Kitabı oku: «Es war 1001 Mal», sayfa 2
Der weiße Wolf
aus dem deutschsprachigen Raum
Es war einmal ein König, der auf der Jagd von seinem Gefolge abgeschnitten wurde und lange Zeit im wilden Wald umherirrte. Am dritten Tag, er war schon ganz verweint, erschien wie aus dem Nichts ein schwarzes Männlein vor ihm und sagte: „Ich führe dich aus diesem Wald hinaus, wenn du mir das schenkst, was dir zuhause als erstes entgegenläuft.“
Das „Wenn“ in des Männleins Worten war noch nicht verklungen, da rief der König schon: „Einverstanden!“, denn das „Wenn“ wollte er in diesem Moment einfach nicht hören. Zumal er ja auch von klein auf gewöhnt war, etwas zu bekommen, ohne dafür zahlen zu müssen.
Sie gingen los, das Männlein voraus und der König hinterher.
Unterwegs tauchte das „Wenn“ aus den Tiefen seiner Erinnerung jedoch wieder auf. Er hielt inne und sprach vor sich hin: „Ich hoffe wohl, dass mir, wenn ich nach Hause zurückkehre, mein Jagdhund entgegenläuft und mich als erstes erreicht. Ihn will ich, wenn es sein muss, für meine Rettung opfern.“
„Ich aber hoffe“, schmunzelte das Männlein, „dass dir deine jüngste und liebste Tochter entgegenläuft.“ Dann gingen die beiden weiter. Sie erreichten den Waldrand und traten hinaus in die Weite. Der König sah augenblicklich das heimatliche Schloss vor sich.
Dort ertönte ein Jubelruf aus der obersten Kammer des höchsten Turmes. Von hier aus hatte des Königs jüngste Tochter die ganze Zeit hindurch voll Sehnsucht und Sorge Ausschau gehalten. Kaum war er aus dem Wald ins Freie getreten, hatte sie ihren Vater schon entdeckt. Sie rannte mit fliegenden Röcken die Turmtreppe hinunter, ihm entgegen und fiel ihm um den Hals. Der lang Vermisste brach daraufhin in Tränen aus.
„Vater, wie gut, dass du gerettet und wohlbehalten wieder bei uns bist!“, rief die Prinzessin. „Aber was ist los? Freust du dich nicht?“
Schweren Herzens erzählte der Vater, er habe sie dem schwarzen Männlein zum Lohn für seine Rettung versprochen.
„Beim nächsten Vollmond sei bereit. Ich lasse dich abholen“, bestimmte das Männlein zufrieden und ging seiner Wege.
Nach einigen Tagen des Abschiednehmens stand der kugelrunde Mond am Himmel. Da kam ein riesengroßer, zottiger, weißer Wolf aus dem Wald, auf dessen Rücken die Prinzessin stieg.
Ein wilder Ritt begann. Der Wolf trug sie über Stock und Stein, abseits der gebahnten Wege. Sie hatte alle Hände voll zu tun, sich am dichten Fell festzuhalten, um nicht hinunterzufallen. Nach einer Weile fragte sie: „Bitte, wie lange muss ich noch so reiten?“
„Sei still!“ fauchte der Wolf und rannte weiter.
Die Prinzessin klammerte sich mit aller Kraft fest. Immer holpriger und heftiger wurde der Ritt. Zweige peitschten ihr Gesicht und Dornen zerrissen ihr Gewand.
„Bitte, wie weit ist es denn noch zum schwarzen Männlein?“, rief sie nach einer Weile abermals.
„Sei still und halt dich fest! Bis zum Glasberg ist’s noch weit!“, knurrte der weiße Wolf, warf ihr aus feurigen Augen einen flüchtigen Blick zu und rannte dann noch schneller.
So gut sie konnte, klammerte sich die Prinzessin fest und schwieg, bis sie fürchtete, sich nicht mehr halten zu können, denn der Wald wurde immer unwegsamer.
„Bitte“, stieß sie hervor, „wann sind wir denn endlich da?“
Da heulte der Wolf einmal kurz und laut, bäumte sich auf, warf sie ab und war gleich darauf im Unterholz verschwunden.
Die Prinzessin kam auf die Füße, schaute sich um und ging los, ohne auf die Dornen zu achten, die an ihrem Gewand zerrten. Als es finster wurde, sah sie zwischen den Bäumen ein Licht funkeln, ging darauf zu, fand eine Hütte und klopfte an. Eine alte Frau öffnete ihr und ließ sie ein. Über dem Feuer brodelte ein Topf mit Hühnersuppe. Die Prinzessin bekam eine Schüssel voll davon, aß mit der Alten und erzählte ihr, was ihr geschehen sei.
