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Das kleine ABC des Staatsbesuches

A

Ablaufprogramm | Regieanweisungen für den Staatsbesuch. Darin sind alle Bewegungen aller Beteiligten von der Ankunft bis zum Abflug des Gastes verzeichnet. Kann zur veritablen Choreografie ausarten und den Besuch in ein Staatsballett verwandeln. In seinen ambitionierten Versionen ist im A. verzeichnet, wer wann welche Türe öffnet, in welcher Anordnung zu welchem Anlass wer wie Aufstellung nehmen muss und was die Welt im Innersten – unter uns gesprochen – zusammenhält. Führt bei der Erstellung zu Sehnenscheidenentzündungen bei Schreibkräften und Nervenzusammenbrüchen von PROTOKOLLbeamten. Das A. besteht aus einem kurzen Teil, der das PROGRAMM mehr oder weniger widerspiegelt, und aus einem Anhang, der WAGENFOLGEn, Zimmereinteilungen, Aufmarschpläne (eh die friedlichen für Kranzniederlegungen und so), Passagierlisten und Telefonnummern beinhaltet. Das Verhältnis von PROGRAMM und Anhang pendelt sich in etwa bei 1 : 8 ein, ein Konvolut, das also schon als wissenschaftliche Publikation gelten kann – wenn’s nur publik wäre. Aber das kann man von einer Geheimwissenschaft nicht verlangen.

Abreißen des Konvois | Zwangsläufige Begleiterscheinung bei komplizierten Autofahrten während eines Staatsbesuches. Personen im hinteren und also abgerissenen Teil des KONVOIs meinen zwar häufig, der vordere Teil sei ausgerissen, aber das ist nicht mehr als ein Geplänkel unter Verlierern. Zum Leidwesen des abgerissenen Teiles finden die darauffolgenden PROGRAMMpunkte des Besuches ohne diesen statt, weil er in den Fluten des Straßenverkehrs versinkt. Und während der ausgerissene Teil über abgesperrte, leergefegte Straßen rast, die Unbill der Welt und des Individualverkehrs in Großstädten für Sekunden vergessend, erwehrt sich der abgerissene Teil nur mit Not der Rache der Verkehrsteilnehmer, die hinter demokratischen Tretgittern unter polizeilicher Aufsicht auch noch das Vorbeituckern der letzten offiziellen Rostschüssel abwarten dürfen.

Abschreiten | Hochseilakt der BEGRÜSSUNG mit MILITÄRISCHEn EHREN. Statt des Seiles dient ein langer ROTER TEPPICH als Unterlage, was den Akt als solchen allerdings nicht einfacher macht. Abgeschritten wird in Österreich eine EHRENFORMATION des BUNDESheeres, die entlang dem ROTEN TEPPICH Aufstellung genommen hat. Seinen mythisch-symbolischen Ursprung findet dieser Akt in der schlichten Tatsache, dass dem Gast die leeren Gewehrmagazine der Soldaten gezeigt werden sollen, damit dieser sich von der freundlichen Absicht des Gastgebers überzeugen kann. Nichtsdestoweniger ertönen während des A. trommelwirbelähnliche Trompetenstöße, die eher an ein Erschießungskommando erinnern als an eine freundschaftliche BEGRÜSSUNG. Dies mag mit ein Grund dafür sein, dass Länder wie etwa Slowenien das A. der EHRENFORMATION mit fröhlicher, slawischer Marschmusik unterlegen. Fröhlich? Slawisch? Sie könnte auch aus einem Fellini-Film stammen – das heißt, molto cantabile. Dass es schließlich besonders fidel in Norwegen zugeht, ist nur auf die bekannte Heißblütigkeit der Skandinavier zurückzuführen (und der Skandinavierinnen). Dort nämlich, am staubigen Platz vor dem KÖNIGlichen Schloss in Oslo, erklingt zum A. das ubiquitär geliebte »Drei Chinesen mit dem Kontrabass«.

