auch teilweise – nur mit Genehmigung des
Verlages wiedergegeben werden.
eBook
(1. Auflage Printversion August 2016)
Gesamtherstellung: Diana Schulz
Coverfoto: ©Fotolia, Nadine Dilly
Lektorat: Angelika Funk
ISBN: 978-3-937883-85-4
Klaus D. Biedermann
Burn-In statt Burn-Out
Wie Sie in Balance bleiben
Dieses Buch ist den Teilnehmern der Burn-In-Seminare auf Korfu gewidmet.
—
Meinen Lehrern, auch denen, die noch kommen.
Elleni, Xristos, Kostas und Yiannis Mouzakitis, den großartigen Gastgebern im Gravia, die uns vor Augen führen, was Dankbarkeit bedeutet, und denen keiner unserer Wünsche zu viel ist.
Jürg Willi konstruierte den Satz: »Wenn mann/frau mit seiner/ihrer Partner/in zusammenleben will, so wird er/sie zu ihr/ihm in ihre/seine Wohnung ziehen.« Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung weiblicher und männlicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beiderlei Geschlecht. Dafür bitte ich Leserinnen um ihr Verständnis.
Ein Indianerhäuptling erzählt seinem Sohn
folgende Geschichte:
»Mein Sohn, in jedem von uns tobt ein Kampf
zwischen zwei Wölfen.
Der eine Wolf ist böse.
Er kämpft mit Ärger, Neid, Eifersucht, Sorgen, Gier, Arroganz, Selbstmitleid, Lügen, Überheblichkeit, Egoismus
und Missgunst.
Der andere Wolf ist gut.
Er kämpft mit Liebe, Freude, Frieden, Hoffnung, Gelassenheit, Güte, Mitgefühl, Großzügigkeit, Dankbarkeit, Wahrheit
und Vertrauen.«
Der Sohn fragt: »Und welcher der beiden Wölfe gewinnt?«
Der Häuptling antwortet ihm: »Der, den du fütterst.«
Vorwort
Sehr wahrscheinlich halten Sie dieses Buch im richtigen Moment in Ihren Händen. Ich werde Ihnen unterschiedliche Wege zeigen, die alle auf ein und dasselbe Ziel ausgerichtet sind: Ein Leben in Balance. Da Menschen sehr verschieden sind, kann es ja nicht nur einen Weg geben. Sie dürfen selbst herausfinden, ob die Methoden, die ich hier beschreibe, auch Sie zum gewünschten Erfolg führen. Aus diesem Grund möchte ich eine Bitte an Sie richten: Glauben Sie mir nichts und machen Sie Ihre eigenen Erfahrungen!
Es nützt Ihnen nicht viel, irgendetwas auf Treu und Glauben anzuerkennen. Geglaubt haben Sie in Ihrem Leben genug. Als Sie noch ein Kind waren, mussten Sie mit ganzem Herzen darauf vertrauen, dass das stimmt, was man Ihnen sagte. Ihr Leben hing vielleicht manchmal davon ab. Das gilt heute nicht mehr. In dem Wort Erwachsen steckt auch der Begriff Erwachen – und dazu möchte ich Sie ermutigen. Aufwachen und Erwachen sind nicht dasselbe. Aufwachen tun wir ja in der Regel an jedem neuen Morgen – und dafür genügt ein Wecker. Erwachen hingegen hat etwas mit erweitertem Bewusstsein und dem Sichöffnen für neue Ideen zu tun.
