Kitabı oku: «Magie aus Tod und Kupfer», sayfa 7

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»Es ist jemand in deinem Haus«, flüsterte er so leise, dass selbst ich Schwierigkeiten hatte, ihn zu verstehen. »Oben ist gerade ein Licht angegangen.«

Für einen Moment vergaß ich das Atmen. Dann fiel mir etwas ein und ich hätte mir selbst an die Stirn gehauen, wenn ich nicht völlig bewegungsunfähig in Xanthos’ Armen gelegen hätte.

»Das sind die Turteltauben«, klärte ich ihn auf. »Ich habe vergessen, dass ich mit ihnen verabredet war. Sie haben noch einen Schlüssel.«

Xanthos zog den Kopf zurück, damit er mir in die Augen sehen konnte. »Bist du dir sicher?«

Ich nickte. Trotzdem rührte sich keiner von uns. Die Dunkelheit in seinen blauen Augen wechselte in einen Ausdruck, der mich noch mehr bannte. Einen Herzschlag später ließ er mich los und machte einen Schritt zurück.

»Was dagegen, wenn ich mich selbst davon überzeuge?« Er schob die Hände in die Hosentaschen und drehte sich zum Haus um.

»Nur zu.« Er begleitete mich zur Tür. Ich schloss auf und als wir in den Hausflur traten, ging das Licht dort an.

»Aha!« Luce stürmte die Treppe herunter und sprang mir quasi vor die Füße. Ich taumelte, als sie mich umarmte. »Ich wusste doch, dass du uns nicht allein losziehen lassen würdest. Nicht an unserem letzten freien Abend für die nächsten zwei Wochen.«

»Niemals«, sagte ich, auch wenn mir nach allem anderen als nach Feiern zumute war. Ich wollte ins Bett. Luce’ Augen wurden groß, als sie Xanthos hinter mir entdeckte.

»Oh. Wie ich sehe, hast du die Ansprüche an deine Liebschaften nach ganz unten gedreht.« Sie warf mir einen eindeutig zweideutigen Blick zu. »Hat es sich denn wenigstens gelohnt?«

Xanthos schnaubte, Luce verschränkte die Arme vor der Brust. Im selben Moment stand Cathy oben an der Treppe und staunte nicht schlecht, als sie den Krieger sah. Doch statt wie Luce gleich wilde Theorien in den Raum zu werfen, beschränkte sie sich auf eine Begrüßung, von der Xanthos allerdings nichts mitbekam, weil er im Blickduell mit Luce alles gab.

»Rette mich«, rief ich ihr lachend zu, doch Cathy gluckste nur und setzte sich auf die oberen Stufen, den Platz mit der besten Aussicht auf das Geschehen.

»Hör zu«, fauchte Luce und durchbohrte Xanthos mit ihrem Blick. »Wenn du ihr wehtust, dann schnippel ich dir …«

»Luce!«, unterbrach ich sie, bevor sie ihn zur Weißglut trieb. »So ist es nicht, also lass ihn in Ruhe. Er war so nett und hat mich heimgefahren.«

Sie hob die Augenbrauen. »Nett und er in einem Satz zusammen? Kaum zu glauben.« Abschätzig musterte sie ihn.

»Dinge ändern sich«, sagte Cathy versöhnlich. Fast schon überrascht über ihren Zuspruch bedankte sich Xanthos mit einem Nicken bei ihr.

»Und wenn ihr nett sein wollt«, erwiderte er, »dann schleppt ihr Ilena heute Nacht nirgendwo mehr hin. Sie sollte schlafen.«

Luce beschwerte sich ausführlich bei ihm, während Cathy mich fragend ansah. Ich lächelte sie müde an, denn Xanthos hatte recht. Das Bett rief förmlich nach mir.

»Luce.« Mehr als dieses eine Wort von Cathy brauchte es nicht, um Luce zum Schweigen zu bringen. Sie hielt in ihrer Schimpftirade inne und drehte sich zu ihrer Freundin um. Cathy erhob sich und kam die Treppe herunter. »Wir sollten gehen.«

Luce plusterte die Wangen auf, protestierte aber nicht. »Na gut.«

Die beiden nahmen ihre Jacken von der Garderobe. Ich lächelte entschuldigend, obwohl ich wusste, sie würden es mir nicht übel nehmen.

