Kitabı oku: «Vernichtung in guten Zeiten»

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Zum Autor Michael Beck

Aufgewachsen in Ludwigsburg, dort Abitur am Mörike-Gymnasium (1971).

Dann Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in Erlangen-Nürnberg mit dem Abschluss Diplom-Sozialwirt. Promotion auf dem Gebiet der Bildungs-, Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Tätigkeiten und Projekte als Dozent/Trainer/Berater, Politische Bildung, Jugendarbeit, Soziale Kulturarbeit. Ausbildung Gesprächspsychotherapie in Innbruck.

Wissenschaftlich-Pädagogische Anstellungen an den Universitäten Erlangen-Nürnberg und Bamberg. Danach Bildungsreferent beim Bildungswerk der Wirtschaft. Später selbständig mit dem sozialwirtschaftlichen Bildungsinstitut bfe-Bildungspark, Sitz in Nürnberg und dem Seminarhotel “Schloss Daschow“. Es erfolgt die Insolvenz; danach Abwicklungsarbeiten und Neuaufbau des Kleinbetriebes „Landhotel Schloss Daschow“, welches in der Finanzkrise versteigert wird. Dann der zweite berufliche Neustart als Personalentwickler/Personalberater, Wohnsitz Nürnberg

Jüngere Veröffentlichungen vom gleichen Autor:

Michael Beck – Lyrik: Zusammengefasstes Wichtiges

Michael Beck – Fachbuch: Szenario-Plan-Methode

Michael Beck

VERNICHTUNG IN GUTEN ZEITEN

Egobericht Insolvenz

Siebenundzwanzig Essays, Notizen, Anekdoten

Engelsdorfer Verlag

Leipzig

2014

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Copyright (2014) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte bei Dr. Michael Beck

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

ISBN 9783957446503

www.engelsdorfer-verlag.de

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Einleitung – Anmerkungen zu den Essays, Notizen und Anekdoten

I Tatsachen

Die Gründung und das Bestehen des Bildungsinstituts – mit Ideen und Fleiß: der ganz normale, wunderbare Erfolg

Die Ereignisse in Leipzig

Wehrhaft, standhaft – bis zum Schluss

Die Vorfälle in Aschaffenburg

Nichts wie akquirieren!

Arbeitsamt Schwerin, Nebenstelle Parchim/Lübz

Die letzten Rettungsversuche, die scheiterten

Die Hausbank

Beruflicher Neustart, Teil eins: Der Neuaufbau eines Kleinbetriebes – Schloss Daschow wird Hotel und Restaurant

Bankenkrise – Auf Wiedersehen „Soziale Marktwirtschaft“

II Emotionen

Im freien Fall

Über meine Erziehung zum Gemeinsinn und das Vertrauen zum Staat

Die Jahre vergehen – Bericht des Insolvenzverwalters – Suche nach Sinn und Perspektiven

Wie sich mein Dasein in das einer großen Masse fügte

Zensuren – es gibt Gute und Schlechte

Wo ist das Licht am Ende des Tunnels?

Das „Effi-Briest-Syndrom“

III Reflexionen

Die Ethik einer erfüllten Jugend und die spätere

Unternehmenskultur

Psychologie der Freiheit

Der Traum vom liberalen Unternehmer

Vernichtungsprinzip, Teil 1 – Vorüberlegung: Gibt es das?

Vernichtungsprinzip, Teil 2 – Es existiert: Wie funktioniert es?

