Kitabı oku: «Römische Geschichte», sayfa 36
(42) Die Rede des Appius bewirkte nur so viel, dass die Annahme der Vorschläge noch aufgeschoben wurde. 2 Sextius und Licinius, zum zehnten Mal wieder zu Tribunen gewählt, setzten den Vorschlag durch, Zehnmänner des Gottesdienstes zur Hälfte aus den Bürgerlichen zu wählen. Man wählte fünf aus den Vätern und fünf aus dem Bürgerstand, und durch diesen Schritt schien der Weg zum Konsulat schon gebahnt zu sein. 3 Zufrieden mit diesem Sieg gab der Bürgerstand, ohne jetzt von den Konsuln weiter zu reden, den Vätern darin nach, dass Kriegstribunen gewählt werden sollten. Man wählte die beiden Cornelier Aulus und Marcus, beide zum zweiten Mal, den Marcus Geganius, Publius Manlius, Lucius Veturius, Publius Valerius zum sechsten Mal.
4 Von der Belagerung von Velitrae, deren Ausgang mehr zögernd als zweifelhaft war, abgesehen, hatten die Römer von außen Ruhe, als das unerwartete Gerücht von einem einbrechenden Gallischen Krieg den Senat bewog, den Marcus Furius zum fünften Mal zum Diktator zu ernennen. Er ernannte den Titus Quinctius Pennus zu seinem Magister Equitum.
5 Claudius76 berichtet, man habe mit den Galliern in diesem Jahr am Fluss Anio gekämpft, und jener berühmte Zweikampf auf der Brücke, in welchen sich Titus Manlius mit dem ihn herausfordernden Gallier einließ, ihn im Angesicht beider Heere erschlug und ihm die Halskette abnahm, habe damals stattgefunden. 6 Die Mehrzahl der Angaben bestimmt mich zu der Annahme, dass jene Begebenheit volle zehn Jahre jünger, das Treffen dieses Jahres aber unter dem Diktator Marcus Furius im Gebiet von Alba geliefert sei. So groß der Schrecken war, den die Gallier den Römern durch die Erinnerung an die frühere Niederlage mitbrachten, 7 so war dennoch für diese der Sieg weder zweifelhaft noch schwer. Tausende von Barbaren fielen in der Schlacht, Tausende wurden nach Eroberung ihres Lagers niedergemacht. 8 Die Übrigen, welche größtenteils nach Apulien hinüberstreiften, sicherten sich vor dem Feind teils durch die Flucht in die Ferne, teils dadurch, dass sie vor Bestürzung und Schrecken sich hier- und dorthin versprengten. Dem Diktator wurde einstimmig von den Vätern und Bürgern der Triumph zuerkannt.
9 Kaum hatte er diesen Krieg beendigt, so machte ihm im Inneren ein weit heftigerer Aufstand zu schaffen, in welchem Diktator und Senat, nach harten Kämpfen besiegt, die tribunizischen Vorschläge annehmen mussten; und es kam trotz des Widerspruches des Adels eine Konsulwahl zustande, nach welcher Lucius Sextius als der erste Konsul aus dem Bürgerstand gewählt wurde. 10 Aber auch dies machte den Streitigkeiten noch kein Ende. Weil die Patrizier ihre Bestätigung verweigerten, kam es beinahe zu einer Auswanderung des Bürgerstandes und zu anderen schrecklichen Drohungen bürgerlicher Streitigkeiten. 11 Doch wurden noch vom Diktator die Zwistigkeiten auf Grund eines Vertrages beigelegt, und vom Adel dem Bürgerstand ein bürgerlicher Konsul, von den Bürgern dem Adel ein aus den Vätern zu wählender Prätor zugestanden, der die Rechtspflege in der Stadt handhaben sollte. 12 Da nun nach dieser auf die lange Erbitterung erfolgten Rückkehr der Stände zur Eintracht der Senat erklärte, dieses Ereignis verdiene, durch prächtige Spiele und Verlängerung der dreitägigen latinischen Festlichkeiten um einen Tag gefeiert zu werden, 13 und man werde sich zu diesem den unsterblichen Göttern zu erweisenden Ehrendienst mehr als je verpflichtet fühlen, verweigerten die Ädilen diesen Dienst, während die jungen Patrizier durch einmütigen Ruf versprachen, sie wollten dies gern zur Ehre der unsterblichen Götter tun, wenn man sie zu Ädilen mache. 14 Von allen wurde ihnen Dank gesagt, und der Senat beschloss, dass der Diktator beim Volk auf die Ernennung zweier Ädilen aus den Vätern antragen, und die Väter alle Wahlen dieses Jahres bestätigen sollten.
