Kitabı oku: «Römische Geschichte», sayfa 20
9 Ich weiß, dass ich andere Sachen hätte vortragen können, die ihr lieber gehört hättet; wenn aber auch meine Denkungsart mich nicht aufforderte, lieber die Wahrheit als das Angenehme zu sagen, so zwingt mich letztlich die Not. Ich möchte euch gern gefallen, ihr Quiriten, aber noch weit lieber ist mir eure Wohlfahrt; eure daraus erwachsende Gesinnung gegen mich mag auch sein wie sie will. 10 Es liegt in der Natur der Sache, dass der, der vor der Menge in eigener Sache spricht, lieber gehört wird als der, dem nur das allgemeine Wohl vor der Seele schwebt; ihr müsstet denn etwa glauben, dass jene öffentlichen Schmeichler, jene Kriecher beim Volk, die euch weder unter den Waffen noch in Ruhe sein lassen, euch eures eigenen Besten wegen anstacheln und aufhetzen. 11 Euren Aufstand nutzen sie dann aus zu ihrem Ruhm oder Vorteil; und weil sie sehen, dass sie bei der Eintracht der Stände völlig unnütz sind, so machen sie sich lieber einer schlechten Sache als gar keiner – zu Führern der Verwirrung und des Aufruhrs. 12 Könnt ihr nun endlich dieses Unwesens überdrüssig werden und wollt euch eurer Väter und eure alte Sitte statt dieser neuen wieder zu eigen machen, so lasse ich mir jede Todesstrafe gefallen, 13 wenn ich nicht diese Plünderer unseres Landes in wenigen Tagen in die Flucht schlage, aus ihrem Lager treibe und von unseren Toren und Mauern diesen Kriegsschrecken, der euch jetzt betäubt, in ihre Städte bringe.
(69) Selten ist sonst eine volkstümliche Rede eines Tribunen den Bürgern angenehmer gewesen als diese des sehr strengen Konsuls. 2 Und selbst die Mannschaft, welcher sonst eine ähnlich drohende Lage in der Verweigerung der Kriegsdienste die furchtbarste Waffe gegen die Väter in die Hände gab, sehnte sich nach Bewaffnung und Krieg; und das Fliehen der Landleute, ferner die in den Dörfern Ausgeplünderten und Verwundeten, die noch weit grässlichere Dinge meldeten, als was sich dem Auge darbot, erfüllten die ganze Stadt mit Wut.
3 Als man aber in den Senat kam, da wandten sich alle an Quinctius, sahen ihn als den einzigen Erhalter der römischen Hoheit an, und die Ersten der Väter erklärten, das sei noch eine Rede, wie sie eines regierenden Konsuls würdig sei, würdig seiner so vielen früheren Konsulate, würdig seines ganzen Lebens, das mit Ehrenstellen ausgeschmückt sei, die er so oft bekleidet, noch öfter verdient habe. 4 Andere Konsuln hätten entweder mit Aufopferung der Würde des Senates den Bürgern geschmeichelt oder durch zu strenge Behauptung der Rechte dieses Standes die Menge gegen alle Leitung noch widerspenstiger gemacht, Titus Quinctius aber sei in seiner Rede sowohl der Majestät der Väter als der Einigkeit der Stände und besonders der gegenwärtigen Lage eingedenk gewesen. 5 Sie bitten ihn und seinen Amtsgenossen im Namen des Staates aufzutreten, sie bitten die Tribunen, mit den Konsuln einmütig den Krieg von der Stadt und ihren Mauern zurückzuschlagen und den Vätern in einer so schwierigen Lage mit der Folgsamkeit des Bürgerstandes entgegenzukommen. Das gemeinschaftliche Vaterland wende sich an die Tribunen und rufe bei der Verheerung der Dörfer und der fast schon begonnenen Belagerung der Stadt ihre Hilfe an.
