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Performance Management und Performance-Steigerung
1.1 Ein Fallbeispiel und allgemeine Betrachtungen
Fallbeispiel
Eine 89-jährige multimorbide, seit vielen Jahren an einem Diabetes mellitus Typ 2 mit Endorganschäden erkrankte, alleinstehende Patientin wird von ihrem Hausarzt aufgrund deutlicher Verschlechterung des Allgemeinzustandes, Fieber und Schüttelfrost auf die Notfallstation zugewiesen. Es ist bereits die dritte Zuweisung und Hospitalisation in den letzten 5 Monaten. Aufgrund der bereits durchgeführten Anamnese mit produktivem Husten seit drei Tagen und der klinischen Untersuchung besteht klar der Verdacht auf eine Lungenentzündung.
Die Vitalparameter bei Aufnahme auf die Notfallstation werden wie folgt dokumentiert:
Temperatur 39,2 Grad C, Blutdruck 105/59 mmHg, Puls 99/min., Sauerstoffsättigung 86% unter Raumluft. Die auf der Notfallstation durchgeführte Blutentnahme zeigt eine signifikante Erhöhung der Entzündungsparameter (Leukozyten 15,5 giga/l, CRP 250 mg/l). Das Kreatinin ist mit 312 umol/l deutlich erhöht, einem Akuten Nierenversagen im AKIN-Stadium III entsprechend bei normalen Vorwerten vor ca. 4 Monaten. In der durchgeführten Arteriellen Blutgasanalyse (= ABGA) zeigt sich ein deutlich erniedrigter Sauerstoffwert (= Akute Respiratorische Partialinsuffizienz, pO2 von 7,5 kPa, Normwert ab 9,5 kPa). Im durchgeführten Röntgenbild bestätigt sich der geäusserte Verdacht einer Lungenentzündung rechtsseitig.
Die Patientin erhält eine antibiotische Therapie mit Amoxicillin/Clavulansäure 1,2 g i.v. alle 8 Stunden gemäss hausinternen Guidelines und wird zur weiteren Behandlung stationär aufgenommen. Die für den nächsten Tag verordnete Blutentnahme zeigt erfreulicherweise bereits einen Rückgang der Leukozytose bei noch unverändert bleibendem CRP. Die Blutkulturen zeigen kein Wachstum. Am 4. Tag nach Aufnahme wird die Antibiotikatherapie nach deutlichem Rückgang des CRP auf Tabletten umgestellt.
Im weiteren Verlauf stellt sich allerdings nach Rücksprache mit dem Hausarzt und mehreren Angehörigen heraus, dass eine Entlassung in die häuslichen Verhältnisse aufgrund nicht mehr gewährleisteter Versorgung daheim nicht infrage kommt. Der Sozialdienst wird eingeschaltet, und für die Patientin wird ein Platz in einem Alterspflegeheim gesucht. Die Entlassung der Patientin erfolgt am 13. Tag nach Aufnahme.
6 Wochen später – der beschriebene Fall ist in der Zwischenzeit kodiert und abgeschlossen – fällt den Kollegen im Medizin-Controlling auf, dass dieser Fall bei weitem nicht kostendeckend abgebildet werden konnte. Einem Ertrag von ca. 6.028 CHF stehen Kosten von ca. 12.500 CHF gegenüber.
An dieser Stelle kann man sich natürlich viele Dinge fragen, einige davon sollten sein:
Wurde der der Klinik effektiv zustehende, bestmögliche Ertrag für die Behandlung dieses Falles wirklich erwirtschaftet? Und wie wird überhaupt dieser Ertrag generiert? Wurde in diesem konkreten Fallbeispiel der Entlassungsbericht so geschrieben, dass die Kodierung den geleisteten Aufwand – dem Schweregrad der Erkrankung entsprechend – abbilden konnte?
Kann das täglich am Patientenbett tätige medizinische Personal (insbesondere hier Ärzte und Pflegende) einen substanziellen Beitrag leisten, um Erträge zu sichern und Kosten zu senken? Oder liegen die Sicherung von Erträgen und die Reduktion von Kosten einzig und allein im Einfluss- und Verantwortungsbereich der Betriebsökonomen?
