Kitabı oku: «Loslassen lernen», sayfa 3

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ÜBUNG

Atemmeditation

Sitzen Sie in entspannter Haltung mit aufrechtem Rücken auf einem Stuhl oder einem Kissen am Boden, halten Sie Ihre Augen halb geöffnet, fixieren Sie aber nichts.

Wie fühlt es sich an zu atmen? Versuchen Sie, Ihren Atem bewusst wahrzunehmen.

Lassen Sie ihre Aufmerksamkeit ruhig auf Ihrem Ein- und Ausatmen ruhen.

Spüren Sie, dass der einströmende Atem etwas kühler ist. Spüren Sie, dass der ausströmende Atem etwas wärmer ist. Warten Sie, dass der Atem fließt, und folgen Sie ihm, wenn er kommt und geht.

Kommen gewohnte Gedanken über Pläne für den Tag in Ihnen hoch, dann kehren Sie sanft, aber beharrlich wieder zum Atem zurück. Erinnern Sie sich daran, dass Sie in diesem Augenblick bewusst und wach sein wollen.

Kommen gewohnte, ungute Gefühle hoch, lassen Sie sie einfach durch sich hindurchziehen, während Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit beim Atem verweilen.

Spüren Sie eine Spannung, einen Schmerz im Rücken, so versuchen Sie, dies offen wahrzunehmen, ohne sich damit zu identifizieren. Bemerken Sie, wie der Schmerz kommt und geht, während Sie auf den Atem fokussiert sind.

Wann immer Sie zum Atem zurückkehren, kehren Sie zum vollen Gewahrsein dieses Augenblicks zurück.

Eins mit dem Atem zu sein bedeutet, eins mit dem Leben und der Welt zu sein.

Öffnen Sie am Ende der Meditation wieder vollständig Ihre Augen und spüren Sie Ihren aufgerichteten Körper.

Stehen Sie dann bewusst auf, und versuchen Sie das Gewahrsein, das Sie während der Meditation entwickelt haben, in jede Aktivität und in jede zwischenmenschliche Begegnung an diesem Tag mitzunehmen.

Greifen und Festhalten

Nicht-Denken bedeutet, alles mit einem Geist zu sehen und zu kennen, der frei davon ist, nach etwas zu greifen. Wenn Nicht-Denken geschieht, durchdringt es alles und bleibt doch nirgends haften.

DER SECHSTE PATRIARCH HUINENG

Anhaften oder nicht anhaften?

Greifen und Festhalten ist ein ursprüngliches, primitives Muster. Wir haben oft das Gefühl, dass die Welt irgendwie klebrig ist, oder dass wir es sind, und dass die Dinge an uns hängen bleiben. Jedes Mal, wenn wir durch unsere Sinne in Kontakt mit einem Objekt kommen - einem visuellen Objekt, Geräuschen, Gerüchen, Geschmäcken, Empfindungen oder Gedanken -, dann hat das Muster des Greifens und Festhaltens die Gelegenheit, sich zu manifestieren. Sobald wir zum Beispiel etwas betrachten, identifizieren wir uns damit: »Ich« sehe eine Blume, wird schnell zu »ich« mag diese Blume, »ich« will diese Blume für »mich«. Wir sagen nicht innerlich: »Da ist eine Blume, die Blume existiert, oder die Blume wird wahrgenommen.« Wenn »ich« einen Gedanken habe, sage ich weder zu mir: »Da ist ein Gedanke«, noch erfahre ich es so. Stattdessen ist es sofort »mein« phantastischer Gedanke oder »mein« schrecklicher Gedanke. Ein Problem wird sofort »mein« Problem und das einzige, was in diesem Augenblick in meinem Leben existiert.

Wenn wir nicht mehr greifen und festhalten, dann kann unsere Erfahrung weiter werden, und wir können uns auf die Welt in einer offenen Weise einlassen. Auf diese Weise reinigen wir unseren Geist. Diese Reinigung hat nichts damit zu tun, perfekt oder heilig zu werden, noch nicht einmal damit, alle Unreinheiten loszuwerden. Diese Art der Reinigung bedeutet, mit der Welt in Kontakt zu sein, ohne festzuhalten, sie bedeutet, Ereignissen und Bedingungen zu begegnen, ohne an ihnen zu haften oder von ihnen gestört zu werden.