6 Mit allgemeiner Zustimmung wurde die Werbung anbefohlen und abgehalten. Da die Konsuln vor der Versammlung erklärten, es sei keine Zeit, Entschuldigungen zu untersuchen, alle Dienstfähigen sollten sich am folgenden Tag in aller Frühe auf dem Marsfeld einfinden; 7 zur Untersuchung der Entschuldigungen aller derer, welche sich jetzt zum Dienst nicht meldeten, würden sie nach Beendigung des Krieges die nötige Zeit bewilligen; der werde als Ausreißer angesehen werden, dessen Vorwand sie nicht gültig fänden. Am folgenden Tag erschien die gesamte junge Mannschaft. 8 Die Hauptleute in jeder Kohorte wählten sich diese selbst, jeder Kohorte hingegen wurden zwei Senatoren vorgesetzt. Alles dies wurde so zeitig bewerkstelligt, dass die Fahnen noch an demselben Tag, als sie die Quästoren aus der Schatzkammer verabfolgt und auf das Marsfeld geliefert hatten, um zehn Uhr morgens von diesem Platz aufbrachen, und das neue Heer, dem einige Kohorten alter Krieger freiwillig folgten, beim zehnten Meilensteine übernachten konnte. 9 Der folgende Tag brachte sie dem Feind zu Gesicht, und bei Corbio wurden die Lager nebeneinander aufgeschlagen. 10 Am dritten Tage fand der Kampf, weil die Römer die Erbitterung und jene, die den Krieg so oft erneuert hatten, das Bewusstsein ihrer Schuld und die Verzweiflung spornte, keinen weiteren Aufschub.
(70) Standen gleich bei dem römischen Heer zwei Konsuln mit gleicher Gewalt, so lenkte dennoch – und dies ist für die Leitung wichtiger Geschäfte besonders heilsam – mit Agrippas Einwilligung sein Amtsgenosse das Ganze, und dieser war bei seinem Vorrang artig genug, die Gefälligkeit, womit jener sich selbst ihm unterordnete, durch die Bereitwilligkeit zu erwidern, mit welcher er ihn an seinen Entwürfen und an seinem Ruhm teilnehmen ließ, und einen Mann, welcher ihm nicht gleichkam, sich gleichstellte.
2 In der Schlacht hatte Quinctius den rechten Flügel, Agrippa den linken, die Führung des Mitteltreffens wurde dem Legaten Spurius Postumius Albus anvertraut, den andern Legaten Servius Sulpicius setzten sie über die Reiterei. 3 Das Fußvolk auf dem rechten Flügel hielt sich vortrefflich, obgleich die Volsker kräftigen Widerstand leisteten. 4 Publius Sulpicius mit seiner Reiterei brach mitten durch die feindliche Linie, und obgleich er auf demselben Weg, ehe die Feinde ihre in Unordnung gebrachten Glieder wiederherstellen konnten, zu den Seinigen hätte zurückkehren können, so zog er es doch vor, den Feind im Rücken anzugreifen, und er hätte im Augenblick durch diesen Angriff von hinten die von zwei Seiten bedrohten Feinde gesprengt, wenn sich nicht die volskische und äquische Reiterei zu seiner eigentlichen Beschäftigung mit ihm eingelassen und ihn eine Zeitlang hingehalten hätte. 5 Da rief Sulpicius, zum Zögern sei jetzt keine Zeit. Sie wären umzingelt und von den Ihrigen abgeschnitten, wenn sie nicht alle ihre Kraft aufböten, dem Reitergefecht ein Ende zu machen. 6 Es sei nicht genug, die feindlichen Reiter als Flüchtlinge entkommen zu lassen, man müsse Ross und Mann niederhauen, so dass keiner ins Treffen zurückkehren, keiner das Gefecht erneuern könne. Unmöglich könnten diese ihnen standhalten, denen die geschlossene Linie des Fußvolkes habe weichen müssen. Das redete er nicht vor tauben Ohren. 7 In einem Anlauf schlugen sie die ganze Reiterei, warfen eine Menge von den Pferden und durchbohrten Ross und Reiter mit ihren Wurfspießen. Damit hatte das Reitergefecht ein Ende. 8 Jetzt ließen sie nach gemachtem Angriff auf das Fußvolk ihren Erfolg den Konsuln melden, vor denen die feindliche Linie schon wich. Die Nachricht erhöhte den siegenden Römern den Mut und schlug die schon weichenden Aequer vollends. 9 Ihre Niederlage begann im Mittelpunkt, wo ihnen die durchgebrochene Reiterei die Glieder in Unordnung gebracht hatte. 10 Dann wurde vom Konsul Quinctius ihr linker Flügel geschlagen, auf dem rechten aber gab es die meiste Arbeit. Kaum merkte hier Agrippa, ein junger kräftiger Mann, dass es um die Schlacht allenthalben besser stehe als bei ihm, da rückte er mit den Fahnen, die er den Fähnrichen abnahm, in eigener Person an, und andere warf er sogar in die dicht gedrängten Feinde. 