Kitabı oku: «Pucki», sayfa 24

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8. Kapitel: Schlimme Taten

Während der großen Ferien, in denen Rose Scheele im Forsthaus Birkenhain weilte, lud Frau Sandler öfters einige Schulkameradinnen Hedis ein. Selbstverständlich sprach man noch lange von dem wunderschönen Sportfest.

»Wir wollen auch noch einmal den Volkstanz tanzen«, sagte Meta Zirl, »ich habe am allerschönsten getanzt.«

»Sie haben alle schön getanzt«, meinte Pucki. »Du willst immer alles am besten machen, Meta.«

»Fräulein Caspari sagte einmal beim Einüben, ich machte es sehr schön. Ich habe auch nicht so dünne Beine wie die Thusnelda.«

»Die Thusnelda ist mir viel lieber als du.«

»Pah, die Thusnelda!« sagte Meta ein wenig wegwerfend. »Die trägt immer so alte Kleider. Außerdem hat sie geflickte Schuhe. Sieh mal, ich habe schon wieder neue Schuhe.«

»Die Thusnelda ist mir viel lieber als du. Sie hat eben keinen Vater, der ihr alles das kaufen kann. Wenn dein Vater mal tot ist, habt ihr auch das große Kaufhaus in Rahnsburg nicht mehr, dann seid ihr plötzlich auch ganz arm, und du bekommst keine neuen Schuhe mehr.«

»Ich spiele aber nicht gern mit Mädchen, die so schlechte Kleider anhaben.«

»Und ich spiele nicht gern mit solchen Mädchen, wie du bist. Mutti hat gesagt, wer sich auf sein schönes Kleid was einbildet und wer auf Kinder herabsieht, die nicht so schön angezogen sind, der ist ein dummer oder ein schlechter Mensch. – So, Meta, das kannst du dir merken.«

»Sei doch froh, dass du noch einen Vater hast, der dir alles kaufen kann«, sagte Rose Scheele. »Da wirst du wohl mit mir auch nicht gern spielen, denn wir sind auch arm.«

»Doch, mit dir spiele ich gern.«

»Na warte«, rief Pucki erregt, »eines Tages musst du auch oben hinauf in die blauen Wolken. Dann holt dich das Männchen mit den beiden Hörnern und klebt dich als Stern an den Himmel.«

»Was ist das für ein Männchen?« fragte Meta.

»Du kannst den Wagen am Abend am Himmel ganz deutlich sehen, mit dem das hochmütige Mädchen fahren sollte. Hast du noch nie den Wagen am Himmel gesehen? Eine Deichsel hat er auch.«

»Ich habe ihn schon gesehen«, rief Rose Scheele. »Wenn abends die Sterne scheinen, sieht man den Wagen ganz deutlich oben am Himmel. Er hat eine lange Deichsel, und unsere Lehrerin sagte: der Polarstern steht immer in der Nähe des Wagens.«

»Ich habe noch keinen Wagen am Himmel gesehen«, sagte Meta.

»Ja«, sagte Pucki, »du guckst nur auf dein schönes Kleid und nicht nach den Blümchen und den lieben Sternlein. Eines Tages wirst du auch ein Stern.«

»Warum denn?«

»Weil du so hochmütig bist wie die schöne Prinzessin, die ein so hübsches Gesicht hatte, dass sie sich einbildete, ganz was Besonderes zu sein.«

»Ich habe auch ein hübsches Gesicht«, sagte Meta.

