Kitabı oku: «Gefühle sind veränderbar», sayfa 2
11 Mutmach-Tipps für Eltern, die ihren Kindern Selbstvertrauen vermitteln wollen:
1 Lieben Sie Ihr Kind bedingungslos, so wie es ist!
2 Entdecken und fördern Sie seine Begabungen!
3 Trauen Sie ihm etwas zu und glauben Sie an Ihr Kind!
4 Praktizieren Sie ungeteilte Aufmerksamkeit. Schenken Sie Zeit mit Qualität!
5 Loben Sie Ihr Kind konkret für alles, was es gut macht.
6 Ermutigen Sie Ihr Kind zur Selbstständigkeit. Übertragen Sie ihm Verantwortung für Aufgaben, die seinem Alter entsprechen.
7 Sie fördern Ihr Kind, indem Sie es fordern! Geben Sie ihm die Chance zu echten Erfolgserlebnissen!
8 Vermeiden Sie entwertende Bemerkungen: „Du-kannst-bist-wirst-nichts!“
9 Stellen Sie keine Vergleiche mit „besseren“ Kindern an: „Deine Schwester kommt in der Schule viel besser mit als du!“
10 Lassen Sie Ihr Kind für sich selbst sprechen!
11 Leben Sie als Mutter und Vater ein gutes Modell für eine gesunde Selbstachtung vor!
Das James-Bond-Syndrom: Wie Minderwertigkeitsgefühle ausgeglichen werden
Leinwand-Agent 007 vom britischen Geheimdienst ist ein Musterbeispiel für den immer siegreichen, smarten, potenten Typen auf Platz eins. Er spiegelt die Heldenträume vieler Menschen wider. Jeder sehnt sich danach, auf der Hitliste seiner Mitmenschen einen vorderen Platz zu belegen. Einmal aus dem Schatten der Bedeutungslosigkeit ins Rampenlicht treten: beachtet, ernst genommen werden, Konkurrenten übertreffen, besser ankommen als andere. Wie James Bond selbst in ausweglosen Situationen Herr der Lage bleiben, niemals aufgeben und unverwundbar den Schurken und Bösewichten Paroli bieten. Übermensch Bond weiß alles, nur nicht, wie sich Minderwertigkeitsgefühle anfühlen.
Im realen Leben entwickeln „normale“ Menschen ihre eigenen Strategien, um Minderwertigkeitsgefühle auszugleichen. Weil es unerträglich ist, dauerhaft auf der Minusseite des Lebens zu vegetieren, suchen sie einen Weg aus dem Schatten ihrer Schwächen in ein bedeutungsvolleres Licht. Wer sich klein und wertlos empfindet, entdeckt früher oder später Möglichkeiten, seine Minderwertigkeitsgefühle ins Gegenteil zu verkehren. Er will Schwächen ausgleichen und beseitigen. Die Psychologie spricht von Kompensation. Dabei schießt man schnell über das Ziel hinaus. Man überkompensiert Minderwertigkeitsgefühle. Je schwächer man sich fühlt, umso stärker muss man dastehen, je kleiner man sich selbst sieht, umso größer will man gesehen werden. So verkehren sich Minderwertigkeitsgefühle ins Gegenteil. Minderwertigkeitsgefühle und Über-Kompensation gehören zusammen wie siamesische Zwillinge. Über-Kompensationen dienen als Ersatzbefriedigungen. Sie sind keine echten Hilfen, um Selbstwertprobleme zu meistern.
Ob Macht, Status, Leistung, Geld oder Anerkennung – alle Über-Kompensationen versprechen, den eigenen Wert zu steigern. Sicher erhöhen sie die Lebensqualität. Anerkennung und finanzielle Sicherheit tun gut. Problematisch wird es aber immer dann, wenn sie als vermeintliche Glücksbringer einen zentralen Stellenwert einnehmen. „Wenn ich dies oder jenes besitze oder erreiche, dann gewinnt mein Leben Wert, und ich bin glücklich!“ Solange diese Attribute des Lebens den Selbstwert hochhalten, befindet sich der Mensch in tragischer Abhängigkeit. Wehe, wenn Erfolg oder Anerkennung ausbleiben. Dann stürzt der Selbstwert in sich zusammen.