11 Die Soldaten, durch die Furcht vor dieser Schande aufgebracht, drangen ein, und der Sieg war allgemein. Jetzt ließ ihm Quinctius sagen, er bedrohe schon als Sieger das feindliche Lager, wolle aber nicht eher einbrechen, bis er wisse, ob auch sein linker Flügel gesiegt habe. 12 Habe er die Feinde schon geschlagen, so möge er zu ihm stoßen, damit das gesamte Heer zugleich Beute machen könne. 13 Agrippa traf als Sieger unter gegenseitigen Glückwünschen bei seinem siegreichen Amtsgenossen am feindlichen Lager ein. Da die Wenigen, die es verteidigten, bald vertrieben waren, drangen die Konsuln ohne Widerstand in die Verschanzungen ein und führten das Heer, das eine reiche Beute machte und sein in der Plünderung seines Landes verlorenes Eigentum wiedergewann, nach Hause. 14 Den Triumph sollen sie selbst nicht gefordert noch der Senat ihnen denselben angeboten haben, und doch wird kein Grund angeführt, warum sie diese Ehre abgelehnt oder gar nicht erwartet hätten. 15 Meine Vermutung, soweit sie bei dem großen Abstand der Zeiten reicht, ist diese: Die Konsuln trugen Bedenken, da der Senat den Konsuln Valerius und Horatius den Triumph abgeschlagen hatte, welche sich außer der Besiegung der Volsker und Aequer auch den Ruhm des beendeten Sabinerkrieges erworben hatten, für die Hälfte des Verdienstes um den Triumph nachzusuchen, zugleich auch, damit es, wenn man ihn bewilligt hätte, nicht scheinen möchte, man habe mehr auf die Personen als auf das Verdienst Rücksicht genommen.
(71) Diesen ehrenvollen Sieg über die Feinde schändete daheim der schimpfliche Richterspruch des Volkes in einer Grenzstreitigkeit seiner Bundesgenossen. 2 Die Ariciner und Ardeaten, die über einen streitigen Acker öfter Krieg geführt hatten, nahmen, der vielen gegenseitigen Niederlagen müde, das römische Volk zum Schiedsrichter an. 3 Als sie ihre Sache vorzutragen sich eingefunden hatten, kamen sie in der Versammlung des Volkes, welche ihnen die Obrigkeiten dazu angesetzt hatten, hart aneinander. Und schon sollten nach Anhörung der Zeugen die Bezirke aufgerufen werden und das Volk zur Stimmensammlung schreiten, da trat ein gewisser Publius Scaptius vom Bürgerstand auf, ein hochbetagter Mann, und sagte: Wenn es erlaubt ist, ihr Konsuln, in einer Angelegenheit des Staates zu reden, so möchte ich das Volk in dieser Sache nicht gern im Irrtum lassen. 4 Da die Konsuln sagten, man müsse auf einen leeren Schwätzer nicht hören, und ihn auf sein Geschrei, das Beste des Staates werde aufgeopfert, entfernen wollten, sprach er die Tribunen an. 5 Die Tribunen, wie sie beinahe immer von der Menge mehr geleitet werden als dieselbe leiten, taten der Neugier des Volkes den Gefallen und ließen den Scaptius sagen, was er wollte. 6 Nun fing er an, er stehe im 83. Jahr und habe auf der Feldmark, von der die Rede sei, als Soldat gestanden, nicht als junger Mensch, sondern schon in seinem 20. Dienstjahr, in dem Krieg bei Corioli. Er könne also die Wahrheit der Sache angeben, weil sie sich, so veraltet sie sei, seinem Gedächtnis tief eingeprägt habe. 7 Das streitige Land habe zum Gebiet der Coriolaner gehört; nach Eroberung von Corioli sei es dem Kriegsrecht gemäß ein Staatseigentum des römischen Volkes geworden. Er wundere sich, wie die Ardeaten und Ariciner hoffen könnten, das römische Volk, welches sie vom Besitzer zum Schiedsrichter machten, um ein Stück Land zu betrügen, worauf sie, solange Corioli als Staat bestanden habe, nie Anspruch gemacht hätten. 8 Er habe noch wenig Zeit zu leben übrig, doch habe er es sich selbst nicht versagen können, ein Feld, an dessen Eroberung auch er als Soldat teilgenommen, auch als Greis mit der einzigen ihm gebliebenen Waffe, mit seinem Mund, dem rechten Herrn zu erhalten. Er rate dem Volk ernstlich, nicht aus unnützer Bescheidenheit gegen seine eigene Sache zu sprechen.
