Kitabı oku: «Heer, vergib mir, denn ich habe gekündigt!»
Maximilian Jungwirth
Heer, vergib mir, denn ich habe gekündigt!
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© 2021 Maximilian Jungwirth
Korrektorat: LiWe1376 Lektorat Plus
Buchsatz: Laura Kier
Herstellung und Verlag: Neopubli GmbH – 10997 Berlin
Inhalt
Inhaltsangabe
Visa upon arrival
August 2021
Ende im Gelände
Mai 2016
Kriegsdienstverweigerer
Februar bis April 2016
In naher Vergangenheit
Dezember 2015 bis Januar 16
Trident Juncture
Oktober bis November 2015
G7-Gipfel
Juni 2015
Füssen zu Füßen
Februar bis Mai 2015
Der Anfang vom Ende
September 2014 bis Februar 2015
Danksagung
»Ich soll thun was der Staat von mir verlangt, u doch soll ich nicht untersuchen, ob das, was er von mir verlangt, gut ist. Zu seinen unbekannten Zwecken soll ich ein bloßes Werkzeug sein – ich kann es nicht. «
Heinrich von Kleist – Berlin, 13. November 1800
Inhaltsangabe
Meine Geschichte beginnt mit dem letzten Ereignis, dem letzten Kapitel, was wiederum der Anfang eines neuen Lebensabschnitts und einer neuen Geschichte ist. Das in den jeweiligen Kapiteln Erlebte beginnt von vorne.
Vorher jedoch geht es um die folgenschweren Auswirkungen auf ein seit nun mehr als vierzig Jahren von Krieg gebeuteltes Land durch Fehleinschätzungen der westlichen Staatengemeinschaft. Somit erfährt der Leser die letzten Geschehnisse zuerst und die ersten zuletzt.
Stück für Stück ergibt sich ein Kontext, eine zusammenhängende Geschichte, so wie ich sie während meiner Zeit bei der Bundeswehr erlebt habe. Ein kleines Stück des großen Kuchens, zwei von vierundzwanzig oder aber auch ein bisschen von beidem, sowohl von der einen als auch von der anderen Seite.
Visa upon arrival
August 2021
Immer wieder kommt in den letzten Tagen diese eine Frage auf, eine ganz bestimmte Frage, welche man kaum stellen mag. Sie ist in der Lage, alles in Frage zu stellen und denjenigen den Boden unter den Füßen wegzureißen, die in den letzten 20 Jahren am stärksten davon betroffen waren.
Menschen, die ihre Familien verloren haben, ihre Kinder, alles, was ihnen im Leben etwas bedeutet, wurde schlichtweg ausradiert und die Existenz gelöscht, ja, sogar die Erinnerungen an eine Existenz wurden geraubt. Diese Menschen und die Soldaten aus Deutschland und der Staatengemeinschaft, die für ihr Land nach Afghanistan in den Krieg an den Hindukusch gezogen sind, um ihr eigenes Leben aufs Spiel zu setzen für die Freiheit anderer. Die Menschen, die ihre Söhne und Töchter in einen ungewissen und gefährlichen Einsatz haben gehen sehen, diese 59 Familien, die Hinterbliebenen, deren Kinder ihr Leben lassen mussten.
All diese betroffenen Menschen stellen sich nun diese eine Frage: »War wirklich alles umsonst?« Alle Errungenschaften der letzten 20 Jahre? In welchem Verhältnis stehen die letzten 20 Jahre Einsatz zu den »Kollateralschäden«, die durch den Abzug der US-Truppen und der chaotischen Evakuierungen am Kabuler Flughafen jetzt zum Tragen kommen? Wodurch sich das dem afghanischen Volk Gegebene relativiert.
Hierbei geht es womöglich nicht um die Billionen von Dollar aus den USA oder die Milliarden aus Deutschland, sondern um Freiheit! Freiheit, die für so viele Menschen innerhalb dieser zwanzig Jahre wieder real wurde.
Für Frauen, die einer Arbeit nachgehen konnten, Schülerinnen, denen das Recht auf Bildung nicht länger vorenthalten wurde, waren auf gutem Weg, ihren eigenen Weg frei und selbst zu gestalten. Journalistinnen, Menschenrechtsaktivistinnen und noch so viele Unzählbare mehr, denen dieses Recht nun wieder, und so scheint es, genommen wird, denen nun ihr Weg und ihr Sein, ihre Möglichkeit zur Selbstbestimmung wieder gestohlen wird.
