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5-MeO-DMT (5-Methoxy-DMT)

5-MeO-DMT

Andere Abkürzungen:

5-Methoxy-DMT

5-OMe-DMT15

MDMT

1019-45-0

Chemische Bezeichnungen:

5-Methoxy-N,N-dimethyltryptamin

N,N-Dimethyl-5-methoxytryptamin

5-Methoxy-3-[2-(dimethylamin)ethyl]-indol

[2-(5-Methoxyindol-3-yl)ethyl]-dimethylazan

Bufotenin-Methyl-Äther

Methoxybufotenin

Methylbufotenin

O-Methylbufotenin (OMB)

N,N,O-Trimethylserotonin

Trivialbezeichnungen:

5-MeO, Godhead, God Molecule, Gottesmolekül, Krötenschaum

Chemische Stoffklasse: Tryptamine/Indolalkaloide

Pharmakologische Klassifizierung: Psychedelikum,

Halluzinogen I. Ordnung

Summenformel: C13H18N2O

Molekulargewicht: 218,30 g/mol

Vorkommen:

Natur (Pflanzen, Tiere, Menschen), synthetisch


Chemische Strukturformel des 5-MeO-DMT.

»Mit 5-MeO-DMT kommst du in etwa zehn Sekunden von Null in die Unendlichkeit.«

Martin W. Ball (2011: 13)

Dosierung: geraucht: 5 bis 25 mg, geschnupft: 5 bis 20 mg, intravenös: 2 bis 3 mg

Wirkdauer: geraucht: 10 bis 25 Minuten, geschnupft: 45 bis 60 Minuten, injiziert (i. v.): 1 bis 2 Stunden

5-Methoxy-DMT ist das wichtigste psychedelische Derivat des Dimethyltryptamins und »unterscheidet sich von DMT lediglich durch eine einzige zusätzliche Methylgruppe und ein zusätzliches Sauerstoffatom«. (Strassman 2004: 62) 5-MeO-DMT ist eine blass-weiße kristalline Substanz, die in 96 %-igem Ethanol löslich ist, in Wasser hingegen so gut wie gar nicht. Wenn man aus psychonautischer Sicht einen DMT-Verwandten als den wichtigsten ausmachen müsste, dann würde dies ohne Zweifel 5-Methoxy-DMT sein. Einige Psychedeliker ziehen die 5-MeO-DMT-Erfahrung sogar der zwar ähnlichen, in summa aber doch andersartigen Erfahrung mit N,N-DMT vor. Das psychedelische Erleben auf 5-MeO-DMT umfasst nicht unbedingt solche exorbitanten visuellen Sensationen, wie dies beim N,N-DMT der Fall ist. Zwar können auch mit 5-MeO-DMT visuelle und mystische Erfahrungen gemacht werden, eine psychedelische Dosis von 20 bis 25 mg (geraucht) ist aber häufig eher vom Erleben eines kristallartigen, weißen Lichts und purer, urmächtiger und unbeschreiblich starker, alles umfassender Energie dominiert. Mit 5-MeO-DMT gelangt man auf direktem Wege zur Schöpferkraft, zur alleinheitlichen Energie, zu Gott, sagen viele, die diese Substanz ernsthaft probiert haben.

»Wie bei jeder subjektiven Erfahrung kommt es sehr auf die Versuchsperson an: Die meisten Leute scheinen die bizarren Farben und das fremdartige Ambiente von DMT der Wasserstoffbombe im Kopf, der Explosion weißen Lichts von 5-Methoxy-DMT vorzuziehen. Aber ich habe zumindest eine Person getroffen, die das zweite favorisiert. Beide Erfahrungen sind auf jeden Fall im Vergleich mit jeder anderen Substanz extrem machtvoll.« (Jim DeKorne, Entheogene 4, 1995: 33) Es gibt eine ganze Reihe von ernsthaften Psychonauten, die intensive Experimente mit 5-MeO-DMT gemacht haben, beispielsweise der US-amerikanische (und in Berlin geborene) Psychologe, Psychotherapeut, Psychedelika-Forscher und Autor Ralph Metzner16. Sein Buch »Die Kröte und der Jaguar« erzählt von Erfahrungen mit 5-MeO-DMT und dem Sekret der Colorado-Kröte Bufo alvarius, das reichlich 5-MeO-DMT enthält. Ralph Metzner beschreibt seine erste Erfahrung mit reinem gerauchtem 5-MeO-DMT: »Eine erschütternde Vernichtung, ein Gefühl, mich innerhalb einer Explosion zu befinden und in zahllose kleine Einzelteile zu zerfallen. Ich fühlte mich, als würde mein Inneres nach außen gekehrt, als ob meine Eingeweide durch meinen Mund hinausgepresst würden. Mein Körper schien offenbar auf dem Boden zu rollen (wie ich später realisierte), zusammengerollt zu einem Ball wie die Ouroboros-Schlange. Alle Unterscheidungen zwischen Innerem und Äußerem, Selbst und Anderem, Oben und Unten waren ausgelöscht. Tierische Laute schienen aus meinem Mund zu kommen. Da waren keine Gefühle der Angst, tatsächlich überhaupt keine Gefühle, mit Ausnahme einer Art unpersönlicher Ekstase. Kein Körpergefühl, kein Empfinden des Selbst, kein ›Ich‹ – nur eine funkelnde Empfindung von ehrfurchtgebietender Schönheit.« (Metzner 2015b: 34)

