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DIE GEFANGENEN, DIE GERETTET WERDEN KÖNNEN

Die Küsten-Kabylen Bocoya und Anyera abgesucht

Spanier gefunden, die freiwillig unter Mauren leben

Deserteure unserer Regimenter und der algerischen Fremdenlegion in der französischen Zone

Kabel des Sonderkorrespondenten der »AHORA«

Tanger, 10. Januar 1934

Es wird der Zeitpunkt kommen, da die spanische Regierung, wenn sie glaubwürdig bleiben will, nicht umhinkommt, Gefangene zu präsentieren. Die Kampagne wird bald das Ausmaß eines gewaltigen Mythos erreicht haben, der sich als schwer zerstörbar erweisen wird, wenn er von den hierfür verantwortlichen Pressen weiter aufgebläht wird: Der Mythos von den 300 Spaniern, die in ihrer Gefangenschaft stöhnen, von Ceuta, wo sich Kalypsos Grotte befinden soll, von General Fernández Silvestre, der in Wirklichkeit Dom Sebastião, König der Portugiesen, sein könnte.

Afrika ist der letzte geeignete Ort, an dem Mythen erdacht werden können, und wir Spanier, die wir von Hause aus der Fantasie zugeneigt sind, haben uns damit arrangiert, in Afrika ein bereitwilliges Terrain für unsere Hirngespinste gefunden zu haben.

Die Sache der Gefangenen ist unserer Ansicht nach aber mit mehr Fingerspitzengefühl anzufassen und in ernsterem Ton zu verhandeln. Hier geht es um keine Posse zur Unterhaltung der Leser. Ich denke vielmehr an die Mütter und Ehefrauen, die jedes Mal nervös die Zeitung in den zittrigen Händen zerknüllen, wenn sie die großen Schlagzeilen sehen, die von den ›Gefangenen‹ künden. Was mich bedrückt, ist die Tatsache, dann wieder zur Feder greifen zu müssen, ein weiteres Mal wiederholen zu müssen: „Es gibt keine Hoffnung.“ Ich wünschte jedes Mal, das Gegenteil schreiben zu können.

Ich glaube, niemand hat der Angelegenheit mehr Aufmerksamkeit gewidmet – über Monate hinweg. Ich hörte denen zu, die ernsthaft aussagten, dass es sie gebe; in den zugänglichen Archiven habe ich alles umgedreht, was sich mit den Anstrengungen der Regierung, sie aufzuspüren, befasste. Ich sprach mit sämtlichen Leuten, die sich mit Marokko bestens auskennen, in der Hoffnung, mir die geringste Spur andeuten zu können, die man als Anhaltspunkt hätte nehmen können, um die bloße Hoffnung zurückzugewinnen, dass es sie überhaupt geben könnte, die Gefangenen. Wenn es, anders als heute, vor einem Jahr das geringste Anzeichen gegeben hätte, dass diese Gefangenen existieren, hätte sich AHORA auf die Suche begeben, auch auf die Gefahr hin, zu scheitern. Aber es gibt keines. Absolut kein einziges Anzeichen. Der glühendste Vertreter der These der Existenz der Gefangenen, Hauptmann Estévez, den die Familien der Verschollenen als denjenigen vorweisen, der sie gesehen haben und mit ihnen gesprochen haben will, hat sie niemals gesehen. Das ist nicht die ganze Wahrheit: er hat nie gesagt, dass er sie gesehen hätte; er sagt nur, dass er Hinweise von Leuten besitze, die sagen, dass sie sie gesehen hätten. Und warum sagen diese Leute, dass sie sie gesehen haben? Weil Geld im Spiel ist und es ihr Geschäft ist, Verhandlungen zu initiieren, das ganze Hin und Her, Geld hier, Geld da, um am Ende zu sagen: »War nichts zu machen.«

Nichtsdestotrotz gibt es kein drum Herumreden, und so, wie es derzeit steht, wird die spanische Regierung dieses Geld in die Hand nehmen müssen – und es wohlwissend verschleudern. Die Linderung des Kummers dieser Familien, die Opfer einer infamen Kampagne wurden, würde das rechtfertigen. Und wenn es in meiner Hand läge, ich würde morgen die Millionen, die es braucht, über den Stämmen der Sahara herabregnen lassen und die Spanier nach Hause bringen, die dort leben. Zweifelt etwa jemand, dass dort Spanier leben!

