Kitabı oku: «Ludwig IV. der Bayer», sayfa 2

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  Jüngster Sohn, Pfalzgraf und Herzog (bis 1314)

»Lodwich, von gotes genaden pfallentzgraf bi dem Reyn und hertzog in Beyern« – so lautet der Titel Ludwigs IV. in einer Urkunde von 1310. Wir greifen ihn hier als Funktionsträger: Von Gottes Gnaden war Ludwig Pfalzgraf bei Rhein und Herzog in Bayern. Bis zum Jahr 1314, als Ludwig zum römisch-deutschen König gewählt wurde, waren das Herzogtum und die Pfalzgrafschaft die alleinigen Bezugspunkte seines politischen Handelns.

Die Wittelsbacher

Ludwig IV. war der jüngste Sohn Ludwigs II., des Strengen, und seiner dritten Frau Mechthild von Habsburg. Ludwig II. war Pfalzgraf bei Rhein und Herzog in Bayern, Mechthild die Tochter König Rudolfs von Habsburg. Unser Ludwig, der sowohl als Herzog von Bayern, als auch als römisch-deutscher König als ›der Vierte‹ zählte, war ein Wittelsbacher und gehörte damit zu einer der vornehmsten Familien des Reiches. Der heute übliche Name der Dynastie leitete sich von der Burg Wittelsbach (in der Nähe von Aichach) ab. Der Aufstieg der Familie gründete auf Dienst und Treue für das Königtum. 1180 hatte König Friedrich I. den Wittelsbacher Otto I. zum Herzog von Bayern erhoben, 1214 hatte König Friedrich II. dessen Sohn Ludwig I. die Pfalzgrafschaft bei Rhein verliehen. Damit hielten die Wittelsbacher zwei Reichsfürstentümer und mit der Pfalz das Anrecht auf eine Kurstimme. Ludwig II. war der Enkel Ludwigs I. und teilte sich die Herrschaft mit seinem jüngeren Bruder Heinrich XIII. Besitz und Titel fielen nicht nur an den ältesten, sondern an alle männliche Erben. Ludwig der Strenge und sein Bruder Heinrich führten beide die Titel ›Pfalzgraf‹ und ›Herzog‹ und herrschten zunächst gemeinsam über die wittelsbachischen Besitzungen. Im Jahr 1255 teilten sie nach Streitigkeiten die Herrschaft untereinander; dies entsprang dem Selbstverständnis der Dynastie, welche das Fürstentum als Familienbesitz ansah, mit dem gleichsam nach privatrechtlichen Vorstellungen verfahren werden konnte. Heinrich erhielt Niederbayern und machte Landshut zu seinem Hauptsitz, der ältere Ludwig erhielt die Pfalz und Oberbayern; Zentren seines Herrschaftskomplexes waren Heidelberg und München. Beide Brüder führten auch nach der Teilung die Titel ›Pfalzgraf‹ und ›Herzog‹. Die Teilung in Ober- und Niederbayern sollte zukunftsweisend sein, wenn sie auch nicht ununterbrochen Bestand hatte – Ludwig IV. wird es 1340 gelingen, ganz Bayern wieder in seiner Hand zu vereinen. Ab 1255 waren die wechselvollen Beziehungen zwischen Ober- und Niederbayern ein wichtiger Faktor der wittelsbachischen Geschichte – weitere Teilungen sollten folgen.

Das Haus Wittelsbach von Otto I. bis Ludwig IV.

Der Vater: Ludwig II. – der Königsmacher

Ludwig II. war drei Mal verheiratet. Seine erste Frau, Maria von Brabant, hatte er 1256 hinrichten lassen, weil er sie zu Unrecht der Untreue beschuldigte. Wegen dieser Untat haftete ihm auch der Beiname ›der Strenge‹ an. Als Sühne für diese Tat gründete er das Zisterzienserkloster Fürstenfeld. Mit seiner zweiten Ehefrau, Anna von Schlesien-Glogau, hatte Ludwig unter anderem einen Sohn, der ebenfalls auf den Namen Ludwig getauft wurde. Er starb 1290 bei einem Turnier. Nachdem Anna gestorben war, heiratete Ludwig die Habsburgerin Mechthild; mit ihr hatte er zwei Söhne: Rudolf I. und ›unseren‹ Ludwig. So hatte das Paar zwei Söhne gleichen Namens, die gleichzeitig lebten. Dies war im Mittelalter zwar nicht die Regel, kam aber vor. Ludwig IV. selbst sollte dreien seiner Söhne den Namen Ludwig geben.