»Darum wirst du auch bald an den Himmel geklebt werden! Also, die Prinzessin wollte nur den zum Manne haben, der den schönsten Hochzeitswagen hätte. Er sollte furchtbar glitzern. Eines Tages kam ein König, der hatte einen goldenen, herrlich schönen Hochzeitswagen. Da sollte die Prinzessin einsteigen. Aber sie sagte: ›Nein, er glitzert noch nicht genug. Er muss so blinkern wie die Sterne am Himmel.‹ Da reiste der König durch die ganze Welt, um so blitzende Steine zu finden wie die Sterne. Schließlich traf er ein kleines Männchen, das hatte zwei Hörner auf dem Kopf. ›Ich will dir helfen‹, sagte das Männchen, ›ich fliege zum Himmel und hole dir die schönsten Sterne herab. Dafür verlange ich deine und der Prinzessin Seele.‹ Der König sagte: ›Ja, die kannst du haben.‹

Um Mitternacht brachte ihm das Männchen vier richtige Sterne, die wurden an den vier Wagenecken angenagelt. Aber der König war damit noch nicht zufrieden und verlangte von dem kleinen Männchen, es möge ihm noch drei Sterne bringen, die er an der Wagendeichsel befestigen wollte. Das geschah. Und nun wurden die Sterne angeschraubt, einer vorn, einer in der Mitte und der dritte hinten in der Nähe des Wagens. Jetzt glaubte der König, dass der hochmütigen Prinzessin diese schöne Brautkutsche gefallen würde. Er fuhr mit dem goldenen Wagen und den blitzenden Sternen vor und sagte: ›Nun steig ein, nun heirate ich dich!‹ Aber die garstige Prinzessin zog die Nase kraus und antwortete: ›Wohl sind die sieben Diamanten genau so hell und strahlend wie die Sterne am Himmelszelt Aber heller als diese Diamanten leuchtet die Sonne. Bringe mir einen Diamanten, der so glitzert wie die Sonne, dann will ich dir angehören!‹

Sehr traurig ging der König wieder zu dem kleinen Männchen und klagte ihm sein Leid. Da lachte der und verzerrte dabei grimmig sein Gesicht. ›Den Diamanten‹, sagte er, ›soll die Prinzessin haben, aber sie muss ihn sich selber holen. Ich werde euer Kutscher sein, ihr steigt in den herrlichen Wagen, und ich fahre euch hin zu dem Diamanten, der so hell strahlt wie die Sonne.‹

Die Prinzessin war damit einverstanden, denn sie wollte durchaus den Diamanten haben. Kurz vor Mitternacht fuhr der Hochzeitswagen vor, an dem die sieben Sterne hell leuchteten. Das kleine Männchen saß auf dem Kutschbock. Aber kaum war die Prinzessin in den Wagen gestiegen, da hob sich der Wagen mit ihr in die Luft. Immer höher und höher ging der Flug. Da krachte ein fürchterlicher Donner, und eine Stimme rief aus den Wolken: ›Nun ist es genug mit dem Hochmut. Glaubt ihr dummen Menschen, ihr könntet mir die Sterne vom Himmelszelt stehlen?‹

Darauf entstand ein furchtbares Blasen und Sausen. Der Wagen stürzte um, der Kutscher stieß ein kicherndes Lachen aus, mit der einen Hand packte er den König, mit der anderen die Prinzessin und zog sie hinab in die Hölle. Der Wagen aber stieg immer höher und höher bis in die Wolken. Dort steht er noch heute. Von dem Gold und Silber, mit dem er geschmückt ist, kann man durch die dicken Wolken nichts sehen, aber die sieben Sterne leuchten durch die Wolken hindurch.«

Die Kinder hatten der Erzählung Puckis aufmerksam zugehört.

»Ich habe aber noch keinen Wagen gesehen«, sagte Meta kleinlaut.

»O doch«, rief Rose, »du musst nur aufpassen! An jedem Abend, wenn die Sterne scheinen, kannst du ihn finden. Einmal hat ihn uns die Lehrerin gezeigt.«

»Hat er auch Räder?«

»Freilich«, meinte Pucki, »es gibt doch keinen Wagen ohne Räder. Die sind aber nur von Gold und Silber, und das blitzt nicht durch die Wolken durch.«

»Dann will ich heute abend den Wagen suchen«, sagte Meta.

»Ich auch«, riefen einige andere Mädchen.