Wurden in diesem konkreten Fallbeispiel unnötige Kosten verursacht? Falls ja – welche? Falls ja – gibt es Möglichkeiten, bei ähnlichen Fällen in der Zukunft allenfalls Kosten zu reduzieren? Falls ja, auf welche Weise? Ist eine Verweildauerreduktion als wichtiger Stellhebel einer Kostenreduktion realistisch? Falls ja, wie kann eine solche erreicht werden? Können der Personalaufwand der Pflege, allenfalls vielleicht sogar Material- und Medikamentenkosten reduziert werden?
Können angesichts der oben geschilderten Kosten, welche den Ertrag bei weitem überschreiten, kostensenkende Massnahmen in den klinischen Alltag implementiert werden ohne Verschlechterung der Behandlungsqualität? Oder gibt es vielleicht sogar Massnahmen, welche zusätzlich zu einem positiven ökonomischen Einfluss sowohl die Behandlungsqualität als auch die Patientenzufriedenheit erhöhen können? Welchen Einfluss nehmen solch optimierende Massnahmen auf die seit vielen Jahren häufig zitierte Formel der „Value-based Healthcare“, also auf das Verhältnis von Qualität zu aufgewendeten Mitteln resp. den Kosten?
Gibt es vielleicht Mittel und Wege, nicht nur bei oben im Fallbeispiel erwähnter Patientin mit einer Lungenentzündung, sondern vielleicht auch bei Patienten mit einem schweren Harnwegsinfekt, einem Weichteilinfekt, einer im Rückenbereich durchgeführten Wirbelkörperversteifung (= Spondylodese) oder einer Herzkatheteruntersuchung (= Koronarangiographie) Massnahmen zu implementieren, die die Leistungserbringung am Patienten optimieren?
Wie setzt man derartige Massnahmen und Projekte eigentlich am besten in die Praxis um? Welche Hindernisse gilt es zu überwinden? Eignet sich hier am besten die Durchsetzung in einem „Top-down“-Verfahren oder braucht es besser einen konstruktiven Dialog? Falls ja, warum eigentlich und mit wem?
Wie viel Zeit benötigt man für das Umsetzen dieser Massnahmen resp. Projekte? Und wie sollte sich das zuständige Projektteam am besten personell zusammensetzen?
Und schlussendlich: Warum eigentlich sollten wir diese Anstrengungen und die nötige Mehrarbeit überhaupt unternehmen?
All diese Fragen, und vermutlich noch einige mehr, stellen sich unweigerlich, wenn man über ökonomische Kennzahlen einer Klinik, einer Abteilung wie eine Notfallstation oder Innere Medizin spricht und diese Zahlen positiv zu beeinflussen versucht. Wir werden im Laufe des Buches auf diese Fragen detaillierter eingehen, jedoch bereits hier die letzte der oben genannten Fragen diskutieren: Warum eigentlich?
Dem Leser ist sicherlich bewusst, dass das gesundheitsökonomische Umfeld immer herausfordernder wird. Die Erträge im stationären und ambulanten Bereich der Patientenversorgung stehen deutlich unter Druck. Bekanntermassen sinken die Kostengewichte gängiger Erkrankungsbilder im stationären Bereich eher, als dass sie steigen, wie Abbildung 1.1 am Beispiel eines Falles mit einer Lungenentzündung, einer Chronischen Nierenerkrankung im CKD-Stadium III und Akuter Respiratorischer Insuffizienz eindrucksvoll zeigt. Die Tatsache, dass in vielen Ländern mittlerweile Pauschalsysteme für die Abgeltung von erbrachten Leistungen eingeführt wurden, bedeutet, dass Kliniken ein und dieselbe Leistung bei tendenziell sinkenden Erträgen in sehr guter Qualität anbieten müssen. Dies bedeutet ebenfalls, dass Kliniken bei der Abgeltung ihrer Leistungen im Pauschalsystem sehr sorgfältig mit ihren Ressourcen umgehen sollten. Ausserdem führen Entwicklungen wie z.B. die zunehmende Ambulantisierung zu einer zusätzlichen Erhöhung des wirtschaftlichen Drucks. Die Kosten im Gesundheitswesen sind dagegen offenbar nur schwer zu reduzieren. So führen z.B. auch viele Innovationen im Gesundheitswesen zusätzlich zu steigenden Kosten.