Es gibt keine Alternative, als, koste es, was es wolle, zwei Dutzend Spanier heimzubringen, die irgendwo in Nordafrika verstreut leben, sei es in der französischen oder spanischen Zone, sei es im Grenzgebiet zur Sahara.

Diese phantomhaften Spanier, die angeblich irgendwo in Marokko leben, sind keine Gefangenen von ›Annual‹, auf deren Befreiung all jene Mütter und Ehefrauen sehnsüchtig warten, die täglich in den Behörden oder in den Redaktionen der Tageszeitungen erscheinen und ihre Hoffnung vortragen, ihre Engsten eines Tages zu finden, die so schicksalshaft und ohne jede Spur verschwanden.

Die Spanier, die wir ›retten‹ können, werden überwiegend freiwillige Auswanderer sein, Abenteurer, Entwurzelte, Leute, die ihre Heimat verloren haben, Herumirrende, die ihr Schicksal in die Hand nahmen, ihr Glück fanden und sich irgendeinem Stamm im Inland anschlossen – völlig zwanglos. Sie heimzubringen würde ihnen übel mitspielen, sie wollen nicht ›gerettet‹ werden. Aber sie werden wohl unvermeidlich ›gerettet‹ werden müssen. Spanier, von diesem besonders anpassungsfähigen Schlag, die aus freien Stücken Mauren wurden – mehr Maure als manch ein wirklicher Maure. Einer, der Marokko kennt, wie kaum ein anderer, Oberst Capaz, kann ein Lied davon singen. Capaz drang bis zu den rebellischen Kabylen im Inland vor und staunte nicht schlecht, als er, anstelle eines Rifeño in seiner typischen Djellaba einen waschechten Bürger Matarós und Chiclanas am Schlafittchen hatte. Man darf nicht übersehen, dass ein Spanier – obwohl unser Land in Marokko eine Mission des Protektorats und der Zivilisierung verfolgt – explizit kein Brite ist, der über die Gabe, alles an sich abprallen zu lassen, verfügt, sondern sich anzupassen versteht und als geborener Andalusier nach zwanzig Jahren Afrika mehr Mohammedaner geworden ist als Mohammed selbst. Auf meiner kleinen Tour, den Gerüchten von Gefangenen folgend, die die spanische Regierung vergeblich sucht, fand ich ihn, den Gefangenen. Man nennt ihn hier »El Prisionero«. »Der Gefangene« ist sein ihm gegebener Name. Unter diesem Spitznamen ist er in der Kabyle Bocoya bekannt. Ist er ein echter Gefangener? Ich glaube, dass er es früher war. Er war in der Tat Soldat eines spanischen Regiments und geriet in Gefangenschaft. Der Kaïd der Kabyle Bocayo behandelte ihn als Gefangenen. Aber sobald die Zeit reif dafür war, begann der Kaïd seine Freilassung zu verhandeln und übergab ihn den spanischen Behörden. Der Mann kehrte in sein Dorf nach Spanien zurück und versuchte, sein marokkanisches Abenteuer zu vergessen … Vergeblich! Monate später wurde er zum freiwilligen Gefangenen. Und dort, in Bocaya, lebt er zufrieden und glücklich, als mejazní des Kaïd, als eine Art Ordonnanz. Dies wäre einer der Gefangenen, den wir zweifelsfrei retten könnten.

Natürlich gibt es noch weitere. Im zoco von El Jemis de Anyera, der zum Ort Belaixis gehört, leben ein Murciano und ein Palmense aus Mallorca, letzterer ist mit der Tochter eines geachteten Mauren verheiratet.