(72) Als die Konsuln bemerkten, dass Scaptius nicht bloß mit Stillschweigen, sondern auch mit Beifall gehört wurde, riefen sie Götter und Menschen zu Zeugen an, dass eine große Schandtat im Werk sei, und holten die Ersten der Väter herbei. 2 Mit diesen gingen sie bei den Tribunen herum und baten sie, sie möchten das Volk nicht eine so schimpfliche Untat zu noch schlimmerem Beispiel begehen lassen, dass es sich als Richter die streitige Sache selbst zuspräche, noch dazu, da man, falls es auch einem Richter erlaubt würde, für seinen eigenen Vorteil zu sorgen, an dem Stück Land, das man zu unterschlagen denke, bei Weitem nicht so viel gewinne, als man an der Zuneigung der Bundesgenossen verliere, die man sich durch die Ungerechtigkeit zu Feinden mache. 3 Der Nachteil vom Verlust des guten Namens und Vertrauens lasse sich gar nicht berechnen. Das würden nun die Gesandten nach Hause melden, das würde bekannt. Freunde und Feinde würden es erfahren; mit welcher Freude diese, mit welchem Schmerz jene! Ob sie denn glauben könnten, dass die benachbarten Völker dies dem Scaptius, einem alten Schwätzer, aufbürden würden? 4 Scaptius gebe dadurch seinem Ahnenbilde eine Berühmtheit; allein das römische Volk werde von nun an in der Rolle eines eigennützigen und betrügerischen Richters auftreten, der sich fremden Eigentums bemächtige, 5 denn welcher Richter in Privatsachen habe je das streitige Eigentum sich selbst zuerkannt? Das werde selbst Scaptius nicht einmal tun, wenn auch sein Schamgefühl schon ganz erstorben sei. 6 So riefen die Konsuln, so die Väter laut; allein die Habsucht und ihr Urheber Scaptius behielten die Oberhand. Die Bezirke gaben ihre Stimmen dahin ab: Der Acker sei ein Staatseigentum des römischen Volkes. 7 Ich leugne auch nicht, dass sich die Sache so verhalten habe, wenn sich nur die Parteien an andere Richter gewandt hätten; so aber wird durch die Gerechtigkeit der Sache die Schande des Spruches auf keine Weise gemildert, und er kam den Aricinern und Ardeaten nicht entehrender und härter als den römischen Vätern vor. Der Rest des Jahres blieb von inneren und äußeren Unruhen frei.
Viertes Buch
Inhalt
Der Vorschlag, die Ehen zwischen Adligen und Bürgerlichen betreffend, den die Volkstribunen mit Heftigkeit betreiben, wird bei allem Widerstand der Väter durchgesetzt. Kriegstribunen. Mehrere Jahre lang wird die Negierung des römischen Staates im Frieden und im Krieg durch diese Art von Obrigkeit verwaltet. Ferner wurden damals die ersten Zensoren gewählt. Das den Ardeaten durch den Richterspruch des römischen Volkes genommene Stück Land wird ihnen bei einer dort anzulegenden Kolonie wiedergegeben. Als das römische Volk an einer Hungersnot litt, ließ Spurius Maelius, ein römischer Ritter, auf seine Kosten dem Volk Getreide austeilen, und da er durch die Liebe der Bürger, die ihm dies gewann, König zu werden hofft, wird er von dem Anführer der Reiterei, Caius Servilius Ahala, auf Befehl des Diktators Quinctius Cincinnatus getötet; der Anzeiger Lucius Minucius wurde mit einem Ochsen und einem Standbild beschenkt. Den von den Fidenaten erschlagenen römischen Gesandten, die also im Dienst des Staates gefallen waren, werden Standbilder auf der Rednerbühne gesetzt. Der Kriegstribun Cornelius Cossus, der den König der Vejenter, Tolumnius, erschlagen hatte, bringt dem Feretrius die zweite Fürstenbeute. Der Diktator Mamercus Aemilius, der das Amt der Zensur, welches vorher fünfjährig war, auf eine Zeit von anderthalb Jahren beschränkte, wird dafür von den Zensoren mit einer schimpflichen Herabsetzung bestraft. Fidenae kommt in römische Gewalt, und man sendet Siedler hin. Die Fidenaten empören sich und ermorden jene, werden aber vom Diktator Mamercus Aemilius überwunden, und Fidenae wird erobert. Eine Verschwörung der Sklaven wird unterdrückt. Der Kriegstribun Postumius wird für seine Grausamkeit von seinem Heer erschlagen. Jetzt wurde den Soldaten zum ersten Mal Sold aus der Schatzkammer gegeben. Außerdem noch Taten gegen Volsker, Vejenter, Fidenaten, Falisker.
