Kitabı oku: «Schattenspringer auf Kreuzfahrt», sayfa 3

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Von einfachen Schiffsreisen zu Luxuskreuzfahrten

Häfen und Länder rund um das östliche Mittelmeer lernten wir gemeinsam mit ca. 700 internationalen Passagieren auf einer Kreuzfahrt mit der MS AZUR kennen. Das internationale Publikum und die vorrangige Orientierung auf die italienischen Gäste und ihre Sprache schmälerten allerdings meine Reiseeindrücke vom Leben an Bord, nicht aber die Erinnerung an einmalige historische Bauwerke und Ereignisse bei den Ausflügen.

Wir besichtigten die Ruinen der einstmals blühenden Stadt Pompeji, die 79 n. Chr. bei einem der schlimmsten Ausbrüche des Vesuvs zerstört wurde.

Wir entspannten uns auf der griechischen Insel Santorini und bestaunten in Limassol auf Zypern die Zeugnisse einer glorreichen Vergangenheit.

Noch weiter zurück in die Antike führten uns in Ägypten die Attraktionen von Kairo und Gizeh. Im Ägyptischen Museum bestaunten wir die berühmte Totenmaske des Tutanchamun und in Gizeh die Cheops-Pyramide und die Große Sphinx. Ungewohnte Hitze, gleißendes Licht der Sonne und nirgendwo ein schattiges Plätzchen trübten meine Stimmung und hinterließen Spuren auf meiner Haut, trotz aller Vorbeugungsmaßnahmen, so dass ich die Dunkelheit der Innenkabine und die Klimaanlage auf dem Schiff als Wohltat empfand.

Von Alexandria aus führte uns die Reise mit der MS AZUR in den israelischen Hafen Ashdod. Von dort unternahmen wir einen ausgedehnten Tagesausflug in die Heilige Stadt Jerusalem und in das nur 7 km entfernte Bethlehem. In Jerusalem atmete ich einen Hauch der Religionen und ihrer Geschichte ein, über die ich zu meinem Bedauern in der Schulzeit nur wenig erfahren hatte. Andachtsvoll verkrochen wir uns an der Klagemauer, dem heiligsten Ort des Judentums, in den Schatten und beobachteten von dort ehrfurchtsvoll das Verhalten der Gläubigen. Anschließend spazierten wir mit Hut und Sonnenschirm durch das christliche Viertel und die Via Dolorosa zur Grabeskirche.

Nach den Hitzeschlachten bei den Kreuzfahrten im östlichen Mittelmeer zog es mich in kühlere nördliche Gefilde. In einem der folgenden Jahre fuhren wir mit der MS A’ROSA BLUE in den hohen Norden zum Nordkap, nach Island und Großbritannien.

Gemeinsam mit fast 1600 Passagieren besuchten wir Bergen und durchquerten den Geiranger Fjord. Am Nordkap hatten wir von einem senkrecht abfallenden Plateau einen imposanten Blick auf das nördliche Eismeer. Wir sahen zwar die Mitternachtssonne, konnten aber die im Prospekt beschriebene einsame, wilde Schönheit und die Stimmung, die durch das Licht hervorgerufen wird, in der Ferne wahrnehmen, im Getümmel von Hunderten Menschen auf dem Plateau aber nicht wie erwartet genießen.

Auf Island faszinierten uns der Godafoss, der Wasserfall der Götter, ebenso wie das Gebiet der Geysire, wo der Strokkur im Abstand von wenigen Minuten eine imposante Wassersäule in die Luft steuert.

In Schottland blieb mir als Literaturliebhaber das eindrucksvolle Bilderbuchschlösschen Cawdor Castle, umgeben von einem Hauch mittelalterlicher schottischer Vergangenheit und dem Schauplatz von Shakespeares Drama „Macbeth“, in besonderer Erinnerung.

Nach nunmehr einschlägigen Erfahrungen bei Kreuzfahrten mit zahlreichen Passagieren wagten wir uns an eine Kreuzfahrt mit einem Clubschiff für rund 1200 Passagiere. Mit der AIDAcara unternahmen wir eine zehntägige Kreuzfahrt auf der Ostsee. Ausschlaggebend für die Wahl dieser Reise waren unter anderem die kurzen An- und Abreisewege von unserem Wohnort nach Rostock-Warnemünde und von dort wieder zurück.

