Kitabı oku: «Franziskus aus Rom und Franz von Assisi», sayfa 2

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Bewahrt in euch die stets lebendige Flamme

Und schließlich, liebe junge Leute, meine Geschwister: Nichts von dem, was uns in Gedanken beschäftigt, wird Wirkung zeigen, wenn wir in unsere Unternehmungen nicht Gott mit einbeziehen. Er ist nicht irgendwo, er ist vielmehr in allen Dingen. Doch vor allem ist er in euren Herzen. In jedem von euch ist eine lebendige Glut und brennt eine heilige Flamme: die geheimnisvolle, liebende Gegenwart Gottes. Sie wird spürbar in der Begeisterung, die so typisch für euer Alter ist. Begeisterung wird auch mit Enthusiasmus übersetzt. Die wörtliche Bedeutung von Enthusiasmus ist: das Göttliche, Gott in sich haben. Es ist der innere Gott, der Gefährte und Freund, der Gott der bedingungslosen Liebe.

Unsere materialistische und konsumistische Kultur hat diese heilige Flamme mit Asche zugedeckt und droht sie zu ersticken. Entfernt diese Asche, indem ihr euer Herz diesem Gott öffnet. Nehmt euch jeden Tag Zeit, um an ihn zu denken, Zwiesprache mit ihm zu halten, vor ihm zu klagen und zu weinen, eine Bitte an ihn zu richten. Und dann sagt wiederum nichts. Begebt euch nur still in seine Gegenwart. Er kann zu euch sprechen, gute Empfindungen in euch wecken und euch erhellende Einsichten schenken. Lasst niemals von Gott ab, denn er verlässt euch nicht und wird dies niemals tun. Lebt als solche, die sich in seiner Hand geborgen wissen. Und dann werdet ihr unter seinem Schutz stehen, denn er ist der Gute Hirte, der euch auf grüne Weiden führt, damit es euch an nichts fehlt. Er ist Vater und Mutter von unendlicher Zärtlichkeit.

Gott, der souveräne Liebhaber des Lebens, steht an unserer Seite

Indem der Sohn Gottes in Jesus unser Menschsein angenommen hat, hat er auch einen Teil der Erde und der Elemente des Universums angenommen. Sie sind deshalb bereits von Gott durchdrungen und in sein ewiges Sein einbezogen. Nie wieder sind sie Bedrohungen ausgesetzt. Wir hingegen sind dies. Es trösten uns die Worte der Bibel, wo es heißt, dass Gott „der souveräne Liebhaber des Lebens“ ist (Buch der Weisheit, 11,24). Er bleibt für immer das, was er einmal geschaffen hat. Er vergisst keines seiner Geschöpfe, das aus seinem Herzen hervorging. Deshalb vertrauen wir alle darauf, dass er unsere geliebte Mutter Erde beschützen und die Zukunft des Lebens und von euch allen garantieren wird.

Vertut eure Zeit nicht, denn die Zeit drängt. Diesmal dürfen wir nicht säumen oder einen Irrtum begehen, denn wir laufen Gefahr, dass es kein Zurück mehr und keine Möglichkeiten mehr gibt, die Fehler zu korrigieren. Doch verliert eure Begeisterung und die Freude des Herzens nicht. Das Leben trägt stets den Sieg davon, denn Gott ist lebendig und hat uns seinen Sohn gesandt, der sagte, er sei gekommen, um das Leben, und zwar das Leben in Fülle zu bringen.

Das ist es, was ich euch aus meinem tiefsten Herzen sagen wollte.

