Kitabı oku: «Die entkoppelte Kommunikation», sayfa 2
Der letzte Blog der Reihe befasst sich mit dem Thema „Verwahrloste Kommunikation“ und thematisiert die Forderung nach Transparenz als kategorischem Gebot.
Kommunikation in der Immobilienbranche
Zu meinen Kompetenzen gehört seit mehr als vier Jahrzehnten das Thema Kommunikation im Bau- und Immobiliensektor. Der erste Beitrag in diesem Kapitel zeichnet denn auch die Entwicklung der systematischen Pressearbeit in der Immobilienbranche nach und kommt zu dem Ergebnis, dass in einer offenen Gesellschaft nur ein Unternehmen Seriosität für sich beanspruchen darf, das die Kommunikation zum Prinzip der Unternehmensraison erhoben hat.
Dieser generellen Einführung in das Thema folgen journalistisch aufbereitete Kolumnen aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, beginnend mit einem Text zu „Immobilien und Ethik“, der die Bedeutung von Transparenz als Gebot auch immobilen Handelns in einer offenen Gesellschaft betont.
„Öffentlichkeitsarbeit“, der nächste Text, erläutert die Wirkmechanismen von „Public Relations“ und ihrer Wechselwirkung mit der Arbeit der Medien und deren Repräsentanten, den Journalisten. In den Blick genommen werden müssen dabei freilich auch die diversen Zielgruppen, vulgo das Publikum. Dass Public Relations im Sinne des großen Ganzen einer Gesellschaft einem unternehmerischen Zweck dienen, speziell bei hochgradig komplexen Produkten wie der Immobilienbranche, erläutert die folgende Kolumne, gefolgt wiederum von grundsätzlichen Ausführungen zu einem speziellen Segment der Public Relations, den Investor Relations, die häufig vernachlässigt werden.
„Die vergessene Kommunikation“ hat den Arbeitnehmer im Fokus, der oft aus der Zeitung von relevanten Entwicklungen in „seinem“ Unternehmen erfahren muss. Des Corporate Governement Codex nimmt sich die nächste Kolumne an mit besonderem Bezug auf die Verantwortung der Politiker und fragt folglich auch nach einem „Political Governance Codex“, eine Frage, die speziell in einer demokratisch verfassten Gesellschaft jederzeit Allgemeingültigkeit beanspruchen muss und innerhalb der politischen Klasse eigentlich eine selbstverpflichtende Antwort zur Konsequenz haben müsste.
Um öffentliches Vertrauen geht es im nächsten Beitrag, gebunden an die Bedingung, dass Führungskräfte auch bereit sind, die Verantwortung für ihre Handlungen speziell auch in der Immobilienbranche zu übernehmen.
„Gefährliche Geheimniskrämerei“ betreibt, wer sich auf Schönwetter-Öffentlichkeitsarbeit beschränkt.
Eine „Allwetter-Kommunikation“, die auch unliebsame Dinge offenlegt, ist das Gebot jeder seriösen Kommunikationsstrategie in einem Unternehmen. Speziell in einer Krise ist eine Salamitaktik der Information oder eine Verschleierung von Fakten eher kontraproduktiv.
Zu eben diesem Ergebnis kommt auch die Kolumne „Strategische Öffentlichkeitsarbeit“, die sich wesentlich mit börsennotierten Immobilienaktien nach amerikanischem Vorbild befasst.
„Im Kampf um Kapital und Märkte“, so die folgende Kolumne, wird Kommunikation zum wesentlichen Erfolgskriterium des Managements, nicht zuletzt bei der Suche nach Investoren auf den Kapitalmärkten dieser Welt.
Last not least geht es um „Wege aus der Krise“ und damit verbunden der Forderung nach unabdingbarer Ehrlichkeit als Voraussetzung für jede Kommunikation – auch mit sich selbst.