Eine trügerische Selbstwert-Gleichung
In ihrer Gedanken- und Gefühlswelt rechnen sich die meisten Menschen ihren persönlichen Wert so aus:
Erbrachte Leistung + Anerkennung durch andere = Selbstwert.
Was ich leiste und wie ich mit den Augen anderer gesehen werde, summiert sich zu meinem Selbstwertgefühl. Leistung und positives Feedback gehören zum Leben selbstverständlich dazu. Das Gefühl, etwas zuwege zu bringen und wertgeschätzt zu werden, besitzt einen hohen Stellenwert. Wer aber seinen persönlichen Wert über diese Gleichung definiert, gerät in eine sklavische Abhängigkeit.
„Schaffst du was, dann bist du was!“
Das glaubt, wer sich an seiner Leistung orientiert. Mit jeder neu erklommenen Erfolgssprosse auf der Karriereleiter steigt auch der persönliche Wert. Die Gehaltsabrechnung drückt den Marktwert in Euro und Cent aus. Und auch der gesellschaftliche Status hängt an Symbolen, an denen Leistung und Erfolg gemessen werden. Zeig mir, wo du wohnst, wie du dich kleidest, wohin die Urlaubsreise geht und welches Auto du fährst – und ich sage dir, wie erfolgreich du bist. Das erzielte Einkommen entscheidet darüber, wie ich gesellschaftlich ankomme. Der Leistungsfaktor hängt für Männer tendenziell stärker von dem ab, was sie erwirtschaften und sich leisten können, während Frauen ihren Erfolg eher an ihrer Mutter- und Familienleistung festmachen oder der erzielten Attraktivität. Allerdings spielt der Joberfolg auch für sie eine zunehmende Rolle.
„Wirst du gemocht, dann bist du wer!“
Anerkennung zählt. Es kommt eben darauf an, gut anzukommen.
Was ich in den Augen der anderen darstelle, das bin ich wert. Je größer ihre Wertschätzung, umso positiver die Selbsteinschätzung. Natürlich muss es nicht immer der Sympathie-Applaus sein, der aufrichtet. Wer sich auf der Arbeit unentbehrlich macht, erntet Lorbeeren für seinen Einsatz. Ein anderer tut alles für die Familie. Er opfert sich auf, weil er insgeheim darauf hofft, dafür wertgeschätzt zu werden.
Das allzeit sonnige Naturell dient dazu, bei anderen schön Wetter zu machen. Dahinter verbirgt sich die Überzeugung:
„Nur wenn alle mich mögen, mag ich mich selbst.“ Sonnenschein-Typen bekommen leicht die Krise, wenn sie abgelehnt werden. „Wenn mich einer nicht leiden kann, leide ich!“ Wer allen zu gefallen sucht, hechelt nach klatschendem Publikum. Er hängt sein Fähnchen nach dem Wind. Nur wenn er seine Mitmenschen zufrieden stellt, kann er mit sich selbst zufrieden leben.
Die Gleichung „Leistung + Anerkennung = Selbstwert“ steht auf wackligen Füßen. Sie funktioniert eine gewisse Zeit und gibt, was sie verspricht: ein gutes Gefühl! In der Konsequenz geht diese Rechnung aber nicht auf.
„Schaffst du nichts, dann bist du nichts!“
Leistungsdruck versklavt. Wer sich über seinen Erfolg definiert, setzt alles daran, noch mehr zu schaffen. Er bekommt nie genug. Er kann aber auch wie gelähmt verharren, weil er Angst hat, Fehler zu machen. Mit einer Fehlentscheidung büßt er Sympathiepunkte ein.
Was passiert, wenn die Leistungsfähigkeit nachlässt? Wie wirken sich altersbedingte Schwächen oder leistungsmindernde Erkrankungen aus? Mit dem Karriereknick knickt auch der Selbstwert. Wer die Arbeit verliert, büßt seine Selbstachtung ein.
„Wirst du abgelehnt, bist du nichts wert!“
Ablehnung stürzt in die Krise. Dabei kann keiner wirklich allen gefallen. Aber niemand muss es allen recht machen. Wer der Gunst seiner Umgebung nachläuft, jagt ein Phantom.