Abb. 1.1Entwicklung der Kostengewichte im SwissDRG-System am Beispiel einer Lungenentzündung mit Chronischer Nierenerkrankung im CKD-Stadium III und Akuter Respiratorischer Insuffizienz in der ABGA bei Aufnahme.
Die in Abbildung 1.2 gezeigte Schere von tendenziell sinkenden Erträgen und steigenden Kosten führt ab einem bestimmen Zeitpunkt unweigerlich zu einer ökonomischen Bedrohungslage für jede Klinik, zu finanziellen Schwierigkeiten bei notwendigen Investitionen und auch zu Unsicherheiten bei Mitarbeitern, Patienten und der Bevölkerung.
Es spielen jedoch nicht nur rein ökonomische Überlegungen eine Rolle. Bereits in der Einleitung haben wir unsere Grundhaltung formuliert:
Als im Gesundheitswesen und in der täglichen Patientenversorgung Tätige sollten wir den Anspruch haben und das Ziel verfolgen, zugunsten unserer Patienten eine qualitativ hochstehende Patientenversorgung zu akzeptablen Kosten anbieten zu können. Dieses Idealbild einer guten, zweckmässigen und bezahlbaren Medizin sollte uns antreiben.
Auch als Arbeitgeber hat eine Klinik eine grosse Verantwortung. Eine im schlimmsten Fall aufgrund einer finanziellen Schieflage von einer Schliessung betroffene Klinik stellt ein Bedrohungsszenario dar für Arbeitsplätze, Einkommen, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten und jegliche berufliche Zukunft seiner Mitarbeiter.
Des Weiteren stellt eine Klinik, die eine kosteneffiziente und qualitativ hochstehende Medizin anbieten kann, einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen dar: Es ist zweifelsohne für die Bevölkerung von grosser Bedeutung, wenn eine/ „ihre“ Klinik auch noch in 10 oder 20 Jahren die medizinische Versorgung für diese sicherstellen kann.
Abb. 1.2Wie dem interessierten Leser bekannt ist, sinken die Erträge im Gesundheitssystem durch diverse Einflussgrössen. Gleichzeitig steigende oder auch nur gleichbleibende Kosten führen ab einem bestimmten Zeitpunkt im Pauschalsystem dazu, dass die Erträge nicht mehr grösser sind als die Kosten, sondern umgekehrt. Also was tun?
Es ist somit unmissverständlich klar, dass eine Klinik – wie jedes Unternehmen auch – sich um ihre Performance, also um die Leistungsfähigkeit, Gedanken machen sollte. Es braucht grosse Anstrengungen, eine Vielzahl von Massnahmen, neue Ideen und Projekte, um den geschilderten Herausforderungen im Gesundheitssystem zu begegnen.
Wie wir in Kapitel 1.2 übersichtsartig beschreiben werden, sind Gedanken zur Performance-Steigerung nicht neu und in der Geschichte anhand von vielen Beispielen zu finden.
1.2 Der Begriff „Performance“ und ein Blick in die Geschichte
Der Begriff „Performance“ kommt aus dem Englischen und kann im Gesamtkontext dieses Buches wohl am besten übersetzt werden mit „Leistung“ (1), „Leistungsfähigkeit“ oder „Ausmass des Erfolges“ (2).
Das Prinzip, sich mit der Leistung, der Leistungsfähigkeit oder der Fertigungsqualität unter gemessenen Kosten einzelner, von Gruppen oder Organisationen zu beschäftigen und diese zu bewerten, ist nicht neu. In der Geschichte finden sich zahlreiche interessante Beispiele von Leistungsbewertungen und Personalbeurteilungen:
Gemäss Koontz (3) fanden bereits zurzeit der Wei-Dynastie (AD 221–265) im alten China Leistungsbewertungen statt, als der damalige Herrscher einen „imperialen Bewerter“ anstellte, der die Leistung einzelner Familienmitglieder beurteilte. In der Mitte des 16. Jahrhunderts etablierte der spanische Priester und Theologe Ignatius von Loyola (1491–1556) ein formales Bewertungssystem für die Mitglieder des Jesuiten-Ordens (4). In der Industrie findet man erste Aufzeichnungen über die Leistungsbewertung bei Robert Owen Anfang des 19. Jahrhunderts, der die Leistungsfähigkeit seiner Baumwollmühlen in Schottland beurteilte, indem er verschiedenartig gefärbte Körbe aufstellte, welche über dem Arbeitsplatz eines jeden Arbeiters zu sehen waren.