Durch Identifikation mit dem, was wir wahrnehmen und erfahren, verfestigen wir uns und das Objekt der Wahrnehmung. Dadurch reduzieren wir uns auf das, nach dem wir greifen. Indem wir uns auf das reduzieren, nach dem wir greifen, messen wir dem Objekt eine größere Bedeutung bei als nötig, und dann kleben wir wirklich fest. Wir fühlen uns gelähmt und unfrei. Der Gedanke besitzt mich, anstatt dass ich einen Gedanken habe.

Durch solches Tun und Denken vergrößern wir die Macht eines Gedankens ungemein.

Dieser Mechanismus wird auch an folgendem Beispiel gut deutlich. Ich besitze eine kleine goldene koreanische Schale, die mir sehr viel bedeutet. Weil sie mir gehört und kostbar ist, halte ich sie fest. Körperlich halte ich sie in meiner Hand, ich umschließe sie mit meiner Faust. Wenn ich das eine Zeitlang mache, werde ich einen Krampf im Arm bekommen. Darüber hinaus kann ich meine Hand für nichts anderes benutzen, was bedeutet, dass ich an dem festklebe, was ich festhalte. Die Lösung für dieses Muster des Greifens und Festhaltens liegt natürlich nicht darin, die greifende Hand oder das festgehaltene Objekt loszuwerden. Das wäre zu drastisch. Das Objekt hat nicht danach verlangt, festgehalten zu werden, selbst wenn es durch Werbung und Aufmachung ungemein verführerisch gemacht wurde. Meditation kann mir dabei helfen, die Hand sanft zu öffnen: Das Objekt kann dann in meiner Hand ruhen; darin liegt die Möglichkeit von Bewegung und Freiheit.

Negatives Greifen

Wir greifen auf zweierlei Weise: durch Wollen und durch Zurückweisen. Wenn wir etwas ablehnen und zurückweisen, dann greifen wir danach mit umgekehrtem Vorzeichen, und derselbe Prozess der Identifikation, Verfestigung, Isolation, Begrenzung und des Aufbauschens vollzieht sich. Erinnern Sie sich daran, als Sie das letzte Mal jemanden gehasst haben. Sie konnten es nicht ertragen, diesen Menschen zu sehen. Begegneten Sie ihm zufällig, so fielen Ihnen sofort all seine Fehler auf, und er ging Ihnen ständig im Kopf herum. Wenn wir ablehnend greifen, dann klammern wir uns eng an das Objekt oder den Menschen und wenden dabei viel Energie auf. Dieser Mechanismus ist der Grund für einiges an Anspannung und Erschöpfung in unserem Leben.

Vor einigen Jahren nahm ich in einem neuen Meditationszentrum in den USA an einem einmonatigen Retreat teil. Wie es dabei üblich ist, musste ich täglich eine Stunde lang arbeiten. Da ich gern Gemüse schneide, entschied ich mich dafür, um acht Uhr morgens zu arbeiten und das Gemüse für das Mittagessen, unsere tägliche Hauptmahlzeit, vorzubereiten. Es gab dreißig Retreat-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer, so dass eine Menge Gemüse zu schneiden war.

Ich habe einen schwachen Magen und kann überhaupt keine Paprika essen - doch unsere Köche schienen eine große Vorliebe gerade für dieses Gemüse zu haben, und so wurde ich jeden Tag von dem Anblick eines neuen Berges von Paprikaschoten begrüßt. Ich wusste dann auch, dass es mindestens ein Hauptgericht gab, das ich nicht würde essen können. Da sich das täglich wiederholte, hatte ich ausreichend Gelegenheit, mich aufzuregen. Ich bemerkte, dass ich die Wahl hatte, nach den Paprikaschoten zu greifen oder nicht, sie als Hindernis für meine Meditation zu identifizieren oder nicht.

Eines Nachmittags beobachtete ich, wie die Wolken am Himmel dahinzogen. Da erkannte ich, dass die Paprikaschoten für mich wie die Wolken am Himmel sein könnten. Ich könnte ihrem Anblick in ebenso offener Weise begegnen wie den Wolken. Die geistige Sammlung ermöglichte es mir, eine innere Weite zu finden, wenn ich mit den Paprikaschoten in Kontakt kam, und das Erkunden half mir, die negativen Konsequenzen zu erkennen, die mein Greifen hatte. So konnte ich mit ihnen in leichterer Weise umgehen.

