Kitabı oku: «Performance-Steigerung Krankenhaus», sayfa 6
2.1.5 Die Suche nach Potenzial: 3 Vorgehensweisen und eine Haltung
Wie wir im letzten Kapitel diskutiert haben, gibt es mehrere Möglichkeiten, das Bewusstsein für das Pauschalsystem zu schärfen und den erbrachten Aufwand bestmöglich zu dokumentieren. Unserer Erfahrung nach sollte man sich allerdings nicht nur darauf verlassen, dass durchgeführte Schulungen, Feedbackschlaufen und bereitgestellte Berichtsvorlagen den maximalen Erfolg erbringen.
Es gibt zusätzliche Wege, um zu evaluieren, wie viel ökonomisches Potenzial einerseits noch vorhanden ist und ob andererseits die oben beschriebenen Massnahmen auch den gewünschten Erfolg bringen. Hierzu 3 Beispiele aus der Praxis.
Prävalenz und Plausibilität
Uns allen ist bekannt, dass insbesondere die Innere Medizin ein polymorbides, immer älter werdendes Patientengut behandelt. Uns ist auch bekannt, dass der Diabetes mellitus Typ 2 bei älteren Patienten eine häufige Komorbidität darstellt. Ebenfalls häufig anzutreffen in der klinischen Untersuchung bei diesen Patienten ist eine der vielen langfristigen Folgeschäden wie z.B. Nervenschädigungen an den Füssen (= periphere Polyneuropathie) mit einer Life-Time-Prävalenz von bis zu 51% (6).
Wie also können wir überprüfen, ob bei unserem Patientengut die Dokumentation der peripheren Polyneuropathie regelmässig und adäquat erfolgt? Dies ist gar nicht so schwer: Stellen Sie sich vor, Sie analysieren eine Fallliste aus Ihrem vergangenen Kalenderjahr mit allen Patienten, bei denen ein Diabetes mellitus Typ 2 im Entlassungsbericht dokumentiert und demzufolge höchstwahrscheinlich auch kodiert wurde. Wenn die Rate der Patienten mit dokumentierter peripherer Polyneuropathie weniger als 10% des gesamten Patientengutes mit einem Diabetes mellitus Typ 2 umfasst, ist die Wahrscheinlichkeit einer unvollständigen Dokumentation bei einer relevanten Anzahl von Fällen relativ hoch. Eine Rate von weniger als 10% ist bei oben beschriebener Prävalenz von bis zu 51% wenig plausibel. Hier besteht mit hoher Wahrscheinlichkeit die Möglichkeit, die Dokumentation zu verbessern.
Erkrankungsbilder und Diagnostik
Auf der Notfallstation einer jeden Klinik gehören Patienten mit einer Chronisch Obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) zur Routine. Verschlechterungen dieses Krankheitsbildes mit zunehmender Atemnot und Husten (= Exazerbationen der COPD) werden häufig stationär und gelegentlich bei schwerem Verlauf auf der Intensivstation behandelt. Die Durchführung einer ABGA zur Messung des Sauerstoffgehaltes im Blut gehört bei diesen Patienten zur Routinediagnostik. Wir können uns fragen, wie viele Patienten eine ABGA auf der Notfallstation erhalten haben und wie viele davon auch korrekt dokumentiert wurden. Genau dasselbe gilt für die Intensivstation: Ein auf der Intensivstation behandelter Patient mit einer COPD hat mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine nicht normale ABGA. Wurde vielleicht nur bei 50% der auf der Intensivstation behandelten Patienten eine pathologische ABGA dokumentiert? Dann kann mit hoher Wahrscheinlichkeit auch hier die Dokumentation verbessert werden.
Cross-Check zwischen Kosten und Dokumentation
Ein solide aufgestelltes Medizin-Controlling, ausgestattet mit der nötigen IT-Infrastruktur, sollte ohne grössere Probleme imstande sein, Auskunft über Kosten gängiger Artikel wie z.B. Blutkonserven (= Erythrocyten-Konzentrate) zu geben. Uns allen ist bekannt, dass im Rahmen von Operationen, Krankheitsbildern wie Magen-Darm-Blutungen oder im Rahmen von Krebserkrankungen bei Blutarmut (= Anämie) solche Erythrocyten-Konzentrate gegeben werden müssen.