Siebentes Buch
Inhalt
Die obrigkeitlichen Ämter wurden um zwei neue vermehrt, die Prätur und das Kurulische Ädilenamt. Die Stadt wurde von einer Pest heimgesucht, welcher des Furius Camillus Tod eine Denkwürdigkeit gab, und da man, um zu genesen und die Pest zu vertreiben, neue heilige Feierlichkeiten anstellte, gab dies den Spielen der Schaubühne den Ursprung. Als der Volkstribun Marcus Pomponius den Lucius Manlius wegen seiner Härte bei der Werbung und weil er seinen erwachsenen Sohn Titus Manlius ohne Schuld auf das Land verwiesen habe, vor Gericht forderte, kam der Jüngling selbst, dessen Verweisung man dem Vater zum Vorwurf machte, in des Tribuns Schlafzimmer und zwang ihn mit gezücktem Schwert, ihm den Eid nachzusagen, dass er die Klage nicht fortsetzen wolle. Das ganze Vaterland gerät durch einen Erdfall in der Stadt Rom in den größten Schrecken, und man wirft in den tiefen Schlund Kostbarkeiten aller Art. In seiner Rüstung zu Pferd stürzt Curtius sich hinein, und der Abgrund schließt sich. Der junge Titus Manlius, der seinen Vater von der Plackerei des Tribuns gerettet hatte, trat gegen einen Gallier, der die römischen Soldaten herausforderte, zum Zweikampf auf, nahm dem Erlegten eine goldene Halskette ab, die er nachher selbst trug, und bekam davon den Namen Torquatus. Zu den Bezirken kommen zwei neue hinzu, der Pomptinische und Publilische. Licinius Stolo wird Kraft des von ihm selbst vorgeschlagenen Gesetzes verurteilt, weil er mehr als 500 Morgen Land besaß. Marcus Valerius erschlägt als Kriegstribun einen Gallier, von dem er herausgefordert war, mit Hilfe eines Raben, der sich ihm auf den Helm setzt und den Feind mit Krallen und Schnabel anfällt, und bekommt davon den Namen Corvus, und wird das Jahr darauf in einem Alter von dreiundzwanzig Jahren seiner Tapferkeit wegen zum Konsul gewählt. Geschlossener Freundschaftsvertrag mit Karthago, weil die Campaner, von den Samniten mit Krieg bedrängt, die bei dem Senat gesuchte Hilfe gegen sie nicht erhalten, übergeben sie ihre Stadt und ihr Land dem römischen Volk; dies bewirkt den Entschluss, sie als nunmehriges römisches Eigentum mit den Waffen gegen die Samniten in Schutz zu nehmen. Als das Heer unter Zuführung des Konsuls Cornelius in einer nachteiligen Stellung in große Gefahr geriet, wurde der Kriegstribun Publius Decius Mus dessen Retter. Durch Besetzung eines Hügels, der die Höhe beherrschte, auf welcher sich die Samniten gelagert hatten, gab er dem Konsul Gelegenheit, sich auf einen vorteilhafteren Platz zu ziehen, er selbst schlug sich durch die ihn umschließenden Feinde. Als die zur Besatzung in Capua gelassenen römischen Soldaten sich verschworen hatten, die Stadt für sich in Besitz zu nehmen, und nach Entdeckung ihres Anschlages aus Furcht vor der Strafe vom römischen Volk abfielen, wurden sie durch den Diktator Valerius Corvus, dessen Klugheit sie von ihrer Verblendung zurückrief, dem Vaterland wiedergegeben. Außerdem enthält dieses Buch Siege über die Herniker, Gallier, Tiburtiner, Privernaten, Tarquinier, Samniten und Volsker.
(1) Dieses Jahr wird durch das Konsulat eines homo novus (Aufsteigers) merkwürdig bleiben, merkwürdig durch zwei neue Ämter, das der Prätoren und das der kurulischen Ädiledie. Diese Ehrenstellen verschafften sich die Patrizier für das eine dem Bürgerstand eingeräumte Konsulat. 2 Dieses Konsulat übertrug das Volk dem Lucius Sextius, durch dessen Gesetz es ihm erworben war, die Prätur verschaffte der Einfluss der Väter auf dem Wahlfeld dem Spurius Furius Camillus, des Marcus Sohn, die Ädilität dem Cnaeus Quinctius Capitolinus und Publius Cornelius Scipio, lauter Männern ihres Standes. Dem Lucius Sextius wurde zum Amtsgenossen aus den Vätern Lucius Aemilius Mamercus gegeben.
