Kitabı oku: «Der geschäftliche Betrieb als "Dritter" im Sinne des § 299 StGB», sayfa 2

Yazı tipi:

Teil 1 Einleitung

Teil 1 Einleitung

Inhaltsverzeichnis

A. Korruption in der Privatwirtschaft – ein aktuelles Problem

B. Problemstellung

C. Gang der Untersuchung

Teil 1 Einleitung › A. Korruption in der Privatwirtschaft – ein aktuelles Problem

A. Korruption in der Privatwirtschaft – ein aktuelles Problem

1

„Korruption hat Konjunktur“. So kurz und prägnant beschreibt es Bannenberg in einem aktuellen Lehrbuch für Wirtschaftsstrafrecht.[1] Tatsächlich scheint kaum ein Tag zu vergehen, an dem in den Medien nicht über einen neuen Korruptionsskandal berichtet wird. Die Vorwürfe reichen dabei von illegalen Parteispenden, dubiosen Beraterverträgen über Ämterpatronage bis zum systematischen Machtmissbrauch. Doch was genau ist überhaupt unter Korruption zu verstehen?

Fest steht, dass mit ihr verbundene Begriffe wie „Bestechung“ und „Bestechlichkeit“ die Menschheit zwar seit jeher auf ihrem Weg in die Industriegesellschaft begleiten, es aber dennoch keine einheitliche und fassbare Definition von Korruption gibt.[2] Nach einem ethisch-moralischen Verständnis etwa umfasst der Begriff alle Verhaltensweisen, bei denen sich Personen mit öffentlichen oder privaten Aufgaben auf Kosten der Allgemeinheit unangemessene Vorteile verschaffen.[3] Für die Wirtschaftswissenschaft hingegen wird auf einen Tausch abgestellt, bei dem eine korruptive Leistung im Austausch für eine entsprechende Gegenleistung erbracht wird.[4] Es finden sich unzählige weitere Deutungsversuche, beispielsweise aus den sozial- und politikwissenschaftlichen Bereichen, sowie den theologischen und sozialpsychologischen Fachrichtungen.[5] Der Versuch einer einheitlichen und greifbaren Begriffsbestimmung schlägt aufgrund der Vielschichtigkeit der Wortbedeutung und den umfangreichen Berührungspunkten zu unterschiedlichsten Fachrichtungen im Ergebnis aber fehl.

2

Auch das Strafrecht selbst kennt den Begriff der Korruption nicht, obgleich der Gesetzgeber die Novellierung der einschlägigen Bestechungsdelikte in einem „Gesetz zur Bekämpfung der Korruption“ vom 13.8.1997 geregelt hat. Dennoch ist man sich im Grundsatz einig, dass unter Korruption im strafrechtlichen Sinne die einschlägigen Amtsträgerdelikte der §§ 331-335 StGB, die Angestelltenbestechung und -bestechlichkeit der §§ 299, 300 StGB sowie die Wähler- und Abgeordnetenbestechung der §§ 108b, 108e StGB zu verstehen sind.[6] Das wissenschaftliche Interesse an den Korruptionsdelikten konzentrierte sich lange Zeit auf die §§ 331 ff. StGB.[7] Gegenstand dieser Abhandlung soll hingegen die Korruption im privatwirtschaftlichen Bereich und damit die Vorschrift des § 299 StGB sein.[8] Nur dort, wo es zu einem besseren Verständnis der Norm beiträgt, wird kurz auf die übrigen Korruptionsdelikte eingegangen werden.

3

Ein Straftatbestand gegen Bestechung und Bestechlichkeit im Geschäftsverkehr existiert in der deutschen Rechtsordnung schon seit dem Jahr 1909.[9] Dennoch blieb die damals einschlägige Vorschrift des § 12 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb („UWG“) von Strafverfolgungsbehörden und der Strafrechtswissenschaft weitestgehend unbeachtet. Auf eine umfangreiche Rechtsprechung zu den zahlreichen Zweifelsfragen bei der Anwendung der Norm kann daher nicht zurückgegriffen werden.[10] Erst seit der Ersetzung des § 12 UWG a.F. durch § 299 StGB im Jahr 1997 und der damit verbundenen Verlagerung in das Kernstrafrecht, der Aufdeckung einiger spektakulärer Fälle von Wirtschaftskorruption, der Schaffung internationaler Vorgaben zu deren Bekämpfung sowie daran anknüpfenden weiteren Reformvorhaben des Gesetzgebers finden die Tatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit von Angestellten und Beauftragten in der Privatwirtschaft durch das Schrifttum zunehmende Beachtung.[11]