Sehr verstörend wirken die Bilder und Szenen am Kabuler Flughafen, in denen sich Menschen in ihrer unendlichen Verzweiflung an Maschinen der amerikanischen Luftwaffe klammern, mit der Hoffnung auf ein Entkommen vor den Taliban, vor Verfolgung, Folter oder Hinrichtung durch die wieder eingeführte Scharia, doch warum? Weil sie für westliche Staaten gearbeitet haben, weil sie, wie deutsche Politiker sie nennen, »Ortskräfte« waren? All das, um nur wenig später aus mangelnder Kraft mehrere hundert Meter in den sicheren Tod zu stürzen.
So sehr erinnern diese Bilder an Menschen, die bei den Anschlägen auf das World Trade Center aus der Höhe stürzten, dem Tode geweiht, sich die Art und Weise zu sterben mit einem Sprung aussuchten. Doch welche Wahl hat man? Zwischen Verbrennen oder Ersticken, zwischen erschossen werden, geköpft oder vergewaltigt.
So unterschiedlich diese Ereignisse auch sein mögen, eines haben diese Menschen gemeinsam. Hoffnung! Hoffnung, doch einen Ausweg aus einer schier ausweglosen Situation zu finden, Hoffnung weiterleben zu dürfen, Hoffnung auf ein Wiedersehen mit ihren Familien, ihren Kindern. Und auch wenn diese Individuen das gleiche Schicksal teilen, so sind ihre Geschichten doch sehr unterschiedlich, denn die Gemeinsamkeit des Todes ist es, was sie zu Vergessenen macht, ihre Geschichten lassen sie auf ewig in uns weiterleben!
Für die baldig geglaubte Freiheit eines Landes, dessen Vorstellung von Frieden nach mehr als 40 Jahren Krieg, ja, fast greifbar schien und die ohne die Unterstützung des Westens sich zuletzt als größter Irrglaube und Fehler der modernen Militärgeschichte präsentiert hat.
Vielen deutschen Soldatinnen und Soldaten sind der Frust und die Frage nach dem Sinn aufgrund der aktuellen Entwicklung des Landes anzusehen. Nicht nur Frust, sondern auch Wut, Hass und tiefstes Unverständnis machen sich in der Truppe und in den Köpfen all jener breit, die in Afghanistan gedient haben. Ein, zwei oder sogar mehrere Male.
Bei allem Unverständnis gibt es auch Soldaten, die nicht die Zukunft und somit die Ungewissheit, sondern die Vergangenheit betrachten. Sie betrachten ihre Taten, die Momente, in denen sie den Menschen halfen, als sie es brauchten. Situationen, in denen es auf sie ankam. Auf die Soldaten, denn während dieser Zeit konnte die afghanische Bevölkerung wieder atmen.
Deutschland hat sich zuletzt mit seiner katastrophalen Afghanistanpolitik zu einem Land entwickelt, das gezwungenermaßen und offenkundig mit Terroristen verhandelt, verhandeln muss, sich erpressbar macht, gegenüber einer Gruppe barfüßiger, in Kitteln gekleideter Analphabeten. Die nun ihren religiösen Fundamentalismus, und das ohne jede Gegenwehr, mit der für sich neu entdeckten Macht von Social Media wie eine Krebszelle in das gesamte Land streuen. Befinden wir uns dadurch in einer aussichtslosen Position? In der man sich den Forderungen der Taliban als Geisel des radikalen Islamismus kampflos geschlagen geben muss? Diese Frage kann man wohl zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten.
Es scheint, als würde dieser lange Hebel, über den die Islamisten nun verfügen, zu einer Art Wünsch-dir-was-Apparatur, als kräftiges Druckmittel, das Mittel zum Zweck, um die, nein, um »alle« Interessen der Radikalen durchzusetzen. Ausgetragen auf dem Rücken der Zivilbevölkerung, all das auf Kosten von Menschenrecht und Leben.
Doch was bleibt unserem Staat schon übrig als die Verhandlung als letztes Mittel, um den Schaden so gering wie nur möglich zu halten? Der Versuch, mit den Taliban um die Unversehrtheit bestimmter Personengruppen zu verhandeln zeigt aufgrund fataler Fehleinschätzungen einmal mehr, dass die Bundesregierung hier blauäugig versucht, den Karren wieder aus dem Dreck zu ziehen, mit schrecklichen Folgen.