»Es ist dringend erforderlich, dass wir lernen, optimale Modelle umzusetzen, um solch potente Verbindungen wie 5-MeO-DMT handhaben zu können. Die Erforschung der traditionellen Anwendung als Sakrament betont die Bedeutung von Set und Setting ebenso wie die Fachkenntnis und die ethische Integrität des Vermittelnden.«

Charles Grob (Metzner 2015b: 8)


5-MeO-DMT, wie es im Internet angeboten wurde.

Der US-amerikanische Chemiker und Psychedelik-Pionier Alexander Shulgin wartet mit einer nicht minder interessanten Beschreibung eines Trips mit 20 gerauchten mg 5-MeO-DMT auf: »Dies ist ein sehr starkes Halluzinogen. Eine Zwanzigminuten-Erfahrung. Für mich war es, als kombiniere man MDMA mit DMT. DMT macht mir Angst (obwohl ich es immer wieder mache), und ich muss wirklich erst darüber nachdenken, bevor ich es nehme. Das 5-MeO-DMT war viel entspannter, eher eine Art Erfahrung kosmischen Bewusstseins. Ich brach in einen Raum durch, der dem DMT-Raum recht ähnlich war, aber es war mehr wie eine empfangene Gnade. Beim Herunterkommen fühlte ich mich etwas zitterig (Tremor-artig).« (Shulgin und Shulgin 1997: 533) Einen weiteren Bioassay mit 25 gerauchten mg dokumentiert Shugin wie folgt: »Ich inhalierte allen Dampf, der Geschmack war mild – nicht dieser Plastikgeschmack wie beim DMT. Etwa zehn Sekunden nach dem Inhalieren des letzten Dampfs begann es mit einem schnell ansteigenden Gefühl von Aufregung und Erstaunen, mit einem Unterton von ›Jetzt hast du es getan‹, aber dominiert von einem Gefühl von ›WOW, DAS IST ES!‹. Ich hatte ein gewaltiges Gefühl von Geschwindigkeit und Beschleunigung. Innerhalb von etwa zehn weiteren Sekunden verstärkten sich diese Eindrücke zu einer Intensität, wie ich sie nie zuvor erlebt hatte. Das gesamte Universum implodierte durch mein Bewusstsein. Es war, als sei der Geist fähig gewesen, eine große Anzahl an Objekten, Situationen und Gefühlen gleichzeitig wahrzunehmen, die er sonst nur einzeln erfassen kann.« (Ebd.: 533f.)

Und Stanislav Grof berichtet über Erlebnisse einer Todes- und Wiedergeburtserfahrung unter 5-MeO-DMT-Einfluss: »Meine einzige Realität bestand aus strahlender, wirbelnder Energie von immensem Ausmaß, die alle Existenz in einer kondensierten und vollständig abstrakten Form zu beinhalten schien. Ich wurde reines Bewusstsein im Angesicht des Absoluten. Es hatte die Helligkeit von Myriaden von Sonnen … es schien reines Bewusstsein zu sein, eine Intelligenz und schöpferische Energie, die alle Polaritäten transzendiert. Es war unendlich und endlich, göttlich und dämonisch, erschreckend und ekstatisch, schöpferisch und destruktiv – all das und viel mehr. Ich hatte kein Konzept und keine Kategorien für das, was ich da erlebte. Ich konnte im Angesicht dieser Macht den Sinn separater Existenzen nicht aufrechterhalten. Meine gewöhnliche Identität war zersplittert und aufgelöst; ich wurde eins mit der Quelle.« (Grof 2006: 255)

