Kitabı oku: «Das Wunder von Bern»
Das Wunder von Bern
Spaß am Lesen Verlag
Diese Ausgabe in Einfacher Sprache ist auf der Grundlage des Drehbuches für den Film „Das Wunder von Bern“ von Sönke Wortmann entstanden.
Originalausgabe Copyright © Senator Film Verleih GmbH.
Alle Rechte vorbehalten.
Lizenzausgabe mit Genehmigung der Senator Film Verleih GmbH.
Herausgeber: Aktion Mensch
Autorin des Textes in Einfacher Sprache: Marion Döbert
Endredaktion: Jürgen Genuneit
Satz und Gestaltung: Nicolet Oost Lievense
Cover Design: Jurian Wiese
Umschlagmotiv/Bild: Senator Entertainment GmbH/Shutterstock
E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de
© 2014 | Spaß am Lesen Verlag, Münster.
2. Auflage: 2020
Alle Rechte vorbehalten. Nichts aus dieser Ausgabe darf ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Herausgebers vervielfältigt, in einem automatisierten Datenbestand gespeichert oder veröffentlicht werden, in irgendeiner elektronischen oder mechanischen Form oder in Form von Fotokopien, Aufnahmen oder auf irgendeine andere Art und Weise.
ISBN 978-3-947185-46-7
Marion Döbert
Das Wunder von Bern
Ein Buch in Einfacher Sprache in Anlehnung an den Film von Sönke Wortmann
Schwierige Wörter oder Ausdrücke sind unterstrichen. Die Erklärungen stehen in der Wörterliste am Ende des Buches.
Inhalt
Die Taube
Familie Lubanski
Die Kneipe
Der Vater
Der Boss
Der Brief
Der Zug
Wieder zu Hause
Tschüss Boss!
Der Verteidiger
Die Entschädigung
Der Tanz-Palast
Das Trainings-Lager
Die Zeche
Die Kirche
Der Gürtel
Der Reporter
Der Geburtstag
Am Fluss
Presse-Konferenz
Ost-Berlin
Der Pfarrer
Der Russe
Der Regen
Das Auto
Lampen-Fieber
Die Vergebung
Das Finale
Nachwort der Aktion Mensch
Wörterliste
Die Taube
Wir Kinder sitzen wie Raben im Baum.
Bis ganz oben sind wir in die Äste geklettert.
Denn wir wollen ganz weit sehen können.
Wir starren in die grauen Wolken.
Unsere Blicke suchen den Horizont ab.
Aufgeregt sind wir. Wir zittern vor Spannung.
Wann, wann wird die Taube endlich zu sehen sein?
Und vor allem: Welche Nachricht bringt sie uns?
Was steht auf dem Zettel, den die Taube mitbringt?
Wir hoffen und bangen.
Hans sieht die Taube zuerst.
„Da ist sie! Da kommt sie!“, ruft er ganz laut.
Wie reifes Obst fallen wir von den Ästen.
Schnell! Schneller!
Wir rennen, so schnell wir können.
Zu dem Haus, in dem die Taube
im Dachboden-Fenster verschwunden ist.
Schnell! Schnell, die Treppe rauf!
Zwei Stufen auf einmal!
Gleich wissen wir, was auf dem Zettel steht.
Wir reißen die Tür zum Dachboden auf.
Hier ist der Tauben-Schlag.
Hier wohnen die Brief-Tauben.
Erschrocken gurren die Tiere. Federn fliegen auf.
Da sitzt sie. Unsere Taube.
Die Taube mit der wichtigen Nachricht
an ihrem Körper.
Peter nimmt die Taube in seine Hände.
Schnell nimmt er das Papier aus der kleinen Hülle auf ihrem Rücken.
Wir schweigen. Wir sehen uns an.
Gut oder schlecht?
Das entscheidet sich jetzt! Matthes hört auf
zu atmen. Die anderen auch.
„1: 0“, sagt Peter und lässt den Zettel sinken.
„Für wen?“, fragt Matthes mit trockener Stimme.
„Aachen eins, Rot-Weiß Essen null.“
„1: 0?“, fragt Matthes entsetzt.
Als könnte das jetzt noch was ändern.
Mit hängenden Köpfen verlassen wir den Tauben-Schlag.
Matthes stehen die Tränen in den Augen.
Sein Fußball-Held hat kein Tor geschossen.
Familie Lubanski
Unsere Familie wohnt in Essen.
Aber Essen ist nicht irgendeine Stadt.
