Kitabı oku: «Tochter des Mare»

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Loa Imago

Tochter des Mare

Alynn

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Alynn und die Waldelfen

Alynn und die Meerhexe

Alynn und der Elfenkönig

Alynn und die verwunschenen Inseln

Alynn und ihre Entscheidungen

Alynn und Uma An` Ara

Alynn und der Wüstensand

Alynn und der Meeresgott

Alynn und die Drachen

Letzter Akt

Epilog

Charaktere

Impressum neobooks

Alynn und die Waldelfen

Es war ein heller Tag, in einer kleinen Stadt am Rande eines großen Waldes. Auf den Straßen war reges Treiben. Am Marktplatz der kleinen Stadt befand sich ebenfalls die Taverne. Eine Kutsche hielt vor der Taverne und ein Mann in einer samtenen Robe stieg aus, gefolgt von seiner Wache. Man sah, wie er kurz den Kopf nach links und rechts drehte und sein Mund angewidert verzog, dann verschwand er ins Innere der Taverne.

Sie schmetterte den Krug auf den Tisch, dass das Holz splitterte und Balken erzitterten. In der Taverne schien dies keinen zu kümmern. Ihr Gegenüber räusperte sich unangenehm berührt. „Das Leben könnte nicht schöner sein“, platzte es aus ihm heraus. Ihm war die Situation unangenehm. Allein sich an solch einem Ort aufhalten zu müssen war eine Erniedrigung für den Adligen.

„Meine Frau von Banditen entführt, mein einziger Sohn ein Taugenichts und ich muss mich mit diesem Kampfweib herumplagen.“ Sein bulliger Leibwächter gab ein zustimmendes Grunzen von sich.

Die Frau, die ihm gegenübersaß, war eine muskulöse Riesin. Mit ihrer bronzefarbenen Haut und dem schwarzen fast blauschimmernden Haar, war sie eine exotische Schönheit. Nur diese unnatürlich goldenen Augen, jagten dem Mann Angst ein. Nur wusste er nicht wer dort wirklich vor ihm saß. Hätte er es gewusst, hätte er vermutlich schnell das Weite gesucht.

Der Name Alynn’Weir war ein Name aus Legenden. Eine Heldin aus mythologischer Zeit. Es gab viele unterschiedliche Varianten ihrer Herkunftsgeschichte. Sie sei die Tochter einer berüchtigten Amazonenkriegerin aus uralter Zeit, so sagt man. Als das Schiff der Amazone nach einer Plünderfahrt kenterte, wurde sie von einem Meermann gerettet. Die beiden verliebten sich und wenig später wurde Alynn geboren. Da die Amazone nicht mehr in ihre Heimat zurückkonnte, wurde sie Piratin. Ihre Tochter war eine einzige Enttäuschung. Sie war zu sehr wie der Meermann, zu wenig wie eine Amazone. In einem Wutanfall schmiss sie das Kind mit nicht mal zehn Jahren über Bord. Der Vater, so munkelt man, war nicht nur ein Meermann, sondern der Gott des Meeres, Mare höchst persönlich. Er nahm seine Tochter auf und fortan lebte sie im Reich ihres Vaters. Irgendwann lockte sie jedoch, der Ruf nach Abenteuer und Alynn verließ das Meer und schloss sich eine Weile dem Volk ihrer Mutter, den Amazonen an, die sie das Kämpfen lehrten. Bald erfuhren die Götter von der Stärke der Göttertochter und schickten sie aus in ihrem Namen die Welt vom Bösen zu reinigen.

Diese Zeiten waren lang vorbei.

Dieser Tage, war Alynn als Söldnerin unterwegs. Ihre Legende in den Ländern der Menschen, so gut wie vergessen. Sie lebte von Tag zu Tag, zettelte zahlreiche Tavernenschlägereien an und verdiente sich ihr Met mit kleineren Aufträgen.

„Seht, ich biete Euch 100 Goldstücke, wenn Ihr mir meine Frau zurückbringt.“

„200 mindestens und hundert im Voraus“, sagte Alynn.

