Kitabı oku: «Burn-In statt Burn-Out», sayfa 4

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Unterschiedliches Wissen sollte mehr aufeinander bezogen werden, weil man so mehr lernt. Die Idee des Hirnforschers Prof. Dr. Gerald Hüther und des Philosophen Richard David Precht, im Schulunterricht interdisziplinär zu arbeiten – darüber hatten sie einmal in einer Fernsehsendung diskutiert –, macht Sinn. Die Fächer Physik und Chemie haben mich zum Beispiel nicht interessiert. Wäre hingegen Klimaforschung ein Schulfach gewesen, in dem Lehrer der Fachrichtungen Erdkunde, Biologie, Chemie und Physik zusammengearbeitet hätten, wäre ich da sicher ganz anders herangegangen und hätte gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen.

Mit dem Schulfach Geld hätte man wirklich wertvollen Unterricht gestalten können, der für das Leben ganz gewiss ein Gewinn gewesen wäre. Hier hätte man die Fächer Wirtschaft, Sozialkunde und Mathematik sinnvoll miteinander verbinden können. Ich glaube, dass dies sowohl Lehrern als auch Schülern mehr Spaß machen würde. Obwohl man das alles heute weiß, wird oft immer noch nach mehr als hundertjähriger Tradition unterrichtet. Da drängt sich John Taylor Gatto in seinem Buch Dumbing us down jedenfalls die Frage auf, ob das nicht vielleicht sogar gewollt ist. Ungefähr 250.000 Kinder bleiben jedes Jahr sitzen, fünf Prozent bekommen Ritalin, fünf Prozent müssen auf Sonderschulen, ca. sieben Prozent schaffen den Hauptschulabschluss nicht, andere schaffen ihn, können danach aber weder richtig lesen noch schreiben und infolgedessen keine Lehre beginnen. Ein System, das so viel Ausschuss produziert, würde in jeder anderen Branche hinterfragt werden. Das geschieht aber nicht, sondern die Schuld wird den interesselosen und demotivierten Opfern oder deren Eltern gegeben, die die Kinder nicht genügend auf die Schule vorbereitet haben.

Ich selbst gehöre zu den ›Sitzenbleibern‹ und noch immer erschließt es sich mir nicht, warum jemand, der in zwei Fächern nicht gut war, alle anderen Fächer ebenfalls wiederholen soll, anstatt dass er in diesen in seinem gewohnten Klassenverband weiterlernen darf und sozial integriert bleibt. Das ist vor allem für Jungen wichtig, die für ein paar Jahre eine Gruppe brauchen, in der sie sozial heranwachsen. Zum Glück war ich in einem Internat und konnte dort in meiner Gruppe bleiben. Es geht also eine Menge Potenzial verloren. Dass 80 % der Schulversager Jungen sind, liegt nicht am Geschlecht, sondern am Schulsystem.

Der Ausspruch Senecas: Nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen wir, mit dem er seine Kritik an den damaligen Philosophenschulen zum Ausdruck gebracht hatte, hätte nicht nur in den 60er Jahren seine Gültigkeit gehabt.

Kinder haben eine ungeheuer große Kapazität, sich zu konzentrieren und hart zu arbeiten, wenn sie mit Leidenschaft dabei sind. Die Fähigkeiten, die sie sich auf den Gebieten, an denen sie interessiert sind, aneignen, sind leicht auf andere Gebiete zu übertragen. Unsere Schulen müssen daher mehr Toleranz für individuelle Abweichungen aufbringen und sich auf selbst initiierte Aktivitäten verlassen dürfen.

Die Frage darf aber wohl erlaubt sein, ob unser System Bedarf an Millionen selbstbewusster, kritisch denkender Individuen hat, die sich engagieren und ihre eigenen Bedürfnisse als Individuen und Gemeinschaften frei von den Einflüsterungen und Befehlen des Systems festlegen.

Betrachtet man unser Schulsystem nach den neuesten Erkenntnissen der Hirnforschung, kann man laut Professor Hüther nur zu einer katastrophalen Schlussfolgerung kommen: Man kann andere Menschen nicht unterrichten oder ihnen etwas beibringen oder sie gar bilden. Diese Vorstellungen entstammen dem vorigen Jahrhundert, als man sich darum bemühte, andere Menschen abzurichten, sie also auf bestimmte Aufgaben vorzubereiten, die sie dann auch in der Regel gut erfüllten. So bekam man funktionalisierte Menschen. Solche Menschen bekommt man, wenn man sie gut abrichtet, d. h., sie für ihr Verhalten belohnt oder bestraft. Das nennt man Unterricht oder Erziehung.