Ludwig II. war einer der einflussreichsten Reichsfürsten seiner Zeit. Als Pfalzgraf bei Rhein war er einer von sieben Kurfürsten und gleichzeitig Reichsvikar, also Stellvertreter des Königs bei dessen Abwesenheit oder bei Thronvakanz. Als im Jahr 1273 ein neuer römisch-deutscher König gewählt wurde, war er erst Kandidat, dann Königsmacher und setzte sich für Rudolf von Habsburg ein. Mit dessen Wahl am 1. Oktober 1273 war der Wahlgedanke im römisch-deutschen Königtum deutlich zum Ausdruck gebracht worden: Die Reichsfürsten wählten mit Rudolf einen Grafen von lediglich regionaler Bedeutung zum König, dessen Armut sprichwörtlich werden sollte. Damit setzten sie bewusst ein Zeichen gegen ein Königtum, das von einer großen Reichsdynastie – wie etwa den Staufern – getragen wurde. Die Königserhebungen seit 1273 waren grundsätzlich von zwei Bestrebungen geprägt: Die Kurfürsten pochten auf ihr Wahlrecht und wählten Herrscher aus verschiedenen, mitunter wenig einflussreichen Familien. Die jeweiligen Könige versuchten, den Thron für die Dynastie zu sichern und ihre Königswürde für ihre Hausmacht nutzbar zu machen.

Abb. 2  Ober- und Niederbayern nach der Teilung von 1255

Im ausgehenden 13. und frühen 14. Jahrhundert kam es so zu einer Abfolge von Königen aus verschiedenen Dynastien. Die bedeutendsten waren die Habsburger, die Luxemburger und die Wittelsbacher. Sie stellten im 14. Jahrhundert die römisch-deutschen Könige. Unter diesen Familien waren die Wittelsbacher die älteste und die einzige, die schon vor dem Aufstieg zum Königtum über zwei reichsfürstliche Titel verfügte.

Die enge Verbindung Ludwigs II. zu Rudolf von Habsburg wurde nach dessen Königswahl durch seine Heirat mit Mechthild, der ältesten Tochter des Königs, weiter bekräftigt: Der Königsmacher wurde zum königlichen Schwiegersohn; Ludwig IV. war also durch seine Mutter mit den Habsburgern verwandt. Sein Vater starb 1294 und hinterließ formal die Herrschaft seinen beiden Söhnen, de facto aber führte der ältere Rudolf die Regierung alleine. Zwischen den beiden Brüdern entstand eine beinahe lebenslange Rivalität, welche die Geschicke des Hauses Wittelsbach für die kommenden Jahrzehnte prägen sollte. Wie zuvor schon zwischen Ludwig II. und Heinrich XIII. funktionierte die gemeinsame Herrschaft zweier Brüder nur schlecht.

Das Geburtsjahr Ludwigs IV.

Über Kindheit und Jugend Ludwigs IV. wissen wir so gut wie nichts. Auf ein Psychogramm des jungen Ludwigs als Grundlage für seine charakterliche Entwicklung muss daher – wie gesehen – verzichtet werden. Selbst das Geburtsdatum ist nicht sicher überliefert – und zwar weder Tag noch Jahr. Letzteres kann aus verschiedenen Quellenbelegen erschlossen, aber nicht sicher nachgewiesen werden, so dass die Forschung verschiedene Geburtsjahre vertritt: 1282, 1283, 1286 und 1287. Waldemar Schlögl hat sich für das Frühjahr 1282 stark gemacht, und ein Großteil der Forschung folgt ihm darin.7 Die Unsicherheit rund um das Geburtsdatum ist zunächst ein Beleg für die Quellenlage, auf der unser Biogramm fußen muss. Das Mittelalter feierte keine Geburtstage, die Kindersterblichkeit war hoch und das Alter eines Menschen – etwa im Sinne juristischer Volljährigkeit – von nachgeordneter Bedeutung: All das führte dazu, dass man den genauen Termin der Geburt nicht regelmäßig festhielt. Für die Zeitgenossen war das genaue Alter kaum von Belang: Anlässlich der Königswahl im Oktober 1314 merkt der Chronist Heinrich der Taube von Selbach an, Ludwig sei »ungefähr 30 Jahre alt gewesen.«8