Als ich aus Korea zurück in Europa war und dann in England in einer buddhistischen Gemeinschaft lebte, war ich dort zehn Jahre lang für die Reinigung des Hauses zuständig.

Zu den gefürchtetsten Momenten gehörte für mich das Reinigen der Bäder, speziell der Toiletten: Was würde ich in der Toilettenschüssel vorfinden? Wenn dort noch Reste waren, wandte ich mich in großem Ekel ab und spülte sie schnell hinunter. Eines Tages, während eines gemeinschaftlichen Meditations-Retreats, begann ich wie üblich meinen Putzjob. Ich kam ins Bad, war sehr ruhig, hob den Toilettendeckel und sah einen großen, braunen Haufen in der Schüssel liegen. Diesmal regte ich mich nicht auf. Ich nahm ihn sorgfältig mit Interesse und Unvoreingenommenheit wahr und sah, dass er nur Materie war - nicht mehr und nicht weniger. Ich spülte ihn hinunter, da es mein Job war, ihn wegzuschaffen.

In diesem Moment gab es keinen Aufruhr in mir - nur Klarheit und Offenheit. Es gab auch keine Übertreibung. Die Meditation hatte in mir die innere Weite geschaffen, aus der heraus ich die Dinge anders sehen konnte.

Das Problem haben wir nicht mit einer Sache als solcher, sondern mit deren Übertreibung als etwas Schreckliches.

Das konnte ich ebenfalls ganz deutlich sehen, als meine Großmutter krank und inkontinent war. Ich kümmerte mich einige Tage allein um sie, und eines Morgens hatte sie auf dem Teppich in ihrem Schlafzimmer überall kleine Häufchen hinterlassen. Als ich ins Zimmer kam, um ihr aufzuhelfen, sah ich diese nicht, trat hinein und verteilte alles überall hin, bis ich schließlich merkte, was sie getan hatte und was ich. Für einen Moment fühlte ich mich wie gelähmt und spürte den gewohnten inneren Aufruhr an Panik, Wut und Hilflosigkeit angesichts einer unerwarteten und schwierigen Situation. Doch ich erkannte, dass er unnötig war. Ich brauchte ihn nicht, und er würde mir auch nicht helfen, besser mit der Situation umzugehen. Im Gegenteil, er würde alle Weisheit und alles Mitgefühl abtöten.

Ich maß dem, was ich da vor mir sah, keine zu große Bedeutung bei, sondern entschied mich, die Situation so zu bewältigen, wie sie war. Ich erkannte, dass man sogar mit einer solchen Situation geschickt und mitfühlend umgehen kann. Es war nur notwendig, eins nach dem anderen zu erledigen - zuerst die Großmutter waschen, dann das Schlafzimmer putzen, danach das Esszimmer und zum Schluss die Küche. Ich war überrascht, dass ich all das in einer Stunde geschafft hatte, ohne mich abzuhetzen. Wenn ich nicht festhielt und nicht übertrieb, dann konnte ich, so meine Erfahrung in dieser Situation, effizienter und entspannter sein.

Der Welt der Sinne begegnen

Unsere Begegnung mit der Welt geschieht auf mehreren Ebenen: Wir sehen eine Blume, wir erkennen sie als eine Blume, wir sehen ihre Farbe, wir fühlen ihre Blütenblätter, und wir können ihren Duft riechen.

Doch können wir, wenn wir etwas sehen, es wirklich sehen, ihm auf eine nicht festhaltende, nicht übertreibende Weise begegnen? Wenn wir uns mit dem Gesehenen in irgendeiner Weise identifizieren, ergibt sich daraus der Prozess des Greifens und Festhaltens - gefolgt von Abgrenzung, Beschränkung, Aufbauschen und Übertreiben.

Wenn ich in einem Schaufenster ein schickes, aber teures Kleid sehe, sehe ich es dann als Kleid, das total »in« ist und das »ich« unbedingt haben muss, um mich besser zu fühlen und meine Freundinnen zu beeindrucken? Oder sehe ich es als schickes, farbenfrohes, gut geschnittenes Kleid, das ich anprobieren könnte, wenn ich das nötige Geld und die Zeit dazu habe? Im ersten Fall werden sich viele Gedanken und Gefühle um dieses Kleid ranken. Im anderen Fall wird mehr Leichtigkeit und Offenheit vorhanden sein, da wir dem Objekt nicht so besessen begegnen. Unsere Identität hängt schließlich nicht davon ab, ob wir es kaufen und besitzen.