Es ist mitunter schwierig, sich von alten, inzwischen vielleicht sogar lieb gewonnenen Glaubenssätzen und den daraus entstandenen Verhaltensmustern zu verabschieden, weil wir es uns mit ihnen so bequem gemacht haben. Soll die Taube auf dem Dach doch rufen, wie sie will, der Spatz in der Hand hat schließlich auch Federn. Dass unsere Glaubenssätze von den meisten Menschen in unserer Umgebung bestätigt werden, weil diese ganz ähnliche haben, macht das Loslassen nicht gerade leichter. Ins Wanken kommen wir nur dann, wenn wir auf völlig andere Glaubenssysteme treffen. Wir sind so stolz auf unseren freien Willen – aber reisen Sie einmal nach Indien und sprechen mit Hindus darüber. Die werden vielleicht zu Ihnen sagen: »Das mit dem freien Willen ist eure heilige Kuh.«
Einfach nur älter zu werden, reicht nicht aus, um zu erwachen. Dann wäre ja jeder alte Mensch weise. Es nutzt Ihnen auch nichts, Erfahrungen wie Briefmarken zu sammeln. Kurt Tucholsky meinte: »Erfahrung heißt gar nichts, man kann eine Sache auch 35 Jahre lang schlecht machen.« Solange Sie Ihr Erlebtes nicht auch reflektieren, wird das mit der Weisheit nichts. Möge es Ihnen nicht so ergehen wie dem Richter in Tolstois Roman Der Tod des Iwan Iljitsch, der sich auf seinem Sterbebett die Frage stellte: »Wie, sollte denn mein ganzes Leben verkehrt gewesen sein?«
Wir sind stolz darauf, so vieles verstanden zu haben, dabei haben wir nur einen Bruchteil von dieser Welt wirklich begriffen. Wie oft gab es zu den Dingen, die wir meinten durchschaut zu haben, im Laufe unserer Geschichte neue Erkenntnisse! Für sehr lange Zeit hielten die Menschen die Erde für eine Scheibe. Meine Eltern und wahrscheinlich deren ganze Generation waren noch der festen Überzeugung, Milch sei gesund; besonders viel Werbung hatte die Babynahrung für Kälber damals nicht nötig. In der Zukunft wird sicherlich so einiges neu bewertet werden müssen. Wenn wir Menschen wirklich erwachsen wären, würden wir uns den aktuellen Herausforderungen stellen und überprüfen, ob es noch eine Möglichkeit zur Wende gibt. Wir würden nicht so weitermachen wie bisher. Das gilt weltweit, aber auch für jeden Einzelnen von uns, denn nur dort können wir beginnen, etwas zu verändern. Wenn wir erwachen, wird sich das auf die ganze Welt auswirken. Bevor du anfängst, die Welt zu verändern, gehe dreimal durch dein eigenes Haus, sagt ein chinesisches Sprichwort. Daher ist es wichtig, dass Sie sich alle Wege, die zu Ihrer inneren Weisheit führen können, genau betrachten und sich durch eigene Erfahrung vergewissern, ob und wie etwas wirkt.
Sämtliche Verfahren, die ich beschreibe, habe ich selbst ausgeübt, einige praktiziere ich immer noch und viele davon sind Bestandteil der Burn-In-Seminare auf Korfu. Ist es nicht wunderbar, dass es eine solche Vielfalt an Wegen gibt? Diese Vielheit ist ein Menschheitserbe und deshalb so wichtig, weil sie unserem tiefen Bedürfnis nach Entwicklung entspricht. Einfach macht es das nicht gerade. Einige Male drohte auch ich mich im Dschungel der Methoden zu verlaufen; dabei hielt ich manchen Sonnenstrahl, der durch das Blätterdach schien, schon für die ersehnte Erleuchtung. Ich behaupte nicht, alles auf meinem Weg gefunden zu haben, aber ich bin ja auch erst 65 Jahre alt und Zuversicht und Neugierde gehören zu meinen Stärken. Ich bin gespannt, was das Leben mir noch alles zeigen möchte. Heißt es nicht, der Weg sei das Ziel?
Vielleicht finden Sie einiges von dem, was Sie hier lesen werden, überzeichnet, zu undifferenziert, zu pauschal oder zu unwissenschaftlich betrachtet. Doch mit Haarspalterei kommen Sie – wenn es um Ihr Leben geht – nicht sehr weit. Sicherlich lässt sich in jeder Suppe ein Haar finden, spätestens dann, wenn man lange genug seinen Kopf darüber geschüttelt hat. Aber dann hat man die Suppe verpasst. Sollten Sie sich manchmal provoziert fühlen, so ist genau das meine Absicht gewesen, denn durch Provokationen kommt man meist auf völlig neue Ideen. Sollte das nicht geschehen sein, dann hoffe ich, dass Sie ein Nachsehen mit mir haben; der Versuch war es mir wert.