Zum Schluss möchte ich eine besondere Bitte an euch richten: Betet für den Papst, der meinen Namen trägt, helft ihm, arbeitet mit ihm zusammen. Er wird die Kirche von heute wiederherstellen, so wie ich es zu meiner Zeit versucht habe. Ohne eure Hilfe wird er sich schwach fühlen und große Schwierigkeiten haben. Doch mit eurer Begeisterung und mit eurer Unterstützung in euren verschiedenen Gruppen und Bewegungen wird er die Aufgabe erfüllen, die ihm Jesus anvertraut hat: unserer Kirche ein glaubwürdiges Aussehen zu geben und alle im Glauben und in der Hoffnung zu stärken. Mit euch zusammen wird er genügend Kraft haben, und es wird ihm gelingen.

Bevor ich mich nun von euch verabschiede, gebe ich euch den Segen, den ich seinerzeit meinem engen Freund, dem Bruder Leo – ich nannte ihn Schaf Gottes – gegeben habe:

Der Herr segne euch und behüte euch.

Er zeige euch sein Angesicht und erbarme sich eurer.

Er wende euch sein Antlitz zu und schenke euch Frieden.

Pax et Bonum Franziskus

Poverello und euer kleiner Bruder aus Assisi

Franz von Assisi und Franziskus aus Rom: Berufen zum Wiederaufbau der Kirche

Dass der argentinische Kardinal Jorge Mario Bergoglio, als er zum Papst gewählt wurde, den Namen Franziskus annahm, hat eine tiefe Bedeutung. Denn so wie Franz von Assisi zu seiner Zeit hat auch Papst Franziskus die Aufgabe, die Kirche Christi wiederherzustellen.

Der heilige Franziskus verspürte den Ruf, den Sinn von Kirche, wie er aus den Evangelien hervorgeht, wieder freizulegen. Er war inmitten imperialer Macht der Päpste, des Prunks der Paläste für Kardinäle und Bischöfe und des allgemeinen Sittenverfalls fast verloren gegangen.

Die Bekehrung des Franziskus begann damit, dass er in der Kapelle San Damiano auf die Stimme des Gekreuzigten hörte, die ihm sagte: „Franziskus, baue mein Haus wieder auf. Sieh, es liegt in Trümmern.“

Er fasste das im wörtlichen Sinne auf und machte sich daran, die kleine Kirche Portiunkula wieder aufzubauen, die tatsächlich in Trümmern lag. Diese kleine Kirche gibt es immer noch. Man findet sie heute in Assisi im Inneren einer riesigen Kathedrale. Erst danach begriff Franziskus, dass es um eine geistliche Aufgabe ging, nämlich die Kirche wiederherzustellen, die „Christus mit seinem Blut erlöst hatte“. Nun initiierte er eine Bewegung der Erneuerung jener Kirche, die zu seiner Zeit vom mächtigsten Papst der Geschichte überhaupt, von Innozenz III., geleitet wurde.

Zunächst lebte er mit den Leprakranken, und zusammen mit einem von ihnen zog er los, um das Evangelium der Einfachheit in einer volkstümlichen Sprache, und nicht auf Lateinisch, zu predigen.

Es ist gut zu wissen, dass Franziskus niemals Priester wurde, sondern lediglich Laie blieb. Erst gegen Ende seines Lebens, als die Päpste den Laien das Predigen verboten, ließ er sich zum Diakon weihen, und zwar unter der Bedingung, dass er keine Vergütung für dieses Amt bekäme.

Warum wählte Kardinal Bergoglio den Namen Franziskus? Genau aus demselben Grund, der aus dem jungen, neu bekehrten Franziskus von Assisi den Initiator einer Erneuerungsbewegung der mittelalterlichen Kirche werden ließ.

Auch Papst Franziskus war sich, wie so viele andere, dessen bewusst, dass die heutige Kirche in Trümmern liegt, weil sie von etlichen Sitten- und Finanzskandalen erschüttert ist. Priester, Bischöfe und sogar Kardinäle sind darin verwickelt und haben das Wertvollste der Kirche aufs Spiel gesetzt: die moralische Überzeugungskraft und die Glaubwürdigkeit.

