Kitabı oku: «Anna Karenina, 1. Band», sayfa 38

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28

Es war Lewin an diesem Abend unerträglich langweilig geworden in der Gesellschaft der Damen. Wie nie zuvor, regte ihn der Gedanke auf, daß jene Unzufriedenheit mit der Ökonomie, die er jetzt empfand, nicht ausschließlich ihn in seiner Lage beherrsche, sondern einer allgemeinen Situation entspringe, in welcher sich Rußland befinde, daß die Schaffung einer gewissen Bestimmung für die Arbeiter nicht mehr eine Idee bleibe, sondern eine Aufgabe werde, welche unbedingt zu lösen sei. Ihm schien es, daß man diese Aufgabe lösen könne und versuchen müsse, dies zu thun.

Nachdem er sich von den Damen verabschiedet, und versprochen hatte, noch den nächsten ganzen Tag dazubleiben, in der Absicht, nach dem Walde zu reiten, um hierselbst einen interessanten Wildbruch anzusehen, begab sich Lewin noch vor dem Schlafengehen in das Kabinett des Hausherrn, um sich Bücher über die Arbeiterfrage zu holen, die ihm Swijashskiy empfohlen hatte.

Das Kabinett Swijashskiys war ein sehr geräumiges Gemach, mit Bücherschränken besetzt, in welchem sich zwei Tische befanden. Der eine, ein massiver Schreibtisch, stand in der Mitte; der andere, von runder Form, war ringsum um die auf ihm stehende Lampe mit den neuesten Nummern von Zeitungen und Journalen in verschiedenen fremden Sprachen bedeckt. Auf dem Schreibtisch befand sich ein Regal mit Kästen, welche durch goldige Schilder für Kategorien verschiedener Art ausgezeichnet waren.

Swijashskiy langte die Bücher herunter und setzte sich in seinen Rollsessel.

„Wonach seht Ihr?“ frug er Lewin, der vor dem runden Tische stehen geblieben, die Journale musterte. „Ach ja, dort ist ein sehr interessanter Aufsatz,“ fügte Swijashskiy, betreffs eines Journals, welches Lewin in Händen hielt, hinzu. „Es wird darin gezeigt,“ fuhr er mit freundlicher Lebhaftigkeit fort, „daß der hauptsächlichste Urheber der Trennung Polens durchaus nicht Friedrich gewesen ist. Es wird gezeigt“ – mit der ihm eigenen Klarheit entwickelte er nun in Kürze diese neuen, sehr wichtigen und interessanten Enthüllungen.

Ungeachtet dessen, daß Lewin jetzt vor allem doch nur der Gedanke an seine Landwirtschaft beschäftigte, frug er sich doch, während er dem Hausherrn zuhörte, „was lebt nur in diesem Manne? Warum, warum ist ihm die Teilung Polens interessant?“

Nachdem Swijashskiy geendet hatte, frug Lewin unwillkürlich: „Und was ergiebt sich hieraus?“ Aber es ergab sich nichts. Es war eben einfach interessant, was in dem Artikel „gezeigt“ worden war. Swijashskiy erklärte nichts und fand es auch nicht für notwendig zu erklären, warum ihm die Abhandlung interessant war.

„Mich hat übrigens jener heißspornige Gutsbesitzer sehr interessiert,“ sagte Lewin hierauf seufzend, „er ist klug und sagte viel Wahres.“

„Ach geht doch! Ein eingefleischter geheimer Anhänger der Leibeigenschaft, wie sie es alle noch sind!“ erwiderte Swijashskiy.

„Alle, deren Oberhaupt Ihr seid!“

„Ja; aber nur, daß ich sie nach der anderen Seite hinüberzuleiten suche,“ sagte Swijashskiy und lachte.