»Es wird schon nicht wahr sein«, meinte Meta. »Du erzählst immer so dummes Zeug, Pucki.«

»Dir erzähle ich überhaupt nichts mehr!«

»Ich fürchte mich«, flüsterte Paula Weinert. »Vielleicht kommt mal an einem Abend solch ein Männchen mit einem Horn zu mir.«

Das Försterskind lachte. »Ach, ich fürchte mich überhaupt nicht. Ich gehe mitten in der Nacht in den Zauberwald zu Pucki und Mucki und zu der Waldfrau. Dann kommen rasch die kleinen Heinzelmännchen und gehen neben mir her. Dann erzählen wir uns was und setzen uns auf einen Baumstamm.«

»In der Nacht?« fragte Paula.

»Ja, wenn es so finster ist, dass man gar nichts mehr sieht.«

»Aber Pucki«, mahnte Rose sanft, »du bist doch noch nie nachts in den Wald gegangen, das würden deine Eltern nicht erlauben. Das darf man auch nicht tun.«

»Aber ich würde schon in den Wald gehen, weil ich mich gar nicht fürchte. Der Onkel Oberförster hat auch gesagt, ich bin ein mutiges Mädchen, mich kann man nicht anführen.«

»Du hast immer einen so großen Mund, Pucki«, sagte Meta ärgerlich.

»Der Onkel Oberförster muss es wissen.«

»Eines Tages ist mal ein Gespenst im Walde –«

»Hahaha«, lachte Pucki, »der Vati sagt, Gespenster gibt es nicht, das sind nur Märchen. Wenn mal ein Gespenstankommt, dann gehe ich drauf los und sage: Das ist alles Schwindel.«

Vom Garten her erscholl ein lautes Lachen. Pucki sah auf und bemerkte ihren Freund, den Oberförster Gregor. Der schien schon längere Zeit dort zu stehen und den Worten der Kinder zuzuhören. Pucki lief sogleich zu ihm hin.

»Nicht wahr, Onkel Oberförster, ich bin doch ein mutiges Mädchen?«

»Geh mal ins Zimmer, Pucki, und stecke sogleich eine schwarze Bohne ins Himmelskästchen. Sieh dir auch die Blume genau an, die auf dem Deckel aufgeklebt ist. Du weißt schon, welche ich meine.«

Pucki senkte den Kopf. Sie wusste genau, dass der Oberförster sie an das Löwenmaul erinnern wollte.

»Du hast doch gesagt«, erwiderte sie kleinlaut, »dass man mich nicht anführen kann.«

»Na, na«, sagte Herr Gregor verschmitzt, »wir wollen mal abwarten.«

Später verabschiedete sich der freundliche Herr von den Kindern. Noch am selben Tage gab es in der Oberförsterei ein fröhliches Lachen.

»Es schadet ihr gar nichts«, sagte Herr Gregor, »wenn wir sie mal ein wenig anführen, sonst wird der kleine Mund immer größer, und aus dem lieben, kleinen Ding wird ein garstiges Mädchen, das keiner mehr leiden mag.«

Schon zwei Tage später wurden Pucki und Rose nach der Oberförsterei eingeladen. Die gesamte Familie war im Garten, als die beiden Mädchen ankamen.

»Nun können wir gleich mit dem Kaffeetrinken und dem Waffelessen beginnen«, sagte der Oberförster. »Komm, Pucki, wir holen nur noch Tante Pimpinella herüber. Sie soll auch mitessen.«

Pucki lachte herzlich. »Tante Pimpinella, ach, das ist drollig! Was ist denn das für eine Tante?«

»Eine alte, liebe Dame, die am Stock geht. Du musst sehr nett zu ihr sein, musst sie auch ganz laut begrüßen, sie hört sehr schwer.«

»So schwer wie der Holzhacker?«

»Beinahe so schwer. Nun sei recht artig und zeige, dass du ein liebes Mädchen bist.«

»Ja, Onkel Oberförster, das will ich sein.«

An der Hand des Oberförsters betrat Pucki das Zimmer, in dem eine dicke Dame auf der Bank am Ofen saß. Sie hatte ein großes Tuch um die Schultern geschlagen und auf dem Kopf ein Spitzenhäubchen. In den Händen hielt sie einen Stock. Das Gesicht der alten Dame war freilich recht merkwürdig. Pucki stellte fest, dass Tante Pimpinella scheußlich aussah. Da sie aber dem Onkel Oberförster versprochen hatte, recht artig zu sein, trat sie vor die alte Dame hin, machte einen tiefen Knicks und sagte laut und deutlich:

»Guten Tag, du liebe Tante!«

Es erfolgte keine Antwort.

