Kitabı oku: «Am Tintenfluss»

Yazı tipi:

Maria Winter wurde im Januar 1937 geboren. Sie lebt mit ihrer Familie in Wesel-Bergerfurth am Niederrhein.

Die Hausfrau, Mutter und Oma hat an Schreibwerkstätten teilgenommen und ihre Texte unter anderem in Anthologien veröffentlicht.

„Am Tintenfluss“ ist ihr erstes eigenes Buch.

Ihr Motto:

Liebe ist nicht nur ein Wort.

Liebe, das sind Worte und Taten.

(Kirchenlied mit Text von Eckart Bücken, 1973)

Maria Winter

AM TINTENFLUSS

Engelsdorfer Verlag

Leipzig

2014

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Copyright (2014) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte beim Autor

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

www.engelsdorfer-verlag.de

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Dank

Selbstportrait

Mein Ort

Das Gänse-Ei

Der Kartoffelverkäufer

Sonnenstrahl

Komischer Kauz

Nur Mut tut gut

Gewitter reinigt die Luft

Gartenparty

Herbsttag

Buttermilchsoße mit Speck

Abendvorstellung

Mairegen

Der grüne Koffer

Die Mitreisende

Sommerabend

Riskante Fahrt

Nur Raben

Die schwarzen Geranien

Das Dickebohnen-Sieb

Böse Mächte

Das Finale

Am Tintenfluss

Ausgedient

Das rosarote Fahrrad

Glückstag

Die Zwillingsschwester

Dat Malör

Dorfkirmes

Einmachzeit

Blauer Dunst

Niederrhein

Mundraub

Stillstand

Schnäppchenjagd

Von den weißen Mützen

Dialekt

Lesefieber

Mein Frühling

Sommersonntag in meiner Kindheit

Das Jesuskind ist weg

Brief

Das weiße Gold

Dou soest net stählen

Nur ein Traum

Emma Kornblume

Tilly, der Therapiehund

Die Schwalbenschwanz-Raupe

Die dicke Blaue

Nächtlicher Besuch

Alte Zöpfe

Das kranke Kind

De Spenn

Die heilige Erstkommunion

Die Entscheidung

Herbstnebel

Kartoffelferien

Liebe Julia!

Das Spekulatius-Brett

Liebe auf den ersten Blick

Sommerwind

Der rote Flitzer

Gewitter

Die Geburt des Lammes

Festwetter

Feierabend

Rosa Blütentraum

Blumenzauber

Blattgeflüster

Die Apfelschälerin

Der Handkuss

Nur Du

Gestörte Ruh

Plötzliches Wiedersehen

Mit Hand und Fuß

Waldkonzert

Aus der Wanne blasen

Abschied

De Läsebrill

Dank

Ich danke meinen Lehrern aus der „Schreibwerkstatt“ Alfons Huckebrink und Frank Lingnau. Sie haben mir das Fenster zur Literatur geöffnet.

Auch danke ich meiner Familie und nicht zuletzt meinen Schreibfreunden aus der Wasserburg Rindern. Sie waren mit demselben herrlichen Ziel unterwegs wie ich: das schöne Handwerk Prosa und Lyrik zu erlernen.

Selbstportrait

Wiege in der Bauernkate.

Kindheit hart – doch fröhlich.

Mit der Natur vereint.

Früh fremde Pfade erkundet.

Zu jedem Spaß aufgelegt.

Freundlich gläubig

den geraden Weg gegangen.

Wurzeln geschlagen

in lehmiger Erde.

Früchte getragen.

Arbeit zur Freundin.

Marktfrau und Magd zugleich.

Umwickelt freie Zeit

in Muße und Poesie.

Mein Ort

Schau in die Ferne

und komm gleich zurück

Die schwere klebrige Erdscholle

Die weiten fetten Wiesen

Kopfweiden und Dornenhecken

rotbunte Kühe

Die üppige Vielfalt der Feldblumen

Das Rufen der Feldhühner

Jahrhunderte lang

im Augenblick

verkauft

geplündert

der goldene Verdienst

alles Kies

See an See an See

O je, O je.