Auch hier kann sich ein Blick auf Falllisten lohnen: Unserer Erfahrung nach ist es wertvoll, einen Cross-Check durchzuführen zwischen Patienten mit erhaltenen Erythrocyten-Konzentraten einerseits und dokumentierter substitutionsbedürftiger Anämie andererseits. Ein grosses Delta sollte auch hier Anlass sein, spezifisches Feedback zu geben und die Dokumentation zu verbessern.
Alle 3 Beispiele zeigen, dass man Kenntnisse des medizinischen Tagesgeschäftes verknüpfen kann und sollte, um das Ausmass der korrekten Dokumentation zu überprüfen und allfällige Potenziale evaluieren zu können.
Uns ist allerdings auch bewusst, dass mit Kenntnissen des medizinischen Tagesgeschäftes und Kenntnissen des DRG-Systems die Behandlung eines Patienten gesteuert werden kann, sodass ein maximaler Ertrag winkt. So z.B. ist es in einigen DRG-Systemen möglich, durch ergänzende Untersuchungen im Bereich der interventionellen Kardiologie (z.B. OCT) ein höheres Kostengewicht zu erzielen als ohne die Durchführung dieser Untersuchungen. Auf der Intensivstation ist es – je nach Pauschalsystem des jeweiligen Landes – ebenfalls möglich, durch die Beeinflussung von Beatmungsstunden das Kostengewicht zu beeinflussen. Wenn man dann die Chance auf ein höheres Kostengewicht gegenrechnet mit den dadurch verursachten Kosten, so besteht u.U. ein Fehlanreiz: das Durchführen einer Untersuchung oder die Steuerung einer medizinischen Handlung zu rein ökonomischen Zwecken.
Von dieser Option distanzieren wir uns klar. Für uns sollten medizinische Untersuchungen ausschliesslich dann durchgeführt werden, wenn bei guter Indikationsstellung die Patienten profitieren und nicht die Kasse einer Klinik.
2.1.6 Falldiskussion, Herausforderungen und Zusammenfassung
Kommen wir noch einmal zurück zu unserem eingangs in Kapitel 2.1.1 erwähnten Fallbeispiel: Gemäss Berichtsvorlage hätten mindestens 4 relevante Komplikationen resp. Komorbiditäten im Entlassungsbericht erwähnt werden sollen: das Stadium der Chronischen Nierenerkrankung im CKD Stadium III, das Akut aufgetretene Nierenversagen im Stadium AKIN III, die Hyponatriämie und die Akute Respiratorische Partialinsuffizienz (hypoxisch) mit klar erniedrigtem Sauerstoffpartialdruck.
Bei korrekter Dokumentation dieser Parameter wäre der Erlös im SwissDRG-System gemäss Katalog des Jahres 2020 um ca. 2.272 CHF höher ausgefallen, mit einer Basisrate von 9.630 CHF kalkuliert. Dies entspricht einer signifikanten Ertragssteigerung von ca. 37%.
Gewiss tönt dieses Ergebnis sehr attraktiv, und bei Vorhandensein der oben beschriebenen Kenntnisse und Massnahmen ist dies nicht allzu schwer zu erreichen. Leider stossen wir – über mehrere Jahre betrachtet – auch schon wieder auf gleich mehrere Herausforderungen.
CCL-Werte im Laufe der Zeit
Genauso wie sich Kostengewichte und Basisraten im stetigen, mitunter jährlichen Wandel befinden, so kann sich ebenfalls die Bewertung von vorliegenden Komorbiditäten und Komplikationen ändern. Eine vorliegende Chroni-
Tab. 2.2Entwicklung der CCL-Gewichtung ausgesuchter Komorbiditäten und Komplikationen in Verbindung mit der Hauptdiagnose einer Lungenentzündung (ICD J18.0).