»Guten Tag!« rief Pucki lauter. »Wir wollen jetzt Waffeln essen und kommen, um dich zu holen.«

Die alte Dame rührte sich nicht.

»Vielleicht hilfst du ihr ein bisschen beim Aufstehen, Pucki, ich fasse auch mit an.«

»Sie ist doch so groß und dick«, flüsterte Pucki dem Onkel Oberförster zu, »sie wird mir zu schwer sein.«

»Nimm sie nur vorsichtig am Arm.«

»Willst du nicht ein bisschen aufstehen, liebe Tante? Komm, ich helfe dir!«

Dann fasste Pucki nach dem Arm, der unter dem Tuch hervorschaute, und zog daran. Aus dem Ärmel fiel einekünstliche Hand, die geschickt aus Pappe nachgebildet war. Pucki schrie auf. Da brach der Oberförster in lautes Lachen aus.

»Ein unnützes Mädchen hat einmal behauptet, es ließe sich nicht anführen.«

»Onkel, was ist das?«

Der Oberförster nahm die Maske von der Tante weg. Ein Sofakissen war dahinter.

»Hier hast du die Tante Pimpinella. Wir wollten dir nur einmal beweisen, du kleines, vorlautes Mädchen, was du für einen großen Mund hast. Nun bist du gründlich 'reingefallen. – Hast du denn nicht gesehen, dass das nur eine ausgestopfte Figur ist?«

Pucki senkte das Köpfchen: sie fühlte sich tief beschämt. Es war nur gut, dass keine ihrer Freundinnen zugegen war, sonst hätten sie sie furchtbar ausgelacht.

»Weiß der große Claus von der Tante Pimpinella?« klang es leise.

»Ja, der große Claus hat die Tante mit angezogen.«

Puckis Gesicht wurde dunkelrot. Am liebsten wäre sie sogleich heimgelaufen und hätte sich vor allen Menschen versteckt. Aber der Oberförster nahm sie in seine Arme und sagte warm und herzlich:

»Denke nur immer an den kleinen Scherz, mein liebes Mädchen, wenn du wieder mal einen gar so großen Mund hast. Es wird dir eine heilsame Lehre sein. Wir meinen es doch gut mit dir. – So, nun komm, der Kaffee wird längst fertig sein, die Waffeln erwarten dich.«

Pucki war während des Kaffeetrinkens sehr still. Sie wagte kaum, den großen Claus anzusehen, obwohl er heute ganz besonders herzlich mit ihr sprach. Es war das erste Mal, dass Pucki bald nach dem Kaffeetrinken zum Heimgehen mahnte. Rose Scheele wunderte sich darüber, denn Pucki konnte sonst nicht lange genug in der Oberförsterei bleiben. Besorgt blickte sie auf die schweigsame Freundin.

»Willst du vielleicht krank werden, Pucki?«

»Nein!«

»Wir dürfen aber doch noch ein bisschen bleiben.«

»Ich möchte heim.«

Man ließ Pucki ruhig gewähren. Keiner hielt sie zurück, denn alle wussten, dass diese kleine Lehre, die das Kind soeben bekommen hatte, ihren Eindruck nicht verfehlte.

»Ich begleite euch ein Stückchen«, sagte der große Claus beim Abschiednehmen.

»Wir finden allein den Weg«, flüsterte Pucki kleinlaut.

»Nein, Pucki, ich bringe euch noch ein Stückchen.«

Das Kind sprach auf dem Heimweg nur wenig. Nur als endlich das Forsthaus in Sicht kam, hob es die Augen und sah Claus an.

