Kitabı oku: «ok ist eh ok», sayfa 2

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Höhepunkte des Horrors im Haushalt

Vermutlich werde ich es bei den Ausscheidungen für den „Mister Fifty-Fifty“-Award des Frauenministeriums nicht in die letzte Runde schaffen, aber ich gehöre immerhin zu jenen Männern, die sich in Boutiquen wohler fühlen als in Autohäusern und Baumärkten. Wer aus diesem Hinweis darauf schließt, dass ich nur zum Anschauen zu gebrauchen bin, hat eine unschöne Mentalität und ist selber blöd. Es gibt sogar Tätigkeiten im Haushalt, die ich, wenn schon nicht gerne, so doch lieber übernehme als andere. Einkaufen zum Beispiel. Oder Kochen. Oder das Befüllen der Waschmaschine. Es ist erstaunlich, wie sorg- und ahnungslos Frauen dabei verfahren. Gerne vergessen sie nämlich, Papiertaschentücher und anderen Kram aus den Taschen ihrer Hosen zu nehmen, bevor sie diese in die Wäsche werfen, und auch das Auf-links-Drehen wird gerne vernachlässigt. Dass Markenhemden jederzeit mit einer 60-Grad-Abreibung zu rechnen haben oder vorgekrumpelte Designershirts damit, gnadenlos glattgebügelt zu werden, versteht sich von selbst.

Heikel ist aber auch die Handhabung am anderen Ende des Waschvorgangs, vor allem, wenn sich Hemden, Langarmshirts, Strumpfhosen und Schürzen in der Trommel befinden und es dabei so arg treiben, dass man sich an japanische Bondage-Pornos erinnert fühlt. Zieht man dann an einem Ärmel oder einem Stück Küchenschürzengürtel, klatscht unweigerlich ein heillos verwursteltes Wäschegeschlinge wie Nabelschnur plus Nachgeburt auf den Badezimmerfußboden. Es gehört dies zu den größten Vexationen, die die Haushaltsführung zu bieten hat, steigerbar nur durch die Kombination von eingerissenen Fingernägeln und Nylonstrümpfen.

Zu den bevorzugten Aufführungsorten peinigender Insubordination organischer und anorganischer Materie zählen des Weiteren noch Herd, Kühlschrank, Geschirrspüler, alles, was spiegelt, und die Lade – insbesondere dann, wenn sie die Lieblingsnahrung von Speisemotten enthält (Schokolade, Semmelbrösel, Studentenfutter). Einen gefährlich weiten Wutwinkel zwischen den Füßen erzeugen frei flottierende Flüssigkeiten im Frigidaire, die daher rühren, dass eine schlecht veschraubte Flasche leckt, ein Stück Wurstpapier das Kondenswasserabflusslöchlein verlegt hat oder es endlich jemandem gelungen ist, die Tasse mit den seit Wochen aufbewahrten Eiklaren umzukippen. Man kann dann gleich das frischbezogene Bett flächendeckend mit lauwarmer Powidlmarmelade bestreichen.

Umweltschutzkrippenspiele, nicht mit mir!

Meine Geneigtheit, mich fürs eigen Fleisch und Blut zum Deppen zu machen, geht fraglos weit, ist aber auch nicht grenzenlos. Zwar halte ich die schleichende Umrüstung von Erziehungs- und Bestrafungsinstitutionen wie Schule und Elternhaus zu pädagogischen Dienstleistungszentren für ein ausgesprochen fragwürdiges Unterfangen, aber selbstverständlich erfülle ich nach kleinen cholerischen oder selbstmitleidigen Ausbrüchen zur Aufrechterhaltung eines letzten Rests von Selbstachtung fast jeden Wunsch auf dem Cateringsektor. Gerne trage ich also den mit Mandarinenschalen und Konfektstanniol überhäuften Teller in die Küche, reinige ihn dort mit einem Spülmittel der präferierten Duftnote (Ingwer-Lemongrass oder Bratapfel-Zimt) und serviere darauf den bestellten TV-Snack: diesfalls ein granatapfelkerngefülltes Bugles-Nacho-Käse-Stanitzel auf Mascarpone-Erdbeermarkfruchtspiegel mit Esterházy-Muster.