3 Im Anfang des Jahres kam es teils wegen der Gallier, welche sich nach ihrer ersten Zerstreuung in Apulien, wie das Gerücht sagte, wieder sammelten, teils über den Abfall der Herniker mehrmals zu Anträgen. 4 Da man aber absichtlich alles aufschob, um dem bürgerlichen Konsul keinen Stoff zu Taten zu geben, herrschte in den Geschäften eine allgemeine Stille und eine einem Gerichtsstillstand ähnliche Ruhe, 5 nur dass die Tribunen es nicht ungerügt ließen, dass sich der Adel zum Ersatz der einen bürgerlichen Konsulstelle drei Ämter für seine Patrizier angemaßt habe, welche in der Purpurverbrämung gleich Konsuln auf Thronsesseln dasäßen, 6 ja dass auch ein Prätor, noch dazu mit der Gerichtspflege beauftragt, den Konsuln als Amtsgenosse zugeteilt und gleich ihnen durch Befragung der Vögel geweiht werde – und dadurch dem Senat die Bescheidenheit aufnötigten, die Wahl der kurulischen Ädilen aus den Vätern nicht zu fordern. Zuerst einigte man sich dahin, sie ein Jahr um das andere aus dem Bürgerstand zu wählen; nachher hatten beide Teile ohne Unterschied gleichen Zutritt.
7 Unter dem folgenden Konsulat des Lucius Genucius und Quintus Servilius, in welchem weder Aufruhr noch Krieg die Ruhe störte, entstand nun, damit es nie an Besorgnis und Gefahr fehlen möchte, ein großes Sterben. 8 Ein Zensor, ein kurulischer Ädil, drei Volkstribunen sollen gestorben, und nach dem Verhältnis auch unter dem übrigen Volk viele Todesfälle vorgekommen sein. Und besonders denkwürdig machte diese Pest der, wenn auch nicht zu frühe, so doch betrübliche Verlust des Marcus Furius. 9 Denn wirklich war der Mann in jeder Lage des Lebens einzig; schon ehe er in die Verbannung ging, im Frieden und im Krieg der erste, glänzender noch durch diese Verbannung, sei es, weil der Staat ihn vermisste, der, selbst in Feindeshand, den Abwesenden um Rettung anflehte, oder weil ihm das Glück beschieden war, bei seiner Zurückberufung in die Vaterstadt mit sich selbst zugleich die Vaterstadt wiederherzustellen. Und in den folgenden 25 Jahren – denn so lange lebte er nachher noch – 10 erhielt er sich die Auszeichnung, die ein so hoher Ruhm ihm gab, und galt für einen Mann, der es verdiente, nächst Romulus der zweite Erbauer Roms genannt zu werden.
(2) In diesem und im folgenden Jahr, unter den Konsuln Caius Sulpicius Peticus und Caius Licinius Stolo währte die Pest fort. Darum wurde nichts Denkwürdiges unternommen, 2 außer dass man, um die Gnade der Götter zu erflehen, jetzt zum dritten Mal nach Roms Erbauung ein großes feierliches Göttermahl anstellte. 3 Und da weder menschliche Mittel noch göttliche Hilfe die Gewalt der Krankheit milderten, so sollen, wie es heißt, bei der abergläubischen Stimmung der Leute unter anderen Sühnemitteln des göttlichen Zornes auch die Spiele der Bühne aufgekommen sein, für ein kriegerisches Volk, dem bisher nur Spiele der Rennbahn eine Augenweide gewährt hatten, etwas ganz Neues. 4 Aber auch diese waren zuerst, wie fast aller Anfang, nur klein und noch dazu ausländisch. Ohne allen Gesang, ohne alle Darstellung des Gesungenen durch Gebärdenspiel, machten die aus Etrurien geholten Spieler, in tuskischen von einer Flöte begleiteten Tänzen ganz zierliche Bewegungen. 5 Die Jünglinge ahmten ihnen nach, zugleich ließen sie sich untereinander in scherzhaften, frei gearbeiteten Versen hören, und die Gebärden waren dem Vortrag nicht unangemessen. 6 Die Sache fand Beifall und hob sich durch die öftere Ausführung. Weil ein Spieler auf tuskisch Hister hieß, so gab man auch den heimischen Künstlern den Namen Histrio, 7 welche nun nicht mehr, wie sonst, ungefeilte und regellose Verse, den Fescenninen77 ähnlich, als Wechselgespräch hinwarfen, sondern ein im Silbenmaß vollendetes Allerlei, als ein von der Flöte geleitetes Singstück mit angemessenem Gebärdenspiel aufführten. 