Kitabı oku: «Hannis Äpfel»
Kurt Marti
Hannis Äpfel
Gedichte aus dem Nachlass
Herausgegeben von Guy Krneta
Mit einem Nachwort vonNora Gomringer
Wallstein Verlag
Inhalt
Hannis Äpfel
Nachwort. Kurt Orpheus Marti
Editorische Notiz
Impressum
stilllebenhannis äpfel
apfels rot:
ohne falsch
apfels tugend:
saftprall
apfels leumund:
bio
apfels haltung:
philosophisch
apfels tätigkeit:
hier sein
apfels traum:
baum werden
verschont
leben
mein igel
der auf nächtlicher
strasse
den autorädern
entkam
geh!
geh dicht
geh!
aber nicht
in die knie
aber nicht
auf allen vieren
geh furchtlos
geh aufrecht
– wohin?
geh dicht
geh!
im weitergehen
auf der hut sein – wozu?
langsamer nur
fliegt der pfeil
dessen kommen du siehst
gelegentlich
bin ich
senil
und schon dumm –
ich frage
kaum mehr:
warum?
oder bin ich
einfach
bloss müd
und lasse
geschehn
was geschieht?
missglück
weils einem traurigen fink
nicht glücken wollte
ein lustiger spatz zu werden
verkroch er sich tief
– von sonne und spatzen verlacht –
im schattengebüsch
was tut er dort?
möchte er sterben?
oder misslingt ihm auch das?
kommt keine katze
die sich seiner erbarmt?
favoritin
hochnäsig oft
sind lange beine
drum liebe ich
mit kurzen eine
föhn
ich liebe
den föhn
und bin ihm
doch böse
weil er
das herz
meiner liebsten
plagt
föhn! du föhn!
warum grad
das kleine
so grosse
herz
meiner liebsten?
lage
bin nicht in der lage
bin fast nie in der lage
bin überhaupt
in keiner lage mehr
mein los
heisst: lagelos
wie werd ich
diese lage los?
nasser juni
und weiter regnets
im feld fault das heu
die verfärbung gefällt mir
bin ja nicht bauer
bin händler
und werde heut nacht
das fell des grossen
bären verkaufen
ballhörnchen
reich und reich gesellt sich gern
wie man sich kettet so liegt man
muhe recht und scheue niemand
man muss die besten feiern wenn sie fallen
wir sind ein einig volk von biedern
über land
1
festzurrend (mein ich)
die unruh im kopf
und auto-autisten
die schulter zeigend die warme
(der sonne sei dank:
im hades heisst es
wärme sie nicht mehr)
geh ich fürbass
ja ja: fürbass
warum nicht: fürbass?
2
fahren macht fahrig
gehen ist besser
nur nicht zu hastig
zu langsam ebenfalls nicht
kein falsches tempo
hügel und hunde
könnten argwöhnisch werden –
und so denn
mit inwendig ach gedanken
auswendig längst geläufig
fürbass
3
ein wölklein zerfasert
ein zweites kriegt flossen
heuwender tuckern
aus stämmen guckt wald –
wie sagte a. neulich?
»natur – welch romantischer irrtum!«
viehhüter umfrieden
hochleistungskühe
(künstlich gezeugt
künstlich besamt)
4
dort drüben
neben dem steinbruch
eine kleine dächerversammlung
und hier zwei silberpappeln
und ich der fürbass
sonst eher ungern
mit mir zusammen
im moment aber doch
– unterm blauen segel da oben –
beinah mich duldend
beinah versöhnlich
kuhaugenruhe im kopf
5
lockt gehrhythmusrausch
oder wähn ich zu finden
was nicht gesucht werden kann?
der schädel hat zu glühen begonnen
eine hecke fällt auf
aus feld- wird grasweg
über halmen und klee
zwei lila falter:
flügelnder free jazz
verrückte loopings
6
asphaltband
anmutig um hügelschultern gelegt
unermüdlich schaut von der höhe
eine linde ins land
das seinerseits unermüdlich
die linde beschaut:
land und linde
(hätten sie augen)
auge in aug –
und hinzugedacht
(natura est fabula): eine lerche
winzig werdend im blau
7
fürbass ja
über land ja
an scheunenwänden
und trafohäuschen
anzeigen lesend:
militär bietet auf oder zivilschutz
schwingfeste viehschauen gäbs
theater mit anschliessendem tanz
junge rockbands treten
in alten gasthöfen auf
hie und da wird gestorben –
über blaufernem gebirge
kleine stockwolken jetzt
(wattig watteau rokoko)
hühner im schatten des nussbaums
durchs gattertor holpert
ein traktor auf die strasse hinaus
auf dem anhängerwagen kunstdüngersäcke
der fahrer nickt einen gruss
8
schöne neue apfelbaumwelt
(niederwuchs gern-gezweigt)
eine krähe reglos im feld
ganz majestät ganz gier –
die weite landschaft
schwenkt walddunkle fahnen
im freundlichen biswind
sonne schwatzt auf die haut ein
asphaltgetrockneter kuhdung
unten durchs tal rauscht ein zug
9
ausgerupft abgeerntet
ein kirschbaum am weg
noch lehnt die leiter
am stamm –
einst war ich im kommen
nun bin ich im gehen
(solo fürbass)
ein pferd schaut mir nach
10
müllmuldenrest (ablagerungen verboten!)
was führt ein toyota im schilde
der – als spähte der fahrer aus –
geräuschlos hinrollt am waldrand?
eine badewanne verrostet im feld
behutsam senkt sich das wiesengelände
ein sägewerk unten am bach
steht still ist verlassen –
schon bieten trottoirs sich an
eine ortschaft lässt bitten
spätnachmittags jetzt
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