Der Corporate Communication Codex
Um eine Leitlinie der Kommunikation in Unternehmen geht es beim von mir für die Initiative Corporate Communicative Responsibility (ICCR) entwickelten Corporate Communication Codex (CCC). „Kommunikation 4.0“ adressiert die Führungsverantwortlichen in den Unternehmen genauso wie den Mitarbeiter, auf den als Kommunikationssouverän und Repräsentanten „seines“ Unternehmens im Zeitalter der digitalen, internetbasierten Medien weit mehr Verantwortung zukommt als im herkömmlichen Sinn üblich.
Im Vordergrund des CCC steht der an Good Governance-Kriterien orientierte Praxisbezug. Insofern versteht sich der CCC auch als Ergänzung des Corporate Governance Codex unter kommunikativen Gesichtspunkten. Denn Governance und Führung sind ohne Kommunikation undenkbar. Mehr noch: Kommunikation geht Governance und Führung logisch und faktisch voraus und begleitet diese de facto in allen damit in Zusammenhang stehenden Prozessen. Good Governance ist immer auch Good Communication und vice versa.
Nicht zuletzt in Anbetracht der Sprachverwirrung der Politik in unserer Zeit wäre auch ein Political Communication Codex wünschenswert, für den der CCC schon eindeutig Maßstäbe setzt und als Vorbild herangezogen werden könnte. Denn vieles, was schiefläuft in Politik und Gesellschaft, speziell in Demokratien, ist auf einen Mangel an Kommunikationsfähigkeit und Kommunikationsverantwortung der politisch Handelnden zurückzuführen.
Defizite der Kommunikation in den politischen Institutionen unserer offenen Gesellschaft ebnen Verschwörungstheoretikern jedweder Couleurs den Weg. Kommunikativ hilft dagegen nur der institutionalisierte Diskurs in Permanenz – trotz aller damit verbundenen Mühsal der Überzeugungsarbeit.
Der Konsens ist die Ausnahme,
der Konflikt die Regel
Ohne diese Überzeugungsarbeit und ohne eine mit der Überzeugungsarbeit einhergehende Einsicht in die großen Zusammenhänge unseres Lebens in dieser so und nicht anders gewordenen Wirklichkeit unserer Hemisphäre im dritten Jahrtausend christlicher Zeitrechnung werden wir zum Spielball kommunikativer Großmächte. Im digitalen Kommunikationszeitalter, vorübergehend attribuiert als 4.0, damit bezeichnenderweise auf die vierte industrielle Revolution Bezug nehmend, verdichtet sich das individuelle Verantwortungsprinzip in einer quasi grenzenlosen Kommunikationsverantwortung. Wesentlich in diesem Zusammenhang ist die Einsicht in den Sachverhalt an sich und eine daraus notwendig resultierende Kommunikationsethik, die dem Einzelnen als schicksalsergebenem Kommunikationssouverän seine ihm spezifisch eigene Verantwortung bewusst macht. Auch in der Kommunikationswirklichkeit 4.0 kennzeichnet nämlich persönliche Verantwortung das Wesen jedweder Kommunikation. Wer kommuniziert, antwortet und verantwortet in gleichen Maßen. Und gebietet der grenzenlosen Kommunikationsverantwortung gleichzeitig Einhalt. Denn eine jede Antwort definiert Grenzen in den klar umrissenen Maßen des jeweiligen Fragens, verengt die Hyperkomplexität der Wirklichkeit auf ein überschaubares Segment individueller menschlicher Kompetenz im Verifizieren und Falsifizieren hinterfragter Phänomene. Eine Antwort gilt nämlich so lange als richtig und wahr, solange sie nicht widerlegt ist. Karl Poppers wissenschaftliche Erkenntnis-Methodologie hält damit sinnvoll Einzug in die menschliche Kommunikation des Fragens und Antwortens.