Auch zu persönlichen Verzichtsleistungen bin ich bereit, wenn sie nur der Umwelt, dem Weltfrieden und der Beruhigung des töchterlichen Gewissens dienen. Zwar habe ich mir schon als Sechsjähriger einen Philishave gewünscht, aber angesichts eines Bartwuchses, der locker von jeder unblonden 16-Jährigen überboten wird, die südlich von Treibach-Althofen auf die Welt gekommen ist, tut’s ein Nassrasierer mit Dreifachklinge auch. Gewiss, das Leben verliert an Geschmack und Glamour, wenn man der walfleischspeckgefüllten Klappstulle jäh entraten muss und zu Fuß oder mit dem Rad zur Arbeit soll, anstatt den Miniscooter oder die Igeleskorte zu nehmen, aber wird man durch das ökologisch selbstgefällige Glänzen von Kinderaugen nicht reichlich entschädigt? Ja, von mir aus. Aber am Sonntag um fünf nach acht sämtliche Lichter ausmachen – nein, das ist mir jetzt echt zu blöd! Das lass ich mir nicht von meiner Tochter und schon gar nicht von irgendwelchen popeligen Boulevardzeitungen anschaffen, die sich nach mitteleuropäischen Binnenländern benennen. Es ist für die Umwelt?! Die Umwelt kann mich mal!! Ich habe monatelang mit schimmelndem Biomüll in einer Küche gelebt, während die sauberen Sudelredakteure des erwähnten Bumsblattes mit ihren SUVs großohrige Landwirbeltiere plattgefahren und bei hochwattiger Festbeleuchtung ungeschützten Geschlechtsverkehr mit Dronten gehabt haben. Die sollen mir mit ihren tränendrüsendrückenden Umweltschutzkrippen-spielen vom Leib bleiben – bigotte Saubande!

Im Winter werden die Kühlschränke kleiner

Meinen bislang letzten Winterurlaub hatte ich Anfang der Achtzigerjahre mit Eltern und Geschwistern im Pinzgau verbracht. Ich habe währenddessen irgendeinen unfassbar faden Klassiker der Pädagogik für die Uni zu lesen versucht und orangegelbe BASF-Kassetten mit Musik von Thelonious Monk gehört. Auf der Rückfahrt erlitt ich im bayerischen Bad Reichenhall eine Panikattacke. Vielleicht ist das der Grund, warum ich auf Winterurlaube nicht so gut zu sprechen bin. Darunter wird ja gemeinhin nicht der Urlaub vom, sondern der Urlaub im Winter verstanden. So sehr ich meteorologische Schreckhaftigkeit verachte, die Menschen Flugreisen buchen macht, sobald man nach 22 Uhr nicht mehr im Ruderleiberl rumlaufen kann, so wenig verstehe ich, warum man dem Winter unbedingt nachreisen muss. Man kann den doch auch in der Stadt genießen und sich daran erfreuen, wie ein paar Dutzend Flocken den Verkehr zum Erliegen bringen.

Das Problem mit dem Winterurlaub ist, dass dieser in sogenannten Wintersportorten stattfindet. In Wintersportorten benehmen sich die Menschen aber so unwürdig wie ehemalige Finanzminister, und es gibt keine Kinos. Die Landschaft ist selbstverständlich atemberaubend, aber andererseits ist dieses ganze Gebirge doch auch von stark übertriebener Heroik – Geologie gewordener Tschaikowsky. Die Hotelzimmer hingegen sind meist eher klein. Und selbst wenn man das Geld für eine ganze Suite hätte, würde man feststellen, dass auch in dieser immer nur ein kleiner Kühlschrank steht. Da muss man dann erst die zwergenhaften Gläschen und Fläschchen rausnehmen, damit man eine normale Flasche Bier oder einen halben Liter Tonic reinstellen kann. Und weil man natürlich ein bissl anankastisch veranlagt ist, macht man das erst, nachdem die Zimmerreinigungstruppe Polsterkarate betrieben und das Ende des Toilettenpapiers umgeknickt hat. Am nächsten Tag stellt man dann den ganzen diminutiven Getränkekrempel wieder in den Babykühlschrank und versteckt die leeren Bierflaschen hinter der Schmutzwäsche im Kasten.

Das macht man aber alles gerne, weil die Tochter bei einem Holländer mit dem freundlichen Phlegma von Balu, dem Bären, nach der dritten Tüte Snowboardunterricht nehmen will. Drei Tage und 270 Euro später kann sie im Flachen relativ souverän neben dem Board liegen und beherrscht den englischen Fachterminus für diese Tätigkeit. Ich kann nur hoffen, dass ihr Balu nichts von seinen Substanzen überlassen hat.