„Mich hat dies Eine sehr interessiert,“ fuhr Lewin fort; „daß er damit recht hat, daß unser Werk, das heißt das der rationellen Ökonomie, nicht gedeiht, während allein das Geschäft der Halsabschneider blüht. Wer ist daran schuld?“

„Natürlich wir selbst, und demgemäß ist es nicht richtig, daß unser Werk nicht gediehe. Wasiltschikoff kommt vorwärts“ —

„Mit seiner Fabrik“ —

„Ich weiß indessen gar nicht, was Euch in Verwunderung setzt. Das Volk befindet sich auf einem so niederen Grad materieller und moralischer Entwickelung, daß es offenbar gegen alles anstreben muß, was ihm fremdartig erscheint. In Europa gedeiht die rationelle Ökonomie deshalb, weil das Volk gebildet ist; wir müßten also vielleicht auch erst das Volk bilden – das ist das ganze Geheimnis.“ —

„Aber wie sollen wir das Volk bilden?“

„Dazu sind drei Dinge erforderlich: Schulen, wieder Schulen, und nochmals Schulen.“

„Aber Ihr selbst habt doch gesagt, daß das Volk auf einer niederen Stufe der materiellen Entwickelung steht; inwiefern sollen da die Schulen helfen?“

„Wißt, Ihr erinnert mich an jene Anekdote von dem Rat der einem Kranken erteilt wurde. Dem war ein Purgativ verschrieben worden – man gab es ihm – es wird schlimmer; man versucht Blutegel – es wird schlimmer; er soll zu Gott beten – es wird schlimmer. So geht es uns beiden! Ich verordne Staatsökonomie. Ihr sagt, da wird es nur schlimmer; ich verordne Socialismus – da wird es auch schlimmer; Bildung – da auch!“ —

„Wodurch sollten uns die Schulen helfen?“

„Sie werden dem Volke andere Ansprüche verleihen.„

„Dies ist es, was ich eben nie verstanden habe,“ rief Lewin eifrig, „wie sollen die Schulen dem Volke beistehen können, seine materielle Lage zu verbessern? Ihr sagt, die Schule, die Bildung erweckt in dem Volke neue Bedürfnisse. Um so schlimmer wäre doch das, da das Volk alsdann nicht in der Lage sein wird, diese zu befriedigen! In welcher Beziehung könnten denn die Kenntnisse im Rechnen, Lesen, und in der Bibelkunde zur Verbesserung seiner materiellen Lage beitragen? Das habe ich mir nie begreiflich machen können. Vorgestern Abend begegnete ich einem Weibe mit einem Säugling an der Brust. Ich frug es, wohin es ginge. Das Weib antwortete: ‚Ich war bei der Hebamme; dem Kleinen ist es so auf die Brust gefallen, da habe ich ihn mit hingenommen, daß sie ihn heile.‘ Ich frug, ‚wie heilt ihn denn die Hebamme?‘ – ‚Nun, sie setzt das Kind zu den Hühnern auf die Stange und spricht etwas dazu.‘“

„Nun, da sagt Ihr es ja selbst. Eben damit sie das Kind nicht mehr zur Heilung auf die Hühnersteige trage, ist es nötig, daß“ – lächelte heiter Swijashskiy.

„O nein!“ antwortete Lewin ärgerlich, „diese Heilung sollte nur ähnlich erscheinen mit der Heilung des Volkes durch die Schulen. Das Volk ist arm und ungebildet; das sehen wir so klar, wie die Bäuerin die Krankheit ihres Kindes sah, da das Kind schrie. Wie nun dieser Armut und Unbildung Schulen abhelfen sollen, das ist mir so unbegreiflich, wie ich nicht verstehen kann, auf welche Weise die Hühner auf der Steige das Kind heilen könnten. Es ist nötig, in dem Abhilfe zu schaffen, wodurch das Volk wirklich elend ist!“

„Nun, da stimmt Ihr wenigstens mit Spencer überein, den Ihr so wenig liebt. Der sagt auch, die Bildung könne nur eine Folge großen Wohlstandes und großer Bequemlichkeit im Leben sein – häufiger Waschungen – wie er sagt, nicht aber eine Folge des Schreiben- und Lesenkönnens.“

