Kitabı oku: «Kämpf um deine Daten», sayfa 2

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5. Information ist Macht

Aus Ihren Verhandlungen um Ihr Gehalt, Ihren Auftrag oder Ihren Job wissen Sie: Information ist Macht. Wer weiß, wo die roten Linien des Verhandlungspartners, die Interessen, die internen Abmachungen und Zwänge sind, hat schon fast gewonnen. Das Gleiche gilt natürlich auch in der Politik und der Diplomatie. Kein Wunder also, dass die NSA die Telefone ausländischer Regierungschefs und eventuell auch der EU-Behörden abgehört hat.

Diese Macht lässt sich natürlich noch viel intensiver nutzen. Man kann beinhart erpresst werden, mit Informationen. Letztes Jahr bei der Steuer etwas gedreht? Dem Partner untreu gewesen? Hinter dem Rücken des Partners sich mal so richtig ausgelassen? Oder eher peinliche Vorlieben? Wer Ihre kleinen oder großen Geheimnisse kennt, hat Sie vielleicht in der Hand. Auch hier gilt ganz klar: Information ist Macht.

Alltäglicher als die Überwachung der NSA und Erpressungen sind aber die kleinen Informationsgefälle, die wir täglich erleben. Wir wissen nicht, wann die Fluggesellschaft die Preise steigen oder fallen lässt, ob es morgen auch noch Tickets für ein Konzert gibt und ob wir besser jetzt oder erst in ein paar Wochen ein Hotel buchen sollen. Wir ärgern uns, wenn sofort nachdem wir etwas gekauft haben plötzlich ein Sonderangebot kommt. Hier fehlt uns einfach die nötige Information. Wie beim Poker wissen wir nicht, welche Karten unser Gegenüber in der Hand hat und welche Strategie er verfolgt.

Den Unternehmen geht es generell auch nicht anders, sie wissen nicht, was in Ihrem Kopf passiert. Sie sind aber drauf und dran, genau dieses Gleichgewicht des Unwissens massiv zu ihren Gunsten zu ändern. Unternehmen haben immer mehr Informationen über uns. Das Blatt in unserer Hand beim täglichen Poker wird also immer transparenter. Sie können uns je nach den aufgezeichneten Interessen, unserem Wohnort oder sogar dem Computer, den wir nutzen, ein individualisiertes Angebot machen. Es lässt sich errechnen, dass Kunde A eher mehr zahlt, Kunde B aber nur bei einem guten Preis kauft. Für Apple-Nutzer wird es dann leicht etwas teurer, denn die Anhänger des Apfel-Kults sind ja bekannt dafür, auch gern mal etwas mehr zu zahlen. Je nach Datenbestand wird uns ein Angebot gemacht, billigere oder bessere Angebote werden gegebenenfalls ausgeblendet.

Airlines arbeiten beispielsweise derzeit daran, Flugpreise erst nach der Anmeldung des Kunden individuell zu berechnen. Wenn Sie also immer am Montag berufsbedingt von A nach B fliegen müssen, zahlen Sie dann eben etwas mehr, während der Student neben Ihnen das gleiche Ticket für den halben Preis bekommt. Die Information, dass Sie zwingend diesen Flug buchen werden, bringt der Airline große Verhandlungsmacht und Sie in eine missliche Lage. Dafür muss die Airline nur Ihren Namen aus den Passagierlisten des vergangenen Jahres abrufen und die betreffenden Informationen mit Ihrer Anfrage kombinieren. Der Rest ist banale Statistik. Ob die Airlines das durchziehen, wird man sehen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis andere Branchen auf ähnliche Ideen kommen.

Natürlich kann auch der einfache Schneider am Eck Ihre Löcher für etwas mehr Geld stopfen, wenn er den Eindruck hat, Sie haben das Geld und brauchen die Hose dringend. Ich setze gegenüber meinem ägyptischen Schneider immer den Dackelblick auf und lege noch mal mit »Ich bin doch Student, das kann ich mir nicht leisten« nach. Am Ende der Diskussion bekommt man den guten Mann jeweils um die Hälfte runter, wenn er wieder für 10 Minuten Arbeit 10 Euro haben will, ohne Rechnung versteht sich. Der Schneider und ich haben aber die gleichen Verhandlungspositionen. Wir pokern und bluffen. Ich weiß genauso wenig, ob sein Leidklagen über seine hohen Kosten einfach nur orientalische Übertreibung ist, wie er nicht weiß, wie viel der Student denn wirklich grad in der Geldtasche hat. Am Ende trifft man sich in der Mitte, alle sind glücklich. Das funktioniert aber nicht mehr, wenn der Kunde die Hosen runterlässt, bevor er verhandelt.