5-MeO-DMT wirkt also nicht genauso wie N,N-Dimethyltryptamin und ist ohnehin nicht eins zu eins mit DMT zu vergleichen, allein schon, weil es etwa vier- bis achtmal potenter ist. Auch die Wirkdauer ist different; Ralph Metzner erklärt den Unterschied: »Bei beiden Substanzen beginnt die Wirkung praktisch unmittelbar, wenn sie geraucht oder verdampft eingeatmet werden, wie der Rauch oder Dampf durch die Mund- und Rachenschleimhäute sowie von den Lungen aufgenommen wird. DMT wird sehr schnell metabolisiert, und die Wirkung ist innerhalb von ungefähr 3 bis 5 Minuten mit einem deutlichen, schnellen Abfall der Konzentrationen im zerebralen Kreislauf beendet. Die Wirkung von 5-MeO-DMT beginnt ebenfalls fast unmittelbar nach der Inhalation, es wird aber anscheinend langsamer metabolisiert, denn die Wirkung bleibt für etwa 15 bis 20 Minuten erhalten, dreimal länger als beim DMT.« (Metzner 2015b: 30)

Der US-amerikanische Psychonaut James Oroc hat ein Standardwerk zum 5-MeO-DMT geschrieben, nämlich das nur auf Englisch verfügbare Buch »Tryptamine Palace: 5-MeO-DMT and the Sonoran Desert Toad«. Der Band enthält auf der einen Seite Informationen zu 5-MeO-DMT und der Colorado-Kröte Bufo alvarius, auf der anderen Seite eine Vielzahl von Erfahrungsberichten mit dem Molekül und dem Krötensekret sowie die zahlreichen Erkenntnisse, die daraus resultierten. Das Werk war ursprünglich als Broschüre für die Community des psychonautischen Burning Man Festivals17 in der Black-Rock-Wüste Nevadas geschrieben und dort 2006 und 2007 in diversen Auflagen verschenkt worden, enthielt aber, wie Oroc im Vorwort erzählt, zunächst zahlreiche Fehler und Fehlinformationen. 2009 ist das Buch dann im renommierten psychedelischen Verlag Inner Traditions (Park Street Press) erschienen.

Oroc hatte 2003 erstmals mit 5-MeO-DMT experimentiert und es, wie er es beschreibt, sehr achtlos genommen, mit einer für ihn »charakteristischen Abwesenheit von Umsicht, die viele meiner zahlreichen Abenteuer im Leben begleitet hat«. (Oroc 2009: 2) Was er mit dem Psychedelikum erlebte, veränderte sein Leben und wurde zu einem der wichtigsten Ereignisse seiner Biografie. »Nach meiner ersten Paradigma-verändernden Begegnung mit 5-MeO-DMT befand ich mich in einer Art intellektuellem Schockzustand, während die Fetzen meiner bisherigen Weltsicht um mich herumlagen und sich mir ein komplett neues rätselhaftes Universum zur Erforschung öffnete.« (Oroc 2009: 19) Die Substanz hatte ihn in direkten Kontakt mit einer energetischen Kraft gebracht, »die viel größer war, als ich es jemals für möglich gehalten hatte. (…) Diese erste Erfahrung hat meine Sicht der Realität auf eine solch massive Weise umgeworfen, wie ich es nie geglaubt hätte.« (Ebd.: 2f.)

Oroc, der sich selbst vorher als überzeugten Atheisten gesehen hatte und sich eine »geerbte zynische und materialistisch-reduktionistische Weltsicht zu eigen gemacht hatte«, ist durch diese eine Erfahrung mit 5-MeO-DMT zu der Gewissheit gelangt, dass es Gott gibt (von Oroc G/d geschrieben und damit »zu einem spirituell inspirierten und viel hoffnungsvolleren Menschen geworden« (ebd.: 3). Überdies ist er seitdem davon überzeugt, dass die Seele nach dem Tod weiterhin existiert; diese Überzeugung kommt übrigens häufig vor, wenn Menschen erstmals DMT oder 5-MeO-DMT genommen haben. Es ist nicht verwunderlich, dass James Oroc nach einer Durchbrucherfahrung einer spirituellen Wandlung unterlag. Das heißt in etwa: Erst die visionäre Umstrukturierung18, dann die Umstrukturierung des Lebens. Oroc hat für Erfahrungen mit 5-MeO-DMT eine eigene Abkürzung geprägt, nämlich 5MDE (5-MeO-DMT experience) und beschreibt seine eigenen folgendermaßen: »Ich inhaliere den Dampf ganz und halte ihn gemeinhin so lange ein, bis die Vision meines physikalischen Umfelds in fraktale Scher- ben zerbricht, und dann atme ich aus. Nahezu unmittelbar nachdem ich ausgeatmet habe, nehme ich ein Feld aus Lichtfraktalen wahr. Mein Geist löst sich dann in diesem weißen Licht auf, bis irgendwann die Wahrnehmung der äußeren Welt an Bedeutung verliert (bzw. ich die Umgebung nicht mehr wahrnehmen kann). Dieses weiße Licht – das mit der gestochenen Intensität eines Lasers leuchtet und weißer als weiß ist und gleichzeitig in brillanten Farben funkelt – ist vielleicht der Knackpunkt der Erfahrung. Als ich das erste Mal 5-MeO-DMT rauchte, bekam ich von dem Freund, der mir die Substanz gegeben hatte, nur eine einzige Anweisung: Ich solle so lange wie möglich versuchen, in diesem Licht zu bleiben. (…) Als Nächstes können sich vielfältige innere Erscheinungen zeigen. Manche berichten, sie sehen Schutzgeister (Tiere oder Engel), während andere beschreiben, dass sie direkt mit dem Licht kommunizieren. Auf einer meiner frühen Reisen spazierte ich über Flächen von Sternen und unterhielt mich mit einer Göttin, die in vielen wechselnden Formen erschien, manche waren mir vertraut, manche archetypisch, und ich erinnere mich, dass sie lachte und mich wie ein Kind behandelte. Wer immer in dieser Dimension das Sagen hat, weiß, sich kurz zu fassen, wenn wir zu Besuch sind; verglichen mit ihnen sind wir Kinder, und sie lehren uns die Dinge auf langsame methodische Weise, wie jeder gute Lehrer es tut: jeweils nur eine Lektion.« (Ebd.: 7)