8 Mehrere Jahre nachher soll Livius, der es zuerst wagte, statt des Allerlei ein Schauspiel mit einer Haupthandlung zu begründen, als ihm bei den geforderten öfteren Wiederholungen eine Heiserkeit zustieß – er war nämlich, wie damals alle, zugleich Verfasser und Geber seiner Stücke –, 9 nach erbetener Erlaubnis einen Knaben zum Singen vor den Flötenspieler gestellt und den Gesang der einen Person mit um so lebhafterer Bewegung begleitet haben, weil ihm nun der Aufwand seiner Stimme nicht mehr hinderlich war. 10 Seitdem ließ man zu dem Gebärdenspiel der Histrionen einen anderen singen, und nur der Wechselgesang blieb ihrer eigenen Stimme vorbehalten. 11 Als sich die Form der Bühnenstücke durch diesen regelmäßigen Gang immer mehr vom bloßen Lachen und ausgelassenen Scherz entfernte, und ihr Spiel allmählich zu einer Kunst gediehen war, überließen die jungen Römer die Aufführung der Bühnenstücke den wirklichen Schauspielern und machten sich’s zum eigenen Geschäft, allerlei Stoff zum Lachen in Versen vorzutragen, welche man nachher, unter der späteren Benennung der Nebenspiele, hauptsächlich mit den atellanischen Possenspielen78 in Verbindung setzte. 12 An diese, den Oskern abgelernten Spiele hielt sich die Jugend und ließ sie nicht von den Histrionen entweihen. Daher wurde es zur bleibenden Sitte, dass die Geber atellanischer Stücke darum nicht aus ihrem Bezirk gestoßen werden und Kriegsdienste tun dürfen, als wären sie mit der Schauspielkunst außer aller Verbindung.
13 Unter den Nachrichten über den kleinen Anfang so mancher anderen Einrichtung glaubte ich auch dem ersten Ursprung der Schauspiele einen Platz geben zu müssen, damit deutlich wurde, von was für einem gesunden Anfang sie zu diesem Unsinn übergingen, der kaum für mächtige Königreiche zu ertragen ist.
(3) Und doch befreiten diese Spiele, die ihrem Ursprung nach der Abwendung des göttlichen Zornes gewidmet waren, weder die Herzen von ihrer Götterfurcht noch die Leiber von der Krankheit. 2 Ja als der ausgetretene Tiber, weil er die Rennbahn überschwemmte, die Spiele mitten in der Handlung unterbrach, flößte ihnen dies besonders großen Schrecken ein, als hätten die abgewandten Götter selbst die Sühnmittel ihres Zornes zurückgewiesen. 3 Da also unter dem Konsulat des Cnaeus Genucius und Lucius Aemilius Mamercus, der es zum zweiten Mal war, die Auffindung der Sühnmittel mehr die Gemüter als die Krankheit den Körper quälte, soll man auf ein altes Mittel zurückgekommen sein, weil sich die älteren Leute erinnerten, dass früher durch einen vom Diktator eingeschlagenen Nagel die Pest beseitigt worden sei. 4 In dieser frommen Absicht beschloss der Senat, einen Diktator zur Einschlagung des Nagels zu ernennen. Der dazu ernannte Lucius Manlius Imperiosus nahm den Lucius Pinarius zum Magister Equitum. 5 Ein uraltes Gesetz, in alter Schrift und Sprache abgefasst, verordnet, dass der höchste Beamte am 13. September den Nagel einschlagen soll. Die Tafel hing im Tempel des allmächtigen Jupiter zur rechten Seite, wo Minerva ihren Tempel hat. 6 Nach diesen Nägeln soll man in jenen Zeiten, in denen die Buchstabenschrift eine Seltenheit war, die Jahre gezählt und das Gesetz selbst dem Tempel der Minerva gewidmet haben, weil die Zahl eine Erfindung der Minerva sein soll. 7 Dass auch zu Volsinii im Tempel der Nortia, einer etruskischen Göttin, solche Nägel zu sehen waren, die man als Zeichen der Jahreszahl eingeschlagen habe, versichert uns Cincius,79 ein in Erforschung solcher Denkmäler zuverlässiger Gewährsmann. 8 Vermöge des Gesetzes vollzog der Konsul Marcus Horatius die feierliche Einschlagung des Nagels am Tempel des allmächtigen Jupiter in dem Jahr nach Vertreibung der Könige; von den Konsuln ging die Feierlichkeit später auf die Diktatoren über, weil ihr Amt eine höhere Gewalt hatte. Als man nachher den Gebrauch unterließ, fand man die Sache an sich wichtig genug, einen Diktator bloß dazu zu ernennen. 9 Und bloß hierzu ernannt, quälte dennoch Lucius Manlius, um sich die Führung des Krieges mit den Hernikern zuzueignen, als hätte man ihn zu Unternehmungen an die Spitze des Staates gestellt und nicht vielmehr dazu gewählt, den Staat einer heiligen Obliegenheit zu entledigen, die Jugend durch eine mit Strenge betriebene Werbung, bis er endlich, weil alle Volkstribunen gegen ihn auftraten, von ihnen dazu gezwungen, oder aus Scheu, gezwungen zu werden, seine Diktatur niederlegte.