CKD III | Hyponatriämie | Akute Resp. Insuff. | |
2015 | 3 | 0 | 3 |
2016 | 3 | 2 | 3 |
2017 | 3 | 2 | 3 |
2018 | 3 | 2 | 3 |
2019 | 0 | 1 | 3 |
2020 | 0 | 1 | 2 |
CKD III: Chronische Niereninsuffizienz im CKD Stadium III; Akute Respiratorische Insuffizienz: entweder durch eine Verringerung des Sauerstoffpartialdruckes oder durch eine Erhöhung des Kohlendioxidpartialdruckes |
sche Niereninsuffizienz im Stadium CKD III bei Lungenentzündungen als Hauptdiagnose erhält somit trotz korrekter Dokumentation im Verlaufe der Jahre nicht immer 3 Punkte, siehe Tabelle 2.2. Somit wird es immer schwieriger, attraktiver bewertete DRG-Partitionen anzusteuern.
Es wird nicht nur schwieriger, mittels Berichtsvorlagen und standardisierten Entlassungsberichten bei gängigen Diagnosen attraktiver bewertete Partitionen anzusteuern, dasselbe gilt auch bei Fällen von speziellen Abteilungen wie einer Intensivstation.
Diese Erkenntnis hat einen Einfluss auf oben beschriebene Massnahmen: Man ist gezwungen, sich im weiteren Verlauf genau zu überlegen, ob sich ein DRG-Manager für den Klinikbetrieb noch lohnt oder nicht. Man muss stets von neuem überlegen, ob sich mitunter doch ein relevanter Aufwand „x“ für die mögliche Ertragssteigerung „y“ noch lohnt.
Kostengewichte und Basisraten im Laufe der Zeit
Das Problem von sinkenden Kostengewichten per se ist uns allen bestens bekannt. Abbildung 2.9 verdeutlicht erneut die Entwicklung der Kostengewichte für unser Fallbeispiel im SwissDRG-System (s. Kap. 2.1.1), wobei die grundlegende Tendenz von fallenden Kostengewichten natürlich keineswegs auf das SwissDRG-System beschränkt ist und auch in anderen Ländern bestens bekannt ist.
Auch die Basisraten sinken im Laufe der Zeit eher, als dass sie steigen. Sinkende Kostengewichte, sinkende Basisraten und eine tendenziell anspruchsvollere Verteilung von CCL-Punkten bedeuten ohne Zweifel als Konsequenz sinkende Erträge. Da die Ertragsgenerierung in einem Pauschalsystem erfolgt, bedeutet dies, dass beinahe alle während eines Klinikaufenthaltes anfallenden Kosten mit dieser Pauschale abgegolten sind. Die Klinik steht also vor der grossen Herausforderung, mit tendenziell sinkenden Erträgen ein- und dieselbe Leistung in sehr guter Qualität anbieten zu müssen.
Abb. 2.9Entwicklung der Kostengewichte am Beispiel einer Lungenentzündung mit Chronischer Nierenerkrankung im CKD-Stadium III und Akuter Respiratorischer Insuffizienz in der ABGA bei Aufnahme.
Komplexität des DRG-Systems
In Kapitel 2.1 haben wir Grundlagen des DRG-Systems geschildert. Uns ist bewusst, dass dieses Kapitel „nur“ einen Einblick in die sehr umfangreiche Materie von Pauschalsystemen gegeben hat.
Eine komplette Abhandlung von DRG-Systemen, ihrer Komplexität, von sämtlichen Einflussmöglichkeiten in vielen verschiedenen Fachgebieten würde den Umfang dieses Buches bei weitem überschreiten. Jedoch gerade diese Komplexität, jährliche Anpassungen und das für ein tiefgreifendes Verständnis erforderliche grosse Know-how stellen eine weitere Herausforderung für das ärztliche Personal, in einer Klinik tätige Medizin-Controller und Betriebsökonomen dar, welche häufig mit Aufwendung von grossen personellen und zeitlichen Ressourcen verbunden ist.