Wenn Sie dieses Buch lesen, indem Sie nur die Buchstaben zusammensetzen, die Sie sehen, kann der Inhalt nicht vollständig zu dem Teil von Ihnen durchdringen, der verstehen kann, worum es in Ihrem Leben wirklich geht. Dieser Teil ist, mit Verlaub gesagt, nicht Ihr Verstand. Denken kann sich nämlich nur mit Bekanntem beschäftigen. Es dreht sich im Kreis und kann nie ursprünglich sein. Über das Unbekannte kann man nicht nachdenken, genau das aber gilt es zu erforschen, wenn es um die eigene Wahrheit geht. Wenn Sie verstehen wollen, werden Sie sich selbst verwirren. Wenn Sie aufhören, verstehen zu wollen, zeigt sich Ihnen Ihre eigene Wahrheit im gleichen Augenblick. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Ihr Verstand in diesem Augenblick bereits protestiert.
Wahrheit ist kein Glaube, sondern eine tiefe Erfahrung. Die eigene Wahrheit kann man nicht studieren, man muss ihr begegnen und ins Gesicht schauen. Wenn Sie über sie nachdenken, wäre das ungefähr so, als wollten Sie die Alpen erkunden, indem Sie sich bloß die Landkarten anschauen, die andere Menschen darüber angefertigt haben. Wenn Sie nur diesen Karten glauben, werden Sie die Berge verpassen, selbst wenn Sie unmittelbar davorstehen. Sie wären dermaßen voreingenommen, dass Sie der Schönheit der Bergwelt gegenüber blind wären.
Einleitung
Leben ist das langsame Ausatmen der Vergangenheit
und das tiefe Einatmen der Gegenwart,
um genügend Luft für die Zukunft zu haben.
Quelle unbekannt
Wenn man sich die steigenden Zahlen der stressbedingten Burn-out-Diagnosen anschaut, kann man sich die Frage stellen, ob es dieses Phänomen nicht bereits in früheren Zeiten gegeben hat. Vielleicht trat Burn-out nicht in dem gleichen Ausmaß auf wie in unserem heutigen Wirtschafts- und Kulturkreis. Ich scheue mich fast, in diesem Zusammenhang das Wort Kultur zu benutzen, obwohl es schon wieder sehr treffend ist, wenn man darunter ganz wertneutral ›etwas, das von Menschen geschaffen wurde‹ versteht. Der deutsche Arzt Hans Selye, der als ›Vater der Stressforschung‹ gilt, untersuchte das Phänomen bereits in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts. Beeinflusst war er von dem New Yorker Nervenarzt Dr. Miller-Burt, der schon 1870 die Symptome unter dem Begriff Neurasthenie zusammengefasst hatte.
Dr. Selye führte den Begriff AAS (Allgemeines Anpassungssyndrom) ein und verwandte erst Mitte der 40er Jahre dafür den Begriff Stress. Populär wurde der Begriff bei uns in den 70er Jahren durch eine Sendung des ZDF. Der Begriff Burn-out wurde erstmals von dem New Yorker Psychoanalytiker Herbert Freudenberger eingeführt, der damit die völlige Erschöpfung von Menschen in helfenden Berufen meinte.
Stress kommt sehr individuell daher. Was den einen unter Stress setzt, entlockt dem anderen vielleicht nur ein müdes Lächeln. Erst kürzlich wurde mir dies wieder vor Augen geführt: In einem Café unterhielten sich am Nebentisch zwei ältere Damen. Auf einmal sagte die eine: »Dass mein Bruder mich nicht anruft, stresst mich total«, und beklagte sich eine Viertelstunde über den bewussten Bruder. Da soll einmal jemand behaupten, Stress käme nur von außen. In diesem Fall sicher nicht; hier löste das Fehlen einer Aktion wohl eher einen Bore-out aus, der ähnliche Symptome aufweist wie ein Burn-out. Der Stress der Dame war im wahrsten Sinne des Wortes hausgemacht.