„Falls sie sich am Ende doch umentscheiden und ich einen besseren Auftrag deshalb ausschlagen müsste.“

Der Mann fluchte auf eine höchst unfeine Art und Weise. Dann warf er ihr eine Geldbörse auf den Tisch. Alynn griff danach und entleerte den Inhalt auf den Tisch. Sie biss prüfend auf ein Goldstück. Sie nickte zufrieden und schob das Gold zurück in den Beutel.

„Wo finde ich diese Banditen?“

Die ‚Höhle‘ in der die Banditen hausen sollten, war keine Höhle, sondern eine Siedlung im Wald am Rande einer steilen Felswand mit vielen kleinen Höhlen, die von rebellischen Waldelfen bevölkert waren. Alynn stand im Zentrum dieses Dorfes. Ein Dutzend Pfeile waren auf sie gerichtet.

Die ‚entführte‘ Ehefrau des Adligen schmiegte sich in die Arme eines Waldelfs und klimperte verliebt mit den langen Wimpern. Die Amazone seufzte übertrieben und stützte sich auf ihren Kampfstab.

„Lady von Rem, Euer Ehemann sucht nach Euch. Er bezahlt mich dafür Euch zu ihm zurück zu bringen.“ Sie machte eine Pause und sah in die Runde. „Und nicht um ein Dorf voll von rebellischen Waldelfen aufzumischen.“

Lady von Rem schmiegte sich noch enger an den Waldelf.

„Niemals. Sagt Gunnert…“ Sie hielt Inne, um den Waldelfen anzuhimmeln. „Sagt Gunnert, ich habe einen echten Mann gefunden. Einen der mich liebt, so wie ich bin. Und mich vergöttert. Ein Mann, der für das Richtige einsteht. Nieder mit dem Regime.“

Alynn wandte ihre Aufmerksamkeit dem Elfen zu, an dem die adlige Frau klebte.

Er war dünn und hochgewachsen, wie fast alle seiner Art. Er trug die hautenge dunkelgrüne Tracht der Waldelfen. Sein Haar war dunkelbraun und zu einem Zopf zusammengebunden. Seine Ohren spitz, sein Gesicht feminin und leicht länglich. Hübsch wie alle Elfenmänner. Nichts Besonderes. Er schien der Anführer der Gruppe zu sein. Die Bogenschützen schauten immer wieder zu ihm hinauf, als warteten sie auf das Signal ihre Pfeile auf Alynn sausen zu lassen.

„Schaut. Ich bin Söldnerin. Politik interessiert mich nicht. Geh einfach zu deinem Mann und sag ihm, dass Ihr noch lebt. Vielleicht kriege ich dann noch mein Gold.“

„Niemals Du ruchloser Söldner, tötet SIE!“

„HALT!“, rief der Anführerelf.

Ein Pfeil sauste auf Alynn’s Kopf zu und prallte einen Meter vor der magischen Barriere ab. Verwirrt schauten die Bogenschützen zu ihrem Anführer. Er schob die Lady von Rem von sich. Sie stemmte die Arme in die Seiten und wartete ab was er als nächstes tun würde.

Der Elf hatte den Kopf zur Seite gelegt und sah sie neugierig an. Nach einem Moment indem er nachzudenken schien, sprang er elegant von der Plattform, auf der er gestanden hatte. Ohne Mühe richtete er sich wieder auf und klopfte sich den Staub von den Knien. Leichtfüßig schlenderte er an seinen Bogenschützen vorbei und umrundete sie. Seine Bogenschützen beobachteten sie angespannt.

„Faszinierend“, sagte der Elf als er wieder vor sie trat. Er streckte die Hand aus, um Alynns blaues Haar zu berühren.

„Was seid ihr?“

„Nicht anfassen!“, sagte Alynn und wehrte seine Hand ab. Er hob entschuldigend die Hände.

„Aber verratet mir, was seid Ihr? Dieses Haar… Ich habe noch nie eine Frau mit solch langen vollen, und vor allem solch blauen, Haaren gesehen.“

„Bei Mare. Blau? Halb Riburet färbt sich die Haare mit magischen Mittelchen.“

Er schüttelte den Kopf.