»Ich hätte noch eine Bitte an euch«, sagte ich, als sie sich die Schuhe zubanden. »Könntet ihr, falls ihr die Zeit findet, die euch bekannten Magierinnen abklappern und sie um eine Auskunft bitten? Es geht um eine außergewöhnliche Feder, die wir gefunden haben.«

Luce und Cathy warfen sich einen Blick zu. »Eine Feder?«, hakte Cathy nach. »Etwa eine große schwarze mit goldener Spitze?«

»Silberne Spitze«, erwiderte Xanthos. »Wie kommt ihr auf Gold?«

Luce griff in die Innenseite ihrer Jacke. Mir klappte der Mund auf, als sie eine Feder daraus hervorzog, die unserer bis auf die Farbe an der Spitze zum Verwechseln ähnlich sah.

»Wir haben auch eine gefunden«, sagte sie.

Kapitel Sieben


Ich wich zurück. Die Färbung mochte sich unterscheiden, doch es war gut möglich, dass ich bei einer Berührung dieser Feder ähnlich reagieren würde wie bei der anderen. Und das wollte ich um keinen Preis. Am Ende würde noch mein ganzes Haus in Schutt und Asche liegen. Eine angekokelte Ecke reichte mir.

Luce bemerkte meinen Argwohn und zog die Feder näher zu sich an den Körper.

»Was hat es damit auf sich?«, wollte sie wissen.

»Genau das fragen wir uns auch«, sagte Xanthos, der die Feder fast schon hasserfüllt ansah. Kurz, ohne die wichtigen Details auszulassen, erzählte er von den Ereignissen der letzten Tage. Dabei wurden die Augen von Luce und Cathy immer größer.

»Ich hatte mich schon gefragt, was du da im Wohnzimmer veranstaltet hast. Mein Tipp lautete Dämonenbeschwörung«, sagte Luce, als Xanthos mit seiner Schilderung fertig war.

»So was läuft anders ab. Tut nichts zur Sache«, schob ich hinterher, als ich die entrüsteten Gesichter der anderen sah. »Wo habt ihr eure Feder her?«

»Aus den Katakomben«, antwortete Cathy. »Wir sind noch immer dabei, den Untergrund abzusuchen und die alten Quartiere der Gorgonen abzubauen. Wir fanden sie in einem der Gänge zwischen den Unterkünften. Wir haben uns ehrlich gesagt nicht viel dabei gedacht und es für Deko oder so was gehalten.«

»Darf ich?« Xanthos streckte die Hand aus. Luce zögerte nicht und reichte ihm die Feder. Kaum dass er sie zwischen den Fingern und Luce losgelassen hatte, erstarrte Xanthos. Und zwar so krass, dass er wie eine Statue wirkte. Er schien nicht mal mehr zu atmen. Scheiße.

Ich griff nach seinem Arm und rüttelte daran. Doch es brachte nichts. »Xanthos!« Ich schrie ihm seinen Namen ins Ohr, doch noch immer keine Reaktion.

Luce wirkte verängstigt. »Was ist los?«

»Anscheinend geht es ihm jetzt wie mir, als ich die andere Feder angefasst habe.«

Plötzlich grinste Luce, was unter diesen Umständen mehr als unangebracht war. »Darf ich ihm jetzt eine reinhauen, so wie er dir?«

»Luce!«, rief Cathy empört, doch die Angesprochene zuckte nur mit den Schultern.

»Was denn? Hat das letzte Mal doch funktioniert.«

»Du solltest aber nicht so einen Spaß daran haben.«

»Ach komm, als ob du ihm nicht auch gern mal …«

»Turteltauben!«, mischte ich mich ein. »Ich brauche jetzt keinen Ehestreit, sondern ein paar konstruktive Vorschläge.«

»Meinen kennst du ja«, brummte Luce und verschränkte die Arme vor der Brust. Cathy rollte mit den Augen. Sie trat vor Xanthos und griff nach der Feder. Sie versuchte, sie ihm aus der Hand zu ziehen, scheiterte aber. Sie gab nicht mal einen Millimeter nach. Dann griff sie nach Xanthos’ Fingern und rüttelte daran. Es bewegte sich rein gar nichts.

Ich hielt meine Hand unter Xanthos’ Nase und vor den Mund. »Er atmet nicht.« Mir wurde übel. »Wir müssen ihn da rausholen, sonst erstickt er uns! Luce!«

Sie ließ es sich nicht zweimal sagen. Mit einem Klatschen, das man noch drei Straßen weiter hören musste, verpasste sie ihm eine schallende Ohrfeige. Doch außer dass sein Kopf ein winziges Stück zur Seite ruckte, zeigte sie keine Wirkung. Luce hielt sich die Hand und fluchte. »Verdammt, ist der Kerl aus Granit, oder was?«

Meine Knie wurden weich. Und die Male, die mir das bisher in meinem Leben passiert war, waren an einer Hand abzuzählen. Mein Herz raste, mir brach der Schweiß aus. Fieberhaft überlegte ich, was in meinem Haus uns helfen konnte. Cathy war offensichtlich schon einen Schritt weiter und schoss davon. Im selben Moment knallten die Fensterläden draußen gegen die Hauswand, als eine Windböe das Gebäude streifte, und ich erschreckte mich fast zu Tode. Ich gab ein wimmerndes Geräusch von mir.