„So, so; nun, da bin ich sehr froh, oder vielmehr im Gegenteil, gar nicht froh, daß ich hierin mit Spencer übereinstimme; aber das weiß ich ja schon lange. Die Schulen werden uns nicht helfen, wohl aber wird dies eine ökonomische Verfassung, bei welcher das Volk wohlhabender wird, mehr Muße hat – dann können auch Schulen existieren.“

„Gleichwohl sind doch die Schulen in ganz Europa obligatorisch.“

„Ihr befindet Euch darin doch in Übereinstimmung mit Spencer?“ frug Lewin.

In den Blicken Swijashskiys erschien wieder jener Ausdruck des Erschreckens, als er lächelnd erwiderte:

„Nein, diese Geschichte mit dem Bauernweib ist vorzüglich! Solltet Ihr sie nicht schon gehört haben?“

Lewin sah ein, daß er auf diese Weise ebenfalls nicht den Zusammenhang des Lebens dieses Mannes mit seinen Ideen werde finden können. Es war ihm selbst ganz gleichgültig, wohin ihn seine Anschauungen führten; ihm selbst handelte es sich nur um eine Spekulation, und es war ihm unangenehm, daß ihn diese Spekulation in eine Sackgasse führte. Dies konnte er nicht vertragen und er entzog sich dem, indem er das Gespräch auf etwas Anderes, Angenehmes, Heiteres hinüberleitete.

Alle Eindrücke dieses Tages hatten Lewin stark erregt. Dieser freundliche Swijashskiy, der seine Gedanken nur im Interesse der gesellschaftlichen Anstandspflicht für sich behielt, und offenbar noch ganz andere, Lewin unbekannte Grundsätze des Lebens beobachtete – er, der mit einem Haufen, dessen Name Legion war, die allgemeine Meinung vermittelst ihm persönlich doch fremder Ideen leitete; dann dieser heißblütige Gutsherr, der völlig auf dem rechten Wege war mit seinen Urteilen, die ihm durch das Leben selbst abgedrungen worden waren, aber im Unrechte mit seinem Zorn gegen eine ganze Volksklasse – noch dazu die beste – Rußlands; endlich seine eigene Unzufriedenheit mit seiner Wirksamkeit und die dunkle Hoffnung, doch noch eine Besserung für alles das finden zu können, alles das vereinigte sich in ihm zu einem Gefühle innerer Unruhe und der Erwartung einer nahen Entscheidung.

Als er sich in dem ihm zugewiesenen Zimmer allein befand, konnte er, auf der Sprungfedermatratze liegend, die ihm unverhofft, sobald er eine Bewegung machte die Hände oder Füße emporschnellte, lange den Schlaf nicht finden. Kein Gespräch mit Swijashskiy hatte Lewin, so viel des Geistreichen wohl auch gesprochen sein mochte, interessiert, wohl aber forderten die Darlegungen des Gutsbesitzers nähere Überlegung. Er vergegenwärtigte sich nochmals unwillkürlich alle seine Worte und berichtigte in seiner Vorstellungskraft alles das, was er jenem geantwortet hatte.