Für den modernen Biografen spielt das Alter hingegen eine gewisse Rolle: Geht man vom frühesten Termin aus, agierte Ludwig erst in relativ hohem Alter selbstständig. Bei seiner Königswahl wäre er 32 und bei seiner ersten eigenständigen Aktion als bayerischer Landesherr, dem sogenannten Schneitbacher Rittertag im Jahre 1302, immerhin schon 20 Jahre alt gewesen. Auffällig ist, dass Ludwig die Urkunde von 1302 nicht mit seinem eigenen Siegel, sondern dem seiner Mutter und seiner Schwägerin bestätigte. Offenbar verfügte er noch nicht über ein eigenes Siegel, was für einen 20-jährigen, amtierenden Herzog eher unwahrscheinlich ist. Die Urkunde von 1302 ist daher ein Indiz für ein späteres Geburtsdatum.

Interessant ist auch die Frage nach dem Altersunterschied zwischen Ludwig und einigen anderen Akteuren seiner Zeit. Sein älterer Bruder Rudolf I. wurde 1274 geboren, sein habsburgischer Vetter Friedrich 1289. Je nach Geburtsjahr trennen Ludwig also von seinem älteren Bruder acht oder 13, von seinem jüngeren Vetter sieben oder nur drei Jahre. Auch wenn es nicht sinnvoll ist, moderne Vorstellungen von Altersgleichheit und damit einhergehenden Möglichkeiten der emotionalen Bindung eins zu eins auf das 14. Jahrhundert zu übertragen, so scheint gerade die enge Bindung an den Vetter Friedrich, die von der Forschung immer wieder betont wird, für einen eher geringen Altersunterschied zwischen beiden zu sprechen.

Das Haus Habsburg von Rudolf I. bis Friedrich dem Schönen

Jugend und Erziehung

Über die Jugendjahre Ludwigs liegt uns genau ein Quellenbericht vor, der aus dem Augustinerchorherrenstift Dießen in Oberbayern stammt und 1365 – also deutlich nach dem Tod des Kaisers – verfasst wurde. Hier heißt es: »Herzog Ludwig wurde schon als kleiner Junge in Wien zusammen mit den Söhnen des Herzogs von Österreich in Latein unterrichtet.«9 Er erhielt die standesübliche höfische Erziehung also am Hof seiner habsburgischen Verwandtschaft. Der erwähnte Herzog von Österreich war Albrecht I., Sohn König Rudolfs, der Österreich an die Habsburger gebracht hatte. An seinem Hof wurde Ludwig zusammen mit seinen Vettern Rudolf I., Friedrich dem Schönen und Leopold I. erzogen, die allesamt in seinem weiteren Leben eine wichtige Rolle spielen sollten.

Königswahlen und bayerische Politik

1291 war Rudolf von Habsburg gestorben, und die Fürsten hatten nicht seinen Sohn Albrecht, sondern Adolf, den Grafen von Nassau, zum König gewählt. 1298 nutzte Albrecht von Österreich jedoch die Unzufriedenheit im Reich und ließ sich gegen Adolf zum König erheben. Im Kontext dieser Thronstreitigkeiten sehen wir Ludwig IV. erstmals als politischen Akteur. Sein Bruder Rudolf hatte Mechthild von Nassau, die Tochter König Adolfs, geheiratet und unterstützte seinen Schwiegervater. Ludwig hingegen stand auf Seiten des Habsburgers, zu dessen Wählern er als pfalzgräflicher Kurfürst gehört hatte.

Das Königtum Albrechts brachte Veränderungen für Oberbayern: Rudolf I. musste die gleichberechtigte Teilhabe Ludwigs an der Regierung anerkennen. Unter dem Druck des Königs arrangierten sich die Brüder und führten ihre Herrschaft gemeinsam. Als er 1308 ermordet wurde, kamen die Differenzen aber erneut zum Vorschein, und wir greifen von nun an Ludwig IV. mehr und mehr als selbstständig agierenden Fürsten. In diesem Jahr wählten die Kurfürsten Heinrich von Luxemburg zum König – wie schon bei Rudolf von Habsburg ein vor allem regional bedeutender Graf, dessen Königtum den Grundstein für den Aufstieg seiner Familie legte. Zu 1308 ist eine Wahlabsprache überliefert, die als potenzielle Kandidaten auch Rudolf und Ludwig nennt. Dies dürfte freilich eher auf ihre Stellung als Kurfürsten zurückzuführen sein – sie werden ausschließlich als Pfalzgrafen bei Rhein, nicht aber als Herzöge von Bayern tituliert – als auf eine ernsthaft betriebene Kandidatur. In der Wahlanzeige für Heinrich VII. wird nur Rudolf namentlich genannt; man kann aber aus einer Zeugenliste schließen, dass Ludwig im Wahlort Frankfurt am Main ebenfalls anwesend war. Dies lässt den Schluss zu, dass er sich auch an dieser Königswahl beteiligt hat.