»Wir holen ihn da raus«, sagte Luce und trat an meine Seite. Sie legte mir einen Arm um die Schultern und drückte mich.

Cathy kehrte zurück. In der Hand hielt sie allerlei Küchen­utensilien. Gabeln, Messer und anderes Zeug. Und so gern ich Xanthos früher mal mit so etwas bearbeitet hätte, so wenig wollte ich es jetzt, dass jemand ihn damit drangsalierte.

»Warte«, sagte ich. »Ich will noch eine Sache probieren. Wenn die schiefgeht, könnt ihr uns beide aufspießen.«

Meine Hand zitterte, als ich sie nach der Feder ausstreckte. Als uns noch ein paar Zentimeter trennten, schloss ich die Augen. Ich horchte in mich hinein und suchte nach der Magie in mir. Oder der Hitze. Irgendwas, was mir half. Doch nichts antwortete.

Vielleicht gab es eine andere Möglichkeit. Vielleicht konnte ich die Feder von Xanthos ablenken, wenn ich sie selbst anfasste. In Gedanken verabschiedete ich mich schon mal von meinem Hausflur. »Holt Wasser«, sagte ich noch, dann berührten meine Finger die Feder.

Es war wie das erste Mal. Nur wusste ich jetzt, was mich erwartete und war nicht davon überfordert. Die Melodie rief nach mir und lockte mich hinter sich her. Sie wurde von einem hellen Lachen begleitet, als wäre ich nicht die Einzige, die sich an ihr erfreute. Ich folgte ihr, mir meiner Umgebung bewusst. Und als sich die mittlerweile fast schon vertraute Hitze in meiner Brust ausbreitete, hieß ich sie willkommen. Zwischen den einzelnen Tönen der bitter­süßen Melodie schaffte ich es, an die Feder zu denken. Und an Feuer. An Flammen, die die Feder verbrannten und Xanthos von ihr erlösten.

In den Untiefen meines Gedächtnisses fand ich dann noch ein paar griechische Worte, mit denen ich die Hitze zu lenken versuchte.

Káfsi tis Ánoixis. Feder brenne.

Káfsi tis Ánoixis.

Káfsi tis Ánoixis.

Die Melodie erstarb, dafür gellte ein markerschütternder Schrei durch meinen Kopf, der in meinen Knochen widerhallte. Schmerz explodierte in meinen Fingern und ich riss meine Hand zurück. Ich kam zu mir und sah dabei zu, wie die Feder in Xanthos’ Hand zu Asche verbrannte. Kaum hatte sie sich gänzlich aufgelöst, holte er Luft. Er zuckte zusammen und zog die Hand an den Körper. Ich entdeckte einige Brandblasen. Verdammt. Der Zauber hatte sich doch nicht nur auf die Feder beschränkt.

Doch Xanthos sagte nichts. Er starrte nur ins Leere.

»Xanthos?«

Er drehte den Kopf zu mir und unsere Blicke verhakten sich ineinander. Für eine Sekunde stand er ohne Maske vor mir, ohne die unsichtbare Rüstung, die seine Vergangenheit geschmiedet hatte. Ihm stand all der Schmerz, all die Angst ins Gesicht geschrieben, die er sonst vermutlich nie jemandem zeigte.

Und ich sah den unbändigen Willen darin, mit dem er jedem entgegentrat, der diese Gefühle in ihm erweckte.

Einem dunklen Schleier gleich, überzog ihn die vertraute machtvolle Aura. Seine Schultern strafften sich und ein düsterer Ausdruck legte sich auf sein Gesicht. Er zog die Brauen zusammen und starrte auf seine verbrannte Hand, in seinem Kopf schien es zu arbeiten. Luce, Cathy und ich warfen uns verunsicherte Blicke zu. Er war ja meistens stiller Natur, doch das hier war unheimlich. Cathy fragte mich wortlos, ob sie noch bleiben sollten, ich schüttelte den Kopf. Sie und Luce machten einen Bogen um Xanthos und verließen das Haus. Draußen heulte noch immer ein starker Wind und ich war froh, als die Haustür sich hinter den beiden Turteltauben schloss und ihn aussperrte.