Wenn es nie genug istErfahrungen aus unserer Jugend mit unseren Eltern, Verwandten und Bekannten prägen unser Erwachsenenleben. Selbst im reifen Alter befolgen wir die Gebote und Verbote. Wenn sie von einem wohlwollenden Elternteil stammen, zum Beispiel: »Lass dich nur nicht unnötig hetzen«, sind sie durchaus hilfreich. Andere dagegen sind belastend, einengend und blockierend.

Ziel der persönlichen Entwicklung sollte es sein, dass wir als Erwachsene entscheiden können, ob eine Botschaft und welche Botschaft sinnvoll oder stressauslösend ist. Die amerikanischen Psychologen Taibi Kahler und Hedges Capers arbeiteten fünf grundlegende elterliche Forderungen heraus, die sie als Antreiber und Blockierer bezeichnen:

Sei immer perfekt!Dies verlangt Perfektionismus und Vollkommenheit. Es ist ein Aufruf zur Überexaktheit und gleichzeitig eine Warnung vor Toleranz. Mach immer schnell!Diese Aussage fordert, immer alles rasch und schnell zu erledigen. Es ist ein Aufruf zur Hektik und eine verborgene Warnung vor Nähe zum anderen. Streng dich immer an!Alles geht nur über Leistung und Fleiß. Der Aufruf dabei ist, dass nicht das Resultat, sondern die Leistung zählt. Er warnt vor Sichgehenlassen und Genießen. Mach es immer allen recht!Der andere ist immer wichtiger als man selbst. ›Dem Frieden zuliebe‹ steht im Vordergrund. Der Auftrag ist, friedlich und freundlich zu sein. Es ist aber auch eine Warnung vor Konflikten und davor, eigene Bedürfnisse anzumelden. Sei in jeder Lage stark!Dies heißt, sich keine Blöße zu geben, Vorbild zu sein. Es ist ein Aufruf zum Heldentum um jeden Preis und eine Warnung davor, Gefühle zu zeigen.

Die Antreiber beeinflussen unsere Entscheidungen unbewusst und können uns ziemlich zu schaffen machen. Vor allem, weil sie uns nicht bewusst sind, können sie uns blockieren und einengen. Im Extremfall sind starke Antreiber dafür prädestiniert, einem Burn-out den Boden zu bereiten.

Sind Sie der Meinung, dass es nie genug ist, was Sie leisten, oder verfolgen Sie Ziele, die Sie nie erreichen können, sind Sie in hohem Maße gefährdet. Geben Sie sich hingegen innere Erlauber wie: »Ich kann Fünfe auch mal gerade sein lassen« oder »Gut Ding will Weile haben« oder »Aus Fehlern lerne ich«, stehen Ihre Chancen für einen Burn-out schlecht. Wenn Sie erst einmal dafür sorgen, dass es Ihnen gut geht, sich also zunächst einmal um sich selbst kümmern, werden Sie höchstwahrscheinlich keinem Burn-out erliegen. Nehmen Sie aber die Bedürfnisse anderer wichtiger als Ihre eigenen, stehen die Chancen gut. Ebenso dann, wenn Sie bemerken, dass es so nicht weitergehen kann, Sie sich das aber nicht eingestehen können und weitermachen wie bisher.

Um sich klarer darüber zu werden, welches Ihre eigenen stärksten Antreiber sind, können Sie den Antreibertest machen, den Sie ab Seite 258 finden.

Dieser Test dient nicht zur Einteilung in irgendwelche Schubladen oder Kategorien. Er soll vielmehr helfen, unbewusste Steuerungsmechanismen ans Tageslicht zu bringen, damit Sie klare und bewusste Entscheidungen treffen können, wie Sie sich in bestimmten Situationen verhalten wollen. Da das Testergebnis immer eine Mischung aus verschiedenen Antreibern darstellt, kann es Ihnen auch nur Indizien für stark oder schwach ausgeprägte Glaubenssätze liefern.

Gefühle sind wie Wellen.

Du kannst sie nicht stoppen,

aber du kannst dir aussuchen,

auf welcher Welle du reiten möchtest.

Quelle unbekannt

Vom Guten im Schlechten

Wenn ich immer nur das tun würde,

was von mir erwartet wird, könnte man

Folgendes auf meinen Grabstein schreiben:

Mein Leben hat allen gefallen, nur mir nicht.

