Kitabı oku: «Tina Turner - Die Biografie»
Danksagung
Der Autor möchte den folgenden Menschen für ihre Hilfe und Ermutigung bei der Arbeit an diesem Buch danken:
Anne Bego, Robert und Mary Bego, Angela Bowle, Rick Colarelli, Hector DeJean, Michael Dorr, Jan Kalajian, John Klinger, Monika Koch, Ulrike Lelickens, Charles Moniz, Ross Plotkin, Tony Seidl, Barbara Shelley, Andy Skurow, Derek Storm, Beth Wernick.
Impressum
Der Autor: Mark Bego
Deutsche Erstausgabe 2010
Titel der Originalausgabe:
„Tina Turner – Break Every Rule“ von Taylor Trade Publishing, Lanham
Published by Arrangement with Mark Bego
ISBN: 978-1-58979-020-9
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH,
D-30827 Garbsen.
Umschlaggestaltung: bürosüd˚, München
Coverfoto: Getty Images
Layout und Satz: www.buchsatz.com
Übersetzung: Ulrike Lelickens
Lektorat und Korrektorat: Aulo Verlagsservice
© 2010 by Hannibal
Hannibal Verlag, ein Imprint der KOCH International GmbH, A-6604 Höfen
ISBN 978-3-85445-392-5
Auch als Hardcover erhältlich: ISBN 978-3-85445-310-9
Hinweis für den Leser:
Kein Teil dieses Buchs darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, digitale Kopie oder einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet werden. Der Autor hat sich mit größter Sorgfalt darum bemüht, nur zutreffende Informationen in dieses Buch aufzunehmen. Es kann jedoch keinerlei Gewähr dafür übernommen werden, dass die Informationen in diesem Buch vollständig, wirksam und zutreffend sind. Der Verlag und der Autor übernehmen weder die Garantie noch die juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für Schäden jeglicher Art, die durch den Gebrauch von in diesem Buch enthaltenen Informationen verursacht werden können. Alle durch dieses Buch berührten Urheberrechte, sonstigen Schutzrechte und in diesem Buch erwähnten oder in Bezug genommenen Rechte hinsichtlich Eigennamen oder der Bezeichnung von Produkten und handelnden Personen stehen deren jeweiligen Inhabern zu.
Inhalt
Prolog
The Queen of Rock & Roll
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Einleitung
She’s Got Legs
Kapitel 1
Nutbush City Limits
Kapitel 2
Teenage Ann
Kapitel 3
Ike Turner
Kapitel 4
Sexy Ann
Kapitel 5
Just A Fool In Love
Kapitel 6
River Deep – Mountain High
Kapitel 7
Bold Soul Sister
Kapitel 8
Proud Mary
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Kapitel 9
I’ve Been Loving You Too Long
Kapitel 10
Acid Queen
Kapitel 11
The Last Straw
Kapitel 12
Die neue Tina: Puttin’ On The Ritz
Kapitel 13
Private Dancer
Kapitel 14
Break Every Rule
Kapitel 15
Foreign Affair
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Kapitel 16
What’s Love Got To Do With It?
Kapitel 17
Wildest Dreams
Kapitel 18
Twenty Four Seven
Quellenangaben
Bibliografie
Diskografie
Filmografie
Über den Autor
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Manchmal fragt man sich, welche Bedeutung dem Glück im Leben zukommt – what’s luck got to do with it? Die Antwort lautet: Gelegentlich spielt es sogar eine sehr wichtige Rolle. Ich selbst hatte in den 1980ern großes Glück, weil ich in einer Wohnung in der East 11th Street/Ecke Broadway in New York wohnte. Damals befand sich der Club The Ritz sozusagen direkt vor meiner Haustür, lediglich anderthalb Häuserblöcke von meiner Wohnung entfernt. Er war buchstäblich mein Rockclub an der Ecke. Einmal arbeitete ich sogar dort, und zwar als PR-Agent, als The Who ein riesiges Konzert-Special präsentierten, das per Satellit übertragen wurde, und im Club eine Party veranstalteten, auf der das Konzert gezeigt wurde.