Er reagiert überempfindlich auf Kritik. Dadurch sieht er seinen Wert infrage gestellt. Wer auf die Gunst der anderen schielt, spielt schnell Verstecken. Im besten Licht erscheint, wer seine Schattenseiten verheimlicht. Fehler dürfen niemals publik werden. Nicht nur Politiker fürchten peinliche Enthüllungen. Alle, die um ihr Image besorgt sind, tragen die Maske des moralisch Guten und manchmal auch die des frommen Schauspielers.
Wer es aus dem Wunsch nach Anerkennung allen recht machen will, macht es letztlich niemandem recht. Nicht der smarte, glatte Typ, der sich um jeden Preis anpasst, gewinnt echte Wertschätzung. Echt und sympathisch wirkt, wer Fehler eingesteht und zu seinen Schwächen steht. Wer den Mut aufbringt, eigene Positionen gegen den Strom der Mehrheit zu vertreten, wird respektiert und anerkannt.
Letztlich glauben wir an eine Lüge, wenn wir nach Geltung und Selbstwert durch Leistung und Anerkennung streben. Das Problem ist: kaum einer lebt bewusst nach dieser Selbstwert-Gleichung. Doch unbewusst ist sie der treibende Motor für unser Handeln. Sie erzeugt Druck. Hinter der Fassade beruflichen Erfolges lauern Depression und Angst. Wenn der Applaus verebbt und der Vorhang fällt, ist jeder doch wieder mit sich selbst, mit seinen dunklen, schwachen Seiten allein.
Ein Beispiel, wie falsche Motive entlarvt werden können, finde ich im Neuen Testament. Dort wird beschrieben, wie Jesus seine Mitarbeiter davor warnt, ihren Selbstwert an Leistung oder Applaus festzumachen. Er streicht die unmenschliche Gleichung „Leistung + Anerkennung = Selbstwert“. Er misst seinen Mitarbeitern einen Wert zu, der völlig unabhängig ist von dem, was sie schaffen oder wie sie ankommen.
„Als die siebzig Jünger zurückgekehrt waren, berichteten sie begeistert: ‚Herr, sogar die Dämonen mussten uns gehorchen, wenn wir deinen Namen nannten!‘ ‚Ich weiß‘, antwortete Jesus, ‚denn ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen. Ich habe euch die Macht gegeben, auf Schlangen und Skorpione zu treten und die Gewalt des Feindes zu brechen. Nichts wird euch schaden. Trotzdem: Lasst euch nicht davon beeindrucken, dass euch die Dämonen gehorchen müssen; freut euch vielmehr darüber, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind!‘“ (Lukas 10,17-20).
Die Evangelien berichten, dass die VIPs dieser Welt für Gott nicht in der ersten Reihe sitzen, sondern zu den „Losern“ der Gesellschaft zählen: Prostituierte, Kranke, Behinderte, Menschen im gesellschaftlichen Abseits, an sich selbst Verzweifelnde. Nicht die beliebten, sondern die ungeliebten Typen wertet er durch seine Zuwendung in ihrem Selbstwert auf.
Acht Schein-Wege,
um den Selbstwert zu sichern
Die folgenden beispielhaften Verhaltensweisen beschreiben Über-Kompensationen von Minderwertigkeitsgefühlen. Alle praktizieren diese oder andere Varianten, ohne dass dadurch das eigene Ego übermäßig aufpoliert werden soll. Keiner muss auf intelligente Kosmetik der Selbstsicherheit verzichten, solange sie in einem angemessenen Rahmen bleibt.
Kritisch gestalten sich diese über-ausgleichenden Verhaltensweisen aber immer dann, wenn der Selbstwert davon abhängig gemacht wird. Die unbewussten Überzeugungen, nach denen ich so sein muss oder jenes tun muss, damit ich mich wertvoll und anerkannt fühle, erweisen sich als brüchige Krücken, denn die Wurzel der Minderwertigkeit bleibt erhalten.
Der Besser-Wissi
Sein Credo lautet: „Ich muss immer Recht haben!“ Es gibt nichts, was er nicht weiß, oder zumindest besser weiß, als die anderen. Er kommentiert in Oberlehrermanier, was andere sagen oder wie sie sich verhalten. Das letzte Wort muss ihm gehören, sonst fühlt er sich nicht stark. Er wertet andere durch seine altkluge Besserwisserei ab, um sich selber aufzuwerten. Im Berufsleben fühlen sich die Arbeitskollegen durch den Besser-Wissi geschulmeistert. Den Ehepartner putzt er durch ständiges Korrigieren und Kritisieren herunter. Besserwisserei isoliert, macht einsam und nervt andere.