Dies alles waren und sind keine rosigen Aussichten. Wie also schaffen wir es, uns trotz tendenziell sinkenden Erträgen in einem Pauschalsystem weiter zu optimieren? Die Antwort liegt auf der Hand: Indem die Kosten gesenkt werden. Und so diskutieren wir im nun folgenden Kapitel 2.2 eine Reihe von Optionen, die Kosten im stationären Bereich einer Klinik zu reduzieren.

Take Home Messages
Die Abkürzung DRG steht für „Diagnosis Related Groups“ und stellt ein Patientenklassifikationssystem dar.
Zentrale Bedeutung für die Ertragsgenerierung im DRG-System haben u.a. die vollständige und präzise Dokumentation von relevanten Komorbiditäten und Komplikationen.
Wichtige Begriffe im DRG-System sind: CM (Case Mix), CMI (Case Mix Index), PCCL (Patient Clinical Complexity Level), MDC (Major Diagnostic Category) und MVD (Mittlere Verweildauer).
Berichtsvorlagen können dabei helfen, die Dokumentation übersichtlich und vollständig zu gestalten und somit zur bestmöglichen Ertragsgenerierung beizutragen.
Schulungen, Feedbackschlaufen und Monitoring-Systeme stellen Werkzeuge dar, um nötiges Wissen zu vermitteln, Transparenz zu schaffen und Erfolgskontrollen durchzuführen.
2.2 Kosten
2.2.1 Kosten im Klinikalltag: Eine Übersicht und allgemeine Betrachtungen
Wie aus Abbildung 2.10 zu entnehmen ist, unterscheiden wir bei den Kosten Personalkosten, Sachkosten und sonstige anfallende Kosten wie die für Miete, Abschreibungen, Kapital und Steuern. Wie in anderen industrialisierten Ländern auch, so stellen die Personalkosten in den Schweizer Kliniken hierbei den grössten Kostenanteil dar (7).
Da sich dieses Buch mit der Performance-Steigerung im klinischen Alltag beschäftigt, werden wir den Schwerpunkt auf die Diskussion von Sachkosten und Personalkosten legen. Bewusst diskutieren wir im weiteren Verlauf potenzielle Einflussmöglichkeiten auf die Sachkosten vor denen der Personalkosten, da unserer Ansicht nach eine Senkung der Sachkosten – wenn immer möglich – vor der Reduktion von Personalkosten erfolgen sollte. Der wesentliche Grund hinter dieser Überlegung ist, dass bei Mitarbeitern einer Klinik nicht der Eindruck entstehen sollte, unter bestehendem Kostendruck zuerst oder gar ausschliesslich eine Reduktion der Personalkostenanstreben zu wollen, ohne Einflussmöglichkeiten auf Sachkostenebene kritisch evaluiert zu haben-
Abb. 2.10Übersicht über Erträge und unterschiedliche Arten von Kosten. Die diskutierten Sachkosten setzen sich zusammen aus Kosten für Labor, Bildgebung, Pathologie, Arzneimittel, Implantate und Einwegmaterial. Die diskutierten Personalkosten setzen sich zusammen aus denen für die Pflege und die Ärzte.
Bei allgemeiner Betrachtung der Sachkosten können wir diese reduzieren durch 3 Massnahmen:
durch Senkung des Preises/Stück von Produkt A (rein betriebsökonomischer Ansatz),
durch Reduktion der verbrauchten Menge von Produkt A (Verbrauchssteuerung, sofern medizinisch vertretbar, medizin-ökonomischer Ansatz) oder auch
durch das Suchen einer kostengünstigeren, medizinisch vertretbaren Alternative zu Produkt A (ebenfalls medizin-ökonomischer Ansatz), siehe Abbildung 2.11.
Konkret könnte dies bedeuten, dass zur Kostensenkung der Laborposition „Procalcitonin“ (= Laborparameter zur Feststellung einer bakteriellen Entzündung) der Preis mit dem externen Labordienstleister neu verhandelt und aufgrund eines Rabattes daraufhin gesenkt wird (Preis/Stück reduziert), dass die Anzahl der Procalcitonin-Bestimmungen gesenkt wird (Menge reduziert, sofern medizinisch vertretbar) oder dass man gänzlich auf das Procalcitonin verzichtet, indem z.B. keine Procalcitonin-gesteuerte Antibiotikatherapie bei nicht IPS-pflichtigen Patienten durchgeführt wird (Alternative).