(4) Nichtsdestoweniger forderte im Anfang des folgenden Jahres, in welchem Quintus Servilius Ahala und Lucius Genucius Konsuln waren, der Volkstribun Marcus Pomponius den Manlius vor Gericht. 2 Seine Härte bei der Aushebung hatte ihn verhasst gemacht, welche die Bürger nicht bloß durch Verlust an Vermögen, sondern auch durch körperliche Misshandlungen empfunden hatten, indem er diejenigen, die bei dem Aufruf ihrer Namen nicht antworteten, teils mit Ruten schlagen, teils gefangen legen ließ; 3 und namentlich hasste man den ihm eigenen Starrsinn und den einem freien Staat unausstehlichen Beinamen Imperiosus (der Gebieterische), den ihm die unverhehlte Äußerung einer Härte zuzog, welche er an Fremden nicht strenger als gegen nahe Verwandte, ja selbst an seinem eigenen Blut ausübte. 4 Darum machte ihm auch der Tribun unter anderen Beschuldigungen einen Vorwurf daraus, dass er seinen Sohn, einen Jüngling, den er keines Verbrechens zeihen könne, als einen aus der Stadt, aus dem Haus Verbannten von den Penaten, vom Markt, vom Tageslichte, vom Umgang mit Seinesgleichen Geschiedenen, zu sklavischer Handarbeit, in einen Sklavenzwinger, wie in einen Kerker gesteckt habe, in welchem dieser Jüngling vom höchsten Rang, 5 eines Diktators Sohn, durch das tägliche Elend erfahren müsse, dass er in der Tat einen gebieterischen Vater habe. Und welches Verbrechens wegen? 6 Weil ihm die fließende Rede, die geläufige Zunge fehle. Habe er als Vater, wenn er nur einige Menschlichkeit besäße, diesen Naturfehler schonend mildern oder durch Strafe und Misshandlung umso auffallender machen müssen? Selbst die unvernünftigen Tiere hegten und pflegten das von ihren Jungen, was etwa nicht vollkommen geraten sei, darum nicht weniger. 7 Aber beim Herkules, Lucius Manlius vergrößere das Übel seines Sohnes durch Misshandlung, halte den schwerfälligen Geist sogar nieder und ersticke den Funken natürlicher Lebhaftigkeit, der etwa noch in ihm sei, dadurch, dass er ihn als einen Dorfbuben in bäurischem Aufzug unter dem Vieh leben lasse.
(5) Alle anderen wurden durch diese Beschuldigungen erbittert, nur der Jüngling nicht; im Gegenteil, voll Verdruss darüber, dass auch er zum Vorwand dienen müsse, Hass und Verleumdung gegen seinen Vater zu wecken, fasste er, 2 um aller Welt es zu zeigen, dass er es mit seinem Vater, nicht mit dessen Feinden halte, einen Entschluss, wie ein roher und bäurischer Mut ihn eingibt, der aber, sowenig er für das bürgerliche Leben ein Muster sein kann, in Rücksicht auf die kindliche Liebe Lob verdiente.
3 Ohne dass jemand darum wusste, ging er, mit einem Dolch unter dem Kleid, in aller Frühe zur Stadt und vom Tor geradezu vor das Haus des Tribuns Marcus Pomponius. 4 Dem Türsteher sagte er, er müsse sogleich seinen Herrn sprechen, er möge nur den Titus Manlius, den Sohn des Lucius, melden. Da er sogleich vorgelassen wurde (denn es ließ sich erwarten, dass er, auf seinen Vater ergrimmt, entweder eine neue Beschuldigung oder einen der Sache förderlichen Wink mitzuteilen habe), sagte er nach gegenseitiger Begrüßung, er habe etwas mit ihm ohne Zeugen zu besprechen. 5 Kaum hatte sich auf Befehl jedermann entfernt, da zog er den Dolch, und über dem Bett stehend, drohte er, ihn auf der Stelle zu durchbohren, wenn er ihm nicht den Eid leiste, dass er in der Klage gegen seinen Vater nie wieder eine Volksversammlung halten wolle.