Mein persönliches Interesse galt insbesondere den Städten Tallin und St. Petersburg (vormals Leningrad), die ich von Studienaufenthalten aus Vorwendezeiten kannte und deren Veränderungen nach dem politischen Umbruch ich noch einmal persönlich auf mich wirken lassen wollte. Aber auch Helsinki, Stockholm und Danzig sollten unseren Horizont über das Leben in den anderen Ostseeanrainerstaaten erweitern.

Nicht immer angenehm war für uns die äußerst legere Clubatmosphäre auf diesem Schiff. Dazu zählten für mich insbesondere die einseitigen Showprogramme, das Duzen aller Personen an Bord, aber auch das mangelnde Interesse einiger Passagiere an den Ausführungen der Reiseleiter bei den Ausflügen.

Obwohl wir bei den erwähnten Kreuzfahrten manchmal nur Innenkabinen in einer unteren Kategorie gebucht hatten, weil unsere finanziellen Mittel damit ausgereizt waren, hinterließen alle diese Kreuzfahrten bei mir bleibende unvergessliche Erlebnisse. In der einen oder anderen Geschichte werden sie noch erwähnt werden. Trotz der nicht immer nur erfreulichen Umstände und Begebenheiten habe ich im Nachhinein keine dieser Kreuzfahrten je bereut. Sie trugen alle wesentlich zur Bereicherung meiner Kreuzfahrterfahrungen bei.

Dennoch regte sich in mir allmählich der Wunsch, einmal allein und unabhängig auf Kreuzfahrt zu gehen. Als inzwischen alternder Single spürte ich einfach Lust, andere Reisende näher kennenzulernen, neue Bekanntschaften zu schließen sowie Ausflüge und Tagesabläufe ohne Absprache und Rücksichtnahme auf andere Interessen zu planen. Außerdem wollte ich mich bei den bereits angedeuteten gesundheitlichen Einschränkungen als Schattenspringer selbstbestimmter in den Lichtschatten zurückziehen können, ohne immer erklären zu müssen, warum.

Zum anderen hatte mich zunehmend das in der gleichnamigen Fernsehreihe luxuriös dargestellte Leben auf dem legendären „Traumschiff“ fasziniert: die nostalgische Innenausstattung des Schiffes im Stile der Zwanzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts, die romantische Atmosphäre in den Bars, die Eisbombe zum Abschluss der Reise und die elegante Garderobe der Reisenden bei Galas und Kapitänsempfängen. Ich wünschte mir nichts seliger, als die dargestellte Eleganz und das zur Schau gestellte Niveau einmal persönlich zu erleben.

Massentourismus und Clubatmosphäre und deren Auswirkungen hatten wir zur Genüge auf den Aida-Schiffen erlebt. In Erinnerung bleiben die Mahlzeiten in den überfüllten Buffet-Restaurants mit dem notwendigen rechtzeitiges Positionieren vor der Eingangstür, um einen Tisch für mehrere Personen zu ergattern, und mit dem lästigen Anstellen am Buffet, während einer den Platz am Tisch hüten muss. Unangenehm in Erinnerung bleiben ebenso der Anblick überfüllter Teller einiger Passagiere und das folgliche Warten auf das Nachfüllen beliebter Speisen. Nicht selten störte auch die aus der Sicht der Passagiere, die noch auf der Suche nach einem Tisch waren, verständlichen Fragen: „Wie lange brauchen Sie noch?“ oder „Brauchen Sie noch lange?“

In Urlaubsstimmung versetzen mich auch keine Ausflüge mit weit mehr als zwanzig bis auf den letzten Platz gefüllten Busse und Menschenmassen an beliebten Ausflugszielen wie dem Nordkap, wo man die Stimmung der Mitsommernacht doch eigentlich lieber in Ruhe einfangen möchte.

Sehr viel Toleranz muss man auch beim zum Teil überforderten Personal aufbringen, wenn man als älterer Herr (Ü50) zum Beispiel an der Rezeption eine Bitte vorbringen möchte und von einem jungen Mann gefragt wird: „Und, was willst du?“

Ja, was wollte ich denn? Mir verschlug es fast die Sprache, wie herablassend ich betrachtet wurde. So fühlte ich es jedenfalls.

Nach einigen dieser manchmal unvermeidbaren – vielleicht auch nur von mir wahrgenommenen – Einschränkungen auf den zunehmend größer werdenden Passagierschiffen war für mich die Zeit gekommen, meine Vorstellungen und Wünsche, einmal fern von Massentourismus und Clubatmosphäre den Zauber einer luxuriösen Kreuzfahrt zu erleben, in die Tat umzusetzen.

