Kitabı oku: «Unerfüllte Träume einer jungen Liebe», sayfa 3
„Tolle Idee, Burli!“, rief Ulli aus. „Wir lassen den Spaziergang ausfallen, denn wir haben hier im Garten ungezählte Möglichkeiten, uns die Zeit zu vertreiben. Vielleicht ist in der Umgebung der andern Chalets, welche um uns herum stehen, noch irgendwo ein Komplize, der sich versteckt hat.“
„Gut mein Schatz, bleiben wir hier bei der Linde“, antwortete Diether ergeben. Doch dann fiel ihm ein, dass Ulli ihm von anderen Möglichkeiten berichtet hatte, deswegen fragte er auch danach: „Womit könnten wir uns denn noch die Zeit vertreiben, Kleines?“
„Ach, weißt du, Großer, wir können musizieren, lachen, singen und kuscheln.“
Diether unterbrach sie lebhaft: „Küssen zuerst, oder?“
„Och, du alter Genießer, du Schlingel!“ Bei diesen Worten hopste sie auf seinen Schoß, um ihn herzhaft abzubusseln.
Diether ließ sich das nur allzu gerne gefallen. Danach standen sie auf und packten das Geschirr und die andern Dinge aufs Tablett. Diether marschierte damit in den Flur und stellte es in den Küchenaufzug hinein, drückte den Knopf und leise surrend fuhr der Aufzug in die Küche. Beide stiegen sie die Treppe hinab und Diether ließ sich in der Raucherecke nieder. Uschi verschwand in die Küche und stellte sich die Utensilien zum Kochen parat.
„Was möchtest du heute als Menü essen, mein großer Held? Vielleicht einen Makkaroni-Wildauflauf. Oder hast du auf etwas anderes Appetit?“
„Och, ich kann uns auch eine Mahlzeit kochen, magst du einen Nudelauflauf mit Kalbsvögerl und Tomatensoße à la Marchart, Liebes?“
„Gern, Bub, nur müssen wir unsere Arbeit anders gestalten. Dann kochen wir die Nudeln frisch. Das Kalbfleisch wird gebraten und du zeigst mir, wie man aus Kalbsschnitzel die Vögerl macht.“
„Sehr gerne, meine Gnädigste!“, witzelte Diether grinsend. „Wir werden das Kind schon schaukeln.“ Ursula legte ihm alles zurecht und Diether legte los. Mit umgebundener Schürze stürzte er sich mit Feuereifer auf die Kalbsschnitzel. Die wurden mit Speckstreifen belegt und mit kleinen Gurken, dann wurden sie wie Rouladen zusammengesteckt und in den vorbereiteten Bratkessel gelegt. Die Fleischstücke wurden kurz angebraten und in den eingeschalteten, vorgewärmten Backofen gestellt. Nun konnten sie in Ruhe dort garen. Uschi hatte unterdessen die gekochten Makkaroni abgeschüttet und in eine gebutterte Auflaufform hineingegeben. Diether holte die Kalbsvögerl aus dem Ofen, jetzt legte er die Fleischstücke auf die gekochten Nudeln und begoss alles mit der zubereiteten Tomatensoße. Der Auflauf kam für dreißig Minuten noch einmal in die Backröhre. Nun hatten sie beide eine halbe Stunde für sich.
*
Die Liebeserklärung
„Uschilein, wie lange braucht der Auflauf im Ofen?“
„Jetzt ist es 12 Uhr … ungefähr bis 12:30 Uhr“, antwortete Ulli.
„Noch haben wir Zeit, um zu musizieren, was hältst du davon?“
„Sehr viel, Bub, wir werden dabei auf andere Gedanken kommen und an was Schönes denken“, erwiderte Uschi und beide gingen zum Klavier. Sie suchten die Noten von Franz Schubert heraus und Ursula förderte die Forelle zutage.
„An diesen Liedsatz hatte ich auch gerade gedacht“, sprach Diether und musste lachen, weil sie erneut den gleichen Gedanken gehabt hatten. Diether spielte ein paar Takte vor, Ulli hatte die Liednoten in der Hand und nach dem Zeichen zum Einsetzen des Gesanges begann sie: „In einem Bächlein helle, da schoss in froher Eil die launische Forelle vorüber wie ein Pfeil. Ich saß an dem Gestade und sah in süßer Ruh des munteren Fischleins Bade im klaren Bächlein zu.“
Diether spielte sogar die lustigen Zwischenspiele, die das ganze Schubertsche Forellenquintett ausmachten. Uschi hatte das Ganze mit lustiger Stimme erklingen lassen. Diether spielte den letzten Akkord und meinte: „Das war nicht schlecht, lustig war’s und passte genau ins Bild.“
Zwischendurch spielten sie zweihändig die Träumerei. Ulli mit der rechten die obere Tonart und Diether mit der linken die untere. Dann holte Uschi ein Lied von Carl Bohm aus dem großen Notenstapel hervor, das Chanson d’amour – Still wie die Nacht.