Ich erinnere mich noch an meine Begeisterung, als ich erfuhr, dass die unvergleichliche Tina Turner 1983 im Ritz als Headliner auftreten sollte. In England hatte sie mit dem Song „Let’s Stay Together“gerade einen riesigen Hit gelandet und der New Yorker Radiosender WBLS spielte ihn die ganze Zeit rauf und runter. Ich liebte diesen Song so sehr, dass ich mich extra aufmachte, die 12-Zoll-Import-Single des britischen Hits zu erstehen. Das Lied war großartig und ganz besonders gefiel mir das Foto von Tina und ihren sexy Tänzerinnen, das auf dem Cover zu sehen war. Schon ihr Album Acid Queen von 1975 hatte mir wahnsinnig gut gefallen, genau wie ihre grandiosen Versionen von Stücken der Rolling Stones, von The Who und Led Zeppelin. Ich weiß noch, dass ich damals schon dachte: „Tina Turner ist einfach die geborene Rock & Roll-Sängerin.“
Sofort schmiedete ich Pläne, zu Tinas Konzert im Ritz zu gehen. Die Vorfreude der Zuschauer war spürbar an diesem Abend. Sie waren gespannt darauf, was sie erwartete. Wie würde Tina aussehen? Würde sie so großartig klingen wie auf dieser neuen Import-Single? Im Ritz gab es keine festen Sitzplätze. Sobald die Lichter für den Beginn der Show gedimmt wurden, würden also alle nach vorne an die Bühne drängen. Weil ich das wusste, holte ich mir schnell einen Cocktail und stellte mich danach nur ca. zwei Meter von der Bühne entfernt hin. Diesen idealen Platz wollte ich dann nicht mehr hergeben.
Ich weiß noch ganz genau, wie dann die Musik einsetzte und das Publikum freudig losjubelte, als Tina Turner die Bühne betrat. Sie sprühte vor Energie und sah in ihrem schwarzen Ledermini einfach atemberaubend aus. Man konnte ihr die Begeisterung förmlich ansehen, als sie in die Zuschauermenge blickte, die sich zu ihrem großen Comeback in New York versammelt hatte. Nie werde ich vergessen, wie Tina Turner und ihre Tänzerinnen sich an jenem Abend zu „Let’s Stay Together“ bewegten und wie sehr mich ihr Auftritt, bei dem sie einfach alles gab, zu fesseln vermochte.
Im Jahr 2000 lebte ich dann in Los Angeles und arbeitete für einen Verlag. Wieder einmal war es pures Glück, dass ich einen Tag vor Tinas Auftritt am 6. Dezember im Arrowhead Pond in Anaheim an eine Konzertkarte kam. In den 1980ern war ich bei einem von Tinas Comeback-Konzerten im Ritz gewesen und nun sollte ich dem Abschlusskonzert ihrer ausverkauften „Abschieds“-Tournee, ihrer „Twenty Four Seven“-Tour, beiwohnen. Auch dieser Abend wurde zu einem unvergesslichen Erlebnis.
Acht Jahre später, zu Beginn ihrer energiegeladenen „50th Anniversary“-Comeback-Tour anlässlich ihres 50-jährigen Bühnenjubiläums, war ich ebenfalls dabei. Die Tournee dauerte vom Herbst 2008 bis zum Frühjahr 2009 und begeisterte Zuschauer an ausverkauften Veranstaltungsorten in den USA, Kanada und Europa.
Als sich für mich die Gelegenheit ergab, dieses Buch zu schreiben, sagte ich sofort zu. Seit Tinas eigenes Buch und der darauf basierende Film erschienen waren, hat sich in ihrem Leben noch so viel ereignet. Wieder empfand ich es als großes Glück, dass ich die Chance bekam, die Geschichte ihrer sieben bisher erlebten Jahrzehnte erzählen zu dürfen.
Tina ist nicht nur eine fabelhafte Sängerin, Tänzerin, Schauspielerin und Performerin, sondern auch unglaublich inspirierend. Durch glückliche Zufälle habe ich zwei der wichtigsten Konzerte ihrer Karriere miterlebt. Ich habe mich gefreut und es als sehr aufregend empfunden, in diesem Buch ihre gesamte Lebensgeschichte aufzuschreiben. Tina Turner ist ein Mensch, der seine Träume nie aufgegeben hat. Man kann es nicht anders sagen: Sie ist tatsächlich die Königin des Rock & Roll!