Wie immer gut beraten durch Frau G. von meinem damaligen Reisebüro „Kiek in de Welt“ wählte ich die Reise „Märchenhaftes Morgenland“ – von Mumbai (dem ehemaligen Bombay) in die Vereinigten Arabischen Emirate mit der MS DEUTSCHLAND.

Um mich dem in den Traumschifffilmen gesehenen luxuriösen Stil auch durch die Garderobe anzupassen, kaufte ich mir für die Galaabende extra ein weißes Sakko, ein Frackhemd mit roter Fliege und einen modischen dunklen Anzug von Lagerfeld. Nur nicht auffallen ist leider viel zu oft meine Devise. Erfahrungen eines Schattenspringers?

Von solchen und ähnlichen Vorstellungen, Wünschen und Träumen begleitet, begab ich mich auf meine erste Luxuskreuzfahrt.

Charme und Frust alternder Kreuzfahrer

Aufgeregt, voller Erwartung und das erste Mal alleinreisend auf einer Luxuskreuzfahrt, fand ich erst nach einigem Herumirren auf dem für unerfahrene seltene Flughafengäste völlig unübersichtlichen Flughafen in Frankfurt das Abfluggate für den Flug nach Mumbai, dem Einschiffungsort der Kreuzfahrt. Zu meiner Erleichterung erwartete mich am Gate bereits, wie bei der MS DEUTSCHLAND üblich, eine nette Flugbegleiterin von der Reederei Deilmann, die uns bei den Flug- und Einreiseformalitäten behilflich sein sollte. Das war, wie sich bald herausstellte, auch nötig für einen nicht geringen Teil der Reisenden mit der MS DEUTSCHLAND.

Nachdem ich mich von dem Anreisestress einigermaßen erholt hatte, blickte ich mich am Gate ein wenig nach den anderen Reisenden mit der MS DEUTSCHLAND um, die man ja an den Kofferanhängern leicht erkannte. Da ich mich in der Nähe des Einlasses platziert hatte, fielen mir vor allem drei im Rollstuhl sitzende Personen auf: zwei einzelne Herren und eine betagte Dame mit ihrer Begleiterin sowie ein paar ältere Ehepaare. Ich musste mich wohl auf eine Seniorenreise einstellen, ging es mir durch den Kopf.

Wer wie ich als Lehrer und Dozent das gesamte Berufsleben von jungen Leuten umgeben war und sich zumeist als Partner von ihnen fühlte, dem sticht der Altersunterschied besonders ins Auge. Wahrscheinlich will man es nur nicht wahrhaben, dass man selbst auch älter geworden ist. Bisher waren es eben immer nur die anderen.

Andererseits kannte ich das Durchschnittsalter der Passagiere schon von den Reisen mit der „Albatros“: viele Menschen jenseits der 60 und weit darüber hinaus. Für Kreuzfahrer gilt wohl „Mit 66 ist noch lange nicht Schluss“, wie Udo Jürgens einst sang. Zwar bestimmt diese Devise bis zum heutigen Tag auch meine Reiseplanungen, aber dennoch fällt es einem nicht leicht einzusehen, dass der Sommer des Lebens sich allmählich in einen Herbst verwandelt. Aber auch vom Herbst erwarte ich noch schöne Tage an Bord eines Kreuzfahrtschiffes. Im Innern reicht es mir ja auch, nette Reisende, egal ob jung oder alt, kennenzulernen, mit denen man bei Ausflügen und Veranstaltungen an Bord ein paar schöne Stunden verbringen kann. Schließlich suche ich auf einer Kreuzfahrt keine Lebenspartnerschaft. Dass jedoch nicht alle so denken, bekam ich später noch oft genug zu spüren. Wie heißt es doch reisegemäß in einem alten Seemannslied:„Heut grüßt uns die Südsee und morgen ein Fjord. Doch die Liebe, die Liebe ist immer an Bord.“ Davon konnte ich mich angesichts einiger Schmonzetten mehrfach überzeugen, wie später noch zu lesen sein wird.

Neben der Erfüllung mancher sehnsuchtsvoller Träume gibt es auf jeder Kreuzfahrt leider auch immer Situationen, in denen einem das Schmunzeln über Mitreisende vergehen kann.

Bereits am Frankfurter Flughafen zog einer der älteren Herren im Rollstuhl meine Aufmerksamkeit besonders auf sich. Er musste ungefähr in meinem Alter sein. Mir fiel auf, dass der allein reisende Herr schon bei der Anreise einen sehr eleganten dunklen Anzug mit „Schlips und Kragen“ trug. In diesem Aufzug wirkte er auf mich eher wie ein wohlhabender biederer Geschäftsreisender, nicht wie ein Tourist. Vielleicht braucht er das, um sein Image auch im Urlaub zu pflegen.

