Kitabı oku: «David Schrenker ist kein Selbstmörder!»
Markus Mayer
David Schrenker ist kein Selbstmörder!
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Impressum
Vorwort
Tagebucheintrag vom 9. Juni 2009
Tagebucheintrag vom 1. Juli 2009
Tagebucheintrag vom 15. Juli 2009
Tagebucheintrag vom 16. Juli 2009
Tagebucheintrag vom 2. August 2009
Tagebucheintrag vom 24. August 2009
Tagebucheintrag vom 26. August 2009
Tagebucheintrag vom 7. September 2009
Tagebucheintrag vom 12. September 2009
Tagebucheintrag vom 11. November 2009
Tagebucheintrag vom 1. Dezember 2009
Tagebucheintrag vom 11. Dezember 2009
Tagebucheintrag vom 26. Dezember 2009
Tagebucheintrag vom 11. Januar 2010
Tagebucheintrag vom 04. März 2010
Tagebucheintrag vom 27. April 2010
Tagebucheintrag vom 16. Mai 2010
Tagebucheintrag vom 7. Juni 2010
Tagebucheintrag vom 20. Juni 2010
Tagebucheintrag vom 1. Juli 2010
Tagebucheintrag vom 3. Juli 2010
Tagebucheintrag vom 19. September 2010
Tagebucheintrag vom 17. Oktober 2010
Tagebucheintrag vom 7. November 2010
Tagebucheintrag vom 11. November 2010
Tagebucheintrag vom 18. November 2010
Tagebucheintrag vom 6. Dezember 2010
Tagebucheintrag vom 17. Dezember 2010
Tagebucheintrag vom 22. Dezember 2010
Tagebucheintrag vom 7. Januar 2011
Tagebucheintrag vom 10. Januar 2011
Tagebucheintrag vom 5. Februar 2011
Tagebucheintrag vom 15. Februar 2011
Tagebucheintrag vom 25. Februar 2011
Tagebucheintrag vom 13. März 2011
Tagebucheintrag vom 21. April 2011
Tagebucheintrag vom 25. April 2011
Tagebucheintrag vom 1. Mai 2011
Tagebucheintrag vom 10. Mai 2011
Tagebucheintrag vom 8. Juni 2011
Tagebucheintrag vom 21. August 2011
Tagebucheintrag vom 24. August 2011
Tagebucheintrag vom 2. September 2011
Tagebucheintrag vom 4. September 2011
Tagebucheintrag vom 10. September 2011
Tagebucheintrag vom 25. September 2011
Tagebucheintrag vom 11. Oktober 2011
Tagebucheintrag vom 27. Oktober 2011
Tagebucheintrag vom 2. November 2011
Tagebucheintrag vom 5. Dezember 2011
Tagebucheintrag vom 8. Dezember 2011
Tagebucheintrag vom 23. Dezember 2011
Tagebucheintrag vom 26. Dezember 2011
Tagebucheintrag vom 20. Januar 2012
Tagebucheintrag vom 29. Januar 2012
Tagebucheintrag vom 11. Februar 2012
Tagebucheintrag vom 14. März 2012
Tagebucheintrag vom 31. März 2012
Tagebucheintrag vom 2. April 2012
Tagebucheintrag vom 4. April 2012
Tagebucheintrag vom 26. April 2012
Tagebucheintrag vom 2. Mai 2012
Tagebucheintrag vom 3. Mai 2012
Tagebucheintrag vom 4. Mai 2012
Tagebucheintrag vom 7. Mai 2012
Tagebucheintrag vom 10. Mai 2012
Tagebucheintrag vom 13. Mai 2012
Tagebucheintrag vom 15. Mai 2012
Tagebucheintrag vom 27. Mai 2012
Tagebucheintrag vom 3. Juni 2012
Tagebucheintrag vom 1. Juli 2012
Tagebucheintrag vom 3. Juli 2014
Tagebucheintrag vom 13. Juli 2012
Tagebucheintrag vom 21. Juli 2012
Tagebucheintrag vom 29. Juli 2012
Tagebucheintrag vom 4. August 2012
Tagebucheintrag vom 5. August 2012
Tagebucheintrag vom 8. August 2012
Tagebucheintrag vom 16. August 2016
Tagebucheintrag vom 17. September 2012
Tagebucheintrag vom 22. September 2012
Tagebucheintrag vom 24. September 2012
Tagebucheintrag vom 28. September 2012
Tagebucheintrag vom 1. Oktober 2012
Tagebucheintrag vom 5. Oktober 2012
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Markus Mayer
David Schrenker ist kein Selbstmörder!