6 Der Tribun in Angst – denn er sah den Stahl vor seinen Augen blitzen, sich selbst allein und wehrlos, sich gegenüber einen handfesten und, was noch schlimmer war, auf seine Stärke trotzigen Jüngling – schwur den verlangten Eid wörtlich nach und trug kein Bedenken, öffentlich zu gestehen, diese Gewalttat habe ihn genötigt, die Sache aufzugeben. 7 Und danach zu urteilen, dass das Volk es allerdings lieber gesehen hätte, wenn es gegen einen so grausamen und übermütigen Beklagten sein Stimmrecht hätte ausüben können, nahm doch dem Sohn die für seinen Vater gewagte Tat nicht übel; ja man fand sie darum noch um so lobenswerter, weil selbst die große Härte des Vaters sein Herz von der kindlichen Liebe nicht abgebracht hatte. 8 Folglich erließ man nicht nur dem Vater die Verteidigung, sondern der Vorfall brachte auch dem jungen Mann Ehre ein, 9 denn da man in diesem Jahr zum ersten Mal die Einrichtung traf, die Kriegstribunen für die Legionen durch Stimmengebung zu ernennen: – vorher nämlich stellten die Feldherren selbst auch diese an, so wie noch jetzt die, welche Rufuli80 heißen –, so erhielt er von sechs Stellen die zweite, ohne dass ihm irgendein Verdienst im Frieden oder Krieg dieses Wohlwollen erworben hätte, da er seine Jugend auf dem Land und fern vom Verkehr mit Menschen zugebracht hatte.
(6) In demselben Jahr soll entweder durch ein Erdbeben oder durch sonst eine gewaltsame Wirkung etwa die Mitte des Marktplatzes in eine weite Kluft zu einer unermesslichen Tiefe eingesunken sein; 2 und dieser Schlund soll sich durch alle hineingeschüttete Erde, die jeder nach Kräften herbeischaffte, nicht haben ausfüllen lassen, bis man auf göttliche Weisung die Frage aufwarf, worin eigentlich die Hauptstärke des römischen Volkes bestehe; 3 denn dies musste nach dem Ausspruch der Seher diesem Abgrund geweiht werden, wenn man dem römischen Staat seine Dauer sichern wollte. Da heißt es nun, Marcus Curtius, ein im Krieg ausgezeichneter Jüngling, habe diejenigen, welche ihre Ungewissheit darüber äußerten, verweisend gefragt, ob es für Römer ein höheres Gut als kriegerische Tapferkeit gebe. 4 Nach gebotener Stille habe er unter Erhebung seiner Blicke zu den am Markt ragenden Tempeln der unsterblichen Götter und zum Kapitol, und die Hände im Gebet bald zum Himmel empor, bald in die weite Öffnung der Erde zu den Göttern der Toten hinabstreckend, sich selbst zum Opfer geweiht, 5 und auf seinem Pferd, das er so herrlich wie möglich geschmückt hatte, in voller Rüstung sich in den Schlund gestürzt; eine Menge Männer und Frauen hätten Geschenke und Früchte über ihn zusammengeworfen, und der Curtische See habe seinen Namen nicht von jenem früheren Curtius, der auch Mettius hieß, dem Krieger des Titus Tatius,81 sondern von diesem bekommen. 6 Könnte irgendein Weg den Forscher hier auf die Wahrheit leiten, so würde ich’s an meinem Fleiß nicht fehlen lassen, jetzt aber müssen wir uns da, wo ein zu hohes Alter die sichere Beglaubigung verweigert, an die geschichtliche Sage halten; und wirklich kennen die meisten den Namen des Sees nur aus dieser späteren Erzählung.
7 Nach der Entsühnung eines so wunderbaren Ereignisses beschloss in diesem Jahr der Senat, der nach einer die Herniker betreffenden Sitzung vergebens durch abgesandte Fetialen Genugtuung von ihnen verlangt hatte, dass je eher je lieber bei dem Volk zu beantragen sei, den Hernikern den Krieg zu erklären, und das Volk genehmigte diesen Krieg in zahlreicher Versammlung. 8 Ihn zu führen bestimmte das Los den Konsul Lucius Genucius.