„Weißt du“, fragte sie zum Schluss, „wo ich den weißen Wolf finden kann?“
Die alte Frau schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid. Ich weiß nicht, wo er wohnt. Aber geh zum Wind. Der bläst überall hinein und kann ihn dabei leicht getroffen haben. Bleibe über Nacht bei mir. Ich will dir ein Lager richten. Und morgen früh zeige ich dir den Weg zu seiner Hütte. Nimm dir die Hühnerknochen aus der Suppe mit. Die können dir noch nützlich sein.“
Und so geschah es.
Am Abend sah die Prinzessin ein flackerndes Licht zwischen den Bäumen, ging hin, fand eine Hütte und klopfte an. Der Wind war zuhause. Er kochte Hühnersuppe und lud sie zum Essen ein. Sie erzählte von ihren Abenteuern und endete mit der Frage: „Weißt du, wo der weiße Wolf wohnt?“
„Nein“, brauste der Wind, „vom weißen Wolf weiß ich nichts. Aber ich rate dir, frag die Sonne. Die ist den ganzen Tag unterwegs und schaut überall hinein. Übernachte bei mir und morgen will ich dir den Weg zu ihrer Hütte weisen. Und nimm dir die Hühnerknochen aus der Suppe mit. Du wirst sie alle brauchen.“
So geschah es.
Nach langer Wanderung sah die Prinzessin ein Licht durch den dämmrigen Wald funkeln und gelangte zur Hütte der Sonne. Sie klopfte an. Die Sonne war zu Hause, kochte eine Hühnersuppe und hieß sie willkommen. Sie aßen und die Prinzessin erzählte von ihrem Weg. „Weißt du, wo der weiße Wolf zu finden ist?“, fragte sie schließlich.
„Vom weißen Wolf weiß ich leider nichts“, bedauerte die Sonne. „Aber übernachte bei mir und geh morgen zum Mond. Den Weg zu seiner Hütte zeige ich dir und der Mond ist unterwegs, wenn sonst keiner unterwegs ist, und schaut, wenn sonst keiner schaut. Vielleicht weiß er etwas und kann dir helfen. Nimm dir diese guten Hühnerknochen mit.“
Am nächsten Tag ging sie lange in die angegebene Richtung, wurde sehr müde und auch mutlos, gelangte aber endlich zur Hütte des Mondes. Der Mond war zu Hause. Und was kochte er? Hühnersuppe natürlich. Nach dem Essen lehnte die Prinzessin sich zurück, wagte kaum zu fragen, konnte doch nicht anders. Sie erzählte ihre Geschichte, wie wir sie nun auch gehört haben, stellte ihre Frage und wartete zitternd auf die Antwort.
„Leider“, antwortete der Mond, „habe ich keine Ahnung, wo der weiße Wolf wohnt. Aber gib nicht auf. Lass uns über die Sache schlafen. Morgen kann die Welt ganz anders aussehen.“
Und wirklich begrüßte er sie am nächsten Morgen mit einer Idee: „Ich weiß, wo du fragen kannst. Im Glasberg feiert der Prinz des Waldes Hochzeit. Da ist allerlei Volk geladen, und dort kannst du fragen. Irgendwer von ihnen wird es schon wissen.“
„Der Glasberg! Das ist es!“, rief die Prinzessin und sprang auf. „Davon hat der weiße Wolf gesprochen!“ Schon wollte sie davonrennen, da rief der Mond ihr nach: „Nimm die Hühnerknochen aus der Suppe mit. Du wirst sie brauchen.“ In aller Eile griff sie nach den Knochen, dankte hastig und lief in die Richtung, die der Mond gezeigt hatte, davon.
Sie gelangte zum Glasberg. Aber der war steil und glatt wie Eis. Das Glas hatte scharfe Kanten und Spitzen. Beim Versuch hinaufzuklettern rutschte sie aus, fiel hin, glitt wieder hinab und blutete aus vielen Schnitten.
Da fielen ihr die Hühnerknochen ein. Sie legte sie auf das Glas und sie rutschten nicht. Nun konnte sie über die Knochen Schritt für Schritt aufwärts gehen. Beschwerlich war es, aber sie erreichte beinah den Gipfel des Glasbergs und hörte bereits Musik aus dem Berg hervordringen. Doch da waren die Hühnerknochen aufgebraucht.