Hier haben wir Gefangene, die wir zweifelsfrei heimbringen könnten. Auch wenn es ihnen missfallen würde.

Vielleicht gibt es ähnliche Fälle in der französischen Zone. Dort halten sich reichliche Deserteure der französischen und spanischen Legionen auf, dazu Leute, die aus Gefängnissen ausgebrochen sind; aber reguläre Soldaten, die seit der Katastrophe von Annual festgehalten werden … das kann ich kategorisch ausschließen, die gibt es in diesem Umkreis nicht, auch wenn es mein aufrichtigster Wunsch wäre, mich zu irren.

Der gesunde Menschenverstand genügt, um die Hypothese, die Gefangenen würden dort irgendwo umherirren, auszuschließen und sie als Lüge zu entlarven – sie entbehrt jeder Grundlage. Die Vernunft verbietet es, diese monströse Lüge zu glauben, nach der 300 spanische Gefangene zwölf Jahre in den maurischen Salzminen schuften mussten. Genau dies wurde kontinuierlich behauptet. Doch seit der Befriedung der besetzen Zone durch unsere Kollaborateure, heißt es überraschend, dass diese spanischen Sklaven in einer französischen Mine schuften würden.


WARUM MAN AUF DEN ›GEFANGENEN‹ BEHARRT

Ein unzerstörbarer Mythos

Ungewissheit tausender spanischer Familien

Madrid, 11. –13. (?) Januar 1934

Wie ich in meinem letzten, aus Tanger gekabelten Bericht andeutete, erweist sich dieser Tage, dass die ›Gefangenen‹ von Annual und Xauen sich nicht in den Händen der Mauren befinden, sondern in denen der Franzosen und dass wir sie nicht aus den Klauen der Rebellen retten müssen, sondern aus den Fängen der französischen Administration. Die Sache hat inzwischen so alberne Züge angenommen, dass man an einen üblen Scherz denkt.

Ein übler Scherz. Eine Abordnung der Mütter, Ehefrauen und Schwestern der Verschollenen marschierte bis vor den Sitz des Staatsrats, um, egal, wie abstrus es klingt, die spanische Regierung nachdrücklich aufzufordern, ungeachtet der Verhandlungen mit Frankreich, mit den paar Mauren direkte Vereinbarung zu treffen, die sich – natürlich – nur gegen Geld bereit erklärten, uns einige Hundert Befehlshaber, Offiziere und Soldaten auszuhändigen, die seit zwölf Jahren ihr Dasein als stöhnende Gefangene fristen, die nicht länger in den rebellischen Dörfern der Weiten der Sahara verloren sein sollen, in den Fängen einiger barbarischer Mauren, abgeschnitten von der Zivilisation, sondern in französischen Städten mitten in Marokko, mit nahezu perfekten Lebensstandards, Telegrafen und Buslinien für alle, die ihre Papiere in Ordnung haben. Wer unsere Landsleute festhält, sind also nicht die aufwieglerischen Kabylen, sondern schnöde Offiziere des französischen Heers.

Halte jemand einen solch monströsen Unsinn aus?! Man beabsichtigt nicht weniger, als die Regierung aufzufordern, die abwegige Idee zu unterstützen, der zufolge einige Mauren gegen ein bisschen Geld unsere spanischen Gefangenen retten, indem sie sie heimlich den Franzosen entreißen, die sie gefangen halten sollen. Die Sache wird immer abstruser. Einer dieser Mauren soll bereits fünfzehn, zwanzig solcher aus den französischen Fängen entrissener Gefangener beisammenhaben und verspricht, sie in Ifni auszuliefern, sobald er etwas Geld gesehen hätte. Der Plan ist so genial, dass man diesen cleveren Mauren anbieten sollte, sie später, wenn sie das Geld erhalten haben, als eine Art Wunder an politischer Hochstapelei auftreten zu lassen, in einem dekadenten Europa, das zu nicht mehr als einem Stavisky fähig ist. In Marokko wurde unentwegt um unsere Pechvögel geschachert; viel Geld wurde uns aus den Taschen gezogen, man verkaufte uns vertrauliche Informationen, verkaufte uns Gefangene, verkaufte uns Leichen, alles, was man verkaufen kann – ein einziger Betrug. Doch das Herrliche an den Mauren ist, wenn sie nichts haben, was sie uns verkaufen können, verkaufen sie uns Gefangene, die sie nicht besitzen, die sie uns aus den Fängen der Franzosen entreißen zu wollen. Es grenzt an ein Wunder!