4

In der Praxis der Strafverfolgungsbehörden hingegen spielt § 299 StGB bislang dennoch keine große Rolle. Zwar ist die Anzahl der Verurteilungen seit Einführung der Vorschrift stetig angestiegen, doch sind die Fallzahlen insgesamt nach wie vor niedrig und nur ein geringer Anteil der bekannt gewordenen Fälle gelangt überhaupt zur Anklage.[12] So kam es im Jahr 1998 in der Bundesrepublik lediglich zu einer Verurteilung nach § 299 StGB, im Jahr 2002 zu 23, im Jahr 2005 zu 46, im Jahr 2008 zu 72 und im Jahr 2011 zu immerhin 106 Verurteilungen.[13] Allerdings ist aufgrund des Fehlens einer klassischen „Täter-Opfer-Beziehung“[14] sowie der oftmals mangelnden Bereitschaft zur Anzeige von Korruptionsstraftaten bei der Wirtschaftskorruption im Allgemeinen von einer hohen Dunkelziffer auszugehen.[15] Jüngere Beispiele in der deutschen Wirtschaft zeigen jedenfalls, dass Bestechungszahlungen im privaten Sektor keinesfalls nur ein rechtstheoretisches Problem darstellen. Betroffen sind nahezu sämtliche Branchen und Bereiche. Bekanntestes Beispiel der letzten Jahre dürfte die sog. Siemensaffäre im Zusammenhang mit dem Anlegen schwarzer Kassen zwecks Erlangung lukrativer Aufträge im Ausland sein.[16] Auch in der „VW-Schmiergeldaffäre“, in deren Zuge Betriebsräte unter anderem mit „Lustreisen“ gewogen gestimmt werden sollten, kam es zu großer medialer Aufmerksamkeit.[17]

5

Doch sind Korruptionsskandale von diesem Ausmaß eher die Ausnahme. Abseits der spektakulären und zumeist eindeutig nach § 299 StGB strafbaren Konstellationen stellt sich demgegenüber im Geschäftsalltag – aufgrund der allgemein eher weiten Gesetzesfassung – nicht selten das Problem der Abgrenzbarkeit strafwürdiger Vorgänge zu lediglich moralisch fragwürdigen oder gar unbedenklichen Vorgehensweisen der Beteiligten. Bei den Marktteilnehmern herrscht zum Teil große Unsicherheit über die Frage, welche Zuwendungen sie im Einzelfall tätigen oder annehmen dürfen und welche nicht. Häufig bewegt sich das Verhalten der beteiligten Personen im Grenzbereich zu einer möglichen Strafbarkeit nach § 299 StGB, da regelmäßig nicht mit vollständiger Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass Ermittlungsbehörden und Gerichte den Tatbestand aufgrund seiner Weite als erfüllt ansehen. Die Untersuchung eines solchen Grenzfalls steht im Mittelpunkt dieser Arbeit.

Anmerkungen

[1]

Bannenberg in: Wabnitz/Janovsky, Kap. 10 Rn. 1.

[2]

Vahlenkamp in: Vahlenkamp/Knauß, Korruption, S. 17.

[3]

Dölling 61. DJT, Bd. 1, C9.

[4]

Lambsdorff in: Pieth/Eigen, Korruption, S. 57.

[5]

Bannenberg in: Wabnitz/Janovsky, Kap. 10 Rn. 8.

[6]

So auch Koepsel Bestechlichkeit und Bestechung, S. 21. Nach einem weiten Verständnis umfasst der Korruptionsbegriff auch die bei Bestechungszahlungen oftmals auftretenden Begleitdelikte wie §§ 202a, 204, 263, 266, 267, 353b StGB, §§ 17, 18 UWG sowie § 370 AO.

[7]

So auch Erb in: FS Geppert, S. 97.

[8]

§ 300 StGB stellt lediglich eine Strafzumessungsregel für besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr dar und findet daher im Rahmen dieser Untersuchung keine besonderen Beachtung.

[9]

RGBl. 1909, S. 499 (502).

[10]

So auch Tiedemann Wettbewerb und Strafrecht, S. 31 f.; Erb in: FS Geppert, S. 97.

[11]

Erb in: FS Geppert, S. 97 (97 f.).