Man findet keine Freunde mit Salat
Mein Leben mit der Biobobobagage, Teil 1

Wenn ich am Samstag von meinem stressigen Jetset-Life freigestellt bin, treibe ich mich auf dem Markt herum. Dort treffe ich, ganz egal, ob ich um 8.47 Uhr losziehe, um 9.12 Uhr oder um 10.03 Uhr, verlässlich den Geschäftsführer des Falter-Konzerns. Wir nicken uns wissend zu und nehmen getrennt den Kampf auf. Wir sind umgeben. Umgeben von unseresgleichen. Die Hölle, das sind Typen wie wir. Das Einzige, wodurch sich meinesgleichen von mir unterscheidet, ist, dass meinesgleichen alle Zeit der Welt zu haben scheint, wohingegen meine äußerst knapp bemessen ist. Es würde sich daher anbieten, mir in jedem Falle den Vortritt zu lassen. Ich brauche nicht viel und weiß genau, was: ein halbes Landbrot und einen Dinkeltoast. Meinesgleichen hingegen will a) schauen, b) Dinge, die es vor langer Zeit einmal gekauft hat, von denen es aber nicht mehr weiß, was genau es war (Fisch oder Käse oder doch eher Ziegenmilch?), c) Dinge, die gar nicht existieren.

Weil nur zwei Leute vor mir angestellt waren, bemühte ich mich unlängst gar, etwas von dem Biogemüse zu Apothekerpreisen zu erwerben. Dort stehen normalerweise die meisten Leute (logisch, heißt ja auch Gemüsestand und nicht Gemüseging). Meine Vorsteherin hatte offenbar ein Mother-Daughter-Bonding-Ding laufen und ihre Leibesfrucht, die wohl aufs Pubertieren vergessen hatte, zum gemeinsamen Gemüseerwerb mitgenommen – damit die das dann genauso macht und das Rad des ewigen Leidens in Schwung hält. Die Mutter begutachtete einige Minuten die Galerie der Salate, die ihr von der Gemüsefrau bereitwillig häuptlweise persönlich vorgestellt wurden, und erkundigte sich dann, nachdem offenbar jede in unseren Breiten züchtbare Salatsorte vorrätig war, nach einem Forellenschusssalat. Ich dachte, mein Schwein pfiffe. Das nächste Mal verlange ich beim Fleischhauer Kasperlkotelett! Die Gemüsefrau aber spielte das groteske Spiel mit und meinte, den gebe es nur im Frühjahr. Hernach kaufte die ganz offenkundig Wahnsinnige drei (in Zahlen: 3) Häuptl Eichblattsalat.

Die Leute sind total irre! Nur Schnecken und Schildkröten ernähren sich von Salat, für alle anderen Lebewesen ist das eine Bei-la-ge. Mit drei Häupteln findet eine Wiener Durchschnittsfamilie ein Monat lang ihr Auskommen. Jetzt verrottet das Zeug im Kühlschrank, und Frau Forellenschuss wird sich diese Woche wohl um Baumerdäpfeln, Schmetterlingsbohnen und blauen Paprika anstellen.

Mein Leben mit der Biobobobagage, Teil 2

Wenn ich im Laden mit naturnah erzeugten Gütern aus dem nördlichen Niederösterreich an der Reihe bin, grüßt mich der junge Mann freundlich und greift reflexartig nach einem Viertel Landbrot. Er kennt mich. Er weiß, was ich will. Er denkt: Hier kommt der traurige Trottel, der sich von Wasser, Brot und Dinkeltoast ernährt, ein fahler Fadiant, der niemanden hat, der ihm ein Frühstück macht. Ich kann es dem jungen Mann, der auch abseits des Marktes noch als solcher durchgehen würde, während ich allein von greisenfreundlichen Gemüsehändlerinnen hin und wieder noch als „junger Mann“ bezeichnet werde, nicht verdenken. Der kann die Welt doch nur so sehen: Überall biegen sich die Tische unter der Last der Drei-, Vier- und Fünfkornbrote, fein vermahlen, grob geschrotet und flankiert von fragwürdig schillernden Schinken und schimmelnden Schafskäsen, und dennoch kommen Samstag für Samstag wieder alle, alle zu ihm, um sich der sorgfältigen Auswahl eines sinnlos breit gefächerten Nahrungsmittelangebots zu widmen.