Wenn man sich nur mit den Auswirkungen von Stress beschäftigt, kann es wirklich kompliziert werden. Aber es geht mir zunächst einmal nicht um die Auswirkung, sondern um die Erzeugung. Wenn Sie wissen, wie Sie Stress herstellen, dann liegt die Lösung auf der Hand. So individuell die Stresserzeugung auch ist – meist finden sich mehr oder weniger die gleichen Rahmenbedingungen. Zunächst hat man eine Idee, dann fragt man sich: Schaffe ich das? Es folgt die Überlegung, welche Schwierigkeiten auftauchen könnten und welche schlimmen Konsequenzen diese wiederum hätten. Somit ist klar: Es wird nicht einfach. Schon das kann Stress machen.
Die Schuld am Burn-out wird meist unseren beschleunigten Arbeitsprozessen und der ständigen Verfügbarkeit gegeben. Als Reaktion darauf führten einige Unternehmen stressreduzierende Gegenmaßnahmen ein, beispielsweise das temporäre Abschalten der Server für geschäftliche E-Mails. Bei Daimler werden E-Mails, die während des Urlaubs ankommen, sogar gelöscht. Doch wird hier nur am Symptom geschraubt – für Einzelne durchaus hilfreich, um gar nicht erst in einen gefährlichen Strudel zu geraten –, die Lösung für das Phänomen Burn-out ist dies aber nicht. Vielmehr stellt sich die Frage, wie Menschen besser mit diesen Anforderungen umgehen können. Die Grenzen sind bei jedem anders; doch werden diese überschritten, kollabiert der Mensch. Ist es in diesem Zusammenhang nicht bemerkenswert, dass hier oft nur Alkohol oder andere Drogen wie Nikotin und Psychopharmaka zu helfen scheinen? Das sind wahrlich tückische Weggefährten, die sich früher oder später als Mörder entpuppen können. Wo sind wir eigentlich angekommen?
Stress hat nie in erster Linie mit den Umständen zu tun, sondern damit, wie man diese betrachtet und mit ihnen umgeht. Schwierig ist es nicht, Stress zu erschaffen, das können wir alle. Folglich kann es ebenso einfach sein, ihn zu beenden. Wie aber lässt sich einem Stresszustand ein Ende setzen?
Zunächst muss man sich eines wichtigen Umstandes bewusst werden: Niemand anderes als man selbst erzeugt jenen Stress. Dafür verantwortliche Faktoren sind die persönliche Sichtweise der Dinge, die eigenen Ängste wie auch die Art und Weise, mit bestimmten Situationen umzugehen. Ein erster wichtiger Schritt ist, sich selbst als Schöpfer zu erkennen! Ein Opfer kann und wird nichts ändern, es erduldet nur. Seien Sie sich bewusst, dass Sie immer der Schöpfer Ihres Erlebens sind, und tun Sie die Dinge einfach nicht mehr so wie bisher. Dabei ist es zunächst einmal nicht so wichtig, wie Sie es machen, Hauptsache anders!
Ein Experiment, das vor einigen Jahren an einer amerikanischen Universität durchgeführt wurde, belegt das sehr anschaulich. Man baute zwei Labyrinthe, eines für Menschen und ein in der Relation identisches für Ratten. Im ersten Labyrinth versteckte man eine Hundert-Dollar-Note, im zweiten an der gleichen Stelle ein Stück Käse. Als es ums ›Finden‹ ging, hatten die Menschen die Nase vorn. Dann jedoch entfernten die Forscher sowohl Geld als auch Käse. Die Ratten nun kapierten recht schnell, dass der Käse weg war, und wandten sich wieder anderen Dingen zu. Es soll allerdings heute noch Menschen geben, die den Hundert-Dollar-Schein suchen.