[12]

Fischer StGB, Vor § 298 Rn. 2.

[13]

Werte Statistisches Bundesamt, Strafverfolgungsstatistik, Fachserie 10, Reihe 3, abrufbar unter: https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Rechtspflege/AlteAusgaben/StrafverfolgungAlt.html (abgerufen am 28.7.2013). Exemplarisch wurden einige Jahre seit 1998 herausgegriffen.

[14]

Gemeint ist, dass oftmals auf Geber- und Nehmerseite Tatbeteiligte zu finden sind.

[15]

Im Ergebnis so auch Pfefferle Korruption, S. 5; Sievers Bestechung und Bestechlichkeit, S. 24 f. Für den öffentlichen Dienst Geis in: Reichmann/Schlaffke/Then, Korruption, S. 48 f.

[16]

Für den genauen Sachverhalt vgl. BGH NJW 2009, 89 (89 f.).

[17]

Vgl. BGH NJW 2010, 92 ff.

Teil 1 Einleitung › B. Problemstellung

B. Problemstellung

6

Die Tatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr im Sinne des § 299 StGB sind seit ihrer Einführung durch das „Gesetz zur Bekämpfung der Korruption“ im Jahr 1997 einiger Kritik durch die strafrechtliche Literatur ausgesetzt. Die Übernahme in das Kernstrafrecht hätte durch den Gesetzgeber genutzt werden können, um einige der schon seit langem existenten Kritikpunkte aufzugreifen und die Vorschrift dementsprechend zu verändern. Stattdessen wurden die Probleme zum Teil noch verschärft. Insbesondere die mit dem Korruptionsbekämpfungsgesetz von 1997 einhergehende Erweiterung um die sog. Drittvorteile führte zu fortlaufenden Diskussionen in der strafrechtlichen Literatur.[1] Während nach § 12 UWG a.F. Zuwendungen an Dritte nur dann tatbestandsmäßig waren, wenn sie dem Angestellten zumindest mittelbar zugutekamen,[2] wurden fortan in Anlehnung an die entsprechende Änderung bei den §§ 331 ff. StGB und unter Verweis auf die dort angeführte Begründung ausdrücklich auch „Drittvorteile“ vom Tatbestand des § 299 StGB erfasst.[3]

7

In diesem Zusammenhang stellt sich ein besonderes Problem, wenn ein Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes[4] Vorteile, welche mit dem Ziel einer späteren Bevorzugung im Wettbewerb von einem Dritten gewährt werden, nicht für sich annimmt, sondern für die ihn anstellende Körperschaft. Durch die Erweiterung des Tatbestandes auf „Drittvorteile“ und die damit einhergehende Einbeziehung des Betriebes in den Kreis der Drittvorteilsempfänger des § 299 StGB könnte sich der Angestellte oder Beauftragte in einem solchen Fall einer Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gem. § 299 Abs. 1 StGB strafbar machen.[5] Der Vorteilsgewährende läuft spiegelbildlich Gefahr, sich wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr gem. § 299 Abs. 2 StGB strafbar zu machen.

Eine besondere Brisanz erhält die Frage einer möglichen Strafbarkeit auch durch den Umstand, dass der Betriebsinhaber[6] nach der derzeitigen Fassung des § 299 StGB nach einhelliger Auffassung kein Täter einer Angestelltenbestechlichkeit gem. § 299 Abs. 1 StGB ist.[7] Damit ist für ihn das Annehmen von Vorteilen jedweder Art jederzeit möglich. Der Vorteilsgewährende macht sich mangels tauglichen Vorteilsempfängers in diesem Fall auch nicht wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr gem. § 299 Abs. 2 StGB strafbar. Der Angestellte oder Beauftragte jedoch, der nicht selten gar mit der Einwilligung des Geschäftsherrn Vorteile für diesen annimmt, könnte aufgrund der Tatsache, dass dieser Einwilligung nach überwiegender Auffassung keine strafbefreiende Wirkung zukommt, vom Tatbestand des § 299 Abs. 1 StGB erfasst sein.[8]

8

Verstärkt wird die Problematik schließlich noch dadurch, dass das Aushandeln von Rabatten, das Ausschütten von Prämien und die Zahlung von Provisionen alltägliche Vorgänge im Wirtschaftsverkehr sind. Der Preis einer Leistung, das Locken mit besonders günstigen Angeboten sowie das Unterbieten etwaiger Mitbewerber gehören zu einem wirtschaftlichen Leistungswettbewerb dazu und machen diesen auch aus. Im Grundsatz muss es daher für den im Einkauf beschäftigten Mitarbeiter möglich sein, Vorteile für das Unternehmen auszuhandeln und anzunehmen.