Franziskus ist nicht einfach ein Name. Es ist ein Programm für eine arme, einfache, am Evangelium orientierte und von jeglichem Machtapparat befreite Kirche. Franziskus von Assisi hat eine Kirche entstehen lassen, die sich zusammen mit den Geringsten auf den Weg machte. Er schuf die ersten Gemeinschaften von Brüdern, die im Schatten von Bäumen ihr Brevier beteten und damit in den Gesang der Vögel einstimmten. Es war eine ökologische Kirche, die alle Lebewesen mit dem zärtlichen Wort „Brüder und Schwestern“ anredete.

Dies ist das Modell von Kirche, das auch Franziskus aus Rom inspiriert: eine „arme Kirche für die Armen“, wie er so schön sagte, eine Kirche, die dem Erbe Jesu treu bleiben will. Die Hirten müssen „den Geruch der Schafe“ an sich tragen, wie er es humorvoll in einer Ansprache an die Priester Roms ausdrückte. Das heißt, sie bewegen sich mitten im Volk.

Er selbst als Papst weiß dies und hat es klar zum Ausdruck gebracht. Ja, er muss Orientierung geben, aber er muss sich auch mitten ins Volk begeben, dessen Weg teilen, auf es hören, seine Weisheit aufnehmen und sich als ein Teil des Volkes Gottes empfinden.

Franziskus von Assisi war der Kirche der Päpste gegenüber stets gehorsam, doch zugleich ging er seinen eigenen Weg und trug dabei das Evangelium der Armen in seinen Händen und in seinem Herzen. Joseph Ratzinger, der später Papst Benedikt XVI. werden sollte, schrieb im Jahr 1970 noch als Theologe: „Das Nein des Franziskus zu jener Art von mächtigen und reichen Kirche hätte nicht radikaler sein können; wir könnten dies prophetischen Protest nennen.“ Er kritisiert den herrschenden Stil nicht mit Worten. Er handelt einfach und führt einen neuen Stil ein.

Ich glaube, dass dem Papst Franziskus eine solche Kirche vorschwebt: außerhalb der Paläste und ohne die Symbole der Macht. Deshalb wohnt er nicht mehr wie seine Vorgänger im Palast des Vatikans, sondern im Gästehaus Santa Marta. Und er nimmt an den Mahlzeiten derer teil, die dort gerade zu Gast sind. Bei seinem ersten öffentlichen Auftreten nach seiner Wahl legte er einen neuen Stil an den Tag. Normalerweise tragen die Päpste die Mozetta über ihren Schultern, das heißt einen Umhang voller Brokat und Gold, wie ihn früher nur die Kaiser benutzen durften. Papst Franziskus kam einfach weiß gekleidet und mit dem Blechkreuz, das er auch in Buenos Aires als Bischof und Kardinal getragen hatte.

Aus seiner ersten Ansprache sind drei Punkte von großer symbolischer Bedeutung hervorzuheben:

Zunächst sprach er von „Leiten in Liebe“. Dies wurde seit der Reformation und von den besten Theologen der Ökumene eingeklagt. Der Papst darf nicht wie ein absolutistischer Monarch und ausgestattet mit heiliger Gewalt regieren, wie es das Kirchenrecht vorsieht (Kanon 331). Wenn man sich an Jesus orientiert, dann muss er sein Leitungsamt in Liebe ausüben und den Glauben der Brüder und Schwestern stärken.

Zweitens: Er rückte den Begriff „Volk Gottes“ in den Mittelpunkt. Das Zweite Vatikanische Konzil hatte dieser Bezeichnung so viel Nachdruck verliehen, doch unter den beiden Päpsten vor Franziskus wurde dieses Wort in seiner Bedeutung abgeschwächt zugunsten einer hierarchischen, klerikalen Kirche. Papst Franziskus bat demütig darum, dass das Volk Gottes für ihn beten und ihn segnen möge. Erst danach spendete er seinerseits dem Volk seinen Segen. Das bedeutet: Er ist da, um zu dienen, und nicht, um bedient zu werden. Er bittet darum, dass die Menschen ihm helfen, gemeinsam einen Weg zu verwirklichen. Und er ruft die ganze Menschheit dort zur Geschwisterlichkeit auf, wo man einander nicht als Bruder und Schwester anerkennt, sondern wo die Menschen dazu verdammt sind, von der neoliberalen Wirtschaft in Geiselhaft genommen zu sein, die so viele „überflüssig“ und arbeitslos werden lässt.