Das Gänse-Ei

Es war im Frühjahr, vielleicht Ende Februar. Wir Kinder vom Heidehof spielten schon draußen in der warmen Sonne. An der Südseite des Hofes war der Kuhstall, dort lag auch der Misthaufen. Auf dem Hof lief das Federvieh frei umher. Auch junge Hunde und Katzen gehörten dazu. An so einem warmen Frühlingsmorgen hatte die Gans in einer Ecke des Misthaufens ihr Nest hergerichtet. Direkt neben dem Mäuerchen, der Abgrenzung zur Kuhstallwand. Wegen des trockenen Strohs und der Daunen war es warm. An diesem Morgen legte die Gans ihr erstes Ei.

Ich fand es. Schneeweiß und dick, rau fühlte es sich an. Im Vergleich zu den kleinen Hühnereiern, war es schon etwas Besonderes. Ich freute mich, das erste Gänse-Ei. Ich rief die jüngeren Geschwister herbei und lief mit dem Ei ins Haus zur Mutter. Da standen wir nun und freuten uns. Ich tanzte von einem Bein auf das andere. Jeder durfte das Ei einmal halten. Als ich wieder an der Reihe war, um das Ei zu halten, fiel es mir plötzlich aus der Hand. Gerade neben den alten Küchenschrank, wo die Treppe nach oben führte. Ich bekam so eine schreckliche Angst, dass ich zwei Treppenstufen auf einmal nahm. Ich hastete nach oben. Im Schlafzimmer versteckte ich mich im Kleiderschrank und fürchtete mich sehr. Mein Herz klopfte wild. Ich dachte mir, die anderen kommen ganz gewiss, um mich zu suchen. Ich lief hinaus aus meinem Versteck, durch die Tür neben dem Schlafzimmer zum Heuboden. Von dort konnte ich durch die Pferdereufe hinunter in den Pferdestall schlüpfen und von dort nach draußen.

Alles musste schnell gehen, denn ich hatte schrecklich Angst. Draußen hinter der Scheune sank ich in die Knie und weinte. Das mir so etwas passieren musste. Die Geschwister riefen und suchten mich, doch ich konnte nicht antworten. Als sie mich gefunden hatten, ging ich laut schluchzend mit ihnen in Haus. Auf der Tenne, wo die Kühe standen kam uns die Mutter entgegen. Sie nahm mich in ihre Arme und tröstete mich.

Sie sagte: „die Gans legt übermorgen wieder ein Ei!“

Der Kartoffelverkäufer

Sie sahen ihn schon von weiten auf sich zukommen, denn er fiel auf. Er war ein knurriger, unzufriedener Mann. Seine olle Jacke war halb geöffnet. Um den Hals trug er ein speckiges, rotes Halstuch und unter dem braunen Hut lugten fettige Haare hervor. Pünktlich war er an den Markttagen auf seinem zugewiesenen Platz. An seinem Zweimeterstand verkaufte er Kartoffeln. Kam eine Kundin und wollte ein halbes Kilo, machte er nur abweisende Handbewegungen, was so viel bedeutete wie „Weitergehen.“ Dafür stand er nicht von seiner ihm als Sitz dienenden Kiste auf, wenn er gerade nicht sowieso Kundschaft hatte. An einem frühen Markttag kam der Marktmeister mit einer jungen Frau und sagte, „Hier sind noch drei Meter frei, da können sie vorerst verkaufen!“. Die junge Frau brachte Obst und Gemüse mit, wollte auch sogleich den Stand aufstellen. Der Kartoffelverkäufer wurde mürrisch, drohte und schimpfte. Sich laut aufplusternd fragte er, „Was tust du hier? Bleib wo du bist. Keinen Zentimeter geb ich ab!“ Die junge Frau ließ sich nicht einschüchtern. Sie lächelte nur. Gegen Mittag packte er seine Sachen zusammen, lud alles auf einen kleinen Anhänger, spannte sein Moped davor, schob sein Gespann die kurze Straße entlang und fuhr davon.

