Kitabı oku: «Gift. Eine Ehegeschichte»

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ISBN 978-3-8442-6452-4

Teil 1

Die Halle eines Friedhofs: ein leerer, weißer Raum, in dem einige Stühle stehen. Ein Wasser- , ein Kaffee- und ein Teeautomat. ER sitzt auf einem Stuhl an der Wand. In seiner Hand einen Becher Wasser. SIE kommt herein, ziemlich durchnässt und ein wenig chaotisch.

SIE Du bist früh Ich hab dein Auto gesehen und dachte: er ist früh

ER Es ging schneller als ich dachte

SIE So ein Sauwetter

ER Ja

SIE Ist bei euch auch so ein Sauwetter

ER Bei uns?

SIE In der Normandie meine ich

ER Ah ja, ja meine ich, ja

Sie schauen sich an.

ER Du hast dich nicht verändert

SIE Na, dann komm mir besser nicht näher

Er nimmt einen Brief aus seiner Tasche und hält ihn hoch.

ER Ich habe ihn vorgestern erst bekommen

SIE Ich wusste nicht, ob er rechtzeitig ankommen würde

ER Ich wollte dich anrufen und dir sagen, dass ich komme Aber ähm … Bin nicht so ’n guter Anrufer

SIE Ja, ja, das hab ich gemerkt

ER Aber ich bin da

SIE Ja, du bist da Bist du schon lange hier?

ER Zwanzig Minuten Halbe Stunde, höchstens

SIE Bist du schon an seinem Grab gewesen

ER Es sieht gut aus

SIE Ich tue was ich kann

ER Es ist still hier

SIE Das haben Friedhöfe so an sich

ER Wenig Leute, meine ich

SIE Anscheinend ist diese Woche niemand gestorben

ER Wie bitte?

SIE Weil es so still ist

ER Ah so ja Na ja, hier wird wohl keiner mehr begraben werden, oder In Anbetracht der ganzen Situation

SIE Nein Nein, wahrscheinlich nicht, nein

ER Sind wir die Einzigen bei diesem Treffen?

SIE Sie wollten jeden persönlich sprechen

ER Ah Willst du dich nicht setzen?

SIE Gleich Ich habe noch Zwiebeln im Auto Tulpenzwiebeln Die wollte ich eigentlich pflanzen

ER Jetzt?

SIE Na ja oder nachher Wenn es trockener ist

ER ausdrückliche Plattitüde Tja Da wären wir also

SIE Ja, da wären wir also

ER Ich weiß nicht so richtig, was ich sagen soll

SIE Ich auch nicht

ER Du siehst gut aus

SIE Findest du?

ER Ja, das finde ich

SIE Das ist nett, dass du das sagst Auch wenn du es wahrscheinlich nicht meinst

ER Ich meine es aber

SIE Dann ist es um so netter …. Du auch

ER Was?

SIE Du siehst auch gut aus

ER Danke

SIE Das französische Landleben tut dir gut, wie man sieht

ER Ja ja, wahrscheinlich schon Sollen wir uns setzen?

SIE Gut

Sie setzen sich. Sie zuerst. Er ist ein wenig unbeholfen, weiß nicht, welchen Platz er wählen soll. Will sich erst neben sie setzen, überlegt es sich jedoch. Lässt ein paar Stühle zwischen ihnen frei.

ER Hier hat sich nichts verändert

SIE Nein

ER Nur die riesige Hecke draußen ist verschwunden, habe ich gesehen

SIE Zuviel Pflege Genau wie die Rosensträucher in der Mitte Die muss jemand pflegen und das kostet zu viel

ER Ich dachte, dass es vielleicht an den Giftstoffen liegt

SIE Nein nein, das hat nichts mit den Giftstoffen zu tun

ER Idiotisch, was

SIE Furchtbar finde ich es

ER Und dass sie jetzt erst dahinter kommen

SIE Sie sagen, dass sie zweihundert Gräber verlegen müssen

ER Zweihundert!

SIE Stand in der Zeitung

ER Es ist also wirklich so schlimm, wie es im Brief steht?

SIE Wahrscheinlich schon

ER Ich hatte gedacht, dass es nicht so schlimm sein würde Ich meine, sie schreiben doch auch, dass es keine Gefährdung für die öffentliche Gesundheit darstellt

SIE Es ist im Grundwasser Das steht doch auch drin?

ER Ja, na ja, wir werden es ja gleich hören ..... Willst du was trinken? Kaffee, Tee? Wasser?

SIE Nein danke

Er steht auf und geht zum Kaffeeautomaten.

ER Olala

SIE Was?

ER Sie haben sogar Espresso, doppelten Espresso, Cappuccino, Café Latte

SIE Ja, das ist neu

Er entscheidet sich für eine Kaffeesorte. Trinkt.

ER Gar nicht so schlecht Kommen sie uns holen, was meinst du?

SIE Keine Ahnung

lange Stille

SIE Ich finde es schwierig, das hier

ER Lass uns erst mal schauen, was die Möglichkeiten sind

SIE Nein, ich meine, dass wir hier jetzt so zusammen sitzen und warten Sitzen müssen …. und warten Und dass ich dich schon seit Jahren nicht gesehen habe Und dass ich überhaupt nicht weiß, wie es dir geht Und dass du überhaupt nicht weißt, wie es mir geht Und dass ich nicht weiß, was ich sagen soll ….. Und dass ich mal ganz dringend pinkeln muss

ER lacht Dann musst du vielleicht mal aufs Klo gehen

SIE Ja, tut mir Leid

Sie geht. Er bleibt zurück, hört, dass irgendwo eine Tür geöffnet wird.