„Keine Söldnerin würde sich die Mühe machen ihr Haar blau zu färben, geschweige denn es so lang zu tragen“, sagte er und nach einem Moment. „Und kein Mensch kann die Magie so meisterhaft beherrschen.“

Er trat einen Schritt näher und versuchte Augenkontakt herzustellen. „Ihr könnt nicht behaupten, Ihr wärt ein gewöhnlicher Mensch.“

„Ich bezeichne mich selbst gern als Nymphe, falls Euch das was sagt, Elfling.“

Langsam verlor sie die Geduld. Sie hatte keine Lust mit irgendwelchen Elfen Gespräche über ihre Haare zu führen.

„Was wollt Ihr überhaupt von dieser Frau? Sie ist ein Mensch! Und dazu noch eine Adlige. Sind alle Vorurteile auf einmal verschwunden? Ewige Liebe? Flammende Leidenschaft?“ Alynn machte ein verächtliches Geräusch. Der Elf schmunzelte.

„Sagt mir lieber, weshalb arbeitet eine so liebreizende Nymphe, wie Ihr eine seid, als Söldnerin. Obendrein noch für den Kanzler des roten Ordens?“ Alynn runzelte die Stirn. „Oh!“ Er grinste selbstgefällig. „Wusstet Ihr wohl möglich nicht, wer Euer Auftraggeber ist?“ Nein, das hatte sie wirklich nicht gewusst. Und es interessierte Alynn auch nicht im Geringsten. Sie zuckte mit den Schultern. „Zahlt gut.- Sagte seine Frau wäre von Banditen entführt worden.“ „Und Ihr saht nichts als das Gold?“

Sie zuckte erneut mit den Schultern. „Gold bringt Essen, ein Bett für die Nacht und Alkohol. Wie ich schon sagte, Politik interessiert mich nicht.“

Der Elf machte ein verächtliches Geräusch.

„Würdet Ihr immer noch so denken, wenn die Menschen Euch aus eurer Heimat vertreiben und jagen wie Tiere?“

Die Augen der Amazone wurden dunkler. „Geht doch nach Elderan, wenn euch die Menschen so auf die Nerven gehen.“

Der Elf war sichtbar wütend. „Elderan. Unser Land den Menschen überlassen? Das Land unserer Ahnen? Und ins Land der Elfen gehen? Kampflos aufgeben?“

„Sie sind zwar ziemlich hochnäsig, und das Bier ist ungenießbar, aber es ist kein schlechter Ort zum Leben. Für Spitzohren.“ Der Elf hatte sich vor ihr aufgebaut. Es sollte wohl bedrohlich aussehen, beeindruckte Alynn aber nicht im Geringsten.

„Gebt Ihr mir die Frau jetzt?“

Der Elf starrte sie weiter an, als wolle er sie in Stücke reißen. Dann schien er sich eines Besseren zu besinnen. Schade! Alynn wurde bereits langweilig, bei so viel Gerede.

„Ihr könnt sie haben. Wenn Ihr mir im Gegenzug einen Gefallen erweist.“

Die Adlige japste hörbar nach Luft. Sie hielt sich die Hand auf die Brust.

„Tut mir leid, aber mit Elfen bin ich durch.“

„Es lebt ein Wyvern in einem Gewässer, der zu unserem Revier gehört. Seitdem können wir nicht mehr in Ruhe dort jagen. Tötet ihn und Ihr werdet belohnt.“

Er machte eine Pause. „Und Ihr bekommt die Frau.“

Alynn rollte mit den Augen. „Es sollte sich besser für mich lohnen!“

Sonst würde sie die Adlige, samt Elfen ins Jenseits befördern.

Schweigend folgte die Amazone dem Elf durch den Wald. Ohne Mühe kletterte sie durch das dichte Unterholz. Wobei er mit Absicht den schwierigsten Weg gewählt hatte. Er warf ihr immer wieder neugierige Blicke zu.

Warum reagierte die Nymphe nicht auf seine Annährungsversuche?