Am anderen Morgen wurde er wieder laut. Sein Verhalten glich einem drohenden Gewitter. Er polterte und donnerte, um genug Platz zu haben. Als er für kurze Zeit seinen Stand verließ, legte die junge Frau ihm eine Birne in die Als er dies sah, stand er wie angewurzelt da. Er nahm die Birne aus der Waagschale, als müsse er Kohlen aus dem Feuer holen. Seine Blicke sagten das aus, was er dachte. Die junge Frau sah, wie er die Birne aß – er verschlang sie in seinem fast zahnlosen Mund. Der Saft tröpfelte durch seinen stoppeligen grauen Bart herunter auf seine staubige Hose. Mit dem Handrücken wischte er den Mund ab. Noch schmatzend sagte er zur jungen Frau „Wieg mir zwei Kilo davon ab!“ Ein zu erahnendes Lächeln lag auf seinen Lippen.

In den nächsten Wochen wurde der Markt wegen Bauarbeiten verlegt. Alle Stände waren schon am neuen Standort aufgebaut, nur der alte Kartoffelverkäufer wollte seinen angestammten Platz nicht verlassen. Er wurde von Bauarbeitern mitsamt seiner Kartoffelkiste auf die andere Straßenseite getragen. Seit diesem Tag ist der Kartoffelverkäufer nicht mehr gesehen worden.

Sonnenstrahl

Ein Sonnenstrahl spaziert

auf meinen Schreibtisch,

hüpft auf meine Hand

und wärmt sie.

Ich kann es nicht begreifen,

dieser dünne warme Streifen,

er will sogleich weiterziehen.

Da schreib ich ihm aufs Papier:

He du, bleib hier!

Komischer Kauz

Die Frühlingssonne lockt ihn auf die Straße. Da fährt er wieder mit seinem Fahrrad: Der olle Wellm aus der Flutstraße. Er fährt im Schneckentempo. Immer hat er eine verblichene Ledertasche auf dem Gepäckträger. Sein alter Spitz mit grauem Bart schaut mit dem Kopf aus der Tasche. Der Reißverschluss ist bis zu seinem Hals zugezogen. Wellm lässt sich nicht in die Augen schauen. Er trägt immer eine Sonnenbrille. Sin Gesecht lickt wie ne olle Toffel. He drög old affgedrängend Tuch, schwatte Schoh met witte Bänder. Ein komischer Kauz. Immer hatte ich Tor und Tür geschlossen, wenn ich ihn fahren sah.

Eines Abends bei meiner Radtour durch die Feldwege in einer engen Kurve, wo die Zweige von Rotdorn und Schlehe die Sicht versperrten, kniet dieser Kauz plötzlich vor mir auf dem Weg. Zum Umkehren ist es zu spät. Mein Herzschlag erhöht sich, Wellm kramt in seiner Tasche. Ich sehe, dass ein Buschmesser, eine Schere und ein Hammer auf dem Weg liegen. Das Blut pocht mir bis in die Haarspitzen. Sein Hund ist ans Fahrrad gebunden und bellt heiser. Da sieht mich der olle Wellm und spricht mich in einem sehr freundlichen Ton an. „Haben sie eine Luftpumpe dabei?“

Wenn er jetzt bei uns vorbeifährt, winkt er mir zu und ich winke zurück.

Nur Mut tut gut

Es ist ein milder Frühlingsmorgen, als Jens Ahnen aus der Haustür tritt. Er gibt seiner Frau Rita einen Abschiedskuss. „Du musst heute mit dem Hund gehen, sonst komme ich nicht pünktlich ins Büro“, sagt er und steigt ins Auto. Susann, die Älteste, ruft beim Hinausgehen: „Bitte Mami, bügele die rosa Bluse. Die brauche ich dringend heute Nachmittag.“ Peter, der älteste Sohn, ruft: „Mami, denk bitte daran, dass ich um 15 Uhr Fußballtraining habe und das mein Trikot bis dahin fertig ist.“ Tim springt die Treppe herunter und trällert: „Mami, kannst du bitte mein Kaninchen füttern, ich habe es vergessen“. „Ja doch“, erwidert sie. „Jetzt aber schnell, sonst verpasst du den Schulbus.“ Rita beeilt sich, die Wohnung aufzuräumen. Zuletzt die Küche. So ein Durcheinander, denkt sie und ordnet die Müllberge. Sie nimmt die Zeitungen von gestern.