Für Stups – danke, dass es dich gibt :-)
Bildquelle: lizzyliz / pixabay.com
Vorwort
Am Freitag, den 12. Oktober 2012 wurde David Schrenker offiziell als vermisst gemeldet. Zwei Tage zuvor hatte er seinen zweijährigen Sohn morgens bei seiner Mutter abgeliefert. Das tat Schrenker immer, wenn er tagsüber Besorgungen machen oder Termine wahrnehmen musste. Deshalb empfand seine Mutter es nicht als ungewöhnlich. Als er jedoch seinen Sohn zur gewohnten Zeit noch nicht abgeholt hatte und auch keinerlei Meldung machte, rief seine Mutter bei ihrem Sohn zu Hause an, wo Schrenkers völlig ahnungslose und eben von der Arbeit zurückgekehrte Ehefrau abhob. Sie holte das gemeinsame Kind bei der Schwiegermutter ab und konnte ihren Mann auch beim dritten Versuch auf dem Handy nicht erreichen. Anrufe im Hotel, in dem Schrenker angestellt war, beim Bruder, bei Freunden und Bekannten brachten ebenfalls keine Aufklärung. Die beiden Frauen und David Schrenkers Vater, der inzwischen auch nach Hause gekommen war, machten sich immer größere Sorgen, aber sie sahen im Moment keine andere Möglichkeit, als das Beste zu hoffen und auf ihn zu warten.
Nachdem seine besorgte Ehefrau den gemeinsamen Sohn ins Bett gebracht hatte und danach die ganze Nacht ohne ein Lebenszeichen von ihm wach lag, hielt sie es nicht mehr länger aus und wollte die E-Mails ihres Mannes checken. Sie hoffte, dort Hinweise auf seinen Aufenthaltsort zu finden, doch stellte fest, dass er das Passwort geändert hatte. Sie versuchte es bei seinem Online-Bankkonto und konnte sich auch hier nicht mit dem gemeinsamen Passwort einloggen. Spätesten zu jenem Zeitpunkt wurde ihr klar, dass etwas nicht stimmte und rief die Polizei an, welche sich überraschend schnell vom Ernst der Lage überzeugen ließ und die Ermittlungen einleitete.
Kurz darauf wurden durch das Kreditkarteninstitut zwei Transaktionen bekannt, die auf Schrenkers Aufenthaltsort hindeuteten. Die erste wurde für eine Zugfahrt getätigt, die zweite ging an einen Betreiber für Ferienwohnungen in dem Zielort der zuvor erwähnten Zugfahrt. Nach telefonischer Nachfrage bestätigte der Betreiber den Aufenthalt eines David Schrenkers in einem seiner Ferienwohnungen, den aber keiner der Angestellten seit dem Check-In gesehen hatte. Er räumte ein, dass sich die wenigsten Gäste während ihres Aufenthaltes an der Rezeption blicken ließen.
Nachdem die Behörden erläuterten, dass der Mann als vermisst gelte und man einen Suizid nicht ausschließen könne, verschaffte sich der Betreiber mithilfe seines Generalschlüssels Zugang zum Apartment des Vermissten. Er fand niemanden vor, doch auf dem Schreibtisch lagen ein verschlossenes Kuvert und ein offener Brief, welchen er der Polizei unverzüglich zufaxte. Die Beamten interpretierten diesen Brief als Abschiedsbotschaft und alarmierten die Kriminalpolizei.