Der Clown
Schon als Kind entdeckt er sein komödiantisches Talent, mit dem er auf sich aufmerksam machen kann. Er spielt den Klassenclown und erobert durch Charme seine Umgebung. Sein allzeit sonniges Gemüt verschafft ihm Beliebtheitspunkte. Die Überzeugung, „nur wenn ich spaßig bin, werde ich geachtet“, setzt ihn manchmal unter Druck. Er glaubt, es sich nicht wirklich leisten zu können, allzu ernsthaft oder bedrückt zu wirken. Wenn Probleme oder Stimmungstiefs den Spaß verderben, bröckelt sein Selbstwert. Er steht in der Gefahr, sich zum Narren zu machen. Man nimmt ihn nicht mehr ernst. Wer um jeden Preis lustig sein muss, gibt eine traurige Figur ab.
Der Tagträumer
Weil er sich im realen Leben minderwertig vorkommt, träumt er sich fort in eine heile, bessere Welt. In seinen Tagträumen stellt er etwas dar und gleicht vorhandene Defizite aus. Erfolg, Bedeutung und Liebesglück kennzeichnen seine Phantasien. Alkohol, Medikamente, Sex oder andere Drogen dienen nicht selten als Fluchtvehikel. Mit ihrer Hilfe entkommt er verletzenden Erfahrungen, enttäuschenden Lebensumständen und schmerzlichen Misserfolgen seiner alltäglichen Wirklichkeit. Er gleicht sein geringes Selbstwertgefühl durch Größen- und Glücksphantasien aus. Je phantastischer die gebauten Luftschlösser, um so bitterer kehrt er auf den Boden der Wirklichkeit zurück.
Der Tyrann
Er lebt sein aus Minderwertigkeitsgefühlen gespeistes Geltungs- und Machtbedürfnis auf Kosten anderer aus. Im Berufsleben, in Partnerschaft und Familie muss er um jeden Preis gewinnen, auch wenn Beziehungen dabei auf der Strecke bleiben. „Nur als Boss habe ich einen Wert“, glaubt der Tyrann und hält seine Mitmenschen deshalb klein und unmündig. Eine Spezies ist der Krankheitstyrann. Er missbraucht körperliche Leiden als Machtmittel. Seine Umgebung soll ihn anerkennen. Rücksichtnahme wird eingefordert.
Das Bedürfnis, zu beherrschen und den Ton anzugeben, verleitet tyrannische Typen dazu, verbale oder physische Gewalt anzuwenden. Sie benutzen erfolgreiche Verhaltensmuster, um vermeintlich Schwächere einzuschüchtern oder greifen zu gefährlichen Waffen, wie das folgende Beispiel zeigt:
Kampfhunde können als Imponierobjekt oder gefährliche Waffe von fragwürdigen Hundehaltern missbraucht werden. Frank Mangelsdorf kommentiert dazu: „Sieht man hinter die Fassaden, dann leben die Halter so genannter Kampfhunderassen oft am Rande der Gesellschaft, bepackt mit Minderwertigkeitsgefühlen, Alkoholproblemen, manche sogar mit kriminellen Erfahrungen. Für diese Menschen sind ihre vierbeinigen Begleiter letzte Möglichkeit vermeintlicher Anerkennung, das Einfordern von Respekt durch die gutbürgerliche Gesellschaft oder eben auch unverhohlene Drohung zur Durchsetzung eigener, scheinbar rechtmäßiger Ansprüche. Die anerzogene Aggressivität der Tiere macht oft die Gewaltbereitschaft ihrer Halter anschaulich“ (Frank Mangelsdorf, Berliner Morgenpost vom 12.06.1998).
Der Kontrolleur
Er kompensiert Unsicherheit und Versagensängste durch ein ausgeprägtes Kontrollverhalten: „Nur wenn ich alles im Griff habe, kann ich mich selbstsicher fühlen!“ Selbst- und Fremdkontrolle bestimmen sein Denken, Fühlen und Handeln. Dabei neigt er dazu, andere zu manipulieren. Auf seine Umgebung wirkt er sehr beherrscht und verstandesorientiert. Er fürchtet sich vor allzu viel Gefühl. Fremdbestimmung ist ihm ein Gräuel. Sollte ihm aber einmal die Kontrolle entgleiten, fühlt er sich stark verunsichert und in seinem Wert bedroht.
