Kitabı oku: «Das Schmusekätzchen und andere Geschichten», sayfa 2

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Teure Schönheit

Ein Mann, schon reif, doch noch nicht alt,

der sucht sich eine Freundin bald.

Er hat zu Haus auch eine Frau,

die ist nicht sehr schön, jedoch sehr schlau.

Die Freundin hübsch, und jung und klug,

das findet dieser Sünder gut.

Er ist erfolgreich, hat auch Moos,

er ist ein echter Gernegroß.

Indes, die Frau in seinem Haus,

die kennt sich mit dem Gatten aus.

„Lass ihn nur machen“, denkt sie schlau,

„und balzen, diesen alten Pfau.“

Er nimmt die Junge mit auf Reisen,

denn schließlich muss er sich beweisen,

dass er, jetzt endlich Mann von Welt,

mit dieser Frau erst richtig zählt.

Sie liebt ihn sehr, noch mehr sein Geld,

(das hat er später festgestellt).

Er kauft ihr, was sie so begehrt,

das ist ihm diese Frau schon wert.

Doch mit der Zeit, das Geld wird knapp,

da wendet sie sich von ihm ab.

Und teilt kurz seiner Gattin mit:

„Ich geb’ den Alten Ihnen z’rück!“

Aber die ist pfiffig, wie man vermutet,

drum ihrem Herrn Gemahl was hustet:

„Such Dir ’ne Dümmere als ich bin,

geh’ lieber zu der andern hin!“

„Und will sie auch nichts von dir wissen,

ich hab ein sanftes Ruhekissen.

Denn Haus und Hof, ist alles mein.

Ich steck auch die Versicherung ein.“

Und die Moral von der Geschicht’:

allein der Schönheit traue nicht.

Mit schönen Weibern sich zu zieren,

birgt die Gefahr, viel zu verlieren.

Der Pechvogel

Ein Mann, der niemals hatte Glück,

beklagte laut sein Missgeschick.

Es sei sein Schicksal, dass er immer

noch hoffe, doch dann kommt es schlimmer.

Fortuna denkt er, kennt ihn nicht,

ob auf dem Amt, ob bei Gericht,

Verlierer ist er, das ist klar,

weil’s bei ihm immer schon so war.

Die andern alle haben Glück -

er pachtete das Missgeschick.

Doch hat er niemals nachgedacht

Ob er vielleicht was falsch gemacht!?

Er sieht nur schwarz in seinem Leben.

Hat nie sich einen Ruck gegeben.

Dass auch für ihn die Sonne scheint,

das hat er immer nur verneint.

So lebt er still und vor sich hin,

es hat ja alles keinen Sinn.

Wird alt dabei und grau und hart.

Mit neunzig hat man ihn verscharrt.

Der Alte

Ein Mann, schon alt, doch noch recht wach,

wird noch bei jungen Mädchen schwach.

Doch mag er auch die älteren Damen,

soweit es geht, in seinem Rahmen.

Er ist halt eine Frohnatur,

und von Gejammer keine Spur.

Er hat dabei nicht Sex im Sinn,

doch schaut er da noch gerne hin.

Wo schöne Busen, lange Beine.

Ja wirklich, er verachtet keine.

Er ist auch witzig, ohne Frage,

das Leben freut ihn alle Tage.

Und plagt ihn mal das Zipperlein,

das muss halt so im Alter sein.

Er nimmt es hin, ganz Gott ergeben,

denn das gehört zu seinem Leben.

Auch lässt er sich den Wein noch munden

in einer fröhlich-lustigen Runden.

Spielt gerne Karten, Nächte lang,

die Frau zu Hause wartet bang.

Und wenn er heim kommt, sagt sie ihm:

Ich dreh’ im Bett mich her und hin.

Mach die ganze Nacht kein Auge zu

Und du spielst Karten immerzu.

Er meint recht fröhlich, lacht ganz heiter,

geh Alte, wann wirst du gescheiter?

Auch ich hab noch kein Auge zugemacht,

heut in der Wirtschaft, die ganze Nacht.