Absolutes Alphabet | Alphabet, das Reihungen in der jeweiligen LandesSPRACHE vornimmt. Kommt bei multilateralen Begegnungen vor, wenn Länder alphabetisch gereiht werden. Nach Deutschland kommt dann Estland (Eesti) genau vor Griechenland (Ellas).

Alternat | Originale eines BILATERALen Vertrages, die häufig in offiziellen Zeremonien bei Staatsbesuchen durch Minister unterzeichnet werden. Verdanken ihren Namen dem Umstand, dass in den jeweiligen Versionen das eigene Land an erster Stelle genannt wird. Das A. zählt damit schon zu den wirklichen Feinheiten völkerrechtlicher Behutsamkeit, ungeachtet der Frage, ob diese im Alltag irgendeine Entsprechung aufweist. Damit klar ist, wo unterschrieben werden muss, werden bunte Zettelchen bei den entsprechenden Seiten eingelegt. Umgeblättert wird nicht von den Unterzeichnenden selbst, sondern der Würde des Moments entsprechend durch Sekretäre oder Personen, die für die Dauer der Zeremonie als Sekretäre firmieren. Die Staatsoberhäupter selbst stehen hinter den Unterzeichnenden und unterstreichen dadurch die Bedeutung des Geschehens.

Ananasdamast | Überall in der HOFBURG anzutreffende Stofftapete, auf deren karminrotem Hintergrund ein florales Muster aus ineinander verschlungenen Ananaspflanzen und -früchten gezeigt wird (dilettantischer Versuch einer Ekphrasis seitens des Autors). Der Bezeichnung zum Trotz handelt es sich bei den Abbildungen nicht um Ananasfrüchte, sondern um Pinienzapfen. Eines von beiden ist ein Fruchtbarkeitssymbol. Mit A. ist auch die viel besprochene TAPETENTÜRE bespannt, durch die man in das Arbeitszimmer des BUNDESpräsidenten gelangt.

Die existenzielle Bedeutung von Tapeten exemplifiziert der Bericht, wonach die letzten Worte des großen Oscar Wilde – auf einer Chaiselongue liegend, skeptisch gehaucht – gelautet haben sollen: »Entweder die Tapete verschwindet, oder ich verschwinde.«

Ankündigungssignal | Dreimaliges Trompetensignal, das die Ankunft des Staatsgastes im Inneren Burghof ankündigt. Erfolgt in der Regel entweder zu früh oder zu spät und ist je nach Disposition des Musikers der Gardemusik richtig oder falsch. Jedenfalls aber sehr staatstragend.

Aperitif | Das angstvolle Warten, neben wem man wohl bei Tisch zu sitzen kommt, erleichtert durch ein überschaubares Angebot von Stimmungsmachern à la Champagner, GIN & TONIC etc. sowie Salz-, MOHN- oder Käsegebäck. Findet in Österreich im JAGDZIMMER und im MARIA-THERE-SIEN-ZIMMER der PRÄSIDENTSCHAFTSKANZLEI statt und dehnt sich bis zum Eintreffen der letzten hochrangigen Gäste aus. Am Kleinen A. dürfen nur die höchstrangigen Gäste in einem gesonderten Raum teilnehmen.

Aristoteles | Griechischer Philosoph, Lehrer von Alexander dem Großen. Findet immer wieder Eingang in politische Gespräche, etwa durch demokratiepolitische Exkurse des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez oder durch erkenntnistheoretische des iranischen Staatspräsidenten Mohammed Khatami. A. hat viele ziemlich schwierige, aber kluge Sachen geschrieben, leider in einer SPRACHE, in der Substanz »hypokeimenon« und Wechsel »metabole« und Gelegenheit »kairos« heißen. A.s Schriften sind daher nur schwer zu verstehen, und wenn man sie versteht, weiß man noch nicht, ob man sie verstanden hat. A. galt aber auch als Verfasser durchaus heiterer Werke wie etwa der »77 Tricks zur Steigerung der Staatseinnahmen«.