Mir stellte sich augenblicklich die Frage: Hast du in deinem Anorak und den Jeans hier schon die falsche Garderobe gewählt und dich unterpräsentiert? Schließlich möchte man auf der ersten Luxuskreuzfahrt ja nicht gleich zu Beginn schon aus der Reihe tanzen und sein Licht unter den Scheffel stellen. Es beruhigte mich allerdings, dass die anderen Mitreisenden ähnlich salopp wie ich gekleidet waren.

Sehr würdevoll ließ sich der nicht gerade untergewichtige Herr mit mehreren Handgepäckstücken in einem Rollstuhl von einer nicht viel jüngeren Flughafenangestellten mühevoll an uns vorbei als Erster ins Flugzeug schieben. Erst am Zielflughafen in Mumbai bemerkte ich ihn wieder, weil er durch unwirsches und borniertes Verhalten auffiel. In unserem Transferbus zum Schiff wurde er umständlich in die erste Reihe für Behinderte platziert. Beim Aussteigen behinderte er uns alle durch unnötig schwerfälliges Gehabe sowie unwirsches und borniertes Verhalten. Kopfschüttelnd, aber schweigend tolerierten die meisten Reisenden das ungehörige Verhalten.

Muss man jedoch Verständnis für Personen haben, wenn sie ihre Behinderung schamlos ausnutzen?

Durch die eigene Schwerbehindertenbrille betrachtet sei mir die Frage in dieser Situation erlaubt.

Mein Frust verstärkte sich, als ich kurze Zeit später ein noch ungehörigeres Verhalten an Bord erlebte, sodass meine folgenden Erinnerungen und Gedanken etwas zu sarkastisch oder zynisch klingen mögen.

Bereits in den ersten Tagen an Bord hatte ich mir einen Liegestuhl an einem schattigen Ort auf Deck 7 in der Nähe vom „Alten Fritz“ mit einem vorzüglichen Blick auf das Meer gesucht und ihn glücklicherweise immer gleich nach dem Frühstück belegen können. Bald schon kannte man die Passagiere neben sich und platzierte seinen Liegestuhl so, dass man den Nachbarn nicht zu sehr auf die Pelle rückte und ihnen die Sicht nahm. Aber diese Rücksichtnahme kennen einige Passagiere nicht.

Eines Vormittags näherte sich uns eine elegante ältere frisch ondulierte im Rollstuhl sitzende Dame, die von ihrer „Zofe“ mühevoll durch die Reihen der Liegen bugsiert wurde. Die Begleiterin schob den Rollstuhl an verschiedene Orte, erntete jedoch immer das energische Missfallen der herrischen Rollstuhlinhaberin.

Mit Bedacht hatte ich mein schattiges Plätzchen mit dem uneingeschränkten fantastischen Blick auf das Meer durch frühzeitiges Erscheinen ergattert.

Bestimmt wies die resolute „Herrin“ ihre besorgte Begleitung schließlich auf einen Platz genau vor meiner Liege.

Was sollte das?

Skeptisch, den Protest wohl ahnend, versuchte die Dame, ihren Rollstuhl genau vor mir zu postieren. Kopfschüttelnd blickten meine Nachbarn von ihren Liegen zu mir.

„Meine Damen, Sie nehmen mir völlig die Sicht“, versuchte ich höflich, aber bestimmt meinen Einwand zu äußern.

„Dann müssen Sie sich einen besseren Platz suchen“, erhielt ich aus dem Rollstuhl unverhohlen zur Antwort.

„Das geht doch nun wohl zu weit.“

„So etwas Unverschämtes.“

„Was bildet die eingebildete Tussi sich ein?“, mischten sich empört meine Nachbarn ein.

Aus dem Hintergrund vernahm ich sogar:

„Schiebt sie doch noch einen Meter weiter vor! Vom Wasser aus kann sie am besten sehen.“

Um einer weiteren Auseinandersetzung zu entweichen, schob die „taffe Zofe“ ihre „Herrin“ in Richtung Lift. Hoffentlich nicht, um den egozentrischen Willen „Ihrer Durchlaucht“ auf einem anderen Deck durchsetzen zu müssen.