„Kennst du das Lied, Diether?“
„Oh ja, das ist das schönste Liebeslied, das es im Bereich dieser Lieder gibt“, erwiderte er vergnügt. „Singst du es für mich, Liebes?“
Uschi hatte die Noten des Stückes in der Hand und dann erklang mit Klavierbegleitung das herrlichste Liebeslied und -bekenntnis durch den Raum des Chalet Resi: „Still wie die Nacht und tief wie das Meer soll deine Liebe sein, deine Liebe sein. Wenn du mich liebst, so wie ich dich, will ich dein Eigen sein. Heiß wie der Stahl und fest wie der Stein soll meine Liebe, deine Liebe sein, soll deine Liebe sein.“
Als Ulli die Weise beendete und Diether den letzten Satz der Melodie gespielt hatte, war es zwischen ihnen mucksmäuschenstill geworden. Diether war erschüttert über dieses Lippenbekenntnis, das Uschi so zu Gehör gebracht hatte, da es ein wahrer Genuss gewesen war, ihr zuzuhören. Es war gleichzeitig auch eine Frage an ihn. Er würde sie immer mit einem lauten Ja beantworten und Ulli hätte mit Sicherheit das Gleiche gesagt. Das wusste er mit Bestimmtheit nach diesem Lied. Er hatte noch nie so empfunden bei einem Madel, doch für dieses wunderbare Geschöpf gab es nur diese eine Antwort.
Uschi schaute Diether mit bangen Gesichtszügen an. Hatte er gemerkt, dass sie ihn prüfen wollte und gleichzeitig fragte? Es waren wehmütige, stille Minuten zwischen ihnen, ehe das erlösende Ja von ihm kam.
„Ja, mein Schatz, ich liebe dich, Uschilein, direkt als ich dich auf der Bank am Parkplatz in Luzern sah, da war es um mich geschehen.“
„Bei mir auch, Diether, ich wusste, dass du mein Schicksal sein wirst, ob du’s glaubst oder nicht“, seufzte sie leise.
„Komm in meine Arme, ich muss dir einen dicken Kuss geben“, sagte er heiser. Sie küssten sich heiß und innig.
„Puh, i krieg keine Luft nimmer, Bub, dös war jetzt einer mit allen Schikanen. Bist du immer so stürmisch, Großer?“, sprach Uschi lachend und schmiegte sich weiter in seine starken Arme. Ihm war gleichfalls heiß geworden, denn er fühlte Uschis jungen Körper an seinem: ihre Jungmädchengestalt, die wohlgeformten, zarten Brüste unter ihrer Bluse.
Deswegen schob er sie ganz sanft von sich. Sie war erst sechzehn Jahre alt und noch minderjährig nach dem Gesetz. „Uschilein, komm wir setzen uns auf die Couch und kuscheln a bisserl“, bat Diether seine Freundin liebevoll. „Sag mal, habt ihr auch Schallplatten hier im Chalet?“, fragte Diether neugierig.
„Ja klar“, war Uschis Antwort. Sie stand auf und öffnete den Schallplattenschrank. „Schau, hier ist alles, was dein Herz begehrt: Cole Porter, Leonhard Bernstein und Gershwin und viele andere. Hier gibt’s eine LP von Ein Amerikaner in Paris, soll ich diese auflegen?“
„Freili, tu das! Dann schwelgen wir in Blues-Melodien.“ Daraufhin stand er auf, setzte sich ans Klavier und spielte die Melodie der LP mit.
„Liebst du Musicals, Schatz?“
„Was für eine Frage, Bub. Na klar: West Side Story mit dem Sänger Johnny Mathis, Kiss me Kate, My Fair Lady und so viele mehr!“
„Wie gefällt dir Opernmusik?“
„Sehr gut, meine Lieblingsoper ist Rusalka von Dvorák, aus der die tolle Arie stammt: Das Lied an den Mond. Ansonsten mag ich noch Porgy und Bess mit Summertime, Macht des Schicksals, Perlenfischer, Hänsel und Gretel, Der Evangelienmann, beide Opern von Humperdinck und last but not least: Das Mädchen aus dem Goldnen Westen von Rossini. Vielleicht noch ein paar Opern von Wagner: Lohengrin, Tannhäuser und Parsifal.“
„Magst du keine Operetten?“
„Doch, aber nur wenige: Gräfin Mariza und Der Vogelhändler von Ziehrer sowie Der Walzertraum von Oskar Strauss. Dazu kommen die Schubertlieder, Melodien von Robert Stolz, Franz Grothe und natürlich Edvard Griegs Peer Gynt, besonders seine Morgendämmerung und Solveigs Lied. Nicht zu vergessen Die Moldau von Smetana oder Dvoráks Melodien Aus der Neuen Welt. Kennst du das Cellokonzert daraus, Diether?“, fragte Ulli.