Ähnlich verhielt es sich traditionell mit der Kreditwürdigkeit. Früher bekamen Menschen keinen Vertrag oder keine Mietwohnung, weil sie einen schlechten Eindruck hinterließen oder gar ihr Ruf ruiniert war. Heute wird ihr Ruf strukturiert und digital ruiniert. Der moderne Pranger sind die Datenbanken von Kreditauskunfteien oder irgendwelche Warnlisten. Dort werden Menschen von Unternehmen gebrandmarkt. Offene Rechnungen oder Zahlungsverzüge sind dort für alle verbundenen Unternehmen einsehbar. Dabei muss der Eintrag noch nicht mal richtig sein. Oft landen dort auch falsche Informationen, denn überprüfen kann man die eingehenden Informationen oft nicht. Wer aber einmal gelistet ist, spürt schnell die Macht der Daten. Kein Handyvertrag und kein Kredit sind mehr zu bekommen. Die Kreditkarte wurde leider auch nicht verlängert. Die Macht der Daten wird hier schnell sehr real, auch wenn die Betroffenen oft keine Ahnung haben, was passiert und warum sie auf einmal gemieden werden. Ihr Gegenüber hat in ihre Pokerkarten gesehen oder glaubt zumindest, diese zu kennen. Das Spiel ist für sie erst mal aus. Das Informationsgefälle resultiert, gepaart mit der Marktmacht vieler Unternehmen, in massiven Einschränkungen Ihrer alltäglichen Freiheit.

Natürlich geht es noch viel subtiler. Informationen müssen gar nicht aktiv eingesetzt werden. Allein zu wissen, dass jemand anderer etwas weiß, kann uns beeinflussen. Wenn auf Demonstrationen die Polizei alle Teilnehmer mit Kameras aufzeichnet, kann das viele von der Teilnahme abhalten. In anderen Fällen legt man sich mit einem Gegner, der intime Informationen hat, lieber gar nicht erst an. Wenn ich weiß, dass mein Gegenüber am Pokertisch weiß, was ich in der Hand habe, versuche ich gar nicht mehr zu bluffen. Es ist wie bei einem Hund: Man muss gar nicht immer an der Leine ziehen, der Hund muss nur wissen, dass sie da ist, um sich zu fügen. Es reicht oft sogar aus, dass der Hund glaubt, dass es eine Leine gäbe. Die Machtausübung muss also überhaupt nicht so brachial sein, wie man sich das im ersten Moment vorstellt.

Wenn nun aber Informationen Macht sind und daher Informationen über eine Person Macht über diese Person, wie kann man dieses Machtgefälle ausgleichen? Ich denke, es ist im Prinzip nicht viel anders als bei der Macht durch andere Ressourcen: Wir müssen umverteilen.

In diesem Credo lässt sich viel von der netzpolitischen Debatte um Information und Datenschutz zusammenfassen. Den meisten Menschen geht es um so etwas wie die soziale Informationswirtschaft als Abkömmling der sozialen Marktwirtschaft im Informationszeitalter. Eine Umverteilung im Informationszeitalter bedeutet einerseits Transparenz bei den Datensammlern und andererseits Schutz der Nutzer. Wie bei der sozialen Marktwirtschaft kann man natürlich endlos streiten, wie viel Information wir umverteilen müssen und wie man das am besten umsetzt. Darauf wird es auch nie eine finale Antwort geben. Die Unternehmen werden natürlich von »Robin-Hood-Manieren« sprechen und ihre total legale Machterlangung durch Leistung und Strategie vorschieben.