„Hätte ich nur beim Mond alle Knochen mitgenommen“, dachte sie nun. Aber wie es oft ist, nachher weiß man es besser als zuvor und es hat keinen Sinn, über vergossene Milch zu weinen. Und weil die Prinzessin nichts dringender wollte, als in den Glasberg hineinzukommen, schnitt sie sich einen kleinen Finger ab, legte diesen auf den Berg und gelangte glücklich auf den Gipfel. Von dort führt eine Treppe in den Berg hinein, wo in einem großen kristallenen Saal ein herrliches Fest im Gange war.
Die Prinzessin erkannte auf den ersten Blick das schwarze Männlein, wenngleich es seine Erscheinung sehr verändert hatte. Vornehm stand es in Gestalt eines strahlenden Prinzen an der Seite einer anderen Prinzessin. Als Braut und Bräutigam begrüßten sie die Gäste.
In ihrem zerrissenen und verschmutzten Kleid, verschwitzt und nach wildem Wolf riechend, fiel die Prinzessin in der festlich gekleideten Menge sofort auf. Die Feiernden rückten von ihr ab und rümpften die Nasen. Sie aber nützte den so entstehenden Raum, trat in die Mitte des Saales und erzählte, wie sie es auf ihrem Weg schon so oft getan hatte, ihre Geschichte.
Ihre Stimme klang voll und schön. Sie füllte den Raum und umspielte die Zuhörenden.
So wurde auch der Prinz auf sie aufmerksam. Zuerst dachte er, da habe sich eine Bettlerin oder Gauklerin bei seinem Fest eingeschlichen. Aber dann hörte er, woher die Prinzessin kam, was sie alles hinter sich hatte, wie sie dem schwarzen Männlein versprochen worden und auf dem weißen Wolf geritten war, wie sie Wind, Sonne und Mond befragt hatte, wie sie eine Treppe aus Hühnerknochen bestiegen und ihren kleinen Finger hergegeben hatte, nur um zu ihm zu kommen. Und nachdem er all das vernommen hatte, da trat er auf sie zu und schaute sie staunend an. Im Glasberg, inmitten der festlichen Gesellschaft, tanzten die beiden miteinander.
Die andere Prinzessin fand ihr Glück in ihrer eigenen Geschichte. Aber der Prinz, der ein schwarzes Männlein gewesen war, und die Prinzessin, die auf dem wilden, weißen Wolf geritten war, diese zwei feierten Hochzeit und leben froh bis auf den heutigen Tag.
Mushkil Gusha
aus Persien
Es war einmal ein armer Brennholzsammler, der seine Familie recht und schlecht unter großen Mühen ernähren konnte. Eines Tages war er unterwegs, fand aber an allen seinen Klaubholzplätzen nur leergefegte Flächen. Er streifte immer weiter umher, betrat Gebiete, die er sonst als zu weit entfernt gemieden hatte, und gelangte schließlich auf eine weite, karge Ebene, auf der es dürre Dornensträucher gab.
„Das ist immerhin ein brauchbares Unterzündholz. Es ist wenigstens etwas und das Einzige, was ich derzeit finde“, dachte er sich und machte sich, ohne auf die Schrammen und Kratzer zu achten, ans Abbrechen und Sammeln der dünnen Zweige.
Als es dämmerte, packte er das Reisig auf seinen Rücken und wanderte nach Hause, wo er lange nach Einbruch der Dunkelheit müde ankam. Seine Frau hatte den Riegel schon vorgelegt und in der Hütte rührte sich nichts. Erschöpft sank der Brennholzsammler vor der Tür nieder und fiel in einen unruhigen Schlaf, aus dem er, von seinen Sorgen unsanft geweckt, vor Sonnenaufgang wieder auffuhr. Er rappelte sich auf, erblickte das dornige Holz, das er am Vortag gesammelt hatte, und beschloss: „Am besten gehe ich gleich wieder dorthin und besorge mehr.“
Bis zum Abend raffte er drei Bündel dornige Zweige zusammen und schleppte sie nach Hause. Aber weil der Weg so weit war, war es spät und die Tür verschlossen. Wieder schlief der Erschöpfte vor der Tür seiner Hütte, eilte frühmorgens los, kehrte spät zurück, saß da wie ein Häuflein Elend.
Da hörte er Pferdegetrappel näher kommen und hoffte auf einen Brennholzkäufer. Ein vornehm wirkender Mann kam daher geritten. Sie grüßten einander.