Essen liegt nämlich mitten im Ruhr-Pott.
Eigentlich heißt es „Ruhr-Gebiet“, weil es hier einen Fluss gibt.
Und das ist die Ruhr.
Aber „Ruhr-Gebiet“ sagen nur die vornehmen Leute.
Doch wir sind nicht so vornehm.
Wir sagen nicht Ruhr-Gebiet, sondern „Ruhr-Pott“
oder einfach nur „Pott“.
Pott kommt von „Pütt“.
So nennt man das Berg-Werk, in dem die Berg-Leute arbeiten.
Im Pütt ist die Kohle. Ganz tief unter der Erde.
Vornehm ist nichts bei uns im Ruhr-Pott.
Hier sind die Zechen. Dreck und Ruß.
Rauch und Staub.
Blauer Himmel, was ist das?
Unsere Häuser sind schwarz vom Staub der Kohle.
Die Wäsche auf der Leine ist gelb
wie der Rauch aus den Schornsteinen.
Ruß klebt auf den Straßen, an Türen und Wänden.
Und sogar auf dem Weiß-Kohl im Gemüse-Garten.
Bei uns im Pott sagt man statt „arbeiten“: „malochen“.
Das ist nämlich viel härter als nur arbeiten.
Wir sagen auch nicht wie die feinen Leute
„das“ und „was“. Wir sagen „dat“ und „wat“.
Wir strecken auch nicht beim Trinken
den kleinen Finger von der Hand weg.
Und wir essen, weil wir Kohl-Dampf haben.
„Kohl-Dampf“ sagen wir, wenn wir Hunger haben.
Hunger kennen wir noch vom Krieg. Aber jetzt
haben wir nur noch Hunger vom vielen Malochen.
Der Krieg ist zum Glück schon neun Jahre vorbei.
Unser Ruhr-Pott geht von Duisburg bis Dortmund,
und mittendrin liegt Essen.
Genau da wohnt unsere Familie.
Wir, die Familie Lubanski.
Aber wir sind nicht irgendeine Familie.
Wir sind keine normale Familie
mit Vater, Mutter, Kind.
Bei uns fehlt nämlich das Wichtigste: der Mann, der Vater, das Oberhaupt der Familie.
Normal sitzt der Vater beim Essen
immer an derselben Stelle. Am Kopf des Tisches.
Da, wo man den ganzen Raum übersehen kann.
Da, wo man alles im Blick hat.
Da, wo man alles kontrollieren kann.
Da, wo kein anderer sitzen darf.
Nur das Oberhaupt der Familie darf da sitzen.
Und das Oberhaupt ist immer der Vater.
Das Oberhaupt ist immer der Mann.
Bei uns ist das anders:
Bei uns sitzt Benno am Kopf des Tisches.
Benno ist der Älteste von uns drei Kindern.
Benno ist schon 18.
Er ist fast schon fast ein Mann.
Benno lässt sich nicht mehr alles sagen.
Auch nicht von unserer Mutter Christa,
die ihm am Tisch gegenüber sitzt.
Am anderen Ende des Tisches sitzt sie.
Da hätte sich unser Vater Richard
niemals hingesetzt.
Damals, als er noch nicht verschwunden war.
Damals, als Richard noch das Oberhaupt der
Familie war.
Jetzt sitzt sein Sohn Benno auf seinem Platz.
Unsere Schwester Ingrid hört noch auf unsere Mutter.
Obwohl Ingrid auch schon fast 17 ist.
Ingrid ist verdammt hübsch.
Sie sieht überhaupt nicht mehr aus wie ein Kind.
Ingrid Lubanski sieht so klasse aus, dass die Kerle sich nach ihr umdrehen.
Und dann ist da noch der Kleinste: Matthias
Lubanski. Bei allen heißt er nur Matthes.
Mit seinen elf Jahren sieht er die Welt noch mit Kinder- Augen.
Anders als sein Bruder Benno oder seine Schwester
Ingrid. Und ganz anders als seine Mutter Christa.
Matthes hat noch Träume. Matthes liebt Fußball.
Rot-Weiß Essen. Das ist seine Mannschaft.
Bei Rot-Weiß spielt Helmut Rahn.
Für Matthes ist der ein Fußball-Held.
Matthes darf ihm die Tasche mit seinem Sport-Zeug tragen.
Dann, wenn es zum Training geht.
Bei uns in Essen wird Rahn nur „der Boss“ genannt.
Der kann nämlich richtig guten Fußball schießen.