War Oroc vorher durch andersartige psychedelische Erfahrungen und die Worte von Philosophen wie Terence McKenna davon geprägt und darauf aus, in veränderten Bewusstseinszuständen Kontakt zu fremden Wesen, Geistern usw. aufzunehmen, erlebte er auf 5-MeO-DMT eine völlig neuartige Dimension der Erfahrung. Und erhielt von der energetischen Kraft, von Gott, eine offenbarende Botschaft, die eindeutiger nicht hätte sein können: »Liebe. Das ist alles, was du wissen musst. Ich bin Liebe.« (Ebd.: 8)

Im nächsten Stadium, so berichtet James Oroc weiter, sieht er sein bisheriges Leben an sich vorüberziehen – und begegnet allen Wesen, mit denen er währenddessen Kontakt hatte. Lässt er sich dann ganz fallen und öffnet sich vorbehaltlos und vertrauensvoll, erlebt er den Zustand der umfassenden All-Einheit, »in dem es keinen Unterschied zwischen Gott, dem physikalischen Universum und mir gibt. (…) Und ich werde zu dieser Liebe, und ich weiß, dass alles eins ist, alles ist Gott.« (Ebd.: 9)

Für ihn zeigt sich hier – und dies eignet sich ganz hervorragend zur Charakterisierung jeglicher echten psychedelischen Erfahrung – der reine und universale Bewusstseinszustand, der ganz frei ist von Konstrukten wie dem Ego und dem Konzept eines separaten Selbst.

Während der Erfahrung können sich auch Angstzustände einstellen, die meist dann auftreten, wenn man sich wieder mit seinem Ego bzw. Selbst identifiziert. Oroc erklärt: »Ich existiere als reines formloses Bewusstsein, bis ›ich‹ diese Besonderheit realisiere und mich frage: ›Wie ist das passiert? Wie bin ich hierher gekommen?‹ Und dann zum Schluss der Killer: ›Wer bin ich?‹« (Ebd.: 11) Diese Wiedererinnerung an das eigene Selbst leitet die Phase des Coming Downs ein. In dem Augenblick, in dem die Erfahrung nicht mehr zur Gänze gelebt, sondern über sie nachgedacht wird, beginnt die Rückbesinnung auf die Alltagsrealität. Dann geht es sehr schnell, und man findet sich, häufig recht verwirrt, in seinem physischen Körper wieder, schildert James Oroc in seinem Werk, das bereits viele Psychonauten inspirieren konnte.

Der US-amerikanische Psychonaut, Privatforscher, Philosoph und Religionswissenschaftler Martin W. Ball hatte, genau wie James Oroc, eine lebensverändernde initiale 5-MeO-DMT-Erfahrung und wie Oroc einen direkten Kontakt mit Gott, der alleinheitlichen Schöpferkraft. Genau wie Oroc war auch Martin W. Ball zuvor Atheist und nach dem Erlebnis mit 5-MeO-DMT zu einem nicht nur gläubigen, sondern wie er es ausdrückt, wissenden Menschen geworden. Und genau wie James Oroc hat Martin Ball über seine Erlebnisse geschrieben. Sein transformativer Erkenntnisprozess auf 5-MeO-DMT hat Martin Ball dazu bewogen, das »Entheologische Paradigma« zu prägen, das konstatiert, dass es keine geistigen Realitätsebenen, keine anderweltlichen Dimensionen und keine fremdartigen Lebensformen gibt, sondern lediglich ein alleinheitliches Energiewesen, Gott, das sich in vielen verschiedenen Emanationen fleischlich manifestiert, um – zusammenfassend ausgedrückt – die dreidimensionale Realität erleben zu können. Sozusagen hautnah. Psychedelische Visionen von anderen fremden Wesen sind nach Ball lediglich Projektionen des eigenen Selbst und Egos. Im Abschnitt »Geister, Aliens, Entitäten: Fremde Welten oder Gehirnprojektion?« werden wir Martin W. Balls Entheologisches Paradigma und seine Erfahrungen und Bücher genauer unter die Lupe nehmen.