„Ja, ich hätte ihm sagen müssen: Ihr sprecht, unsere Landwirtschaft komme nicht vorwärts, weil der Bauer alle Vervollkommnungen hasse, und man sie mit Gewalt dazu treiben müsse; wenn die Landwirtschaft ohne diese Vervollkommnung nicht denkbar wäre, hättet Ihr recht, aber sie kommt dennoch nur dort vorwärts, wo der Arbeiter im Einklang mit seinen Gepflogenheiten thätig ist. Eure und meine Unzufriedenheit mit der Ökonomie beweist, daß wir, oder die Arbeiter die Schuld tragen. Wir haben uns schon lange nach unserer Weise, nach europäischer Mode eingerichtet, ohne nach den Eigenschaften der Arbeitskraft zu fragen. Versuchen wir es doch einmal, die Kraft des Arbeiters nicht als idealen Begriff Arbeitskraft anzuerkennen, sondern vielmehr als den russischen Bauern mit seinen Instinkten, und richten wir unsere Ökonomie demgemäß ein! Stellt Euch vor, hätte ich ihm sagen müssen, daß Eure Ökonomie so geführt wurde, daß Ihr das Mittel fändet, Eure Arbeiter für den Erfolg ihrer Thätigkeit zu interessieren und Ihr hättet das Durchschnittsmaß in der Vervollkommnung gefunden, welches jene anerkennen, und erzieltet, ohne den Boden auszumergeln, das Doppelte oder Dreifache gegen früher. Ihr teiltet das Land nun in Hälften, und gebt die eine Hälfte der Arbeitskraft, so wird der Überschuß der Euch verbliebe, immer noch größer sein und die Arbeitskraft erhielte auch mehr. Um dies aber auszuführen, ist es nötig, die Lage der Ökonomie beiseite zu lassen und die Arbeiter mit Interesse für den Ertrag derselben zu erfüllen. Wie ist das nun auszuführen? Diese Frage will bis in die Einzelheiten beleuchtet sein, aber es ist unzweifelhaft, daß sie lösbar ist.“

Der Gedanke versetzte Lewin in starke Erregung. Er konnte die halbe Nacht nicht schlafen und überlegte sich die Einzelheiten in der Ausführung der Idee.

Er wollte nun nicht erst am nächsten Tage abreisen, sondern entschloß sich jetzt, gleich am Morgen früh nach Hause zurückzukehren.

Überdies hatte jene junge Schwägerin mit dem viereckigen Ausschnitt vorn im Kleid in ihm ein Gefühl erregt, welches dem der Scham und der Reue über eine begangene Dummheit sehr ähnlich war. Die Hauptsache war jetzt, daß er heimfahren müsse, ohne unterwegs auszuspannen; er mußte den Bauern sein neues Projekt vorlegen, bevor noch die Wintersaat in die Erde kam, damit er diese schon nach den neuen Grundsätzen ernten könne. Er hatte beschlossen, seine gesamte bisherige Landwirtschaftsmethode umzuändern.

29

Die Ausführung dieses Planes bot Lewin viel Schwierigkeiten, aber er besiegte dieselben, soweit es in seinen Kräften stand, und erreichte, wenn auch nicht das, was er gewünscht hatte, so doch, daß er, ohne sich selbst zu täuschen glauben konnte, die Sache verlohne sich der Mühe nicht.

Eine der Hauptschwierigkeiten war die, daß die Wirtschaft im vollen Gange war und nicht darin gehemmt werden durfte, indem man alles von vorn anfing; man mußte die Maschine mitten im Gange verstellen.

Als er an jenem Abend noch, an welchem er nach Hause gekommen war, dem Verwalter seine Pläne mitgeteilt hatte, erklärte sich dieser mit sichtlichem Vergnügen mit demjenigen Teil der Rede Lewins einverstanden, welcher darlegte, daß alles bisher Gethane sinnlos und unersprießlich gewesen sei. Der Verwalter meinte, er habe das schon längst gesagt, man hätte ihn aber nicht hören wollen. Was den von Lewin gemachten Vorschlag anbetraf, daß er als Anteilhaber, zusammen mit den Arbeitskräften der ganzen Ökonomie beitrete, so zeigte der Verwalter darauf hin nur einen Ausdruck großer Ratlosigkeit und nicht die geringste bestimmte Meinung; er ging vielmehr sogleich dazu über, daß morgen die letzten Kornfeime noch hereingebracht werden müßten, und Lewin fühlte, daß es jetzt nicht Zeit für die Sache sei.

In der Rücksprache mit den Bauern hierüber und bei der Vorlegung des Vorschlages der Übergabe von Land nach den neuen Bedingungen, begegnete er der nämlichen Hauptschwierigkeit, daß die Bauern gleichfalls von der laufenden Arbeit des Tages so in Anspruch genommen waren, daß sie keine Zeit hatten, die Vorteile oder Nachteile einer derartigen Unternehmung zu überdenken.