Sollten sich die Versprechungen, welche die Taliban in den weltweiten Medien und über Social Media verbreiten lassen, als wahr herausstellen, dann sind sie in erster Linie aktuell glaubwürdiger als die Bundesregierung und Armin Laschet, dessen Vater ja Bergmann war. Was künftig dazu führen könnte, dass bestimmte Länder und Unternehmen, die dieses Spektakel des Versagens der westlichen Staatengemeinschaft still und leise aus der Ferne betrachten, nicht unbedingt von wirtschaftlicher Zusammenarbeit mit den ja doch so zahm gewordenen Taliban abgeneigt sind, allen voran China.
Wie werden wir künftig mit einer Vereinigung, einer Allianz umgehen, die noch vor Kurzem als terroristisch galt und bekämpft wurde, deren oberste Führer teilweise mehr als zehn Jahre in orangefarbig gekleideten Kitteln auf Guantanamo verbrachten und nun doch so »moderat« geworden sind? Eine Organisation, die besser ausgerüstet ist als manche Bündnispartner der Nato, mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar besser als die Bundeswehr. Vielleicht wird uns diese Frage Außenminister Maaß beantworten können?
Fakt ist: Deutschland hat sein Versprechen gebrochen, sein Versprechen an die Menschlichkeit, sein Versprechen, die Menschen, welche über die so oft angesprochenen »Dienste« ihren Dienst für Deutschland in Afghanistan geleistet haben, mit dem Wissen, es drohe ihnen Verfolgung und Tod, sofern sich die westlichen Truppen entscheiden, das Land zu verlassen, und die Taliban daraufhin wieder neu erstarken, was sich letztlich in noch kürzerer Zeit als erwartet bestätigt hat.
Doch wie konnten die Taliban innerhalb von zwei Wochen ein ganzes Land annektieren? Hat es bereits im Vorfeld und während des Abzugs westlicher Truppen Absprachen zwischen der afghanischen Regierung, dem afghanischen Militär und den Taliban gegeben? Oder wäre eine solch rasante Welle der kampflosen Übernahme eines ganzen Landes auch so möglich gewesen? Es wissen nur wenige.
Der Abzug der US-Armee war ein Fehler, der in der Vergangenheit schon einmal gemacht wurde und aus dem die Vereinigten Staaten bis heute nichts gelernt haben. Bereits von Beginn an war nicht klar, welchen Auftrag die entsandten Soldaten haben, der Zeitplan für die militärische Intervention war unrealistisch. Zudem hat es kein konkretes Ziel für den Afghanistaneinsatz gegeben. Das und der spektakuläre Abgang der USA à la Wolfgang Bosbach bei Maischberger rundeten das Ganze zum Negativen hin ab.
Und auch ein Herr Laschet macht perfide Versprechungen, afghanische Ortskräfte sicher nach Deutschland zu holen, sofern er Kanzler wird. Er verspricht dies also den afghanischen Menschen, denen schon einmal versprochen wurde, man würde sie nach Beendigung der Nachfolgemission Resolute Support in Sicherheit bringen.
Er sollte sich schämen, bereits Versprochenes, nicht Umgesetztes an eine weitere Bedingung zu knüpfen, um diese für seinen Wahlkampf salonfähig zu machen. Vielleicht wird der deutsche Wähler ja zurückkommen zur Union, wenn ihn die Emotionen überkommen und ein Herr Laschet zum Retter afghanischer Ortskräfte und somit zum Lebensretter wird.
Das heißt auch, dass er mit seiner Aussage das erste Versprechen der Bundesregierung offen und ehrlich als nicht eingehalten und umgesetzt tituliert. Oder mit anderen Worten: »Wer so blöd ist und sich nach dieser Farce künftig mit den Deutschen einlässt, der ist selbst schuld, wenn er enttäuscht wird.«
Den Ruf einer gesamten Nation zu diffamieren, sollte nicht die Aufgabe eines eventuell künftigen Kanzlers sein, geschweige denn unglaubwürdige Versprechen in 2. Instanz auszusprechen.
Parteien, die aus dieser prekären Situation der Menschen und dem Versagen der Staatengemeinschaft profitieren werden, nicht nur in Deutschland, sind Rechtspopulisten. Richtig, diese Parteien beobachten die Situation wie die Aasgeier das verendende Vieh, um sich nach einem vergeigten Einsatz des Westens auf bundespolitischer Ebene auf der einen und Fluchtbewegungen auf der anderen Seite vor den Bundestagswahlen zu nähren. Sie nutzen es, um sich richtig fett und satt zu fressen, denn sobald es einmal mehr darum geht, die Gesellschaft beim Flüchtlingsthema zu spalten, wird der Aasgeier zum Adler, spreizt seine Flügel und streut Horrorgeschichten, die Schrecken und Tod über unser heiliges Land bringen.