Sie versuchte seine Blicke zu ignorieren; schaffte es aber nicht. Fluchend blieb sie stehen und wandte sich zu ihm. „Wenn Ihr etwas fragen wollt, Elf, Dann fragt!“

Er zeigte grinsend seine Zähne. „Da ist mehr an Euch als ihr erzählen wollt. Eine Nymphe und dann auch noch Kriegerin. Ihr könnt mir nicht weiß machen ihr wärt nur eine gewöhnliche Söldnerin.“

Alynn blieb unbeeindruckt. „Manchmal ist es aber einfach so. Keine großen Mysterien.“

„Gut. Wie heißt Ihr und woher kommt Ihr?“

„Ihr wollt alles über mich wissen aber über Euch nichts erzählen.“ Sie lief weiter. Der Elf nebenher. „Ich fühle mich geschmeichelt, dass Ihr doch noch Interesse an mir zeigt.“

„Träumt weiter Elf!“, knurrte Alynn.

Er lachte. „Mein Name ist Baldur. Ich führe die Elfen der wilden Wälder an und beschütze sie.“

Sie lief schweigend weiter. „Und ihr?“, löcherte der Elf.

„Mann nennt mich Alynn.“

„Und woher stammt Ihr? Sicher nicht von hier.“

„Jenseits von Elderan und dem Dschungel liegt wildes weites Land.“

„Dort herrschen die Amazonenstämme“, sagte der Elf.

„Meine Mutter war Amazone, bis sie sich mit meinem Vater einließ und Piratin wurde. Irgendwann warf sie mich über Bord und von da an lebte ich im Ozean. Ich habe keine Heimat, keinen Stamm keinen Wohnsitz. Zufrieden?“

„Aber was genau macht Euch zu einer Nymphe?“

„Mein Vater ist ein Meermann.“

„Und was macht eine Nymphe als Söldnerin, so tief im Reich der Menschen?“

„Ich dachte, dass wäre Euer Land“, sagte Alynn gereizt.

Sie blieb stehen und fixierte den Elf mit ihrem Blick.

„Hört mal, Baldur… Ich helfe Euch jetzt mit dem Wyvern. Dann geh ich wieder meines Weges und du und deine kleine Rebellengruppe, ihr macht weiter was ihr vorher gemacht habt. Es interessiert mich nicht.“

Baldur hielt ihrem Blick stand. War da ein Hauch von Verbitterung in seinem Blick?

Alynn‘Weir wusste um das traurige Schicksal der Waldelfen. Sie hatte jedoch schon zu viel Krieg, Leid und Tod gesehen. Jahrhunderte über Jahrhunderte und es war immer das gleiche Spiel. In diesem Krieg hatten viele Völker ihre Heimat schon an die Menschen verloren. Baldur wandte sich wieder von ihr ab und ging weiter. Die Nymphe folgte ihm.

Wie er erwartet hatte machte die Amazone kurzen Prozess mit dem Wyvern. Den Kopf trennte sie als Trophäe ab. Schweigend machten sie sich auf den Weg zurück zum Rebellenlager.

Er hatte eine Chance gewittert. Für wahr, ihre Lage war verzweifelt. Die Frau des Kanzlers zu verführen war eine Tat der Verzweiflung gewesen. Die Heimat seiner Vorfahren zu verlassen nach all den Jahren des Wiederstandes erschien ihm wie Verrat. In den letzten Jahren wurden sie immer weniger und ihre Lage aussichtsloser.

Selbst der Fremden war es nicht entgangen. Zurück im Dorf gab man ihr hundert Goldmünzen und die Frau. Die Frau zeterte und jammerte und flehte ihn an. Aber er zeigte ihr die kalte Schulter. Schließlich begann sie zu weinen und ihn zu verfluchen. Dann folgte sie der Nymphe ohne weiteren Widerstand. Alynn schien das Spektakel nicht im Geringsten zu interessieren.