Über seine Erfahrungen mit 5-MeO-DMT schreibt Martin Ball in seinem Buch »The Entheological Paradigm«: »Es blies einfach alles aus allem, was ich jemals über alles dachte. Alles verschob und veränderte sich. Und, in Überstimmung mit Roc19, was wir hier haben, ist mit Abstand das mächtigste Werkzeug, das uns zur Verfügung steht, um unser Ego aus dem Weg zu räumen. Ich habe jetzt eine Menge Erfahrung mit diesem Zustand, und ich bin ebenfalls sehr erfahren darin, Menschen mit dieser Medizin zu helfen, und ich weiß genau, dass es immer eine sehr individuelle Angelegenheit ist. Es ist immer eine Reflexion desjenigen, der die Medizin einnimmt, und Leuten, deren Ego nicht loslassen kann, kannst du noch so viel Medizin geben …« (Ball 2011: 7) Martin Ball hat aus seiner ersten und den folgenden 5-MeO-DMT-Erfahrungen seine oben bereits zusammengefasste psychedelische Philosophie entwickelt, die er allerdings – und hier werden sich die sprichwörtlichen Geister scheiden – nicht bloß als Modell, sondern als absolute Wahrheit betrachtet: »Obwohl das Entheologische Paradigma einige Ähnlichkeiten mit verschiedenen religiösen, spirituellen Traditionen, Philosophien und anderen Weltanschauungen aufweist, ist es doch kein ›Glaubens‹-System, sondern eine umfassende Erklärung der fundamentalen, einheitlichen, energetischen Beschaffenheit der Realität.« (Ebd.: 18) Für Martin W. Ball ist 5-MeO-DMT der ultimative Schlüssel zum Gotteserleben und zur direkten Verbindung mit dem alleinheitlichen Geist. N,N-DMT betrachtet er als etwas schwerfälliger. Es sei nur in hohen Dosierungen sinnvoll und offenbare ansonsten eher die wenig nützlichen individuellen Projektionen des Selbst, die dann zu vermeintlichen Begegnungen mit Maschinen-Elfen, Geistern, Göttern usw. führen.

5-MeO versus Aya

Der Journalist und Medienkünstler Rak Razam, Autor des Buchs »Aya Awakenings: A Shamanic Odyssey« hat zusammen mit Tim Parish den Dokumentarfilm zum Buch »Aya: Awakenings« produziert, in dem auch eine Szene zu sehen ist, in der Razam 5-MeO-DMT raucht. »Heilige Mutter Gottes, ich zerschmelze in es … eine Energiewelle erfasst mich nach der nächsten und ich breche durch eine unendliche kaleidoskopische Matrix von unverfälschtem reinem Bewusstsein. Der Strom des Lebens fließt durch mich hindurch, es ist wie eine Erleuchtung Gottes. Und ich surfe, surfe auf Gottes Welle. (…) Reines Bewusstsein, das mit seinem Ursprung verschmilzt. Die Gottheit. Der Allgeist. Mutter Matrix. Vereinigung.« (St John 2015: 288)