Marita Fuchs

Das Verzwickte am Burn-out ist, dass er sich anschleicht wie ein Indianer an das Lagerfeuer von Cowboys, die über ihren großen Viehtrieb debattieren (heute würde man dazu ›Team-Meeting‹ sagen).

Der Indianer muss dabei noch nicht einmal besonders vorsichtig vorgehen. Das geht auch nur, weil die Cowboys unaufmerksam sind. Völlig vertieft in ihre Aufgabe verlieren sie sich selbst aus dem Blick, besonders wenn sie sich über die Probleme ihrer aktuellen Jobs den Kopf zerbrechen. Was natürlich ganz im Sinne des Rinderzüchters ist. Möglicherweise rechnen sie sich aber schon ihren Verdienst aus oder denken daran, was sie sich mit dem Geld alles werden kaufen können. Der ein oder andere mag mit dem Gedanken spielen, vom Boss eines Tages zum Treckführer ernannt zu werden oder eine eigene Viehherde zu besitzen. So hat der Indianer leichtes Spiel – und steht der Cowboy erst einmal am Marterpfahl, ist es meist zu spät, es sei denn, er hieße Old Shatterhand.

Sehr oft sind Menschen vom Burn-out betroffen, die nach außen orientiert scheinbar alles im Griff haben oder meinen, alles im Griff haben zu müssen. Doch wer das Leben im Griff haben möchte, greift ins Leere und bleibt mit leeren Händen zurück – eine Erkenntnis, die in diesem Fall allerdings zu spät kommen kann. Wenn Sie ehrgeizig sind, sich hauptsächlich mit Ihrer Organisation und Ihrer Arbeit identifizieren, Ihren Selbstwert ausschließlich daraus beziehen, darüber hinaus auch noch in hohem Maße selbstkritisch sind und sich Fehler schlecht verzeihen können, dann weisen Sie genau die Charakteristika auf, die bei Menschen mit Burn-out häufig beobachtet werden.

Zeigt ein Mensch Symptome, die in ein definiertes Bild hineinpassen, werden diese als Burn-out bezeichnet und gelten durch eine bestimmte Brille betrachtet in der Regel als Krankheit, die man therapieren muss. Was gemeinhin als Krankheit bezeichnet wird, ist aber auch in diesem Fall nichts anderes als ein vielleicht vorletztes Signal des Körpers, der uns aufzeigen möchte, dass wir vom Wege abkommen oder schon abgekommen sind.

Vielleicht teilt uns der Tinnitus oder der Hörsturz mit, dass wir es nicht mehr hören können, was uns da täglich erzählt wird. Dann sagen wir: »Ich habe eine Krankheit«, oder schlimmer noch: »Ich bin krank.« Dies ist eine Etikettierung, die nie ganz stimmt, da das ICH BIN die gesamte Person einschließt. Dieses ICH BIN ist zudem eine statische Beschreibung eines Zustandes, in den man sich hineinentwickelt hat. Haben kann man ein Haus oder ein Auto, aber in eine Krankheit entwickelt man sich hinein. Dieses Hineinentwickeln ist ein dynamischer Prozess und wenn dieser möglich ist, kann man sich auch wieder herausentwickeln. Das sollte doch Mut machen.

Vor einem Burn-out gab es also, wie bei jeder schweren Erkrankung, schon manch zarten Hinweis, der aber in der Hektik des Alltags einfach übergangen wurde. Schnell ist ein Beruhigungsmittel, eine Schlaftablette oder ein anderes der zahlreichen pharmazeutischen Helferlein eingeworfen. Doch wie sagt das Sprichwort? Wer nicht hören kann, muss fühlen.

So ist Burn-out also durchaus eine Chance für jeden Betroffenen hinzuschauen, sofern er bereit dazu ist. Burn-out ist eine natürliche Reaktion des Körpers; eine Schutzreaktion, ohne die man am Stress sterben würde. Es ist sicherlich kein Zufall, dass im Chinesischen die Worte ›Krise‹ und ›Chance‹ zwei gleiche Zeichen aufweisen. Das griechische Wort krisis bezeichnet nicht die Hoffnungslosigkeit einer Situation, sondern deren Wendepunkt.