Ich trat näher an Xanthos heran. »Komm, ich helfe dir mit deiner Hand.«

Keine Reaktion. Vorsichtig legte ich meine Finger an seinen Arm und zog sanft daran. Er folgte mir, ohne mich dabei anzusehen. Er ließ sich von mir auf das Sofa drücken. Schnell holte ich eine Heilsalbe und einen Verband zusammen. Die Creme aus Türkis war bei Weitem nicht so machtvoll wie der Kristall, doch sie würde reichen, um die Verbrennungen zu heilen. Hoffte ich.

Ich kniete mich vor Xanthos und streckte meine Hand aus. Ohne Zögern, ohne Protest und auch ohne ein Widerwort hielt er mir seine Finger hin. Ich stützte sie mit meinen eigenen und begann vorsichtig, die Salbe auf die roten Stellen und Blasen aufzutragen.

Xanthos schluckte einmal schwer. »Was hast du gehört?«

Mir war klar, worauf er anspielte.

»Wieder die wunderschöne Melodie, gespielt von einer Geige. Und du?«

Er schwieg und nach ein paar Minuten, als ich mit dem Eincremen fertig und der Verband schon halb an Ort und Stelle war, dachte ich, dass er mir nicht mehr antworten würde. Doch schließlich räusperte er sich.

»Etwas, was mir Freude und Angst zugleich bereitet«, sagte er mit brüchiger Stimme. Mehr wollte er offensichtlich nicht sagen, und ich hakte nicht nach. Mir war auch so klar, dass es ihn beschäftigte.

»Wir finden raus, was dahintersteckt«, versprach ich, als ich den Verband mit einem Tape befestigte. Ich blieb noch etwas auf den Knien und hielt Xanthos’ Hand, während er weiter in die Gegend starrte. Verdammt, wenn er so weitermachte, verlor er sich irgendwann in den verwirrenden Gedanken, die diese Feder auslöste. »Ich mache uns einen Tee. Dann rufe ich Nick an, damit er dich abholen kommt.«

Vorausgesetzt, ich fand dieses Steinzeithandy, das er mir gegeben hatte. Zwar konnten wir technische Geräte mittlerweile bis zu einem gewissen Grad nutzen, doch es widerstrebte mir, mich diesem Druck zu beugen. Möglicherweise lag es auch daran, dass es mich schlichtweg überforderte … ich bevorzugte den alten Weg über Magie. Unter den gegebenen Umständen musste ich jedoch in den sauren Apfel beißen.

Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch ging ich in die Küche und suchte die Sachen für einen Tee zusammen.

»Ich helfe dir. Sonst wird das wieder nichts.« Ich fuhr zu Xanthos herum, der in die Küche getrottet kam. Der leere Blick war verschwunden, auch wenn er noch immer erschöpft wirkte. Meine Mundwinkel zuckten und ich wandte mich ab, damit er das Lächeln nicht sah, das sich auf mein Gesicht schlich.

»Ich schaffe das allein«, erwiderte ich bestimmt. Doch ich stellte mich extra blöd an und kippte zu viel Teeblätter in das Sieb. Hinter mir hörte ich ein entnervtes Seufzen, dann Schritte. Ich spürte Xanthos hinter mir, noch bevor er an mir vorbei zum Tee griff. Ich wollte ihn davon abhalten, weil er seine verletzte Hand nicht überanstrengen sollte, ließ es aber sein. Er würde sich von mir ohnehin nichts sagen lassen.

»Merk es dir dieses Mal«, brummte er. Er bereitete den Tee zu wie schon vor zwei Tagen. Dieses Mal achtete ich nicht auf seine Bewegungen, die ich auswendig kannte, sondern auf sein Gesicht. Mit jedem Handgriff klärte sich sein Blick, und der harte Zug um seinen Mund kehrte zurück. Er schonte seine verletzte Hand und benutzte vor allem die gesunde. Mir fiel ein Stein vom Herzen, als er mit halb triumphierendem, halb arrogantem Blick den fertigen Tee präsentierte. Er zog die Brauen zusammen und blickte mich abschätzig an, als ich zur Antwort grinste. »Was?«, wollte er wissen und verschränkte die Arme vor der Brust.