Auf das Kuvert waren mit großen handschriftlichen Lettern die Worte „Für Karina“ geschrieben. Die inzwischen eingetroffenen Beamten stellten das Kuvert sicher. Sie fanden zwar keine Hinweise zum Aufenthaltsort Schrenkers, jedoch die Daten einer Lebensversicherung, die der Vermisste (ohne das Wissen seiner Frau) Jahre vor seinem Verschwinden eröffnet bzw. abgeschlossen hatte.
Die Behörden vor Ort veranlassten daraufhin eine groß angelegte Suchaktion. Auch spezielle Wassereinheiten wurden angefordert, denn die Vermutung lag nahe, dass sich der Vermisste, wie andere Selbstmörder in der Vergangenheit vom über 20 Meter hohen Wasserfall, der sich fußläufig vom Feriendorf befindet, in die Strömung geworfen hatte.
Die Suche ergab nicht eine Spur und vereinzelte Hinweise von Personen, die meinten, jemanden oder etwas in dem relevanten Zeitraum ins Wasser gesprungen gesehen zu haben, wurden zwar ernst genommen, halfen aber nicht weiter. Nach zwei Wochen wurde die Suche bis auf Weiteres eingestellt. Sachverständige hielten es für sehr gut möglich, dass der Vermisste nach dem Sprung von den Wassermassen weggeschwemmt wurde und inzwischen irgendwo in der Nordsee verschollen lag.
Während der Rest der Familie trauerte, nahm die Bewältigungsstrategie eines sehr engen Angehörigen äußerst unverständliche Formen an. Pascal Schrenker, der Bruder des Vermissten, startete eine Schmutzkampagne, die ihresgleichen sucht. „David Schrenker ist kein Selbstmörder“, so seine Behauptung. „Er hat euch alle hinters Licht geführt!“
Dass sich inzwischen seine ganze Familie gegen ihn gewandt hat, bringt Pascal Schrenker nicht von seinen kühnen Anschuldigungen ab. „Ich bin nicht verrückt, ihr seid alle blind!“ Beweise oder Fakten hat er keine, nur eine Menge dreckiger Wäsche von seinem Bruder, die er nun über dessen Andenken ausbreitet.
Auf dem Laptop des Vermissten fand der Bruder ein Tagebuch, das laut der Ehefrau des Vermissten passwortgeschützt war. Pascal Schrenker streitet das ab und behauptet stattdessen, von ihr überhaupt erst Zugang zum Laptop erhalten zu haben. Er sagt, David Schrenkers Tagebuch sei auch für dessen Ehefrau problemlos lesbar gewesen, sie habe aber aus Angst, darin irgendwelche unbequemen Wahrheiten zu entdecken, auf das Lesen verzichtet. Sie dagegen ist empört darüber, wie Pascal Schrenker intime Details des Paares schamlos an die Außenwelt getragen hat. Denn er konfrontierte seine Familie mit den pikanten Inhalten des Tagebuchs und als die erwarteten Reaktionen ausblieben, ging er publik.
Lokale Zeitungen, Podcast-Redaktionen und Radiostationen führten Interviews mit ihm. Er versuchte darin seine Behauptung mit Argumenten zu untermauern. Weil Pascal Schrenker sich allerdings einige verbale Entgleisung leistete und seinen Bruder teilweise mit minutenlangen Tiraden verunglimpfte, und auch weil die ganze Geschichte des Bruderverrats einen fahlen Beigeschmack besaß, wurden die Interviews nie gedruckt oder gesendet.
Schließlich zog Pascal Schrenker die letzten Register und veröffentlichte ein Buch im Selbstverlag, bestehend aus einer Auswahl „entlarvender“ Einträge aus dem Tagebuch David Schrenkers. Jeden der ausgewählten Einträge versah er mit konfrontierenden Kommentaren, direkt an seinen Bruder gerichtet.