Das, was wir als Problem bezeichnen, ist meist für uns da, sonst hieße es ja Contrablem. In Problemen verstecken sich Lösungen – die allerdings nicht in Geschenkpapier eingewickelt sind, sondern in Arbeitskleidung daherkommen. Wir müssen schon genau hinschauen, um sie letztlich als Geschenke zu sehen. Oft verstreicht viel Zeit, bis wir in der Lage sind, dies zu erkennen. Und dann sagen wir: »Gut, dass das damals passiert ist, ich wäre heute nicht da, wo ich bin.«

Niemand wird von einer Krise hinterrücks überfallen, allenfalls überrascht. Überrascht werden kann aber nur jemand, der vorher nicht hingeschaut hat oder der es vorzog, in einer Illusion zu leben. Es ist das Ergebnis eines Selbstbetrugs. Die Krise dient nun der Wahrheitsfindung und ist damit bereits Teil der Lösung. Sie erzwingt, sich mit dem Wesentlichen zu beschäftigen.

Max Frisch sagte: »Krise kann ein produktiver Zustand sein. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.«

Betrachten Sie Burn-out nicht als Ihren Feind. Er ist kein Drache, den es zu erlegen gilt. Alles, was Sie bekämpfen, gewinnt an Macht. Wenn Sie schon aktiv werden wollen ‒ und dazu ist es wirklich nie zu spät ‒, dann stecken Sie doch Ihre Energie und Ihre Kraft in die Lösung. Nehmen Sie die Symptome als Herausforderung an, darüber nachzudenken, wofür der Burn-out jetzt in Ihr Leben tritt, oder besser gesagt, wozu Sie ihn in Ihr Leben gelassen haben. Also fragen Sie sich, was das Gute daran ist. Dann werden Sie nicht mehr Opfer sein, sondern können hinter den Sinn des Ganzen kommen. Bewusstheit zu entwickeln, ist die einzige Möglichkeit, einen Burn-out langfristig zu behandeln. Wenn es überhaupt so etwas wie Sinn in Ihrem Leben gibt, dann gilt das nämlich für alles. Durch diese Brille kann man Burn-out durchaus als etwas betrachten, das ein großes Potenzial für Erneuerung und Wachstum in sich trägt.

»Das Problem ist nicht das Problem. Das Problem ist deine Einstellung zu dem Problem. Verstehst du?«, sagt Captain Sparrow, alias Jonny Depp, in dem Film Fluch der Karibik.

Sie bemerken sicher schon: Sie haben die Wahl. Der Gewinn einer Krise liegt in jedem Fall darin, dass man die Energie, die noch zur Verfügung steht, vermehren kann. Aus diesem Blickwinkel kann man sagen: Gott sei Dank Burn-out.

Ein Mann fand eines Tages ein Stück einer Landkarte und hatte allen Grund anzunehmen, dass es sich um eine Schatzkarte handelte. Er wollte unbedingt den verborgenen Schatz finden und suchte in den nächsten Wochen und Monaten unermüdlich nach den restlichen Teilen der Karte. Vergeblich. Da kam ihm eines Tages die Idee, er könnte doch dem Hinweis auf dem einen Stück der Karte erst einmal folgen. Und siehe da: Dort fand er das nächste Kartenstück, wieder mit einem Hinweis drauf. Und so folgte er immer der Information, die er bereits zur Verfügung hatte, und stieß schließlich auf den lange ersehnten Schatz.

Es mag nicht einmal wichtig sein zu wissen, dass der Schatz sich die ganze Zeit auf seinem eigenen Grundstück befunden hatte. Wichtiger ist vermutlich das, was der Mann daraus gelernt hatte. Nämlich, dass man nicht immer die ganze Landkarte braucht, um loszumarschieren.

Das EgoDer beste Wegbereiter eines Burn-out ist unser Ego. Mehr, mehr, mehr! Mehr haben wollen, besser sein als andere, immer mehr Dinge auf einmal tun können, Gewinner sein, sich anstrengen für Anerkennung, stärker sein.

Solche Dinge werden uns von Kindesbeinen an ständig eingetrichtert und sind in einer Konsumgesellschaft Grundvoraussetzung für deren Funktionieren. Wir bekommen vorgelebt, gezeigt und gesagt, dass ein Mensch, der nichts besitzt oder nichts leistet, wenig wert ist. Mehr noch: Man darf sich sogar über ihn lustig machen. (Schalten Sie einmal nachmittags Ihr Fernsehgerät an.)

Irgendwann übernehmen Besitz und Leistungsstreben die Herrschaft über unser Leben, obwohl uns rational durchaus klar ist, dass wir nackt kamen und mit leeren Taschen wieder gehen werden.