Der Heiratskandidat

Ein Mann, der sucht nach einer Frau,

die zu ihm passt, so denkt er schlau.

Schön muss sie sein und lieb und gut,

so meint er es, denn er ist klug.

Und nicht zu groß und nicht zu klein,

so mittendrin, so soll sie sein.

Nicht gar zu dünn, doch auch nicht dick,

ganz kurz gesagt: ein Meisterstück.

Am Geld, da soll’s bei ihr nicht fehlen,

dann könnte er sie auserwählen.

Und hat sie noch ein schönes Haus,

dann wär‘ er aus dem Gröbsten raus.

Treu muss sie sein, das ist ja klar,

wie es schon die Oma war.

Gut kochen, das ist schließlich wichtig.

Und sparsam sein, so ist es richtig.

Auch denkt er dran, dass sie nicht alt,

so Mitte zwanzig wünscht er sie halt.

Doch fleißig arbeiten muss sie schon,

sie hat ja ihn zu ihrem Lohn.

Dem Mann auch seine Freiheit gönnen,

das muss sie einfach dulden können.

Wenn er auch mal im Wirtshaus sitzt,

beim Trinken und beim Karteln schwitzt.

Die Frau, die er sich vorgestellt,

ist leider noch nicht auf der Welt.

Das Ganze geht nicht auf die Schnelle,

drum ist und bleibt er Junggeselle.

Originale, die ich kannte
Steck Christel

Der Steck Christel war ein armer Teufel, mit dem es das Leben nicht besonders gut gemeint hatte. Er brachte sich mit Gelegenheitsarbeiten durch, die kein anderer machen wollte. Seine Wohnung bestand aus einem Verschlag auf einem Dachboden, den er nur über eine Leiter von außen erreichen konnte. Der Eingang war eher eine Luke als eine Tür. Das Dach war, wie damals üblich, natürlich nicht isoliert, sondern nur mit sogenannten Biberschwänzen gedeckt und die Zwischenräume mit Schindeln ausgesteckt. Beheizbar war diese Behausung nicht, dafür wehte im Winter der Schnee durch so manche Ritze. Ernährt hat sich der Christel angeblich von Katzen, die er gefangen hatte; es gab sogar Leute, die behaupteten, dass er diese roh verzehrte. Gesehen hat das wohl nie jemand, aber das Gerücht hielt sich hartnäckig im Dorf

Wir Kinder badeten im Sommer in der Schmutter, und zwar nahe der „Züglebrücke“. Das „Zügle“ war eine Lokalbahn, die von Mertingen nach Wertingen führte und eben dort die Schmutter überquerte. Und es war üblich, dass man auf den Schwellen dieser Bahn ging, denn es war meistens eine Abkürzung. Auf eben diesem Weg kam der Steck Christel daher; überraschender Weise hatte er seinen „guten Anzug“ an, einen alten abgetragenen blauen Anzug, den ihm wohl jemand geschenkt hatte. Wir Kinder riefen bei seinem Anblick: „Katzenfresser, Katzenfresser“, was ihn natürlich sehr erboste. Er versuchte, uns zu erwischen, aber wir sprangen in unseren Badehosen schnellstens ins Wasser. Der Christel nicht faul, sprang uns nach, und das in seinem „guten Anzug“. Er erwischte keinen von uns, aber sein Anzug war klatschnass. Das hätte ihn wohl wenig gestört, wurde der doch dadurch wieder einmal gereinigt. Schlimmer war, dass er ausgerechnet an diesem Tag ein paar Geldscheine in seinen Taschen trug und diese natürlich auch gewaschen waren. Er hatte wohl wieder einmal seinen gerechten Lohn für irgend eine Arbeit erhalten. Die nassen Scheine gefielen ihm aber gar nicht. Er vergaß seinen Ärger über uns Kinder, nahm die Scheine aus den Taschen und legte sie zum Trocknen auf die Bahngeleise. Im letzten Moment bemerkte er, dass ausgerechnet jetzt das „Zügle“ nahte und sprang schnellstens von den Geleisen. Der Fahrtwind wehte nun leider seine Scheine von der Brücke und ins Wasser. Wir Kinder sammelten die Scheine wieder zusammen und ein mutiger Junge übergab sie dem Christel. Ich glaube, dass der Christel zumindest für kurze Zeit wieder an das Gute im Menschen glaubte. Ob er weniger glücklich war, als andere Menschen? Wer weiß es?