Es könnte aber auch – auf viele Produkte betrachtet – bedeuten, dass mit dem externen Labordienstleister generell ein neuer, vorteilhafter Rabatt auf alle Laborpositionen verhandelt wird (Preis/Stück reduziert), dass die Menge der bestellten Laboruntersuchungen reduziert wird (Verbrauchssteuerung) oder dass als Alternative zur stationären Bestimmung einzelner teurer Positionen eine Bestimmung vom stationären in den ambulanten Bereich verschoben wird, da beispielsweise in der Schweiz die Leistungserbringung im ambulanten Bereich im Einzelleistungstarif abgegolten wird und derzeit keiner Pauschalisierung unterliegt.
Abb. 2.11Drei prinzipielle Einflussmöglichkeiten zur Reduktion von Sachkosten: Reduktion des Preises/Stück, Reduktion der verwendeten Menge, Evaluation einer kostengünstigeren Alternative.
Für den Fall eines klinikeigenen Laborbetriebes würden entsprechende Massnahmen wie eine Verbrauchssteuerung oder die Suche nach kostengünstigeren Alternativen natürlich erst dann zu Kostenreduktionen führen, wenn auch die Fixkosten für den hausinternen Laborbetrieb gesenkt werden können.
Bei der Reduktion der Personalkosten können wir übersichtsartig ähnliches festhalten: Personalkosten lassen sich – zumindest theoretisch – reduzieren, indem der Lohn/Mitarbeiter reduziert wird, indem die Anzahl der Mitarbeiter einer Berufsgruppe reduziert wird oder indem kostengünstigere Alternativen zu Mitarbeitern einer bestimmten Berufsgruppe evaluiert werden (s.Abb. 2.12).
Für das weitere Vorgehen sollten wir noch verstehen, dass Senkungen von ausgesuchten Kostenpositionen durch allgemeine, über viele verschiedene Fachbereiche geltende Massnahmen sowie durch spezifische, nur für bestimmte Fachbereiche zutreffende Massnahmen durchgeführt werden können. So z.B. führt die Reduktion von medizinisch nicht sinnvollen Blutentnahmen am Folgetag nach einer notfallmässigen Aufnahme nicht nur im Bereich der Inneren Medizin zu einer Laborkostenreduktion, sondern – konsequent umgesetzt – auch bei anderen Fachbereichen. Im Gegensatz führt die Verwendung einer kostengünstigeren Alternative zum teuren Knochenersatzmaterial bei Wirbelkörperversteifungen (= Spondylodesen) nur im Bereich der Neurochirurgie zu einer Reduktion der Implantatkosten.
Des Weiteren führen gewisse Massnahmen nicht nur zur Senkung von einer, sondern von mehreren Kostenpositionen. Oben beschriebenes Beispiel der Reduktion von medizinisch nicht sinnvollen Blutentnahmen führt nicht nur zur Laborkostenreduktion, sondern natürlich auch zu einer Reduktion des Pflegeaufwandes und der Einwegmaterialkosten.
Wir ordnen die Massnahmen im Folgenden so an, dass wir sie der ursprünglichen, an erster Stelle stehenden ökonomischen Intention zuordnen. So wird die Reduktion intravenöser Antibiotika der Medikamentenkostenreduktion zugeordnet, auch wenn dadurch ebenfalls Einwegmaterialkosten und Pflegeaufwand reduziert werden können.
Abb. 2.12Drei prinzipielle Einflussmöglichkeiten zur Reduktion von Personalkosten: Reduktion des Lohnes/Mitarbeiter, relative Reduktion der Anzahl der Mitarbeiter, Evaluation einer Alternative.
2.2.2 Kostenreduktionen im Klinikalltag: Auf dem Rücken von Patienten?
Die Idee, nicht nur Erträge zu steigern, sondern auch Kosten zu senken, ist natürlich nicht neu. Insbesondere bei Versuchen, Kosten im Gesundheitswesen zu senken, wurden bereits zahlreiche unterschiedliche Massnahmen beschrieben, vornehmlich aus dem Bereich der Betriebsökonomie durch das Streben nach Skaleneffekten (8).