Ein naiver Bauer mit Namen Iwan, der Viehwärter, schien Lewins Projekt vollständig erfaßt zu haben – dahingehend, daß er an den Erträgnissen des Viehhofes mit seiner Familie Anteil haben sollte – und er stimmte dem Unternehmen vollständig bei. Als aber Lewin ihm die künftigen Vorteile zu Gemüte zu führen versuchte, drückte sich auf dem Gesicht Iwans Unruhe und das Bedauern aus, daß er nicht alles dies bis zu Ende anhören könne; und er begann sich geflissentlich etwas zu schaffen zu machen, was keinen Aufschub dulde. Er nahm die Heugabel, um Heu aus der Schafhürde zu stechen, oder er spülte mit Wasser, oder schaffte Mist beiseite.

Eine andere Schwierigkeit bestand in dem unbesieglichen Mißtrauen der Bauern, daß die Absicht des Gutsherrn überhaupt in etwas ganz Anderem bestehen könne, als dem Wunsche, sie soviel als möglich zu rupfen. Sie waren fest überzeugt, daß seine eigentliche Absicht, – was er ihnen auch immer sagen mochte – doch nur gerade in dem liege, was er ihnen nicht mit sagte. Indem sie sich nun gegenseitig aussprachen, redeten sie wohl viel, sagten aber gleichfalls nicht, was ihre eigentliche Absicht war. Dabei aber stellten die Bauern – und hier fühlte Lewin, daß jener gallige Gutsbesitzer recht gehabt hatte – auch noch als erste und festeste Bedingung für jedes Einverständnis ihrerseits, mochte es bestehen worin es wolle, auf, daß sie zu keinerlei neuen landwirtschaftlichen Methoden, mochten diese sein, wie sie wollten, oder zur Verwendung moderner Geräte gezwungen sein sollten. Sie gaben wohl zu, daß der Dampfpflug schneller arbeite, aber sie fanden tausend Gründe, weshalb sie die Geräte nicht anwenden konnten, und so mußte er, obwohl überzeugt, daß man den Komfort der Landwirtschaft immerhin ein wenig tiefer stellen könne, zu seinem Bedauern auf die Vervollkommnung verzichten, deren Nutzen ein so augenfälliger war. Abgesehen von allen diesen Schwierigkeiten indessen, strebte er seinem Ziele nach und im Herbste ging die Sache, oder es schien ihm doch wenigstens so.

Anfangs dachte Lewin daran, sein ganzes Land, so wie es war, den Bauern, den Knechten und dem Verwalter auf Grund der neuen Gesellschaftsstatuten zu überlassen, aber sehr bald überzeugte er sich, daß dies unmöglich war und faßte den Entschluß, die Ökonomie nur zum Teil zu vergeben. Der Viehhof, der Garten, der Gemüsegarten, die Wiesen, die Felder, die in einige Parzellen geteilt waren, sollten nun getrennte Bereiche bilden. Der naive Viehhirt Iwan, der wie es Lewin schien, die Sache am besten von allen aufgefaßt hatte, bildete sich eine Artjel, die vorzugsweise aus den Mitgliedern seiner Familie bestand und wurde Anteilhaber des Viehhofes. Ein abgelegenes Feld, welches acht Jahre lang unbenutzt gewesen war, wurde mit Beihilfe des klugen Zimmermanns Fjodor Rjezunoff von sechs Bauernfamilien auf Grund der neuen Gesellschaftsordnung übernommen, und der Bauer Schurajeff trat zu den nämlichen Bedingungen in den Besitz der sämtlichen Gemüsegärten. Alles übrige verblieb noch beim Alten, aber diese drei Bereiche bildeten doch schon den Beginn einer neuen Ordnung und beschäftigten Lewin vollständig.