„Abfahr’n“ (Karl R.)

Karl R. war Junggeselle und Brauereibesitzer und sicher gut situiert, wie man früher zu sagen pflegte. Er war aber auch das, was man schrullig nennt. Und deshalb will ich von ihm erzählen. Zur Brauerei gehörte eine recht umfangreiche Gastwirtschaft mit großer Küche und angestellter Köchin. Diese Köchin hatte nie allzu viel zu tun, denn Gäste, die zum Essen kamen waren eher selten. Aber sie musste regelmäßig kochen, hauptsächlich für ihren Chef, obwohl der ein undankbarer Esser war. Auch eine Bedienung war angestellt, der Bierkonsum in der Gastwirtschaft war recht ordentlich. Da Karl R. aber ein launischer Mensch war, hieß es manchmal schon abends um neun: „Abfahr’n“, was bedeutete, dass die Gäste das Lokal verlassen sollten. Nun war der Karl R. aber nicht eine so große Respektsperson, dass die Gäste dies auch sofort befolgt hätten. Aber er wusste sich zu helfen. Nach mehreren „Abfahr’n“ und Herumgerenne in der Wirtsstube, riss er auch im strengsten Winter Türen und Fenster auf, worauf der Aufenthalt natürlich mehr als ungemütlich wurde und die Gäste dann die „gastliche“ Stätte gerne verließen und „abfuhren“.

Natürlich war sein Spitzname der „Abfahr’n“, was auch eine Bilderfolge von einem hiesigen Kunstmaler treffend belegt. Diese Bilder hingen in der Gaststätte an der Wand und ich bin sicher, dass der „Abfahr’n“ nicht wenig stolz darauf war. Leider weiß ich nicht, wo diese Bilder abgeblieben sind, aber ich hoffe, dass sie einen Besitzer gefunden haben, der sie zu würdigen weiß.

Nun aber zu einer anderen Geschichte. Der „Abfahr’n“ stand tagsüber, wenn in der Wirtschaft noch nichts los war, meistens an der Haustür, bieder bekleidet, wie fast immer. Man konnte ihn ohne weiteres für den „Hausl“ halten. Da geschah es, dass ein Vertreter zu Besuch kam und ihn nach dem Chef fragte. Karl R. sagte auf seine schrullige Art nur: „Büro hinter gehen.“ Der Mann ging also ins Büro, wo der Buchhalter arbeitete und fragte diesen nach dem Chef. Der erklärte ihm, der Chef stände sicher an der Haustür, dort würde er ihn finden. Der Fremde meinte, dass dort nur der „Hausl“ stünde und der habe ihn ja zu ihm geschickt. Der Buchhalter erklärte ihm, er solle ruhig dort hin gehen, dort wäre nicht der „Hausl“, dieser „Hausl“ sei schon der Chef. Der Vertreter, darauf leicht durcheinander, ging nun wieder dorthin und fragte den an der Tür stehenden, ob er der Chef wäre. Dieser antwortete: „I bin der Johann, und der Chef bin i o, und abfahr’n kannsch o glei!“