Mark Bego
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Jetzt, da sie frei war und die Gewaltausbrüche ihres Ex-Mannes nicht länger erdulden musste, versuchte Tina ihr Glück als Solo-Künstlerin. In den frühen 1980ern führte sie ihre aufregende Bühnenshow in Tanzclubs wie z.B. der hauptsächlich von Homosexuellen besuchten Disco „The Saint“ in New York auf.
(Fotos: Charles Moniz)
Tinas großer Durchbruch als Solostar gelang ihr in dem Manhattaner Rock & Roll-Club „The Ritz“. Ihre Garderobe für dieses Engagement wurde von Bob Mackie entworfen. Im Publikum befanden sich unter anderem David Bowie sowie Keith Richards und Ron Wood von den Rolling Stones.
(Fotos: Charles Moniz)
Mittwoch, 6. Dezember 2000 in Anaheim, Kalifornien. Die gewaltige Halle des Arrowhead Pond ist heute ausverkauft. Das Publikum besteht aus 18.000 jubelnden Fans jeden Alters. Es ist der letzte Abend der, wie angekündigt wurde, „letzten“ Stadiontournee der legendären Tina Turner. Die weltweite Konzerttournee heißt, wie auch ihr aktuelles Album, Twenty Four Seven. Der Titel passt genau, denn Tina Turner gelingt es tatsächlich, vierundzwanzig Stunden am Tag und sieben Tage die Woche eine der erotischsten Frauen auf diesem Planeten zu sein.
Eine andere Rock & Roll-Legende – Joe Cocker – ist gerade mit der ersten rasanten Aufwärmphase, in der er schon einige Rock & Roll-Hits präsentiert hat, durch. Doch die Zuschauer sind heute Abend hierhergekommen, um diese eine zu sehen, live zu erleben und zu feiern, die als „tüchtigste Frau des Rock & Roll“ gilt – die einzigartige Tina Turner.
David Bowie bemerkte einmal, dass Tina jede Bühne zum „heißesten Ort im ganzen Universum“ macht. Heute wird sie beweisen, dass das auch hundertprozentig stimmt.
Endlich geht die Pause zwischen den beiden Auftritten zu Ende und die Lichter im Stadion werden wieder gedämpft. Als das Licht im Zuschauerraum völlig erlischt und die Musik zu spielen beginnt, wird dies von der erwartungsvollen Menge mit frenetischem Beifall quittiert. Im Stadion ist es plötzlich ganz dunkel und aus den Lautsprechern tönt die volle und markante Stimme von James Earl Jones: „Arbeite so, als bräuchtest du nichts, liebe so, als hätte man dich nie verletzt, tanze so, als sähe dir niemand zu. Meine Damen und Herren: Tina Turner!“
Der Vorhang geht auf und gibt den Blick auf eine Bühne frei, die aus drei durch Rampen und Treppen verbundenen Ebenen besteht. Auf der mittleren Ebene steht – überlebensgroß – Tina Turner, umgeben von ihren fünf geschmeidigen Tänzerinnen. Und schon bricht ihre aktuelle Tourband unter der Leitung von John Miles mit den ersten Tönen des Songs „I Want To Take You Higher“ los. Die Diva selbst befindet sich sechs Meter über der Bühne und wiederholt immer wieder das Wörtchen „Higher!“ – so als wollte sie ihre 18.000 Mann starke Zuhörerschaft, die ihr Tun ehrfürchtig mitverfolgt, an jenem Abend mit nach oben in luftige Höhen entführen.
Mit ihrem hautengen Hosenanzug, der aus Knickerbockern und einem Bustier aus schwarzem Vinyl und Stahlketten besteht, sieht sie einfach perfekt aus. Ihr schulterfreies Top gibt den Blick frei auf ihre makellose hellbraune Haut und ihren schlanken und straffen Körper. Als sie anfängt zu singen, sieht sie aus, als hätte sie den Körper einer 35-Jährigen – obwohl sie die Woche zuvor gerade 61 geworden ist. Sie trägt ihr Markenzeichen: schwarze hochhackige Schuhe, in denen sie äußerst agil und geschickt auf der Bühne hin- und herstolziert.