Falls Sie jetzt denken, dass Ihnen das alles noch nicht hilft, dass Sie genauere Anweisungen brauchen oder dass es eben nicht so einfach sein kann – dann lesen Sie weiter. Es gibt eine gute Nachricht: Wenn es Burn-out gibt, ist er auch heilbar.
Gegen jede Krankheit ist ein Kraut gewachsen.
Paracelsus
Teil 1
Burn-out ist DAS Thema
Die Wahrheit in sich selbst zu entdecken,
gilt mehr als alles auf der Welt.
Quelle unbekannt
Sind wir ein Volk der Erschöpften? Brennt gerade eine ganze Gesellschaft aus? Kaum etwas beherrscht seit Jahren die Management-Presse und Vorträge für Führungskräfte stärker als das Thema Burn-out. Es gibt spezielle Therapieangebote und längst haben sich Kurkliniken und Rehaeinrichtungen darauf eingestellt. Ich werde die Symptomatik auch im weiteren Verlauf Burn-out nennen, weil sich diese Formulierung bei uns eingebürgert hat. Treffend ist der Begriff in jedem Fall: Er meint ja nichts anderes, als dass die Batterie leer ist. Besser als ›Nervenzusammenbruch‹ klingt er allemal.
Als ich mich mit einem ehemaligen Klassenkameraden und Chirurgen über das Buchprojekt unterhielt, meinte dieser scherzhaft, er habe schon viele Menschen operiert, zusammengebrochene Nerven jedoch habe er noch nie gesehen.
Mehr als die Hälfte der Beschäftigten klagt über Termin- und Leistungsdruck, jeder Fünfte der befragten Arbeitnehmer fühlt sich überfordert. »Es war ein schleichender Prozess, der in einem Selbstmordversuch endete, wo ich völlig aufgegeben hatte und das Gefühl hatte, nichts mehr leisten zu können«, so ein Betroffener in einer Sendung bei Phoenix zum Thema Burn-out. Burn-out ist eben keine Infektionskrankheit, die mit plötzlichem hohen Fieber und einem schlimmen Ausschlag beginnt. Es handelt sich vielmehr um eine Störung des ganzen Menschen. Man kann Burn-out eher als eine Art fortschreitenden ›Krebs des Motivations- und Sinnsystems‹ bezeichnen, der sich schleichend entwickelt und oft lange unbemerkt oder fehlinterpretiert und von den Betroffenen oftmals hartnäckig ignoriert wird.
Zur Problematik Burn-out findet man zahlreiche Seminarangebote, die man unter der Rubrik Work-Life-Balance zusammenfassen kann. Wen man auf solchen Veranstaltungen allerdings selten antrifft (und wenn, dann als eher unaufmerksame ›Teilnehmer‹), sind die Gefährdeten selbst. Raten Sie mal, was diese während des Seminars und in jeder Pause machen – sie checken ihre E-Mails und verschicken SMS. Haben sie ihr Smartphone nicht ausgeschaltet, sondern auf ›leise‹ gestellt, dauert es nach dem ersten Vibrieren im Durchschnitt sieben Sekunden, bis nachgeschaut wird.
Burn-out ist in. Umso mehr, nachdem sich auch Prominente wie Tim Mälzer, Maria Carey, Ralf Rangnick, Sven Hannawald und Matthias Platzeck dahingehend ›geoutet‹ hatten. Ein illustrer Kreis, dem man gerne angehören möchte. Sie werden es vielleicht nicht glauben, aber ich habe erlebt, wie sich Betroffene nach ihrer Kur damit brüsteten, ausgebrannt gewesen zu sein. Ottmar Hitzfeld, der seinen Burn-out im Jahre 2004 verschwiegen hatte, mag hier eine Ausnahme sein. In einem Beruf, in dem es kaum erlaubt ist, Schwäche zu zeigen, ist das vielleicht verständlich.