Alynn, zurück an ihrem Tisch in der Taverne trank Met und versuchte über andere Dinge nachzudenken. Oder besser: Gar nicht mehr zu denken. Wo würde sie als nächstes hinreisen? Richtung Norden? Tiefer ins Reich der Menschen…

Jemand schob den Stuhl ihr gegenüber zurück und setzte sich. Interessiert sah Alynn zu wie die Person die Kapuze vom Kopf zog. Ein Grinsen machte sich auf ihrem Gesicht breit und entblößte zwei Reihen scharfer Zähne.

Der löwenmähnige Mann lächelte sie durch seine großen goldenen Augen freundlich an. „Du hast dir Zeit gelassen!“, sagte sie und stellte ihren Krug auf den Tisch ab. „Nicht alle können durch das Wasser reisen wie du, Alynn‘Weir.“ Alynn schnaubte. „Ich warte hier schon seit einer Woche. Viel zu lang.“

Sie wurde schon in örtliche Konflikte mit reingezogen. „Es gab… Komplikationen.“

Er sah ernst drein. Na toll. Noch mehr Ärger! „Was ist passiert?“, fragte Alynn‘Weir, obwohl sie es eigentlich nicht wissen wollte.

Ihr gegenüber zog aus seiner weiten Robe ein in Lumpen eingeschlagenes Paket.

„Hier ist, das was du haben wolltest.“

„Danke!“, sagte Alynn und nahm es an sich. Somit gab es keinen Grund mehr länger in dieser Stadt zu bleiben.

„Alter Freund, ein Met bevor wir wieder getrennte Wege gehen?“, fragte sie beschwingt. Der löwenmähnige Mann schüttelte den Kopf. „Alynnweir, ich brauche deine Hilfe.“

Das hatte Alynn befürchtet. Tali’Weir war einer ihrer ältesten Freunde. Wie sie war er ein Halbgott. Seine goldenen Augen verritten ihn. Sein Vater war der Gott der Sonne, der oberste aller Götter. Alynn und Tali, dienten dem Rat der Götter. Immer wieder schickten die Götter sie ihre Schmutzarbeit zu verrichten.

Tali war ein guter Mann. Er war geschickt mit Worten. Mit seiner listigen Zunge hatte er schon so manch Königreich dem Untergang geweiht, anderen zu Ruhm verholfen, und er hatte Alynn dieses verdammte Buch besorgt, das die Lösung für Alynns Problem in sich tragen sollte.

„Gut, hau es raus. Bei Mare, ich brauche gleich noch ein Met.“ Sie winkte dem Schankmädchen „Hey, noch ein Met und eins für den Löwen!“

Tali’Weirs Miene entspannte sich etwas. Er grinste.

„Ich wusste du würdest mich nicht hängenlassen.“

Alynn versuchte nicht darüber nachzudenken. Tali’Weir begann zu erzählen. Vom Krieg, von Allianzen, Verschwörungen, Gerüchten und dunklen Geheimnissen. Schließlich verengten sich seine Ausführungen auf Elderan und den Hof der Elfenkönige. Je mehr er über Elfenpolitik redete, desto unwohler wurde Alynn.

„Komm endlich zum Punkt“, unterbrach sie ihn, als sie es nicht mehr aushielt.

„Er hat eine Belohnung versprochen, für denjenigen, der ihm eine blauhaarige Meerjungfrau bringt. Er hat Umas Tochter in seine Gewalt gebracht.“

Alynn knallte den leeren Krug auf den Tisch. „Was willst du jetzt von mir?“

Tali’Weir seufzte. „Uma ist wie du weißt eine mächtige Meerhexe. Wenn sie herausfindet, dass der Hochkönig ihre Tochter hat, wird sie Elderan den Krieg erklären.“

Und wieder schweifte er ab, versuchte ihr die Auswirkungen begreifbar zu machen und ihr ein schlechtes Gewissen einzureden. Alynn hasste Politik. Sollten sie sich doch alle gegenseitig umbringen. All das hatte mit Alynn nichts zu tun. „Ich möchte, dass du sie da rausholst und so schnell wie möglich zu ihrer Mutter zurückbringst. Uma kennt dich.“

Alynn starrte ihn mit zusammengekniffenen Augen an. „DU verlangst von mir, dass ich nach Elderan gehe, in den Palast einbreche, um eine dumme selbstverliebte Meerjungfrau zu retten?“

„Ich weiß es ist dir unangenehm, aber niemand sonst könnte sie da rausholen ohne, dass es jemand bemerkt.“

Sie schuldete ihm etwas. So viel stand fest. Und sie fühlte sich ein wenig schuldig, weil das Mädchen wegen ihr festgehalten wurde.