„Du kennst das Cellokonzert aus diesem Zyklus? Mädchen, dann besitzt du meine Hochachtung.“
„Ach, ich habe den guten, alten Bach vergessen, natürlich seine Air Suite und einige Motetten aus dem kirchlichen Bereich. Meine liebste Arie aus dem modernen Bereich ist und bleibt Summertime, und ganz besonders als Klarinettenstück gespielt von der Old Merry Tale Jazzband. Wenn ich das Stück höre, bekomme ich eine Gänsehaut. Ich liebe die Violinkonzerte von Mozart, Beethoven und am allermeisten Max Bruch, besonders, wenn David Oistrach sein Stück spielt. Meine liebste Symphonie ist Die Unvollendete von Schubert, seine Klavierstücke kennst du ja bereits. Die Lieblingsinterpreten aus der Opernwelt sind Rosel Schwaiger, Lisa della Casa, Anneliese Rothenberger, Fritz Wunderlich, Hermann Prey und Dietrich Fischer-Dieskau. So, jetzt habe dir in Kurzform meine Lieblingsmusik genannt sowie die Sänger. Reicht das fürs Erste, mein großer Herr und Meister?“, beendete Ulli ihre Aufzählungen.
Diether staunte nicht schlecht. „Sag mal, mein Engel, sind wir vielleicht doch Zwillinge? Zwillinge mögen ja auch alles, was der andere mag, oder? Das ist einfach unheimlich, dass wir in der Musik mit allem so übereinstimmen“, meinte er verdutzt.
„Ja, wenn das so ist, haben wir bestimmt den gleichen Aszendenten im Sternbild. Wie auch immer, wer weiß, so viele Gemeinsamkeiten sind was ganz Ungewöhnliches“, überlegte Uschi. „Das Schicksal hat uns wirklich zusammengeführt.“
„Die gleichen Interessen kommen so aber nur vor, wenn sich zwei Menschenkinder so lieben wie wir, Schatz“, meinte Diether dazu.
„Ja, ich glaube, du hast recht, denn anders kann es nicht sein“, pflichtete Ulli ihm bei.
„Ich bin vollkommen deiner Meinung, Liebes, und wir beide gehören einfach beisammen wie ein paar Schuhe“, ergänzte Diether. Über seine Bemerkung mit den Schuhen musste er selbst lachen.
Uschi schaute auf ihre Füße mit den offenen Sandalen und auf seine Latschen. Sie stellte ihr Schuhwerk neben seine großen Füße und meinte: „Schau, Diether, meine müssen aber noch wachsen.“
„Wie unsere Liebe, Kleines, du hast ganz recht!“, erwiderte er.
Da erklang die Wanduhr im Wohnraum und schlug 13 Uhr. „Herrje, wir haben den Auflauf vor lauter Selbstbetrachtung vergessen. Komm, Großer, ab in die Küche, wir sehen nach, ob nichts angebrannt ist.“ Sie öffnete den Backofen und siehe da, das Gericht war nicht einmal verbrannt. Das kam wohl daher, dass Ulli den Nudelauflauf auf 100 Grad eingestellt hatte. Daraufhin ging Diether ins Esszimmer und deckte den Tisch. Uschi brachte das Makkaroni-Gericht mit in den Esszimmerbereich und stellte es mit einem Gestell auf die Tafel. Diethers Kalbfleischgericht mit Nudeln à la Marchart schmeckte köstlich.
Nach der überaus guten Mahlzeit wurde aufgeräumt und danach geruht. Etwa eine halbe Stunde lang, denn es waren ja Ferien! Uschi rauchte Marieles Peter Stuyvesant und Diether seine geliebte Pfeife. Während sie dem Qualm der Zigarette nachsah, überlegte Ulli, womit sie ihm eine Freude bereiten könnte. „Diether, hast du Lust auf Tennis? Oder möchtest du lieber eine Runde im Hallenbad schwimmen?“, sagte Ulli laut wie zu sich selbst.