Schließlich vermied er alles, was die Gestalt des Papstes spektakulär erscheinen lassen könnte. Er hob nicht die Arme empor, um das Volk zu begrüßen. Er stand aufrecht und bewegungslos da, ernsthaft und nüchtern, ja man könnte sagen, fast erschrocken. Man sah bloß die weiße Gestalt, die zärtlich auf die Menge blickte. Doch er strahlte Frieden und Vertrauen aus. Er sprach humorvoll und enthielt sich aller offizieller rhetorischer Floskeln. Er sprach als Hirte zu seinen Gläubigen. Zum Schluss wünschte er allen: „Gute Nacht, schlaft gut.“

Zuletzt muss noch betont werden, dass Franziskus ein Papst ist, der aus dem globalen Süden kommt, wo die Armen der Erde und zugleich 60 % der Katholiken leben. Mit seiner Erfahrung als Hirte und mit einer neuen Sicht der Dinge von unten her wird er die Kurie reformieren, die Verwaltung dezentralisieren und der Kirche ein anderes, glaubwürdiges Antlitz verleihen können.

Dies ist die große Hoffnung all derer, die den Weg der Kirche in der Welt mitgehen. Und wir werden in dieser Hoffnung bestimmt nicht getäuscht werden, denn er hat Franz von Assisi zum Schutzpatron und als inspirierendes Vorbild. Und mit der Gestalt des heiligen Franziskus sind keine geringen moralischen und spirituellen Herausforderungen verbunden.

Was den Heiligen und den Papst miteinander verbindet

Da der Bischof von Rom – und damit der Papst – nach seiner Wahl den Namen Franziskus angenommen hat, legt es sich zwangsläufig nahe, dass man Franz von Assisi und Franziskus aus Rom miteinander vergleicht. Der Papst hat sich überdies ausdrücklich auf Franz von Assisi bezogen. Es geht selbstverständlich nicht darum, die beiden einfach zu vergleichen, sondern herauszufinden, welche Inspirationen sie verbinden, die der Kirche ein neues Antlitz im Geist des einfachen, demütigen und armen heiligen Franziskus geben können.

Eine Gemeinsamkeit ist nicht von der Hand zu weisen: die Krise der Institution Kirche. Der junge Franziskus sagt, er habe eine Stimme vernommen, die vom Gekreuzigten in der Kirche San Damiano herkam und ihm sagte: „Franziskus, baue meine Kirche wieder auf, denn sie liegt in Trümmern.“ Giotto hat dies gut dargestellt: Er zeigt Franziskus, wie er das schwere Gebäude der Kirche, das einzustürzen droht, mit seinen Schultern stützt.

Auch wir machen gerade aufgrund interner Skandale der Institution Kirche eine schwere Krise durch. Man vernimmt den allgemeinen Schrei (und die Stimme des Volkes ist schließlich die Stimme Gottes): „Richtet die Kirche wieder auf, denn ihre Moral und Glaubwürdigkeit liegen darnieder.“ Und so vertraute sich diese Kirche einem Kardinal an, der „vom Ende der Welt herkommt“, wie er selbst sagte, Jorge Mario Bergoglio aus Buenos Aires, dessen Auftrag als Papst darin besteht, inspiriert vom heiligen Franziskus die Kirche wiederaufzubauen.