Wir antworten besten Wissens und Gewissens, im Gewissen unseren Verständnis- und Verstehens-Horizont bis an dessen Grenzen ausreizend, eine Antwort nicht selten aber auch verweigernd, wenn wir uns unserer Inkompetenz im konkreten Einzelfall bewusst sind. Auch die Verweigerung einer Antwort gehört ins Spektrum unserer Kommunikationsverantwortung. Besser gar nicht antworten, als falsch antworten.
Dieses individuelle Verantwortungsprinzip gilt im persönlichen Bereich genauso wie in Wirtschaftsunternehmen oder in gesellschaftlichen und politischen Institutionen. Mit diesem Verantwortungsprinzip verbunden ist allerdings auch die Erkenntnis, dass es einfache Antworten in unserer Welt nicht mehr geben kann. Kommunikation ist insofern Mittel zum Zweck, damit den Apologeten der Unterhaltungsindustrie in die Suppe spuckend, die Kommunikation zum Selbstzweck stilisieren und von allen relevanten Realitäten deswegen entkoppeln, weil auch die Desinformation als Information daherkommt, mit der sich Geld verdienen lässt. Je mehr, desto besser. Das gilt für das Geldverdienen genauso wie für die verkaufte Ware, jenes virtuelle Produkt aus faktischer Information und gezielt herbeigeführter Desinformation.
Sich diese Zusammenhänge immer wieder vor Augen zu führen, ist insofern von besonderer Relevanz, weil dadurch der Rahmen auch und gerade der persönlichen Verantwortung immer wieder aufs Neue abgesteckt wird und die Grenzen sinnhafter Kommunikation definiert werden. Speziell in einer fortgeschrittenen, den Einzelnen bis an die Grenzen der Belastbarkeit und darüber hinaus strapazierenden Kommunikationsgesellschaft tut die Erinnerung not, dass der Konsens im Kommunikationsprozess keine Selbstverständlichkeit ist, sondern speziell in einer Demokratie errungen werden will und in der alltäglichen Praxis der politischen Entscheidungsfindung eher als Kompromiss daherkommt.
Auf der Suche nach Selbstvergewisserung in persönlichen Antworten auf alle Fragen des Lebens und im Ringen um die Durchsetzung eigener Meinung gegenüber anderen, oft zu Recht als „Streit-Kultur“ apostrophiert, ist und bleibt der Konsens eben die Ausnahme, der Konflikt die Regel. Im Diskurs um Antworten und Werte in einer pluralistischen Gesellschaft ist damit nichts anderes beschrieben als die Normalität von steten Irrungen und Wirrungen im kommunikativen Mit- und Gegeneinander der Menschen in unserer Zeit und in unserer Welt.
Die Kunst, relevante Fragen zu stellen
Über diese praktischen Kommunikations-„Formalitäten“ hinaus geht es in einer zukunftsorientierten, problembewussten Kommunikationskultur heute wesentlich und mehr denn je um die Kunst, relevante Fragen zu stellen, um essentielle Inhalte also. Die relevanteste Frage von allen?
Ist unsere Kultur des Lebens und Hausens auf diesem Planeten in einen Einklang mit der Natur zu bringen? Ist die anthropogene Notwendigkeit des Behaust-Seins nicht per se immer gegen die Natur gerichtet? Müssen wir unsere Kultur nicht selbst auf den Prüfstand stellen, einen Blick von außerhalb auf das große Ganze unseres Lebens und Hausens in einer zivilisierten Wirklichkeit wagen? Ist die Konzentration auf die Klimakrise als der vermeintlichen Zukunftsherausforderung schlechthin nicht eine gefährliche Verengung des Blickwinkels? Müssen wir nicht statt dessen die Natur als Ganzes und deren elementare Gefährdung durch den Menschen in den Blick nehmen?
Diese Fragen im kommunikativen Diskurs aufzugreifen, ist das Gebot nachhaltiger Verantwortung für das Überleben der Menschheit auf diesem Planeten – dem derzeit noch vorherrschenden Unterhaltungsklamauk in der Kommunikation eine definitive Absage erteilend. Kommunikation wird durch diese Fragen wieder rückgekoppelt an die Realität unseres menschlichen Seins und damit zurückgeführt auf ihren eigentlichen Zweck, Mittel zu sein.