Sie stimmt die Strophen einer Partyhymne aus den 1970ern an und ist in ihrem Element. Als die Zuschauer unisono aufgeregt losjubeln, strahlt sie über das ganze Gesicht. Das sich über mehrere Ebenen erstreckende Bühnenlabyrinth aus Plattformen und Treppen nutzt sie den Abend über voll aus und ist die nächsten zwei Stunden permanent in Action. Wenn sie hinunter auf die Hauptbühne tanzt, vergisst sie keinen einzigen Schritt ihrer ausgefeilten Choreografie, bei der auch ihre fünf Tänzerinnen ihr Können unter Beweis stellen.
Schon in den ersten Minuten ihrer Bühnenshow ist Tina unbestritten der Star des Abends. Alle Blicke ruhen auf ihr und sie strahlt die ganze Zeit, in der sie im Rampenlicht steht, Wärme und Begeisterung aus. Das heutige Programm nimmt uns mit auf eine Zeitreise durch Tinas Vergangenheit und Gegenwart. Zu hören sind auch Songs wie „Fool In Love“ und „Proud Mary“ aus den Zeiten, als sie noch die eine Hälfte des Duos Ike & Tina Turner war. Außerdem singt sie die Hits ihrer Filmkarriere: „Acid Queen“ und „We Don’t Need Another Hero“. Ihr phänomenales Comeback Mitte der 1980er wird mit Liedern wie „Private Dancer“ und „What’s Love Got To Do With It“ gefeiert. Von ihrem aktuellen Album sind als Highlights Songs wie „Absolutely Nothing’s Changed“ und „Twenty Four Seven“ mit dabei.
Die heutige Show ist mehr als nur ein normales Konzert, sie ist ein ergreifendes Rock & Roll-Spektakel mit einem ausgefeilten Bühnenaufbau, grellen Lichteffekten, beeindruckenden Songdarbietungen und wartet darüber hinaus mit so einigen Überraschungen auf. Als eine der theatralischsten Nummern erweist sich Tinas Version des Motown-Klassikers „I Heard It Through The Grapevine“. Bei diesem Song brechen die einzelnen Plattformen des Bühnenaufbaus auseinander und geben den Blick frei auf ein simuliertes Flammenmeer, das auf riesigen Videoleinwänden vor sich hin lodert. Tina und ihre Tänzerinnen kommen herausstolziert. Alle sind sie in schwarzes Nietenvinyl gekleidet und wirken wie Rockerbräute auf Beutefang. Und natürlich ist die resolute Ms. Turner die Anführerin dieser Rockergang.
Am Ende von „We Don’t Need Another Hero“ löst sich die Plattform, auf der sie steht, plötzlich von der zweiten Bühnenebene und Tina wird auf einer etwas merkwürdig anmutenden Vorrichtung, die eine Weile in der Luft schweben bleibt, auf die unterste Bühnenebene hinuntergelassen. Als sie dort ankommt, geht ein Feuerwerk los – ein theatralisches Spektakel aus Flammen und Licht.
Während sie in einem sexy aussehenden, mit weißen Fransen verzierten Hosenanzug „Nutbush City Limits“ singt, tanzt Tina einen Gang entlang, hin zu etwas, das wie ein kleiner Käfig mit hüfthohen Gitterstäben aussieht. Plötzlich schwenkt der gesamte 15 Meter lange Laufsteg aus und befindet sich nun über den Köpfen in den ersten drei Dutzend Zuschauerreihen. Jetzt ist sie nicht mehr nur der Mittelpunkt der Party, sondern schwebt auch noch sechs Meter über ihrer Festgesellschaft. Die Menge bricht in Begeisterungsstürme aus. Sie singt weiter und läuft den Laufsteg hinunter zur Bühne hin – ohne Geländer und in gefährlich hohen Pumps. Nichts für Diven mit Höhenangst. Aber Tina hat schließlich ihr gesamtes Leben in gefährlichen Höhen verbracht. Diese Frau ist einfach unbesiegbar. Nicht einmal Rockstars, die vierzig Jahre jünger sind, können es mit ihr aufnehmen.