Zur Zeit des heiligen Franziskus war Innozenz III. (1198 – 1216) an der Macht, der sich selbst als „Stellvertreter Christi“ bezeichnete. Mit ihm erreichte die Verweltlichung der Kirche ihren Höhepunkt. Ausdrücklich wurde das Streben nach der Weltherrschaft, nach dem dominium mundi, formuliert. Tatsächlich war eine Zeitlang praktisch ganz Europa bis nach Russland dem Papst unterworfen. Man lebte in größtem Prunk und größter Pracht. Im Jahr 1209 hat Innozenz III. nach vielen Zweifeln den Weg der Armut des Franziskus von Assisi bestätigt. Die Krise war theologischer Natur: Eine Kirche, die mit weltlicher und sakraler Herrschaftsgewalt ausgestattet ist, liegt nicht auf der Linie dessen, was Jesus wollte, nämlich Macht als Dienst, und dass die Letzten die Ersten seien.

Franziskus bildete den lebendigen Gegensatz zur imperialen Kirche. Dem Evangelium der Macht hielt er die Macht des Evangeliums entgegen, das er ganz wörtlich las und auffasste. Angesichts des Reichtums der Päpste, Bischöfe und Äbte zeigte er die Alternative der totalen Entäußerung in radikaler Armut und äußerster Schlichtheit auf. Von denen, die befehlen und sich über die anderen erheben, forderte er die Demut der Machtlosen, die sich ganz unten, am Erdboden des Lebens befinden. Er fügte sich nicht in den Kleriker- oder Mönchsstand ein, sondern als Laie, der nur über drei Jahre Schulbildung mit Unterbrechungen verfügte und schlecht Latein schrieb, orientierte er sich am lebendigen Evangelium ohne ausgeklügelte Deutungskünste und begab sich an den Rand der Städte, wo die Armen und Leprakranken waren, und in die Natur, wo er eine kosmische Geschwisterlichkeit mit allen Lebewesen verwirklichte.

Vom Rand aus sprach er zum Zentrum und forderte Bekehrung. Anstatt ausdrücklich Kritik zu üben, setzte er eine Reform von unten in Gang, ohne dabei jedoch mit Rom zu brechen. Wir haben es mit einem Genie des Christentums von verführerischer Menschlichkeit, faszinierender Zärtlichkeit und Achtsamkeit zu tun, an dem wir das Beste unseres Menschseins entdecken können.

Ich vermute, dass diese Vorgehensweise Papst Franziskus inspiriert hat. Es geht darum, die Kurie und das klerikale Gehabe insgesamt in der Kirche zu reformieren. Doch hierfür muss man keinen Bruch herbeiführen, der den Leib der Christenheit zerreißen würde.

Eine andere Sache, die Franziskus aus Rom mit Sicherheit inspirierte, ist der zentrale Stellenwert, den Franziskus den Armen eingeräumt hat. Er hat kein Werk für die Armen organisiert, sondern vielmehr mit ihnen und wie sie gelebt. Seit ich Franziskus aus Rom kenne, habe ich ihn immer wieder sagen hören: Das Problem der Armen kann nicht ohne die Teilnahme der Armen selbst gelöst werden, es wird nicht durch Menschenfreundlichkeit beseitigt, sondern durch soziale Gerechtigkeit. Die soziale Gerechtigkeit verringert die Ungleichheiten in Lateinamerika und insgesamt in der Welt.

Eine dritte Inspiration ist heute von überaus aktueller Bedeutung: Wie verhalten wir uns gegenüber Mutter Erde und gegenüber ihren knappen Gütern und ihrer begrenzten Tragfähigkeit? In seiner Ansprache zur Amtseinführung verwendete der Papst achtmal das Wort Achtsamkeit bzw. Fürsorge. Die Ethik der Achtsamkeit ist es, die das Leben der Menschen retten und die Lebensfähigkeit der Ökosysteme aufrechterhalten wird. Franz von Assisi, der Patron des Umweltschutzes, sollte zum Paradigma einer respektvollen und geschwisterlichen Beziehung zu allen Seinsformen werden, in der der Mensch nicht mehr über anderen Arten steht, sondern sich erniedrigt und zu ihnen herabbeugt – insbesondere zu denen, die am meisten von der Auslöschung bedroht sind.