Werden wir bei unserer Ankunft auf dieser Welt noch als etwas Wertvolles begrüßt, einfach weil es uns gibt, ändert sich das sehr bald. Schon für kleine Kinder ist es wichtig, wie viele Spielsachen sie besitzen; mit Markenklamotten, Smartphones und anderen angesagten Dingen setzt sich das in der Schule fort. Dass die Industrie mit ihren Werbekampagnen auch die Kleinen nicht im Stich lässt, kann man besonders sonntagvormittags in fast allen Fernsehprogrammen für Kinder verfolgen. Bereits im Alter von drei Jahren wusste die Tochter von Freunden genau, welche Schuhmarke es sein musste; so früh im Leben geht es also schon ums Prestige.

Wer später nicht mithalten kann, ist schnell außen vor: ein nicht zu unterschätzender Stressfaktor. Aus diesem Grunde plädiere ich auch bei uns für die Einführung von einheitlicher Schulkleidung, wie es in vielen Ländern üblich ist. Das Ego kann uns einflüstern, dass unser Wesen an das gebunden ist, was wir besitzen, dass es darum geht, immer mehr zu haben – ein Ego, das wie ein Virus scheinbar unseren gesamten Kulturkreis infiziert hat. Eine der größten Lügen, die daraus resultiert, lautet: Du bist, was du hast.

Neben all den Rufen nach Mehr gibt es eine ebenso tragische Forderung: Immer schneller in immer kürzerer Zeit – der Treibstoff vieler Karrieren. Die Kehrseite ist oft ein Burn-out und schließlich beginnt das Ego uns auch noch einzuflüstern, dass das zum Lifestyle dieses Jahrhunderts dazugehört. Wer bestehen möchte, muss mitmachen. Seinen Wert definiert man über seine Arbeit. Nicht groß ist dann der Schritt, der Versuchung zu unterliegen, sich mit Burn-out richtiggehend zu schmücken. Denn wer Burn-out hat, muss ja Vollgas gegeben haben, wer ausgebrannt ist, muss vorher gebrannt haben. Und heißt es nicht allzu oft: Wer andere anstecken möchte, muss selbst brennen?

Dass auch Arbeit zur Sucht werden kann, wird fast immer übersehen, da kaum etwas gesellschaftlich so anerkannt ist wie Leistung. Man bekommt eine Gehaltserhöhung, darf an Incentives teilnehmen, erhält einen größeren Firmenwagen, wird vor allen anderen Kollegen auf eine Bühne geholt und vom Vorstand gelobt und gefeiert. Das Ego wächst ins Unermessliche – und unterliegt doch einer grandiosen Täuschung. Denn nicht als der Mensch, der man ist, wird man anerkannt und gelobt, vielmehr geht es um die erbrachte Leistung. Morgen steht nämlich ein anderer auf der Bühne.

Was aber, wenn man bereits das tollste Auto besitzt und schon auf allen Firmen-Events dabei war? Was, wenn man in einer seltenen ruhigen Minute tief in seinem Inneren spürt, dass man selbst gar nicht gemeint ist? Spätestens dann kann man sich die Frage nach dem Sinn des Ganzen stellen. Eine gefährliche Frage, auf deren ehrliche Antwort meist zunächst einmal eine große Leere folgt. Schon sie zu stellen ist schwierig, weil uns ebenfalls von Kindesbeinen an beigebracht wurde, worauf es ankommt. Oh, mein Sohn konnte schon mit elf Monaten sprechen. Er ist schon mit drei ohne Stützräder gefahren. Meine Tochter spielte schon mit fünf Jahren Klavier …

Das hat uns Lob eingebracht und wir lernten, dass es Sinn ergibt, Dinge zu tun, die andere toll finden. Früh wurden wir also mit dem Leistungsprinzip unserer Gesellschaft vertraut gemacht. Das Ego begriff sehr schnell, wie alles funktioniert; bald flüsterte es uns ein, wie besonders wir sind, weil wir dieses oder jenes leisten. Das wurde dann zu unserem persönlichen Mantra. Eine fast natürliche Reaktion darauf ist, dass wir damit begannen, uns mit anderen zu vergleichen. Falls es unsere Eltern nicht schon taten. Schau doch mal, wie schön Karl das macht ... Sabine kann das aber schon besser … Fritz hat aber eine Zwei in Mathe.