Als Zen-Nonne besuchte ich regelmäßig zwei koreanische Zen-Meister. Bemerkenswert an ihnen war für mich, dass sie nie angespannt wirkten. Ich nahm eine große innere Weite an ihnen wahr. Oft kam ich mit etwas zu ihnen, das mich belastete, doch es verflüchtigte sich während meines Besuchs. Ihre innere Weite und Offenheit, ihr »Nicht-Festhalten« schienen ansteckend zu sein. Uns kann es auch so gehen, wenn wir nach nichts greifen und unser Herz offen ist. Wir können dann dem Augenblick kreativ begegnen und uns ganz auf ihn einlassen.

Sehen

Im Jahr 2004 kehrte ich nach vielen Jahren wieder einmal nach Korea zurück. Alles hatte sich verändert, Hochhäuser waren überall aus dem Boden geschossen, selbst auf dem Gelände eines kleinen Tempels in einem Außenbezirk von Seoul, der einem befreundeten Mönch gehörte. Dieser Tempel hatte sich einmal in ländlicher Umgebung, inmitten von Hügeln und Kiefernwäldern, befunden. Im Hintergrund waren zwar immer noch die grünen Hügel zu sehen, doch vorne blickte man nun auf hohe Gebäude, die zehnmal höher als der Tempel waren. Ich wunderte mich, wie mein Freund dort leben konnte. Doch es wäre natürlich sinnlos und schmerzlich, diese Hochhäuser zu hassen, weil sie dort nicht mehr verschwinden werden. Mein Freund sieht sie stattdessen als das, was sie sind, groß und hoch mit einer Menge von Menschen darin, die eine Wohnung brauchen und ebenfalls die Buddha-Natur, das Potenzial des Erwachens, besitzen.

Meditation ermöglicht es, hinter die einfache, unmittelbare Erscheinung der Dinge, auf die Bedingungen ihres Entstehens zu schauen. Dadurch wird unser Kontakt mit der Welt reicher und vielfältiger.

Während eines Retreats in Massachusetts unternahm ich jeden Tag auf den verschneiten Pfaden lange meditative Spaziergänge. Im Wald wuchsen hier und da Birken. Ich liebe diese Bäume, sie sind so hochgewachsen, aufrecht und weiß. Ich schaute sie mir an, wie sie im Schnee standen. Für eine Weile kommunizierte ich mit ihrer Schönheit, ohne dass dies in meinem Geist etwas in Bewegung setzte, doch dann begann ich, festzuhalten und es ausufern zu lassen. »Hmm, ich mag diese Bäume einfach. Es wäre schön, sie in meinem Garten zu haben. Der müsste eigentlich groß genug dafür sein. Wo kann ich solche Bäume herbekommen? Vielleicht gibt es sie in dem Gartencenter in der Nähe von Bordeaux?« - Zu diesem Zeitpunkt war ich schon nicht mehr bei den Bäumen, ich war in Frankreich, in der Zukunft.

Ich will damit keineswegs sagen, dass wir Schönheit nicht wahrnehmen und wertschätzen sollten, sondern dass Wahrnehmung und Wertschätzung verschwinden, sobald wir greifen, festhalten und planen, denn das Greifen, Festhalten und Planen entfernt uns von der eigentlichen Erfahrung.

Was wir in Bezug auf sichtbare Dinge oftmals tun, ist, visuell nach etwas zu greifen, was gar nicht da ist. Das ist besonders schädlich: Im Jahr 2000 zogen mein Mann und ich von England nach Frankreich. Unser neues Haus musste renoviert werden. Im Dachgeschoss richteten wir das Büro meines Mannes und einen kleinen Meditationsraum ein, aber wir benötigten eine Treppe, um in diese Räume zu gelangen. Ich hatte die Vision von einer wunderschönen Holztreppe. Es war jedoch schwierig, einen guten Zimmermann zu finden, und in unserer Verzweiflung fragten wir den einzigen, den wir finden konnten. So bekamen wir nicht die erträumte Treppe, sondern eine sehr funktionale aus Kiefern mit steilen Stufen.