Der Spaß-um-jeden-Preis-Typ
„Fun! Fun! Fun!“ lautet sein oberstes Ziel. Hauptsache Spaß erleben. Man gönnt sich ja sonst nichts! Das gute Gefühl ist alles. Ob Bungeejumping oder Freeclimbing, er braucht den ultimativen Kick. Normal sein heißt langweilig sein. Adrenalin ist Champagner für sein Selbstbewusstsein. Frust- und Minderwertigkeitsgefühle verschwinden im Rausch der Geschwindigkeit. Wer allerdings immer nur Spaß und lustvolle Abwechslung sucht, dem vergeht sie irgendwann.
Der In-Typ
Er tendiert zur Anpassung. Was ist gerade in und hip? Er läuft jedem Trend hinterher! Er schöpft sein Selbstwertgefühl aus der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe. Ihr Kleidungs-, Musik- und Lebensstil definiert seine Identität. Beispielsweise weigern sich schon manche Erstklässler mit Händen und Füßen Turnschuhe anzuziehen, die nicht das gewünschte Markenzeichen tragen. Kleider machen Leute. Leute fühlen sich sicher, wenn sie sich konform kleiden.
Der Musterchrist
Er will christlicher, moralischer, einsatzbereiter erscheinen als andere. Mit verstecktem Hochmut stellt er sich über seine Mitmenschen. Er geißelt jeden Fehler, bei anderen und sich selbst. Seine Umgebung erlebt ihn über-gewissenhaft, überdogmatisch und über-fromm. In der Figur des selbstherrlich betenden Pharisäers, der sich über den verruchten Zöllner erhebt, hat Jesus ihm ein warnendes Denkmal gesetzt (Lukas 18,9-14).
Das ABC der Minderwertigkeitsgefühle
Minderwertigkeitsgefühle entstehen nach dem ABC der Gefühle. (A) steht für eine Situation oder Tatsache, die auf eine bestimmte Art bewertet (B) wird und als Konsequenz (C) zu selbstunsicheren Verhaltensweisen, Minderwertigkeitsgefühlen und damit verbundenen Körperreaktionen führt.
Menschen mit geringem Selbstvertrauen bewerten Situationen und Tatsachen häufig unangemessen und produzieren so Minderwertigkeitsgefühle. Die beiden folgenden Beispiele zeigen, wie eine angemessenere Bewertung (B) zu höherer Selbstachtung und mehr Selbstsicherheit führen kann:
Beispiel:
A. (Tatsache)
Martina ist alleinerziehende Mutter von zwei Kindern im Grundschulalter. Durch Gelegenheitsjobs hält sie ihren Haushalt gerade so über Wasser.
B. (Bewertung der Tatsache)
Martina wertet sich ab: „Ich bin nur Hausfrau und Mutter. Im Berufsleben leiste ich nicht wirklich etwas. Andere Frauen bekommen ihre Situation mit Kindern und Beruf viel besser unter einen Hut.“
C. (Konsequenzen)
Sie fühlt sich unzufrieden, unzulänglich und schuldig dafür, dass sie ihren Kindern finanziell nicht mehr bieten kann. Im Vergleich mit anderen fühlt sie sich weniger wert.
Korrektur ihrer Bewertung:
„Ich leite ein kleines Unternehmen. Haushalt, Kindererziehung und Gelegenheitsarbeiten bilden eine Herausforderung, der ich mich gestellt habe. Ich beweise betriebswirtschaftliches Können, indem ich mit meinem sehr knapp bemessenen Haushaltsbudget auskomme.“
Martina beginnt, sich für ihre Leistung wertzuschätzen. Sie stellt ihren Wert nicht mehr in Frage. „Als allein erziehende Mutter muss ich mit vielen Einschränkungen kämpfen. Es gibt keinen Grund, meinen Wert infrage zu stellen. Auch wenn meine Situation nicht einfach ist, gelingt es mir, das beste für mich und meine Kinder daraus zu machen.“
Superman im Rollstuhl
Letztlich entscheiden nicht die objektiven Tatsachen darüber, was wir selbst und unser Leben wert sind. Entscheidend wirkt sich aus, mit welchen Augen wir sie sehen.