„Sagtest du etwas wie das Wort Tennis, Schatz? Wo gibt’s denn hier einen Tennisplatz?“, fragte er konsterniert.
„Hinter den hohen Rhododendron-Büschen und dem Wäldchen. Dahinter liegen die Tennisplätze mit den Umkleidekabinen. Oder möchtest du lieber eine Runde schwimmen gehen mit mir?“, meinte Uschi verschmitzt.
Diether dachte bei sich: „Du hast dich sicher verhört, alter Junge.“
„Kimm, denn ich muss dir was zeigen“, erklärte Ursula.
Er nahm Uschis ausgestreckte Hand und ließ sich führen. Sie steuerte auf eine verborgene Tür draußen im Garten zu. „Moment, was ist denn das für eine heimliche Pforte?“, rief Diether aufgeregt aus.
„Du hast recht, Dietherle, es ist eine verborgene Eingangstüre.“ Sie öffnete sie und Diether erblickte ein kleines Hallenbad, das unter dem Wintergarten lag. Uschi schaltete die Beleuchtung ein und ein blau-weiß gekacheltes Schwimmbad erstrahlte in vollem Lichterglanz.
„Was sagst nun, Herr Hofrat?“, witzelte Uschi munter.
„Ist ja toll, bitte kein Tennis mehr anbieten, gnädiges Fräulein, küss di Hand“, näselte er erneut wie Hans Moser. „Sauber, sag i, mei Madl, wo gibt’s so was? Potz Blitz! Du bist wohl immer für eine Überraschung gut, mein Schatz.“
„Wo du recht hast, hast du recht, Bub.“
„Kneif mich mal, Kleines. Träum ich oder wach ich? Mei Uschilein, ich glaub, mir wird schwindlig.“ Bei diesen Worten ließ er sich auf dem Badestuhl, der am Beckenrand stand, nieder.
„Oh Gott, Bub, ist dir schlecht?“ Sie beugte sich fürsorglich über ihn, um ihn zu umfassen. Da wurde sie um die Hüften genommen und – schwups – saß sie auf seinem Schoß. Dazu küsste er sie, dass ihr Hören und Sehen verging. Sie war so perplex, dass sie alles geschehen ließ. Die Liebesbezeugung überkam beide wie ein Rausch. Er küsste sie überall, wo es ihm gerade einfiel. Beide waren atemlos und Diether hatte als Erster wieder einen klaren Kopf.
„Verflixt, Uschi! Wir müssen aufhören, sonst garantier i für nix mehr.“ Diether hob sie leicht hoch und hielt sie eine halbe Armeslänge von sich. Dann meinte er augenzwinkernd: „Ist das Wasser kalt oder warm?“
„Das Wasser hat achtzehn Grad Celsius, warum fragst du?“, meinte Ulli lachend.
„Weil ich nun eine Abkühlung brauche, Kleines.“ Er begann sich zu entkleiden und sprang – wie Gott ihn erschaffen hatte – ins blaue Nass. Uschi holte unterdessen zwei große Badetücher aus dem Schrank.
Beim Schwimmen bemerkte er, dass seine Erregung wieder abgeklungen war. Bei sich dachte er: „Gott sei Dank, sie hat, glaube ich, nichts gemerkt.“ Fröhlich pfeifend schwamm er seine Runden im zehn Meter großen Bassin. Nach der letzten Runde kraulte er an den Beckenrand und rief nach Uschi. Diese hatte sich in der Zwischenzeit in der Umkleidekabine ihren Bikini angezogen und glitt vom anderen Ende des Hallenbades leise ins Wasser. Mit kräftigen Stößen zerteilte sie das nasse Element und war im Nu bei ihm. Er hatte noch nichts gemerkt, erst als sie nah bei ihm war, gewahrte er sie neben sich.
„Na du großer Held, hat der kleine Felix sich wieder beruhigt? Dachtest du, ich hätte deine Erregung nicht bemerkt, Diether! Du bist ja auch rangegangen wie Blücher“, lachte sie schelmisch.
„Wir dürfen nicht, ich habe es deiner Patentante versprochen, Schatz!“
„Ja, ich weiß, bla, bla, bla, die Ursula ist noch nicht volljährig, ich höre sie jetzt noch. Als wenn ich es darauf ankommen ließe, was ja nicht sein darf. Wenn ich es aber doch tun würde, was dann, Diether?“
„Nein, Schatz, du wärst doch vernünftig, oder?“, erwiderte Diether grinsend.