Nicht weiter spezifizierten Quellen zufolge, soll er das Buch in einer Auflage zwischen 2000 und 5000 Stück hat drucken lassen. Anscheinend hoffte er so, von den Buchläden, der Presse oder von Bloggern mehr Beachtung zu finden. Sein Ziel: Bloßstellen! David Schrenker sollte wissen, dass sein Bruder ihn durchschaut hatte.
Tatsächlich meldete sich aber niemand bei ihm, nicht sein Bruder, nicht die Presse und auch kein Buchladen wollte diesen – mit Verlaub – beispiellosen Schund in ihren Regalen stehen haben.
Ich bin letztlich auch nur über einige Umwege auf diese einseitige Bruderfehde aufmerksam geworden.
Ich kontaktierte Pascal Schrenker und erfuhr, dass er auf Grund seines Fanatismus alles verloren habe, von der eigenen Familie geächtet werde und völlig verarmt sei. All seine Energie der letzten Jahre stecke im Aufdecken der Wahrheit. Indem ich ihm eine großzügige Gewinnmarge zusicherte und ihn davon überzeugte, dass er dank meiner Kontakte viel mehr Publicity würde generieren können, überließ mir Pascal Schrenker die Rechte an seinem „Buchprojekt“. Auch vier Jahre nach dem Verschwinden seines Bruders, ohne ein Lebenszeichen, hat er die Hoffnung nicht aufgegeben: Er ist davon überzeugt, David Schrenker eines Tages ausfindig zu machen und die Welt über die Wahrheit in Kenntnis zu setzen.
Natürlich habe ich einiges überarbeiten und vor allem kürzen müssen. Die Version von Pascal Schrenker umfasste beinahe 400 Seiten, die Kommentare waren gespickt mit Beleidigungen und Wiederholungen. Die Tagebucheinträge von David Schrenker waren wenig besser. Sie strotzten nur so von Umgangssprache, Rechtschreib-, Zeichen- und Satzbaufehlern.
Ich denke nicht, dass Pascal Schrenker die Wahrheit sagt, ich glaube aber auch nicht, dass er lügt. Denn; lügt jemand, der glaubt, die Wahrheit zu sagen? Er hält so voller Überzeugung an seiner Geschichte fest, dass es fast schon egal ist, ob sie wahr oder falsch ist. Ihre komische Tragik allein macht sie erzählenswert.
Eine weitere Anmerkung: Obwohl er nicht jeden Tag einen Eintrag hinterließ, so umfasst das gesamte Tagebuch von David Schrenker doch über 800 Seiten. Viele der Gedanken und Überlegungen wiederholen sich, eine Menge des Geschriebenen ist für die Argumentation seines Bruders irrelevant. Deshalb habe ich das Gesamtwerk stark gekürzt, habe besonders wichtige Einträge ausgewählt und teilweise durch Gedanken aus insgesamt weniger relevanten Einträgen ergänzt. Das gleiche gilt für die Kommentare von Pascal Schrenker.
Des Weiteren habe ich mir erlaubt, die Sprache und inhaltliche Struktur der Originalautoren etwas „glatt zu bügeln“. Dadurch verschwindet der übermäßige Gebrauch von Umgangssprache und der Inhalt gewinnt an Schlüssigkeit. Zu Gunsten eines kurzweiligeren Leseerlebnisses habe ich Formalitäten ergänzt und entsprechende Stellen des Öfteren in Dialoge umgewandelt.
Ich hoffe, durch mein redaktionelles Wirken die Authentizität des Werkes nicht allzu schwer verletzt, sondern ganz im Gegenteil, einen Mehrwert für den Leser geschaffen zu haben.