„Warum siehst du so bekümmert aus?“, fragte der Fremde freundlich. Da erzählte der Brennholzsammler eben das, was wir schon geschehen sahen.
„Mein Freund, ich will dir helfen“, sprach der Reiter. „Steig hinter mir aufs Pferd, sprich sieben Gebete und schließe deine Augen.“ Das tat der Brennholzsammler.
Zuerst waren ihm die Geräusche und Gerüche der Gegenden, durch die sie ritten, noch vertraut, aber dann erreichten neue, ihm unbekannte Reize Nase und Ohr. Der Fremde ließ das Pferd anhalten und sagte: „Jetzt sprich abermals sieben Gebete, öffne deine Augen und steig vom Pferd.“
Da stand der arme Mann auf dürrem Boden mit nichts als Steinen um ihn her. Der Reiter jedoch blickte aufmunternd auf ihn hinunter.
„Nimm!“, nickte er ihm zu und zeigte eine Geste, als höbe er Steine auf und steckte sie ein.
Der Brennholzsammler spürte die freundliche Absicht und wollte den wohlwollenden Mann nicht enttäuschen. Also füllte er seine Taschen mit Steinen. Von dem Fremden ermuntert nahm er mehr und mehr, bis die Taschen prall voll waren.
„Und jetzt steig hinter mir aufs Pferd, sprich sieben Gebete und schließe deine Augen.“
Sie ritten zurück. Der müde Mann erkannte heimatliche Geräusche und Gerüche. Sie hielten an.
„Öffne die Augen, sprich sieben Gebete und steig vom Pferd“, hörte er den anderen sagen.
Da stand er nun, die Taschen schwer, rundum die hageren Dornenholzbündel, die Hütte nächtlich versperrt.
„Von heute an“, sprach der Reiter, „wendet sich dein Schicksal. Erzähle jeden Donnerstag von dem, was dir heute widerfahren ist. Rufe Freunde und Verwandte zusammen, bewirte sie mit Datteln und Rosinen und erzähle ihnen von mir, von Mushkil Gusha und erzähle von dem Guten, das ich dir heute getan habe.“
Der Brennholzsammler nickte und winkte zum Abschied, während der freundliche Fremde seiner Wege ritt. „Ach Freund, was weißt du denn vom Leben der Armen. Wie sollte ich Datteln und Rosinen haben, geschweige denn verschenken können?“, dachte er.
Irgendetwas schien jedoch anders zu sein als zuvor. Der Brennholzsammler klopfte an die Tür seiner Hütte und rief nach seiner Frau. Sogleich wurde geöffnet. Sie umarmte, küsste und begrüßte ihn und fragte, wo er die ganze Zeit geblieben sei.
Sie stellte eine dampfende Schüssel mit magerer Suppe, die noch im Hause war, für ihn auf den Tisch und bat ihn, alles Geschehene zu erzählen. Als er sich setzen wollte, drückten die Steine in seinen Taschen. Er leerte sie unter den Tisch, zu müde, um den Riegel nochmals zu öffnen und sie nach draußen zu bringen. Sie gingen zu Bett und begrüßten einander wie Frau und Mann, die einander viel länger als drei Nächte vermisst haben. Dann schliefen sie zufrieden ein.
In der Nacht träumte der Brennholzsammler, er erwache und sehe die Hütte von einem seltsamen Licht erfüllt, mit allen Farben und geheimnisvollem Leuchten übergossen. Ihm war, als stehe er auf, suche die Ursache der Helligkeit und sehe, dass die Steine unter dem Tisch strahlten. Er träumte, auch seine Frau stehe auf und staunte mit ihm.
Als er am Morgen auf seinem vertrauten Lager erwachte, ließ er die Augen noch geschlossen, tastete nach seiner Frau.
„Guten Morgen, mein Lieber“, flüsterte sie. „Wie schön, dass du wieder da bist.“
„Ja“, seine Stimme war rau. „Du, ich hatte einen schönen Traum, seltsam aber schön: Ich stand in der Nacht auf und die Steine, die ich gestern unter den Tisch warf, um mich zu erleichtern, leuchteten wie Kostbarkeiten.“
„Wirklich?“, fragte seine Frau. „Ich habe das Gleiche geträumt.“
Da sprangen sie beide auf, gingen zum Tisch und fanden die Steine, leuchtend in allen Farben.
