Kitabı oku: «Lernen (E-Book)»
Claudio Caduff, Manfred Pfiffner, Veronika Bürgi
Lernen
Didaktische Hausapotheke, Band 11
ISBN Print: 978-3-0355-0279-4
ISBN E-Book: 978-3-0355-0301-2
Coverbild: iStock.com/Jacob Ammentorp Lund
1. Auflage 2018
Alle Rechte vorbehalten
© 2018 hep verlag ag, Bern
Inhalt
Vorwort des Herausgebers
1Einleitung
1.1Vorstellungen vom Lernen
1.2Definitionsversuche
1.3Kern des Lernens
1.4Theorien als Linsen
2Psychologische Lerntheorien
2.1Behaviorismus
2.2Kognitivismus
2.3Konstruktivismus
2.4Neuropsychologie
3Relationale Lerntheorien
3.1Sechs Prinzipien des Lernens
3.2Phänomenologische Lerntheorie
3.3Pragmatische Lerntheorie
3.4Subjektwissenschaftliche Lerntheorie
3.5Kritisch-pragmatische Lerntheorie
3.6Pädagogische Theorie des Lernens
3.7Lernen durch Einsicht
3.8Drei Ebenen des Lernens
4Motivation
4.1Selbstbestimmungstheorie
4.2Individuelle Lernbiografie
4.3Zielsetzungen
5Wissen
5.1Wissensarten
5.2Wissen über Aufgabentypen und Lernformen
6Selbstreguliertes Lernen
6.1Gelingensbedingungen
6.2Dreischichtenmodell von Boekaerts
6.3Selbstreguliertes Lernen in der Unterrichtsvorbereitung berücksichtigen 56
6.4Selbstreguliertes Lernen im Unterricht fördern
6.5Selbstreguliertes Lernen als Erwerb überfachlicher Kompetenzen
6.6Selbstreguliertes Lernen ermöglichen
Literatur
Autorin und Autoren
Vorwort des Herausgebers
Eine gut ausgestattete Hausapotheke gehört in jeden Haushalt, um kleinere Verletzungen oder Erkrankungen selbstständig zu behandeln. Auf diesem Grundgedanken basieren die «didaktischen Hausapotheken», welche die Pädagogische Hochschule Zürich zusammen mit dem hep verlag konzipiert hat. Doch unsere Hausapotheken sind nicht für Notfälle im Unterricht gedacht. Sie sind vielmehr Anleitungen zur Selbsthilfe bei der Entwicklung der eigenen Berufskompetenz.
Die Hefte greifen aktuelle Herausforderungen aus der Unterrichtspraxis und dem Schulalltag auf. Sie beziehen sich auf die typischen Handlungsfelder*, in denen Lehrpersonen im Beruf tätig sind.
Wer sich mit ihren Inhalten auseinandersetzt, erhält einen Mix aus nützlichem Hintergrundwissen, Anstössen zur Reflexion und praktischen Empfehlungen – eine Rezeptologie im besten Sinne des Wortes.
Die vorliegende Hausapotheke ist insofern aktuell, als sie einem zeitlosen Thema gewidmet ist: dem Lernen. Wer lehrt, muss über ein Grundwissen über das Lernen und über Lerntheorien verfügen. Nur so sind Lehrpersonen in der Lage, Lernende zu unterstützen und weiterzubringen. Damit bildet diese Hausapotheke eine wichtige Grundlage für die Umsetzung dessen dar, worum es in jedem Unterricht geht: ums Lernen.
Christoph Städeli
Leiter der Abteilung Sekundarstufe II/Berufsbildung der Pädagogischen Hochschule Zürich
*Die Ausbildungen an der Pädagogischen Hochschule Zürich beruhen auf einem vom Dozierendenteam entwickelten Modell, das die Tätigkeit von Lehrpersonen in der Berufsbildung in zehn Handlungsfelder und knapp vierzig Kompetenzen aufgliedert. Die Themen der einzelnen Handlungsfelder sind auf dem Heftrücken der «didaktischen Hausapotheken» abgedruckt. In diesem Heft liegt der Fokus auf den Handlungsfeldern 1, 2, 5 und 8: «Das Fach und seine Didaktik meistern», «Entwicklung und Lernen unterstützen», «Selbstgesteuertes Lernen fördern» und «Berufliches Handeln reflektieren und weiterentwickeln».