„Weißt du was, ich steige zuerst aus dem Bassin, Bub, damit ich dir ein Badetuch reichen kann, sonst erkältest du dich noch.“ Nach diesen Worten stieg sie aus den Fluten. Sie sah mit ihrem weißen Bikini und der leicht gebräunten Haut zum Anbeißen aus. Ursula ergriff das Badelaken, das über dem Stuhl hing, Diether kletterte aus dem Schwimmbecken und wickelte sich ins Badetuch ein, das ihm Ulli hinhielt. Dabei half sie ihm und meinte: „Kimm hock di da her auf den Hocker und i massier dich trocken. Sonst wird dir kalt und du bekommst noch eine Lungenentzündung“, sprach sie zärtlich zu ihm. Fröhlich rubbelte sie seinen gestählten, braun gebrannten, schmalen Rücken trocken. Dann kam der vordere Teil dran: die Arme mit den festen durchtrainierten Muskeln, die Beine, zuletzt Hals- und Brustbereich. Als sie in die Mitte der Bauchregion kam, meinte sie spitzbübisch: „Der kleine Mann ist bei unserem Schmusen wohl etwas vorwitzig geworden, gell, Bub?“
Er stutzte zuerst und musste daraufhin lachen. „Du hast recht, Schatz, und gemerkt hast du’s doch. Ja, mei Madl, und ich hab noch gedacht, sie hat’s net mitgekriegt!“, lachte er schallend.
*
Der Überraschungsbesuch
„So, nun habe ich genug Trockenreibungen bei dir durchgeführt.“ Ursula nahm das andere Handtuch und wollte sich selbst abtrocknen, doch Diether war schneller und rieb ihr Rücken, Beine und Arme ab. „Danke mein Großer!“, seufzte sie leise. „Das hat mir gut getan.“ Sie bedankte sich zusätzlich mit einem Kuss bei ihm.
„Mausele, ich verschwinde zuerst in die Umkleidekabinen, um mich anzukleiden“, erklärte er und gab ihr einen zarten Kuss auf den Nacken, dabei ließ er sie behutsam los und marschierte in Richtung der Kabinen. Ulli machte es ihm nach und verschwand ebenfalls in eine blau gestreifte Kabine. Es dauerte eine gewisse Zeit, bis beide fertig angekleidet waren. Gemeinsam löschten sie das Licht im Hallenbad. Im Garten erkundigte sie sich bei Diether, ob er Lust auf Kaffee und Kuchen habe. „Dies wäre jetzt genau das Richtige, Kleines“, freute er sich.
Uschi ging daraufhin in die Küche, schnitt den frischen Kuchen an, den die Hausdame noch gebacken hatte, und stellte das Kaffeegeschirr parat. Die Kaffeemaschine lief bereits. Die übrigen Dinge legte sie aufs Tablett, brachte alles auf die Terrasse, setzte das Brett auf den gedeckten Gartentisch und eilte zurück in die Küche. Diether nahm den Kuchenteller und die Warmhaltekanne der Maschine, Ulli öffnete die Türen und Diether konnte bis auf die Veranda gehen. Er stellte dort alles auf den Tisch. Fröhlich setzten sie sich an die Kaffeetafel und vertilgten Kaffee und Kuchen.
„Mei, Uschi, dieses Getränk ist prima, das weckt alle Lebensgeister und tut richtig gut“, sinnierte Diether. Diese Nachmittagszeit liebten sie alle beide. Durch den Park erklang die Musik von Cole Porter.
Plötzlich sagte eine Bass-Stimme hinter ihnen: „Habt ihr für uns zwei auch noch von diesem braunen Gesöff und ein Stück Apfelkuchen?“ Nun ertönte zweistimmiges Gelächter. Mariele und Urs Sutter waren auf der Bildfläche erschienen und mussten wegen der betroffenen Gesichter lachen. Ursula sprang hastig auf, sie freute sich riesig, dass ihre Tante aus Bern zurückgekehrt war.
Neben ihr trat Urs in Erscheinung, der sich etwas versteckt gehalten hatte. Er breitete seine Arme aus, um Ulli zu herzen und zu küssen. „Meine kleine Prinzessin, ich habe dich ja lange nicht gesehen. Habe dich so vermisst und gewachsen bist du auch wieder! Geht’s dir wieder gut nach dem Überfall?“, fragte er leise.
„Jo, Urs, mir goht’s guat, no’dem, was passieret ischt. Weischt, a guat’s Glück wor’s, des du mir des Schiaßen beibrocht host, des hot mir und Diether des Lebe gerett“, sprach sie in Schwyzerdütsch zu ihm.