Eine weitere Episode: Der Bruder des „Abfahr’n“ war Jäger und besaß deshalb auch einen Hund. Und diesen Hund sollte der „Abfahr’n“ hüten, weil der Bruder auf Reisen war. Die Gaststube war am Abend voll besetzt und der Hund lag einmal unter jenem und dann wieder unter diesem Tisch. Man musste nicht besonders auf ihn achten. Ein paar junge Burschen lockten den Hund auf die Eckbank und der Hund sprang nur allzu gerne dort hinauf. Da dort aber alle dicht an dicht saßen, war der Hund nicht zu sehen. Plötzlich entdeckte der Herr Brauereibesitzer, dass der Hund weg war. Er ahnte wohl, was passiert war, konnte den Hund aber leider nirgends sehen. Er fragte: „Wo isch der Hund, wo isch der Hund?“, aber die Gäste sagten, dass sie keinen Hund gesehen hätten. Darauf ging der „Abfahr’n“ in den Hausflur, sagte laut vernehmlich: „Polizei, … Hund weg, … sofort kommen!“, in ein Telefon, das dort gar nicht vorhanden war. Er kam wieder in die Gaststube und drohte, dass er die Polizei verständigt habe und diese schon dafür sorgen würde, dass der Hund wieder freigelassen würde. Dem Hund war es inzwischen zu eng und wohl auch zu warm geworden hinter den Burschen und er sprang von der Bank. Darauf ging der Hundehüter wieder zu seinem imaginären Telefon auf dem Gang und meldete: „Polizei, … nicht mehr kommen, … Hund wieder da, … abfahr’n!“

Heini-Mare

Eigentlich hießen sie Heinrich und Maria Gütler, doch im ganzen Ort waren sie nur als „Heini und Mare“ bekannt und man sprach hauptsächlich von der „Heini-Mare“. Der Heini und die Mare wurden im 2. Weltkrieg in Augsburg ausgebombt und kamen so nach Mertingen. Die beiden waren, soweit meine kindliche Erinnerung mich nicht trügt, so lange ich sie kannte im Rentenalter. Der Heini war von Beruf Metzger, sah aber eher wie ein Schneider aus, denn er war klapperdürr. Ganz anders die Mare. Sie hatte einen gewaltigen Umfang und man durfte sie gut und gern auf ein Gewicht von zweieinhalb Zentnern schätzen. Die beiden verdienten sich neben ihrer sicher nicht üppigen Rente durch Lumpensammeln ein paar Mark hinzu. Der Heini war, wenn es sein Kapital erlaubte, dem Bier nicht abgeneigt.

In diesem Zusammenhang muss ich erzählen, dass sich durch unser Dorf ein Abwassergraben zog, der das sogenannte „Käswasser“ von der Molkerei, gemischt mit Regenwasser, in die weite Flur führte. Dass dieser Graben nicht besonders gut roch, ist sicher nachvollziehbar. Er war im Dorfbereich wohl knapp einen Meter tief und die Ränder waren fast senkrecht betoniert. Selbstverständlich war dieser Graben offen und es ist erstaunlich, dass nie jemand dort hineingefallen ist. Das heißt, mit Ausnahme des Heini, der wieder einmal über genügend Kapital verfügte und darum einen über den Durst getrunken hatte. Deshalb hatte er die Straßenseite verwechselt, denn er wohnte genau gegenüber des Grabens in einem uralten Haus. Da der Graben nicht nur steil und tief, sondern auch recht eng, und der Heini recht voll war, war es ihm nicht möglich, aus eigener Kraft wieder heraus zu kommen. Wie lange er dort lag, kann ich nicht sagen, aber irgend jemand zog ihn wieder heraus. Mit einer Schubkarre wurde er dann nach Hause gefahren. Verletzt hatte er sich gottlob dabei nicht. Dass die Mare deswegen nicht besonders freundlich zu ihm war, lässt sich nachfühlen. Aber ein gemeinsames hatte die Geschichte doch für die beiden. Der Heini roch danach, wie man sich denken kann, auch nicht besonders gut. Die Mare aber, und das ist die Gemeinsamkeit, roch auch ohne in den Graben gefallen zu sein nie besonders gut, ja ich muss sagen, sie stank penetrant. Was ihre Ausdünstung verursacht hatte, vermag ich nicht zu sagen. Es war wohl die Einnahme verschiedener Medikamente, die sie wahrscheinlich zum Teil selber zusammengebraut hatte. Es war auch der Geruch von Knoblauch, und es war sicher, dass sie es mit dem Waschen nicht so genau nahm. Ich glaube sogar, dass sie gänzlich darauf verzichtete. An ein Bad war bei ihr überhaupt nicht zu denken.