Die Lebensgeschichte des mexikanischen Doktors Octavio Rettig Hinojosa liest sich wie ein Roman. Der 1979 geborene Octavio Rettig war über viele Jahre und bedingt durch sein, wie er es beschreibt, übermächtiges Ego einer polytoxikomanen Lebensweise und einer damit einhergehenden Crack-Kokain-Abhängigkeit verfallen. Mehr und mehr wurde er mit den dunkelsten Seiten seines Selbst konfrontiert. Als er vollkommen am Ende seiner Kräfte angelangt war, lernte er zunächst andere Psychedelika wie die Wahrsagesalbei Salvia divinorum und den meskalinhaltigen Peyotekaktus, LSD und Psilocybinpilze und später Otac20 und dessen 5-Methoxy-DMT-haltiges Sekret kennen – was sein Leben nicht nur rettete, sondern ihm eine komplette Wende seines Wegs ermöglichte. Rettig Hinojosa erkannte das Potenzial dieser Tryptaminmedizin der Kröte und heilte fortan viele andere Menschen damit. In seinem Buch »The Toad of Dawn« berichtet er von seiner Geschichte und seiner Mission, mit der Krötenmedizin durch die Welt zu reisen und Menschen von Substanzabhängigkeiten, Depressionen und anderen Leiden zu erlösen. Seine erste eigene Erfahrung damit beschreibt er folgendermaßen: »Ich sah elektrische Ströme, die durch mein Sichtfeld und meinen Körper rannen. Ich war überrascht, so viele Emotionen haben zu können. Ich war insgesamt sowohl erfreut als auch beängstigt. Ich dachte, die Substanz wirke ähnlich wie der Peak eines starken LSD-Trips oder wie eine gesteigerte Salvia-Erfahrung oder von mir aus wie der Höhepunkt eines Pilztrips. Ich hatte viele Fragen, aber auch große Angst, weil die Erfahrung so intensiv war. Ich dachte tatsächlich, dies wäre das letzte Mal, dass ich auf einer Substanz ›sterbe‹. Allmählich empfand ich in meinem Kopf eine Klarheit, die mich erstaunte. Alles löste sich in Luft auf, nur mein Bewusstsein blieb übrig. Ich fühlte, wie heilsame Energie meinen Körper durchströmte. Zur selben Zeit verließen alle Giftstoffe meinen Körper durch die Poren meiner Haut. Ich fühlte, dass ich einen zweiten Versuch hatte, mein Leben zu meistern. Und diesmal nahm ich mir vor, es auch durchzuziehen. Entschuldigt das Klischee, aber ich sah das Licht am Ende des Tunnels. Ich spürte, wie mein Herz wieder kräftig schlug, meine Augen klar und leuchtend glänzten und meine arme Lunge sich wieder mit Sauerstoff füllte. Ich erlebte einen Zustand von Frieden und Entspannung, wie ich ihn noch niemals zuvor erfahren hatte. In nur 15 Minuten war ich wiedergeboren. So unglaublich das auch zu sein scheint, es hat sich so abgespielt. Was ich geraucht hatte, war die Krötenmedizin.« (Rettig Hinojosa 2016: 106f.)

Octavio Rettig hat in seinem Buch auch eine kleine Phänomenologie des 5-MeO-DMT-Rauschs nach gerauchtem Material entwickelt (2016: 55):

– Auflösung in Fraktale und Verflüchtigung des Sinns für das Selbst

– das Gefühl, in Lichtgeschwindigkeit von einem weißen Licht fortgetragen zu werden; Auftauchen von Wesenheiten und Energiemanifestationen

– das Gefühl der Einheit mit dem schöpferischen Prinzip des Universums; die Intention, dass alles Leben diesem Feld entspringt; Erkennen der Notwendigkeit, die Identität fallen zu lassen

– kompletter Zerfall des Egos und der Persönlichkeit und die Auflösung von allem, im Angesicht der Alleinheit, Gottes und des absoluten Bewusstseins

– Restrukturierung aller »Teile« des Individuums und Rehabilitation des Egobewusstseins

– Rückkehr in den physischen Körper und Verblassen der 5-MeO-DMT-Effekte

– Phase, in der die beiden Welten zunächst noch resonieren, bevor das Alltagsbewusstsein wieder vollständig erreicht ist

Ein weiterer Autor, der 2016 sein entheogenes Debüt in Buchform veröffentlicht hat, ist Gerardo Ruben Sandoval Isaac, und seine Geschichte wie auch sein Buch »The God Molecule« erinnern sehr an Octavio Rettigs Biografie und Schrift, weil extrem viele Parallelen zu finden sind. Im Buch beschreibt Sandoval Isaac ebenfalls seine Crack-Kokain-Abhängigkeit und seine persönliche Heilungs- und Transformationsgeschichte mit 5-MeO-DMT. Der Autor, der wie Rettig 1979 geboren worden ist, aus Mexiko kommt und Mediziner (und Medizinmann) ist, in diesem Fall Gynäkologe, ist Gründer und Vorsitzender der »Bufo Alvarius Foundation« und reist genau wie Rettig durch die Welt, um Heilzeremonien mit der Krötenmedizin abzuhalten und seine Klienten von Abhängigkeiten, Depressionen, Angststörungen, Schlaflosigkeit und Traumata zu erlösen. »Obwohl mein Leben mich auf viele verschiedene Pfade geleitet hatte, war es doch einzig 5-MeO-DMT, das Gottesmolekül, das es mir ermöglichte, die vollkommene Egoauflösung und Einheit mit Gott/der Ewigkeit/Unendlichkeit zu erfahren. (…) Das Gottesmolekül gibt den Menschen die Chance zu erleben, dass wir mit allem, was ist und jemals sein wird, verbunden sind. Es ist unser Ticket nach Hause.« (Sandoval Isaac 2016: 9)