Wann immer ich sie benutzte, hatte ich ein zwiespältiges und eher widerwilliges Gefühl, bis ich dem Aufmerksamkeit schenkte. Ich bemerkte, dass ich jedes Mal, wenn ich sie sah, - de facto zwei Treppen nah beieinander sah - die eine, die da war, und die andere, erträumte, die nicht da war. Ich begegnete der vorhandenen Treppe nicht, wie sie war, sondern wie sie hätte sein sollen. Die Enttäuschung war also vollkommen selbstgeschaffen und unnötig. Sobald ich nun erkannte, dass ich nach etwas griff und an etwas festhielt, was nicht da war, konnte ich loslassen und friedlich die bescheidene Treppe hinaufsteigen. Sie erfüllte ihre Aufgabe immerhin gut.

Nehmen Sie wahr, wenn Sie nach etwas greifen oder etwas festhalten wollen, das nicht da ist. Gehen Sie vielleicht auch mit einer doppelten Sicht auf die Dinge umher? Es ist schmerzlich, so zu leben, denn es schafft in Ihrem Leben ein unterschwelliges Gefühl der Enttäuschung.

Eines der Dinge, an denen wir vielleicht festhalten, ist unser Aussehen. Wir haben meist eine bestimmte Vorstellung davon, wie wir aussehen, und sind dann beim Blick in den Spiegel ganz überrascht, feststellen zu müssen, dass das Spiegelbild nicht mit unserem vorgestellten Bild übereinstimmt. Es kann sogar gefährlich sein, an einem solchen vorgestellten Bild festzuhalten. Magersucht scheint von einer extremen Form des Festhaltens an dieser Sicht herzurühren. Die magersüchtige Person hat eine falsche, verzerrte Körperwahrnehmung. Das, was sie im Spiegel sieht, entspricht nicht dem Bild in ihrem Kopf. Um diese beiden Körperbilder in Übereinstimmung zu bringen, hungert sie. Dies ist sicher ein extremes Beispiel, doch viele von uns erleben Varianten einer solchen verzerrten Körperwahrnehmung.

Lauschen

Einer der permanenten Stressfaktoren des modernen Lebens ist Lärm: Umgebungslärm, Straßenlärm, Lärm von anderen Menschen.

Als wir nach Frankreich zogen, gab es im Garten einen großen Betonbrunnen, den wir entfernen lassen wollten, doch die Wände waren extrem dick, und so musste ein Arbeiter sie mit einem Presslufthammer aufbrechen. Es war ein wunderschöner Tag, als der Arbeiter kam, und ich wollte im Garten arbeiten, ganz in seiner Nähe. Doch der Lärm war so durchdringend, dass ich mich entschied, mit meditativem Lauschen zu experimentieren.

Bei dieser Meditation lauscht man den Geräuschen, ohne sie zu analysieren, sie zu benennen, nach ihnen zu greifen oder sie zurückzuweisen. Man folgt dabei nicht den Geräuschen, sondern lässt sie zu sich vordringen. Sobald sie aufkommen, fokussiert man sich mit einem weit offenen Gewahrsein darauf.

Diese Meditation habe ich in meinem Garten praktiziert. Als ich die Blumenzwiebeln eingrub, versenkte ich mich in die Geräusche des Presslufthammers. Es war ein allumfassendes Geräusch, aber es war nicht nur ein Geräusch. Als ich dem wirklich Aufmerksamkeit schenkte und intensiv lauschte, konnte ich hören, wie diese Geräusche sich fortwährend veränderten. Ich bemerkte, dass ich mehr Gelegenheiten hatte, mich gestört zu fühlen und an dem ohrenbetäubenden Lärm festzuhalten, wenn ich mich von ihm abwandte und meine Blumenzwiebeln setzen wollte. Kehrte ich wieder zu ihnen zurück und versenkte mich in die Geräusche, ging es mir gut. Die fokussierte Aufmerksamkeit ermöglichte mir, den Lärm in großer innerer Weite zu erfahren. Doch sobald ich eine Trennung zwischen mir und den Geräuschen schuf und mich von ihnen abgesondert fühlte, entstanden Bewertungen und Abneigung. Ich konnte ganz deutlich sehen, dass ich eine Wahl hatte - Raum innerhalb des Lauschens zu schaffen oder mich und die Geräusche als zwei getrennte Dinge zu verstehen und zu fixieren, wodurch Enge und Anspannung entstanden.