Paare, die sich noch paaren oder zumindest die fleischgewordenen Beweise einstiger Paarungsbereitschaft mit sich führen, diskutieren angeregt darüber, ob man nicht auch noch einen Streifen Räucherforelle und einen halben Apfelstrudel mitnehmen solle und ob das schnittlauchbestreute Frischkäsegupferl von vor vier Wochen nicht vielleicht gegen ein frisches auszutauschen sei. Frauen, die von ihren Männern „meine bessere Hälfte“ genannt, ansonsten aber weitgehend alleingelassen werden, richten genau dieselben Fragen an den jungen Mann hinter der Biobudl, der auf jedes keusche Flirtangebot auch dann noch bereitwillig eingeht, wenn sich die Schlange bereits durch die Tandelmarktgasse bis zur Taborstraße staut.

Eine echte Riesensauerei aber ist die Sache mit dem Amaranth! Vor einem Jahr hat der durchschnittliche Bauernmarktbesucher bei diesem Namen noch an violette Halbedelsteine gedacht. Dann habe ich als Erster das Zeug gekauft. Man kann sagen, dass ich für den Amaranth getan habe, was Michael Caine für die Brillenfassung getan hat. Heute ist Amaranth Kult, ein Must-have der Bodenvase. Und nun kommt der Biobobo und schnappt mir den Amaranth weg. Nächsten Samstag aber steh ich früh auf, kauf den ganzen Amaranth, und wenn alle Vasen voll sind, schmeiß ich den Rest in die Biotonne, ach was, in den Altglascontainer, harr harr!

Am Wildsalate-Stand herrscht großes Hallo

Alle müssen jetzt immer kochen. Ständig schmurgelt in den Küchen der Dachausbauwohnungen und ruralen Zweitwohnsitze irgendwas niedrigtemperaturmäßig vor sich hin, kaum ein Bessergestelltenhaushalt, aus dem am Abend nicht das Bersten der Salzkrusten dränge, die man mit kleinen Silberhämmerchen vom Branzino schlägt. In unseren Kreisen hat man das jetzt – so wie die jüngste CD aus der Bob-Dylan-Bootleg-Serie und die Alexander-Kluge-DVD. Da muss ich jetzt schon aus Gründen kindischer Distinktionshuberei ein wenig abseits stehen und den klobigen Kochprolo raushängen lassen. Bloß dass mir keine Sau glauben würde, wollte ich behaupten, mich von Tiefkühlchickenwings und Nachos mit Salsa-Sauce zu ernähren. In Wirklichkeit kaufe ich Brot und Käse in denselben Geschäften, vor denen die Salzkrustenhämmerer Schlange stehen. Ich mach ja die meisten Schrullen mit.

Seit einiger Zeit etwa gibt es auf dem Markt, wo sich am Samstag die Pudelmützenmütter und Kochkunstväter samt ihren kulinarisch verzärtelten Bälgern ein Stelldichein geben, einen Stand für runzelige Rüben und extrem hartblättrige Wildsalate – vermutlich alles Sorten, die bislang depressiv am Katzentisch der Evolution zusammengehockt sind und sich das Maul über den Rucola zerrissen haben („der glaubt wohl, er ist jetzt was Besseres?!“). Es herrscht also großes Hallo am Runzelige-Rüben-und-extrem-hartblättrige-Wildsalate-Stand. Vor mir stehen immer Frauen, deren Kinder gerade ausgezogen sind, und erkundigen sich nach Herkunft und Vornamen des bis dato völlig unbekannten Gemüses. Es läuft meist darauf hinaus, dass das Zeug nur anders aussieht und heißt, aber genauso schmeckt wie Rote Rübe oder Karotte. Worauf die von ihren Kindern verlassenen Frauen gleich noch ein paar Wurzeln auf die Waage häufeln, wo sie von den extrem auskunftsfreudigen Standbetreuerinnen schonend gewogen werden. Ist dann eine Menge, mit der die Karnickelpopulation Kanadas locker zwei Winter durchkommen würde, einzeln verpackt, schicken sich die Standbetreuerinnen, die seinerzeit sichtlich nicht die erste Wahl für die schulinterne Kopfrechenolympiade waren, an, die handschriftlich notierten Rübenpreise zu addieren. Das ist der Moment, in dem ich zart auszurasten beginne und unflätige Rübenendlagerungsvorschläge mache.