Nun wäre das alles für uns halb so schlimm gewesen, hätte die Mare nicht so gern meine Mutter besucht. Sie kam zu uns ins Haus, rief bereits im Gang „Grüß Gott Frau Wiedemann, hont’r g’hört, … a, dia isch ja gar net do …“, wenn meine Mutter einmal nicht da war. War sie aber da, betrat sie unsere Küche und war für die nächste halbe Stunde nicht wieder los zu kriegen. Eine Stunde lüften, und das auch im Winter war danach unvermeidlich. Meist begleitete sie auch den Heini, und dieser hatte in aller Regel einen Rupfensack auf seinem Rücken, worin er die Lumpen sammelte. Wenn sie uns dann endlich verlassen wollten, und der Heini sich zur Tür drehte, hielt mein Vater oft seinen Sack an einem Zipfel fest und wenn der Heini sich dann verwundert umblickte, meinte mein Vater nur: „Hoi Heini, bisch hänga blieba …?“ Dieses Spiel wiederholte er oft drei-, viermal bis die beiden abzogen. Der Heini merkte, dass mein Vater seinen Sack festhielt. Meine Mutter schimpfte dann oft mit der Frage an meinen Vater, ob es noch nicht genug stinke, aber er meinte dann lapidar, dass man so oder so lüften müsse.

Noch eines vom Heini. Wir Buben ärgerten den Heini natürlich auch manchmal, er war ja irgendwie auch eine Reizfigur. Er schimpfte und fluchte dann fürchterlich und warf auch schon einmal einen Stein nach uns. Einmal, mein Freund Hans und ich waren sein Ziel geworden, und der Heini hatte, was wir nicht gesehen hatten, ein Beil in der Hand. Er versuchte uns zu erwischen und bedrohte uns mit seinem Beil. Ob er uns wirklich damit etwas antun wollte, glaube ich heute nicht mehr, denn er war ja weder kriminell, noch geisteskrank. Wir aber waren für den klügeren Teil der Tapferkeit und liefen schnellstens davon.

Eine Besonderheit der „Mare“ möchte ich noch erzählen. Die „Mare“ wackelte ständig mit dem Kopf und zwar sowohl von unten nach oben, als auch von links nach rechts. Ich dachte immer, das geschehe bei ihr unbewusst, aber sie wusste das ganz genau und wäre das auch gerne losgeworden. Den Heini veranlasste dies gelegentlich zu sagen: „Wenn i meiner Mare an Kuss geba will, erwisch i meistens blos d’Nas“. Ich weiß es deshalb, dass sie es loswerden wollte, weil es damals in München einen „Wunderdoktor“ gab, das war der Herr Kröning und er konnte, wahrscheinlich durch Hypnose, sämtliche Krankheiten heilen. Die Leute fuhren mit dem Omnibus zu ihm und er behandelte alle gleichzeitig, was die Sache natürlich billiger machte. Davon hatte auch unsere „Mare“ gehört und sie wollte unbedingt ihren wackelnden Kopf von ihm heilen lassen. Sie schloss sich also einer solchen Reisegruppe an und fuhr zum Wunderheiler Kröning nach München. Dort bekam sie, wie alle anderen auch, eine Stanniolkugel in die Hand gedrückt, sollte sich fest darauf konzentrieren und so geheilt werden. Am Glauben an den Wunderdoktor hat es ihr nicht gefehlt, denn als sie zurück kam, besuchte sie sofort meine Mutter und berichtete: „Gell Frau Wiedemann, seit i beim Kröning war, wackel i gar nemme mit meim Kopf!“ Dabei wackelte ihr Kopf mehr als sonst irgendwann. Der Glaube versetzt halt Berge. Und wenn es nur die Fleischberge der „Mare“ waren.


Dr. Nusser

Dr. Nusser war Arzt und ein Nationalsozialist und ganz sicher ein Unikum. Und er war unser Nachbar. Soll man ihn verschweigen, weil er Nazi war? Ich meine nein.