Was ist Kommunikation?
In ihrer allgemeinsten Form meint Kommunikation einen Vorgang, bei dem ein Kommunikator (Sender) eine Botschaft über irgendeinen Träger (Kanal) an irgendeinen Rezipienten (Empfänger) sendet und eine Wirkung hervorruft. Dabei wird der Rezipient gleichzeitig oder nacheinander zum Kommunikator, der Kommunikator gleichzeitig oder nacheinander zum Rezipienten. Durch den Vorgang der Interaktion, der Wechselwirkung zwischen Sender und Empfänger sowie der damit verbundenen Substituierung des Sendens durch das Empfangen und umgekehrt, erhält die Kommunikation eine soziale Dimension: Sie beschreibt eine soziale Beziehung zwischen Menschen, die sich durch eine bewusste oder unbewusste Teilnahme am Kommunikationsprozess definieren. Mehr noch, Kommunikation meint den Modus vivendi des sozialen Lebens schlechthin. Jede gemeinsame Aktivität von Menschen, sei es Sprechen, Essen, Arbeiten, Handeln, Feiern etc., wird durch Kommunikation vollbracht. Dabei ist Kommunikation wesentlich symbolischer Natur. Denn die Übermittlung komplexer Botschaften in Gestalt von Gedanken, Wünschen oder Empfindungen lässt einen nicht-symbolischen Weg nur selten zu. Auch das Schweigen als Kommunikationsweg hat symbolischen Charakter, eine Tatsache, auf die wir zurückkommen werden.
Kommunikationssymbole sind kulturell bestimmt und führen Menschen zusammen, können sie aber auch trennen. Das zeigt ein Blick auf die Primärtechniken der Kommunikation. Die Sprache als kulturell etabliertes System verdeutlicht das Gemeinsame genauso wie das Trennende – schließlich gibt es viele Sprachen auf dieser Welt. Auch die Bedeutung der nonverbalen Primärtechniken wie Gestik und Mimik unterscheidet sich von Kulturkreis zu Kulturkreis und definiert das jeweils Eigene wie das Fremde. Die Sekundärtechniken der Kommunikation, Schrift und elektronische Mittel, können wir bei unserer Aufzählung aussparen. Uns interessiert ausschließlich die unmittelbare Kommunikation von Menschen untereinander, die intra-individuelle und die interpersonale.
Verweilen wir zunächst noch bei der interpersonalen, der sozialen Kommunikation. Verständigen wir uns über deren Grundlagen und wagen wir anschließend gemeinsam den Schritt, uns über die intra-individuelle Kommunikation dem Wesen des Charismas zu nähern.
Bei der interpersonalen oder sozialen Kommunikation begegnen sich mindestens zwei Individuen, die wir als Sender-Selbst und als Empfänger-Selbst bezeichnen. Dabei sehen wir, dass das Sender-Selbst immer auch Empfänger-Selbst und das Empfänger-Selbst immer auch Sender-Selbst ist.
Das Schiffchen der Kommunikation geht, wie auf dem Webstuhl, hin und her, ohne Unterlass. Selbst das Schweigen ist Kommunikation und in diese Hin- und Herbewegung des Kommunikationsschiffchens eingebunden.
Nicht-Kommunikation ist unmöglich, wie Paul Watzlawick richtig notiert. Zumindest unbewusst kommunizieren wir ständig.
Kinästhetische Botschaften gehören in diesen geheimnisvollen Bereich genauso wie rein psycho-physiologische. Oder hätten Sie und ich etwa keine Erinnerung daran, wie sich unsere Beine beim seltsam weiten Weg zum Schreibtisch unseres Chefs verknoteten? Oder an das zarte Erröten unserer Haut beim Anblick des oder der Angebeteten? Beispiele dieser oder ähnlicher Art sind Ihnen und mir nur allzu geläufig; wir leben mit ihnen auf Du und Du, weil unser Unbewusstes allzeit eine erhebliche Rolle im Prozess des Kommunizierens spielt.