Die Tochter erwachte und freute sich mit ihnen über den schönen Anblick, noch mehr aber über die gesunde Rückkehr ihres Vaters.
„Vielleicht sind diese Steine nicht nur schön, sondern wirklich wertvoll. Vielleicht gefallen sie jemandem. Ich gehe in die Stadt und versuche, sie zu verkaufen“, meinte die Mutter.
So schlenderte sie durch die Straßen, schaute, in welchen Läden kostbare Steine lagen, wählte endlich einen Händler aus und hielt ihm einen mittelgroßen, grünen Stein entgegen. Dieser begutachtete ihn.
„Was gibst du dafür?“, fragte die Frau des Brennholzsammlers.
„Ein Goldstück“, bot dieser an.
Die Frau, die in ihrem Leben noch nicht mehr Bares als drei Kupferstücke zusammen gesehen hatte, sah ihn prüfend und tadelnd an. „Glaubst du, du kannst mich verspotten, nur weil ich in einfachen Kleidern vor dir stehe? Sag mir ehrlich, was der Stein wert ist“, forderte sie.
Da begutachtete er den Stein genauer, drehte und wendete ihn, hielt ihn gegen das Licht. „Also gut“, sagte er mit schiefem Lächeln, „zehn Goldstücke.“
„Du hast mich nicht verstanden“, sprach die Frau mit strengem Blick. „Verspotte mich nicht. Gib mir augenblicklich das, was dieser Stein wirklich wert ist, oder ich verkaufe ihn anderswo.“
Der Händler nahm den Stein unter Seufzen ein drittes Mal unter die Lupe und zählte hundert Goldstücke auf den Tisch.
Die Frau atmete tief durch. Dann nahm sie das Geld, nickte dem Händler zu und ging ihrer Wege. Sie kaufte Speisen für ein Mahl, wie es die Brennholzsammlerfamilie noch nie zuvor genossen hatte, ein neues Tuch für ihre Tochter, den besten Tee, Tabak für ihren Mann und etwas Baklava, das sie besonders liebte.
In der ärmlichen Hütte begann Schritt für Schritt ein anderes Leben. Jeden Tag verbesserten sie hier eine Kleinigkeit, kauften dort etwas Neues, beauftragten Handwerker mit Reparaturen, ließen einen Keller und einen Schuppen errichten und fügten Annehmlichkeit zu Annehmlichkeit.
Eines Tages sprach die Tochter: „Ich mag unsere Hütte und sie ist in der letzten Zeit wirklich schön geworden, aber wie wäre es, wenn wir in einem Palast wohnten? Ich habe beim Spazierengehen den Palast des Sultans gesehen. In so etwas lässt es sich sicher schön wohnen.“
Da nahm die Frau des ehemaligen Brennholzsammlers einige Steine und kaufte den Palast gegenüber dem des Sultans, der ebenfalls sehr prächtig war. Da lebte die Familie nun glücklich und in Freuden.
Zufällig ergab es sich, dass die Tochter des ehemaligen Brennholzsammlers der Prinzessin begegnete. Die beiden freundeten sich an, spielten im Schlosspark und im Palast und gingen im nahen Fluss an einer heimlichen Stelle baden.
So vergingen die Tage. Doch eines Morgens, weit vor der Zeit, zu der reiche Leute aufzustehen pflegen, polterte jemand grob an des ehemaligen Brennholzsammlers Tür. Er ging hin, öffnete und wusste nicht, wie ihm geschah. Denn er wurde ohne Erklärung von den Wachen des Sultans gepackt und auf dem Hauptplatz in den Pranger gesperrt.