Die Rolle von „Superman“ war dem amerikanischen Schauspieler Christopher Reeve wie auf den Leib geschrieben: Athletische Figur, markante Gesichtszüge und Power ausstrahlend. Als er sich 1995 bei einem folgenschweren Reitunfall einen Genickbruch zuzog, drohte für ihn alles zusammenzubrechen. Reeve überlebte. Einige Jahre lebte er an den Rollstuhl gefesselt, völlig abhängig von moderner Gerätemedizin. Sein starker Überlebenswille bewahrte ihn davor, am Weiterleben zu verzweifeln. Der Schauspieler gewann neuen Lebensmut und sagte von sich selbst: „Ein Held ist ein gewöhnlicher Mensch, der die Kraft findet, sich mit Ausdauer und Beharrlichkeit in einer ausweglos scheinenden Lage zurechtzufinden“ (zitiert in Psychologie heute, Mai 1999, S. 22). Weil er sich selbst nicht aufgab, wurde er zum Vorbild für andere, wie man ein schweres Schicksal meistern kann. Den Reitunfall und seine Folgen deutete „Superman“ als größte Herausforderung seines Lebens, bis zu seinem Tod.
Minderwertigkeitsgefühle in der Ehe
Partnerschaftliche Liebe lebt davon, dass einer den anderen respektiert und akzeptiert. Die Partner sagen zueinander „Ja“, so wie sie sind, mit Ecken und Macken. Nach meiner Erfahrung in der Paartherapie bedingen Selbstannahme und die Annahme des anderen einander. Nur wer sich selbst liebt, vermag auch den anderen wirklich zu lieben. Partnerliebe setzt Selbstliebe voraus.
Minderwertigkeitsgefühle wirken sich belastend aus. Eigene Unzufriedenheit trübt das Beziehungsklima. Der sich minderwertig Fühlende entwertet durch Kritisieren und Nörgeln den vermeintlich Stärkeren. Damit er sich größer fühlt, muss er den anderen klein machen. Er reagiert eifersüchtig. Es fällt ihm schwer, daran zu glauben, dass der andere ihn liebt. Sich selbst findet er wenig liebenswert. Krankhaft eifersüchtige Menschen drücken ein geringes Selbstwertgefühl aus. Wer sich selbst akzeptiert, braucht dem anderen nicht heimlich hinterherschnüffeln.
Partnerschaft lebt von einem partnerschaftlichen Verhältnis. Keiner darf allein dominieren, und niemand darf dominiert werden. Liebe heißt nicht, den Fußabtreter des anderen zu spielen. In der Zweierbeziehung hat jeder das Recht und die Pflicht, seine einmalige Persönlichkeit auszubilden und zu entfalten.
Nur wenn Sie und Ihr Partner sich eine unabhängige Identität bewahren, kann ein gemeinsames Leben dauerhaft gelingen. Wenn Sie dazu neigen, in ihrer aufopferungsvollen Liebe zu Partner oder Kindern eigene Wünsche und Bedürfnisse hintenanzustellen, bleiben Sie früher oder später auf der Strecke. Um für Ihre Ehe und Familie angemessen sorgen zu können, dürfen und sollen Sie auch gut für sich selbst sorgen.
Kultivieren Sie gemeinsame Interessen, die Ihnen beiden Spaß machen. Betonen Sie Gemeinsamkeiten, statt immer nur genervt darüber zu lamentieren, wie verschieden Sie doch sind. Liebe ist, wenn sich beide auf Augenhöhe begegnen und in die gleiche Richtung schauen.
Welche Folgen Minderwertigkeitsgefühle für die Partnerschaft haben können, beschreibt Walter Trobisch sehr eindrücklich:
„Wer sich selbst nicht lieben kann, wird seinem Partner als ein ständig fordernder Nimmersatt gegenübertreten, der nach der Liebe des anderen wie nach einem Medikament verlangt, ohne selbst etwas geben zu können oder zu wollen. So hart es klingen mag: Die Ehe ist kein Sanatorium für Liebeskrüppel. Dadurch allein, dass einer heiratet, kann er dem Mangel an Selbstliebe nicht abhelfen“ (Walter Trobisch „Liebe dich selbst“, Wuppertal 1975, S. 31).
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