Diether war in der Zwischenzeit auch aufgestanden und hatte die Baronin mit einem formvollendeten Handkuss begrüßt. Befremdet hörte er, wie dieser blonde Riese von Schweizer sich mit Uschi in eidgenössischem Dialekt unterhielt.
Aufgeregt drehte sich Uschi zu Diether herum: „Dietherle, schau, dös ist mein Ersatz-Papa. Urs, der Lebensgefährte von Mariele. Und das, Urs, ist Diether aus Wien, einer der besten Kletterer Österreichs.“ Diether wurde verlegen, als sie das sagte. Er schätzte Urs, Madame Sutters Sohn, auf mindestens fünfunddreißig Jahre. Das beruhigte Diether ungemein, denn er hatte bei sich gedacht, dass der Leutnant jünger wäre.
„Urs, du bist doch dienstlich hier, oder?“, fragte Ulli geradeheraus.
„Jo, die Botschaftsrätin ist von Herrn Trutzli angerufen worden, der hat ihr alles erzählt. Sie woar ganz uffgeregt und kam zu mir ins Office, sie berichtete mir, was der Gendarmerie-Kommandant ihr am Telefon mitgeteilt hatte.“
Ursula blickte zerknirscht an und sagte: „Mariele, ich habe wieder geträumt, schon lange bevor wir nach Luzern gefahren sind.“
„Madl, was hast du gesehen?“, fragte Urs liebevoll.
„Eine schwarze Gestalt, vermummt, sie sah aus wie ein Samurai-Kämpfer mit einer Pistole, und eine zweite Person, die auf der Schlafcouch hinter dem Paravent lag. Ich konnte nur kein Gesicht der zweiten Gestalt erkennen. Doch als ich Diether in Luzern sah, da hatte diese Figur endlich ein Gesicht. Am schlimmsten war das Gefühl im Bauch, diese Krämpfe waren fast nicht zum Aushalten. Na gut, wir hatten, das heißt ich hatte vergessen, die erste Kellertüre abzuschließen, als wir ins Haus zurückgegangen sind. Die anderen diversen Dinge haben wir alle ausgeführt. Der Einbrecher muss also schon am späten Nachmittag im Schutze der Bäume in den Keller gelangt sein. Der einzige Fehler, den ich begangen habe, war, dass ich die Kellertüre zum Parterre nicht verschlossen habe, sonst wäre er gar nicht erst heraufgekommen. Ich mache mir solche Vorwürfe, dass ich das vergessen habe.“
Diether bemerkte auf einmal, dass Uschi wieder weiß im Gesichterl wurde. „Geht’s dir gut, Liebes? Sonst red i weiter.“
„Es geht wieder“, sagte sie und fuhr mit dem Bericht fort. „Diether bemerkte aber, dass es mir net so gut ging und beschloss, mit mir in die Suite zu kommen. So erklärt sich auch die zweite Person im Stüberl, die ich im Traum gesehen hatte. Wir haben dann die Gaspistolen an uns genommen und mit Patronen gefüllt.“ Ulli war erneut einer Ohnmacht nahe, als sie darüber sprechen musste.
Ihrem Freund war aufgefallen, dass sie langsamer redete, und meldete sich zu Wort: „Herr Leutnant, ich habe dann aufgepasst und gewacht. Ich selbst konnte zum Glück noch nicht einschlafen. Ulli hatte die Kabelschnur der Lampen unter die Bettdecke verschwinden lassen, ebenso die Gaspistole. Gegen zwei Uhr, meine Armbanduhr zeigte mir die Zeit an, bewegte sich die Türklinke und ich wusste: Jetzt wird’s brenzlig. Sehen konnte mich der Eindringling nicht, da ich hinter der Türe und dem Paravent verborgen war. Er fixierte Uschi mit der Taschenlampe und brüllte etwas wie Attention. Sie war sofort hellwach, drückte unter der Decke den Lichtschalter an und im Nu war das Zimmer taghell. Der Gangster hatte die Waffe auf sie gerichtet, doch da riss Uschi den rechten Arm hoch und schoss, ohne zu zögern, dem Täter zwischen die Augen. Der fiel kopfüber auf Gesicht und Bauch und rührte sich nicht mehr. Ich bin dann aufgesprungen und wir haben ihn mit Reepschnüren zusammengeknotet wie ein Paket. So war es und nicht anders, sie hat in Notwehr gehandelt. Wenn Ursula nicht so reagiert hätte, wäre sie mit Sicherheit nicht mehr am Leben und ich auch nicht.“
Urs nickte mehrmals mit dem Kopfe. „Prinzessin, ich bin stolz auf dich! So haben die Schießübungen wenigstens gefruchtet, die wir im Berner Schießkeller absolviert haben“, erklärte der Leutnant.