Doch wie werden die kommenden Wochen und Monate nach der »Schlacht um Kabul« tatsächlich aussehen? Müssen wir mit Hunderttausenden, ja gar Millionen Menschen rechnen, die sich auf den Weg zu uns machen, nach Europa und letzten Endes zu uns nach Deutschland?
Wenn es nach deutschen Politikern geht, »dann darf sich 2015 nicht wiederholen«. Ein Satz, den man in den letzten Tagen und Wochen rauf und runter in den Medien zu hören bekam, doch wie genau kann »2015« verhindert werden?
Schaffen wir es, all diese Menschen von uns abzuschotten, indem wir den Nachbarländern Millionenhilfen zur Unterstützung zukommen lassen, damit diese Camps errichten können, in denen die Menschen dann misanthropisch zusammengepfercht und in Schach gehalten werden?
Ist das die Lösung, um auch künftig Geflüchtete von Europa fernzuhalten? Mit Abschreckung und Androhung fürchterlicher Zustände in den Unterkünften?
Jetzige Entscheidungen über die Auslegung von Flüchtlingskontingenten, Aufnahme, Umverteilung, Asyl und viele weitere asylpolitische Fragen auf europäischer Ebene werden auch künftig wegweisend für den Umgang mit Geflüchteten sein.
Dabei ist das, was aus den Folgen aller aktuellen Kriege an Fluchtbewegung entsteht, nur ein kleiner Bruchteil von dem, was durch die Entwicklungen des Klimawandels bis 2050 passieren wird. Laut dem sogenannten Groundswell-Bericht der Weltbank werden sich mehr als 200 Millionen Klimaflüchtlinge weltweit ein neues Zuhause suchen müssen. Diese Tatsache stellt Europa vor eine extreme Herausforderung, in der es um die Verhinderung einer sich spaltenden Gesellschaft geht.
Die Schwierigkeit ist nicht die Frage der Finanzierung, sondern die Meisterung der Migration von Menschen aus aller Herren Länder. Und dennoch kann die Flucht in europäische Sozialsysteme nicht jenen beitragsleistenden berufstätigen Menschen in Europa auferlegt werden, daher sind alle der EU angehörenden Staaten verpflichtet, einheitliche Lösungen zu entwickeln.
Lösungen, die keine Anreize für kriminalisierte Geschäftemacher schaffen, um so eine Spaltung der interkulturellen Gesellschaft durch rechtspopulistische Demagogen innerhalb Europas zu verhindern, und zwar ausnahmslos. Bei allen Krisen und Nöten gibt es immer Menschen und Kröten, die ihren gierigen Schlund auf Kosten der Leidtragenden füllen und stopfen, ohne daran zu ersticken!
Doch wie kann es gelingen, Menschen zu integrieren, deren Vorstellung einer Gesellschaft nicht dem entspricht, was für uns hier in Deutschland und Europa als Ideal gilt, als normal? Afghanistan und der gescheiterte Versuch der westlichen Staatengemeinschaft, die Ideologien aus den Fundamentalisten zu treiben, der Versuch, die Menschen umzudrehen hat nicht funktioniert und entpuppte sich letzten Endes als falscher Ansatz.
Ob radikal-islamistischer Talibananhänger oder die Ansichten, die Kultur, die islamischen Werte der afghanischen Bevölkerung, wohlgemerkt unter strikter Differenzierung und Ausschluss des Parallelisierens beider Parteien, festzuhalten gilt: Die Integration stark religiös geprägter Gesellschaften gestaltet sich dann schwierig, wenn die Betroffenen keine Differenzierung von Religion zur Politik kennen, wie es beispielsweise in einem säkularen Staat wie Deutschland der Fall ist.
Diese Aufgabe wird in den kommenden Jahren zu einer der wichtigsten Aufgaben der Europäischen Union, denn sollte sich in der Einwanderungspolitik nichts ändern und die Staaten nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommen, werden sich künftig weitere Länder mit Mauerwerk und Stacheldraht abschotten.
Das Ende des Krieges in Afghanistan kann Frieden bringen, doch dieser Frieden bringt auch das Ende der Freiheit für die afghanische Bevölkerung. Für Afghanistan selbst, vor allen Dingen aber für die Menschen vor Ort, wünscht man sich die 60er Jahre zurück, in denen Afghanistan ein Land ohne Krieg war. Ein Land, in dem es einst farbig war, in denen die Geschäfte florierten, die Frauen in westlicher Mode gekleidet waren und alle ein Leben in Freiheit genießen konnten. So wie wir es hier in Europa für zu selbstverständlich halten.
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