Sachkosten z.B. können, wie beschrieben, erfolgreich durch Verhandlung von Preisen für erbrachte Leistungen im Laborbereich, durch Senkung der Medikamenten- und Implantatpreise, durch eine gezielte Einkaufspolitik und durch Zusammenarbeit von Kliniken mit strategischen Einkaufsgesellschaften wirksam gesenkt werden. Personalkosten können, wenngleich dies klar nicht unser Ansatz ist, gesenkt werden durch Anpassung des Personalschlüssels (in der Regel mit der Konsequenz einer Mehrbelastung des angestellten Personals), durch ein gezieltes Outsourcing von Dienstleistungen oder durch Reduktion der durchschnittlichen Löhne.
Wir werden in den folgenden Kapiteln zusätzlich Wege aufzeigen, wie Sach- und Personalkosten reduziert werden können bei der täglichen Arbeit am Patientenbett, also bei der Leistungserbringung an Patienten durch das medizinische Personal, so wie beschrieben in Kapitel 1.6 „Das ‚Wie‘: Ansatz der Performance-Steigerung“. Diese Wege eröffnen nicht nur weiteres, grosses EBIT-DA-relevantes Potenzial, und sind deswegen unbedingt anzustreben. Diese Wege bieten auch die Chance, Kosten zu reduzieren und den Patientennutzen resp. die Patientenzufriedenheit gleichzeitig positiv zu beeinflussen. Die dafür notwendigen Kenntnisse allerdings sind in der Regel in der reinen Betriebsökonomie nicht zu finden, sondern haben ihre Wurzel in der Qualität der Indikationsstellung einer Untersuchung oder einer Therapie resp. in der Evidenz der durchgeführten medizinischen Behandlung als solcher. Das folgende einfache Fallbeispiel soll dies veranschaulichen.
Fallbeispiel
Stellen Sie sich vor, eine Patientin benötigt aufgrund einer auf der Notfallstation diagnostizierten Lungenentzündung eine intravenöse Antibiotikatherapie mit Amoxicillin-Clavulansäure, alle 8 Stunden 1,2 g intravenös. In einem ersten Schritt der Kostenreduktion kann versucht werden, die Kosten für die Stückpreise für dieses Antibiotikum zu reduzieren, z.B. von 1,50 CHF/Stück auf 1,00 CHF/Stück, also um ca. 33%. In diesem Fall entstehen durch die Verabreichung von 14 Antibiotikagaben Kosten in Höhe von 14 Franken statt 21 Franken (s. Abb. 2.13). Eine derartige Kostenreduktion ist bereits attraktiv, auch wenn die Stückpreise im Vergleich zu anderen Medikamenten oder sogar Implantaten verschwindend gering sind.
Stellen Sie sich jedoch jetzt vor, bei dieser Patientin reduziert der behandelnde Assistenzarzt ausserdem noch die Menge der intravenös verabreichten Antibiotika um insgesamt 6 Gaben. Dies ist für den Assistenzarzt deswegen möglich, weil er weiss, gemäss welchen Kriterien er eine intravenöse Antibiotikatherapie auf Tabletten umstellen darf (mehr als 24 Stunden i.v.-Therapie, kein Fieber mehr, Aufnahme von Tabletten möglich, keine positiven Blutkulturen). Dadurch sinken erneut die Medikamentenkosten, und zwar von 14 Franken auf nun lediglich 8 Franken, einer weiteren Kostenreduktion von ca. 42% entsprechend, exklusive der Kosten für Tabletten (s. Abb. 2.14).
Abb. 2.13Durch die Verabreichung von 14 Antibiotikagaben entstehen Kosten von 14 CHF statt 21 CHF bei vorheriger Kostenreduktion um ca. 33% durch eine gezielte Verhandlung von Medikamentenpreisen.