Was an dieser mit Ironie gespickten Geschichte noch trauriger ist, sie erlaubt es einigen schamlosen Mauren, nicht nur den spanischen Staat zu schröpfen – die Regierung Azaña hat seit der erpresserischen Kampagne ›Pro-Gefangene‹ viele Tausend Duros für Verhandlungen ausgegeben –, sondern auch die unglücklichen Familien der Verschollenen, die sich finanzielle Opfer auferlegen, zu denen sie diese sture Kampagne drängt, auch um ihr Gewissen zu beruhigen. Wie kann man dem ein Ende bereiten?

Wir können die Frage nicht beantworten; unsere Überzeugung haben wir untermauert. Das scheint nicht zu genügen. Wenn wir fortgesetzt dem einen, der abstreitet, zuhören, dann wieder dem anderen, der beteuert, verfangen wir uns im mörderischen Hin und Her des Zweifels und werden Opfer dieser fortgesetzten Plünderung bleiben. Aber wer ist es, der beteuert? Zunächst war es López Expósito, ein undurchschaubarer Typ, der die Kabylen des Inlands tatsächlich aufgesucht hat und dennoch lügt. Er verwickelte sich zuletzt in unendlichen Dementis und Falschdarstellungen; wollen wir besser keine Zeit mit Widerlegungen der Lügengeschichten des López Expósito verschwenden.

Andere Verteidiger der These der Gefangenen sind bei weitem glaubwürdiger und von makelloser Reputation. Da wäre allen voran Kommandant Estévez, Befehlshaber des spanischen Heers, der persönlich an den letzten inoffiziellen Verhandlungen teilnahm, über den wir uns so weit hervorwagen zu behaupten, dass er sich irrt, obwohl er in allerbester Absicht handelt und dennoch das erste Opfer seines Irrtums ist.

Um einen Irrtum dieses Kalibers in einem ansonsten präzis schaltenden Kopf hervorzurufen, brauchte es schon besondere Umstände, die ein Aussetzen der Vernunft begünstigen können, wenn auch nur für einen Moment. Aber anstelle leidenschaftlich die Meinung des Widersachers zu bekämpfen, indem man ihn für unzurechnungsfähig erklärt, halte ich es für weiterführender, die Umstände zu untersuchen, die zu diesem Irrtum führten, nämlich diese Serie von Ungereimtheiten, die die Wahrheit verschleiern. Ich hielte es für das Beste, den Bericht, den die Verteidiger der These der Regierung übergaben, vollständig zu veröffentlichen und ihre Ergebnisse und Beweise in einer seriösen Überprüfung zu widerlegen, was mir ziemlich einfach zu sein scheint.

In diesem Bericht – den ich nur auszugsweise kenne – wird die Existenz von Befehlshabern, Offizieren und Soldaten der Feldzüge von 1921 und 1924 in der französischen Zone Marokkos bestätigt. Auf welcher Grundlage? Auf der Grundlage bestätigter Männer spanischer Sprache, die sich in der französischen Zone Marokkos mit einem Sonderstatus aufhalten, einer Gegend, die seit Kurzem als Kolonie unter französischer Herrschaft steht. Der einzige Hinweis, der bis heute die Existenz dieser Gefangenen belegt – von denen es heißt, sie befänden sich im Gewahrsam einige maurischer Aufseher und würden unter sklavenähnlichen Bedingungen in einem Territorium arbeiten, das vom französischen Heer dominiert und kontrolliert wird –, geht auf die Aussage eines Mauren zurück, der versichert, mit einigen Spaniern in den betreffenden Örtlichkeiten gesprochen zu haben, die dort gegen ihren Willen arbeiten müssen. Diese Spanier, so der Maure, seien alte Gefangene der Rif- und Yebala-Feldzüge – sie selbst hätten ihm dies mitgeteilt.