»Nichts. Alles gut.« Ich nahm die volle Kanne, stellte sie zusammen mit zwei Tassen auf ein Tablett und trug sie ins Wohnzimmer auf den Couchtisch. Ich ließ mich auf das Sofa daneben fallen und schenkte uns ein. Xanthos streifte durch den Raum und ließ seinen Blick über die Regale schweifen. »Suchst du was?« Statt mir zu antworten, stellte er sich ans Fenster und sah nach draußen, wo die Bäume sich im Wind bogen. Regen prasselte mittlerweile gegen die Scheibe und perlte an dem Glas herunter.

»Ich habe meine Schwestern gehört«, sagte er so leise, dass ich erst glaubte, ihn nicht richtig verstanden zu haben. Ich hatte die Tasse gerade angehoben, um daraus zu trinken, und hielt inne.

»Du meinst, als du die Feder berührt hast?«

»Ja.« Ich biss mir auf die Lippen, um die Fragen, die sich mir stellten, zurückzudrängen. Wenn ich jetzt zu forsch wäre, würde er dichtmachen. Also trank ich ein paar Schlucke Tee. Als Xanthos fortfuhr, redete er noch immer mit dem Fenster. »Ich habe ihr Lachen gehört. Es klang wie … zu Hause. Wunderschön. Gleichzeitig auch schrecklich, weil ich sie so sehr vermisse.«

Bei den Gefühlen, die bei diesen Worten in seiner Stimme mitschwangen, wurde mir ganz warm. Seine Haltung, seine Tonlage – in jenem Moment schien er so zerbrechlich wie das Glas, dem er gegenüberstand, so melancholisch wie der Regen. »Irgendwas«, fuhr er fort, »stimmte nicht.« Er drehte sich um und kam langsam zu mir herüber. Ich ließ ihn nicht aus den Augen, als er den Raum durchquerte und sich neben mich setzte. Er griff nach der Tasse und hielt sie in Händen, ohne vom Tee zu trinken. »Ich halte nichts von Bauch­gefühlen«, stellte er klar. »Aber das Lachen … es fühlte sich an wie ein schlechtes Omen.«

»Wo sind deine Schwestern?«

»Sie sind zurück nach Griechenland, in unsere alte Heimat.«

»Wieso bist du nicht mit ihnen gegangen?«

Xanthos führte die Tasse an die Lippen. »Darum.«

Ich schmunzelte. »Ah, das ist natürlich ein nachvollziehbarer Grund.«

Er ging nicht auf meine Provokation ein. »Sind sie in Gefahr?«, fragte er.

»Ich weiß es nicht«, gab ich zu. Ich wollte ihn nicht anlügen. Er nickte einmal, langsam und bedacht. »Wir gehen dem nach. Du kannst ihnen höchstens sagen, dass sie vorsichtig sein sollen. Oder willst du zu ihnen?«

»Die Federn sind hier, also bleibe ich es auch. Aber du hast recht, ich werde ihnen Bescheid sagen.«

Ich schluckte meinen Stolz hinunter, der ihn darauf aufmerksam machen wollte, dass er mir gerade recht gegeben hatte. Trotzdem musste er es mir ansehen, denn seine Mundwinkel zuckten und er schüttelte gönnerhaft den Kopf. »Gewöhn dich nicht dran«, murmelte er und trank seinen Tee aus. Er stellte die Tasse auf den Tisch und ließ sich in die Kissen sinken.

»Wie geht es deiner Hand?«

»Pocht etwas, ansonsten ist sie okay. Danke.«

»Jetzt wird es unheimlich«, erwiderte ich. Xanthos griff nach einem Sofakissen und warf es nach mir. Ich wich aus, doch dabei fiel mir fast die Tasse aus der Hand. Ich stellte sie auf dem Tisch ab und nahm das Kissen in meine Arme. Ich klammerte mich daran fest, als ich Xanthos musterte. Er hatte die Augen geschlossen und den Kopf in den Nacken gelegt. »Soll ich Nick anrufen?«, fragte ich.

»Gleich«, antwortete er und klang fürchterlich müde. Er würde mir doch nicht auf meinem Sofa einschlafen? Ich verhielt mich so still wie möglich und sah dabei zu, wie seine Atemzüge langsamer und tiefer wurden. Die verletzte Hand, die er die ganze Zeit verkrampft an seinen Körper gehalten hatte, entspannte sich. Ich ließ meinen Blick über ihn gleiten, blieb an seinem Haar und der weißen Strähne darin hängen. Einige Minuten verstrichen, in denen Xanthos’ Kopf ein wenig zur Seite kippte. Im Schlaf sah er fast schon friedlich aus. Vorsichtig rückte ich ein Stück näher an ihn heran. Ich strich mit meinen Fingern durch sein weiches Haar und fuhr mit dem Daumen ein Stück an seiner Schläfe entlang. Dann nahm ich die weißen Haare zwischen meine Fingerspitzen und ….