Sie trank den Krug, den sie für Tali’Weir mitbestellt hatte, gleich auch noch aus.

„Einmal nach Elderan und zurück. Alles nur für dich Tali’Weir alter Freund.“

mit den Worten stand sie auf. Erleichtert folgte ihr der löwenmähnige Tali’Weir.

Im Gehen zog er sich die Kapuze wieder tief ins Gesicht. Die beiden verließen die Taverne und liefen die Straße hinab. Die Händler waren gerade dabei ihre Geschäfte zu schließen. Sie mussten sich beeilen. Die Stadttore würden bald geschlossen.

Plötzlich ertönte ein Jagdhorn. Die Menschen flohen zu allen Seiten. Heran preschten rot gewandete Reiter. Alynns Miene verfinsterte sich.

Allen voran ritt der Kanzler des roten Ordens. Der Herr von Rem.

Sie warteten schweigend am Straßenrand bis die Reiter vorbeigezogen waren.

„Es gibt einen Tümpel im Wald“, sagte Alynn beifällig. „Durch den können wir reisen.“

Sie spürte Talis Blick im Rücken. Er schwieg jedoch und folgte ihr bis zu der Stelle im Wald, wo das Blut des Wyvern den Boden tränkte.

„Ich nehme an, du hast diese Kreatur getötet?“, sagte er.

„Ja für ein paar Waldelfen, die hier leben.“

Von Ferne hörte man Schreie und das Klirren von Schwertern. Über die Wipfel der Bäume flog schwarzer Rauch. Alynn beschwor ihre Magie und löste ihren Zopf. Die Haare färbten sich blau und flossen wie Wasser über ihre Schulter. Sie zog sich die Stiefel aus und stieg ins Wasser.

Dort wo ihre Füße die Wasseroberfläche durchbrachen breitete sich ein leuchtender Schimmer aus, der bald den ganzen Tümpel einnahm.

Alynn spreizte die Finger und hielt sie auf die Wasseroberfläche. Sie stüzte sich darauf auf ohne dass die Wasseroberfläche barst und hob erst den einen, dann den anderen Fuss aus dem Wasser. Inzwischen hatten ihre Haare einen hellen türkis schimmernden Ton angenommen und sie flossen über ihre Schultern und die Hüften hinab bis zu Wasser, mit dem sie eins wurden.

Tali’Weir hatte inzwischen seine Löwengestalt angenommen und als der erste der roten Reiter durch das Unterholz galoppiert kam brüllte er. Das Pferd scheute und bäumte sich auf so dass der Reiter hinabstürzte und der Löwe ihm die Brust zerkratze.

Nun sprangen die ersten fliehenden Waldelfen zwischen den Bäumen hervor.

„Ins Wasser“, brüllte der Löwe. „Schnell!“ Der Erste zögerte, die zweite sprang, ohne zu zögern hinein und war verschwunden. „Wo ist sie hin?“, stieß der Elf aus.

„In Sicherheit. Geht schnell. Der Elf stieß ein schrilles Pfeifen aus. Andere Elfen kamen durch die Bäume. Frauen und Kinder. Alte und Junge. Geduldig harrte Alynn aus. Sie spürte die Spannung des Wassers steigen, je mehr Elfen durch das Portal stiegen.

Der Löwe riss die Pferde der roten Angreifer in Stücke. Sie hörte das Hufgetrappel der Pferde immer näherkommen. Ein paar verletzte Bogenschützen wankten aus dem Wald.

Einer von ihnen trug den verwundeten Baldur. Er riss die Augen weit auf, als er Alynn auf dem Wasser stehen sah. Die Hoffnung gab ihm neue Kraft. Er rappelte sich auf und begann den anderen Verwundeten ins Wasser zu helfen.