Aufschlagen | Militärischer und also martialischer und also in Österreich eigentlich herziger Ausdruck für das Deponieren eines Anliegens. Kann fernmündlich (telefonisch), mündlich oder schriftlich erfolgen. Eine Anfrage, die gestellt wurde, hat bereits aufgeschlagen, ein Schreiben, das noch in der Kanalisation der Bürokratie grundelt, wird aufschlagen. Und selbst wenn Karl Kraus meinte, dass einen Brief abschicken in Österreich zu Recht »ihn aufgeben« heiße, muss man dem entgegenhalten: Bei den Militärs schlägt auch ein aufgegebener Brief auf. Sonst wären sie ja arbeitslos, und darum heißt es auf der Hut sein. Ähnlich kryptisch verhält es sich mit dem Ausdruck »aufwuchsfähig«, der dann Verwendung findet, wenn eine Organisation mehr Dienstposten hat, als es dem gesunden Menschenverstand einleuchten will. Das ist dann Aussendungen zufolge immer für Zeiten, wo es eben nicht so gemütlich zugeht, mehr Personal erforderlich sein könnte und man klarerweise aufwuchsfähig sein muss.

Aufziehen | Ausdruck, der für die Aufstellung des FahrzeugKONVOIs verwendet wird. Das A. erfolgt auf Grundlage der WAGENFOLGE.


B

Badge | Scheckkartengroßes Schild, das während eines Staatsbesuches getragen werden muss. Weist einen als Mitglied einer bestimmten DELEGATION aus. Zeigt neben dem Namen des Trägers und dem Anlass entweder ein O für Offizielle DELEGATION, ein W für WirtschaftsDELEGATION, ein K für KulturDELEGATION oder ein J für JOURNALISTEN-DELEGATION. Steht ein S darauf, ist die SICHERHEIT gemeint. Das ist auch wichtig, denn die zwei Meter großen, kurz geschorenen Herren hätte man sonst glatt übersehen.

Baumpflanzung | Geste der bleibenden Präsenz des Staatsgastes. Während unsereins – sterblich, hinfällig, unbekannt, unbenannt – Briefmarken sammelt, sammeln manche Staaten Bäume mit TAFELn. Im Zuge von multilateralen Treffen kommt es so zur Pflanzung ganzer Wälder, in denen sich nach Abreise der hohen Gäste Liebespaare räkeln. Reicht es für Wälder nicht, bleibt immer noch die gern genutzte Möglichkeit, Rosen oder Orchideen nach wichtigen politischen Repräsentanten zu benennen. So ist der Ehrenhof der Wiener UNO-City gesäumt von einer Rosensorte namens »Kurt Waldheim«, während sich Singapur Orchideen der Unterarten »Margaret Thatcher«, »Václav Klaus« und auch »Heinz Fischer« gönnt.

Beglaubigungsschreiben | Schreiben, das ein neuer Missionschef (also Botschafter) dem Staatsoberhaupt des Gastgeberlandes überreichen muss, um offiziell agieren, also auftreten zu können. Die Überreichung des B. findet in besonders kurzem und feierlichem Rahmen statt, in der HOFBURG wurde dafür in der Regierungszeit von Maria Theresia eine Freitreppe errichtet, die sogenannte GesandtenSTIEGE, die heute BotschafterSTIEGE heißt. Sie wird heute allerdings zweckentfremdet verwendet, etwa als Ausgang der Besucher der Freizeit-, Tourismus-, Boots- oder Erotikmesse. Dankenswerterweise befindet sich die Freitreppe außerhalb der PRÄSIDENTSCHAFTSKANZLEI im Schweizerhof.

Begleitung | Mitwirkende an verschiedenen Teilen des PROGRAMMs. Personen, die konkrete Aufgaben zugewiesen bekommen und übernommen haben, wie etwa der TECHNISCHE DIENST. Das unterscheidet die B. von der DELEGATION.