Tagebucheintrag vom 9. Juni 2009
Natürlich lächelte ich – überrascht zwar – aber ich lächelte und mein kurzes Zögern bemerkte Karina nicht… Sie schien erleichtert, als ich sie in meine Arme schloss und fest an mich drückte. Sie legte mir ihr Kinn auf die Schulter und flüsterte in mein Ohr: „Freust du dich?“ Und ich nahm sie bei beiden Schultern: „Natürlich freue ich mich!“
Ich fragte nicht, warum sie, obwohl wir immer verhüteten, trotzdem schwanger wurde. Wahrscheinlich, weil ich insgeheim weiß, dass ich selbst Schuld bin: Vor ein paar Wochen hatte sie eine Magenverstimmung und deshalb musste sie sich einige Male nachts übergeben. Als sie sich wieder wohler fühlte und wir begannen miteinander zu schlafen, meinte sie: „Vielleicht wäre es mit Kondom sicherer. Kann sein, dass ich die Pille die letzten Tage rausgekotzt habe…“ „Wie groß ist denn schon die Gefahr?“, erwiderte ich und ließ mir meine Geilheit nicht von der Vernunft versauen. Sie seufzte: „Okay, aber dann komm wenigstens nicht in mir!“ Leider konnte ich mich, als es soweit war, nicht zurückhalten.
Sie war ein bisschen merkwürdig die letzten Tage und wie sich heute herausstellte, lag das daran, dass ihr ein Schwangerschaftstest aus der Apotheke bereits letzte Woche ein positives Resultat angezeigt hatte. Allerdings hatte sie mir nichts erzählen wollen, bevor sie sich ganz sicher war. Heute bestätigte ihr dann die Gynäkologin das Ergebnis.
Ich habe sofort meine Eltern, meinen Bruder und den Knoll angerufen. Irgendwie bin ich ganz aufgedreht, obwohl ich noch nicht weiß, ob ich mich freuen oder fürchten soll. Alle waren sie überrascht und ein bisschen reserviert – ein Grund mehr für mich, die Fassade der freudigen Erwartung aufzuziehen und von meiner Angst nicht das Geringste durchschimmern zu lassen. Eigentlich gibt es auch keinen Grund zur Sorge: Karina und ich – wir stammen beide aus gefestigten Familienverhältnissen, unsere Eltern haben Geld und werden darüber hinaus noch sehr junge Großeltern und bei bester Gesundheit sein. Sie werden schon auf uns aufpassen…
Kommentar von Pascal Schrenker
Dein erster Eintrag… Wieso hast du damit begonnen, ein Tagebuch zu führen? Hat dich die Nachricht deiner bevorstehenden Vaterschaft in solche Panik versetzt, dass du geglaubt hast, plötzlich irgendwas in deinem Leben ändern zu müssen. War das dein erster Schritt erwachsen zu werden? Haben dich deine Gefühle so überwältigt, dass du sie irgendwie loswerden musstest? Nun, das wäre grundsätzlich schon plausibel, aber du, mein lieber Bruder, warst nie einer der irgendetwas lange ausgehalten hätte, schon gar nicht etwas, dass Disziplin erfordert. Und jeden Tag etwas schreiben? Das erfordert durchaus ein gewisses Maß an Selbstdisziplin. Weil du dieses nicht besitzt, bist du einfach kein Tagebuch-Typ und deshalb vermute ich, dass hier Hintergedanken im Spiel sind.
Tagebucheintrag vom 1. Juli 2009
Heute war ich mit Karina beim ersten Ultraschall und ich befürchte sie selbst war weniger aufgeregt als ich. Schon auf dem auf dem Weg ins Krankenhaus verhielt ich mich ganz fahrig, so dass sich Karina nach dem dritten Mal, als ich eine Abbiegung verpasste, ein genervtes „Das ist mein Beschützer“ nicht verkneifen konnte. Normalerweise mache ich mittags nach der Frühschicht ein kleines Nickerchen, doch der Termin war bereits um 14:30 Uhr, weshalb ich dafür heute keine Zeit hatte. Vielleicht verstärkte das meine Zerstreutheit noch ein bisschen.