Abb. 2.14Durch die Reduktion um 6 intravenöse Antibiotikagaben (hellblau) aufgrund entsprechender Kriterien und die Umstellung auf eine Therapie mit Tabletten entstehen durch die Verabreichung von lediglich 8 intravenösen Antibiotikagaben (dunkelblau) zum Preis von je 1 CHF Gesamtkosten von 8 CHF, einer weiteren Kostenreduktion von ca. 42% entsprechend, exklusive der Kosten für Tabletten.
Uns ist bewusst, dass diese Kostenreduktionen vergleichsweise gering erscheinen. Wir vertreten allerdings klar die Haltung, dass – auch im Falle einer bereits vorhandenen ökonomischen Optimierung – kleinere Kostenreduktionen ebenfalls erstrebenswert sind. Des Weiteren sprechen wir uns für die Förderung der Haltung beim medizinischen Personal aus, generell mit Ressourcen sorgfältig umzugehen, unabhängig von der Höhe einzelner Beträge.
Dieses Beispiel veranschaulicht einerseits, dass bei der Kostenreduktion im klinischen Alltag nicht nur betriebsökonomische Vorgehensweisen für eine Kostenreduktion sinnvoll sind, sondern deren Potenzial durch die Ergänzung von medizinisch-ökonomischen Ansätzen deutlich ausgebaut werden kann. Andererseits zeigt dieses Beispiel, wie durch evidenzbasiertes Vorgehen in der Medizin Kosten gespart und gleichzeitig Qualität, Patientenzufriedenheit und u.U. das Outcome positiv beeinflusst werden können:
Durch das Umsetzen von Kriterien einer entsprechend publizierten Studie (9) setzt das behandelnde Personal neueste wissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis um und stellt so eine qualitativ hochwertige Patientenbetreuung sicher.
Durch die Verabreichung von Antibiotika als Tabletten ist der Patient nicht an Infusionsständer gebunden und einfacher mobil. In der Regel wird dies vom Patienten als eine positive Beeinflussung des Behandlungserlebnisses empfunden.
Durch die Vermeidung von unnötiger intravenöser Therapie kann die periphere Leitung am Patienten früher entfernt werden. Dadurch sinkt z.B. das Risiko von Blutgerinnseln und Entzündungen von oberflächlichen Venen (= Thrombophlebitiden), und das Outcome der Behandlung als solches kann positiv beeinflusst werden.
An dieser Stelle sei angemerkt, dass die Adhärenz der Umsetzung dieser kostensenkenden Massnahme auch an die Belastung des Personals gebunden ist. Bei zunehmender Belastung des pflegerischen und ärztlichen Personals sinkt im Allgemeinen die Adhärenz einer oben beschriebenen erfolgreichen und dauerhaften Umsetzung.
Die zwei wichtigsten Botschaften dieses Beispiels sind eindeutig:
Erstens lassen sich durch das Verknüpfen von rein betriebsökonomischem Denken mit medizinischem Denken weitere sinnvolle Kostenpotenziale ausschöpfen. Ausserdem können Wege zu Kosteneinsparungen Qualität, Patientenzufriedenheit und Outcome positiv beeinflussen.
Zweitens lässt sich das Prinzip dieses Beispiels ebenfalls übertragen auf andere Bereiche: Zusätzlich zur Verhandlung von guten Konditionen mit dem Anbieter von Laborleistungen lassen sich Häufigkeit und Umfang von Blutentnahmen medizinisch vertretbar reduzieren, ohne dass die Qualität der Behandlung gesenkt wird. Zusätzlich zur gezielten Einkaufspolitik von Knochenersatzmaterial z.B. beim Einsatz bei Wirbelkörperversteifungen (= Spondylodesen) lässt sich die Indikation für spezielles, teures Material festlegen mit dem Ziel, dass – sofern medizinisch vertretbar – auch kostengünstigeres Material verwendet wird. Zusätzlich zu erreichten Einsparungen beim Einwegmaterial wie Dauerkathetern lässt sich die Häufigkeit des Einsatzes dieser Katheter bei inkontinenten Patienten z.B. durch die Kenntnisse von „Choosing-Wisely“-Empfehlungen vermeiden (10), sodass wiederum das Risiko von Katheterassoziierten Infekten sinkt etc.