Eines der ersten Leistungsbewertungssysteme wurde entwickelt vom amerikanischen Ingenieur Frederick Taylor (1856–1915) und seinen Nachfolgern vor dem Ersten Weltkrieg. Walter Scott, der sich in seiner Arbeit sehr von Taylor beeinflussen lies, führte um 1917 erstmals Leistungsbewertungen der Arbeiter in der Industrie ein und erfand die „Man to Man Comparison Scale“ (5). Systematische Mitarbeiterbeurteilungen erhielten auch in der US-Armee in den 1920er-Jahren Einzug. Während in den 1960er- und 1970er-Jahren jährliche Leistungsbewertungen in vielen verschiedenen Unternehmen und Branchen eingeführt wurden, findet man den Begriff des aktiven „Performance Managements“ als solchen in der Literatur erstmals in den 1970er-Jahren. Jedoch erst in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre wurde „Performance Management“ als eigenständiger Prozess etabliert, wenngleich er in unterschiedlichen Branchen sehr unterschiedlich gehandhabt und interpretiert wurde.
Auch wenn man den Eindruck gewinnen mag, dass Performance Management im Gesundheitswesen ein relativ neues Phänomen ist, so sollte man wissen, dass bereits im Jahre 1754 das Pennsylvania Hospital Outcome-Daten von Patienten sammelte, sortiert nach diagnostischen Gruppen. Ernest A. Codman, ein amerikanischer Chirurg am Massachusetts General Hospital, setzte sich bereits ab ca. 1900 für ein generalisiertes Performance Assessment ein (6).
Zu den wirklichen Anfängen des Performance Managements im Gesundheitswesen kann das Jahr 1953 gezählt werden, als das US-amerikanische Joint Commission on Accreditation of Hospitals (JCAH), eine Nachfolgeorganisation des American College of Surgery (ACS), Akkreditierungen für Kliniken und damit verbundene Standards anbot. Im Jahre 1973 verabschiedete der US-amerikanische Kongress unter Präsident Nixon den sogenannten HMO-Act (7), welcher nicht nur die Entstehung von profit-orientierten Health Maintenaince Organizations (HMOs) unterstützte, sondern auch einen Prozess für eine landesweite Akkreditierung etablierte. Genau dieser Prozess kann als eines der ersten externen Performance-Messungssysteme angesehen werden, da die einzelnen HMOs verschiedene Kriterien medizinischer Standards, das Vorhandensein eines Qualitätsmanagements, den Nachweis finanzieller Stabilität u.a. erfüllen mussten.
Zu Beginn der 1990er-Jahre wurde eine Reihe von Konzepten und Tools des Qualitätsmanagements und der Qualitätssteigerung aus der Industrie in den Gesundheitssektor übertragen. Pioniere dieser Arbeit waren u.a. Joseph Juran und J. Edwards Deming, die den Nachweis einer erfolgreichen Anwendung industrieller Prozesse in den Gesundheitssektor erbrachten, um unter anderem Kosten zu reduzieren. Es folgten verschiedene Anstrengungen, um die Qualität im Gesundheitswesen anhand von Prozessen und des Outcome zu messen. So z.B. zählt das Joint Commission on Accreditation of Healthcare Organizations (JCAHO) zu nicht gewinnorientierten Organisationen, welche zahlreiche verschiedene medizinische Einrichtungen nach Outcome-Daten und anderen Leistungskennzahlen bewertet und Akkreditierungen vergibt.
Auch wenn man aus den vorangegangenen Schilderungen entnehmen kann, dass es durchaus auch im internationalen Gesundheitswesen eine jahrzehntelange Geschichte von Performance-Management-Bemühungen gab, so bleibt doch festzuhalten, dass die klassische Industrie dem Gesundheitswesen in der Entwicklung, Implementierung und Anwendung von Leistungskennzahlen und dazugehörigen Systemen weit voraus war, es heute immer noch ist und sich seit jeher in einem sehr dynamischen Umfeld bewegt. So war Kelly Services, ein mit Hauptsitz im US-Bundesstaat Michigan ansässiger, international vertretener Personaldienstleister, das erste grosse Unternehmen, welches im Jahre 2011 die klassischen, turnusweise wiederkehrenden Leistungsbeurteilungen von Mitarbeitern und Teams wieder abschaffte und stattdessen überging zu häufigeren, jedoch informelleren Feedbacks. Adobe als allseits bekanntes Softwareunternehmen folgte ein Jahr später und verzichtet seit 2012 auf jährliche sogenannte „Performance Reviews“ (8).