Begrüßung | Die B. ist der Auftakt der MILITÄRISCHEN EHREN. Mit ihr wird coram publico demonstriert, in welchem Verhältnis man zum Gast respektive Gastgeber steht. Vom höflichen Händedruck über den höfischen HANDKUSS bis hin zur realsozialistischen Busserl-Orgie spannt sich der Bogen solch erster Kontaktnahme. Wer auch das staunende Volk begrüßen will, das man hinter diversen Autos und SICHERHEITsleuten vermuten darf, winkt auf Verdacht in die Landschaft und kann hoffen, ebenfalls bewunken zu werden.

Bellariazimmer | Die ersten beiden Räume der Österreichischen PRÄSIDENTSCHAFTSKANZLEI. Der erste Raum heißt 1. B., der zweite Raum der schönen Ordnung halber 2. B. Beide beeindrucken in erster Linie durch die sich darbietende Zimmerflucht, die zumindest Respekt einflößend genannt zu werden verdient. Darüber hinaus befinden sich im 1. B. Ölgemälde von Kaiser LEOPOLD I., dessen erster Frau Margarita Teresa sowie Kaiser Karl VI., dem Vater Kaiserin Maria Theresias, an den Wänden sowie im 2. B. schöne Pastelle, die eben die Tochter des Herrn Karl sowie deren Gemahl, Franz Stephan von Lothringen, zeigen. Diese beiden Darstellungen wurden vom Schweizer Maler Jean-Étienne Liotard angefertigt, der als »peintre turc« im 18. Jahrhundert von einem Hof Europas zum nächsten gereicht wurde. Bekannt ist vor allem seine »Belle Chocolatière«, das schöne Schokoladenmädchen, ein Bild, das unangenehmerweise in der Dresdener Gemäldegalerie hängt, immerhin aber ein waschechtes Wiener Mädl darstellen soll.

Berufstitel | Sagen nichts über den Beruf aus. Sie heißen so, um sie von Amtstiteln zu unterscheiden, die man wiederum als Beamter oder Beamtin so zwangsläufig bekommt, wie ein Kleinkind die Feuchtblattern. Dieses geht vorbei, jenes schreitet voran. Der B. hingegen sagt etwas über die Berufung aus, die nicht zum Beruf werden konnte. Beispielhaft ist hier der B. »Professor« zu nennen. Wer keine akademische Karriere machen konnte oder wollte, sich ab dem 50. Lebensjahr aber doch im Spiegel als professoral erkennt, dem kann der B. »Professor« durch den HBP verliehen werden. Das betrifft ganz unterschiedliche Berufsgruppen wie Schlagersänger, Köche oder Sportler. Knifflig wird es beim B. »Hofrat«, denn ihn gibt es auch als Amtstitel. Mit dem Unterschied, dass der amtsbetitelte Hofrat mit seiner Versetzung in den Ruhestand ein Hofrat in Ruhe (HR i. R.) ist, während sein berufsbetitelter Kollege nie in Ruhe geht. Der Beruf mag vergehen, die Berufung bleibt wie die Filzlaus. Dass die vermutlich einzige Skulptur eines Hofrates ausgerechnet im Zwergenpark von Schloss Weikersheim steht – was kann man dazu sagen? Und keine kontextualisierende TAFEL erläutert, ob er ein Amtstitelträger war oder ein B.-träger.

Best-Guess-Prinzip | PROGRAMMerstellung eines BILATERALen Besuches nach unilateralen Prinzipien. Entspringt nicht der Hybris, besser zu wissen, wie Besuche in einem anderen Land ablaufen, sondern dem verzweifelten, aber erfolglosen Ringen um eine Antwort auf grundlegende Fragen des Ablaufes. Irgendwann löst sich meist das Schweigen, alle Annahmen lösen sich wie Frühnebel auf, und der zwangsbedingte Unilateralismus mündet im gewohnten BILATERALen Chaos.