Franz von Assisi pflegte zu Klara eine Beziehung, die von tiefer Freundschaft und wahrhaftiger Liebe geprägt war. Er schätzte die Frau sehr hoch, und die Tugenden pries er, indem er sie „Damen“ nannte. Hoffentlich weckt er in Franziskus aus Rom gegenüber den Frauen, die ja die Mehrheit der Kirche bilden, nicht nur eine Haltung des Respekts, sondern der Wertschätzung ihrer führenden Rolle, wenn es darum geht, Entscheidungen über den Weg des Glaubens und der Spiritualität im neuen Jahrtausend zu treffen. Viele sind der Meinung, dass das 21. Jahrhundert das Jahrhundert der Frau sein wird. Das Leben selbst ist bedroht. Diejenigen, die das Leben zur Welt bringen, wissen am besten, wie man sich in Fürsorge und Achtsamkeit um alle Lebensformen und – wie Franz von Assisi sagte – die Schwester und Mutter Erde selbst kümmert. Diese Erde ist lebendig, sie ist die Pacha Mama und Gaia, sie ist die Große Mutter, die uns großzügig all das bereitstellt, was wir zum Leben brauchen. Papst Franziskus wird die Frauen und uns alle in dieser uns anvertrauten Aufgabe stärken müssen.

Schließlich ist Franziskus, glaubt man dem Philosophen Max Scheler, der Prototyp der Vernunft des Herzens, der emotionalen Vernunft, im Abendland. Er schreibt: „Nie wieder in der Geschichte des Abendlandes ist eine Gestalt der sympathetischen Gemütsmächte wieder erreicht worden, wie sie im hl. Franziskus bestand. Nie wieder auch die Einheit und Geschlossenheit ihrer gleichzeitigen Betätigung in Religion, Erotik, sozialem Wirken, Kunst, Erkenntnis.“ (Scheler 1973, 103) Diese Vernunft des Herzens ist es, die uns empfänglich und empfindsam werden lässt für die Leidenden und für den Schrei der Erde, der gequälten Tiere, der zerstörten Pflanzen und aller, die um Schutz flehen, damit sie überleben können.

Wenn Papst Benedikt XVI. als ein hervorragender Theologe die intellektuelle Vernunft betonte, dann steht Papst Franziskus für die Vernunft des Herzens, die dem Volk in Liebe zugewandt ist, die Menschen umarmt, die Kinder liebkost und liebevoll auf die Menschenmenge schaut.

Wenn sich die moderne Vernunft nicht von der Empfindsamkeit des Herzens durchdringen lässt, dann werden wir kaum dazu bewegt, uns um unser Gemeinsames Haus, den Planeten Erde, zu kümmern, den verlorenen Söhnen und Töchtern nachzugehen und die gut franziskanische Überzeugung in uns reifen zu lassen, dass alle Seinsformen und Lebewesen ein Band der Geschwisterlichkeit verknüpft. Wenn wir in zärtlicher Zuneigung die Welt in die Arme schließen, dann werden wir Gott umfangen.

Papst Franziskus – vom Geist des Franz von Assisi inspiriert

Die Tatsache, dass der neue Papst den Namen Franziskus wählte, hat bei vielen von Neuem das Interesse an dieser einzigartigen Gestalt – vielleicht dem Menschen mit der größten Strahlkraft, den das Christentum und das Abendland insgesamt jemals hervorgebracht hat – geweckt. Manche nennen ihn den letzten Christen, oder auch den ersten Christen nach dem einzigen, nämlich Jesus Christus selbst.