1.3 Definition „Performance Management“
In der Literatur finden sich zahlreiche unterschiedliche Definitionen des Begriffes „Performance Management“. Aus unserer Perspektive gehört jedoch die Definition von Michael Armstrong – ehemals Chief Examiner des „Chartered Institute of Personnel and Development“ – zu den umfassendsten und soll als konzeptionelle Grundlage dienen:
Gemäss Armstrong ist Performance Management
“the continuous process of improving performance by setting individual and team goals which are aligned to the strategic goals of the organization, planning performance to achieve the goals, reviewing and assessing progress, and developing the knowledge, skills and abilities of people” (4).
Uns ist bewusst, dass sich diese Definition primär auf den von Armstrong erwähnten Bereich der Personalwelt bezieht. Gleichwohl lassen sich die entscheidenden und unten aufgeführten Eigenschaften problemlos auch auf den Gesundheitssektor und das Klinikwesen übertragen.
Performance Management
ist ein kontinuierlicher Vorgang der Performance-Steigerung,
ist verbunden mit Zielsetzungen an einzelne Personen und Teams,
ist ausgerichtet an den strategischen Zielen der jeweiligen Organisation,
beinhaltet Pläne zur Erreichung der definierten Ziele,
bewertet den Fortschritt und
ist verknüpft mit der Entwicklung von Know-how von Mitarbeitern.
Die Frage, wozu denn überhaupt ein Performance Management in einem Unternehmen gut sei, beantwortet Christopher Lee, Autor im Bereich der Human Ressources Wissenschaften, folgendermassen recht prägnant:
“The real goals of any performance management system are threefold – to correct poor performance, to sustain good performance and to improve performance […].” (9)
Hervorzuheben ist, dass sich aufgrund dieser Ausführungen und Definitionen das Performance Management also mit weitaus mehr beschäftigt als mit dem Messen und Steuern von Kennzahlen der Leistungsfähigkeit und eine deutlich anspruchsvollere Thematik beinhaltet als das Erstellen von Reports, Statistiken und Tiefenanalysen.
Performance Management zielt aus unserer Sicht vor allem darauf ab, eine kontinuierliche Verbesserung der aktuellen Performance, also eine Performance-Steigerung, anzustreben. Hierzu braucht es nicht nur die Erkenntnis, wann die eigene Performance nur durchschnittlich oder gar ungenügend ist. Es braucht vor allem das Wissen, wie man die eigene Performance verbessert, welche Werkzeuge man anwendet, wie man eine allenfalls grosse Zahl von Mitarbeitern motiviert, wie man einen Plan, ein Projekt oder eine Strategie systematisch in die Tat umsetzt etc.
In den folgenden Kapiteln dieses Buches werden wir uns demzufolge mehr und mehr lösen von statischen, Controlling-assoziierten Ansichten des Performance Management und übergehen zu einem eher dynamischen Ansatz, welcher grossen Wert legt auf eine Performance-Steigerung.
In Kapitel 1.4 werden wir zunächst diskutieren, wie wir im Gesundheitswesen, speziell in einer Klinik, die Performance einer solchen messen können durch eine Auswahl bestimmter Indikatoren.
1.4 Key Performance Indikatoren: Eigenschaften und Beispiele
Um die Leistungsfähigkeit, oder von nun an Performance genannt, in einem bestimmten Bereich zu messen, zu vergleichen und einen Fortschritt als Zeichen einer Performance-Steigerung zu erkennen, benötigt man selbstverständlich Parameter, welche diesen Anforderungen genügen. In der Regel bezeichnet man solche Parameter als Leistungskennzahlen oder auch als „Key Performance Indikatoren“ (KPI). Ein KPI stellt also ein Werkzeug der Performance-Beurteilung dar. Damit die Performance einer spezifischen Aktivität, das Ergebnis eines Projektes oder eines ganzen Unternehmens mit einem oder in der Regel mit mehreren KPIs beurteilt werden kann, sollten diese bestimmte Eigenschaften mit sich bringen, welche im allgemeinen als „SMART“-Eigenschaften zusammengefasst werden. Diese SMART-Eigenschaften wurden erstmalig von George T. Doran im Jahre 1981 beschrieben (10) und können wie folgt zusammengefasst werden:
S für „specific“ = spezifisch,
M für „measurable“ = messbar,
A für „achievable“, also erreichbar,
R für „relevant“, also relevant,
T für „time specific“, also versehen mit einer zeitlichen Angabe.