Der ist der Fußball-König vom Ruhr-Pott.
Für Matthes ist Fußball alles! Und wenn Rot-Weiß
Essen verliert, darf keiner von uns eine blöde
Bemerkung machen.
So wie heute beim Abend-Essen:
Mama betet mit uns das Tisch-Gebet,
und wir fangen an zu futtern.
Nur Matthes nicht.
Der reibt mit dem Finger auf dem Tisch herum.
„Matthes, du musst was essen“, sagt Mama.
„Hab keinen Hunger“, flüstert Matthes.
„Rot-Weiß hat verloren.“
Mama lacht: „Die verlieren doch immer.“
Das ist zu viel für Matthes. Er steht auf, geht hinaus.
Hinaus in den kleinen Garten, zum Kaninchen-Stall.
Da krabbelt er hinein und erzählt seinen beiden
Kaninchen von seinem Kummer:
„1: 0. Wir haben verloren. So werden wir nie
deutscher Meister.“
Die beiden Kaninchen, Atze und Blacky,
gehören auch zu unserer Familie.
Für Matthes sind sie wie Seelen-Tröster.
Wenn er traurig ist, kriecht er zu ihnen in den Stall.
Dann futtert er mit ihnen die alten Möhren.
Und wenn er mit ihnen spricht, geht es ihm gleich viel besser.
Die Kneipe
Unsere Mutter Christa versucht, unsere Familie über die Runden zu bringen.
Vier Köpfe ernähren, das ist kein Pappen-Stiel.
Als der Krieg vorbei war, hat unsere Mutter eine alte Eck-Kneipe gekauft.
Dunkel und ungemütlich war die Kneipe damals.
Alles hat gestunken, nach altem Bier und altem Rauch.
Unsere Mutter Christa hat erst mal Ordnung
geschaffen. Sie hat die Kneipe entrümpelt,
gestrichen, geputzt, gewischt und dann die Gläser blank poliert. Seitdem ist „Das Eck“ ein Treffpunkt für alle.
Für alle, die bei uns um die Ecke wohnen.
Und für alle, die um die Ecke arbeiten.
Zum Feierabend ein frisches Pils trinken! Lecker!
Zusammen an der Theke sitzen und quatschen,
das gefällt den Leuten hier. Vor allem jetzt,
kurz vor der Fußball-Weltmeisterschaft 1954.
„Dat schaffen wir nie bis dahin“, sagt Paule an der Theke.„Da muss man dran glauben“, meinen die anderen. „Sonst wird dat nämlich nix.
Christa mach mal noch` n Pils für den Paule!“
Christa zapft das Bier und bedient.
Ingrid hilft dabei.
Benno nicht. Der macht Musik in einer Band.
„Band“ heißt das nämlich jetzt und nicht mehr
Musik-Kapelle. Wie zu der Zeit, als Vater Richard noch das Oberhaupt der Familie war.
Benno spielt Gitarre. Elektro-Gitarre. Fetzige Musik: Boogie-Woogie.
Heiße Musik. Amerikanische Musik! Das ganze
Zeug, das im Krieg verboten war, das spielt er jetzt mit seiner Band.
Solche Musik durfte man damals nicht mal im Radio hören. Dann ging es ab in den Knast! Oder sonst wo hin. Auf jeden Fall stand das unter Strafe, alles Amerikanische, alles Englische, alles Ausländische. Damals war nur alles Deutsche gut. Damals unter den Nazis.
Deutsche Ordnung, deutscher Gehorsam, deutsche Mütter, deutsche Musik.
Benno verachtet alles, was mit den Nazis zu tun hat.
Einmal hat Mama beim Nachbarn gefragt,
ob Benno bei ihm eine Lehre machen kann.
Zum Elektriker. „Dann soll er mal kommen“,
hat der Nachbar geantwortet.
„Warst du heute auf deiner Lehr-Stelle?“,
fragt Mama beim Essen.
„Da gehe ich nicht hin“, sagt Benno.
„Ich mache keine Lehre bei einem Nazi.
Außerdem bin ich Musiker.
Wir spielen alles, was ihr früher Neger-Musik genannt habt.
Was wir spielen, ist richtige Musik. Und mit der Band kann ich auch Geld verdienen.“
„Am Wochenende musst du in der Kneipe helfen“, sagt Mama zu Benno.
„Geht nicht. Da spiele ich mit der Band.“
Mama sagt weiter nichts.
Sie weiß: Benno macht sowieso, was er will.
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