9

Dennoch darf nicht verkannt werden, dass einige Verhaltensweisen im Wirtschaftsverkehr weit über das im Allgemeinen übliche Aushandeln von Rabatten hinausgehen. Außerdem könnte die Gewährung von Vorteilen an das Unternehmen selbst als bloßes Zwischenziel fungieren, den Vorteil schlussendlich doch den Angestellten oder Beauftragten des jeweiligen Betriebes zugutekommen zu lassen. Auch würde es bei genereller Straflosstellung der Beteiligten unerheblich sein, in welcher Art und in welchem Umfang die Vorteile gewährt werden. In der Praxis muss es jedoch einen Unterschied machen, ob marktübliche Rabatte auf die abzunehmende Ware gewährt oder gefordert werden oder zum Teil erhebliche, die Marktüblichkeit verlassende materielle Zuwendungen wie beispielsweise neue Firmenfahrzeuge an das Unternehmen ausgeschüttet werden. Im letzteren Fall erscheint es auf den ersten Blick eher wahrscheinlich, dass sich die jeweiligen Entscheidungsträger in der Auswahl des zu beziehenden Produkts mehr von den materiellen Zuwendungen, als durch rationale Kriterien, wie Preis und Qualität der Ware, beeinflussen lassen. Eine unsachliche Bezugsentscheidung könnte die Folge sein.

10

Aus dem beschriebenen Problem ergibt sich die Notwendigkeit, korrupte und strafwürdige Verhaltensweisen von dem im Rechtsverkehr erlaubten Aushandeln oder Annehmen von Vorteilen für das eigene Unternehmen abzugrenzen. Die nachfolgende Arbeit versucht eine Antwort auf die bislang nicht hinreichend geklärte Frage zu geben, in welchen Fällen die Annahme von Vorteilen durch Angestellte und Beauftragte für das eigene Unternehmen ein Strafbarkeitsrisiko wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gem. § 299 Abs. 1 StGB nach sich zieht. Durch die spiegelbildliche Ausgestaltung des Tatbestandes der Bestechung im geschäftlichen Verkehr gem. § 299 Abs. 2 StGB wird dabei auch die Frage mitbeantwortet, wie der Vorteilsgewährende in den fraglichen Konstellationen aus strafrechtlicher Sicht zu behandeln ist.

Anmerkungen

[1]

Vgl. etwa Geerds JR 1996, 309 (312). Allerdings bezogen sich die Ausführungen – so auch die von Geerds – zunächst primär auf die insoweit identische Erweiterung der §§ 331 ff. StGB. Für § 299 StGB siehe zuletzt etwa Grützner/Momsen/Behr NZWiSt 2013, 88 (88 ff).

[2]

Vgl. GK-UWG-Otto § 12 Rn. 15. Für §§ 331 ff. StGB siehe HWSt-Rönnau III, 2 Rn. 23.

[3]

Zur Begründung des Gesetzgebers vgl. BT-Drucks. 13/5584, S. 15.

[4]

Zu der Unterscheidung der Begriffe „geschäftlicher Betrieb“ und „Betriebsinhaber“ siehe ausführlich Grützner/Momsen/Behr NZWiSt 2013, 88 (88 ff.). Speziell in Bezug auf die Annahme von Drittvorteilen macht es letzten Endes aber keinen Unterschied, ob die Vorteile zugunsten des geschäftlichen Betriebes oder dessen Trägers bzw. Eigentümers angenommen werden. Daher wird eine generelle Unterscheidung nachfolgend auch nicht vorgenommen.

[5]

So kommt nach derzeit h.M. als „Dritter“ auch der geschäftliche Betrieb in Betracht, für den der Angestellte oder Beauftragte tätig ist. So Sch/Sch-Heine § 299 Rn. 12; MüKo-StGB-Diemer/Krick § 299 Rn. 10; NK-Dannecker § 299 Rn. 41; LK-Tiedemann § 299 Rn. 26; Heiß Bestechung und Bestechlichkeit, S. 31; Corsten Einwilligung, S. 304; Ulbricht Bestechung und Bestechlichkeit, S. 73 f.; Sprafke Korruption, S. 139; Kienle/Kappel NJW 2007, 3530 (3532); Lesch AnwBl. 2003, 261 (264); Bürger wistra 2003, 130 (131). Offen hingegen bei Fischer StGB, § 299 Rn. 11a. A.A. SK-Rogall § 299 Rn. 48.