Besuchsankündigung | Schöne Gepflogenheit (siehe auch ÜBUNG), einen Staatsbesuch zeitgleich in beiden Ländern per Aussendung anzukündigen. Dient weniger der Information der Öffentlichkeit als vielmehr der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit auf Beamtenebene. Unterschiedliche Zeitzonen können sich dabei als Herausforderung erweisen, weil Zeitgleichheit bei Zeitungleichheit zum Kräftemessen der Nationen ausarten kann. Wessen 12 Uhr ist letztendlich gemeint, jenes in Wien oder jenes in Neu-Delhi, jenes in Wien oder jenes in Peking, jenes in Wien oder jenes in Brasilia? Da lobt man sich die eigene erdige Scholle. Denn diese Probleme gibt es zwischen St. Pölten und Potzneusiedl nicht.

Bezeichnungen | Höchste Konzentration erfordert es, die korrekten B. für Länder und Funktionen in den Unterlagen zu berücksichtigen. Die Schweiz heißt offiziell nämlich etwa Schweizerische Eidgenossenschaft, Ungarn hat vor ein paar Jahren den Zusatz Republik verloren, und der Iran ist natürlich eine Islamische Republik. So viel Zeit muss sein. Staatsoberhäupter können Präsidenten, Staatspräsidenten, BUNDESpräsidenten, Großherzöge, Emire, Staatsräte, KÖNIGe oder Kaiser sein. Wer besonders höflich ist, nennt den Präsidenten von Irland Uachtarán na hÉireann und vor allem den Premierminister (bei dem wird das sogar erwartet) »An Taoiseach« (ausgesprochen: an teschach).

Bilateral | Übliche Form politischer Begegnungen. Bezieht sich auf den Umstand, dass nur zwei Länder, nur zwei Seiten oder Grenzen involviert sind. In der Sprachwissenschaft bezeichnet b. eine Artikulationsform, bei der die Luft links und rechts der Zunge verströmt wird. Auch bei b.en Treffen wird häufig Luft verströmt. Eine nicht b.e, sondern einseitige, also bloß laterale AusSPRACHE erzeugt hingegen bestenfalls dialektale Nebenformen wie das sogenannte »Meidlinger L«, das sich selbst bei österreichischen TV-Moderatoren in durchaus uncharmanter Weise hören lässt. In der Politik entspricht diesem Fehler der Unilateralismus, der wiederum als Hegemonie bekannt ist (die es in der Sprachwissenschaft nicht einmal als Sprachfehler gibt – und das will etwas heißen!).

Blumenschmuck | Versuch, inmitten von historischer Pracht, hohen Beamten und höchsten Politikern auch etwas Schönes und Lebendiges zu bieten. Zwei Philosophien sind bei der Auswahl des B. zu unterscheiden: jene, die eine höfliche – in Wien sogar charmante – Geste setzen will (in Wien ist man lieber unhöflich, aber charmant als umgekehrt) und Blumen in den Nationalfarben des Gastes wählt (bei rascher Abfolge von Besuchen aus Luxemburg, den Niederlanden, Serbien, Kroatien, Tschechien, der Slowakei, Frankreich und den USA wäre eine mehrmalige Nutzung der blau-weiß-roten Gestecke vorstellbar), und jene, die die eigenen Nationalfarben bevorzugt. Diese zweite Philosophie wird in jungen Demokratien und erst seit Kurzem unabhängigen Staaten bevorzugt, da sie die überall notwendige nationale Selbstversicherung unterstützt. Darüber hinaus hilft sie dem Gast, sich zu erinnern, in welchem Land er sich eben befindet. Eine besondere Art des B. ist der LORBEER (dessen Farben allerdings nur bei Besuchern aus Saudi-Arabien nationale Gefühle hervorzurufen vermögen).