Im Jahre 2010 veröffentlichte das NEJM den in der Zwischenzeit weltbekannten Artikel von Michael Porter, Professor der Harvard Business School, zum Thema „What is Value in Health Care“ (11). In diesem Artikel, aber auch bereits in vorhergehenden Publikationen, vertritt Michael Porter seine zentrale Idee, dass der Nutzen (= „Value“) einer Behandlung nicht nur am Erfolg einer isolierten Prozedur oder allgemeinen, „klassischen“ Outcome-Parametern wie der Mortalitätsrate gemessen werden darf. Die Beurteilung des Nutzens einer Behandlung sollte anhand von Werten erfolgen, die für den Patienten wichtig sind („health outcomes“, „outcomes that matter to patients“), die multidimensional sind und u.a. auch den funktionellen Status von Patienten, die Zufriedenheit von Patienten und die Nachhaltigkeit einer Therapie beurteilen und somit auch das Patientenerlebnis reflektieren. Gleichzeitig sollte das Ziel des möglichst hohen Patientennutzens noch finanzierbar bleiben. So sind z.B. nach totaler Entfernung der Prostata (= radikale Prostatektomie) nicht nur die Kosten der Behandlung interessant oder Parameter wie Rehospitalisations-, Mortalitäts- oder Infektraten, sondern auch für die Patienten enorm wichtige Aspekte wie z.B. eine neu aufgetretene Inkontinenz oder eine allenfalls beeinträchtigte Sexualfunktion.
Der von Porter angegebene Nutzen („Value“) einer Behandlung ist somit definiert als das Verhältnis von „health outcomes“ einerseits und den dafür aufgewendeten Kosten andererseits. Die inzwischen weit verbreitete und vielzitierte Formel, angelehnt an Michael Porter, ist im Folgenden dargestellt. Als „health outcomes“ im Zähler dieser Gleichung werden heutzutage häufig „klassische“ und patientenorientierte Outcome-Daten und die Patientenzufriedenheit verwendet, der Nenner dieser Gleichung wird durch die Kosten der Behandlung repräsentiert.

Gemäss oben beschriebener Formel lässt sich also der Nutzen einer Behandlung auch erhöhen, indem die Kosten einer Behandlung gesenkt werden. Wir werden im weiteren Verlauf dieses Buches immer wieder unter dem Stichpunkt „Nutzen einer Behandlung“ auf diese Formel verweisen.
Abb. 2.15Häufig verstandener Zusammenhang resp. geäusserte Besorgnis zwischen Kosten und Qualität. „?“: Gibt es Projekte oder Massnahmen, die im Gesundheitswesen Kosten senken können unter Wahrung oder sogar Steigerung der Behandlungsqualität?
Des Weiteren werden wir regelmässig Stellung nehmen zu der Frage, ob durch Kosteneinsparungen auch die Qualität – definiert als die Summe aus Outcome und Patientenzufriedenheit – nicht nur erhalten, sondern auch gesteigert werden kann. Wir sind uns bewusst, dass dies eine gewagte Theorie ist, sind allerdings auch der Meinung, dass eine Senkung der Kosten nicht automatisch zu einer Kompromittierung der Qualität führen darf. Abbildung 2.15 veranschaulicht den häufig angenommenen Zusammenhang zwischen Qualität und Kosten (12).
Zusätzlich dazu schildern wir unsere Erfahrungen aus der Praxis bei der Umsetzung der einzelnen Massnahmen. Hierbei spielen u.a. folgende Fragen eine Rolle:
Wie lange dauert die Umsetzung einer bestimmten Massnahme oder eines Projektes? Handelt es sich um sogenannte „Quick Wins“ mit ersten Erfolgen nach wenigen Monaten oder sind erste Effekte erst nach deutlich längerer Zeit zu erwarten?
Welche Hindernisse gilt es für eine erfolgreiche Umsetzung einzelner Massnahmen zu bewältigen?
Welche spezielle Expertise braucht es bei der Umsetzung?
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