Es geht nicht allein darum, mit großer Leidenschaft heiße Rocksongs zu singen, möglichst viel Energie in Tanzeinlagen zu investieren oder mit den tollsten Lichteffekten aufzuwarten. Wenn diese Rock & Roll-Diva auf der Bühne steht, passiert noch viel mehr. Sie strahlt Herzenswärme, Aufrichtigkeit und Entschlossenheit aus. Tina Turner macht nie etwas nur auf die nette, seichte Tour, immer bringt sie auch eine gehörige Portion Rauheit mit ein – so lieben sie ihre Fans. Sie lieben sie genau aus diesem Grund. Seit sechs Jahrzehnten gelingt es ihr, ihre Zuschauer weltweit in Staunen zu versetzen. Keiner der heute Anwesenden will deshalb, dass dieser Abend zu Ende geht, denn dies bedeutet nicht bloß das Ende eines Rockkonzerts, sondern gleichzeitig auch das Ende einer ganzen Ära von Rockspektakeln.
In der Welt des Showbusiness gibt es niemanden, der mit Tina Turner vergleichbar wäre. Natürlich gab es auch andere Frauen in der Musikwelt, deren Karriere lange währte, aber nur wenigen ist es gelungen, eine so energie- und spannungsgeladene Stimmung zu verbreiten und so viel Begeisterung zu wecken wie das bei Tina der Fall ist.
Auch andere Frauen, deren Karriere von der Öffentlichkeit mitverfolgt wurde, haben in ihrem Leben so manches Unglück und tragische Ereignisse überstanden. Doch Tina befreite sich mit einer solchen Würde und Spiritualität aus ihrem von Unterdrückung und Erniedrigung geprägten Leben mit Ike Turner, dass sie für viele zu einer Art Vorbild wurde.
In den 1960ern und 70ern waren Tina und ihr damaliger Mann Ike zu Legenden des Rhythm & Blues und Rock & Roll geworden. Zu ihren zahlreichen Hits gehörten „It’s Gonna Work Out Fine“, „River Deep – Mountain High“ und „I Idolize You“. In der Musikwelt waren sie bekannt für ihre ausgiebigen Clubtourneen rund um den Globus. Sie wurden schließlich gar zu wahren Superstars, was sie vor allem den ausgedehnten Tourneen als Vorgruppe der Rolling Stones verdankten. Tina galt als der Star und die treibende Kraft der Bühnenshow und Ike als genialer Kopf des Duos. Sehr oft wurden sie in den Medien als glückliches, sich liebendes Ehepaar dargestellt.
Wenn man den Texten aus Tinas Songrepertoire der 1970er Glauben schenkt, wie z.B. dem von Ike komponierten „Contact High“, oder Tina als Drogenguru „Acid Queen“ in dem Film Tommy sieht und dies für bare Münze nimmt, könnte man meinen, sie habe den Drogenkonsum befürwortet oder sei eine wilde Partylöwin gewesen.
Wenn man sich anhört, wie sie absolut überzeugend Songs wie „Fool For You“, „Poor Fool“ und „It’s Gonna Work Out Fine“ sang, könnte man dies ohne Weiteres für Liebesbekundungen von Tina an ihren liebevollen Ehemann Ike halten. Und wenn man Gelegenheit bekäme, sich Ikes & Tinas Showprogramm zu Beginn der 1970er anzusehen, wie sie das Lied „I’ve Been Loving You Too Long“ zum Besten gaben, bei dem Tina mit ihrem phallusartigen Mikrofon Fellatio simulierte, könnte man vielleicht auf die Idee kommen, sie sei so eine Art hemmungslose Sexgöttin gewesen.
Abend für Abend wirbelte sie über die Bühne und zeigte Tanzeinlagen mit schnellen Schrittkombinationen, bei denen ihrem Publikum allein vom Zuschauen schon schwindlig wurde. Tina strotzte nur so vor Energie, so dass man sie für den Inbegriff der absolut befreiten Frau halten mochte, die ihr aufregendes Leben als Star in vollen Zügen genoss.
Doch die Wirklichkeit sah ganz anders aus. Keines dieser Bilder entsprach der Realität. Tina drückte es so aus: „Tina Turner – jene Frau, die auf die Bühne ging, war jemand anderes. Ich selbst war nur ihr Schatten.“ (1) 1976 war die echte Tina bereits in einer Ehe gefangen, die ihr Leben zur Hölle werden ließ. Das, was sie auf der Bühne als ihr Leben ausgab, war nichts als Show und das Leben hinter den Kulissen zur reinen Folter geworden.