»Es sind schon so viele schwarze Bohnen im Himmelskästchen«, sagte sie stockend, »ich werde heute noch eine dazulegen. – Ach, es ist sehr schlimm.«

»Nein, Pucki, heute brauchst du keine schwarze Bohne dazuzulegen.«

»Ich bin sehr traurig, großer Claus.«

Am Abend wollte Rose durchaus wissen, was der Freundin fehlte, zumal Pucki ganz plötzlich bitterlich zu weinen begann. Als Rose teilnahmsvoll noch weiter in sie drang, trocknete Pucki die Tränen ab, machte ein finsteres Gesicht und sagte:

»Den Onkel Oberförster werde ich auch mal ärgern.«

»Pfui, Pucki, du wirst doch den guten Onkel nicht ärgern.«

Das Kind schwieg, legte sich ins Bett und schlief bald ein. Doch im Traum erschien ihr noch einmal Tante Pimpinella und drohte ihr mit dem Stock. –

Die Ferien neigten sich dem Ende zu. Auch Rose Scheele musste ans Abschiednehmen denken. Diesmal würde es nicht so schwer sein wie die beiden ersten Male, denn Rose wusste, dass sie im nächsten Jahre wiederkommen durfte.

»Das ganze Jahr über werde ich mich darauf freuen, dass ich im nächsten Juli wiederkommen darf. Ich denke immerfort an euch und an den lieben Wald. – Wollen wir nicht noch einmal zum Schmanzbauern gehen? Wir werden ihm Blümchen pflücken und mitbringen, denn ich möchte auch diesen guten Leuten Lebewohl sagen.«

Pucki stimmte begeistert zu. Sie ging gar zu gern hinüber zur Schmanz, in das hübsche Bauernhaus zu den alten Leuten, die für Pucki und Rose immer eine besondere Leckerei hatten. Die getrockneten Birnen schmeckten daheim lange nicht so gut wie beim Schmanzbauern, und Pucki bekam immer ein ganzes Säckchen davon. – Oh, es war doch zu schön beim Schmanzbauern, in dessen Stube oben an der Decke ein Schiff hing, das in eine Flasche gehext worden war. Und außerdem waren noch allerlei seltsame Tiere da, die der Sohn des Schmanzbauern, der schon oft um die ganze Erde gefahren war, mit heimgebracht hatte. Das alles erregte immer wieder die Aufmerksamkeit der Kinder.

Nun wanderten die beiden Hand in Hand durch den Wald. Förster Sandler hatte die beiden Mädchen ein großes Stück Weges begleitet.

»Recht artig und bescheiden sein, Pucki!«

Sie nickte. Unterwegs pflückten die Kinder allerlei Blumen. Dann kam das Bauernhaus in Sicht, und nun ging es im schnellen Lauf darauf zu.

Der Schmanzbauer war im Begriff, das Haus zu verlassen.

»Ich muss aufs Feld. Wenn ihr morgen gekommen wäret, hättet ihr beim Mähen zusehen können. Nun geht mal hinein ins Haus, dort findet ihr eine besondere Überraschung. Es ist Besuch da.«

»Dein großer Junge?« fragte Pucki.

»Nein, eine alte, gute Tante.«

Pucki warf einen misstrauischen Blick auf den Schmanzbauern. Von einer lieben, alten Tante hatte auch damals der Onkel Oberförster gesprochen, als er die Tante Pimpinella aus Kissen zusammengestopft hatte. Die Erinnerung an diese beschämende Stunde war in Pucki noch nicht verblasst.

Die Schmanzbäuerin war in der Küche beschäftigt, um für die Schweine einen großen Topf Kartoffeln zu kochen.