Weil die Einholung des Götterwillens in dem zu führenden Krieg zum ersten Mal von einem bürgerlichen Konsul abhing, war der Staat in Spannung, bereit, in der zugestandenen Gemeinschaft der höchsten Ämter, je nachdem der Erfolg sein würde, eine glückliche oder unglückliche Maßregel zu finden. 9 Ein Missgeschick wollte, dass Genucius, der auf seinem Zug gegen den Feind viel Unternehmungsgeist blicken ließ, in einen Hinterhalt geriet, und da die Legionen im Schrecken des Überfalles flohen, töteten die Feinde den umringten Konsul, ohne zu wissen, wen sie getötet hatten.
10 Als diese Nachricht in Rom eintraf, riefen die Väter, lange nicht so betrübt über den Verlust des Staates, als sie sich durch die verunglückte Anführung des bürgerlichen Konsuls gehoben fühlten, allenthalben laut, nun könne man hingehen und Konsuln vom Bürgerstand wählen und die Einholung des Götterwillens auf die übertragen, denen sie nicht ohne Sünde anvertraut werden könne. 11 Die Väter hätten durch Bürgerbeschluss aus dem Besitz ihrer Ehrenstellen verdrängt werden können: Ob sich aber auch die unsterblichen Götter an dieses ohne ihre Zustimmung gegebene Gesetz gekehrt hätten? Sie selbst hätten ihren göttlichen Willen und die Art, ihn zu erfragen, in Schutz genommen. Kaum habe der Erste, dem dies nach menschlichen und göttlichen Rechten untersagt war, sich daran vergriffen, so habe die Vertilgung des Heeres samt seinem Führer die warnende Lehre gegeben, in Zukunft nicht mit Verletzung des Rechtes der Geschlechter Wahlen abzuhalten. Das Rathaus und der Markt hallten von solchen Reden wider. 12 Und nun ernannte der Konsul Servilius den Appius Claudius, der jetzt, weil er das Gesetz widerraten hatte, mit umso größerem Gewicht den Erfolg eines von ihm missbilligten Entschlusses rügen konnte, mit Zustimmung der Patrizier zum Diktator; und Aushebung und Gerichtsstillstand wurden angesagt.
(7) Bevor der Diktator und die neuen Legionen ins Land der Herniker kamen, bot sich dem Unterfeldherrn Caius Sulpicius die Gelegenheit, seine Soldaten zu einer herrlichen Tat zu führen. Von ihm als Unterfeldherrn angefeuert, und voll Zorn und Unwillen machten sie auf die Herniker, 2 die nach dem Tod des Konsuls auf das römische Lager mit Verachtung und in der sicheren Hoffnung, es zu erstürmen, anrückten, einen Ausfall. Und die Erwartung der Herniker, dem Lagerwall beizukommen, sah sich im Erfolg so sehr getäuscht, dass sie vielmehr in völlig zerrütteten Gliedern abzogen. 3 Darauf vereinigte sich bei der Ankunft des Diktators das neue Heer mit dem alten, und die Stärke der Truppen verdoppelte sich; durch das vor der Versammlung dem Unterfeldherrn und den Soldaten, die das Lager so tapfer verteidigt hatten, erteilte Lob erhöhte der Diktator den Hörern ihres verdienten Lobes den Mut und spornte die Übrigen an, in tapferen Taten mit ihnen zu wetteifern. 4 Ebenso tätig setzten sich die Feinde zum Kampf in Bereitschaft; ohne ihres vorhin erfochtenen Ruhmes zu vergessen, und von der Verstärkung der feindlichen Streitkräfte unterrichtet, verstärkten auch sie die ihrigen. Alles, was Herniker hieß, jeder dem Alter nach Dienstfähige, wurde aufgerufen. Acht Kohorten, jede von vierhundert auserlesenen Kraftmännern, wurden ausgehoben. 5 Und dieser Blüte von Kerntruppen flößten sie auch dadurch Hoffnung und Mut ein, dass sie ihnen doppelten Sold zusicherten. Auch waren sie frei von anderen Soldatendiensten, um sich bewusst zu sein, dass sie für die einzige Arbeit der Schlacht ausgehoben, mehr als jeder andere Mann zu leisten hätten. 6 Ferner hatten sie in der Linie ihren besonderen Stand, um ihre Tapferkeit desto auffälliger zu machen. Eine Ebene von zweitausend Schritten schied das römische Lager von dem der Herniker; in fast gleicher Entfernung von beiden schlug man sich auf diesem Zwischenraum.