Wenn wir uns aber generell einig sind, dass wir in einem Informationszeitalter leben und daher auch von einer Informationswirtschaft ausgehen, dann können wir nicht so lange Daten Monopoly spielen, bis wenige die Macht über das ganze Spiel erlangen. Denn anders als bei Monopoly können wir das Spiel nicht einfach hinschmeißen, wenn es kippt. Weil eine entwickelte Demokratie auf einer breiten Akzeptanz aller Teilnehmer basiert, müssen wir einen Modus finden, der dauerhaft für alle Spieler akzeptabel ist und nicht nur einen alleinigen Gewinner kennt. Daten-Monopoly ist jedenfalls kein solcher Modus.

6. Man könnte paranoid werden

Schleichend wird unser Leben digitalisiert, heute gibt es nur wenig, das nicht irgendwie erfasst wird. Neben Schlüssel und Geldtasche darf unser Handy nie fehlen, wenn wir das Haus verlassen. Wobei mein Handy heute mehr Rechenleistung und Speicherplatz als mein alter PC hat und insofern eher ein kleiner Computer mit Telefonfunktion ist. Der GPS-Chip ist im Handy schon dabei. Die Kamera und unzählige andere Sensoren machen die Handy-Apps glücklich, die ohne Zugriff auf alle möglichen Daten, die sie eigentlich nicht brauchen, leider nicht installiert werden können.

In den Bussen, Zügen oder U-Bahnen, an öffentlichen Plätzen und in praktisch jedem Geschäft werden wir von Kameras gefilmt. Wir haben Millionenbeträge in omnipräsente digitale Augen investiert. Die Kameras im Supermarkt halten dann auch messerscharf fest, ob wir Granny Smith oder Golden Delicious in den Einkaufswagen gelegt haben. Obstdiebstahl ist schließlich ein massives Problem unserer Gesellschaft. Trotz der lückenlosen Überwachung werden wir an der Kasse trotzdem gefragt, ob man auch noch in unsere Tasche schauen kann.

Unsere Autos sammeln nicht nur selbst Daten über ihre Nutzung, sie werden auch bei der Durchfahrt jeder digitalen Mautstelle vermessen und erfasst. Mit etwas Glück wird mittels Kennzeichenerfassung über weite Strecken gemessen, ob wir nicht zu schnell fahren. Die sogenannte »Section Control« freut den Verkehrsminister und den Finanzminister zu gleichen Teilen. Den Rest erledigen die Radarboxen. Versicherungen wollen schon längst digitale Boxen in unseren Autos installieren, um unsere Bewegungen zu speichern. Unsere Navigationssysteme sagen dem Hersteller schon heute wo, wann und wie schnell wir unterwegs sind.

Unsere Arbeitszeit wird elektronisch erfasst und je nach Job auch unsere Leistung. Ein Mitarbeiter im Call Center wird ja schließlich nicht für gute Beratung bezahlt, sondern für die Abfertigung möglichst vieler lästiger Kunden pro Stunde. Leistung ist inhärent messbar.

Alle Verbindungen unserer Telefone werden sowieso mittels Vorratsdatenspeicherung protokolliert, bis hin zum genauen Ort, an dem wir uns befinden. Der Terrorismus ist ja bekanntlich im täglichen Leben jedes Mitteleuropäers ein ständiger Begleiter, vor dem wir uns erst ganz fest fürchten müssen, damit wir dann Biertischpolitiker für die Bereitstellung einer einfachen Lösung wählen.

Im Fitnessstudio bekommen wir kleine Speicherschlüssel, auf denen jede Bewegung gespeichert wird, damit wir uns selbst vermessen können. Der Trainer weiß beim nächsten Gespräch genau, dass wir die Übungen ignoriert haben, die wir eh nie machen wollten. Unsere Freunde kaufen sich sogar Laufschuhe und Armbänder, die jeden Schritt messen, auch wenn sie an ihrem Bauchumfang sehr viel leichter messen könnten, dass sie noch nicht am Ziel sind.