»Geht nur ins Zimmer, Kinder, dort ist eine liebe Tante, die könnt ihr begrüßen.«

Rose öffnete zögernd die Zimmertür. Auf der Bank, die den großen grünen Ofen umgab, saß eine Frau. Sie hatte ein graues Tuch um die Schultern gelegt, und in den Händen hielt sie einen Stock. Ihr Gesicht war voller Falten und Runzeln; die Augen hielt sie beim Eintreten der Kinder geschlossen.

Pucki betrachtete die Sitzende nur wenige Sekunden. »Ich hab' mir's gedacht«, sagte sie laut, »der Onkel Oberförster hat's erzählt, nun wollen sie mich hier auch anführen.« Dann lief sie auf die Frau zu und fasste sie mit der einen Hand an die große Nase.

»Bist du auch ausgestopft?« rief sie dabei.

Ein erschreckter Laut klang durch das Zimmer, und auch Rose schrie angstvoll auf. Was fiel denn Pucki plötzlich ein?

»Mädchen, Mädchen!« schrie die Alte.

Da ließ Pucki entsetzt los. Das war ein altes, verrunzeltes Gesicht. Das war keine ausgestopfte Puppe, das war wirklich ein Mensch, der auf der Ofenbank saß. Aber genau so hatte beim Onkel Oberförster die Tante Pimpinella auf der Bank gesessen. Genau so hatte sie sich auf den Stock gestützt. Nun war das kein Spaß, sondern bitterer Ernst.

»Du unartiges Mädchen, sollst du eine alte Frau an der Nase fassen?«

Die Schmanzbäuerin kam aus der Küche ins Zimmer gelaufen.

»Ja, was geht denn hier vor?« rief sie.

»Soll ein Kind eine alte Frau an der Nase ziehen?«

»Aber Mutter Minna, was hat Pucki denn getan?«

»Soll ein Kind eine alte Frau an der Nase fassen?«

Pucki begann jämmerlich zu weinen.

»Was hast du denn gemacht, Pucki?« fragte die Schmanzbäuerin.

Pucki weinte immer lauter. »Ich habe doch nicht gewusst, dass sie keinen Kopf aus Pappe hat«, klang es stoßweise.

»Was redest du schon wieder für dummes Zeug?« rief Mutter Minna. »Was soll das heißen?«

»Erzähle doch, Pucki, was hast du denn getan?« forschte die Schmanzbäuerin. Dann ging sie zum Schrank, holte ein weißes Beutelchen hervor und reichte es der Weinenden.

»Nimm, es sind Backbirnen darin.«

Pucki schüttelte noch immer schluchzend den Kopf.

»So erzähle doch endlich, Pucki.«

Da drückte das Kind den Kopf in die Schürze der Bäuerin und berichtete unter Weinen, dass es geglaubt hätte, die am Ofen sitzende Frau sei wieder eine Tante Pimpinella wie beim Oberförster.

So erfuhr auch Rose, was sich bei Gregors ereignet hatte, und aus welchem Grunde Pucki so still und schweigsam gewesen war.

»Ich bin ein böses Mädchen«, schluchzte Pucki, während noch immer die dicken Tränen über ihre Wangen liefen, »ich bin eben ein Puck. Die Waldfrau hat mich verhext. Immer, wenn ich was Schönes machen will, wird es etwas Schlimmes.«

»Nein, Pucki, du bist mein liebes Mädchen, nur ein bisschen wild bist du«, tröstete die gute Schmanzbäuerin. »Sieh nur, Mutter Minna ist ja jetzt auch nicht mehr böse, seit sie weiß, dass du sie nicht kränken wolltest.«

»Ich bin sehr ärgerlich«, sagte die alte Frau. »Ein artiges Mädchen geht auch auf eine Puppe nicht so wild los. Außerdem bist du ein ganz dummes Ding, wenn du nicht einmal unterscheiden kannst, was ein Menschengesicht und was eine Papiermaske ist. Solch ein dummes Mädchen ist mir noch nicht vorgekommen!«

Diese Worte stachen Pucki ins Herz. Sie hatte sich bis heute eingebildet, dass sie klüger sei als ihre Freundinnen. Nun sagte ihr die alte Frau, dass sie furchtbar dumm sei. Pucki musste zugeben, dass sie sich recht dumm benommen hatte.