Ihr Blick fällt auf eine fettgedruckte Anzeige. „Jede Woche neu. Ruhe tanken von montags bis freitags.“ Alles inklusive für 150 Euro im Kloster. Das ist preiswert, denkt Rita und lässt sich auf einen Küchenstuhl nieder. Sie liest die Anzeige noch einmal. Da hat Rita plötzlich eine Idee. Sie denkt, dass sie sich für ein paar Tage von der Hausarbeit befreien sollte. Einfach weg, um Ruhe zu tanken. Sie überlegt, wie viel Geld sie hat und ihr fällt ein, dass sie ja noch eine stille Reserve hat. Dorthinein steckt sie immer etwas vom Haushaltsgeld und das beim Kartenspielen gewonnene Geld.

Rita holt die Tasche, leert den Inhalt auf den Küchentisch und zählt. Sie hat mehr, als sie dachte. Sie weiß, dass um 11.05 Uhr ein Bus in die Stadt fährt. Kurz entschlossen geht sie in den Keller und holt die kleine rote Reisetasche. Sie läuft hinauf ins Bad, nimmt die Kulturtasche und packt nur das ein, was sie unbedingt benötigt. Sie nimmt ein paar Kleidungsstücke aus dem Schrank. Rita zieht den Hosenanzug an und ist im nächsten Augenblick reisefertig. Sie steht vor der Haustür. So nicht, denkt sie und geht zurück und holt ein Blatt Papier aus der Schublade. Rita schreibt: „Macht euch keine Sorgen. In ein paar Tagen bin ich wieder da. Gruß Mami.“ Sie legt das Blatt auf den Küchentisch. Rita läuft zur Bushaltestelle. Pünktlich fährt der Bus ab. Sie wählt einen Fensterplatz. Während der Fahrt blickt Rita über Wiesen und Felder, die aus dem Winterschlaf erwachen. Rita denkt: gut, dass keine Bekannten im Bus sind, sonst könnte aus einem Gespräch ein unangenehmes Frage- und Antwortspiel werden. Nach einer Stunde ist das Ziel erreicht. Sie kennt sich aus und bald ist sie am Kloster. An der Pforte läutet sie. Eine freundliche Schwester öffnet die schwere Eichentür.

Gewitter reinigt die Luft

Nach einer turbulenten Woche kommt es endlich zu einem Gespräch zwischen Rita und Jens. Sie bereitet in der Küche das Mittagessen vor. Jens faltet die Sportzeitung zusammen. Schließlich sagt er: „Nun Rita, was ist los?“ „Im September wird bei der Deutschen Bank eine Stelle frei, dieses Angebot reizt mich sehr. Spontan habe ich zugesagt.“ „Wie bitte, bist du verrückt? Ohne ein Wort vorher mit mir zu reden.“ „Was spricht dagegen?“, fragt Rita und wirft die geschälte Kartoffel ins Wasser, so dass die Spritzer an der Fensterscheibe landen. „Viel!“, sagt Jens. „Bis jetzt war doch alles prima!“ „Prima nennst du das? Ich renne durchs Haus und halte alles in Ordnung. Es klingt mir täglich in den Ohren: Mami hol mal. Mami tu mal. Mami kannst du nicht. Hört das denn nie auf?“ „Dieser Zustand hat jetzt ein Ende!“ Wütend wirft Rita die Kartoffel in den Topf und stellt ihn auf den Herd. „Das ist dein gutes Recht“, sagt Jens. „Wenn du alles unter einen Hut bringen kannst. Haushalt, die Kinder, deinen Blumengarten und den Beruf – dann bitte schön. Irgendetwas bleibt dabei aber auf der Strecke.“ „Blödsinn“, erwidert Rita mit solchem Nachdruck, dass Jens die Augen aufreißt. „Susann geht im nächsten Jahr zum Studium nach Berlin. Tim ist pflegeleicht und lernt sehr gut.“ Jens fällt Rita ins Wort: „Peter ist unser Sorgenkind. Er braucht deine Unterstützung.“ „Den werde ich nicht vernachlässigen.“ Rita schiebt sich die Haare hinter die Ohren. Sie schlägt die Schnitzel platt und wirft sie in die Pfanne. „Du bist das einzige Kind deiner Eltern. Sie haben alles für dich erledigt. Seit unserer Hochzeit mache ich es. Du brauchst dich nicht mehr bedienen zu lassen. Die Hausarbeit wird geteilt.“