Beim nochmaligen Lesen derartig stachlig wiedergegebener Begebenheiten an Bord frage ich mich bisweilen selbst:

„Was hat dich nur geritten, diese Situationen so negativ zu sehen und so sarkastisch zu beschreiben?“

Unwillkürlich fällt mir dann Mephisto ein, der sich für einen Teil der Kraft hielt, die „stets das Böse will und stets das Gute schafft“. (Faust)

Dabei denke ich: Vielleicht steckt so ein Teufelchen manchmal auch in mir. Selbst vom deutschen Schlager fühlte ich mich schon angesprochen:

„Ein kleiner Teufel steckt in dir, der darf da nicht mehr bleiben.“ (Interpretiert von Nina Lizell.)

Ich werde versuchen, diese Schwäche bei der Wiedergabe ähnlicher frustrierenden Begegnungen zu bedenken.

Zum Glück sind derartige verteufelte Situationen recht selten und nicht unbedingt prägend für Kreuzfahrten im gehobenen Segment und bei Reisenden im fortgeschrittenen Alter.

Ein Beispiel sei an dieser Stelle allerdings noch erwähnt. Der „kleine Teufel“ hatte ähnliche Besonderheiten und Kuriositäten im Umgang mit betagten Kreuzfahrern schon Jahre zuvor auf seiner ersten Hochseekreuzfahrt mit der MS SCHELJAPIN auf dem Schwarzen Meer erlebt.

Im Bordrestaurant war es üblich, dass am Vorabend der Servierer immer die Speisenauswahl für den nächsten Tag entgegennahm. Die ältere Dame neben mir ließ sich meist viel Zeit bei der Auswahl ihrer Gerichte, sehr zum Leidwesen des Kellners und der anderen Gäste am Tisch. Bisweilen wollte sie auch wissen, was ich bestellte, um ihren Kommentar hinzuzufügen und anschließend selbstverständlich etwas ganz anderes zu wählen.

Wenn mir dann am folgenden Tag mein bestelltes Gericht serviert wurde, sagte die Dame sofort und unmissverständlich: „Das habe ich bestellt.“ Obwohl sie im Irrtum war und der Kellner ihr seine Aufzeichnungen zeigte, ließ sie sich selten überzeugen. Das eine oder andere Mal überließ ich ihr sogar freiwillig mein Essen, um weiteren Frust zu verhindern.

Im Gespräch am letzten Abend äußerte die Dame dann ihre Enttäuschung darüber, dass sie immer das serviert bekommen hätte, was die anderen nicht wollten. Ihr Blick richtete sich dabei vorwurfsvoll auf mich. Ich verkniff mir diesmal eine Antwort.

Fragt sich nur, wer hier die Erinnerungslücken hatte. Aus Pietätsgründen ließen wir die Frage an diesem Abend ungeklärt.

Dass man hingegen auch im Alter von 90 Jahren noch allein an einer Kreuzfahrt teilnehmen kann, ohne spürbare Erinnerungslücken zu zeigen und ohne andere Mitreisende starrsinnig zu behindern oder auf ihre Hilfe angewiesen zu sein bzw. gar darauf zu pochen, erlebte ich bei einem der ersten Ausflüge auf der Kreuzfahrt „Märchenhaftes Morgenland“.

Ein sportlich gekleideter zuvorkommender älterer Herr setzte sich im Bus auf die mir gegenüberliegende Seite. Die Rundfahrt entlang der Ostküste Fujairahs und durch das Hajjar-Gebirge mit seinen Wadis und Gebirgsoasen zeigte eine faszinierende Variante von Wüstenlandschaften. Es ging entlang der Seepromenade mit modernen Hotelanlagen und dem restaurierten Fort zur malerischen Bidiya-Moschee, die von den Ruinen zweier portugiesischer Wachtürme flankiert wird. Der Bus erklomm mit uns mühsam die Passhöhe hinter Masafi und gab den Blick frei auf den Indischen Ozean und das ausgedehnte Oasenterrain von Dibba. Grüne Oasen vor karger Gebirgskulisse und moderne Dörfer hinterließen einen bleibenden Eindruck.

Während der Stopps und der Erklärungen des einheimischen Reiseleiters – zu meinem Leidwesen oft im grellen Sonnenlicht stehend – suchte ich gewohnheitsmäßig ein schattiges Plätzchen, von dem aus ich die Gruppe im Auge behalten konnte. Gleich beim zweiten Halt gesellte sich der vitale Busnachbar von gegenüber zu mir. Ich erfuhr, dass er vor kurzem 90 Jahre alt geworden war und der Aufenthalt in der prallen Sonne ihm nicht mehr guttue. Also suchten wir bei den nächsten Stopps gemeinsam nach einem schattigen Ort.