1Einleitung
Die Fähigkeit zu lernen ist wie die Fähigkeit zu sprechen eines der bedeutendsten Merkmale der Spezies Mensch. Die Voraussetzung lernen zu können ist für unser Leben notwendig, weil wir im Gegensatz zu Tieren eine relativ geringe Instinktausstattung haben. Das Lernen, das seinen Ursprung im Denken hat und damit etwas «Unnatürliches» ist, setzt den Menschen in ein einzigartiges Verhältnis zur Welt – es konstituiert das Subjekt. Damit wird Lernen gleichzeitig zu einer «wundervollen Möglichkeit» (Göhlich & Zirfas 2007, S. 7) der Welterschliessung und des Weltbezugs und zu einer Notwendigkeit der Menschwerdung, die sich besonders in der Schule und auch in der beruflichen Aus- und zunehmend in der Weiterbildung zeigt. Möglichkeit (Freiheit) und Notwendigkeit (Zwang) sind somit charakteristisch für das Lernen.
Obwohl Lernen uns durch seine enge Verbindung mit Erkenntnis und Erfahrung täglich begleitet und wir alle fühlen, wann wir lernen, und vor allem wissen, was wir gelernt haben, ist uns das Lernen häufig nicht bewusst und eigentlich unbekannt. «Unter allen menschlichen Leistungen scheint das Lernen seiner Natur nach zum Verborgensten und Unbekanntesten zu gehören», lautet ein mittlerweile bekanntes Diktum von Günther Buck (1967, S. 11). Vieles, stellt er fest, lernen wir unbewusst und Gewohnheiten und Fertigkeiten üben wir so ein, dass Bewusstheit dieser das Lernen sogar behindern würde. Gleichzeitig ist uns das Lernen in der alltäglichen Erfahrung vertraut, und zwar «nicht nur sofern wir selbst Lernende sind, sondern auch sofern wir uns als Lehrende ausdrücklich auf das Lernen des anderen einstellen» (Buck 1967, S. 12). Auch andere Pädagoginnen und Pädagogen folgen Bucks Feststellung: Käte Meyer-Drawe hält Lernen für «ganz und gar undurchschaubar» (2008, S. 30), während Klaus Prange es als «die Unbekannte in der pädagogischen Gleichung » (2005, S. 82) bezeichnet, und Lutz Koch hält fest, dass «die überaus verwickelte Gesamtstruktur des Lernens […] viele Momente und Zusammenhänge, Probleme und sogar Paradoxien» (2015, S. 76) enthält.
1.1Vorstellungen vom Lernen
Aufgrund seiner überragenden Bedeutung für den Menschen war und ist das Lernen Gegenstand nicht nur der Pädagogik, sondern vieler anderer Wissenschaften, von der Philosophie (besonders in der Erkenntnistheorie) bis zu den Ingenieurswissenschaften (zum Beispiel beim «deep» oder «machine learning»). Für Platon war Lernen Wiedererkennen auf der Grundlage der Seelenwanderungslehre seiner Zeit. Auch wenn man diese Annahme heute nicht mehr teilt, enthält sie etwas Wesentliches: Das Verhältnis von Lehren und Lernen ist nicht eines, in dem die Lehrperson den Lernenden etwas überträgt, vielmehr weckt sie in den Lernenden eine Bewegung, die bereits in ihnen gleichsam schlummernd vorhanden ist (vgl. dazu Waldenfels 2009). Zwei weitere Merkmale des Lernens scheinen bei Platon auf. Einerseits besteht das Paradox des Lernens darin, dass es bereits Wissen zur Voraussetzung hat und insofern «lässt sich Lernen nicht als Übergang von Nichtwissen zu Wissen verständlich machen» (Meyer-Drawe 2008, S. 19), vielmehr ist es eine «Umwandlung eines Vor-Wissens zum anders-Wissen» (ebenda). Und diese Umwandlung – das ist das zweite Merkmal, das bereits Platon festhält – stösst auf Widerstand und ist schmerzhaft. Wissen, Erkennen, Verstehen, Begreifen haben Reibungen, Irritationen, Störungen, die sich als Widerstand gegen die Anpassung einstellen, zur Voraussetzung. Die Wiederkennung ist ferner nicht ein Erkennen von etwas, was man schon weiss, vielmehr wird mehr erkannt als nur das Bekannte und erst das löst die Freude des Wiedererkennens aus (vgl. dazu Gadamer 1972, S. 109). Auch für Aristoteles bedarf das Wissen des Vorwissens, wobei er in Abgrenzung zu Platon zwischen praktischem und wissenschaftlichem Wissen unterscheidet. Lernen vollzieht sich für ihn vom praktischen Vorwissen zum wissenschaftlichen Wissen.