Je nach Anbieter wird der Inhalt jeder E-Mail, die wir versenden, analysiert und nach Verwertbarem durchsucht. Auch wenn wir selbst keinen solchen Anbieter nutzen, reicht es, wenn unsere Gesprächspartner das tun, damit unsere E-Mails im System landen. Wenn wir etwas Glück haben, dann hat unser Arbeitgeber, unsere Schule oder unsere Universität sowieso schon ihre eigene Infrastruktur aufgegeben und unsere Daten in die Cloud eines IT-Konzerns verschoben.

Unsere Zahlungen werden bei verschiedenen Kartenfirmen und Banken genau verfolgt. Kreditauskunfteien legen ohne unser Zutun umfangreiche Informationen über uns an und sammeln dabei Daten von unzähligen Stellen. Sie berechnen irgendwelche Kennzahlen, die unsere Zuverlässigkeit beschreiben sollen.

Wir arbeiten nicht nur am Computer, sondern verbringen auch immer mehr von unserer Freizeit im Internet oder vor dem PC. Fast jede Seite, die wir im Netz besuchen, verfolgt uns, zeichnet Interessenprofile auf und will wissen, was wir tun. Die großen Online-Unternehmen verfolgen uns auf fast allen Seiten im Netz, denn ihre Dienste sind im Hintergrund fast überall integriert. Die Software auf unserem Computer oder Handy verfolgt uns sowieso, viele der zusätzlichen Apps sind nur dafür gemacht.

Unsere Freunde stellen Informationen über uns online oder stellen ihre gesamten Adressbücher überhaupt ohne unser Wissen irgendwelchen Unternehmen zur Verfügung. Wir bekommen am Ende E-Mails von Firmen, mit denen wir nie etwas zu tun hatten.

Kurzum: Nur wenig in unserem Leben wird noch nicht erfasst. Dabei wäre der Großteil dieser Dinge vor 10 Jahren noch relativ futuristisch gewesen. Vor kurzem machte mein Computer noch quietschende und rauschende Geräusche, um sich beschwerlich mit Hilfe eines Modems mit dem Internet zu verbinden. Internet bezahlte man pro Minute, was bei zirka einer halben Stunde pro illegal runtergeladener MP3 mehr kostete als eine bezahlte MP3 heute, trotzdem war es die diebische Freude wert, wenn etwas »Robin-Hood-Stimmung« vor dem Röhrenmonitor aufkam.

Wenige Jahre später ist der Fernseher meiner Mutter schon über WLAN »always on«, auch wenn sie bis heute nicht weiß, was das genau bedeutet und was es bringen soll. Bald sollen sowieso möglichst alle Geräte und Objekte irgendwie Daten produzieren und mit dem Netz verbunden sein. Nur das mit dem Kühlschrank, der im Internet unser Essen bestellt, ist irgendwie nicht so gekommen, wie es uns vor 10 Jahren versprochen wurde. Es wird uns aber weiterhin für die kommenden 10 Jahre vorausgesagt. Was bis dahin noch alles kommt, kann man sich erst grob vorstellen. Sicher ist, dass immer mehr Teile unseres Lebens digitalisiert, vernetzt und damit auswertbar werden. Keiner hätte sich gedacht, dass ein Buch die genaue Lesegeschwindigkeit, Verweildauer, das Überspringen von Kapiteln und Ähnliches erfassen kann. Wenn Sie dieses Buch auf einem eReader oder Tablet lesen, ist es je nach Modell jedoch durchaus möglich, dass dies gerade passiert. Jahr für Jahr kommen weitere Geräte dazu, die vernetzt sind und mehr Daten über uns sammeln. Ob sich die Zahnbürste mit Bluetooth, permanenter Putzauswertung und passender Handy-App unbedingt durchsetzt, sei dahingestellt, aber schon dieses Beispiel zeigt, dass man in fast jedes Ding des täglichen Gebrauchs einen Computerchip einbauen und so Daten über eine Person produzieren kann. Jedenfalls führt der Weg sicherlich nicht zurück, sondern es werden noch mehr Daten generiert, diese werden noch stärker vernetzt und noch viel intensiver ausgewertet als heute.

Zeit für ein kurzes Selbstexperiment: Gehen Sie doch kurz Ihren Tagesablauf durch. Wie viele Daten hinterlassen Sie an einem Tag?