Unser Bildungssystem schließt sich nahtlos an. Wir erhalten Noten für unsere Leistung, wir bekommen Fleißkärtchen oder für gute Noten Geld von den Eltern und wenn wir durch eine Prüfung fallen, fühlen wir uns als Versager. Einem Kind Geld für eine gute Note zu geben ist allerdings fatal. Es lernt, dass es Leistung nur gegen Geld gibt, nicht aus sich heraus aus Freude am Tun, und was noch schlimmer ist: Man sagt dem Kind damit implizit, dass es von alleine, ohne diesen Anreiz, nicht in der Lage gewesen wäre, eine gute Note zu schaffen. Außerdem macht es das Kind abhängig von dem Menschen, der es belohnt. Was ist, wenn es den nicht mehr gibt?

Und dann ›macht‹ das Ego noch etwas: Es redet uns ein, die Sichtweise anderer sei wichtiger als unsere eigene Meinung über uns selbst. Unser Selbstwert wird dadurch abhängig von der Auffassung der anderen. Da wir unsere Eltern oder unsere Lehrer liebten und achteten, glaubten wir, dass ihre Meinung über uns mehr wert sei als unsere eigene. Echtes Selbstbewusstsein kann aber nie aus der Denkweise anderer erwachsen. Ein selbstbewusster Mensch nimmt die Anschauungen und Meinungen anderer als das, was sie sind: einfach als deren Art und Weise, die Welt zu sehen.

»Die ganze Psychologie ist darauf aus, das Ego zu stärken. Selbst die Psychologen, diese Tore, behaupten: Man braucht ein starkes Ego! Darum ist die ganze Erziehung nur ein Programm, das mittels Strafe und Belohnung Ehrgeiz erzeugt, um dich in eine bestimmte Richtung zu drängen.

Von Anfang an setzen deine Eltern viel zu große Hoffnungen in dich. Sie meinen, sie hätten vielleicht Alexander den Großen zur Welt gebracht und ihre Tochter sei nichts weniger als die wiedergeborene Kleopatra. Von Anfang an wirst du von deinen Eltern konditioniert: Du musst dich beweisen, sonst bist du nichts wert – ein Taugenichts. Ein einfacher Mensch gilt als Einfaltspinsel.« (Osho)

Von Beginn an wird uns gesagt, dass aus uns etwas werden soll, dabei sind wir bereits jemand, wenn wir diese Welt betreten. Also kann es im Leben doch lediglich darum gehen, sich wohlzufühlen, zu sein, der man ist, und genau das zu akzeptieren. Auch dies finden wir als Aufforderung bereits in der Bibel, wenn es dort heißt: »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.« Dort steht ja nicht: »Liebe deinen Nächsten anstatt deiner selbst.«

Das Ego wird aber ständig von dem Wunsch gespeist, anders zu sein, und deshalb niemals satt. Es kann gar nicht satt werden, da es immer jemanden geben wird, der reicher, schöner, intelligenter, stärker oder schlauer ist als man selbst. Dieses Drama setzt sich bis in unsere Beziehungen fort. Eine der größten Süchte unserer Zeit ist ‒ neben der Habsucht ‒ die Eifersucht. Der eifersüchtige Partner glaubt, jemand anderer könne besser oder attraktiver sein als er selbst. Gehören auch Sie dazu? Dann verrate ich Ihnen ein Geheimnis: Es gibt sehr viele Menschen auf diesem Planeten, die schöner, schlauer oder in einem oder mehreren Belangen besser sind als Sie. Eifersucht entspringt einem geringen Selbstwert. Also hören Sie damit auf, sich mit anderen zu vergleichen – jetzt und auf der Stelle. Sie tun sich und Ihrem Partner damit einen Gefallen.

Wenn Sie nämlich weitermachen, kann es sein, dass Ihr Partner Ihre Idee, jemand anderer könne besser sein, aufgreift. Implizit sagen Sie ihm nämlich, er habe sich bei der Partnerwahl getäuscht. Was das bedeutet, muss ich Ihnen wohl nicht erklären. Eifersucht entsteht aus dem Glauben, man selbst sei unvollständig und brauche eine andere Person, um ganz zu sein. Man vermittelt ihr, dass man ohne sie nicht leben kann. Beantworten Sie sich selbst die Frage, ob man das, was man braucht, wirklich lieben kann.