Der Besuch beim Schmanzbauern war ihr heute gründlich verleidet. Immer wieder schielte sie zu Tante Minna hinüber, die noch immer ein bitterböses Gesicht machte. Heute schmeckten ihr die schönen Backbirnen nicht einmal. Sie lauschte auf Roses Worte, die immer so freundliche Antworten auf alle Fragen gab.

»Kommst du im nächsten Jahr wieder?« fragte die Schmanzbäuerin.

»Ja, Tante Sandler hat mich wieder eingeladen. Oh, ich freue mich so sehr!«

»Ich habe dir wieder ein Paket zusammengepackt, Rosel; das sollst du deiner Mutter und den Geschwistern mitnehmen: Butter, Wurst und Speck.«

Roses Gesicht strahlte vor Glück. Jedes Mal, wenn sie von der Reise heimkehrte, gab es daheim ein Freudenfest. So gute Sachen, die Rose heimbrachte, sah man auf dem Tisch der Scheeleschen Familie sonst nie. Dort musste sehr gespart werden.

Beim Heimkommen ins Forsthaus eilte Pucki sogleich zur Mutter. Bisher hatte sie ihre schlimmen Streiche verschwiegen, doch heute bedrückte es sie gar zu sehr. So berichtete sie, was sich beim Onkel Oberförster und was sich heute auf der Schmanz ereignet hatte.

»Ach, Mutti, ich gehe so gern zum Onkel Gregor und zum Schmanzbauern, aber jetzt werde ich mich immer furchtbar schämen müssen, wenn ich sie besuche. Heute abend lege ich schon wieder eine schwarze Bohne ins Himmelskästchen. Ich will ganz gewiss keinen großen Mund mehr haben. – Wenn der große Claus zu Weihnachten kommt, wird das Kästchen ganz voll sein.«

»Es wird noch viel Schlimmeres geschehen, mein Kind, wenn du auch weiterhin einen so großen Mund hast. Dann wird dich bald niemand mehr leiden können. Du wirst dann auch keine Freundinnen mehr haben, und die Schulkameradinnen werden sich von dir abwenden.«

»Ich möchte doch aber recht viele Freundinnen haben, Mutti.«

»Wenn du das willst, Pucki, musst du viel netter zu deinen Kameradinnen sein. Du musst dir nicht einbilden, dass du alles am besten weißt und am klügsten bist.«

»Ach, Mutti, ich bin dumm!«

»Mit acht Jahren kann ein Kind auch noch nicht klug sein, es kann sich aber Mühe geben, lieb und nett zu sein. Pucki, Pucki, ich fürchte, dass du in einigen Jahren, wenn es so weitergeht, ohne jede Freundin sein wirst.«

Da saß nun das kleine Mädchen in seinem Zimmer, das Poesiealbum auf den Knien, und las die vielen Verse, die darin standen. Alle sprachen von Liebe und Freundschaft. Besonders Roses Vers machte heute einen tiefen Eindruck auf Pucki. Rose hoffte, dass sie mit Pucki fürs ganze Leben Freundschaft halten werde.

»Wenn ich weiter so hässlich bin, können mich alle nicht mehr leiden. – Ich ärgere alle, und ich will doch viele Freundinnen haben!«

Sorgenvoll klappte sie das Album zu. Dann lief sie hinaus zum kleinen Rehkitzlein und streichelte es zärtlich.

»Du hast mich doch lieb, Plüschli? Zu dir bin ich doch gut!«

Das Rehlein leckte Pucki die Hände. Das hob die gedrückte Stimmung des Kindes. Es rief nach Peter, und auch der Kater kam herbei und sprang auf Puckis Nacken.

»Du hast mich auch lieb, das weiß ich. – Unsere Freundschaft wird durchs ganze Leben hindurch dauern. – Und nun noch mein lieber Harras!« Auch nach dem Hunde rief sie. Harras knurrte den Peter an, der auf Puckis Nacken saß.