Das Schattenspringerverhalten setzten wir auch im Bus fort. Schien auf seiner Seite die Sonne, setzte er sich auf den freien Platz neben mir und ich floh zu ihm, wenn es auf meiner Seite zu sonnig wurde. Schattensucher hatten sich gefunden.

Am Abend trafen wir uns im Kaisersaal bei der Vorstellung der Künstler dieser Reise. Bei einem Glas Sekt – Entschuldigung, auf einem Luxuskreuzfahrtschiff trinkt man natürlich Champagner – unterhielten wir uns sehr angeregt über die ersten Eindrücke von dieser Reise und über unsere bisherigen Kreuzfahrterlebnisse.

So erfuhr ich, dass mein Gesprächspartner seit Jahren häufiger Gast auf der DEUTSCHLAND ist, aus der Nähe von Wolfsburg kommt und viele Jahre als Ingenieur bei einem dort ansässigen Automobilkonzern gearbeitet hatte. Seit dem Tod seiner Frau vor einigen Jahren nutzte er die Kreuzfahrten, um dem tristen grauen Winteralltag in Deutschland zu entfliehen.

Als die Bordkapelle zu spielen ansetzte, stürmte sofort ein Herr im Smoking aus der ersten Reihe mit einer attraktiven jüngeren Partnerin auf die Tanzfläche. Ich traute meinen Augen kaum.

War das nicht der hilfsbedürftige brummige Herr im Rollstuhl, der mir schon bei der Anreise in Frankfurt aufgefallen war? Der zielgerichtet durch den Flughafen gefahren wurde, während ich mein Gepäck mühevoll über die endlosen Rollbahnen zum Abfluggate schleppen musste.

Natürlich war er es! So sportlich hätte ich ihn fast nicht erkannt. Diese leidenschaftliche tänzerische Eleganz hatte ich dem hinfälligen hilfsbedürftigen Rollstuhlfahrer vom Frankfurter Flughafen wirklich nicht zugetraut.

Als meinem Tischnachbarn meine Beobachtungen des Tanzpaares auffielen, fragte er mich:

„Kennen Sie das Paar?“

Darauf erzählte ich ihm meine Eindrücke vom Auftreten des Herrn bei der Anreise mit dem Flugzeug. Mein Nachbar gab mir mit einem Lächeln um die Mundwinkel zu verstehen, dass er die attraktive Tanzpartnerin von vorherigen Kreuzfahrten kenne. Sie reise immer mit ihrem älteren dementen Mann, der nur noch im Rollstuhl fortbewegt werden könne. Der jetzige schwungvolle Tanzpartner war wohl kaum der demente Ehemann. Ich dachte mir meinen Teil.

Meine hintergründigen Gedanken bewahrheiteten sich schon bald.

An einem der folgenden Tage entdeckte ich am Pool in einer schattigen Ecke den eingenickten wirklichen Ehemann der scharfen Tänzerin allein in seinem Rollstuhl. Seine liebe Ehefrau vergnügte sich indes in einiger Entfernung im Pool und anschließend an der Poolbar bei einem Cocktail mit ihrem Tanzpartner. Ich gönnte ihnen ihr Glück, nur nicht die gespielten Heucheleien. Vielleicht brauchte der forsche Tänzer beim Rückflug dann auch keine Rollstuhlhilfe mehr. … Oder gerade doch, weil er sich im Hormonrausch übernommen hatte, dachte wieder der kleine Teufel in mir.

Diese märchenhafte Kreuzfahrt durchs Morgenland führte uns auch in eines der reichsten Länder der Welt – nach Qatar. Seit Ende des 18. Jahrhunderts herrscht der Klan der al-Thani in Doha, der Hauptstadt Qatars, über das erdölexportierende Land. Im Hafen von Doha erwartete uns diesmal ein moderner kleiner Reisebus.

Mein nunmehr bekannter Reisebegleiter und ich hatten diesmal nur hintereinander im hinteren Teil des Kleinbusses einen Platz gefunden, jeweils in der Hoffnung, dass der Platz neben uns frei bleibt.

Aber da hatten wir uns geirrt. In letzter Minute bestieg noch ein junger Mann mit seinem betagten Vater den nunmehr voll besetzten Bus. Als höflicher Mensch wollte ich mich gerade zu meinem Bekannten vor mir setzen. Doch der freundliche junge Mann winkte ab, platzierte seinen Vater neben mich und setzte sich auf den freien Platz in der Reihe vor mir neben meinen Bekannten.