Eine gigantische Burn-out-Industrie ist entstanden. Viele Unternehmen wie der Otto-Versandhandel in Hamburg bieten ihren Mitarbeitern Kurse in Gesundheitsmanagement an – aus gutem Grund. Die deutsche Volkswirtschaft verliert nämlich jährlich ca. 300 Milliarden Euro durch krankheitsbedingte Ausfälle am Arbeitsplatz! Inzwischen ist längst klar, dass die Kosten aufgrund der Überalterung der Gesellschaft und des medizinischen Fortschritts in Zukunft noch weiter ansteigen werden. Berechnungen haben ergeben, dass sich jeder Euro, der in die betriebliche Gesundheitsprävention investiert wird, auf der volkswirtschaftlichen Ebene mit fünf bis 16 Euro auszahlt. Die Zahl der Krankschreibungen mit der Diagnose Burn-out stieg allein in den Jahren 2004 bis 2011 um das 1400-Fache. Gleichzeitig explodierten die Arzneimittelverkäufe innerhalb von drei Jahren auf fünf Milliarden Tagesdosen mehr als zuvor. Sie haben richtig gelesen! Die Kosten wachsen ins Unermessliche, gleichzeitig werden wir immer kränker. Im Jahre 2013 überholten Männer erstmals Frauen in Bezug auf den Arzneimittelkonsum. Herz-Kreislauf-Medikamente, darunter vor allem Blutdrucksenker, machen bei Männern fast die Hälfte aller Verschreibungen aus. Fast 50 Prozent mehr Rezepte als noch vor zehn Jahren wurden ausgestellt – möglicherweise ein Zeichen dafür, unter welch massivem Druck besonders Männer stehen, den sie dann wiederum medikamentös senken müssen.
Hier läuft also ganz offensichtlich einiges schief. Ein paar Wochen Kur, aus der man als derselbe Mensch herauskommt, als der man hineingegangen ist, oder auch erhöhte Medikation führen zu nichts; das sind die falschen Stellschrauben für Veränderungen.
Von diesen Wundpflastern gibt es noch weitere. Es werden innerbetriebliche Sportgruppen gegründet, andere Firmen engagieren einen Koch, der demonstriert, wie man sich gesund ernährt – all dies wohl wissend und ohne ein Rechengenie sein zu müssen, dass die Kosten hierfür weitaus geringer sind als die Ausgaben für Langzeiterkrankte oder gar ganz ausgefallene Mitarbeiter, die in aufwendigen und kostspieligen Verfahren ersetzt werden müssen. Als prophylaktische Maßnahme sind diese Angebote sicher sinnvoll, ungeachtet meiner Vermutung, dass Sie bei solchen Kursen nur Mitarbeiter als Teilnehmer finden, die nicht zu der Burn-out gefährdeten Gruppe gehören. Diese leben nämlich ohnehin bewusster. Die tatsächlich Burn-out-Gefährdeten werden wahrscheinlich keine Zeit haben, da gerade ein wichtiges Projekt ansteht, bei dem sie unersetzlich sind. Wer gelernt hat, dass sich sein Wert als Person aus seinen Leistungen speist, und dies verinnerlicht hat, bietet mit diesem Stück seines Weltbildes ein weites Feld für weitere Burn-out begünstigende Faktoren.
Da aufgrund der demografischen Entwicklung gute Arbeitskräfte nicht ohne Weiteres zu bekommen sind, ist es natürlich wichtig geworden, für die vorhandenen Mitarbeiter zu sorgen. Ob bei all diesen Maßnahmen (die zwar gut gemeint sind, aber genau wie Pillen ebenfalls nur die Symptome behandeln oder sie wie ein Wundpflaster zudecken) auch die Frage gestellt wird, ob man in seinem Unternehmen am richtigen Platz ist oder ob man noch einen Sinn in seiner Arbeit sieht, wage ich zu bezweifeln.