In der Folge geriet die Bedeutung der Herkunft des Lernens, wie sie Platon und Aristoteles betont haben, zunehmend aus dem Fokus und das Lernverständnis wurde zukunftsorientiert. Die Lernenden gelten als leer, bevor sie etwas gelernt haben. Diese bereits von den Sophisten vertretene Ansicht ist für religiöses Lernen grundlegend. Hier geht es um die Vermittlung religiös-ethischer Prinzipien durch einen Lehrer; der Priester, der Rabbiner und der Imam vermitteln Gottes Willen, sie stehen zwischen Gott und den Menschen, die zu gottgefälligen Wesen erzogen werden.
Während zu Beginn der Neuzeit Comenius seine Ideen zum schulischen Lernen in einem umfassenden Konzept festhält, für das die drei Wörter omnes, omnia, omnio (alle sollen alles allumfassend lernen) stehen, wurde das Lernen mit der Aufklärung zum Gegenstand wissenschaftlicher Forschung. In der Philosophie der Aufklärung von John Locke bis Immanuel Kant spielt Lernen in der Auseinandersetzung um die Vernunft und das Erkennen eine wichtige Rolle, obwohl die Philosophen sich kaum explizit mit dem Lernen auseinandersetzen. Für Käte Meyer-Drawe ist Kants Philosophie der Vernunft prägend für das weitere Verständnis von Lernen. Indem Kant die Voraussetzung für das Denken und die Welterkenntnis in das Subjekt verlegt, «findet die in der Folgezeit zunehmende Verinnerlichung und Intellektualisierung des Lernens eine gewichtige argumentative Grundlage in seiner Philosophie» (2008, S. 24).
In den jüngsten hundert Jahren prägen psychologische Lerntheorien (Behaviorismus, Kognitivismus, Konstruktivismus, neurowissenschaftliche Theorien) den wissenschaftlichen Diskurs. Doch daneben gab es auch pädagogische Theorien, die sich vor allem gegen die aus ihrer Sicht reduktionistischen psychologischen Theorien wandten (auf die bedeutendsten Theorien wird in Abschnitt 1.4 eingegangen).
1.2Definitionsversuche
Natürlich wurde immer wieder versucht, Lernen begrifflich zu bestimmen. Die nachfolgenden Beispiele zeigen nicht nur die Vielfältigkeit und grosse Varianz der Bemühungen, interessant ist auch die grosse Bandbreite von einfachen (offenen) zu komplizierten (exakten) Bestimmungen.
→«Lernen ist in pädagogischer Perspektive und im strengen Sinn eine Erfahrung» (Meyer-Drawe 2008, S. 15).
→«Lernen ist ein individueller, aktiver und ganzheitlicher Prozess, der auf Vorwissen aufbaut, mit Erfahrung zusammenhängt und eine nachhaltige Veränderung im Verhalten und in der Einstellung zu Folge hat» (Deutsches Schulamt 2011, zitiert in: Baur 2016, S. 10).
→«Lernen als ein bestimmt geartetes Tun des Lernenden mit dem Ziel […], etwas, was er noch nicht versteht und weiss, durch die Anleitung des Lehrers und die eigenen Bemühungen seines Lernens zu verstehen und zu wissen» (Koch 2015, S. 76).
→«Learning is a multidimensional process that results in a relatively enduring change in a person or persons, and consequently [in] how that person or persons will perceive the world and reciprocally respond to its affordances physically, psychologically, and socially. The process of learning has as its foundation the systemic, dynamic, and interactive relation between the nature of the learner and the object of the learning as ecologically situated in a given time and place as well over the time» (Alexander et al. 2009, zitiert in: Murphy & Knight 2016, S. 404).
Für das Verständnis von Lernen helfen solche Bestimmungen wenig, was nicht heisst, dass die Beispiele im Kontext der Texte, denen sie entstammen, nicht bedeutsam und sinnvoll sind; sie illustrieren die Komplexität von Lernen.