Und die Drogen und die Partys? Nun, das war Ikes Leben. Tina nahm nie irgendeine Art von Drogen und wollte auch nichts damit zu tun haben.
Was ihre Ehe anging, so bestand diese nur auf dem Papier. Ike war ihr nie treu. Mehr als einmal war sie in ihr Wohnzimmer gekommen und hatte dort gesehen, wie eine Frau gerade vor Ike kniete und ihn oral befriedigte.
Ihr glückliches, freudenreiches Leben? Nichts hätte der Lebenswirklichkeit, in der sie gefangen war, weniger entsprechen können. Nicht genug, dass Ike sie wie seine Dienstbotin behandelte, die immer zur Stelle sein musste, wenn er nach ihr rief. Wenn sie ihn verärgerte oder sich beschwerte, verprügelte er sie gnadenlos. Mit der Zeit nahm Ikes exzessiver Drogenkonsum immer mehr zu und seine tätlichen Angriffe ebenfalls. Niemand – außer ihrem engsten Kreis – wusste, dass Ike Tina in Wahrheit total unter Kontrolle hatte, da sie sich vor ihm fürchtete.
Was das Kaschieren von „Veilchen“ mit Hilfe von festem Puder-Make-up anging, war Tina zu einer echten Expertin geworden. Oft trat sie mit aufgeplatzten Lippen, blauen Flecken oder gar mit gebrochenen Knochen vor jubelnden Zuschauermengen auf. Sie fühlte sich einsam und wie gefangen. Selbst ihr verzweifelter Selbstmordversuch misslang.
Doch dann machte sie eine Freundin mit etwas vertraut, das ihr zu innerer Stärke verhalf und sie dazu ermutigte, für sich selbst einzustehen: dem Buddhismus. Tina wusste jetzt, welche Spiritualität und Lebenskraft in ihr steckte. Nun beherrschte sie den buddhistischen Rezitationsgesang, war in der Lage, in ihre eigene Seele hineinzuschauen und brachte so den Mut auf, Ike zu verlassen.
Als sie sich 1976 endlich dazu entschloss, sich von Ike zu trennen, gab es kein Zurück mehr. Es wurde nicht gerade ein einfacher Kampf. Zuerst war es eine körperliche Auseinandersetzung, dann wurde es zu einem Rechtsstreit. Bald merkte sie, dass sie nicht allein war und tatsächlich echte Freunde hatte, die ihr halfen. Cher sprach Tina Mut zu, indem sie ihr davon erzählte, wie sie durch die Trennung von ihrem damaligen Mann Sonny Bono wieder Herrin über ihr eigenes Leben geworden war. Ann-Margret, die mit ihr zusammen in dem Film Tommy gespielt hatte, half ihr nach ihrer Zeit mit Ike dabei, ihre Karriere als Solo-Star aufzubauen. Und über Olivia Newton-John lernte sie den Manager kennen, der ihr zu ihrem Durchbruch in der Welt der Superstars verhalf und ihr dabei behilflich war, ihren Traum von der eigenen Karriere zu verwirklichen.
Ihr Weg zurück ins Showgeschäft erwies sich als beschwerlich, doch sie genoss den anstrengenden Aufstieg und ihre Freiheit. Nachdem sie sich kurz als glitzerndes Las Vegas-Sternchen versucht hatte, bewegte sie sich in die Richtung, die sie so liebte: hin zum Rock & Roll. 1984 brachte sie das Album heraus, das für sie den absoluten Wendepunkt markierte und außerdem den aufsehenerregenden Hit „What’s Love Got To Do With It“ lieferte. Auf der ganzen Welt freuten sich Zuhörer darüber, wie keck und selbstbewusst Tinas Stimme klang. Jeder Song auf ihrem Album Private Dancer schien ihr Image wieder völlig neu zu formen. In „I Might Have Been Queen“ preist sie ihre festen Überzeugungen, was Glauben, Schicksal und Reinkarnation angeht. „Show Some Respect“ und „Better Be Good To Me“ waren musikalische Zeugnisse ihrer Stärke und Entschlossenheit. Und mit ihrer Version von David Bowies „1984“ meldete sie ihre Ansprüche auf eben jenes Jahr an, in dem sie zur allseits anerkannten Diva in der Welt der Rockmusik wurde.