Bruderstreit

Die Beziehung zwischen den Brüdern Rudolf und Ludwig kühlte nach der Königswahl Heinrichs VII. merklich ab. Rudolf wollte sich – in altbewährter wittelsbachischer Tradition – durch eine Heiratsverbindung an den neuen König binden. Da er selbst verheiratet war, sollte sein ältester Sohn eine Tochter des Königs heiraten. Für deren Ausstattung griff Rudolf eigenmächtig auf Besitzungen zurück, über die er nur gemeinsam mit seinem Bruder Ludwig hätte verfügen dürfen. Die Zwistigkeiten zwischen den Brüdern eskalierten und wurden durch Teilung beigelegt. Am 1. Oktober 1310 schlossen Rudolf und Ludwig in München den eingangs zitierten Vertrag: Sie verkündeten, dass eine Landesteilung durchgeführt worden sei; Rudolf falle der Teil rund um München, Ludwig der um Ingolstadt zu. Diese Teilung war aber nur von kurzer Dauer: Schon 1313 kam es zu einem neuen Hausvertrag. Ludwig und Rudolf einigten sich darauf, Oberbayern wieder zu vereinen und gemeinsam zu regieren – die Kurstimme sollte lebenslang bei Rudolf I. verbleiben.

Das Verhältnis zwischen den beiden war in diesen Jahren Teil der politischen Entwicklungen auf Reichsebene und der Auseinandersetzungen rund um das wittelsbachische Teilherzogtum Niederbayern. Hier, im Südosten des Reiches, trafen die Interessen der drei großen Dynastien aufeinander: Habsburger, Luxemburger und Wittelsbacher. König Rudolf I. hatte Österreich, die Steiermark und Kärnten für die Habsburger gewonnen, Heinrich VII. konnte für die Luxemburger das zum Reich gehörende Königreich Böhmen sichern. Damit grenzten die Interessensphären der drei Familien in Niederbayern aneinander, und es kam mehrfach zu militärischen Auseinandersetzungen.

Abb. 3  Die Besitzungen der Habsburger, Luxemburger und Wittelsbacher im 13. und 14. Jahrhundert

Die erste Ehefrau: Beatrix von Schweidnitz

In beinahe allen Handbüchern, Lexikonartikeln und Biografien kann man Folgendes lesen: Um das Jahr 1308 heiratete Ludwig IV. Beatrix von Glogau. Die erste Ehe scheint ein gut gesicherter Tatbestand zu sein. Bei näherem Hinsehen erweisen sich aber zwei Bestandteile dieser Aussage als problematisch; darauf hat jüngst Tobias Appl aufmerksam gemacht.10 In einer gut informierten und zeitnahen Quelle zur Hochzeit lesen wir nämlich: »Er selbst [Ludwig], der erlauchte Herzog, führte dann Beatrix, die Tochter des edlen Polenherzogs Bolko, heim.«11 Die erste Frau Ludwigs war gar keine Glogauerin, sondern die Tochter Herzog Bolkos I. von Schweidnitz. Glogauer und Schweidnitzer waren unterschiedliche Zweige der Piastenfamilie. In der Forschung wird dieser Bericht gemeinhin korrigiert, ohne dass die Gründe dafür ersichtlich wären. Auch wenn es für die Beurteilung der politischen Dimension der Hochzeit keinen gravierenden Unterschied macht, welche Piastin Ludwig geehelicht hat, ist es doch erstaunlich, dass über die Identität der Beatrix so große Unklarheit herrscht. Schließlich wird sie später mit ihrem Mann zur Königin gekrönt.