1.3Kern des Lernens
Näher an den Kern des Lernens gelangt man, wenn man sich fragt, was das Ergebnis von Lernen ist. Koch (2015, S. 22 f.) gliedert die scheinbar einfache Antwort «Wissen und Können» auf in
→Wissen, das ohne Können für sich selbst sinnvoll ist (zum Beispiel historisches Wissen),
→Wissen, das bereits als solches ein Können ist (zum Beispiel mathematisches Wissen),
→Wissen, das zum Können hinzutritt (zum Beispiel fachdidaktisches Wissen von Lehrpersonen),
→Können, in dem Wissen und Handeln eins sind (zum Beispiel Autofahren).
In seiner Auseinandersetzung mit dem zeitgenössischen Mainstream des selbstgesteuerten Lernens kritisiert Mathias Burchardt (2016, S. 124 f.) die Absolutsetzung gewisser Aspekte in «modernen» Lerntheorien. Besonders populär sind heute Formulierungen wie Potenzialentfaltung, Problemlösung, Kompetenzerwerb oder Konstruktion, die zum Beispiel die Aktivität des Individuums einseitig betonen und dabei andere bedeutende Aspekte wie zum Beispiel die Sozialdimension des Lernens ausser Betracht lassen. Als Gegenposition beschreibt er fünf «Elementarphänomene» menschlichen Lernens (S. 126 f.):
1.Sachklärung und Selbstwerdung: Lernen geschieht unter dem Anspruch der Sache, sei es die Grammatik einer fremden Sprache, das Modell des Zitronensäurezyklus, das Angaloppieren eines Pferdes oder die Funktionsweise eines Computers. Sach-Gehorsam im Wahrnehmen, Denken und Handeln ist ein Ausgangspunkt und leitendes Kriterium des Lernens. Wer sich um Sachgerechtigkeit sorgt, wird niemals selbstgerecht in einem anmassenden Sinn, wohl aber gelangt er im Dialog mit der Sache zu sich selbst. Sachklärung und Selbstwerdung sind im Lernen ineinander verwoben.
2.Individualität und Gemeinschaft: Sache und Selbst begegnen sich im Lernen immer eingebettet in konkrete Beziehungen: Es ist die Mutter, die mir zeigt, wie ich das Besteck verwende, der Spielkamerad, der mich in die Tücken des Dribbelns einweist und die strenge Lateinlehrerin, die mit mir den a.c.i. [Accusativus cum infinitivo] paukt. Eingebettet aber sind diese personalen Beziehungen in einen Horizont gemeinschaftlicher Lebensdeutungen und Werthaltungen, die mir in der konkreten Lernsituation begegnen. Lernen geschieht in der Gemeinschaft und für die Gemeinschaft, aber auch um meiner selbst willen. Am Anderen werde ich zum Ich.
3.Tradition und Emanzipation: Lernen geschieht in Geschichte und als Geschichte, es vermittelt Herkunft und Zukunft. Erst die Einbettung in das Herkommen [den Ursprung] ermächtigt das Lernen zum Bruch mit überkommenen Überzeugungen, zur Übernahme oder Modifikation von Beständen des Wissens und Könnens. Lernen macht mich zu einer Gestalt und einem Gestalter von Geschichte.
4.Spontaneität und Responsivität: Das Lernen kann seinen Anfang in mir haben. Dann folgt es einem Entschluss, unterliegt der Planung meines Willens und dem Stil der von mir gewählten Vorgehensweise. Doch nimmt es aus diesem Anfang nicht zwangsläufig seinen glücklichen Verlauf. Immer spielt auch ein Moment der Widerfahrnis mit in das Lernen hinein, eine Konfrontation mit dem Sach-Anspruch, auf den ich entsprechend antworten muss: Die Rechnung geht nicht auf, das Metrum in der Gedichtanalyse fügt sich nicht meinen Erwartungen, die Farbe im Kunstunterricht trocknet zu schnell. Es kommt dabei vor, dass ich ohne Absicht oder gegen meinen Willen etwas lerne.
5.Thema und Horizont: Das Lernen richtet sich immer auf ein Thema, denn die oder der Lernende will etwas oder sich auf etwas verstehen. Die Ausrichtung auf das Etwas vollzieht sich im Horizont von bekanntem Wissen und Können, von biografischen Erlebnissen, kulturellen Werthaltungen und gesellschaftlichen Gepflogenheiten, die sich in der oder im Lernenden sedimentiert haben. […] Aber der Horizont ist nicht nur als Faktor des Lernens von Bedeutung. Indem ich etwas lerne, verändert sich der Horizont.