Einmal unterwies ich eine Gruppe in Meditation, als ein Nachbar plötzlich bei lauter Rockmusik den Rasen zu mähen begann. Ich lud die Menschen zum meditativen Lauschen ein. Am Ende des Tages sagten mir einige, dass sie sich durch den Lärm furchtbar gestört gefühlt hätten, während andere erzählten, dass sie sich sehr offen und weit gefühlt hätten, nachdem sie sich für die Geräusche geöffnet hätten. Die Geräusche waren für alle die gleichen gewesen, ihre Haltung zu den Geräuschen aber machte den Unterschied aus. Einige, die in negativer Weise nach den Geräuschen gegriffen hatten, hatten das Gefühl, dass diese in ihren Raum, in ihr Bewusstsein eindrangen. Für sie waren die Geräusche zutiefst unangenehm. Die anderen, die sich den Geräuschen mehr öffnen konnten, schwächten dadurch deren ruhestörende Macht.

Wir müssen darauf achten, Meditation nicht mit dem Sitzen in einem stillen Raum gleichzusetzen. Ich heiße jedes Geräusch, wenn ich meditiere, als Werkzeug des Gewahrseins willkommen. Es hilft mir, im Sitzen, Stehen, Gehen und Lauschen zum gegenwärtigen Moment zurückzukehren und mich lebendig zu fühlen. Lausche ich meditativ, dann sind Geräusche nicht störend. Sie werden Teil der Musik des Lebens. Sie erinnern mich an meine Verbindung zur Welt.

Auf der anderen Seite müssen wir vorsichtig damit sein, eine laute Umgebung nicht als Mittel zu nutzen, um uns davon abzubringen, uns unserer Gedanken, Gefühle und Empfindungen bewusst zu werden und ihnen zu lauschen. Die moderne Welt scheint so voller Geräusche und Musik zu sein, um uns abzulenken oder einzulullen, dass Stille dann durchaus bedrohlich wirken kann. Wie können wir Freiheit und Wohlbefinden sowohl im Lauschen der Stille als auch im Lauschen der Geräusche des Lebens erlangen?

Einflussreiche Worte

Wann immer jemand etwas zu Ihnen sagt, versuchen Sie wahrzunehmen, wie sehr Sie von diesen Worten beeinflusst werden. In einem Augenblick geht es Ihnen gut, im nächsten sind Sie wütend auf jemanden, der ihnen zwar persönlich nichts getan hat, doch über den eine Freundin Ihnen ständig in den Ohren liegt. Wenn Ihnen jemand etwas Negatives über eine andere Person erzählt, wird Sie das beeinflussen, es sei denn, Sie sind sehr stark. Kritisiert jemand Sie wiederholt, müssen Sie schon außergewöhnlich selbstbewusst sein, um nicht von diesen Worten negativ beeinflusst zu werden und sich schlecht zu fühlen. Es ist eines der Geschenke der Meditation, Ihnen dabei zu helfen, stabil und beständig präsent zu sein. Sie ermöglicht Ihnen, so geerdet zu sein wie ein Berg und zur selben Zeit so unermesslich weit wie ein Ozean. Diese Qualitäten sollten wir zu kultivieren versuchen, wann immer wir einem anderen Menschen zuhören.

Einmal warf mir jemand bei einem Treffen vor, rechthaberisch zu sein, und sagte mir wiederholt, ich solle aufhören, immer alles zu organisieren. Es war sehr schmerzlich, das zu hören, doch ich nahm es an und versuchte, mich deswegen nicht schlecht zu fühlen, sondern die Situationen zu betrachten, in denen es sinnvoll war, zu organisieren, und solche, in denen es besser war, dies nicht zu tun. Als ich diese Gewohnheit von mir untersuchte, konnte ich sehen, dass ich sehr praktisch und bodenständig war, was oft sehr passend sein konnte. Doch übertrieb ich es, dann konnte das auf andere sehr störend wirken, was mich wiederum gereizt und angespannt werden ließ.

Ein anderes Mal beschuldigte mich ein Mitarbeiter in sehr harten Worten aller möglichen Dinge. Während er sprach, wurde mir klar, dass dieser Ausbruch nichts mit irgendetwas zu tun hatte, was ich gesagt oder getan hatte. So hörte ich ohne inneren Aufruhr zu, denn ich konnte mich mit dem Gesagten nicht identifizieren. Zur gleichen Zeit konnte ich sehen, wie er in Fahrt war und dass nichts, was ich sagen könnte, ihn stoppen würde, und so wartete ich, bis er zu Ende geredet hatte. Am Ende seiner Attacke sagte ich ruhig, dass ich nicht seiner Meinung sei, und ging. Später entschuldigte er sich bei mir, und ich nahm seine Entschuldigung an.