Briefing | Auch »Inhaltliches B.« genannt, um es von der stumpfen Erklärung zu erwartender Ereignisse und geplanter Abläufe zu unterscheiden. Wird vom Botschafter geleitet und findet in der RESIDENZ des HBP, also meist in einem Meetingroom des Hotels statt. Dient der gesamten DELEGATION zur Information und dreht sich um Themen, die in der INFOMAPPE aus SICHERHEITsgründen nur angedeutet werden konnten. Behandelt Politik, Militär und Wirtschaft. Wenn Zeit bleibt, kommt auch die Kultur zur SPRACHE. Da es sich um streng vertrauliche Informationen handelt, findet das B. auch nur in ganz sicheren Räumen statt. Eben im Meetingroom oder Ballroom oder der Conference Hall eines ganz sicherlich nicht verwanzten Hotels. Wen über das B. hinaus der Wissensdurst plagt, der muss sich noch vertraulicheren Quellen zuwenden. Etwa dem Fischer Weltalmanach oder Wikipedia.

Bundes | Findet sich bei der Vorbereitung von Staatsbesuchen in vielen Wortzusammensetzungen und ist somit ein schönes Beispiel für einen selbsterklärenden Ausdruck, der eben verbindet. B. macht aus Dutzendwörtern, die in Österreich überall anzutreffen sind, einzigartige BEZEICHNUNGEN: Präsident – B.präsident. Ja, manchmal muss, wie man sieht, sogar ein Wahlkampf um diesen zusammengezogenen Genitiv geführt werden. B. tritt im Zusammenhang mit Staatsbesuchen auf allen Ebenen auf: B.präsident, B.kanzler, B.HYMNE, B.heer, B.mobiliendepot, B.pressedienst, B.gärten, B.polizeidirektion etc.

Businesstrip | Angeblich abgespeckte, kostengünstige und wesentlich effizientere Variante des Staatsbesuches, die nie Wirklichkeit wurde. Dem B. haftet der Makel an, dass der HBP kein Wirtschaftstreibender und Österreich keine Firma ist. Weitblickende Theoretiker haben daher auch die Betriebs- von der Volkswirtschaftslehre getrennt. Diese Unterscheidung wird von Betriebswirten gerne vergessen.


C

Canapé | Nicht gemeint ist das Liege- oder Sitzmöbel, das auch als Sofa, Couch oder Chaiselongue bekannt ist und im unteren Preissegment nordische Namen wie Snudda oder Björn trägt. Gemeint ist vielmehr ein kleines rindenloses Brot, auf das diverse Käsesorten, Krustentiere, Fischeier, Gemüse oder Schinkenblätter getürmt werden. Das C. hat im Ablauf eines Staatsbesuches eigentlich keine streng definierte Rolle und findet seinen verdienten Platz in dieser Aufzählung nur, weil es das bevorzugte Grundnahrungsmittel der Diplomatie und all jener ist, die sich der Diplomatie zugetan fühlen. Wandert vom Tablett in die Hand und von dort auf die Krawatte. Wie es von dort in den Mund kommt? Das ist »höhere Diplomatie«.

Cäsarenwahn | Psychische Disposition einzelner Politiker, die sich in gelenkten Demokratien oder solchen Ländern, die die Demokratie gänzlich zugunsten des Lenkens aufgegeben haben, häufiger antreffen lässt als in freien Demokratien. C. wirkt sich auch auf Staatsbesuche aus und verleiht den Aufenthalten der DELEGATIONen den Charakter eines Haftfreigangs. Die zuständigen Beamten des Gastgebers agieren dabei als Bewährungshelfer.

Champagnermeridian | Jene magische Grenze bei einem Staatsbankett, bis zu der man noch Gelegenheit hat, einen Schluck Schaumwein zum Dessert zu nehmen. Und das aus folgendem Grund: Da höherrangige Gäste zuerst bedient werden und die Zahl der Kellner kein gleichzeitiges Service für alle Gäste ermöglicht, ist der offizielle Teil des Essens am Ehrentisch bereits beendet, wenn am unteren Teil der TAFEL eben erst der Champagner in die Gläser gefüllt wird. Wer keinen Champagner mehr bekommt, sollte sich gesellschaftlich verbessern oder Antialkoholiker sein. Oder beides, wenngleich man sich in Österreich mit Letzterem selbst im Wege steht.