Plötzlich schoss seine gesunde Hand nach oben und umklammerte mein Handgelenk mit stählernem Griff.

»Ilena«, murmelte er, ohne die Augen zu öffnen. »Das gehört sich nicht.« Das schiefe Lächeln in seiner Stimme war unüberhörbar. Ich wand mich grinsend in seinem Griff, doch ich hatte gegen seine Kraft keine Chance. Irgendwann war er das Spielchen leid. Er atmete tief ein und zog mich an sich. Ich fiel auf seine Brust. Er legte beide Arme um mich und pinnte mich fest.

»Du tust mir weh«, brummte er und ich hielt inne.

»Dann lass mich los.« Der Druck seiner Arme löste sich, trotzdem ließ er sie auf mir liegen. Ich hätte aufstehen und gehen können. Doch ich tat es nicht. Stattdessen brachte ich mich in eine bequemere Position und lehnte meinen Kopf an Xanthos’ Schulter. Ich fühlte seine Brust vibrieren, als er leise lachte. Er zog mich enger an sich und hüllte mich in seine Wärme, seinen Duft ein. Mir gefiel nicht, wie mein Körper darauf mit seiner eigenen Hitze reagierte, die nichts mit Magie zu tun hatte.

»Körperkontakt hilft bei der Heilung«, sagte ich.

»Wenn Ihr das sagt, ehrenwerte Mágissa

»Du solltest mehr schlafen und weniger reden«, gab ich zurück.

Er schmunzelte nur.

Dann wurden seine Atemzüge tiefer und ich spürte, wie er sich unter mir entspannte. In den letzten Tagen waren so viele außergewöhnliche und verwirrende Dinge geschehen, aber in Xanthos’ Armen zu liegen und mich … gut dabei zu fühlen – das überraschte mich am meisten. Gerade ging alles drunter und drüber, ich wusste nicht, wo mir der Kopf stand, und diese simple Geste schenkte mir eine Ruhe, die mir in den letzten Tagen nicht vergönnt gewesen war. Ob er das wusste? Oder sehnte er sich nur nach einer Pause? Bevor ich es zerdenken und zu dem Schluss kommen konnte, dass diese Situation einfach keinen Sinn ergab, schloss ich die Augen und genoss es. Xanthos’ stetiger Herzschlag war das Letzte, was ich hörte, ehe ich einschlief.

Am nächsten Morgen lag ich allein auf der Couch. Xanthos musste mich umgebettet und dann zugedeckt haben, bevor er gegangen war. Ich hatte es nicht mitbekommen. Deswegen war ich zunächst verwirrt, als ich mir den Schlaf aus den Augen rieb und mich nach und nach an den vergangenen Abend erinnerte. Nach einer kurzen Dusche schlurfte ich in die Küche und kochte mir einen Kaffee mit Instantpulver, da würde nicht viel schiefgehen. Als ich mit der Tasse, aus der es dampfte, im Wohnzimmer stand, fiel mir die Stille auf. In den letzten Tagen war hier so viel los gewesen, dass sich der Raum jetzt leer und fürchterlich ruhig anfühlte. Früher hatte ich auch viel Zeit allein verbracht, trotzdem war es jetzt anders. Brummelnd trank ich meinen Kaffee und streunte durchs Wohnzimmer. Ich suchte die Bücher aus den Regalen zusammen und sammelte sie auf dem Tisch in der Mitte des Raumes. Ich blätterte sie durch, in der Hoffnung, etwas über die Feder herauszufinden, doch meine Suche blieb ergebnislos. Ich schrak auf, als es an der Tür klingelte.

Lächelnd stand ich auf und begrüßte meine Besucher.

»Ich sollte dir einfach einen Schlüssel geben«, sagte ich zu Rya, als ich sie hinter der Tür entdeckte.

»Ich hätte nichts dagegen.« Grinsend schob sie sich an mir vorbei. Sie war allein und ich schloss die Tür hinter ihr.

»Ich knöpfe den Turteltauben ihren ab, dann bekommst du ihn.«

»Das kannst du ihnen gleich selbst sagen.«

»Oh?«

»Wir sind mit ihnen, Nick und Xanthos verabredet.«

»Das ist mir neu.«

»Du hast lange geschlafen, wir haben in der Zwischenzeit einiges organisiert. Xanthos hat uns von eurem Gespräch mit den beiden erzählt. Und von der zweiten Feder. Wir haben beschlossen, in die Katakomben zu gehen und nach weiteren Hinweisen zu schauen. Auf dem Dach des Ordens haben wir nichts gefunden.« Sie zog ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus ihrer hinteren Hosentasche.