Was wir mit Sicherheit sagen können: Als Kardinal Bergoglio den Namen Franziskus wählte, wollte er damit auf ein Programm für die Kirche im Geist des heiligen Franziskus verweisen. Das Bild von der Kirche, das Franziskus hatte, war das genaue Gegenteil dessen, was die Kirche seiner Zeit verwirklichte. Sie entfaltete ihre weltliche Macht über fast ganz Europa bis nach Russland hin, sie baute riesige Kathedralen, prunkvolle Paläste und eindrucksvolle Abteien. Der heilige Franziskus traf für sich die Entscheidung, das Evangelium in seiner reinen Gestalt zu leben, und zwar buchstäblich: in radikalster Armut, in fast schon naiver Einfachheit, in einer Demut, die ihn auf den Erdboden herabholte, auf das Niveau derer, die von der Gesellschaft am meisten verachtet wurden: Er lebte bei den Leprakranken und aß mit ihnen zusammen aus demselben Napf.

Niemals hat er am Papst oder Rom Kritik geübt. Er ist einfach deren Beispiel nicht gefolgt. Im Hinblick auf diese Art von Kirche und Gesellschaft hat er ausdrücklich festgestellt: „Ich will ein ,novellus pazzus‘, ein neuer Narr, sein.“ Ein Narr um des armen Christus willen und um der „Herrin Armut“ willen, einer Armut, die ihm vollkommene Freiheit verlieh: Nichts sein, nichts haben, nichts vermögen, nichts darstellen. Er machte sich den Satz zu eigen: „Ich begehre wenig, und das Wenige, das ich begehre, ist gering.“ In Wahrheit war es nichts. Er legte jede Art von Titel ab. Er betrachtete sich als „einfältig, schäbig, elend und gering“. Dieser spirituelle Weg war nur schwer durchzuhalten, denn je mehr Gefährten herbeiströmten, umso mehr widersetzten sie sich ihm und wollten Klöster bauen, Regeln etablieren und Studien betreiben. Franziskus leistete dagegen Widerstand, so gut er konnte, aber schließlich musste er der Mittelmäßigkeit nachgeben und sich der Logik der Institutionen fügen, die Regeln, eine Ordnung und Machtstrukturen brauchen. Doch er ließ von seinem Traum nicht ab. Enttäuscht kehrte er zu den Aussätzigen zurück, um ihnen zu dienen, und ließ es zu, dass seine Bewegung gegen seinen Willen zum Orden der Minderbrüder wurde.

Die grenzenlose Demut und die radikale Armut ließen ihn eine Erfahrung machen, die uns unmittelbar zu unseren eigenen Fragen führt: Ist es möglich, Achtsamkeit, Fürsorge und Respekt gegenüber der Natur wiederzuerlangen? Kann es eine Geschwisterlichkeit in einem so umfassenden Sinn geben, dass sie alle einschließt, wie es bei Franziskus der Fall war: den Sultan Ägyptens, dem er auf dem Kreuzzug begegnete, die Räuberbande, den reißenden Wolf von Gubbio, ja sogar den Tod?

Franziskus von Assisi hat gezeigt, dass dies möglich ist, und er hat dies in Einfachheit und mit Leidenschaft praktisch gelebt. Weil er nichts besaß, hatte er eine direkte Beziehung zu allen Geschöpfen – eine Beziehung des Zusammenlebens und nicht des Habens und Besitzens. Weil er in radikaler Weise demütig war, ließ er sich auf den Erdboden nieder (das lateinische Wort humilitas, Demut, kommt von humus, Erdboden) und setzte sich zu Füßen einer jeden Kreatur, die er als Bruder und Schwester betrachtete. Er empfand sich als Bruder des Wassers, des Feuers, der Lerche, der Wolke, der Sonne und eines jeden Menschen, dem er begegnete. Er initiierte eine Geschwisterlichkeit ohne Grenzen: Nach unten hin pflegte er eine Geschwisterlichkeit mit den Geringsten, um ihn herum mit Seinesgleichen, ganz egal, ob es sich um den Papst oder um leibeigene Bauern handelte, und nach oben hin mit der Sonne, dem Mond, den Sternen. Sie alle sind Brüder und Schwestern, Kinder ein und desselben Vaters voller Güte.