Später wurde mir klar, dass der Sohn froh war, seinen Vater mal nicht in unmittelbarer Nähe zu haben.

Nach einem kleinen Nickerchen klapperte mein Banknachbar plötzlich hörbar mit seinem Gebiss. Noch lächelnd bemühte ich mich, es zu überhören. Als das Geräusch nachließ, blickte ich verstohlen zu meinem Nachbarn. Er hatte einen Zahnstocher in der Hand und puhlte damit auffällig zwischen seinen Zähnen herum. Um den Blick abzuwenden, sah ich etwas frustriert und krampfhaft aus dem Fenster. So bemerkte ich gar nicht, dass der wohl leicht demente Herr das Gebiss inzwischen aus dem Mund genommen hatte und es zu reinigen versuchte. Ich ersparte mir jeden weiteren Blick nach rechts zu meinem Nachbarn. Nach einem kleinen Ruck des Busses stieß mich der Mann an, zeigte auf sein Gebiss, das in der Nähe meiner Füße lag, und bat mich schmunzelnd, es aufzuheben und ihm zu geben. Das übersprang nun doch meine Toleranzgrenze.

Sichtlich genervt bat ich nach kurzer Erklärung den schräg vor mir sitzenden Sohn den unappetitlichen Vorgang zu übernehmen. Dem war das Verhalten seines Vaters sehr peinlich. Nachdem der Sohn sich bei mir entschuldigt hatte und das Objekt des Anstoßes in eine Tasche stecken wollte, motzte der Vater uneinsichtig weiter.

„Gib mir sofort das Gebiss“, zischte er fordernd.

„Das ist schmutzig. Wir müssen es erst reinigen“, erwiderte beruhigend der Sohn.

„Ich kann das doch jetzt gleich machen“, konterte sein Vater wütend.

Mit der befürchteten Ahnung, dass der Vater sich noch durchsetzen könnte, bat ich den Sohn dann doch darum, den Platz mit ihm zu tauschen, was er bereitwillig annahm.

Wie man spürt, ist es auch für die engsten Vertrauten nicht immer leicht, mit uneinsichtigen Pflegebedürftigen umzugehen und nicht selten erzeugen widerspenstige betagte Kreuzfahrer Frust bei anderen Reisenden.

War es bei dem alten Herrn nun Altersstarrsinn oder beginnende Demenz? Diese Frage kannte ich. Ich hatte sie mir in letzter Zeit oft bei der Pflege meiner Mutter häufig gestellt. Trotz Frust empfand ich deshalb eher ein gewisses Mitleid mit dem Sohn.

Die weitere Rundfahrt durchs Morgenland führte uns zu der alten Hafenstadt Al Khor mit schönen Stränden, einem bekannten historischem Turm und mehreren interessanten Moscheen.

Wir legten einen Fotostopp an den Mangroven von Al Zakhirah ein und bestaunten Artefakte früherer Epochen sowie Ausgrabungsstücke der einstigen Hauptstadt Zubara.

Bei der abendlichen Auswertung unserer Ausflugserlebnisse im „Alten Fritz“ konnte ich schon wieder über die kuriosen Begleiterscheinungen der beeindruckenden Rundfahrt durch Qatar schmunzeln. In der Rückschau wird Negatives sowieso häufig ausgeblendet und als halb so schlimm angesehen.

Um beim Aufenthalt im nächsten Hafen angesichts der zu erwartenden Hitze weitere größere Anstrengungen zu vermeiden, verabredete ich mit meiner Reisebekanntschaft, das heiße glitzernde Dubai, die florierende Feriendestination und das bedeutendste Handelszentrum der Vereinigten Arabischen Emirate, ohne Zeitdruck mit Shuttle und Taxi auf eigene Faust, unserem gesundheitlichen Befinden angepasst, zu erkunden. Wir konzentrierten uns auf das 1999 fertig gestellte Luxushotel der Superlative Burj Al Arab, das auf einer eigens geschaffenen künstlichen Insel thront und wie ein geblähtes Segel einer arabischen Dhau aussieht. So erschloss sich der mondäne Charme Dubais für uns in angenehmster Weise.

Dass der bleibende Eindruck von einer Kreuzfahrt neben dem Reiz fremder Länder und Kulturen sowie dem Ambiente des Kreuzfahrtschiffes weitaus mehr durch den Charme der Reisebekanntschaften als durch unbequeme Reisebegleiter – egal welchen Alters – geprägt werden kann, spürte ich auf vielen Kreuzfahrten.