1.4Theorien als Linsen
In ihrer Untersuchung zur Lernforschung im 20. Jahrhundert führen Murphy und Knight (2016) 17 explizite Definitionen von Lernen (S. 407–410) und zahlreiche Operationalisierungen von Lernen im Kontext von Forschungsarbeiten auf und stellen dabei fest: «Perhaps the most telling trend evident in the coded studies was that learning must be observable and enduring» (S. 425). Ferner bemerken sie (S. 428 f.), dass die spezifische Konzeptualisierung von Lernen einen wesentlichen Einfluss auf Aussagen zu Lernergebnissen, Einflüssen aufs Lernen, Forschungsdesigns und so weiter hat. Die Theorie dient dem Forscher wie das Objektiv einem Fotografen. Es gibt keine Linse, die sich für alle Situationen eignet. Die Wahl der Linse bestimmt zum Beispiel die Tiefenschärfe und den Winkel des Bildausschnitts und der Fotograf kann mit zusätzlichen Filtern arbeiten. In ähnlicher Weise dienen Theorien dem Forscher dazu, die Aspekte einer spezifischen Studie einzuschränken. Wer für seine Forschung zum Beispiel eine behavioristische Linse wählt, wird den kognitiven Prozess des Lernens nicht untersuchen.
Um die spezifischen philosophischen, psychologischen und lerntheoretischen Perspektiven einzuordnen, entwarfen Murphy, Alexander und Muis (2012) ein zweidimensionales Raster, das sie «erkenntnisbezogene Koordinaten» nannten, und in dem sie den lerntheoretischen Fokus von konkreten Forschungsprojekten zum Lernen situieren konnten. Die beiden Achsen beziehen sich auf zwei zentrale Fragen: Die horizontale Achse betrifft die Frage nach dem Ursprung des Wissens. Dieser liegt zwischen den Extremen «individuell erworben» und «sozial konstruiert». Die vertikale Achse bezieht sich auf die Frage nach dem Ort des Wissen. Dessen Werte liegen zwischen den Extremen «im Verstand des Individuums» und «in der Umwelt».
Abbildung 1: Erkenntnistheoretische Perspektiven von Lerntheorien (nach Murphy & Knight 2016, S. 429)
Die Quadranten im Koordinatensystem bezeichnen vier lerntheoretische Perspektiven als Basis von Forschungsprojekten im Bereich des Lernens und des Wissens (siehe Abbildung 1): Kognition, Kultur, Verhalten und Kontext.
Für Murphy und Knight (2016, S. 430 ff.) lassen sich auf der Basis dieses Rasters grundsätzlich drei lerntheoretische Linsen bestimmen (siehe Abbildung 2): die behavioristische/biologische, die kognitive und die kulturelle/kontextuelle.
Abbildung 2: Linsen und deren erkenntnistheoretische Perspektiven von Lernen (nach Murphy & Knight 2016, S. 432)
In den folgenden zwei Kapiteln stellen wir bedeutende Lerntheorien vor, ohne uns strikt an die Kategorisierung von Murphy und Knight zu halten. Entscheidend ist für uns die Idee, dass Theorien als Linsen dienen und gar nicht den Anspruch stellen (sollten), Lernen umfassend zu erklären. Damit umgehen wir das Problem, Theorien gegeneinander abzuwägen und entscheiden zu müssen, welche nun für die unterrichtliche Praxis besser sei. Vielmehr können wir jeder Theorie das entnehmen, was wir für das Lehren und Lernen im Unterricht als wichtig erachten.
Da für das Lernen die Motivation ganz bedeutend ist, haben wir ihr ein eigenes Kapitel gewidmet. In dessen Zentrum stehen die Selbstbestimmungstheorie mit den Aspekten der intrinsischen und extrinsischen Motivation, die Bedeutung der Lernbiografie zum Beispiel in Bezug auf die Erfolgs- und Misserfolgszuschreibung und die Zielsetzung als wichtiges Element der Motivation.
Im nächsten Kapitel wird als Erstes die Bedeutung von Wissen fürs Lernen erläutert, bevor die klassischen vier Wissensarten vorgestellt werden. Ausführungen zum Wissen über Aufgabentypen und Lernformen schliessen dieses Kapitel ab.
Das Kapitel zum selbstregulierten Lernen schliesst diese Hausapotheke ab. Vor dem Hintergrund des Dreischichtenmodells von Monique Boekaerts (1999) wird erläutert, wie selbstreguliertes Lernen im Unterricht gefördert werden kann.
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