»Sei gut, lieber Harras, ich will heute alle meine Freunde um mich haben. – Ach, es ist so schlimm, wenn man sich alle Freunde vergrault. – Bin ich wirklich ein böses Mädchen, Harras?«

Der Hund sprang an Pucki empor und wedelte lebhaft mit dem Schwanz.

»Nun komm, Harras«, sagte Pucki, »ich will dir zeigen, wie oft ich häßlich war.«

Sie ging mit dem Hunde ins Kinderzimmer. Dort nahm sie das Himmelskästchen hervor und öffnete es. Harras neigte den Kopf darüber und beroch die schwarzen Bohnen.

»Sieh mal, Harras«, sagte das Kind traurig, »für jede schlimme Tat eine Bohne. Wenn der große Claus zu Weihnachten kommt und so viele schwarze Bohnen sieht, hat er mich vielleicht auch nicht mehr lieb.«

Wieder sprang der Hund an dem Kinde empor, stellte eine Pfote auf das geöffnete Kästchen und riss es Pucki aus den Händen. Die schwarzen Bohnen kollerten im Zimmer umher.

»Oh weh, oh weh, meine Bohnen kollern nun in der Stube herum!«

In diesem Augenblick rief Frau Sandler nach Pucki. »Ich komme gleich«, antwortete sie, »ich habe nur schnell noch etwas zu tun!«

»Pucki!« tönte es zurück. »Wenn die Mutter ruft, hast du sofort zu kommen.«

Da eilte das Kind hinaus, Währenddessen spielte Harras im Zimmer mit den Bohnen. Als er entdeckte, dass sich eine Bohne ganz leicht zerbeißen ließ und sogar gar nicht schlecht schmeckte, verspeiste er eine nach der anderen. Unverdrossen kroch er unter die Betten der Kinder, um neue schwarze Bohnen zu suchen. Wie das in seinem Maul krachte und knackte! So verschwanden Puckis »schlimme Taten«.

Zehn Minuten später kehrte Pucki wieder ins Zimmer zurück, um die Bohnen ins Himmelskästchen zurückzulegen. Harras schaute seine kleine Herrin mit listigen Augen an. Zwischen den Zähnen hatte er noch einige Bohnen.

»Was machste denn da, Harras?«

Der Hund kroch schon wieder im Zimmer umher, und Pucki sah, wie er wieder eine schwarze Bohne aufnahm und zerkaute.

Für Augenblicke stand Pucki sprachlos vor dem treuen Hund, dann brach ein helles Jauchzen über ihre Lippen.

»Mutti, Mutti!« Sie eilte hinüber zur Küche.

»Was ist denn geschehen, Pucki?«

»Mutti – Minna!« Pucki konnte vor Glück kaum reden. »Der gute Harras hat meine ›schlimmen Taten‹ gefressen!«

»Was hat der Harras gefressen?«

»Meine schlimmen Taten! Gerade habe ich daran gedacht, was der große Claus wohl sagen wird, wenn er Weihnachten die vielen schwarzen Bohnen in dem Himmelskästchen zählen wird. Da kommt der liebe, liebe Harras und frißt meine schlimmen Taten alle auf. – Mutti, der Harras ist mein allerbester Freund!«

Minna lachte. »Na, Pucki, es wird ja nicht lange dauern, da sind wieder schwarze Bohnen im Himmelskästchen.«

Da eilte Pucki zurück ins Kinderzimmer. Sie kniete neben Harras nieder und umarmte ihn stürmisch. »Ach, du gutes Tier, morgen bekommst du auch meinen ganzen Zucker. Für dich trinke ich den Kaffee ganz bitter, weil du so furchtbar lieb warst.«

Als Pucki die Blicke durchs Zimmer schweifen ließ, sah sie am Stuhlbein noch eine schwarze Bohne liegen.

»Guck mal, Harras!«

Der Hund erhob sich und fraß auch die letzte »schlimme Tat« seiner kleinen Herrin auf.

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