Ich kann auch ohne Spargel fröhlich sein

Was der warme Winter wirkt, ein Wunder bleibt’s dem Laien. Während die Heuschnupfensaison heuer für alle Allergiker um circa zwei Wochen früher anhebt, scheint der Spargel nicht übermäßig flott anzuschieben. Mir jedenfalls ist das lichtscheue Gemüse noch zu teuer. Der hohe Preis mag jetzt daher rühren, dass die vegetabilen Stalagmiten noch rar sind, oder daher, dass den Spargelstecher die Gier überkommen hat und er sich denkt: Zwar sprießt mein fahles Gold schon wacker, aber ich will doch den gleichen Preis verlangen wie letztes Jahr um diese Zeit, als die Ernte nach strenger Winterszeit noch dürftig war.

Weil ich aber wenig Lust habe, mich von Spargelstechern über den Löffel balbieren zu lassen, mied ich samstags die Märkte und zog hinaus vor die Stadt. „Natur, du hast so viel zu geben, es muss nicht Spargel sein“, sang ich und tat Äpfel, eine Flasche mit Johannisbeersaft und den Gameboy meiner Tochter in den Ranzen. Und eh wirs uns versahen, waren wir mit Bim, Bahn und Bus, um die uns der Rest der Welt zu Recht beneidet, schon bei der Cholera-Kapelle angelangt, wo froh ein Steg sich wölbt über fischdurchschwänzelte Flut und mannigfach die Vögel aus dem Geäst der blühenden Bäume brüllten. Keine zwei Stunden und vier verprügelten Mountainbiker später saßen wir vorm Schutzhaus Eisernes Tor, verzehrten Speisen unserer Wahl und trugen zum sichtlichen Vergnügen und unter großem Hallo der anderen Gäste Spottverse gegen Spargelstecher vor: „Spargelstecher, geiz’ger Mann, ich zünd dir deinen Spargel an!“

Nachdem des Speisens und Spaßens genug war, brachen wir wieder auf, um die nächste Raststätte noch vor Einbruch der Dunkelheit zu erreichen, was zwar leicht, aber nicht ohne töchterliches Genöle gelang. Doch reicher Lohn ist dem beschieden, der solches frohgemut erträgt. Auf der Vöslauer Hütte schenkt man Piestinger vom Fass aus. Auf der Vöslauer Hütte hat man einen Blick über den Wienerwald, wienerwaldiger geht’s gar nicht mehr. Auf der Vöslauer Hütte machen an so einem Aprilnachmittag alle alles richtig: Wirt und Wanderer, Kiefer, Kies und Kondensstreifen liegen einander vor Freude weinend in den Armen, und fast, aber nur fast, tun ihnen die Spargelstecher leid, die solches missen müssen.

Mit dem Essen spielt man nicht!

Das Interesse am Spargel ist aus vulgärpsychoanalytischer Sicht erschütternd leicht zu erklären: Der Franzose, der den Kopf bekanntlich mit nichts anderem vollhat als mit Schweinkram und Poesie, hat die Sexualmetaphorisierung der schmackhaften subterrestrischen Schubstängel in Dimensionen vorangetrieben, die wir aus Rücksicht auf die empfindsameren Naturen unter den Leserinnen und Lesern nicht einmal andeuten wollen. Faktum ist, dass ein präpubertäres Interesse am Spargelverzehr extrem selten vorkommt: Spargel ist kein Kindergemüse – ebenso wenig wie die Kohlsprosse oder die Olive, und der unvermutet einsetzende Appetit auf ihn darf in der Regel als ein sicheres Anzeichen dafür gelten, dass die Geschlechtsreife an der Haustür klingelt.

Spargel ist das lustigste Saisonalgemüse, das wir kennen – es macht nicht nur bei der Einnahme, sondern auch bei der Ausscheidung Spaß. Für den Spargel gilt dasselbe wie für die Kartoffel: Keep it simple – kochen, salzen, Butter rauftun. In Schinken oder ein Omelette einschlagen geht auch noch, aber jenseits davon beginnt schnell der gekochte Fasching. Unlängst musste ich in dieser Zeitung von einem Herrn lesen, der meinte, Spargel in Tempurateig einbacken zu müssen. Klar, warum nicht? Es sind ja auch schon Schallplatten paniert, Reichstage verpackt und Reclamhefte eingeschweißt worden, warum also nicht auch Spargel in Tempurateig tun, ist ja eh schon wurscht, wäh?! Als Nächstes kommt wahrscheinlich Saumaise à la Sacher – mit Marmelade zwischendrin und Schokoglasur.