Das Ganze erinnert mich an die Geschichte von einem Mann, der nachts unter einer Straßenlaterne etwas suchte. Ein hilfsbereiter Passant erkundigte sich, was er da suche. »Meinen Schlüssel«, bekam er zur Antwort. Wo er den denn verloren habe. »Hinter dem Haus«, erklärte der Mann und auf die Frage, warum er denn dann hier nachschaue, meinte er: »Weil es hier heller ist.«
Wenn ein Mensch seine Kreativität für Themen einsetzen muss, die ihn persönlich nicht wirklich berühren, wird seine innere Persönlichkeit nicht daran beteiligt. Das frustriert auf Dauer. Bekannt ist, dass Menschen, die ihren Beruf als Berufung erleben – denn davon leitet sich das Wort Beruf ab – hohen Anforderungen viel besser standhalten. Der sogenannte Sinn im Leben hat eine immens hohe Bedeutung. Wer einen Sinn in seiner Arbeit gefunden hat, braucht keinen Motivationscoach. Motivieren kann man sich ohnehin nur selbst. Motivation, die von außen kommt, ist von kurzer Dauer – da muss man sich viele Male auf einen Stuhl stellen und »tschakka« rufen …
Dass man ohne diesen Sinn im Leben nicht gesund bleiben kann, hat die medizinische Forschung längst herausgefunden. Ein japanischer Forscher untersuchte mehr als hundert Fälle von Spontanremission, also Krankheiten, die medizinisch austherapiert waren und dennoch verschwanden. Drei Faktoren vermochte der Forscher als Gründe zu isolieren – einer davon war der Sinn im Leben; dazu kamen noch der innere Glaube an die Gesundung und ein unterstützendes Umfeld. Diese Spontanremissionen waren schulmedizinisch nicht zu erklären – und doch löste sich die Krankheit auf.
Ich habe jetzt das Alter erreicht, in dem die meisten meiner ehemaligen Klassenkameraden in Pension gehen oder bereits gegangen sind. Wer mich fragt, wie lange ich noch arbeiten werde, erhält zur Antwort: Ich arbeite gar nicht. Solange ich reden kann, tue ich, was mir Spaß macht, denn ich empfinde meine Tätigkeiten nicht als Arbeit. Ich beziehe außerdem noch Sinn aus anderen Aktivitäten – Golfspielen, eine Pokerrunde mit Freunden oder regelmäßige Auszeiten auf Gran Canaria oder Korfu. Ich mag es auch, in einem Straßencafé zu sitzen, einfach in die Gegend zu schauen und Menschen zu beobachten. Selbst wenn ich nicht mehr zu reden imstande sein sollte, kann ich hoffentlich immer noch schreiben. Wahrscheinlich werde ich irgendwann weniger Seminare geben. Aber warum in den Ruhestand gehen? Ist das nicht ein schlimmes Wort: RUHESTAND? Ruhe sanft, kann man da nur sagen.
Hand aufs Herz: Arbeiten Sie? Gehen Sie einer Tätigkeit nach, die Sie Arbeit nennen? Empfinden Sie das, was Sie tun, als Arbeit, als ein Muss? Beantworten Sie sich diese Frage ehrlich! Einer meiner Lehrer meinte einmal etwas provokant, Urlaub sei nur etwas für Leute, die ihre Arbeit nicht mögen. Wann immer Sie sich beim Arbeiten ertappen, halten Sie inne und fragen Sie sich, ob es wirklich das ist, was Sie wollen. Entfernen Sie das Müssen aus Ihrem Leben und erlauben Sie sich, für das bezahlt zu werden, was Ihnen Freude macht.
Von diesem Moment an haben Sie nämlich bezahlten Urlaub. Das wird Sie erfüllen und erfolgreich machen, weil Sie das, was Sie gerne tun, selbstverständlich auch gut machen. Und für das, was man gut macht, wird man auch gut bezahlt. Etwas zu tun, was nicht seine Berufung ist, ist schädlich. Wenn Sie gefunden haben, was Sie lieben, brauchen Sie nie mehr zu arbeiten.