Auf dem Gipfel ihres Comebacks mit „What’s Love Got To Do With It“ blickte sie zwanzig Jahre in die Zukunft und sagte, damals in ihren Vierzigern: „Eine Sechzigjährige kann gar nicht so aussehen wie ich.“ (2) Jetzt, da sie ihr siebtes Lebensjahrzehnt vollendet, sieht sie noch genauso aus wie in ihren Vierzigern. Auf der Bühne und privat ist sie immer noch genauso sexy und energiegeladen wie damals in den 1960ern, als sie in TV-Shows wie American Bandstand, Top of the Pops und Shindig ihr Publikum beeindruckte. Im Jahr 2000, als sie sich mit 60 als Headliner auf Welttournee begab, galt dies als die Konzertreihe, die in jenem Jahr den meisten Umsatz erwirtschaftete – die Einnahmen lagen bei über 80 Millionen Dollar.
Als sich ihr Erfolg als Solokünstlerin einstellte, sang Tina nur noch Lieder über Stärke und Machtgewinn. Die Songs, die sie kreierte, hatten es wirklich in sich: „Break Every Rule“, „The Best“, „Steamy Windows“, „Look Me In The Heart“, „We Don’t Need Another Hero“, „Whatever You Need“, „Absolutely Nothing’s Changed“ – und viele mehr.
Mitte der 1980er begriffen ihre Fans immer noch nicht, warum sie Ike verlassen hatte. Da sie es leid war, in Interviews über ihn zu sprechen, schrieb sie 1986 ihre Autobiografie Ich, Tina. Mein Leben – um alle Unklarheiten auszuräumen. 1993 diente das Buch als Grundlage für einen Film, der für den Oscar nominiert wurde: Tina – What’s Love Got To Do With It?
Ihr Buch, das vieles aufdeckt, und der Film über ihr Leben zeichnen Tinas faszinierende Geschichte bis zu ihrem Comeback im Jahr 1984 nach. Doch seitdem ist in ihrem Leben noch sehr viel mehr passiert. Sie stieg von einer Nachtclub-Attraktion zum Superstar auf, der ganze Stadien füllt. 1985 räumte sie bei den Grammy Awards kräftig ab und veröffentlichte danach mehrere Solo-Hit-Singles und Alben. Tina hat ihre Schauspielkarriere weiterverfolgt und wurde in die Rock & Roll-Hall of Fame aufgenommen. Sie hat Millionen von Platten verkauft, die wahre Liebe gefunden, ist nach Europa gezogen und führt mit dem Mann ihrer Träume nun ein wahrhaft glamouröses und harmonisches Leben in Südfrankreich. Obwohl sie die „Twenty Four Seven“-Konzerttournee als ihre letzte Stadion-Tour ankündigte, war sich ihr Publikum, das sie so verehrte, bewusst, dass da noch eine ganze Menge kommen sollte.
Nach 2001 hielt sich Tina eher im Hintergrund und trat nur ab und zu einmal wieder in Erscheinung. 2004 brachte sie dann ein Hit-Album heraus, das sich millionenfach verkaufte, nahm 2005 einen Preis für ihr Lebenswerk – die „Kennedy Center Honors“ – von US-Präsident Bush entgegen und erschien schließlich gemeinsam mit Beyoncé im Rahmen der Fernsehübertragung der Grammy-Verleihung. Da sie es letztlich nicht schaffte, sich noch weiter vom Rampenlicht fernzuhalten, startete sie eine Konzerttournee im Zeitraum 2008/09.
Obwohl die breite Öffentlichkeit dank ihrer Musik, ihrer Autobiografie und des Films über ihr Leben schon viel über Tinas spannende Vita weiß, steckt in ihrer wahren Lebensgeschichte doch so viel mehr drin, ist ihr Leben doch so viel komplexer gewesen, als das etwa ein zweistündiger Film darzustellen vermag.
Rückblickend mag man es kaum glauben, dass sie mit dem Gefühl aufwuchs, sie gehöre nirgendwo so richtig hin. Nur wenigen Menschen ist bewusst, dass ihr Leben sehr facettenreich ist und sich nicht nur auf die Gefangenschaft in einer nicht funktionierenden Ehe und die Befreiung daraus reduzieren lässt, an die sich ihr plötzlicher Aufstieg zu einer Rocklegende anschloss.