Nachhaltig in Erinnerung blieb mir in dieser Hinsicht insbesondere die Südseereise „Wo die Sehnsucht das Ziel bestimmt“. Mit der MS EUROPA führte die Kreuzfahrt von Nouméa nach Manila.

Als Alleinreisender, wie immer unterhaltsame Tischnachbarn erwartend, hatte ich mir im Voraus für das Abendessen einen festen Platz an einem Achtertisch reservieren lassen. Beim ersten gemeinsamen Dinner im Restaurant „Europa“ machten wir uns bekannt. An unserem Tisch hatten vier seit vielen Jahren gemeinsam Reisende aufgeschlossene Langzeitkreuzfahrer mit einer Enkelin, zwei ebenfalls allein reisende Damen und ich Platz genommen. Es war eine angenehme Atmosphäre. Der auf der „Europa“ legendäre Oberkellner Fritz trug nicht unwesentlich dazu bei.

Nachdem an den nächsten zwei Abenden die beiden Damen zu meiner linken Seite fehlten, sprach mich eine von ihnen am darauffolgenden Tag am Pool an. Sie und ihre Bekannte hätten sich entschieden, mit zwei anderen sympathischen Damen, die sie an Bord kennengelernt hatten, künftig gemeinsam das Abendessen einzunehmen. Sie würden sich allerdings freuen, wenn ich mich zu ihnen geselle. Nach kurzem Überlegen willigte ich ein. Diese Entscheidung habe ich nie bereut, auch wenn ich mich anfangs in Begleitung von vier reizenden Damen unsicher und wie der Hahn im Korbe fühlte. Wahrscheinlich wurde ich wohl auch von manch anderem an Bord schmunzelnd so betrachtet.

Das störte mich allerdings wenig.

Aber nicht jeder in unmittelbarer Nähe unseres Tisches empfand unsere heitere Tischrunde im Restaurant „Europa“ wohlwollend. Am Nachbartisch, einem Zweiertisch, saß ein Ehepaar im mittleren Alter, das sich den ganzen Abend anschwieg. Sie hatten sich wohl nichts mehr zu sagen. Sie konnten sich alles leisten und hatten selbst an nichts mehr Freude und Spaß. Argwöhnisch beäugten sie daher unsere Unterhaltung.

Am Rosenmontag wurden wir in Begleitung vom Host und seinem auf dieser Reise an Bord weilenden Sohn in aufgekratzter Rosenmontagsstimmung zu unserem Tisch geführt. Missbilligende Blicke vom Nachbartisch begleiteten uns. Das störte uns aber nicht. Als der Getränkekellner uns den obligatorischen Sorbet brachte und fragte, ob er den Sorbet mit Champagner oder Wodka auffüllen dürfe, säuselte Anna spontan: „Beides.“ An diesem Abend folgten wir alle ihrer Entscheidung mit begeisterter Zustimmung. Dass die weitere Unterhaltung an unserem Tisch nicht ganz so distanziert verlief, dürfte verständlich sein, obwohl wir alle keine typischen Rosenmontagsfans waren.

An den beiden folgenden Abenden blieb unser Nachbartisch im Europa-Restaurant unbesetzt. Wir registrierten es und dachten uns unseren Teil. Unsere Vermutungen sollten sich bewahrheiten.

Beim Verlassen des Restaurants fragte ich unsere immer freundliche und zuvorkommende Getränke-Serviererin: „Haben die Herrschaften vom Nachbartisch einen anderen Tisch gewählt?“ Mit einem schelmischen Augenblinzeln beantwortete sie meine Frage.

Meine Südseeträume wurden auf dieser Reise voll erfüllt. Ungezwungene gesellige Abendessen in fröhlicher Runde im Restaurant bzw. in der Europa Longe an Spezialitätenabenden sowie die Absacker in der „Sansibar“ mit romantischem Blick auf die Südsee bildeten den krönenden Abschluss unvergesslicher Tage.

Bei den Landausflügen gewannen wir Einblicke in alte Traditionen, Rituale und Lebensgewohnheiten der Südseebewohner. In Papua-Neuguinea begegneten wir den „Mudmen“, den mit Schlamm beschmierten Männern, die durch ihr Aussehen früher die Feinde in die Flucht trieben. Eine paradiesische Idylle erschloss sich uns in den „Schwimmenden Gärten von Palau“ – dem UNESCO-Kulturerbe von 2012. Ebenso bewunderten wir das Farbenspiel der Natur: an den Küsten sattes Grün der Mangrovensümpfe, dunkle Regenwälder an den Berghängen und weiße endlose Sandstrände.

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