So praktizierte Armut und Demut hat nichts mit Bigotterie zu tun. Eine solche Praxis hat vielmehr eine Voraussetzung: grenzenlose Hochachtung vor jeglichem Sein. Voller Ehrfurcht hob er den Regenwurm vom Weg auf, damit er nicht zertreten werde, verarztete er ein verletztes Huhn, damit es wiederhergestellt werde, gab er im Winter den Bienen Nahrung, die ziellos umherschwirrten. Er reihte sich in tiefer Demut mitten unter die anderen Geschöpfe ein und empfand sich als deren Bruder.

Er knüpfte Bande der Geschwisterlichkeit mit „Schwester und Mutter Erde“. Er verleugnete den Staub nicht, aus dem wir gemacht sind, und auch nicht die verborgenen Wurzeln, von denen her wir alle leben. Indem er auf jeglichen Besitz verzichtete und alles von sich wies, was ihn über andere Menschen oder über Dinge setzen hätte können, um sie sich zu eigen zu machen, wurde er zum universalen Bruder. Er ging auf die anderen mit leeren Händen und reinem Herzen zu. Was er ihnen anzubieten hatte, war lediglich höfliche Rücksichtnahme, Freundschaft, uneigennützige Liebe voller Vertrauen und Zärtlichkeit.

Universale Geschwisterlichkeit stellt sich dann ein, wenn wir uns in großer Demut in den Schoß der Schöpfung selbst begeben und allen Lebewesen und jeder einzelnen Seinsform Hochachtung entgegenbringen. Diese kosmische Geschwisterlichkeit, die ihre Grundlage im grenzenlosen Respekt hat, ist die unabdingbare Voraussetzung für Geschwisterlichkeit unter den Menschen. Ohne diesen Respekt und diese geschwisterliche Verbundenheit könnte die Erklärung der Menschenrechte kaum praktische Wirksamkeit entfalten. Es würde ständig Menschenrechtsverletzungen aus ethnischen Gründen, aus Gründen des Geschlechts, der Religion usw. geben.

Diese von Franziskus ernsthaft eingeübte Haltung der kosmischen Geschwisterlichkeit kann uns in unserer Sorge um die Erhaltung unserer Lebensgrundlagen und einer jeden Art, eines jeden Tieres, einer jeden Pflanze ermutigen, denn es geht um unsere Brüder und Schwestern. Ohne echte Geschwisterlichkeit werden wir nie dazu gelangen, eine Menschheitsfamilie zu bilden, die in Respekt und Achtsamkeit den Planeten, „Schwester und Mutter Erde“, bewohnt.

Diese Geschwisterlichkeit erfordert unermüdliche Geduld, doch sie birgt auch eine große Verheißung in sich: Sie lässt sich in die Tat umsetzen. Wir sind keineswegs dazu verdammt, die wilde Bestie in uns freizulassen, die in den verbrecherischen Präsidenten Videla in Argentinien sowie Pinochet in Chile, im Folterknecht Fleury in Brasilien und in anderen Mördern auf der ganzen Welt Gestalt annahm.

Hoffentlich macht Papst Franziskus aus Rom in der Art, wie er sein Hirtenamt für die Ortskirche und für die Weltkirche ausübt, dem Namen Franziskus alle Ehre und zeigt, wie aktuell das ist, was der Fratello und Poverello aus Assisi gelebt hat. Er ist eine lebendige Quelle der Inspiration, der humanitären und zutiefst ökologischen Praxis. Darin besteht die dringende Herausforderung unserer Zeit, die der Papst aufgreifen, die er in Einfachheit und in angemessener Weise annehmen sollte.

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