[6]

Der Begriff ist zumindest in Bezug auf § 299 StGB gleichzusetzen mit dem des Geschäftsinhabers oder des Geschäftsherrn und wird in der Folge – um eine Vielzahl von Wiederholungen zu vermeiden –uneinheitlich verwendet. Es handelt sich dabei stets um den Träger des geschäftlichen Betriebes.

[7]

Zur fehlenden Täterqualität vgl. Joecks StGB, § 299 Rn. 5; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 213; Bannenberg in: Wabnitz/Janovsky, Kap. 10 Rn. 101; HWSt-Rönnau III 2 Rn. 8; Bannenberg Korruption, S. 25; Pfefferle Korruption, S. 13; Mitsch Strafrecht BT II/2; § 3 Rn. 217.

[8]

Zu einem möglichen Strafausschluss durch das Einverständnis des Geschäftsherrn auf Tatbestands- oder Rechtfertigungsebene vgl. ausführlich Rn. 263 ff.

Teil 1 Einleitung › C. Gang der Untersuchung

C. Gang der Untersuchung

11

Zunächst werden im zweiten Teil der Arbeit grundsätzliche Erwägungen angestellt, welche die für die weitere Untersuchung notwendigen Grundlagen vermitteln sollen. Neben einer Darstellung der historischen Entwicklung und des geschützten Rechtsguts des § 299 StGB werden die ökonomischen Grundlagen des Wettbewerbs skizziert und die Frage einer möglichen Wettbewerbsakzessorietät des Bestechungstatbestandes erörtert. Schließlich wird kurz auf das Verhältnis zu den Amtsträgerdelikten der §§ 331 ff. StGB eingegangen.

Im dritten Teil der Arbeit werden zunächst einige Beispielsfälle dargestellt, in denen Vorteile zugunsten des Unternehmens, für welches der Angestellte oder Beauftragte tätig ist, angeboten oder gefordert werden. Die Lösung der Beispielsfälle nach der herkömmlichen Interpretation des § 299 StGB wird deutlich machen, dass das strafrechtliche Bestechungsverbot eine bedenkliche Weite erreicht hat. Deshalb werden nachfolgend bisherige Lösungsansätze zu einer restriktiven Auslegung des § 299 StGB dargestellt und jeweils einer kritischen Bewertung unterzogen. Im Anschluss wird ein eigener Lösungsansatz vorgestellt. Neben methodischen Überlegungen werden hier auch einige grundsätzliche Erwägungen des zweiten Teils aufgegriffen, um ein sachgerechtes Ergebnis zu erzielen. Schließlich wird diskutiert, ob aufgrund der Untersuchungsergebnisse de lege ferenda Änderungen am Tatbestand des § 299 StGB vorzunehmen sind.

Der vierte Teil der Arbeit fasst die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung zusammen. Ferner wird ein kurzer Ausblick über die künftig zu erwartende Entwicklung des § 299 StGB und deren Auswirkungen auf den Untersuchungsgegenstand gegeben.

Teil 2 Grundsätzliche Erwägungen

Teil 2 Grundsätzliche Erwägungen

Inhaltsverzeichnis

A. Historische Entwicklung des § 299 StGB

B. Ökonomische Grundlagen des wirtschaftlichen Wettbewerbs

C. Geschützes Rechtsgut

D. Wettbewerbsakzessorietät des strafrechtlichen Bestechungsverbots

E. Überblick zu den Amtsträgerdelikten der §§ 331 ff. StGB

Teil 2 Grundsätzliche Erwägungen › A. Historische Entwicklung des § 299 StGB

A. Historische Entwicklung des § 299 StGB

12

Um das Rechtsgut des heutigen Delikts der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr ermitteln zu können, ist es unerlässlich, die historische Entwicklung des § 299 StGB aufzuzeigen. Aus ihr können Rückschlüsse auf die Intention des Gesetzgebers bei der Schaffung der Vorschrift und möglicherweise auf den Sinn und Zweck des Tatbestands gezogen werden. Das Bedürfnis nach Sanktionierung wettbewerbsrechtlicher Verstöße ist dabei eng an die Entwicklung des Gewerbes und des freien Wettbewerbs als notwendige Ausgangsposition für das Entstehen unlauterer Geschäftspraktiken geknüpft. Ein Wettbewerb im Gewerbe entsteht dann, wenn mehrere gleichartige Gewerbe nebeneinander betrieben werden und ein jeder versucht, seine jeweiligen Leistungen abzusetzen. Dies ist naturgemäß erst dann möglich, wenn sich die Naturalwirtschaft in eine Tausch- und Geldwirtschaft gewandelt hat.[1]