Auf dem Viehhofe ging freilich von nun ab die Sache durchaus nicht besser, als vorher, denn Iwan opponierte eifrig gegen die zu warme Stellung der Kühe und gegen die Herstellung guter Rahmbutter, indem er behauptete, daß eine Kuh bei kühlerer Stellung weniger Futter brauche und daß die von abgerahmter Milch hergestellte Butter vorteilhafter sei; er forderte seine Bezahlung, wie früher, und interessierte sich durchaus nicht dafür, daß das Geld, welches er empfing, nicht ein Lohn war, sondern ein Aufgeld von seinem künftigen Anteil am gemeinsamen Gewinn.

Es war die Wahrheit, daß die Arbeitsgesellschaft des Fjodor Rjezunoff nicht ihre Leistungen verdoppelt hatte, wie dies verabredet worden war, und daß sie sich damit rechtfertigte, daß die Zeit zu kurz bemessen gewesen sei.

Es war die Wahrheit, daß die Bauern dieser Artjel, obwohl sie ausgemacht hatten, die Arbeit nach den neuen Einrichtungen leisten zu wollen, ihr Land nicht als gemeinsam bezeichneten, sondern als verteilt, und mehr als einmal sagten die Mitglieder desselben, ja Rjezunoff selber, zu Lewin: „Wenn Ihr Euch Geld für den Grund und Boden bezahlen ließet, so könntet Ihr ruhiger sein und wir fühlten uns freier.“ Außerdem aber schoben die Bauern unter den verschiedensten Vorwänden den mit ihnen vereinbarten Bau eines Viehhofes und einer Trockenscheune auf ihrem Terrain immer wieder hinaus und zogen die Sache bis zum Winter hin.

Es war auch der Fall, daß Schurajeff die übernommenen Gemüsegärten seinerseits wieder in kleineren Partieen an die Bauern verteilen wollte. Er hatte offenbar die Bedingungen falsch, und zwar absichtlich falsch aufgefaßt, unter welchen ihm das Land überlassen worden war.

Lewin empfand freilich auch häufig im Gespräch mit den Bauern und bei der Erklärung aller Vorteile, die sie von dem Unternehmen hätten, daß die Bauern hierbei nur eben dem Klang seiner Stimme lauschten, und dabei recht wohl wußten, sie würden sich von ihm – mochte er sagen, was er wollte – nicht überlisten lassen. Ganz besonders merkte er das, sobald er gerade mit dem klügsten unter den Bauern, mit Rjezunoff, sprach. Er bemerkte hier jenes Spiel in den Augen desselben, welches ihm deutlich den Spott über ihn, sowie die feste Überzeugung zeigte, daß wenn denn einmal Einer übers Ohr gehauen werden solle, jedenfalls nicht er, Rjezunoff, der Dumme sein würde.

Ungeachtet alles dessen aber dachte Lewin, die Sache würde sich schon machen, und er würde den Bauern, wenn er strenge Rechnung führte, und fest auf seinen Grundsätzen beharrte, in der Zukunft schon die Vorteile einer solchen Einrichtung beweisen können, so daß sie alsdann von selbst gehen müsse.

Diese Angelegenheiten, zusammen mit denjenigen, welche die in seinen Händen gebliebene Ökonomie betrafen, und mit der Arbeit an seinem Werke, beschäftigten Lewin den ganzen Sommer hindurch derart, daß er fast kaum auf die Jagd kam. Gegen Ende des August hörte er durch den Knecht, welcher den Sattel zurückbrachte, daß die Oblonskiy nach Moskau gereist seien. Er fühlte, daß er mit seiner Unhöflichkeit, nicht auf das Schreiben Darja Aleksandrownas geantwortet zu haben, an die er nur mit Schamröte zu denken vermochte, die Schiffe hinter sich abgebrannt hatte und nun niemals wieder zu ihnen kommen werde.