Was kann Ihnen helfen, ruhig und offen zu bleiben? Unter welchen Bedingungen sind Sie stark und zuversichtlich, unter welchen nicht? Die geistige Sammlung in der Meditation wird Ihnen helfen, allgemein ruhiger zu werden und sich stärker und stabiler zu fühlen. Wenn Sie das Erkunden kultivieren, wird Sie das befähigen, Situationen nicht mehr in einer eindimensionalen, sondern in einer mehrdimensionalen Weise zu begegnen. So können Sie kreativ antworten und reagieren.

Riechen

Auch nach Düften und Gerüchen können wir greifen und sie festhalten. Wenn unser Riechsinn gut funktioniert, dann eröffnet sich uns ein wahrer Reichtum an Gerüchen. Das kann ein großes Geschenk sein, wenn wir aufmerksam dafür sind. Wir können uns zum Beispiel am berauschenden Duft von Blumen erfreuen, dem würzigen Parfüm eines nahen Freundes oder dem intensiven Geruch von frischgebackenem Brot. Durch Meditation können wir uns der Gerüche bewusster werden. Wenn wir nicht nach ihnen greifen, werden sie für uns präsenter.

Ich probiere gern neue Sachen aus und liebe Parfüms und Düfte, doch ich reagiere allergisch auf Parfüm und kann keins auf meiner Haut vertragen. Wann immer ich an einem Flughafen durch die Parfümabteilung des dortigen Duty-free-Shops gehe, werde ich von diesen beiden kombinierten Mustern von Ausprobieren und Anziehung herausgefordert. Komme ich durch meinen Riechsinn in Kontakt mit den Parfüms, ist die Versuchung, sie auszuprobieren und aus Spaß etwas auf mein Handgelenk zu sprühen, groß. Ich kann den starken Impuls, das zu tun, deutlich spüren, es ist wie ein Sog. Meine Flughafen-Meditation ist es dann, der Verlockung der Düfte zu widerstehen und mir ihrer gleichzeitig voll bewusst zu sein. Das ist der Test, den Gerüchen zu begegnen und sie wahrzunehmen, ohne sie besitzen zu wollen, ohne nach ihnen zu greifen und sie festzuhalten.

Wir können auch mit unangenehmen Gerüchen praktizieren. Eine Nachbarin von mir verbrennt regelmäßig Plastikabfall in ihrem Garten. Wir haben sie gebeten, das nicht zu tun, doch es scheint das Einzige zu sein, was sie gesetzeshalber mit dieser Art Plastikmüll tun darf. So ist das zu meiner Geruchsmeditation geworden. Wenn der Geruch des verbrennenden Plastiks zu mir herüberweht, nehme ich wahr, wie er kommt und geht. Ich übertreibe ihn nicht - bin allerdings, wie wohl jede und jeder andere auch, froh, wenn das Feuer niedergebrannt ist und ich wieder frische Luft atmen kann.

Essen

Auch beim Essen vollzieht sich der Prozess des Greifens. Wir essen ein Stück Schokoladenkuchen, und es fällt uns schwer, nicht noch ein zweites zu essen, wenn wir die Möglichkeit dazu haben. Wie oft aber haben wir uns hinterher schwer und vollgestopft gefühlt und es bereut, mehr gegessen zu haben, als unser Magen gut verdauen kann.

Das ist eine schwierige Gewohnheit, denn sie hat auch mit unseren Überlebensmustern zu tun. Wir müssen essen. Mit der Zeit können wir gesündere Essgewohnheiten entwickeln; indem wir uns bewusst sind, was wir essen und wie viel. Doch wir können auch destruktive Essgewohnheiten entwickeln, indem wir zu viel oder zu wenig oder die für unseren Körper falschen Dinge essen.