(1) Die folgenden Konsuln waren Marcus Genucius und Caius Curtius. Dieses Jahr brachte Widerwärtigkeiten von innen und von außen. Denn teils trug der Volkstribun Caius Canuleius gleich im Anfang des Jahres auf die Ehen zwischen den Adligen und Bürgerlichen an, 2 worin aber die Väter eine Entehrung ihres Blutes und eine Vermischung der den Stammhäusern eigenen Rechte zu finden glaubten, teils wurde damals zuerst von den Tribunen leise der Gedanke in Anregung gebracht, dass es erlaubt sein müsse, den einen Konsul aus dem Bürgerstand zu nehmen, und hernach kam es so weit, dass neun Tribunen den Vorschlag aushingen, es müsse dem Volk freistehen, die Konsuln nach Gefallen aus dem Bürgerstand oder aus den Vätern zu wählen. 3 Geschehe vollends dieses, so glaubten die Väter, sie würden die Regierung des Staates nicht bloß mit den Niedrigsten zu teilen haben, sondern sie werde ganz aus den Händen der Vornehmeren auf die Bürgerlichen übergehen. 4 Folglich freuten sie sich über die Nachrichten, dass die Ardeaten wegen des ihnen ungerechterweise abgesprochenen Landes das Bündnis aufgehoben, dass die Vejenter auf den Grenzen des römischen Gebietes geplündert und die Volsker und Aequer gegen die Befestigung von Verrugo sich laut erhoben hätten. So sehr zogen sie sogar einen unglücklichen Krieg einem schimpflichen Frieden vor. 5 Von dem allen machten die Väter noch mehr Aufheben, um unter dem Getöse so vieler Kriege die Tribunen mit ihren Vorschlägen zum Schweigen zu bringen, und sie befahlen, Werbungen zu halten, sich mit allen Kräften zum Krieg zu rüsten und womöglich noch mit größerer Anstrengung, als es unter dem Konsul Titus Quinctius geschehen war. 6 Da erklärte Caius Canulejus mit wenigen Worten im Senat laut, der Versuch der Konsuln, die Bürger durch jene Nachrichten von der Teilnahme an den neuen Vorschlägen abzuschrecken, sei umsonst; solange er lebe, sollten sie nie eine Werbung halten können, bevor nicht seine und seiner Amtsgenossen Vorschläge vom Bürgerstand genehmigt wären. Und sogleich berief er das Volk zur Versammlung.
(2) Zu gleicher Zeit also erbitterten die Konsuln den Senat gegen den Tribun und der Tribun das Volk gegen die Konsuln. Die Konsuln sagten, die Raserei der Tribunen sei nicht länger zu ertragen. Sie sei schon aufs Höchste gestiegen. Im Inneren würden mehr Kriege als auswärts angefacht. Allein die Schuld treffe nicht allein den Bürgerstand, sondern auch die Väter, die Tribunen ebenso wie die Konsuln. 2 Was man in einem Staat durch Belohnungen fördere, gedeihe immer herrlich, und so bekomme man tüchtige Männer im Frieden wie im Krieg. 3 Zu Rom stehe der höchste Lohn auf Meuterei, und sowohl Einzelne als auch ganze Körperschaften seien dadurch immer zu Ehren gekommen. 4 Sie möchten es beherzigen, in welcher Größe ihnen ihre Väter die Würde des Senates hinterlassen hätten, und wie geschmälert sie ihren Kindern von ihnen werde überliefert werden. Ob sie ebenso wie die Bürgerlichen sich rühmen könnten, ihr Ansehen erweitert und erhöht zu haben? Darum finde hier keine Abgrenzung statt und werde auch nie stattfinden, solange die Stifter des Aufruhrs ebenso geehrt würden, als die Aufstände glücklich abliefen. 