Wenn es gut geht, dann ist schon Ihr Weckruf auf dem Handy gespeichert. In diesem Fall fängt Ihr Tag digital an, bevor Sie noch das erste Mal »ich will noch liegen bleiben« gedacht haben. Wenn Sie sich stark bemühen, dann kommen Sie vielleicht bis zur Türe, ohne Daten zu hinterlassen. Ab der Tür loggt sich Ihr Handy brav in jeden Funkmasten ein und zeichnet so Ihre Bewegungen auf, aber schon bis zur Türe schaffen es vermutlich nur wenige ohne omnipräsente Datenspur. Sind Sie erst mal aus der Tür, geht es bei Ihnen vermutlich rasant zu. Wie viel kommunizieren Sie eigentlich noch analog? Also per handgeschriebenem Brief oder im persönlichen Gespräch? Mit allen E-Mails, Anrufen, ein paar Klicks auf Ihren Lieblingswebseiten, ein paar Suchen im Internet zu Arbeit und Freizeitplanung haben wir schon einen recht netten Katalog an Informationen über Sie zusammen.

Jetzt verknüpfen wir das noch mit anderen Daten, die bei Datenhändlern verfügbar sind. Danach vergleichen wir es mit bekannten Mustern von zehntausenden anderen Personen und ein paar anderen Statistiken und schon wissen wir mehr, als Sie vermutlich wollen.

Es kommt natürlich auf Ihren Einzelfall an, aber am Ende eines Tages hat ein Mensch eine Datenspur hinterlassen, die schnell mal ein paar Hundert Seiten lang ist. Den Großteil davon haben Sie nicht direkt fabriziert, sondern die Geräte in Ihrem Umkreis. Jeder Vorgang hat zum Beispiel einen umfangreichen Haufen an Metadaten erzeugt, also Protokolldaten, die etwa automatisch speichern, wer, was, wann, wo, wie und mit wem getan hat.

Für jede Suchanfrage soll Google über 50 Datenarten auswerten, auch wenn Sie nicht bei Google eingeloggt sind. Das passiert schon, bevor Sie den ersten Buchstaben getippt haben und Google für »A« gleich Amazon vorgeschlagen hat. Denn spätestens für den zweiten Vorschlag in der Liste will Google wissen, wo Sie sich befinden. So bekommen Sie in Österreich den Mobilfunker A1 und in Deutschland den Discounter Aldi vorgeschlagen. Unzählige andere Informationen führen dazu, dass jeder bei einer Suchanfrage etwas anderes sieht.

Ebenso lösen die vier Mal Tastendruck für den PIN am Bezahlterminal im Supermarkt in Wirklichkeit eine Lawine an Daten im Kassen und- Stammkundensystem des Supermarkts, beim Kartenunternehmen, bei Ihrer Bank und bei diversen anderen Unternehmen aus. Wenn Sie in den USA leben würden, fände es die Kreditauskunftei gar nicht so toll, dass Sie beim Discounter eingekauft haben, denn das tun nur Menschen, die wenig kreditwürdig sind.

Nun können Sie natürlich alle Zelte abbrechen, Einsiedler, Nonne oder Träger eines Stanniol-Huts werden (der soll laut eingefleischten Paranoikern gegen die imaginären Überwachungsstrahlen der NSA helfen), aber realistisch betrachtet werden Sie nicht entkommen. Genauer gesagt sollten wir gar keinen Grund haben, dem zu entkommen. Sie sollten eigentlich unbehelligt leben können, auch wenn Sie moderne Technologie nutzen.

Wir müssen aber dringend realisieren, wie viele Daten wir heute schon täglich absondern, dass es immer mehr werden, dass diese Daten immer tiefer in unser Privatleben vordringen und wir zum größten Teil weder genau wissen, noch genau steuern können, was im Hintergrund mit diesen Daten passiert.

Können Sie auf einem Zettel Papier aufschreiben, was genau, wie, wo und warum alles über Sie gespeichert wird? Ich kann trotz gut drei Jahren intensiver Beschäftigung mit Facebook nicht einmal genau sagen, was dieses einzelne Unternehmen im Detail über mich speichert und vor allem, was es mit meinen Daten macht. Dabei ist das nur ein sehr kleiner Teil meines persönlichen Datenhaufens.