„Rita, Rita, wie zum Teufel soll ich das mit meinem Beruf vereinbaren. Seit du im Kloster warst, bist du wie umgewandelt. So kenne ich dich nicht.“ Nachdenklich spitzt Rita die Lippen und rührt die Salatsoße an. „Wann waren wir zuletzt gemeinsam im Theater? Immer noch müssen wir die Kredite für unser Haus begleichen. Klar, du hast viel mit dem Radsport zu tun.“ Jens entgegnet: „Schlechter Stil ist im übrigen auch, wenn man einfach abhaut und seinen Mann mit den drei Kindern im Stich lässt“. „Ich wusste, dass ich dir meine drei Spatzen unbesorgt überlassen konnte.“ „Hast du nichts daraus gelernt?“, fragt Rita. „Doch, ich bin um eine Erfahrung reicher geworden. Ich habe dein warmes, herzliches Lachen vermisst. Deine Cleverness und Klugheit, wenn es um die Kinder geht und nicht zuletzt unser Bettkantengespräch am Abend.“ Rita drückt die Finger auf ihre Augen und sagt: „Ich bekomme Kopfschmerzen von all den nutzlosen Streitereien.“ Jens blickt aus dem Fenster und stößt einen Seufzer aus. Gerade als er etwas sagen will, stürzt Tim in die Küche und ruft: „Mami, ist das Essen fertig? Ich habe einen Riesenhunger.“

Gartenparty

„Hallo Rita, mach Feierabend“, ruft die Nachbarin Hanne über den Gartenzaun. „Deine Rosen und Hortensien blühen prächtig.“ Rita schneidet die letzten verblühten Rosen ab. Sie schaut auf, läuft zum Gartenzaun und begrüßt Hanne. „Ich möchte euch zur Gartenparty am Samstagabend einladen. Jeder bringt für das Buffet etwas mit.“ „Ich mache selbstgebackene Stutenschnitten“, erwidert Rita und bedankt sich für die Einladung. Im Gänsemarsch laufen Jens, Rita und Tim am Samstagabend durch den Garten zu Hanne. Jeder trägt eine Platte Stutenschnitten, belegt mit altem Bauernkäse und luftgetrocknetem Schinken. Der Grillrauch kommt ihnen entgegen. Hanne begrüßt die Drei und sie stellen die Platten aufs Buffet. Hannas Schwester Wilma kommt zu Rita und fragt: „In welcher Bäckerei hast du die Stuten gekauft?“ „In meiner“, erwidert Rita. „Hmm, es schmeckt ausgezeichnet.“ Die Stuten habe ich heute Morgen gebacken“. „Ich habe gar nicht gewusst, dass du so gut backen kannst.“ Wilma und Rita setzten sich auf die Gartenbank. Rita berichtet, wie sie als Kind bei ihrer Oma auf dem Bauernhof am Backtrog gestanden hat.