»Die Karte habe ich erstellt, als ich bei den Gorgonen war. Ich hatte sie schon ganz vergessen. Vielleicht kann sie uns heute behilflich sein.«

Als sie mein Zögern bemerkte, legte sie mir eine Hand auf den Arm. »Du musst nicht mit«, sagte sie. »Wir gehen auch allein, aber ich wollte dich zumindest fragen.«

»Natürlich komme ich mit«, erwiderte ich. »Ich überlege nur, was ich Hilfreiches im Haus habe. Und ich muss mir den Ordenspullover anziehen. Gib mir fünf Minuten.«

Ich schnappte mir einen Jutebeutel und stopfte alles hinein, was mir irgendwie brauchbar erschien. Alles, was nicht unbedingt einen großen Schubs meiner Magie benötigte, um aktiviert zu werden. Zu guter Letzt zog ich mir das silberdurchwirkte Oberteil an. Rya stand immer noch im Flur, als ich wenig später zu ihr zurückkehrte. Sie bedachte mich mit einem Blick, der vor Neugierde triefte.

»Raus damit«, sagte ich, während ich mir die Schuhe anzog.

»Xanthos ist erst heute Morgen nach Hause gekommen«, antwortete Rya, verdächtig bemüht darum, ihre Stimme möglichst ausdruckslos klingen zu lassen.

»Und?« Nein, so leicht würde ich es ihr nicht machen.

»Er hat gelächelt, Ilena. Gelächelt!« Sie hob die Arme, als könnte sie es nicht fassen. »Weil er gut gelaunt war. Nicht, weil er den Tod von jemandem plant.«

Ich hielt inne und sah zu ihr auf.

»Gruselig, nicht wahr?«

Sie kniff die Augen zusammen. »Was habt ihr gemacht? Will ich das überhaupt wissen?«

»Wieso glaubst du, dass er so lange hier war? Er kann doch überall gewesen sein«, erwiderte ich.

»Er hat es mir gesagt.«

»Wir haben nichts gemacht«, erwiderte ich schmunzelnd. »Nur geschlafen. Nachdem ich ihm die Hand angekokelt und dann verbunden habe.«

»Und trotzdem kommt er bester Laune nach Hause«, sagte Rya mit einem triumphierenden Schmunzeln. »Was sagt das über euch aus?«

»Hör zu, nur weil du bis über beide Ohren verliebt bist, heißt das nicht, dass das auch für andere gilt.«

»Bei den Göttern, ihr seid euch so ähnlich«, lachte Rya. »Genau das hat Xanthos heute Morgen auch gesagt, als ich ihn ausgefragt habe. Nur mit etwas mehr Verachtung in der Stimme.«

Ich grinste, weil ich mir das nur allzu bildhaft vorstellen konnte, auch wenn sich ein kleiner Stich Enttäuschung darunter mischte. »Und er sagt immer die Wahrheit.« Ich ahmte seine tiefe Stimme nach und verschränkte die Arme vor der Brust. Mir blieb das Lachen im Hals stecken, als mir bewusst wurde, dass ich darüber keine Scherze machen sollte. Rya bemerkte meinen Gemütsumschwung und nickte.

»Wir sollten das zu schätzen wissen«, sagte sie.

»Mache ich auch. Wenn er nicht gerade dieselbe Ehrlichkeit mit zweifelhaften Methoden auch von anderen einfordert.«

Rya wusste genau, worauf ich anspielte und deutete mit dem Kinn auf meinen Oberkörper. »Hat sich bei deinem Tattoo noch etwas getan?«

»Nein. Es ist nach wie vor kupferfarben.«

»Hast du ihm mittlerweile erzählt, warum du deswegen mit mir sprechen wolltest?«

»Das hole ich noch nach«, sagte ich.

Rya zog die Augenbrauen nach oben. »Du könntest es ihm auch zeigen …«, schnurrte sie, dann schlug sie sich selbst die Hand vor die Lippen.