ER Hallo? Ist da jemand?

Er schaut in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen ist. Klopft an eine Tür.

ER Ist da jemand?

Er versucht, eine Tür zu öffnen, aber die ist abgeschlossen. Er setzt sich wieder. Sein Handy klingelt.

ER Oui Oui c’était moi Non, je suis arrivée …. Non non ça va …. Non, elle n’est pas ici maintenant … Au toilette Oui, au toilette ….. J’ai aucune idée Je te rappelle plus tard, bien? …. Merci Moi aussi Oui A plus tard

Er stellt das Handy aus und steckt es weg. Sie kommt wieder herein.

SIE Jetzt geht´s mir besser

Er lächelt. Sie setzt sich. Kurze Stille.

SIE Du findest also, dass ich mich nicht verändert habe?

ER Nicht wirklich

SIE Überhaupt nicht?

ER Du bist älter geworden

SIE Ja logisch

ER Ich meine im übertragenen Sinne älter Reifer Weise Weiser

SIE Weiser?

ER Ja

SIE lacht Wenn das nur wahr wäre

ER Ich bin froh, dass ich dich sehe Ich dachte unterwegs immerzu: Wie wird sie wohl aussehen? Wie wird sie wohl jetzt aussehen? Und ich musste die ganze Zeit an das allererste Mal denken Dass ich dich gesehen habe

SIE Das ist zwanzig Jahre her

ER Es ging mir nicht aus dem Kopf ….. Ich hoffe, dass du auch froh bist, mich zu sehen

Er rutscht näher zu ihr.

SIE Nein, nicht anfassen

ER Entschuldige

SIE Weißt du, was ich merkwürdig finde? Dass Dinge erst geschehen, wenn sie dir egal sind Wenn du sie eigentlich nicht mehr brauchst

ER Redest du von mir?

SIE Auch

ER Es ist dir also egal, dass ich da bin

SIE Das sage ich nicht

ER Doch, das sagst du

SIE Aber das meine ich nicht

ER Du brauchst mich nicht mehr

SIE Nein Das ist doch positiv? Wenn man etwas nicht mehr braucht Wenn man ohne kann? Nicht abhängig ist? Ich meine das positiv

ER Aber bist du froh, dass ich da bin, oder nicht?

SIE Ich bin sehr froh, dass du da bist Dass wir jetzt hier sind Zusammen Angespült Sozusagen

ER Fühlst du dich angespült?

SIE Na ja, nein In gewisser Weise … schon ja

ER Wie, in gewisser Weise schon?

SIE So halt Na ja Vergiss, dass ich es gesagt habe Es ist eher eine Metapher

Sie steht auf.

ER Was tust du

SIE Ich geh mal gucken, ob ich jemanden finden kann Ich meine Es ist schon fast viertel nach zwei

ER Ich habe grade eine Tür gehört

SIE Wo?

ER Irgendwo dahinten

Sie geht zu der Tür, auf die er zeigt.

ER Die ist zu

Sie versucht die Tür zu öffnen, die abgeschlossen ist, klopft.

SIE Hallo? Ist da jemand? Herr Alewijnse?

ER Du bist dir sicher, dass es hier war?

SIE Das steht doch deutlich in dem Brief

Er nimmt den Brief und schaut nach.

ER Zuiderplantsoen 24-28

SIE Das ist hier

lange Stille

SIE 31. Dezember 1999 Das ist ganz schön lange her, was?

ER Ja

SIE 31. Dezember 1999

ER Ja ich weiß

SIE Um zehn nach sieben

ER Du weißt noch, wie spät es war?

SIE Die Tür ging zu Ich schaute auf die Uhr Zehn Minuten nach sieben Ich kann´s nicht ändern Ich hab´s einfach nie vergessen

ER Es tut mir Leid

SIE Was hast du an dem Abend eigentlich gemacht?

ER Ich bin nach Plombières gefahren

SIE Das Ferienhaus deiner Mutter?

ER Ja Kurz vor zwölf habe ich auf einem Parkplatz in der Nähe von Nancy gehalten Ich stand da Als Einziger Und ich sah, wie der Himmel über Nancy aufleuchtete Da war nur Licht Kein Geräusch Das fand ich noch so merkwürdig Dass ich nichts hörte Vor mir ging Nancy geräuschlos in ein neues Millennium Ich fühlte mich Na ja, alles Mögliche eigentlich Ich wollte dich anrufen, aber dachte dann: „Du Sack, du gehst nicht an einem Tag wie diesem weg, um sie dann um Mitternacht anzurufen.“ Also habe ich nicht angerufen

SIE Das weiß ich

ER Es ist eigentlich verrückt Na ja verrückt Mir fällt auf Immer mehr Wie oft du etwas tust, was du eigentlich nicht willst

SIE Redest du von dem Abend?

ER Nein ja, na ja Ich meine im Allgemeinen Für mich Dass es verrückt ist Wie oft ich etwas tue, was ich eigentlich nicht will Und nicht tue, was ich eigentlich wirklich will Auch an dem Abend ja glaube ich

SIE Du brauchst dich nicht zu entschuldigen

ER Das tue ich nicht Es ist mehr eine Einsicht, die erst viel später entstanden ist Wahrscheinlich kommen wir letztendlich alle an denselben Punkt

SIE Ist das so?

ER Zur selben Schlussfolgerung, meine ich

SIE Und was soll die Schlussfolgerung sein? In deinen Augen?

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