Chapeau | Ohne Ausrufezeichen die französische Bezeichnung für »Hut«. Mit Ausrufezeichen (Chapeau!) auch in der deutschen SPRACHE der veraltete Ausdruck für Hochachtung und Respekt. Fand seine Germanisierung im ebenfalls bereits veralteten »Hut ab!«, das ins Wienerische übernommen ungefähr »A geh wusch, a geh wui« lautet. Das Tragen von Hüten ist, selbst bei Staatsbesuchen, mehr und mehr aus der Mode gekommen. Beim österreichischen BUNDESpräsidenten Theodor Körner wurde noch in hagiografischen Publikationen erstaunt vermerkt, dass »ein BUNDESpräsident, der nach wie vor ohne Hut und Mantel ausgeht, die Gemüter durcheinanderbringt«. Heute ist es beinahe umgekehrt. Lediglich bei Zeremonien, die aus unterschiedlichen Gründen nach einer Kopfbedeckung verlangen – beim Betreten einer Synagoge etwa –, ist der C. obligatorisch. Ebenso wie für Damen, die in die Augen des Heiligen Vaters blicken wollen. Auch sie sind angehalten, das betörende Haupthaar mit einem C. oder einem Schleier zu bändigen.

Checklist | Streng vertrauliche Liste, anhand derer der PROTOKOLLCHEF die für einen Staatsbesuch erforderlichen Veranlassungen veranlasst. Die Kapitel reichen von »Adjutantur« bis »Zubringerbusse« und führen manchen Missionschef (der bei einem HINAUSBESUCH für die meisten Punkte verantwortlich ist) bis an die Grenzen seiner mental-diplomatischen Belastbarkeit. Die C. umfasst etwa 200 Unterpunkte, die je nach Komplexität des Besuches bis auf 600 anwachsen können. Der Rest bleibt dem Zufall überlassen.

Consommé | Dass die C. in dieses Lexikon Eingang gefunden hat, ist ihr vermutlich gar nicht recht, denn sie verdankt es einem Fauxpas, einem Fehler des PROTOKOLLs und ihrem eigenen, kryptischen Namen (selbst schuld also). Dass es sich bei der C. nämlich um eine doppelt gekochte (zweifach angesetzte), geklärte Rindsuppe handelt, geht nicht unbedingt aus der Bezeichnung hervor und führte promt zu einer peinlichen Situation, als sich die C. in der MENÜfolge für den indischen Staatspräsidenten wiederfand. Der Höflichkeit der indischen Gäste war es zu danken, dass die Suppe unberührt wieder in die Küche ging und jeder weitere Hinweis auf diesen Fehler vermieden wurde. Merke: Es gibt Kulturen, in denen entweder kein Rind oder kein SCHWEIN oder beinahe gar kein Fleisch gegessen wird. Nicht überall ist Österreich.

Cut | Kurzbezeichnung für das »Morningdress«, in Österreich oder auch Frankreich »Jaquette« genannt, jenes Kleidungsstück, das man in unseren Breiten bestenfalls auf Hochzeiten antreffen kann. Doch auch schon mancher Trauzeuge im C. wurde irrtümlich mit der Braut verheiratet, weil der Bräutigam einen schlecht sitzenden Anzug aus Polyester trug. Der C. wird in manchen Ländern darüber hinaus aber bei Pferderennen sowie bei Beglaubigungen von Botschaftern und beim Neujahrsempfang des Staatsoberhauptes getragen. Sein einzigartiges Aussehen lässt Machos zu Pinguinen mutieren, verleiht eine gewisse harmlose Würde und ist daher für zwischenstaatliche Kontakte besser geeignet als für zwischenmenschliche.


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