Im Folgenden werden ausgewählte wichtige KPIs aus dem Bereich der Gesundheitsökonomie erläutert, welche auch im weiteren Verlauf dieses Buches immer wieder zur Sprache kommen.
EBITDA (Earnings Before Interest, Tax, Depreciation, Amortization): Das EBITDA ist eine Kennzahl, die eine Angabe zum Gewinn eines Unternehmens macht. Sie bezieht sich – wie der englische Ausdruck vermuten lässt – auf den Gewinn vor Kapitalkosten (I), Steuern (T) und Abschreibungen (DA). Das EBITDA ist also eine Kennzahl zur Beurteilung der operativen Leistungsfähigkeit eines Unternehmens, wobei es noch Unterformen wie das EBITDAR gibt, bei welchem auch die Miete (engl.: Rent) berücksichtigt wird. In Abbildung 1.3 ist diese auch für Kliniken sehr wichtige Kennzahl dargestellt. Wir erkennen, dass das EBITDA positiv beeinflusst werden kann durch eine Erhöhung der Erträge und/ oder durch eine Reduktion der Kosten.
EBITDA-Marge: Die EBITDA-Marge ist eine von mehreren Messgrössen für die Rentabilität eines Unternehmens und errechnet sich aus dem EBITDA dividiert durch den Umsatz. In der Schweizer Klinikwelt ist die EBITDA-Marge als Kennzahl der Profitabilität breit akzeptiert. Das Beratungsunternehmen PWC berechnete erstmals im Jahre 2010 einen Zielwert von 10% als anzustrebende EBITDA-Marge im Akutklinikbereich und postulierte diesen Zielwert als Notwendigkeit, um in Zukunft Investitionen tätigen und die Wettbewerbsfähigkeit erhalten zu können (11).
Da die beiden Kennzahlen EBITDA und EBITDA-Marge auch im Gesundheitswesen sehr wichtige und breit akzeptierte Indikatoren sind, wird ihre Optimierung im Verlaufe dieses Buches immer wieder repräsentativ mit einer Performance-Steigerung in Verbindung gebracht.
Abb. 1.3Schematische Erfolgsrechnung eines Spitals. EBITDA: Earnings (E) Before Interests (I), Tax (T), Depreciation and Amortization (DA); R = Rent.
Case Mix (CM): Der Case Mix, auf eine einzelne Diagnosis Related Group (DRG) oder auf die Summe aller behandelten Fälle in einer Klinik bezogen, wird auch als Fallschwere der Fälle einer Klinik bezeichnet und ergibt sich aus Addition der einzelnen Kostengewichte (12).
Case Mix Index (CMI): Der CMI errechnet sich aus der Summe der einzelnen Kostengewichte (auch als CM bezeichnet) dividiert durch die Anzahl der Fälle (13). Der CMI ist also ein Mittelwert, sagt aber nichts aus über die Verteilung der einzelnen Schweregrade wie den prozentualen Anteil einer Partition innerhalb einer DRG. Der CMI dient häufig als Vergleichsinstrument einzelner DRGs über verschiedene Geschäftsjahre hinweg, wobei hier jeweils zwingend die sich quasi jährlich ändernden Kostengewichte innerhalb einzelner DRGs beachtet werden müssen.
Normallieger – Inlier: Jeder DRG ist eine mittlere Verweildauer (MVD) zugeordnet. Fälle, deren Verweildauer zwischen der Unteren und der Oberen Grenzverweildauer liegt (UGVD, OGVD), werden als Normallieger oder auch Inlier bezeichnet (s. Abb. 1.4). Für diese Fälle wird die reguläre Fallpauschale resp. der volle Ertrag geltend gemacht, ohne Abschläge und ohne Zuschläge. Liegt die Verweildauer eines Falles zwischen der MVD und der UGVD, so ist dieser ökonomisch gesehen attraktiver als ein Fall mit einer Verweildauer zwischen MVD und OGVD. Dies ist verständlich, da ein Fall mit einer kürzeren Verweildauer und vollem Ertrag ökonomisch attraktiver ist als ein Fall mit einer längeren Verweildauer bei vollem Ertrag. In der Regel wird die Quote der Normalliegerfälle in % angegeben.