Mangelnder Selbstwert entsteht, wenn man in der Kindheit als die Person, die man war, nicht wertgeschätzt und bei Eigeninitiative nicht unterstützt wurde. Alle möglichen Leute haben versucht, Sie in eine Form zu pressen; es ist unglaublich anstrengend, diese auch ständig zu wahren. Das kostet Kraft. Hätte Gott jemand anderen erschaffen wollen, wäre das ein Leichtes für ihn gewesen. Er hat aber Sie geschaffen, genau so wie Sie sind.

Schon einem Kind bringt man bei, sein Denken und seine Gefühle unter Kontrolle zu halten, seine Fantasie und seine Instinkte zu überdecken und zu unterdrücken. Man lehrt das Kind somit zu lügen. Nicht hingegen bringt man ihm bei, dass es sich nur selbst retten kann, ebenso wenig lernt es, wie es dabei vorgehen muss. So warten ganze Völker auf einen Messias, der sie erlöst, Menschen suchen die Rettung bei Gurus, spirituellen Lehrern oder bei einem Partner. Was aber, wenn auch dieser jemanden sucht, der ihn befreit?

Dann wird es kompliziert. Irgendwann, nach Verlust der rosaroten Brille, merkt man, dass man wohl zu hohe Erwartungen hatte, und ist enttäuscht. Der Partner passt einfach nicht mehr in das Bild, das man sich von ihm gemacht und in das man sich verliebt hat. Statt aber diese Enttäuschung als das anzuerkennen, was sie ist – nämlich eine Ent-Täuschung, für die man ganz alleine die Verantwortung hat –, und aus diesem Traum aufzuwachen, ist man böse auf den anderen und wird ungerecht. Du hast dich so verändert, wird dann oft als Vorwurf ausgesprochen. Nicht aber der Partner hat sich verändert, sondern unser Bild. Da das, was wir aussenden, zu uns zurückkommt, wird jetzt daraus eine fatale Spirale, die entweder in der Trennung oder einem unerfüllten, resignierten Nebeneinander endet.

Das vielleicht Fatalste, das uns unser Ego einredet, ist, dass wir getrennt sind. Es sagt uns, wir seien Individuen und getrennt von den Mitmenschen und der Um-Welt. Ständig müssen wir unser Bessersein demonstrieren und, noch schlimmer, wir bedienen uns einfach überall, wie Egoisten das eben tun. Ohne Rücksicht auf anderes Leben, mit dem wir diesen Planeten teilen, beuten wir die Natur aus und denken dabei nicht einmal an unsere Nachkommen. Hauptsache, uns geht es gut, Hauptsache, wir bekommen immer mehr und mehr. Wäre uns bewusst, dass wir ein Teil von allem sind, und könnten wir uns wirklich eingebunden fühlen in dieses Ganze, so kämen wir auf völlig andere Ideen. Wenn wir das Verbundensein mit allem in seiner ganzen Wahrheit begreifen würden, gäbe es ab sofort keine Feinde mehr. Kriege wären überflüssig.

Es gibt ein indianisches Sprichwort, das sagt: Kein Baum hat Zweige, die so dumm sind, gegeneinander zu kämpfen. Und in den Upanischaden heißt es: Wenn ein Mensch verstanden hat, dass das Selbst in allen Dingen wohnt, welche Sorge, welches Problem kann es da noch für ihn geben, der in diesem Einssein lebt?

Würden wir dieses Verbundensein in seiner vollkommenen Konsequenz verstehen und auch leben, gäbe es keine bestialische Massentierhaltung. Wir würden keine Tiere missbrauchen, nur damit wir ein besseres Shampoo oder Sonnenspray bekommen. Wir wüssten, dass alles eins ist und wir lediglich ein Teil davon sind.

Eines kann man dem Ego sicher nicht absprechen: seinen Erfindungsgeist. Zu den größten Erfindungen des Egos gehört ein Gott, der – raten Sie mal – natürlich außerhalb von uns existiert. Unzählige Kriege wurden und werden deswegen immer noch geführt. Für Gott und Vaterland hieß so mancher Schlachtruf und Gott mit uns stand auf den Koppelschlössern der Soldaten von Reichswehr und Wehrmacht. Glauben Sie allen Ernstes, ein Gott wollte, dass seine Kinder sich gegen­seitig umbringen? Was soll das für ein Vater sein? Muss ein gläubiger Soldat nicht denken, dass Gott auch an der Seite der Gegner steht? Weder der christliche noch ein anderer Gott können wirklich wollen, dass ihre Kinder andere Menschen in ihrem Namen umbringen.