Leider ist es sehr leicht, zu viel zu essen, mehr zu essen, als der Körper braucht. Auch dies geschieht durch den Mechanismus des Greifens. Sie können es an kleinen Kindern sehen - sie essen das, was sie mögen, so lange, bis ihnen schlecht wird. Wenn Sie zu viel von etwas essen, dann greifen Sie nach dem guten Geschmack, den Sie erfahren, doch Sie greifen auch nach der Vorstellung von Glück, die mit dem Geschmack verbunden ist. Wenn Sie allerdings meditativ essen, dann werden Sie der Farben, der Gerüche, der Konsistenzen und Geschmäcker der Speisen gewahr. Sie sind sich jedes Bissens bewusst. Sie müssen sich nicht mit Essen abfüllen, sondern Sie essen in voller Bewusstheit.

Nach Neuem greifen

Essen kann uns auch etwas über das Greifen nach Neuem lehren - und wie kräftezehrend das sein kann.

Sie haben vielleicht eine Lieblingsspeise, die Sie lange nicht mehr gegessen haben. Eines Tages essen Sie sie wieder, und es ist, als äßen Sie sie zum ersten Mal. Es ist eine wunderbare Erfahrung - ein wunderbarer Geschmack. Sie haben das Gefühl, Sie hätten dieses Gericht noch nie zuvor in dieser Weise erfahren. Sie bereiten das Gericht wieder, in genau der gleichen Weise, zu, oder Sie gehen in dasselbe Restaurant, aber die Erfahrung ist nicht die gleiche. Sie können dieses unbeschreibliche Etwas, das die Speise am anderen Tag noch hatte, nicht wiederentdecken. - Was Sie nicht wiederentdecken können, ist die neue Erfahrung. Sobald Sie etwas neu erfahren haben, wird es nie mehr neu für Sie sein.

Der thailändische buddhistische Lehrer Ajahn Chah sagte, dass Delikatessen wie Bambussprossen oder Spargel, täglich gegessen, ganz schnell keine Delikatessen mehr für uns wären. Wir würden uns daran gewöhnen und nach etwas anderem, etwas Neuem Ausschau halten.

Wir versuchen fortwährend, aufregende, neue Dinge zu finden und dann zu den nächsten und wieder nächsten überzugehen, denn eins nach dem anderen wird zu einer alten Erfahrung. Wenn wir sie wiederholen wollen, erfahren wir aber nicht mehr das Besondere der ersten Begegnung, des ersten Augenblicks. Können wir uns von einem Muster der ständigen Stimulierung weg- und zu einer wertschätzenden Reaktion hinbewegen? Jeder Augenblick des Lebens ist ein Mysterium; wir sind fähig, zu atmen, zu sehen, zu hören, zu riechen und zu schmecken. Wir sind komplexe, in diesem Moment lebendige Organismen. Können wir die Schönheit des reinen Mysteriums dieses Lebens wiederentdecken?

Meine fünfjährige Nichte lebte mit meiner Mutter einmal eine Zeitlang in der Wohnung unter uns. Eines Abends tauchte sie plötzlich bei uns auf, als wir uns nach unserer Gartenarbeit bei klassischer Musik ausruhten. Sie sah uns an und sagte, dass sie nun tanzen werde. Dann tanzte sie eine halbe Stunde lang zur Musik von Schubert, und wir sahen ihr dabei zu. Sie überprüfte oft, ob wir auch aufmerksam nach ihr schauten, und wir genossen es, ihrem Tanzen zuzusehen, der Musik zu lauschen und dabei ruhig auf dem Sofa zu sitzen. Es war ein ganz besonderer Moment zwischen ihr und uns, sehr liebevoll, warm und wertschätzend. Dann ging sie, um zu essen und ins Bett zu gehen. Am nächsten Tag kam sie wieder zu uns und wollte, dass ich Musik auflegte, zu der sie tanzen konnte. Sie versuchte zu tanzen, aber diesmal ging es irgendwie nicht richtig, und ich musste mehrere Male die Musik wechseln. Doch auch dann ging es immer noch nicht. An den folgenden Tagen versuchte sie es erneut. Sie wollte die Schönheit des vergangenen Momentes wiederentdecken. Doch dieser eine Moment war unwiederholbar vergangen.

Wir müssen aufpassen, dass wir nicht versuchen, eine neue Erfahrung mit alten Zutaten auszustatten. Jeder Augenblick kann ein neuer aufregender Moment sein, aber nur wenn wir uns ihm von neuem öffnen. Jede Aktivität, die wir mögen, jede Speise, die wir gern essen, können wir genießen, wenn wir nicht in einer fixierenden Weise nach ihr greifen.

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