Aber nicht nur die Herkunft der Braut, auch der Zeitpunkt der Hochzeit gibt Anlass zur Nachfrage. Die oben zitierte Chronik nennt kein Datum; das in der Forschung oftmals angenommene Jahr 1308 wird aus dem Geburtsjahr Mechthilds, der ersten Tochter von Beatrix und Ludwig, rückgeschlossen. Diese kann frühestens neun Monate nach der Hochzeit auf die Welt gekommen sein. Nimmt man für die Geburt das Jahr 1309 an, muss die Hochzeit 1308 oder Anfang 1309 stattgefunden haben. Woher aber wissen wir, wann Mechthild geboren wurde? Wenn in diesem Kontext auf den Hochzeitstermin 1308 verwiesen wird, haben wir es mit einem Zirkelschluss zu tun.

Abb. 4  Bildnis der ersten Gemahlin Ludwigs IV., Beatrix von Schlesien-Schweidnitz, hier irrtümlich als Beatrix von Glogau bezeichnet. – Kupferstich von Joseph Anton Zimmermann aus dem Jahr 1773

Alternativ zu 1308 findet sich für die Geburt Mechthilds in der Forschung auch das Jahr 1313. Zum Juni dieses Jahres heißt es in einem Vertrag zwischen Ludwig und seinem Bruder Rudolf: »i[h]m [Ludwig] und seinen chinden, ob er chinde gewinnet, daz Got gebe.«12 Da in diesem Vertrag an anderer Stelle von den Erben der Vertragspartner die Rede ist, kann man diese Formulierung nur auf die männlichen Nachkommen beziehen; dann wäre hiermit keine Aussage über Mechthild verbunden. Versteht man unter Kindern auch die Töchter, was sprachlich näherliegt, kann man diese Formulierung dahingehend deuten, dass Ludwig und Beatrix trotz längerer Ehe keine Kinder haben; diesem beklagenswerten Zustand soll Gott abhelfen. Nimmt man die Geburtsdaten der übrigen Kinder des Ehepaares hinzu, ergibt sich folgendes Bild: Die jüngeren Geschwister sind 1314, 1315, 1316, 1318 und 1319 geboren. Diese Regelmäßigkeit verweist für Mechthilds Geburt eher auf das Jahr 1313. Dazu passt auch, dass ihre Hochzeit mit dem Landgrafen Friedrich von Thüringen zwar 1323 vereinbart, aber erst 1328 geschlossen wurde. Offenbar war Mechthild 1323 noch zu jung; ein weiteres Indiz für eine Geburt im Jahr 1313, nicht 1309.

Bedient man sich des auf diesen Überlegungen basierenden Geburtstermins der ersten Tochter als Datierungshilfe für die Hochzeit der Eltern, muss die Folgerung lauten: Vor 1313 heiratete Ludwig IV. Beatrix von Schweidnitz.

Durch seine Heirat mit Beatrix hat Ludwig IV. die Verbindungen zu seinen niederbayerischen Vettern gestärkt. Stephan I. von Niederbayern war mit Beatrix’ Schwester Judith verheiratet. Er und sein Bruder Otto III. setzten Ludwig daraufhin zum Vormund für ihre minderjährigen Söhne ein. Stephan starb 1310, Otto III. 1312. Ludwig regierte fortan als Vormund ihrer Söhne über Niederbayern und konnte dadurch seine Machtbasis beträchtlich erweitern.

Dies brachte ihn in Konflikt mit den österreichischen Herzögen Friedrich dem Schönen und Leopold I., die ihren Einfluss auf Niederbayern ausbauen wollten. Die Gelegenheit dazu ergab sich, als die niederbayerischen Herzogswitwen Agnes und Judith die Vormundschaft über ihre Söhne an die Habsburger übertrugen. Es kam in dieser Sache mehrfach zu direkten Verhandlungen zwischen den Vettern Ludwig IV. und Friedrich dem Schönen, die sich ja aus Kindertagen in Wien kannten. Die Fürstenfelder Chronik erzählt, Ludwig habe sich mit gezücktem Schwert auf seinen Vetter gestürzt; die guten Beziehungen Ludwigs zu den Habsburgern standen angesichts handfester Machtpolitik offenbar zurück. Aus dieser Episode auf einen jähzornigen Charakter des Wittelsbachers schließen zu wollen, ist methodisch jedoch fragwürdig. Eher haben wir es mit einem erzählerischen Motiv zu tun, das auf eine waffentragende, gewaltaffine Adelswelt verweist, die den gerechten Zorn würdigt. Der Chronist sieht in Ludwig keinen cholerischen Wüterich, sondern steht ihm positiv gegenüber; Friedrich hingegen beschreibt er als selbstsüchtig und gottvergessen.