Mir klappte der Mund auf. »Rya«, sagte ich mit gespielter Empörung. »Du hast eindeutig zu viel Zeit in meiner Gesellschaft verbracht.«

Ihre Wangen färbten sich leicht rot und sie schüttelte den Kopf. »Ich befürchte es auch. Lass uns gehen.«

Wir fuhren mit der U-Bahn in die Stadt. Nick und Xanthos mussten noch ein paar Dinge im Orden regeln und würden uns direkt an dem vereinbarten Ort treffen. Auch Luce und Cathy waren auf dem Weg. Je näher wir unserem Ziel kamen, umso stiller und unruhiger wurde Rya. Es war helllichter Tag und trotzdem sah sie sich aufmerksam um, als erwartete sie, dass uns hinter der nächsten Ecke etwas auflauerte.

»Wann warst du das letzte Mal unten?«, fragte ich, als wir uns Gasse für Gasse von der Hauptstraße entfernten.

»Seit du mich wieder erweckt hast, nicht mehr«, gab sie zu. »Luce und Cathy sind ständig dort unterwegs, ich habe es bisher noch nicht über mich gebracht.«

Die düsteren Erinnerungen an ihre Zeit bei den Gorgonen unter der Stadt standen ihr ins Gesicht geschrieben. Ich griff nach ihrer Hand und drückte sie.

»Wir machen das gemeinsam. Und wenn du willst, kannst du jederzeit abbrechen.«

Als wir die letzte Ecke umrundeten, seufzte Rya. Nick, Xanthos, Luce und Cathy waren bereits da und warteten auf uns. Ich stolperte kurz, als ich ihre Aufmachung sah. Sie waren alle in die volle Uniform der Krieger gekleidet, nicht nur die Pullover, und an den Gürteln steckten die Dolche in Futteralen. Rya ging zu Nick und nahm ihm einen Brustgurt ab, in dem eine Waffe steckte. Diese war im Gegensatz zu den anderen aus Gold, vermutlich ein ungefährliches Pendant zu jenen Waffen, die allein bei der Berührung am Schaft die Haut einer Gorgone verbrannten.

Zwei Krieger, zwei ehemalige Gorgonen und eine Frau, die irgendwas dazwischen war. So standen sie mir gegenüber. Mir, der Einzigen, die weder mit Waffen noch brauchbarer Magie ausgestattet war. Ich kam mir klein vor. Unbedeutend. Meine Anwesenheit bei diesem Ausflug war nicht essenziell. Ich konnte nicht helfen.

Xanthos löste sich von der Gruppe und kam auf mich zu. Nichts an seiner Haltung oder Miene erinnerte an die Momente, die wir am Abend zuvor zusammen verbracht hatten. Seine Hand war nicht mehr verbunden, die Verletzung kaum noch zu sehen.

»Rya wollte dir eine Waffe geben, ich war dagegen«, sagte er. »Du weißt nicht, wie man damit umgeht. Am Ende hättest du dir nur ein Auge ausgestochen.«

Ich starrte ihn böse an, auch wenn mir klar war, dass er recht hatte. Das würde ich jedoch niemals zugeben. Er nickte und drehte sich um. »Bleib dicht hinter mir.«

»Um dir in den Arsch zu treten? Gern.« Er erwiderte nichts, ich hörte ihn nur in sich hineinlachen. Er und Nick hoben den Gully­deckel aus seiner Vertiefung und setzen ihn neben dem dunklen Loch ab. Rya starrte nervös hinunter. Nick legte ihr eine Hand auf den Rücken und sie lächelte ihn dankbar an.

Luce kletterte als Erste ins Loch, Cathy folgte ihr. Dann war Xanthos an der Reihe. Er stieg die Stufen hinunter und rief: »Jetzt du.«

Ich nahm einen letzten Atemzug, dann machte ich mich an den Abstieg. Zum Glück hielt das Oberteil des Ordens warm, denn in den dunklen Rohren war es kalt. Und muffig, und es stank aufs Übelste. Kaum vorstellbar, dass die Gorgonen freiwillig hier unten gehaust hatten. Auch wenn es in ihren Unterkünften bei Weitem nicht so schlimm gewesen war. Mit einem Platschen, über das ich lieber nicht weiter nachdenken wollte, kam ich mit den Füßen auf dem Boden auf. Kurz hinter mir stieg Rya in den Untergrund herab, dann Nick, nachdem er den Gullydeckel wieder über die Öffnung gezogen hatte.

Luce und Cathy gingen voran, wir anderen folgten ihnen. Je weiter wir uns in die unterirdischen Gänge vorwagten, desto dunkler wurde es. Meine Freunde zogen Taschenlampen aus ihren Taschen. Die Lichtkegel durchschnitten die Dunkelheit und machten eklige Dinge sichtbar, die meine Vorstellungskraft leider übertrafen.

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