Besonders interessant ist eine Studie über die Effekte vaporisierten Krötenschleims, die Sandoval Isaac durchgeführt hatte und in seinem Buch dokumentiert. »Die Zielsetzung dieser Studie ist die Präsentation einer 10-jährigen Untersuchung, während der Krötensekret auf vaporisiertem Weg verabreicht wurde, um eine entheogene Erfahrung zu provozieren«, heißt es in der Einleitung des Artikels (ebd.: 148). Die Studie wurde von 2005 bis 2015 mit 1600 Probanden im Alter von 17 bis 96 Jahren veranstaltet, die je 20 bis 250 mg Krötensekret im Vaporizer verdampft hatten. »Alle Probanden nahmen 2 Wochen vor der Erfahrung keine MAO-Hemmer ein, hatten 3 Tage vorher keinen Sex, aßen kein Fleisch und keine Konserven und verzichteten auf psychoaktive Substanzen jeder Art. (…) Personen mit AIDS, Krebs, Multipler Sklerose, Autoimmunstörungen, Diabetes, Bluthochdruck, Depressionen, Schilddrüsenleiden und Drogenproblemen wurden nicht aus der Studie ausgeschlossen, wohl aber Patienten mit psychischen Störungen wie Schizophrenie usw.« (Ebd.:149)

Die Resultate: In den ersten drei Minuten nach Einnahme des Vapors von getrocknetem Krötenschleim zeigte sich eine unbedeutende Erhöhung des Blutdrucks und der Herzfrequenz sowie eine verminderte Sauerstoffsättigung, die aber niemals 88 % unterschritt. Eine Durchbrucherfahrung ist ab 100 mg zu erwarten. Ab 120 mg resultiert eine retrograde (rückwirkende) Amnesie (Gedächtnisverlust). Milde psychedelische Effekte sind von 50 bis 70 mg zu erwarten, und die minimale Dosis, um überhaupt einen Effekt zu verspüren, liegt bei 20 mg. Die Probanden berichteten über lebensverändernde Erfahrungen und Einsichten, verbesserte soziale Integration, verbesserte mentale Befindlichkeit und eine gesteigerte Fähigkeit, Konflikte und Probleme zu lösen. Viele Probanden berichteten, mit der Substanz die »stärkste religiöse Erfahrung ihres Lebens« gemacht zu haben (ebd.: 154). »Eine wirklich lebensverändernde Erfahrung ist jedoch erst mit dem 5-MeO-Durchbruch möglich.« (Ebd.: 155)21

Aber 5-MeO kann auch ein anderes Gesicht zeigen. Der Psychologe Robert Augustus Masters hat seine spirituellen, teils auch furchterregenden Erfahrungen mit 5-MeO-DMT in seinem Buch »Darkness Shining Wild« veröffentlicht. Einen seiner Trips beschreibt er als »endlosen Horror, der irrsinnig und monströs pulsierte, sich viel zu schnell und in alle Richtungen gleichzeitig bewegte«. (Masters 2005: 14, 17)

Ansonsten ist die Literatur über 5-MeO-DMT bis dahin nur spärlich gesät. Dieses eher selten verwendete Tryptamin war bis vor Kurzem fast so etwas wie das Stiefkind der ethnopharmakologischen Bewegung, während N,N-DMT immer schon begeistert diskutiert wurde. Erst allmählich beginnt sich das Schrifttum um dieses machtvolle Molekül auszuweiten. Deshalb ist auch die Geschichte des 5-MeO-DMT schnell erzählt:

5-MeO-DMT wurde bereits vor 4500 Jahren schamanisch verwendet, eventuell bzw. wahrscheinlich auch schon früher. Archäologen haben in der Punaregion Argentiniens Rückstände von gerauchten Cebíl-Samen (Anadenanthera colubrina) in einer Pfeife gefunden, in denen DMT und 5-MeO-DMT nachgewiesen werden konnten. Auch als pflanzliches Ingrediens von schamanischen Schnupfpulvern werden die beiden psychedelischen Tryptamine schon seit langer Zeit verwendet. Referenzen dafür sind die Snuffs aus den südamerikanischen Baumgewächsen der Gattungen Anadenanthera (älteres Synonym: Piptadenia) und Virola. (Torres und Repke 2006) 5-MeO-DMT wurde 1936 zum ersten Mal von den japanischen Chemikern Toshio Hoshino und Kenya Shimodaira synthetisiert. (Hoshino und Shimodaira 1936; Oroc 2009: 23) 1955 wurde von Arthur Stoll, Albert Hofmann und Kollegen in der Schweiz (Sandoz Basel) eine »neue Synthese von Bufotenin und verwandten Oxy-tryptaminen« publiziert (Stoll et al. 1955), es folgten 5-MeO-DMT-Synthesen 1958 von Frederick Benington und 1962 von Peter K. Gessner. 1959 konnte das Molekül dann erstmals in einer Pflanze namens Dictyloma incanescens aus der Familie der Rautengewächse (Rutaceae) nachgewiesen werden (Pachter et al. 1959), die erste Isolation aus Pflanzenmaterial wurde 1963 von Günter Legler und Rudolf Tschesche aus Anadenanthera peregrina (damals Piptadenia peregrina) beschrieben22 – und 1965 vom Toxikologen Bo Holmstedt aus Virola theiodora. (Legler und Tschesche 1963; Ott 1996: 434) 1965 entdeckten der italienische Pharmakologe Vittorio Erspamer und Kollegen 5-MeO-DMT im Gift der Colorado-Kröte Bufo alvarius. (Erspamer et al. 1965) Von allen 463 bekannten Krötenarten der Gattung Bufo ist nur die Coloradokröte dafür bekannt, 5-MeO-DMT zu enthalten – und zwar bis zu 15 % der Trockenmasse (viele andere Bufo-Spezies enthalten aber Bufotenin, zumindest in Spuren). 1967 wies der New Yorker Forscher Hitoshi Tanimukai 5-MeO-DMT im Urin des Menschen nach (Tanimukai 1967), acht folgende Studien bestätigten Tanimukais Nachweis. 1970 gelang die erste Identifikation von 5-MeO-DMT in menschlichem Blut (Heller et al. 1970), das Jahr darauf publizierten Wissenschaftler ihre Entdeckung von 5-MeO-DMT im Urin und Blut von Schizophrenen (Narasimhachari 1971a und b). Wenig später wurde 5-MeO-DMT dann als Stoffwechselprodukt in der Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) des Menschen nachgewiesen (Christian et al. 1975), was diverse Forscher bestätigten (Corbett et al. 1978; Smythies et al. 1979; Uebelhack et al. 1983), und 1976 erschien schließlich eine Arbeit von Ras B. Guchhait von der Johns Hopkins Universität in Baltimore, Maryland (siehe Seite 114), die belegte, dass menschliches Gehirngewebe in vitro 5-MeO-DMT biosynthetisiert (Guchhait 1976). Die ersten literarischen Erwähnungen des psychedelischen Untergrunds finden sich in den US-amerikanischen Bänden »Legal Highs: A Concise Encyclopedia of Legal Herbs and Chemicals with Psychoactive Properties« von Adam Gottlieb (1973), »Psychedelic Chemistry« von Michael Valentine Smith (1976) und in der »High Times Encyclopedia of Recreational Drugs« (1978).

Ein weit verbreiteter Irrtum liegt übrigens in der Annahme vor, das Sekret der Kröten könne abgeleckt werden23. Selbstverständlich steht es jedem frei, dies zu probieren, eine psychedelische Erfahrung darf man dann aber nicht erwarten. Das liegt daran, dass 5-MeO-DMT genau wie DMT oral nicht aktiv ist. Das Gift der Kröten enthält keinen MAO-Hemmer, der das 5-MeO-DMT aktivieren könnte, weshalb ein Ablecken der Kröten keinen Sinn ergibt. Im Gegenteil: Der Schleim, den die Tiere zur Abwehr von Feinden absondern, enthält eine Reihe weiterer Inhaltsstoffe, z. B. herzaktive, mit den Digitoxinen (herzwirksame Digitalisgklykoside aus der Digitalispflanze = Fingerhut) verwandte Steroidlaktone, die sogenannten Bufadienolide24 (früher Bufogenine und Bufagine genannt) und die aus den Bufadienoliden bestehenden Bufotoxine25. Und diese stark herzgiftigen Substanzen im Krötenschleim sind alle oral wirksam, sie werden nämlich über die Schleimhäute aufgenommen, weshalb von einem Ablecken des Sekrets abzuraten ist. Eine gangbare und praktikable Methode ist, die Kröten zu melken, das Sekret zu trocknen und dann zu rauchen oder besser zu verdampfen. Beim Erhitzen werden die Toxine zerstört, die Tryptamine (5-MeO-DMT und 5-HO-DMT = Bufotenin) werden aber verstoffwechselt.

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