Die Wittelsbacher in Niederbayern

Die Schlacht von Gammelsdorf

Die Auseinandersetzungen um die Vormundschaft wurden militärisch ausgetragen. Am 9. November 1313 kam es bei Gammelsdorf zu einem Schlagabtausch, aus dem Ludwig IV. siegreich hervorging. Diese Schlacht spielt in der Memoria Ludwigs im 19. Jahrhundert eine gewichtige Rolle und war für dessen weitere Karriere sicherlich von großer Bedeutung. In der Forschung wird Gammelsdorf mal als kleines Scharmützel, mal als bedeutende Ritterschlacht gewertet. Entscheidend sind vor allem zwei Aspekte: Der Sieg Ludwigs sicherte ihm politisch den Zugriff auf Niederbayern. Verglichen mit den Habsburgern und Luxemburgern verfügten die oberbayerischen Herzöge über weniger Mittel, zumal sich Rudolf und Ludwig auch nach Gammelsdorf nicht einig sein sollten. Daher war die Vormundschaft über Niederbayern sehr wichtig. Der Sieg Ludwigs gab seinen Anhängern darüber hinaus die Möglichkeit, ihn als erfolgreichen Feldherrn in Szene zu setzen. So behaupteten bayerische Chronisten, der Triumph von 1313 habe Ludwig im Reich bekannt gemacht und bilde damit die Grundlage für sein späteres Königtum.

Hier wird an die Vorstellung angeknüpft, Herrschaft basiere auf militärischem Erfolg und Feldherrnruhm. Diese Darstellung erfolgte freilich nach der Königswahl von 1314 und unterlegt den Abläufen einen nachträglichen Sinn. Hinzu kommt, dass man den Verweis auf Feldherrntugenden auch als Kompensationsstrategie lesen kann. Ludwig fehlten nämlich einige andere Qualitäten, mit denen man seine Eignung für das Königtum hätte propagieren können: Er entstammte weder einer Königsfamilie, noch war er besonders reich. Klar ist, dass Ludwig nicht allein auf Grund seines Sieges bei Gammelsdorf König wurde; dieser war aber für seinen Aufstieg unerlässlich.

Weder die Habsburger Friedrich und Leopold, noch der Wittelsbacher Rudolf waren bei Gammelsdorf anwesend. Dies machte es möglich, dass der Ruhm alleine Ludwig zufiel und es nicht zu einem grundlegenden Zerwürfnis mit den österreichischen Vettern kam. Die Frage, ob Ludwig ein fähiger Feldherr war, ist für uns heute nur schwer zu beantworten. Die zwei Schlachten, die unter seinem Kommando geschlagen wurden – Gammelsdorf 1313 und Mühldorf 1322 –, verliefen für ihn erfolgreich. Sein persönlicher Anteil daran ist nicht zu ermessen, weil die chronikalischen Quellen zu beiden Treffen meist parteiisch sind und dazu tendieren, ihre Darstellung auf einen Feldherrn zu fokussieren.

Abb. 5  Säule zum Gedenken an die Schlacht von Gammelsdorf im Jahr 1313, errichtet 1842

Gut zwei Monate vor der Schlacht von Gammelsdorf war Kaiser Heinrich VII. in Italien gestorben, und die Suche nach einem neuen König begann. Unter den potenziellen Kandidaten war auch Ludwig IV., der es bis Ende 1313 geschafft hatte, aus dem Schatten seines Bruders Rudolf zu treten und eigenständige Politik zu betreiben. Seine Position basierte zum einen auf der Stellung der Wittelsbacher im Reich: Ludwig war Reichs- und Kurfürst und gehörte zu einer altehrwürdigen und angesehen Familie. Darüber hinaus hatte er sich durch die Hinwendung zu Niederbayern und den Sieg über die Habsburger eine eigene Machtbasis geschaffen, die er sich freilich mit seinem Bruder teilen musste. Umso erstaunlicher erscheint es, dass der nachgeborene Sohn über seine ererbte Stellung hinaus zum König des römisch-deutschen Reiches aufsteigen sollte.

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