„Mein Gott, wenn ich einmal weg muss, dann geschieht irgendetwas! Diether, Sie hat uns der Himmel geschickt“, seufzte die Baronin.
„Ach Mariele, ehe ich es vergesse, Dr. Adenauer hat angerufen und möchte, dass du bitte ihn anrufst“, meinte Ursula.
„Das mache ich besser sofort!“
„Liebe Patentante, heute ist Sonntag!“
„Natürlich, du hast recht, verzeiht mir bitte, ich bin noch ganz durcheinander“, bemerkte die Baronin. „Dann wird auch deine Tante Julia nicht dauernd anrufen und mir sagen: Sie müssen noch den Herrn Bundeskanzler benachrichtigen. Oh Gott, oh Gott!“ Ursula musste über die Rede ihrer Patentante lachen, der das Getue der Ministerialrätin von Hartenstein oft genug auf die Nerven ging.
Obwohl Sonntag war, wählte die Botschaftsrätin dann doch die Privatnummer von Dr. Adenauer in Rhöndorf am Rhein. Die Hausdame meldete sich freundlich: „Bei Dr. Adenauer!“
„Ja, hier ist Botschaftsrätin von Trostburg, ich sollte den Herrn Bundeskanzler sofort anrufen, wenn ich aus der Botschaft in Bern zurück bin.“
„Einen Augenblick, Baronin, er ist bei seinen Rosen im Garten.“
Es dauerte ein Weilchen. „Hier Adenauer. Baronin von Trostburg, wie schön, Sie zu hören. Könnten Sie es einrichten, mir einen kurzen, schriftlichen Bericht über den Überfall in Afrika oder zu schicken? Damit ich mir selbst ein Bild von dem, was bei diesem Gütertransport von Unicef geschehen ist, machen kann?“
„Geht in Ordnung, Herr Dr. Adenauer. Ich faxe den Bericht in die Bonner Kanzlei, da es ja eine interne Angelegenheit ist. Sie können sich auf mich verlassen, das wird erledigt. Grüßen Sie bitte Frau von Hartenstein. Die Großnichte Baronesse von Giebel ist wohlauf, denn sie ist zurzeit hier bei uns im Chalet Resi in Ferien. Übrigens, Herr Dr. Adenauer, wir sind ab nächster Woche in Sils-Maria im Kanton Graubünden bei meiner Freundin Gräfin von Bellheim. Nur damit Sie wissen, wo ich mich aufhalte, falls Sie noch Fragen zu dem Fax haben. Am besten ist es, Sie rufen Herrn Urs Sutter in der Botschaft an, er ist Leutnant des Abschirmkommandos des Schweizer Bundesheeres und hat mit dem Überfall dienstlich zu tun. Auf Wiederluage, Herr Dr. Adenauer.“
„Auf Wiederhören, Frau Baronin, ich danke Ihnen für Ihre rasche Benachrichtigung, adieu.“
„Hast du alles mit deinem Chef geklärt, Schatz?“, fragte Urs. „Dann fertige ich den Bericht von Uschi und Diether an.“
„Urs, ist das wirklich nötig, dass du diese Geschichte, die sich in meinem Ferienhaus zugetragen hat, auch noch dienstlich bearbeiten musst? Kann man das nicht als einfachen Einbruch gelten lassen?“, fragte Mariele ängstlich. „Ihr habt doch den Täter, oder?“, fügte sie aufgebracht hinzu.
„Schatz!“, sagte Urs. „Es tut mir leid, ich muss Meldung machen.“
„Nun ja, wenn das so ist, in Gottes Namen, aber bitte nichts an die Presse weitergeben. Sonst flippt Pia aus.“
„Bitte auch nichts über Ullis Ohnmacht und Nervenschock“, fügte Diether ernst hinzu.
„Ihr könnt euch auf uns verlassen. Davon werde ich nichts berichten“, entgegnete Urs.
„Sag mal, Mariele, warum seid ihr eigentlich noch nicht verheiratet?“, fragte Ulli neugierig.
„Wir durften nicht. Ich hätte einen Adeligen heiraten müssen, den ich nicht liebte und wollte. Wenn wir uns verehelicht hätten, wäre meine Apanage gestrichen worden. Das ist so testamentarisch festgelegt worden. Wir können erst heiraten, wenn ich ein Baby bekomme, einen Erben“, erklärte Marie-Theres ihrem Mündel.