Generell muss ich sagen, dass Karinas Launen in der Schwangerschaft nicht wirklich über das Gewohnte hinausgehen. Eigentlich hat sie sich zurzeit mehr im Griff als zuvor ohne Kind im Bauch. Das könnte so sein, weil sie in ihrem Zustand mehr von mir abhängt und sie mich durchaus als einen empfindlichen Menschen kennt. Oder aber sie ist durch die bevorstehende Mutterschaft ausgeglichener und zufriedener. Relativ am Anfang unserer Beziehung meinte sie einmal, Sie werde sich erst mit Kind vollständig fühlen. Solche oder ähnliche tiefenpsychologische Offenbarungen lässt sie nur selten verlauten, doch auf Grund der Seltenheit prägen sie sich dann, wenn sie ertönen, ganz besonders tief ins Gehirn. Diese Offenbarung stammt noch aus der Anfangszeit unserer Beziehung. Wir wollen beide Kinder, doch bei mir war dieses „Wollen“ eher eine Idee, die irgendwo am Horizont der Zukunft schwebte. Nicht konkret genug, um mich ernsthaft damit zu beschäftigen. Nicht konkret genug, um Pläne zu schmieden. Bei ihr war das „Wollen“ schon damals ein sehr plastischer Wunsch und die dazugehörenden Pläne existierten bereits in ihrem Kopf. Das war mir relativ schnell klar. Doch weil ich wenig Toleranz für Pläne in diese Richtung aufbrachte, blieben ihre in ihrem Kopf. Ich verdächtige sie nicht, dass sie absichtlich schwanger wurde, weil es ihrem Plan entsprechend an der Zeit war. Obwohl mir der Gedanke schon kam, habe ich ihn inzwischen verworfen, weil ich denke, dass wenn sie schon einen Plan hat, dann hätte dieser doch Hand und Fuß und würde so etwas wie finanzielle Stabilität beinhalten. Ich verdiene im Frühdienst genug für die Miete und mein alltägliches Leben. Wenn ihr Einkommen dann wegfällt, würde es zur Not schon irgendwie für uns zwei reichen, aber sicher nicht für drei. Darüber hinaus bräuchten wir ja auch so etwas wie eine Perspektive für die Zukunft. Wir können ein Kind nicht auf Dauer in dieser kleinen Wohnung großziehen.
Kommentar von Pascal Schrenker
Was ist der Sinn eines Tagebuches, wenn man selbst in diesem die wahren Gedanken und Gefühle verschleiert? Hättest du, ohne den akuten Verdacht, dein Mädchen habe dich hintergangen, die Beschreibung eines alltäglichen Geschehens, in diese Sphären abschweifen lassen? Der erste Ultraschall ist doch nichts Alltägliches, stelle ich mir vor. Umso komischer ist es, dass du dieses Erlebnis zwar einleitest, dann aber ausschweifst in deine Gedanken und Erinnerungen. Du warst gekränkt, weil sie dich in einem emotionalen Moment mehr oder weniger subtil als schlechten Versorger hingestellt hat und das ging dir den ganzen Tag nicht mehr aus dem Kopf. Doch weil du der perfekte Partner sein willst, hast du diesen Vorwurf einfach geschluckt. In deiner Kränkung schweifst du ab in die tiefen deiner Gedankenwelt. Trotzdem wurden alte Gefühle und Verdächtigungen wieder an die Oberfläche geschwemmt. Und du weißt, dass du beim ersten Mal als du den Verdacht hattest, nicht logisch das Gegenteil schlussfolgern konntest, genauso wenig wie du es jetzt kannst. Deshalb gaukelst du dir Logik in einem fadenscheinigen Argument vor, das man auch anders sehen könnte. Zum Beispiel so: Weil du ohne den richtigen Push nie deinen Arsch hochbekommen hättest, hat sie dir mit dieser Überraschungsschwangerschaft einen Anreiz gegeben, dich ein bisschen mehr im Leben anzustrengen. Sicher ist dir diese Möglichkeit auch schon in den Kopf gekommen, doch du willst sie nicht anerkennen, weil sie dir deine Hilflosigkeit vor Augen führen würde. Da war es am besten, einfach so zu tun, als hätte ein Hintergehen nie stattgefunden.