Da stand er nun und verstand nicht, wie ihm geschehen war. Die Vorübergehenden würdigten ihn keines Blickes. Die Sonne stieg höher. Der arme Mann grübelte, denn sonst blieb ihm nichts zu tun: „In all den Jahren, in denen ich ein armer Brennholzsammler war, lebte ich ungestört und nie haben die Wachen des Sultans mich behelligt. Was mag bloß dahinter stecken? Nun, da ich ein reicher Mann bin, geschieht mir dies!“
Und er dachte daran zurück, wie er reich geworden war. Er erinnerte sich an die Dornensträucher, die seinen Rücken beim Tragen zerrissen hatten, an die Trübsal und die Sorge, dass er und seine Familie verhungern müssten. Dann fielen ihm der Reiter, die Gebete, der fremde Ort und die Steine ein. Er staunte über ihre Verwandlung und den Traum, der keiner gewesen war. „Wenn mein Wohltäter wüsste, wohin mich das alles geführt hat …“, dachte er, „ob er käme, um mich zu retten?“
Der Mann am Pranger seufzte. „Wie hieß er nur? Er hat es damals gesagt …“ Er murmelte vor sich hin: „Muki … shika … Shiku … Muka … Kasha … Mushki … Gusho … Gusha? Ja: Mushkil Gusha, das war es!“
Er war erleichtert, dass ihm der Name eingefallen war. In diesem Moment tauchte noch eine Erinnerung auf. „Datteln und Rosinen!“, rief er. „Als Brennholzsammler hätte ich sie mir nicht leisten können, aber dann ... Ach je! Ich sollte sie verschenken und seine Geschichte erzählen!“
In diesem Moment sah er zu seinen Füßen im Staub etwas funkeln. Es war ein Kupferstück. Er reckte und streckte sich und schaffte es mit großer Mühe, trotz des Balkens, der Hals und Hände hielt, sich hinunterzubeugen und das Geldstück in die Finger zu bekommen.
„Hallo“, rief er über den Platz, so laut er konnte und richtete sich auf, so gut es ging. „Ihr Leute, kommt und hört die Geschichte von Mushkil Gusha! Esst Datteln und Rosinen und lasst euch etwas Gutes erzählen!“
Aber keiner beachtete ihn, bis endlich ein Mann den Hauptplatz betrat, der unterwegs war, um ein Leichentuch für seinen Sohn zu kaufen, der im Sterben lag. Er dachte sich: „Der arme Kerl. Er scheint recht verzweifelt zu sein. Ich will ihm den Gefallen tun. Vielleicht ist das Allah wohlgefällig und er gewährt meinem Sohn einen guten Weg in der anderen Welt.“
Er ging hin, nahm das Geldstück entgegen, kaufte Datteln und Rosinen und lauschte der Erzählung des ehemaligen Brennholzsammlers. Nach und nach kamen weitere Zuhörende dazu, aßen die süßen Früchte und hörten, was dem Mann im Pranger widerfahren war, lange bevor er in diese Notlage geraten war. Sie fragten nach und jenen, die zuletzt gekommen waren, erzählten sie die Geschichte in ihren Worten, wunderten sich und fragten dies und das.
Auf einmal horchte der Mann, der das Leichentuch für seinen Sohn hatte kaufen wollen, auf. Die Stimme seiner Frau rief seinen Namen über den Platz. Er lief hin und erfuhr, dass sein Sohn wie durch ein Wunder auf dem Wege der Besserung sei und wohl bald wieder ganz gesund sein werde. Er eilte zu ihm.
Da begann der Brennholzsammler seine Geschichte noch einmal von vorn. Aber er kam nicht weit damit, denn die Palastwachen marschierten auf den Platz, sperrten die Schlösser des Prangers auf, verneigten sich vor dem Befreiten und teilten ihm mit, der Sultan werde ihm persönlich erklären, was geschehen sei. Er sei mit seiner Familie in den Palast eingeladen, solle sich aber erst nach Belieben zuhause erfrischen.
Der Sultan begrüßte die Nachbarsfamilie in aller Freundlichkeit und erklärte, was geschehen war: Der Erbschmuck der Tochter, eine kostbare Halskette, war auf unerklärliche Weise verschwunden. Der Verdacht war auf die Freundin der Prinzessin gefallen, da nur sie sich unbeobachtet in den Gemächern der Prinzessin aufhalten konnte. Man hatte sofort angenommen, ihr Vater, ein Mann von zweifelhafter Herkunft, habe sie zum Diebstahl angestiftet. Dann war der Wesir ein wenig voreilig gewesen. Kurz nachdem der Verdächtige an den Pranger gestellt worden war, hatte die Zofe der Prinzessin den Schmuck an einem Zweig beim Fluss gefunden. Dort hatte die Prinzessin ihn beim Baden hingehängt, damit ihm nichts geschähe, und hatte ihn dann vergessen.
Der Sultan entschuldigte sich in aller Form für die zugefügten Unannehmlichkeiten. Die Familien tranken auf gute Nachbarschaft und auf die Freundschaft der Töchter und dann verabschiedete man sich in aller Freundlichkeit.
Der Mann, der kein Brennholzsammler mehr war, lebte noch lange in Glück und Wohlbefinden, erzählte jeden Donnerstag die Geschichte von Mushkil Gusha und verschenkte dabei Datteln und Rosinen.
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