Ein ehemaliger Kollege aus der Zeit, in der ich in einer Klinik für Suchtkranke arbeitete, war Therapeut geworden, weil seine Eltern Arzt bzw. Psychotherapeut waren. Seine Liebe galt aber seit seiner Jugend der Arbeit mit Holz. In seiner Freizeit schreinerte er und stellte da schon wunderbare Dinge her. Eines Tages, er war bereits über 30, kündigte er und begann eine Schreinerlehre, die er erfolgreich als Meister abschloss. Heute stellt er edle handgefertigte Möbelstücke her, hat inzwischen sieben Angestellte und verdient das Vielfache seines früheren Gehalts. Ich habe ihn vor ein paar Jahren zufällig wieder getroffen und er machte einen sehr zufriedenen Eindruck.
Sagen Sie sich morgens, wenn Sie sich auf den Weg zur Arbeit machen, dass Sie jetzt Geld verdienen gehen? Dann machen Sie sich für einen Moment bewusst, dass in dem Wort verdienen, das Wort dienen steckt. Diener kommen in der Regel abends müde nach Hause und wollen nur noch ihre Ruhe haben; die man ihnen auch dann leider nur selten lässt.
Der Amerikaner sagt: I make money und der Engländer: I earn money. Welch ein enormer Unterschied zu sagen, dass man Geld macht, erntet oder gewinnt, wie es in Frankreich heißt: Gagner de l´argent.
Vor allem Männer, die ihren ganzen Sinn ausschließlich in der Arbeit gefunden haben, sterben kurze Zeit nach ihrer Pensionierung oder fallen in einen Zustand, der auch als Rentenschock bekannt ist. Bei Frauen, die ihren Lebensinhalt im Aufziehen der Kinder sahen, werden nach deren Auszug ähnliche Symptome beobachtet, die bis zur Depression führen können und als Empty-Nest-Syndrom bezeichnet werden. Wenn Sie nach der Berentung oder nach dem Flüggewerden der Kinder Glück haben, finden Sie eine Tätigkeit, aus der Sie Sinn und Freude schöpfen.
Vor Kurzem noch hörte ich einen Mann zu seinen Freunden sagen, er habe seit seiner Pensionierung mehr zu tun als vorher – und er machte bei dieser Bemerkung nicht nur einen durchaus fröhlichen Eindruck, sondern schien sogar stolz darauf zu sein. Ich kam leider nicht mehr dazu, ihn nach den Tätigkeiten seines Arbeitslebens zu fragen.
Jetzt höre ich so manchen Einspruch: Mir macht meine Arbeit aber Freude, ich finde durchaus den Sinn darin. Fragen Sie sich doch einmal, ob es wirklich die Arbeit ist, die Ihnen Sinn stiftet, oder eher das, was Sie dafür erhalten, zum Beispiel Geld, die Anerkennung anderer Menschen oder ein gewisser Lebensstandard. Wenn nicht – worin finden Sie Sinn? Robert Frost hat einmal gesagt: »Im Wald zwei Wege boten sich mir dar und ich wählte den, der weniger betreten war. Das veränderte mein Leben.«
Robin Williams forderte als Lehrer in dem Film Club der toten Dichter von seinen Schülern: »Gentlemen, ich möchte, dass Sie Ihren eigenen Rhythmus finden, Ihren eigenen Weg … gehen Sie, wohin Sie wollen und wie Sie wollen. Ob es stolz aussieht oder albern, ist egal.«
Um den Sinn in seinem Leben zu finden, muss man ein gewisses Maß an Reflexionsfähigkeit besitzen. Eine Fähigkeit, die in unseren Bildungseinrichtungen viel zu wenig gefördert wird, wohl weil die Menschen damit viel leichter freie Entscheidungen treffen könnten. Außerdem führt mangelnde Reflexionsfähigkeit dazu, dass die Menschen den Sinn in ihrer Tätigkeit nicht hinterfragen. Sie können weiter produzieren und bleiben an den Symptomen hängen, an denen noch jede Menge Geld verdient wird. Denn mit seinen Schlafstörungen, Kopfschmerzen oder Verdauungsproblemen geht man zum Arzt und verlangt von diesem, dass er einen wieder gesund mache. In seinem tiefsten Inneren weiß man, dass jede Veränderung einen Preis hat, manchmal einen hohen Preis – den man häufig nicht zu zahlen bereit ist.