7 Anfangs war der Kampf unentschieden, weil die römischen Reiter mehrmals vergeblich versucht hatten, durch ihren Angriff die feindliche Linie in Unordnung zu bringen. 8 Da nun die Reiterei durch das wirkliche Gefecht noch weniger bewirkte als durch ihren Andrang, flogen die Reiter, die nach der vom Diktator auf ihre Anfrage erhaltenen Erlaubnis ihre Pferde abgaben, mit großem Geschrei vor die Linien und begannen den Kampf von Neuem, 9 und sie wären unwiderstehlich gewesen, hätten sich nicht die außerordentlichen Kohorten (der Herniker) mit einem ihrer Körperkraft entsprechenden Mut ihnen entgegengeworfen.
(8) Nun kämpften an der Spitze beider Völker die ausgezeichnetsten Krieger. Was auf dieser oder jener Seite dem gemeinsamen Los der Schlacht erlag, gab einen vielfachen, nicht nach der Anzahl zu schätzenden Verlust; die übrigen Scharen von Bewaffneten, gleich als hätten sie die Schlacht den Edlen übertragen, erwarteten ihr Schicksal von fremder Tapferkeit. Auf beiden Seiten fielen viele, noch mehr wurden verwundet. 2 Endlich brachen die Reiter – die sich einer den andern verweisend fragten, was nun noch übrig sei, da sie weder als Reiterei den Feind geworfen hätten, noch jetzt als Fußvolk den mindesten Ausschlag gaben, welche dritte Art zu fechten sie noch erwarten könnten? Zu welchem Zwecke sie so kühn an die Spitze der Linie getreten wären und an fremder Stelle kämpften? — 3 Durch diesen gegenseitigen Zuruf angespornt, dringen sie mit erneuertem Geschrei in den Feind, brachten ihn zuerst aus der Stellung, dann zum Weichen und endlich zur völligen Flucht. Auch lässt sich nicht leicht bestimmen, 4 was bei dieser Gleichheit der Kräfte den Ausschlag gegeben habe, wenn nicht etwa das jedem Volk eigene Glück, sich selbst getreu, hier den Mut hob und dort ihn niederschlug. 5 Die Römer verfolgten die fliehenden Herniker bis an ihr Lager; auf die Bestürmung des Lagers ließen sie sich nicht ein, weil es schon spät am Tag war. Das längere Ausbleiben günstiger Opferzeichen hatte dem Diktator nicht erlaubt, das Zeichen vor Mittag zu geben; darüber hatte sich der Kampf bis in die Nacht hineingezogen. 6 Am folgenden Tag fand man das Lager durch die Flucht der Herniker preisgegeben und einige Verwundete zurückgelassen; das Heer der Fliehenden wurde von den Einwohnern von Signia, welche mit wenigen Bewaffneten begleitete Fähnlein an ihren Mauern vorbeiziehen sahen, geschlagen und verlief sich auf eilfertiger Flucht in die Felder. 7 Auch auf Seiten der Römer war der Sieg nicht unblutig: Man vermisste den vierten Teil der Soldaten, und was kein geringerer Verlust war, mehrere römische Ritter waren gefallen.
(9) Als im folgenden Jahr die Konsuln Caius Sulpicius und Caius Licinius Calvus ein Heer gegen die Herniker geführt, und weil sie den Feind im offenen Feld nicht fanden, seine Stadt Ferentinum mit Sturm erobert hatten, schlossen ihnen auf ihrem Rückzug von dort die Tiburtiner ihre Tore. 2 Dies wurde die entscheidende Veranlassung, da man schon vorher von beiden Seiten viele Beschwerden gegeneinander geführt hatte, dem Volk von Tibur, nachdem man bei ihm durch Fetialen Genugtuung gefordert hatte, den Krieg zu erklären. 3 Dass Titus Quinctius Pennus in diesem Jahr Diktator und Servius Cornelius Maluginensis sein Magister Equitum gewesen sei, ist außer Zweifel. 4 Nur soll jener, wie Licinius Macer berichtet, wegen des zu haltenden Wahltages, und zwar vom Konsul Licinius ernannt sein, um der bösen Absicht seines Amtsgenossen zu begegnen, der sich beeilt habe, die Wahl noch vor dem Krieg zu veranstalten, um sein Konsulat fortzuführen. 5 Durch das Lob, welches Licinius hierdurch seiner eigenen Familie erteilt, verliert seine Aussage an Glaubwürdigkeit; und da ich jenen Umstand in älteren Jahrbüchern gar nicht erwähnt finde, bin ich geneigter zu glauben, man habe einen Diktator des Gallischen Krieges wegen ernannt. 6 Wenigstens hatten in diesem Jahr Gallier ein Lager am dritten Meilenstein auf der Via Salaria82 jenseits der Brücke des Anio.