„Nun, wenn das so ist, schade, dass ihr euch noch nicht vermählen dürft. Dann wünsche ich dir alsbald Nachwuchs. Wer weiß, wer weiß, gell, Diether? Sie sind so ein tolles Paar, ein ganz tolles Zweigespann“, meinte Ursula fröhlich. „Eigentlich habe ich einen Ersatzpapa und eine Ersatzmama in der Schweiz und daheim meine Mutz und Roland. Prima, das gibt’s nicht alle Tage, ich habe zwei Mütter und zwei Väter! Das hat nicht jedes Kind, ich bin reich gesegnet mit den besten Menschen der Welt!“
„Und wo bleibe ich?“, fragte Diether grinsend.
„Du bist mir das Allerliebste, das ich jetzt und für alle Zeiten lieben darf“, antwortete Ursula mit todernster Miene auf seine Frage. Daraufhin küsste Diether Uschi im Beisein von Patentante und ihrem Lebenspartner mitten auf den Mund.
„Prinzessin, du findest das in Ordnung mit uns zwei?“, fragte Urs aufgeregt.
„Selbstverständlich, ihr seid doch neben Diether, meiner Mutzi, Roland und Tante Clarissa die einzigen vernünftigen und liebevollen Menschen in meiner jetzigen Familie. Wenn ich da an den Rest der Familie von Hartenstein denke … igitt, igitt. Natürlich die von Krailburgs ausgenommen“, fügte Ulli hinter der Hand sprechend hinzu.
Diether musste über Ursulas Aussage lachen. Er kannte die Familie und die Verhältnisse bis jetzt ja noch nicht und konnte sich ob des heiteren Ausbruchs keinen Reim darauf machen. Was tut so ein Mensch, der mitten in eine Familiengeschichte hineinkomplimentiert wird? Er setzt sich ans Klavier und spielt querbeet, was ihm gerade so einfällt.
Die Baronin musste wegen des Klavierspiels lachen und meinte: „Lieber Diether, entschuldigen Sie bitte, dass wir Sie in eine brenzlige Angelegenheit einbezogen haben. Sie gehören ja demnächst mit zur Familie.“
„Was höre ich da, unsere Kleine hat sich verliebt, also war der Kuss eben keine Dankesbezeugung? Eher ein Liebesbeweis? Gratuliere, Prinzessin, hast einen guten Geschmack. Der Junge gefällt mir, sein Händedruck war fest und männlich, er liebt die Berge und die Natur und beide können sich an der Musik ergötzen. Was will unsere Kleine noch mehr? Dabei habe ich den jungen Mann wirklich als Botschaftssekretär eingeordnet“, erläuterte Urs. „Diether ist aber auch ein g’standenes Mannsbild dazu, was ich so gesehen und von ihm gehört habe.“
Diether war über das Lob des Leutnants rot geworden und er dachte bei sich: „Hat der eine gute Menschenkenntnis.“
„So, Marie-Theres, ich werde morgen früh zum Posten-Kommandanten gehen und ihm Bericht erstatten, und zwar nur das, was mir die beiden jungen Leute berichtet haben. Das Chalet steht ab sofort unter dem Hoheitsrecht der Deutschen Botschaft und wird ab morgen früh von der deutschen und der Schweizer Abteilung des Verfassungsschutzes betreut, bis wir die Bande dingfest gemacht haben. Wir vermuten, dass es kein Einzeltäter gewesen ist, sondern mehrere Verbrecher. Eine Bande, die zurzeit von sich reden macht, ist die Gruppe der schwarzen Kapuzen“, berichtete Urs der Botschaftsrätin.
„Oh mein Gott, Urs, was soll nun werden? Dann sind wir hier nicht mehr sicher. Nein! Dies kann ich den jungen Menschen gegenüber nicht mehr verantworten. Ursula und Diether sind mit mir hier in großer Gefahr“, sprach die Baronin aufgeregt.
„Ich weiß, was wir tun werden: Du und die beiden, ihr werdet mit dem Hubschrauber abgeholt und zu Fee von Bellheim ins Oberengadin gebracht. Auf der Straße besteht die Gefahr einer Verfolgung eurerseits. Am meisten noch mit deinem Carmann Ghia, da dein CD-Schild direkt ins Auge fällt. Diether, was haben Sie für einen Wagen?“, fragte Urs beiläufig.
„Mein PKW steht neben dem Auto der Baronin an der Talstation der Rigi-Luftseilbahn in Chräbel. Ich habe einen grünen Volvo mit dem Kennzeichen: W-40-U-18. Im Auto liegen meine Gitarre, Klettersachen, Rucksack, Pickel, Seil und die Bergschuhe“, erwiderte Diether beflissentlich.