Wir »datifizieren« also immer mehr Bereiche unseres Lebens. Das Speichern von Milliarden von Informationen über jeden Menschen ist relativ billig geworden. Als ich vor gut zehn Jahren Programmieren lernte, wurden wir noch gedrillt, möglichst sparsam mit Speicherplatz zu sein. Wenn man bei einer Berechnung eine kleine Zahl erwartete, legte man im Computerprogramm eine Integer-Variable an. In solchen Variablen konnte man zwar nur Zahlen bis 32.767 speichern, dafür blockierten sie weniger Speicherplatz. Erhöhte sich die Zahl auf 32.768, dann konnte der Computer die Daten nicht mehr speichern, es gab eine Fehlermeldung. Das nahm man aber in Kauf, um ein paar Bytes zu sparen. Das fertige Programm speicherte man auf (schon damals altmodischen) Disketten, weil es USB-Sticks noch nicht wirklich gab und CD-ROMs zu brennen unpraktisch war. Süß, oder?

Heute sieht es anders aus: Die Menge der weltweit vorhandenen Daten soll sich zirka alle 2 Jahre verdoppeln. Es heißt, wir haben bis 2003 in unserer gesamten Menschheitsgeschichte insgesamt so viele Daten festgehalten, wie wir heute alle paar Tage fabrizieren. Das muss man sich mal vorstellen: Alle Bücher, Videobänder, Filme, Bibliotheken, Archive, Serveranlagen und Niederschriften von tausenden Jahren sind im Umfang geringer als die Daten, die wir heute in ein paar Tagen ausstoßen. Natürlich ist das nur eine quantitative Betrachtung. Vieles davon ist einfach Datenmüll. Das Problem ist nur, dass das Löschen dieser Datenmassen oft komplizierter und sogar teurer ist, als einfach alles zu behalten. Wo früher die Festplatte voll war und mühevoll alte Daten aussortiert wurden, wird heute eine größere Festplatte reingesteckt oder für ein paar Cent weitere Giga-oder Terabytes Cloud-Speicher dazugekauft. Problem gelöst.

Wenn das allgemeine Daten über den Verkehrsfluss, das Wetter, technische, wissenschaftliche oder administrative Informationen sind, ist das für den Menschen normalerweise unproblematisch oder sogar extrem hilfreich. Viele der erfassten Daten lassen jedoch direkte Rückschlüsse auf uns zu, auf unser Verhalten, unsere Persönlichkeit und unsere Gedanken. Diese personenbezogenen Daten können ein Problem werden. Sie explodieren heute ebenso exponentiell wie der Rest. Diese Daten erlauben gleichzeitig immer tiefere Einblicke in unser Leben und unsere Gedanken.

Allein der Umfang von Informationen, die über jede einzelne Person gesammelt werden, ist erdrückend. Nicht mal Ihr persönlicher Datenhaufen ist heute noch von Ihnen überblickbar. Schon gar nicht überblickbar sind die Datenhaufen von Milliarden Menschen, die bei Millionen Unternehmen und Stellen verarbeitet werden. Jedes Jahr wird das noch mehr. Selbst Experten können Ihnen auf die meisten Fragen zu den Datenflüssen und den Details dieser Sammelwut keine konkreten Antworten geben. Die Datenwirtschaft ist heute selbst für die hellsten Köpfe unter uns zu komplex und weitläufig.

Leider ist der Umfang der Datifizierung für 99% unserer Mitbürger noch nicht real greifbar. Sie geschieht abstrakt, unsichtbar und schleichend. Es hat sich zwar herumgesprochen, dass der elektrische Strom nicht von der Hauswand abgesondert wird und dass ein Klo auch kein Loch zum Nirwana ist, sondern dass alles irgendwo herkommt und wieder irgendwo hingeht. Was aber mit unseren Daten hinter den Displays passiert, die wir so gern ansehen (oder auch liebevoll streicheln), hinterfragen nur wenige. Das eine Prozent von uns, das genauer darüber nachdenkt, was hinter den glänzenden Oberflächen so passiert, ist dann meistens entweder paranoid geworden oder wurde zum Datenschützer, manchmal auch beides.

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