„Oma backte jeden Samstag Stuten. Brotbacken ist etwas sehr Lebendiges, besonders das Backen im Holzbackofen. Dazu gehörten nicht zuletzt die Freude am Selbermachen und das duftende, wohlschmeckende Brot. Die wertvollen Inhaltsstoffe des Getreides wurden durch die schonende Behandlung erhalten. Im Backhaus war es sehr warm. Neben dem Backofen stand der hölzerne Backtrog. Oft lief ich mit Oma ins Haus, um alle Zutaten zu holen. Auf der Upkammer stand der Vorrat von Mehl, Zucker und Salz. Die Stutenformen, Krüge und Tonschüsseln standen auf den Wandregalen. An der Decke hingen Leinensäcke mit getrockneten Äpfeln, Birnen und Pflaumen. Dort wurde das Brot auf Hängeregalen mäusesicher aufbewahrt. Zuletzt trug Oma einen Emailleeimer voll warmer Buttermilch und ich das große Stück Hefe. Sie sah in den Backofen. Vom Feuer ist nur die Glut übrig und die Steine sind weiß. Es ist heiß genug, sagte Oma und band sich eine lange, weiße Schürze um. Die Ärmel vom Kleid krempelte sie hoch. Für mich wurde es spannend. Sie macht eine Mulde in das Mehl. Die Hefe bröckelte sie hinein, gab Zucker und einen halben Eimer von der warmen Buttermilch dazu. Das Salz gab sie an den Rand des Mehls. Oma rührte zuerst mit einer Hand Hefe, Zucker, Buttermilch und Mehl untereinander. Dann knetete sie mit beiden Händen, so dass sie bis zu den Ellenbogen im Teich versank. Immer wieder musste ich von der warmen Buttermilch nachgießen. Es war Schwerstarbeit, den Teig von der einen auf die andere Seite in den Backtrog zu legen. Sie musste so lange kneten, bis er Blasen warf. Ich sah, wie Oma schwitzte und so mancher Schweißtropfen landete im Teig. Ab und zu stellte sie sich hin, um den Rücken gerade zu machen. Von ihr hing es ab, ob das Brot gelang. Es durfte nicht zu fest, zu locker oder zu klebrig werden. War Oma endlich fertig mit dem Kneten, streute sie etwas Mehl über den Teig und deckte ein großes Tuch darüber. Sie schimpfte oft: Blagen, Dör tu, net kleppern! Der Teig durfte keine Zugluft bekommen. Mit einem nassen Reisigbesen kehrt sie den Backofen aus. Ich staunte, wie sich der Teig vermehrt hatte. Er füllte den ganzen Backtrog. Oma schnitt vom Teig ein Stück ab und formte Stuten daraus. Als sie fertig war, standen zwölf Formen gefüllt mit Stutenteig und eine großes Blech mit Brötchen auf dem Tisch. Oma schnitt mit dem Brotmesser Kreuzzeichen in Stuten und Brötchen. Alles musste jetzt noch einmal aufgehen. Sie prüfte mit der Hand die Wärme des Backofens. Mit einem Holzschieber brachte sie die Formen weit in den Ofen. Nach kurzer Backzeit holte sie die Brötchen heraus. Eine Stunde ungefähr blieben die Stuten im Ofen.“

„Ich erinnere mich genau daran, als Oma einmal die Brote aus dem Ofen holte und auf den Rost stellte, schaute aus einem der Brote das Hinterteil einer Maus heraus. Wir Kinder lachten und kreischten – eine Maus im Stuten. Oma nahm das Brotmesser und schnitt das Brot halb durch. Das Stück mit der Maus gab sie den Hühnern, die eifrig das Brot aufpickten.“ „Wenn Oma die Brote aus dem Backofen holte, zog mir der frische Brotgeruch in die Nase. Ich bekam Hunger. Oma war streng. Nie bekamen wir frisches Brot direkt aus dem Ofen. Erst am Abend bekam jeder sein Brötchen. Dem Brot wurde stets besondere Achtung zuteil und niemals wurde ein Stück weggeworfen.“

„Komm Wilma, wir holen uns ein Schnittchen.“ Als die beiden zum Buffet kommen, schauen sie auf drei leere Platten.

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22 aralık 2023
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9783957446138
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