Teil 2 Grundsätzliche Erwägungen › A › I. Vor Einführung der Gewerbefreiheit

I. Vor Einführung der Gewerbefreiheit

13

Dem germanischen Recht (bis ca. 500 n. Chr.) waren das Wettbewerbsrecht und damit auch die Sanktionierung wettbewerbsrechtlicher Verstöße noch fremd. Es existierte eine primär auf Eigenbedarf ausgerichtete Wirtschaftsstruktur.[2] Geld war zwar schon vorhanden, wie entsprechende Münzfunde belegen, doch war es den Germanen als Handelsgut weitestgehend unbekannt. Stattdessen diente es oftmals religiösen Zwecken oder wurde schlichtweg als Schatz gehortet.[3] Das Volk war in Gemeinschaften gegliedert, welche vor und über dem einzelnen Individuum standen.[4] Wichtigste Gemeinschaft war dabei die Sippe[5]. Die genossenschaftliche Herrschaftsstruktur und die auf Bedarfsdeckung ausgerichtete Wirtschaft benötigten noch keine wettbewerbsrechtlichen Regeln.

14

Auch in der fränkischen Zeit (ca. 500-900 n. Chr.) fehlte es noch an wettbewerbsrechtlichen Normen. Grund dafür waren vor allem die Kontroll- und Bannbefugnisse der Grundherren.[6] Die Abnahme gewerblicher Waren war auf bestimmte Gewerbebetriebe beschränkt.[7] Zunächst stand auch hier die Deckung des Eigenbedarfs in der jeweiligen Grundherrschaft im Vordergrund. Das Maß der Betätigung wurde durch die eigenen Bedürfnisse sowie die der Grundherrschaft reguliert.[8] Der Aufschwung der gewerblichen Tätigkeit durch die zunehmende Bevölkerungsdichte in den einzelnen Grundherrschaften führte erst nach und nach zu der Einführung einer gewissen Wettbewerbsstruktur. Damit einher gingen Verbesserungen des Betriebs und seiner Erzeugnisse. Einige Betriebe erhielten Zinslehen, die an die Verpflichtung zur Erbringung bestimmter gewerblicher Leistungen geknüpft wurden.[9] In der weiteren Entwicklung wurde der Betrieb des Handwerks als Amt verliehen und mit einem Grundstück sowie weiteren Rechten ausgestattet. In dieser Folge entstanden die Realrechtsgewerbe, deren herrschaftliche Verleihung sowohl Rechte als auch Pflichten begründete.[10] Vorteilhaft für den Realrechtsinhaber war, dass andere Betriebe von der Ausübung des Gewerbes am gleichen Ort ausgeschlossen waren. Auf der Gegenseite war der Amtsinhaber jedoch verpflichtet, die Bedürfnisse seines Herrschaftsbereiches zu befriedigen, seine Dienstleistungen der Grundherrschaft zur Verfügung zu stellen und die Preise auf einem niedrigen Niveau zu halten. Die Ausübung des Gewerbes blieb daher stets ein vom Grundherrn abgeleitetes Herrschaftsrecht.[11]