Es ist bezeichnend, dass der Tempuramann dann auch noch mit der Auffassung zitiert wird, es handle sich bei Kochsalat um ein unterschätztes Gemüse. Ich weiß nicht, ob das ernst gemeint oder nur eine Bosheit gegenüber den Samstagvormittagsnaschmarktrumhängern war, denen man ja jeden kulinarischen Kokolores als angesagten Trend einreden kann. Anbei also etwas Basiswissen für Spätgeborene: Kochsalat gedeiht auf dem Boden von biologisch gekippten Tümpeln und wird selbst von jenen Tieren verschmäht, die darin überleben konnten. In der Nachkriegszeit wurde er gerne als Beilage zu ausgelaugtem Rindfleisch und verkokelter Augsburger serviert. Als sich im Laufe der Achtzigerjahre auch hierzulande Mindeststandards in den häuslichen Küchen durchsetzten, verschwand der Kochsalat wie von selbst vom Speiseplan.

Ich will meinen alten Stoffwechsel zurück

Die Hälfte meines Freundeskreises nimmt mittlerweile die Dienste einer Ernährungsberaterin in Anspruch. Das ist natürlich bloß eine poetische Behauptung, die – ins Alltagssprachliche rückübersetzt – nichts anderes bedeutet als: Die Hälfte meines Freundeskreises sollte eigentlich die Dienste einer Ernährungsberaterin in Anspruch nehmen. Warum? Weil die alle Harnsäure- und Gamma-GT-Werte haben, als wär rund ums Jahr Ostern, Weihnachten und Silvester zugleich. Andererseits sind ihre Bücher- und Weinregale bestens gefüllt, an Geld und Jahren herrscht kein Mangel – und irgendwer muss den Dienstleistungssektor ja am Brummen halten! Ich kann mir keine Ernährungsberaterin leisten, weil ich seit neuestem einen Podologen habe (bis zum Proktologen vulgo Popscherldoktor dauert’s hoffentlich noch ein paar Jahrzehnte), weswegen meine Füße seit Jahresbeginn in einem Paar goldbarrenschwerer und -teurer Schuhe mit mundgeblasenen Einlagen stecken, durch welche die fehlernährungsbedingten Haltungsschäden korrigiert werden sollen.

Es ist nämlich so: Weil wir zu viel vom Falschen essen und trinken, schwellen verschiedene Organe zwischen Schlüssel- und Schambein stark an, verursachen Druck- und Schwellschmerz, den wir durch Verrenkungen zu vermeiden trachten, die mit freiem Auge gar nicht sichtbar sind. Jahre und Jahrzehnte später freilich fordert dieser billige Trick hohen Tribut. Schon sitzen wir bei der Ernährungsberaterin und beim Podologen. Die sagen dann: „Hier brauchen Sie nicht blöd herumzusitzen, machen Sie Bewegung, und essen Sie mehr Sprossen! Kaufen Sie sich eine Sprossenwand, ich hätte da eine quasi neuwertige im Angebot, die hat stabile Hartholzlaminatholme und seegrasgefüllte Sumpfbüffellederauflagen, damit sie sich nicht das Schambein entzweihauen – kann ich Ihnen für 2670 Euro überlassen.“

So weit wäre es nie gekommen, hätten wir rechtzeitig auf unseren Körper gehört. Zu spät. Jetzt müssen die Weinregale und Quadrofonieanlagen, die Neo-Geo- und Neo-Rauch-Schinken der Sprossenwand weichen. Statt wie früher beim Italiener zu sitzen und über Kindergeburtstage und Büroaffären zu reden, hängen die Menschen aus unseren Kreisen jetzt in Saftbars ab und quatschen über Sprossenwände. Was für eine Schmach! Damit es doch nicht so weit kommt, habe ich im neuen Jahr noch keinen Tropfen Alkohol getrunken. 1985 hätte ich dadurch schon locker drei Kilo abgenommen.

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