5 An wie viele und wichtige Dinge sich nicht ein Cajus Canuleius gewagt habe! Er vermische die Geschlechter, er stifte Verwirrung in der Befragung der Vögel von Seiten des Staates, von Seiten der Familien, damit alle Reinheit, alle Unbeflecktheit aufhöre und, wenn aller Unterschied aufgehoben sei, niemand weder sich selbst noch die Seinigen ferner kenne. 6 Was sonst für eine Folge die gemischten Ehen haben würden, als dass sich Bürgerliche und Adlige durcheinander, etwa wie das liebe Vieh, in wilder Mischung gatteten, so dass der aus einer solchen Ehe Entsprungene nicht wisse, zu welchem Blut, zu welchen Opfern er gehöre, halb ein Adliger, halb ein Bürgerlicher, mit sich selbst im Widerspruch stehe. 7 Nicht damit zufrieden, alles Göttliche und Menschliche so durcheinanderzuwerfen, wagten sich die Aufwiegler des Pöbels sogar an das Konsulat. Anfangs hätten sie es bloß gesprächsweise hingeworfen, dass doch nur der eine Konsul aus dem Bürgerstand gewählt werden dürfe, jetzt werde öffentlich darauf angetragen, dass das Volk beide Konsuln nach Gefallen aus den Vätern oder Bürgern nehmen solle. Und sicher werde man dann aus dieser Klasse den größten Aufrührer am liebsten wählen. Dann würden lauter Canuleier und Icilier Konsuln sein. 8 Möge doch das der allmächtige Jupiter verhüten, dass eine Regierung, mit königlicher Hoheit ausgestattet, so tief sinke; auch würden sie sich lieber einen tausendfachen Tod gefallen lassen, als solche Entehrungen zugeben. 9 Sie wären überzeugt, wenn ihre Vorfahren es hätten ahnen können, dass der Bürgerstand durch ihre beständigen Bewilligungen nicht gegen sie milder werden, sondern nur widerspenstiger von einer unbilligen Forderung zu noch unbilligeren fortgehen würde, sobald ihm die erste bewilligt wäre, 10 so würden auch sie sich lieber dem misslichsten Kampf unterzogen haben, ehe sie solche Vorschläge sich hätten aufbürden lassen. Weil man damals Tribunen bewilligt habe, habe man sie abermals bewilligen müssen. 11 Hier sei kein Ende zu erwarten. In einem Staat könnten Volkstribunen und Väter nicht bestehen. Entweder müsse man diesen Stand oder jenes Amt eingehen lassen und lieber später als nie der Frechheit und Unbesonnenheit entgegengehen. 12 Sei es denn nicht schändlich, dass jene Menschen zuerst als Stifter der Zwietracht die Nachbarn zu Kriegen reizten, dann gegen eben die Kriege, die sie veranlasst hätten, dem Staat alle Bewaffnung und Verteidigung untersagten, die Feinde so gut wie herbeiriefen und dennoch nicht gestatten wollten, dass gegen die Feinde Heere geworben würden, 13 sondern ein Canuleius die Frechheit habe, vor dem Senat auszurufen: Falls die Väter nicht zugeben würden, dass man sich seine Gesetze, als die eines Überwinders, gefallen lasse – werde er die Werbung untersagen? Könne dies etwas anderes als die Drohung sein, er wolle an seinem Vaterland zum Verräter werden, er wolle es belagern, erobern lassen? Mit welchem Mut müsse ein solcher Ausspruch – sie wollten nicht sagen, den römischen Bürgerstand, sondern – die Volsker, Aequer, Vejenter beseelen? 14 Ob sie nicht hoffen müssten, unter dem Anführer Canuleius das Kapitol und die Burg ersteigen zu können, wenn es den Tribunen gelingen sollte, den Vätern zugleich mit ihren Rechten und ihrer Würde auch den Mut zu entreißen? Die Konsuln seien bereit, sie eher gegen das Verbrechen der Bürger als gegen die Waffen der Feinde zu führen.