„TALI!“, rief Alynn alarmiert. Sie spürte wie ihre Magie schwächer wurde. Bald musste sie das Portal loslassen.

Sie sah wie die heran preschenden Reiter die fliehenden Elfen im Vorbeireiten mit den Schwertern niederstreckten und überrannten.

Tali brüllte ein letztes Mal bevor er Baldur packte und sich ins Wasser stürzte. Mit einem erleichterten Seufzer zerfloss Alynn. Mit einem Platscher wurde sie eins mit dem Wasser. Tali’Weir, wieder ein Mensch, half den letzten Elfen an Land zu klettern. Japsend und weinend suchten die Waldelfen beieinander Trost oder versuchten den Verwundeten zu helfen.

Alynnweir tauchte an die Oberfläche und schwamm langsam ans Ufer, wo sie sich erschöpft ins Moos fallen ließ. So lange hatte sie noch nie ein Portal offengehalten.

Die Magie pulsierte in schwachen blauen Wellen durch ihr Haar, das ansonsten weiß wie Schnee geworden war. Ihre Lederkleidung klebte an ihrem Körper und begann zu jucken. Tali’Weir kam schließlich zu ihr und beugte sich besorgt über sie. Sie richtete sich stöhnend auf und drehte den Kopf, um die angespannten Muskeln zu lockern. Tali’Weir umarmte sie. „Das war großartig. Du bist immer noch eine Heldin.“

Alynn verdrehte die Augen und schob den Löwenmann von sich. „Behalte, dass lieber für dich Löwe. Sonst kann ich dich bald nicht mehr leiden.“

Aus den Augenwinkeln sah sie Baldur auf sie zu humpeln. Er musste sich am Bein verletzt haben. Eine rothaarige Elfe stützte ihn.

„Alynn, wo sind wir? Wo habt Ihr uns hingebracht?“

Einige Waldelfen waren ihm gefolgt und scharrten sich nun um sie. Alynn sah in knapp drei Dutzend Gesichter. Die paar Waldelfen, die überlebt hatten.

Der Schock saß noch tief. Sie hatten noch nicht realisiert, was mit ihrem Volk passiert war. Sie bewegten sich wie im Traum.

Einem Albtraum. Alynn spürte den Kloß im Hals.

Aber sie hatte keine Zeit für Mitleid. „Ihr seid am Fluss Gameoth. Auf der elderanischen Seite. In Sicherheit.“ Ein Raunen ging durch die Menge.

„Elderan?“ Baldur sah verzweifelt aus. Das ganze Ausmaß ihrer Lage wurde ihm jetzt wohl bewusst.Alynn sah weg.

„Keine Sorge Alynn. Ich werde mich um sie kümmern“, sagte Tali’Weir und legte ihr eine Hand auf die Schulter.

„Danke, dass du sie gerettet hast.“ Er lächelte warmherzig. Oh, Tali’Weir! Die ganze Wucht des schlechten Gewissens traf sie. Sie hatte gewusst, dass wenn sie die Frau zum Kanzler zurückbrachte, der die Elfen jagen würde. Und sie hatte nichts unternommen. Sie betrank sich nur um die Schuldgefühle zu vergessen. Dumme naive Alynnweir!

„Ich hole deine Meerjungfrau da jetzt raus. Aber das ist das letzte Mal, dass ich mich von dir überreden lasse nach Elderan zu kommen. Das verdammt letzte Mal!“

Tali’Weir ging nicht darauf ein, sondern drückte Alynn noch einmal an sich.

„Vielen Dank Alynnweir. Dein Vater wäre sicher stolz auf dich.“

„Ja, Ja. Wir sehen uns.“ Alynn wandte sich um und sprang zurück ins Wasser. Da rief Baldur nach ihr. Sie wandte sich im Wasser um. „Ihr könnt doch nicht…“, rief er. „Haltet Euch an den Löwen. Er wird euch helfen. Vertraut ihm!“ Mit diesen Worten tauchte sie unter. Der riesige stämmige Mann in der weißen Robe neigte grüßend den Kopf als er sich an Baldur wandte.

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