Abb. 1.4Darstellung unterschiedlicher Begriffe in der Verweildauerterminologie. UGVD: Untere Grenzverweildauer; MVD: Mittlere Verweildauer; OGVD: Obere Grenzverweildauer. Low Outlier: Fälle unterhalb der UGVD; Inlier: Fälle zwischen UGVD und OGVD; High Outlier: Fälle oberhalb der OGVD. Low-Outlier-Fälle erhalten einen Abschlag (= niedrigerer Ertrag), High-Outlier-Fälle erhalten einen Zuschlag (= höherer Ertrag).
Langlieger – High Outlier: Fälle mit einer Verweildauer oberhalb der Oberen Grenzverweildauer (OGVD) werden auch als Langlieger resp. High Outlier bezeichnet. Die Klinik erhält für einen Fall oberhalb der Oberen Grenzverweildauer einen Zuschlag, jedoch deckt dieser Zuschlag häufig nicht die entstehenden Kosten, welche ein Langlieger-Fall verursacht. Des Weiteren führen Langlieger-Fälle dazu, dass Betten durch dieselben Patienten belegt sind, sodass die Kapazität der freien Betten für neue Patienten verringert wird. Im Allgemeinen versucht eine Klinik, die Langliegerquote (gemessen in %) so niedrig wie möglich zu halten. Eine vergleichsweise hohe Langliegerquote kann ein Hinweis sein für ineffiziente Prozesse beim Verweildauer-Management.
Kurzlieger – Low Outlier: Fälle mit einer Verweildauer unterhalb der unteren Grenzverweildauer (UGVD) werden auch als Kurzlieger- resp. Low-Outlier-Fälle bezeichnet. In der Regel werden Kurzliegerfälle einer Klinik mit einem Abschlag versehen, d.h. die Klinik erhält vom Leistungsträger – den Krankenkassen – nicht die volle Vergütung. Kurzliegerfälle sind also, rein ökonomisch betrachtet, auf den ersten Blick nicht attraktiv. Bei einem hohen Patientenvolumen können allerdings viele Kurzliegerfälle dazu führen, dass freie Bettenkapazitäten entstehen, sodass mehr Patienten behandelt werden können. In der Regel wird als KPI die Kurzliegerquote in % angegeben.
Durchschnittliche Verweildauer: Die durchschnittliche Verweildauer gibt die Anzahl der Tage an, die Patienten durchschnittlich in stationärer Behandlung verbracht haben. Die durchschnittliche Verweildauer kann sich beziehen auf alle Fälle einer Klinik in einem definierten Zeitraum oder auch nur auf ausgesuchte Fälle wie z.B. Patienten mit Einsatz eines künstlichen Hüft- oder Kniegelenks.
Durchschnittliche Bettenauslastung: Als durchschnittliche Bettenauslastung bezeichnet man die Auslastung der Betten in Prozent. Hierzu wird die tatsächliche Bettenbelegung mit der maximalen Bettenbelegung in Relation gesetzt. Die maximale Bettenkapazität errechnet sich aus dem Produkt der verfügbaren Betten und der Anzahl der Kalendertage im vorgegebenen Zeitraum. Die tatsächliche Bettenbelegung entspricht der Summe der Berechnungs- und Belegungstage, da jeder Patient bzw. jede Patientin pro Tag ein Bett belegt.
Deckungsbeitrag: Als Deckungsbeitrag bezeichnet man die Differenz zwischen dem erzielten Ertrag und den variablen Kosten (z.B. Pflegeaufwand für einen Fall, Kosten der Bildgebung für einen Fall, Lebensmittel, medizinischer Bedarf u.a.). Es handelt sich demnach um den Betrag, welcher zur Deckung der Fixkosten (z.B. Gebäudekosten, Abschreibungen, fest installierte Gerätschaften u.a.) zur Verfügung steht.