(3) Als gerade so im Senat gesprochen wurde, hielt Canuleius zugunsten seiner Vorschläge und gegen die Konsuln folgende Rede: 2 Die tiefe Verachtung, in welcher ihr, Quiriten, bei den Vätern steht, ihre Überzeugung von eurer Unwürdigkeit, mit ihnen in einer Stadt, innerhalb derselben Mauern zu leben, glaube ich zwar auch vormals oft bemerkt zu haben, 3 namentlich aber jetzt, da sie mit solcher Wut diese meine Anträge angreifen, in denen wir doch nichts anderes aussprechen, als dass wir ihre Mitbürger sind, und wenn wir gleich nicht dieselben Reichtümer haben, doch mit ihnen dieselbe Vaterstadt bewohnen. 4 In dem einen verlangen wir das Eherecht, das auch benachbarten Völkern und Auswärtigen bewilligt wird. Haben wir doch das Bürgerrecht, das viel wichtiger als das Eherecht ist, sogar besiegten Feinden gegeben. 5 In dem anderen bringen wir nichts Neues auf, sondern fordern nur das zurück und machen Gebrauch von dem, was dem Volk schon gehört, dass das römische Volk seine Ehrenämter anvertrauen dürfe, wem es will. 6 Kann hierin der Grund liegen, warum sie Himmel und Erde bewegen wollen, warum sie jetzt eben im Senat mich beinahe angriffen, drohen, sie würden es bis zu Tätlichkeiten treiben, erklären, sie würden selbst meines geheiligten Amtes nicht schonen? 7 Wenn also dem römischen Volk freies Stimmrecht gestattet wird, das Konsulat übertragen zu können, wem es will, und auch dem Bürgerlichen nicht alle Hoffnung abgeschnitten wird, falls er der höchsten Stelle würdig ist, die höchste Stelle zu erreichen, so soll unsere Stadt nicht länger stehen können, so soll es um unser Reich geschehen sein? Und heißt denn die Anfrage, ob ein Bürgerlicher Konsul werden könne, ebenso viel, als wenn jemand sagte, ein Sklave oder Freigelassener soll Konsul werden? 8 Fühlt ihr’s nun, ihr Quiriten, in welch tiefer Verachtung ihr lebt? Hinge es von ihnen ab, sie nähmen euch gern diesen Anteil am Tageslicht. Dass ihr atmet, dass ihr Töne der Sprache und Menschengestalt habt, ärgert sie. 9 Ja sie sagen sogar – dass es Gott erbarme –, es sei eine Sünde, einen Bürgerlichen zum Konsul zu machen! Ich bitte euch, wenngleich wir keinen Zutritt zu den Jahrbüchern, zu den Denkschriften der Oberpriester haben, sollten wir darum auch das nicht einmal wissen, was jeder Fremdling weiß, dass die Konsuln an die Stelle der Könige traten? Dass sie nicht das geringste Recht, nicht die geringste Würde haben können, die nicht vorher auf den Königen ruhte? 10 Nun aber sagt mir, ist das eine so unerhörte Geschichte, dass Numa Pompilius, dem so viel zum Patrizier fehlte, dass er nicht einmal römischer Bürger war, den man aus dem Sabinerlande holt, nach einer von den Vätern bestätigten Volkswahl den römischen Thron innegehabt habe? 11 Dass späterhin Lucius Tarquinius – nicht von römischem, nicht einmal von italischem Blut –, ein Sohn des Korinthers Damaratus, der bloß von Tarquinii herkam, noch bei Lebzeiten der Söhne des Ancus König wurde, 12 dass gleich nach ihm Servius Tullius, von einer corniculanischen Gefangenen geboren, von unbekanntem Vater, von einer Mutter, die Sklavin war, durch seinen Verstand und sein Verdienst zum Throne gelangt? Habe ich nötig, den Sabiner Titus Tatius anzuführen, den der Vater unserer Stadt, Romulus selbst, neben sich auf den Thron nahm? 13 So wuchs der römische Staat, weil man da, wo man hervorleuchtendes Verdienst sah, sich nie an Abkunft kehrte. Und wir sollten jetzt einen bürgerlichen Konsul unzulässig finden, da unseren Vorfahren Ankömmlinge als Könige nicht anstößig waren, und unsere Stadt auch nach Vertreibung der Könige ausländischem Verdienst nicht verschlossen wurde? 14 Wenigstens haben wir nach Vertreibung der Könige das Claudische Geschlecht aus dem Sabinerland nicht bloß in unser Bürgerrecht, sondern selbst in die Zahl der Patrizier aufgenommen. 15 Ein Ausländer also soll Patrizier und dann Konsul werden können, und einem geborenen Römer, wenn er vom Bürgerstand ist, soll alle Hoffnung auf das Konsulat abgeschnitten sein? 16 Sollen wir es wohl gar entweder für eine Unmöglichkeit halten, dass es im Bürgerstand einen wackern, verdienstvollen, im Frieden und Krieg brauchbaren Mann, einen zweiten Numa, Lucius Tarquinius, Servius Tullius geben könne? 17 Oder, wenn es ihn gibt, sollen wir ihn dessen ungeachtet nicht an das Staatsruder treten lassen und lieber Konsuln haben, die den Dezemvirn, diesen Scheusalen von Menschen, die damals alle aus dem Adel waren, ähnlicher sind als den freilich ahnenlosen, aber besten Königen?