Dass es in der erst kürzlich durch die Franzosen besetzten Zone Spanier im Gewahrsam einer nicht autorisierten Regierung geben soll, ist glaubwürdig. Kommen wir auf den Punkt: Der Grat zwischen glaubwürdig und bewiesen unwahr liegt hier in dem Detail, dass es sich bei den Spaniern oder angeblichen Spaniern – man weiß nur, dass sie unsere Sprache sprechen – um Männer handelt, die irgendwann dem spanischen Heer angehörten, nicht einmal notwendigerweise als Soldaten. Hier verliert die Argumentation der Verteidiger der These jeden Kontakt zur Wirklichkeit.

Nach all meinen Recherchen, die ich in Marokko unternahm, und einer intensiven Beschäftigung mit den Fakten, bin ich zu folgender Überzeugung gelangt: Es wäre problemlos möglich, 300 Spanier aus der französischen Zone Marokkos heimzuholen, die eindeutig erklären könnten, dass sie sich bis zum heutigen Tag in Gefangenschaft befunden hätten. Allerdings war keiner dieser so bezeichneten Gefangenen jemals Soldat des spanischen Heers. Noch weniger würde sich an den Piers des spanischen Festlandes jemand finden, der sie bei ihrer Ankunft als Ehemann oder Bruder erkennen würde.

Nein, diese vielen Hundert, vielleicht Tausend Spanier, die in der französischen Zone leben, haben keine Verbindung zu ihrem Vaterland; viele, die überwiegende Mehrheit, ist nicht einmal in Spanien geboren. Sie sind in der Regel Spanier aus Oran und einmal abgesehen von ihren Namen und ihrer Sprache Untertanen Frankreichs. Junge Männer, die, als der – französische oder spanische – Militärdienst drohte, ihr Sack und Pack nahmen und abhauten, eine Djellaba überzogen, ihr Schicksal in die Hand nahmen und im Land der Mauren einer ordentlichen Arbeit nachgingen, bis sie die unerbittliche Maschinerie der französischen Kolonisation aus den Zeltstätten der Rebellen riss. Es ist nur natürlich, dass sie sich als Leidtragende des Gesetzes sehen, die zu harter Arbeit verdonnert wurden, und von Spanien, das sie als Kriegsgefangene betrachtet, ihre Befreiung aus der Sklaverei verlangen. Nicht einer würde noch verneinen, ein Gefangener von Annual zu sein. Das ist es, was López Expósito behauptete; später änderte er seine Ansicht wieder, und soll es sich explizit um einen dieser Männer gehandelt haben. Aber als solcher hätte er nicht durch Spanien geführt, als ›Heimgebrachter‹ und ›Verschollener‹ von seiner Familie präsentiert werden können.

Ist irgendetwas außergewöhnlich an dieser Sache? Gab es nach Ende des Europäischen Kriegs nicht wahrlich überraschende Beispiele behaupteter Identitäten, die nach einiger Zeit in sich zusammenfielen? Läuft nicht noch immer ein Fräulein herum, das nichts Geringeres behauptet, als die Großfürstin Anastasia zu sein, die Tochter der russischen Zaren? Erinnern sich die Leser der AHORA nicht an den italienischen Lehrer, von dem man immer noch nicht weiß, ob er selbst oder ein Usurpator die Frau ist, die zugleich Mutter seiner Kinder wurde?