Er hatte eine gutgehende Praxis, und das Wartezimmer war oft mit fünfzehn oder zwanzig Personen voll besetzt, die dann auch entsprechend warten mussten. Als einmal einer der Patienten es wagte, an die Sprechzimmertür zu klopfen, weil es wieder gar zu lange dauerte, kam er heraus mit seiner imposanten Gestalt von nahezu zwei Metern, brüllte, dass kranke Leute Zeit zum Warten hätten und er sich so etwas verbitte. Aber er war ein guter Arzt, wenn auch nicht sehr feinfühlig und die Leute kamen trotzdem weiterhin in Scharen zu ihm. Dabei kam es vor, dass er mit einem Patienten, mit dem er sich gut verstand, in seinen Pferdestall hinausging und sich mit diesem eben über seine Pferde und über Gott und die Welt unterhielt. Wie gesagt, kranke Leute hatten Zeit zu warten.

In der Nazi-Zeit engagierte er sich sehr stark für diese Partei und hielt oft eine Rede auf dem „Adolf-Hitler-Platz“, der heute Zehentplatz heißt, mit einer Stimme wie ein germanischer Gott. Man musste dort nicht unbedingt hingehen, denn er war so laut, dass man es im ganzen Ort hören konnte.

Nach dem Krieg wurde er deshalb von den „Amis“ gesucht. Er erzählte mir, dass er dabei oft nur knapp entwischen konnte und an einem kalten Novembertag wäre es beinahe so weit gewesen. Mit einem Satz war er vom Pferd und in die eiskalte Zusum gesprungen. Er versteckte sich unter Gebüsch und sie haben ihn nicht gefunden. Leider hatten sie sein Pferd erschossen

Hierher gehört auch die Episode mit seiner schönen Frau, die Kammersängerin war. Sie hatte herrliches, langes, blondes Haar, das sie wie damals üblich zu einem Dutt zusammengebunden hatte. Als aber die „Nazi-Zeit“ vorbei war, ging sie zum Frisör und ließ sich diesen Schopf zu einem „Bubikopf“ abschneiden. Zu Hause angekommen, sah dies ihr Gatte sofort, meinte dass der „Bader“ zu wenig abgeschnitten habe, nahm seine „Rossschere“, mit der er sonst die Mähnen und Schweife der Pferde zurecht schnitt, und schnitt ihr das restliche Haar ab. Sie ließen sich übrigens bald darauf scheiden.

Zu Hausbesuchen kam er meist auf einem seiner Pferde angeritten, mit einem Lodenmantel angezogen und er machte dann für mich kleinen Jungen immer den Eindruck, als sei er der Gott Wotan.

Ich hatte einen höllischen Respekt vor diesem Mann, obwohl er eigentlich ein echter Menschen- und vor allem ein Kinderfreund war, dies aber meist gut zu verbergen wusste. In dem Zusammenhang möchte ich erzählen, wie ich einmal in seiner Villa eine Fensterscheibe mit dem Fußball eingeschossen hatte. Er kam heraus und brüllte mit seiner Donnerstimme, wer das gewesen sei. Ich hatte furchtbare Angst, gestand aber doch, dass ich es war. Da meinte er nur: „So ist es recht, ein richtiger Bub muss jeden Tag für eine Mark etwas kaputt machen, sonst ist er kein richtiger Bub.“ Damit war die Sache erledigt.

Als ich etwa zwölf Jahre alt war, fragte er mich einmal, was ich denn werden wolle? Ich antwortete etwas vorwitzig: „Schriftsteller!“ Darauf meinte er, dass dies eine harte Sache sei und wenn man keinen Erfolg habe, bettelarm sei. Er gab mir aber den Rat, wenn niemand etwas von mir haben wolle, so solle ich für die Kirche schreiben, denn die würden jeden „Schmarren“ nehmen. Ich wusste nicht, wie er das meinte: Ob er mir diesen Beruf nicht zutraute oder ob es nur ein guter Rat war. Ich vermutete das Erstere und gab den Traum vom Schriftsteller sofort auf.

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Türler ve etiketler

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Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
111 s. 3 illüstrasyon
ISBN:
9783954889198
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Автор
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