Davon weiß nicht zuletzt die Psychoanalyse zu berichten. Aus der psychoanalytischen Terminologie sind uns die Ebenen des Selbst vertraut: Ich, Über-Ich, Es. Jede Ebene spielt bei allen Kommunikationsprozessen eine spezifische Rolle. Eric Berne hat dies in seiner populären Theorie der Transaktionen nicht zuletzt durch eine Vereinfachung der psychoanalytischen Begriffe verdeutlicht.
Ich habe Bernes Transaktionsmodell ein bisschen umgebaut. Das Muster verläuft nun von einer rationalen zu den irrationalen Ebenen. Das Erwachsenen-Ich steht dabei für das Ich in der Psychoanalyse und meint die bewusste Fähigkeit zur rationalen Kommunikation. Diese Ebene beschränkt sich auf den Austausch eindeutiger Informationen. Für jedes zwischenmenschliche Miteinander ist dieser Austausch notwendige Basis. Aus dem Über-Ich wird in der Transaktionsanalyse das Eltern-Ich, das die in jedem Individuum festgeschriebenen moralischen Axiome beschreibt, die unsere Kommunikationen bestimmen. Ich nenne die mit dieser Art von Kommunikation verknüpfte Ebene die der Meinungsbildung. Eine Meinung geht durch ihren werthaltigen Charakter über eine bloße Information hinaus, Meinungen sind innerhalb eines Koordinatensystems von Werten festgemachte Informationen. Sie sind deshalb sinnvoll, weil wir durch ihre Ablehnung oder Zustimmung unserem Leben eine Orientierung zu geben vermögen. Schließlich ersetzt das Kindheits-Ich das Es der klassischen Psychoanalyse und deckt jene Felder des Unbewussten ab, die sich unserer Kontrolle in der konkreten Kommunikation gänzlich entziehen. Diese Kommunikationsebene der unbewussten Wechselwirkung gehört zwangsläufig zu unserem Menschsein mit dazu.
In jedem Kommunikationsvorgang sind alle Ebenen des Selbst gleichermaßen einbezogen und angesprochen. Jede Kommunikation wird so zu einem Vorgang von immenser Komplexität. Die Kardinalfrage lautet immer: Wie stelle ich als Sender sicher, dass meine Botschaft beim jeweiligen Empfänger so ankommt, wie ich sie verstanden wissen möchte? Ihnen und mir ist vollkommen klar, was gemeint ist, wenn gesagt wird, dass der Ton die Musik macht. Genau darin, in dieser Allerweltsweisheit, liegt eines der Grundprobleme interpersonaler Kommunikation zwischen Individuen verborgen. Wenigstens an einem Beispiel will ich dies aufzeigen. Wer sich für Details interessiert, der sei auf die Bücher von Eric Berne und auf seinen Schüler Thomas H. Harris verwiesen. Von Berne stammt übrigens das wohl bekannteste aller Bücher zum Thema Transaktionsanalyse: Was sagen Sie, nachdem Sie „Guten Tag“ gesagt haben?
Zu unserem kleinen Beispiel. Sachlich, wie Sie meinen, fragen Sie Ihre Frau, ob sie sich schon Gedanken über den nächsten Urlaub gemacht habe. Sie sind Ihrerseits bester Absicht bei dieser Frage und wollen sich lediglich über einen bestimmten Stand der Dinge informieren. Ihre „sachliche“ Frage treibt Ihre Frau zunächst in einen Wutausbruch à la „Muss ich mich denn immer selbst um alles kümmern?“ Und anschließend in einen Weinkrampf (verbunden mit der schluchzend vorgebrachten Frage, ob sie sich den Urlaub, wie letztes Jahr, von vornherein abschminken könne). Ihre ganz rational auf das Erwachsenen-Ich ihres Gegenübers zielende Frage ist also auf den beiden irrationalen Ebenen des Empfänger-Selbst gelandet. Auf der Ebene des Eltern-Ich, das Sie zur Räson rufen möchte und auf der Ebene des Kindheits-Ich, das unterschiedlichste unverdaute Probleme mit der vielleicht erst neueren Erfahrung eines berufsbedingt abgesagten Urlaubs hochkocht. So weit zu der möglichen Analyse von Transaktionen.