Man wird fragen, »warum leben diese Spanier in der französischen Zone, warum nicht in Spanien?« Die Erklärung ist denkbar einfach. Frankreichs eng gefasste Ordnung als Kolonialmacht unterbindet im Schutzgebiet strikt jede irreguläre Handlung der Bürger des Protektorats. In Marokko halten sich keine Franzosen auf, die nicht Beamte, Militärs, Direktoren oder Vertreter einer im Aufbau sich befinden Kolonie sind. Und die französische Heeresleitung duldet hinter ihrem Rücken keinen Tross Marketender, wie er unseren Soldaten unentwegt auf den Fersen ist. Der Franzose in Marokko ist auf sein kolonialistisches Unterfangen fokussiert. Alles übrige ist spanisch. Spanisch bis zu einem gewissen Punkt, versteht sich, zum Beispiel hinsichtlich seiner Herkunft. Levantiner überwiegend, deren Vorfahren nach Oran emigrierten, wo sie die spanische Nationalität verloren. Nachdem sie staatenlos wurden, entschieden sie sich zu einem Leben in der Illegalität oder lebten als authentische Eingeborene zum Wohle der Nation, die sie beschützte. Es gibt ganze Truppenteile, die aus französischen Askaris bestehen, aus einheimischen Soldaten, die ihr mitgebrachtes ›valenciano‹ sprechen, sonst nichts.

Diesen sprachlichen Enklaven lässt Frankreich im kolonialistischen Aufbau die Behandlung zuteilwerden, die es für angemessen hält, ohne dass wir einschreiten könnten. Wenn aber diesen Leuten die Rolle widerstrebt, als Sklaven am kolonialistischen Aufbau beteiligt zu sein, ist es nur nachvollziehbar, dass sie dem entkommen wollen. Und wie? Indem sie die spanische Regierung behaupten lassen, Kriegsgefangene zu sein. Vermutlich kehren sie bald nach Spanien zurück. Sie könnten es jedenfalls erwägen, ihr Leben noch einmal umzuwälzen, um freier zu leben, als sie es gegenwärtig als illegale Bürger in einem militärisch besetzten Land können – anschließend würde man weitersehen.

Dies ist die letzte – an die Wahrheit grenzende – Erklärung, die ich anbieten kann und der völlig unwahrscheinlichen Behauptung entgegenhalte, nach der es im französisch besetzten Gebiet spanische Gefangene geben soll.

Die Situation verschärft und verschlimmert sich durch das Auftauchen gewiefter Vermittler unklarer Herkunft, deren Interesse die Verschlechterung der Beziehungen zwischen Spanien, Frankreich in Marokko ist. Man vergesse nicht, dass unsere ganze Zone vermint ist mit Hasardeuren, die dunkle Absichten im Schilde führen. Ein permanenter Unruhegeist, der diese Vermittler anstiftet, ist der Faschismus; man muss sich nur diesen unverblümten Faschismus anschauen, den der maurische Nationalismus in sich birgt, den man in unserer Zone überall wachsen sieht. Und vor allem vergesse man nicht die Strategien des Faschismus in Italien, das nationalistische Gefühl mit der Dramatisierung der Ausbeutung ihrer afrikanischen Emigranten durch die französischen Kolonien aufleben zu lassen.

Halten wir damit eine ausreichende Erklärung in Händen? Wird dies ausreichen, um den aufgewirbelten Staub wieder einzufangen? Noch immer nicht?

In diesem Fall würde ich der Regierung empfehlen, alle Warnungen in den Wind zu schlagen und einige Hundert dieser Abenteurer spanischer Herkunft heimzuholen, um zu sehen, ob eine Mutter, Schwester oder Ehefrau einen von ihnen als ihren ›Verschollenen‹ erkennt. Es wird Zeit, dieses Thema zu beenden.


„Die ersten Bilder von der Erkundung durch Oberst Capaz, aufgenommen über dem Territorium von Ifni.“ (Aufnahmen der spanischen Luftaufklärung, vermutlich Januar 1934.) AHORA, 14. April 1934.


Manuel Chaves Nogales beim Einstieg in das Flugzeug, eine Stinson, das ihn am 13. April 1934 zunächst nach Sevilla bringt, von wo er und sein Foto-Redakteur Vilaseca am 14. April nach Ifni weiterfliegen. AHORA, 14. April 1934. (Foto: Contreras)

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