(4) Allein seit Vertreibung der Könige ist noch nie ein Bürgerlicher Konsul gewesen. Und was nun weiter? Darf denn gar nichts Neues eingeführt werden? Und soll das, was noch nie geschah – und in einem jungen Volk ist vieles noch nie geschehen –, auch dann nicht einmal geschehen dürfen, wenn es nützlich ist? 2 Oberpriester, Augurn hatte man unter der Regierung des Romulus noch nicht; Numa Pompilius schuf sie. Es gab keine Schätzung im Staat, keine Einteilung in Zenturien und Klassen; 3 Servius Tullius machte sie. Konsuln waren nie gewesen; nach Vertreibung der Könige wurden sie gewählt, von einem Diktator kannte man weder Amt noch Namen; zu unserer Väter Zeiten kam beides auf. Volkstribunen, Ädilen, Quästoren waren nicht; es wurde festgesetzt, dass sie sein sollten. Dezemvirn zur Abfassung der Gesetze haben wir innerhalb dieser zehn Jahre gewählt und wieder aus dem Staat vertilgt. 4 Wer zweifelt daran, dass in einer Stadt, die für die Ewigkeit gebaut ist und ins Unendliche wächst, nicht noch neue Staatsämter, Priestertümer, Rechte der Geschlechter und der Einzelnen eingeführt werden? 5 Selbst das Verbot, dass zwischen Adligen und Bürgerlichen eine Ehe stattfinden soll, haben es nicht vor wenigen Jahren erst die Dezemvirn gegeben zum größten Nachteil für den Staat, zur größten Kränkung des Bürgerstandes? Kann ein Schimpf größer und abgründiger sein, wenn der eine Teil der Bürgerschaft, als wäre er unrein, des Rechts der Ehe für unwürdig gehalten wird? 6 Heißt das nicht, neben dem andern in denselben Mauern leben und doch der Ausgestoßene, der Verwiesene sein? Jede Einmischung von unserer Seite durch Heirat, durch Abstammung wollen sie verhindern, dass sie ja nicht durch die Bande des Blutes mit uns vereinigt werden. 7 Wie, wenn das euren so hohen Adel befleckt, den ihr doch meistenteils als ursprüngliche Albaner und Sabiner nicht eurer Abkunft, nicht eurem Blut, sondern der Aufnahme unter die Väter verdankt, denen ihr entweder durch die Könige oder nach Vertreibung der Könige durch einen Volksbeschluss eingereiht wurdet, konntet ihr ihn nicht, jeder für sich, dadurch unbefleckt erhalten, dass ihr weder selbst eine Frau vom Bürgerstand nahmt noch eure Töchter und Schwestern aus dem Adelstand heraus heiraten ließet? 8 Kein Bürgerlicher hätte einer Jungfrau von jenem Stand Gewalt angetan; so etwas gelüstet nur Adlige. Wir hätten keinen von euch gezwungen, wider seinen Willen einen Ehevertrag zu schließen. 9 Dass es aber sogar durch ein Gesetz bestimmt sein soll, dass alle Ehen zwischen Adligen und Bürgerlichen für unstatthaft erklärt werden, nur darin liegt für den Bürgerstand eine Schmach. Warum vereinigt ihr euch nicht zu dem Gesetz, dass sich Reiche und Arme nicht heiraten sollen? 10 Was allenthalben immer Sache der häuslichen Beratung blieb, dass ein Mädchen sich in ein Haus verheiratete, das ihr passt, und der Mann sich die Frau aus jedem Haus holte, wo er sich zu verloben für gut fand, das unterwerft ihr jetzt dem Zwang eines mehr als tyrannischen Gesetzes, um dadurch alle bürgerliche Verbindung zu zerreißen und einen Staat in zwei aufzulösen? 11 Warum verordnet ihr nicht, dass kein Bürgerlicher eines Adligen Nachbar sein, nicht mit ihm denselben Weg gehen, mit ihm zu Gast gehen oder auf demselben Marktplatz stehen soll? Denn – in der Sache selbst – was könnte es da ausmachen, ob ein Adliger eine Bürgerin oder ein Bürgerlicher eine Adlige nimmt? Was gäbe es da für eine Änderung in den Rechten? Die Kinder folgten ja dem Vater. 12 Auch suchen wir in der Ehe mit euch nichts weiter denn als Menschen, als Mitbürger zu gelten; und ihr selbst könnt keinen Grund haben, euch dem zu widersetzen, wenn es euch nicht etwa Vergnügen macht, einen Streit zu unserer Schmach und Schande zu führen.