In der gleichen Weise war er mit Swijashskiy verfahren, den er verlassen hatte, ohne Abschied zu nehmen. Aber auch zu diesem wollte er niemals wieder kommen. Es war ihm jetzt alles ganz gleichgültig; die Aufgabe der Reorganisation seiner Landwirtschaft beschäftigte ihn so sehr, wie noch nie etwas in seinem Leben. Er las die Bücher, die ihm von Swijashskiy gegeben worden waren, und excerpierte sich, was er selbst nicht besaß; er las socialökonomische und socialwissenschaftliche Werke über den Gegenstand, fand aber, wie er erwartet hatte, nichts, was sich auf die ihn beschäftigende Aufgabe bezogen hätte.

In den politischökonomischen Werken, so im Mill, den er zuerst mit größtem Eifer studierte, in der Hoffnung, jeden Augenblick die Lösung der ihn beschäftigenden Fragen zu finden, fand er Gesetze, die aus den Verhältnissen der europäischen Wirtschaftslage deduziert waren, aber er vermochte nicht zu ersehen, weshalb diese Gesetze, auf Rußland gar nicht anwendbar, allgemeingültig sein sollten. Ganz das Nämliche fand er in den socialwissenschaftlichen Werken, sie zeigten entweder ausgezeichnete, aber nicht praktisch anwendbare Phantasieen, von denen er schon als Student angezogen worden war – oder Versuche zur Verbesserung der Verhältnisse, in welchen sich Europa befand, und mit denen die Landwirtschaft Rußlands nichts gemein hatte. Die politische Ökonomie sagte, daß die Gesetze, auf welchen sich der Reichtum Europas entwickelt hätte, und noch entwickelte, allgemeingültig und unanfechtbar seien. Die Socialwissenschaft sagte, daß die Entwickelung nach diesen Gesetzen ins Verderben führe. Weder die Eine noch die Andere gab Antwort, oder auch nur den geringsten Fingerzeig für das, was Lewin und alle übrigen russischen Landleute und Grundbesitzer mit ihren Millionen von Händen und Desjatinen Landes thun sollten, um diese für die Hebung des allgemeinen Wohlstandes ergiebiger zu machen.

Nachdem er sich einmal mit seiner Aufgabe befaßt hatte, las er gewissenhaft alles, was sich auf seinen Gegenstand bezog und beschloß, im Herbst ins Ausland zu reisen, um denselben an Ort und Stelle noch zu studieren, zu dem Zwecke, daß es ihm in dieser Frage nicht ebenso gehen möchte, wie es ihm schon so oft in verschiedenen Fragen ergangen war. Wenn er nur erst anfing, den Sinn der Worte seines Nachbars zu erfassen und seine eigene Idee auseinanderzusetzen, falls man ihm plötzlich sagen würde: „Habt Ihr nicht Kaufmann, Jones, Dubois, Mitchelli gelesen? Lest diese, sie haben die Frage behandelt!“

Er erkannte jetzt aber klar, daß weder Kaufmann noch Mitchelli ihm etwas sagen konnten und wußte doch, was er wollte.

Er hatte erkannt, daß Rußland herrliches Land besitze, vorzügliche Arbeitskräfte und daß bei manchen Gelegenheiten die Arbeiter und das Land viel produzierten, in der Mehrzahl der Fälle aber, sobald das Kapital nach europäischem Muster angelegt würde, wenig, und daß dies nur daher komme, daß die Arbeiter zwar arbeiten wollten, aber nur nach ihrer eigenen Weise gut arbeiteten, und daß dieser Widerspruch kein zufällig auftretender sei, sondern ein fest bestehender, der seine Begründung im Geiste des Volkes habe.

Er meinte, daß das russische Volk, in seiner Aufgabe, ungeheure unbebaute Landstrecken zu besiedeln und zu bearbeiten, sich, solange nicht alles Land besiedelt sein würde, an dasjenige Verfahren halte, welches dazu erforderlich war, und daß sein Verfahren durchaus nicht so mangelhaft sei, wie man dies gewöhnlich denke. Dies gedachte er theoretisch in seinem Werke, praktisch in seiner Ökonomie darzulegen.

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