Sie glaubt fest an Astrologie und Übersinnliches und ihr wurde einmal gesagt, ihre Bestimmung sei es, zu einem der größten Stars im Showbusiness aufzusteigen, während Ikes Karriere den Bach hinuntergehen würde. Als sie auf der Spitze ihres wiedererlangten Erfolges war, wurde Ike festgenommen und kam ins Gefängnis. Nachdem er seine Haftstrafe verbüßt hatte, versuchte Ike Turner 1999 seinen Ruf in seiner eigenen Autobiografie Takin’ Back My Name wiederherzustellen. Doch der Schuss ging nach hinten los. Er stritt es nicht nur nicht ab, Tina gnadenlos verprügelt zu haben, sondern wollte den Lesern auch noch glaubhaft vermitteln, dass Tina selbst schuld daran gewesen sei – denn sie habe ihn schließlich dazu getrieben. 2007, nach einer Nacht exzessiven Drogenkonsums, fand sein Leben ein trauriges Ende, das in scharfem Kontrast zu seinem einstigen Ruhm stand.
Von Wahrsagern erfuhr Tina etwas, das sie ihr ganzes Leben lang vermutet hatte: Ihre Mutter, Zelma Bullock, hatte sie nicht gewollt. Als sie Zelma kurz vor deren Tod damit konfrontierte, wurden ihre letzten Zweifel ein für allemal beseitigt. Was ihr an mütterlicher Liebe fehlte, glich sie später sowohl im Privatleben als auch in ihrem Berufsleben aus. Heute, im 21. Jahrhundert, ist sie eine der beliebtesten Frauen im Showgeschäft. Tina ist immer noch gut in Form und sieht fabelhaft aus – und feiert 2009 ihren 70.Geburtstag. Sie ist zugleich eine lebende Legende und eine unheimlich tolle Frau.
Ihr Leben bleibt weiterhin eine erstaunliche Geschichte, die von Stärke und der Fähigkeit zu überleben handelt. „Niemand hat so ein Leben hinter sich wie ich – noch nicht einmal Joan Collins!“, sagt sie selbst lachend dazu. (1)
Nach all dem, was sie durchlebt und in triumphaler Weise überlebt hat, haben die Leute immer noch so einige illusionäre Vorstellungen von ihr im Kopf. Zum Beispiel hält man sie für eine große und imposante Frau. Tatsächlich ist sie aber gerade einmal 1,62 groß und wiegt um die 57 Kilo. Und was für einen bemerkenswerten Körper sie hat – sie gilt als eine der schönsten und meistbewunderten Frauen der Welt.
Trotz ihrer ganzen Platin-Schallplatten, der ausverkauften Konzerte und Auszeichnungen begreift sich Tina immer noch als jemand, dessen Arbeit noch lange nicht beendet ist: „Auf der ganzen Welt werde ich gefragt, wann ich denn mal einen Gang runterschalte – aber ich fange doch gerade erst richtig an!“ (1)
Was geht in Tina Turner vor? Wie hat sie es geschafft, sich aus einem Leben zu befreien, das die meisten Menschen nicht überstanden hätten? Welche Rolle spielten Mick Jagger, David Bowie, Keith Richards und Rod Stewart bei ihrem triumphalen Comeback? Wie häufig musste sie Ike Turners Schläge erdulden und wie war ihr Verhältnis in der Zeit vor seinem Tod? Und welche Rolle spielt für Tina denn nun die Liebe oder vielmehr der Mangel daran? All dies sind Fragen, die ihr Publikum brennend interessieren. Wenn Tina in ihrem Lied davon singt, dass sie „never ever“ etwas „nice and easy“ macht, dann meint sie es auch. Sie wählte den schwierigen Weg und wurde schließlich vom „Opfer“ zur glorreichen „Siegerin“.
In ihrem Leben hat sie gemäß ihrem Lied „Break Every Rule“ auch wirklich jede Regel gebrochen und sich letztendlich in der Welt einen Platz erkämpft, der nur ihr gehört. Tina Turner ist einzigartig. Um diese legendäre Sängerin ganz zu verstehen, muss man sehr weit zurückgehen. Zurück in ein winziges
Städtchen namens Nutbush, Tennessee. Denn dort begann sie, die Geschichte einer Legende …