So aufgeklärt, wie sie immer vorgibt zu sein, ist die Menschheit also gar nicht. Dieser allmächtige Supermann, der nach Gutdünken unsere Probleme lösen oder uns bestrafen kann, je nachdem, wie brav wir nach seinen Gesetzen und Regeln leben, der jede unserer Handlungen, ja jeden unserer Gedanken voraussehen kann, diese himmlische Super-NSA, die ständig über uns schwebt, hält uns in immerwährender Abhängigkeit. Laut christlicher Lehre opferte er sogar seinen eigenen Sohn für uns. Verpflichtet das nicht zu größter Dankbarkeit und Ehrfurcht? In dem Wort Ehrfurcht steckt das Wort Furcht. Man sollte sich doch vor jemandem fürchten, der seinen eigenen Sohn opferte. Dieser Gott entspricht aber vollkommen den Bedürfnissen des Egos: Manipulation, Macht, Wettbewerb, Vergleich, Leistung, Rechthaben und Getrenntsein.

Mata Amritanandamayi sagte einmal: »Gott außerhalb zu suchen, ist ungefähr so, als versuche man, einen Fisch zu fangen, indem man den Ozean ausschüttet. Daher schaut nach innen.« Wir könnten diese Welt erhalten, wenn wir anfangen würden, selbstständig zu denken, statt den Versprechungen der Religionen zu glauben, nach dem Tod kämen Seligkeit und das ewige Paradies. Soll das etwa heißen, dass das Leben vorher unwichtig ist? Dass es lediglich ein gehorsam geduldiges Vorbereiten auf die Zeit danach ist? Bei Lukas 6,20 heißt es: Selig seid ihr Armen, denn das Reich Gottes ist euer. Und bei Matthäus 5,3 sogar: Selig sind die geistig Armen, denn ihnen ist das Himmelreich.

Sich geistig zu entwickeln und damit Bewusstsein zu erlangen versperrt also den Zugang zum Himmel? An anderer Stelle steht: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als ein Reicher in das Reich Gottes gelangt, oder: Man kann nicht Zweien dienen, Gott und dem Mammon (Geld). Würden die Kirchen das Letztere mal auf sich selbst beziehen!

Jahrtausendelang wurde uns auf die ein oder andere Art Angst vor der Hölle, die wir auch noch in allen schrecklichen Einzelheiten geschildert bekommen, eingebläut, ohne dass wir merkten, dass wir diese bereits oberhalb der Erde geschaffen hatten. Ein wahrlich schlaues Geschäft, die Menschen am Gängelband zu halten: »Wenn du nicht glaubst, was wir predigen und dich nicht danach verhältst, wirst du ewig in der Hölle schmoren.«

Machen Sie sich einmal das Wort ewig bewusst. Ohne Ende und ohne jede Hoffnung sollen wir leiden und büßen. Welch arglistige Verheißung! Einem Menschen jede Hoffnung auf Erlösung zu nehmen, ist so ziemlich das Schlimmste, was man ihm antun kann. So wird alles drangesetzt, dass wir uns schuldig fühlen. Dieses Gefühl wiederum schafft die Haltung: Ich bin schlecht.

Was das alles für die Köpfe kleiner Kinder bedeutet, in die man solch schreckliche Lehren hineinstopft, kann man nicht einmal ansatzweise erahnen. Was man ihnen in jungen Jahren eintrichtert, werden sie ihr Leben lang nicht mehr los. Man kann das ganz leicht an sich selbst beobachten. Selbst wenn Sie als Erwachsener kritisch der Kirche gegenüber eingestellt oder gar Atheist geworden sind, waren Sie ja als Kind in der Regel kirchlich geprägtem Religionsunterricht unterworfen.

Als ich vor Kurzem im Rahmen einer Besichtigung des Klosters Maria Laach mit einer meiner Ausbildungsgruppen in die dortige Kirche kam, bemerkte ich, wie wir alle automatisch die Stimme senkten, obwohl die Kirche zu diesem Zeitpunkt leer war. So würde man sich in keinem anderen Raum verhalten, in dem niemand anwesend ist. Dieses Verhalten wird man nicht los, es sei denn, man konfrontiert es bewusst. Ich finde es ebenfalls seltsam, dass Priester mit ›Hochwürden‹ angesprochen werden, und zwar nicht nur, weil wir immer wieder über unwürdiges Verhalten auch von höchsten Kirchenmännern informiert werden.

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