15

Im Mittelalter erkannten die Gewerbetreibenden zunehmend die wirtschaftliche Bedeutung ihrer Arbeit.[12] Die Interessen des Handwerks deckten sich infolge der Ausweitung der Tätigkeit über die bloße Selbstversorgung hinaus nicht mehr mit den Interessen der Grundherren. Auf der Kaufmannsseite entwickelten sich in der Folge die Gilden, die alsbald die Führung der Stadtherrschaft übernahmen. Die Handwerkerschaft auf der anderen Seite sah sich durch die Geschlossenheit der Kaufmannschaft ebenfalls dazu veranlasst, sich zusammen zu schließen, und gründete zunächst so genannte Brüderschaften, dann Innungen und schließlich Zünfte.[13] In der Folge eines politischen Machtkampfes zwischen den Gilden und den Zünften um die Vorherrschaft in den Städten entstand der Zunftzwang.[14] Damit sollte ein geschlossenes Auftreten gegenüber den Kaufleuten erreicht werden. Jeder, der ein Gewerbe betreiben wollte, musste Mitglied der Zunft sein. Häufig gab es nicht unerhebliche Hürden wie beispielsweise hohe Gebühren, das Erfordernis eines besonderen Bildungsstandes sowie die Erlangung des Bürgerrechts. Nach außen hin wurde die Möglichkeit einer Konkurrenz gegen die Zunft durch Maßnahmen wie Einfuhrbeschränkungen und die Festlegung und Begrenzung der Tätigkeitsbereiche und Arbeitsgebiete der Zünfte unterbunden.[15] So wurde freier Wettbewerb schon vor seiner Entstehung im Keim erstickt. Um unter ihren Mitgliedern gleiche Bedingungen zu schaffen, unterbanden die Zünfte zudem jedwede unlautere Konkurrenz durch disziplinarische oder gewerbepolizeiliche Maßnahmen. So war beispielsweise bei den Schlossern zu Speyer (1539) sowie den Kistenmachern zu Lübeck (1508) das „abwendig machen von Kunden“ untersagt.[16] Auch war das Recht auf Ausübung der gewerblichen Tätigkeit meist dahingehend beschränkt, dass der Gewinn eines Gewerbetreibenden den der anderen Zunftgenossen nicht übersteigen durfte. Ein erhöhter Gewinn stellte eine Rechtsverletzung der jeweiligen Zunft dar.[17] Es existierten zahlreiche weitere zunftinterne Vorschriften, die ebenfalls das Ziel verfolgten, einen gleichmäßigen Erwerb herbeizuführen. Es gab Beschränkungen bei der Maximalzahl der erlaubten Gehilfen, einen Maximallohn für Gehilfen, der das Anwerben bei der Konkurrenz unterbinden sollte, Beschränkungen in der Arbeitszeit, der Arbeitsmittel und der Produktionsmenge sowie die Festlegung bestimmter Tätigkeitsbezirke und das Verbot, die bereits begonnene Arbeit eines Konkurrenten fortzuführen.[18] Die strenge interne Wettbewerbsbeschränkung, die auf dem Wesen des genossenschaftlichen Zunftrechts beruhte, verhinderte zugleich auch korruptes und unlauteres Geschäftsverhalten.

16

Erst ab Beginn des 17. Jahrhunderts begann die Monopolstellung der Zünfte zu bröckeln. Eingeleitet wurde diese Entwicklung durch die weitere Intensivierung des Wirtschaftsverkehrs und sich mehrende Missstände in den Zünften.[19] Der Zunftzwang wurde zunehmend in einem eigennützigen Sinn aufgefasst und es wurde unter verschiedenen Vorwänden versucht, die Aufnahme weiterer Mitglieder zu verhindern.[20] Dem versuchten damalige Polizeiordnungen entgegen zu wirken, indem sie vorschrieben, dass die Aufnahme in der Zunft nicht grundlos verweigert werden durfte.[21] Damit wurde den Meistern der Zünfte ihr vielleicht wichtigstes Sonderrecht aberkannt.[22] Die Landesherren vergaben an Handwerksorganisationen Konzessionen in Form von Generalprivilegien und Gildebriefen.[23] Die Ahndung wettbewerbsrechtlicher Verstöße wurde zur Aufgabe der territorialen Polizei. Damit rückten erstmals Konsumenteninteressen der Allgemeinheit in den Vordergrund. Der seit Beginn des 17. Jahrhunderts aufkommende bürgerliche Geist stand in einem erheblichen Gegensatz zum Zunft- und Monopolgeist des Mittelalters und leitete den Beginn des Frühkapitalismus ein.[24] Dennoch war die Betreibung eines Gewerbes nach wie vor streng reglementiert. Freier Wettbewerb fand nur in geringem Maße statt. Folgerichtig bestand auch nur ein äußerst eingeschränktes Bedürfnis an der Sanktionierung wettbewerbsrechtlicher Verstöße durch allgemein gültige Normen.

Teil 2 Grundsätzliche Erwägungen › A › II. Die Einführung der Gewerbefreiheit

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Hacim:
500 s. 1 illüstrasyon
ISBN:
9783811440425
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:

Bu kitabı okuyanlar şunları da okudu