Jede nur denkbare Kommunikationssituation kann mit Hilfe der einfachen Begriffe Bernes auf den Prüfstand unseres Bewusstseins gehievt werden. In unserem konkreten Beispiel haben wir es notwendig außerdem mit ganz bestimmten Kontexten von Kommunikation zu tun. Da es davon mehrere gibt, lohnt es sich, diese systematisch zu betrachten. Unser beschriebenes Problem berührt die Beziehungs- und Befindlichkeitskontexte. Die Gelegenheit ist als Thema definiert durch den bevorstehenden Urlaub, die Beziehung durch den Umstand ehelicher Gemeinschaft, die Befindlichkeit schließlich durch die emotionale Ausgangssituation von Kommunikator und Rezipient. Zu einer echten Problemdiskussion, die Sie mit Ihrer sachlichen Frage intendiert hatten, ist es deswegen nicht gekommen, weil Sie sich der Kontextlage Ihrer Frau nicht bewusst waren. Die Systematik wird komplettiert durch die Felder „kultureller“ und „sprachlicher“ Kontext. Denn dass die kulturelle Herkunft wie die Sprache eine bedeutende Rolle beim Zustandekommen oder bei der Art von Kommunikation spielen, dürfte klar sein. Die sogenannte „Ausländerproblematik“ fast überall auf der Welt ist ein trauriger Beleg für die Relevanz dieser Kontexte.
In einer höchst einfachen und deswegen überaus nützlichen Matrix verdeutlicht Harris in seinem Buch Ich bin ok., du bist ok. die wechselwirkenden Befindlichkeitsalternativen von Sender und Empfänger. „Ich bin ok, du bist ok.“ dokumentiert jene Befindlichkeitskonstellation. Harris verwendet den Begriff „Lebensanschauungen“, die eine sinnvolle Kommunikation erwarten lässt. Alle anderen Konstellationen sind ungleichgewichtig, jede mögliche Kommunikation erscheint problembelastet. Dabei spricht die von Harris gewählte Sprachsymbolik für sich. Die vier möglichen „Lebensanschauungen“ unserer abgebildeten Matrix entstehen bereits in einem frühen Lebensalter, bisweilen während der ersten Lebensmonate.
Wie ein Mensch sich selbst und wie er andere sieht, wird also sehr früh in das Individuum eingegraben. Ganz zwangsläufig, so Harris, startet jeder Mensch mit der Anschauung „Ich bin nicht ok., du bist nicht ok.“ ins Leben. Diese Anschauung sei die logische „Folgerung“ des Babys aus einer Situation der Ohnmacht bei der Geburt und im Säuglingsalter. Wie und auf welche Weise sich die Anschauungen im späteren Leben verändern, hängt vollkommen von der nicht zuletzt kommunikativen Entwicklung des Individuums in seinen sich wandelnden sozialen Umfeldern ab.
Generell zeigt sich Kommunikation in jeder sozialen Konstellation immer auch in zweifacher Hinsicht als Funktion der miteinander kommunizierenden Selbsts. Beiden geht es um die Befriedigung der Bedürfnisse Sicherheit und Macht. Vergewisserung des eigenen Selbst und Einflussnahme auf das andere Selbst sind insofern nur zwei Seiten derselben Kommunikationsmedaille. Sicherheits- und Machtbedürfnis verweisen stets auf das je individuelle Selbst im Kommunikationsprozess.
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