Vernichtungsprinzip, Teil 3 – Beschimpfung

Mittelstand, Finanzmärkte und Realwirtschaft

IV Randgeschichten

Fest im Glauben

Vom „Adlon“ zur Pommes-Bude Bahnhof Friedrichstraße

Den Tod auf der Autobahn verhindert

Am Postschalter

V Abschluss-Essay

Gelebt, so weiter! Und: Beruflicher Neustart nächster Versuch

Einleitung – Anmerkungen zu den Essays, Notizen und Anekdoten

Dies ist kein Roman und kein Krimi, liebe Leserin und lieber Leser, auch wenn der Text mit all seinen Konstruktionselementen an Überspitzungen in seinen Vorkommnissen und Entwicklungen in einen Vernichtungsprozess hinein allerhand zu bieten hat – wie wenn es nicht real wäre. Das war es aber. Alles hat sich über mehrere Jahre zugetragen und immer wieder entstanden einzelne Kapitel mit Schilderungen, Analysen, Versuchen zu verarbeiten oder etwas aufzudecken. Ich wollte ganz einfach Geschehnisse festhalten, aber auch Einschätzungen versuchen, um mich selber wieder als Person und nicht als Objekt von scheinbarer Willkür zu sehen, zu befreien, den beruflichen Neustart zu schaffen. Daher diese Mischform aus Essays, Notizen und Anekdoten. Bis zu einem Zeitpunkt, an dem ich sagen kann, das meiste dürfte nun vorbei sein, ist alles aufgezeichnet – immer noch mit einem offenen Ende. Die Stellung eines sozialwirtschaftlichen Dienstleisters im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips ist nicht einfach. Der existentielle Neustart nach einer Insolvenz ist noch schwieriger. Ich habe hier geschildert was ich unter guter Arbeit verstehe, die eigentlich überhaupt nicht in eine Insolvenz münden kann. Und ich habe protokolliert wie ein Neustart gelingen könnte, was er über lange Strecken einfach nicht tun will. Wo soll so eine Geschichte herkommen als von einem selbst – deshalb nicht objektiv, sondern so subjektiv wie die Energie, die vorher zum wunderbaren Erfolg des Kleinunternehmens geführt hat. Kein anderer Stil, der changiert vom Erfahrungsbericht, der Analyse, bis zum Pathos der Beschimpfung, ist in der Lage die Wahrheit zu finden, die subjektive Wahrheit deren überindividuelle Teile sehr deutlich werden und teilweise zu einem Portrait der Zeit beitragen. Leider sind es diese „guten Zeiten“ in denen so etwas passieren kann.

Die betriebliche – wie die Privatinsolvenz - scheinen in dieser Gesellschaft tabu zu sein, denn obwohl es in den letzten Jahren Hunderttausende davon gibt, erfährt man wenig darüber, was denn die Betroffenen daraus machen, die Ursachen - wie es passiert ist, in welche Verstrickungen man hineinkommt. Am Anfang der Entwicklung dachte ich auch, das ist eine Krise, schnell wieder da raus, das musst Du mit Dir selbst ausmachen - und keine Öffentlichkeit aufscheuen. Als daraus während des ersten beruflichen Neustarts die Vernichtung eines Lebenswerkes wurde durch den Kreditverkauf der Bank an einen Hedgfond, da ist mir der Kragen geplatzt und es wurde mir klar, zumindest möchte ich mit meinem Fall öffentlich anfragen, ob diese Gesellschaft diesen Turbokapitalismus möchte. Auch auf die Gefahr hin, dass man heute eher als Angestellter beschäftigt ist oder sich sogar in prekären Beschäftigungsverhältnissen befindet und somit wenig Interesse daran hat, zu erfahren, wie es einem Klein- und Mittelbetrieb so geht. Vielleicht ändern sich nach der Lektüre die Einstellungen gegenüber der Existenz solcher Betriebsgrößen und dem was man unternehmerische Energie nennt. Und das glaube ich einfach nicht, dass die Stütze unseres Wirtschaftssystems bis in die entlegensten Regionen hinein, die Klein- und Mittelbetriebe mit ihren Mitarbeitern, dies wollen und für gut heißen. Damit man sich ein Bild darüber machen kann wie man dazu steht, sind hier alle Erfahrungen dazu aufgezeichnet. Dabei konnte ich mir nicht so viel Gedanken über Satzbau und die allerbeste Aneinanderreihung der Sätze machen, es sollte nur alles Empirische und die Gedanken dazu, aufgeschrieben sein - manchmal persönlich mit der ganzen Wucht der Betroffenheit, manchmal wirtschaftsphilosophisch, manchmal mit dem verbliebenen Humor. Welche verschiednen Wörter, Garstige, Vornehme, Wissenschaftliche, Fachjargon dabei verwendet werden entspricht der Motivation zu sagen was zu sagen ist und kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Bitte lesen Sie: haptisch das Papierbuch oder weil es ja heute so ist: das E-Book, auch gut, der Inhalt ist der Gleiche.

Michael Beck

ITatsachen
Die Gründung und das Bestehen des Bildungsinstituts – mit Ideen und Fleiß: der ganz normale, wunderbare Erfolg

Denken allein kann schädlich sein, wenn man daraus nicht die Konsequenz zieht, auch nach dem, was man sich erdacht hat, zu handeln. Wenn das nicht sofort umzusetzen ist, kommt es wohl auf den eigenen Willen an und darauf, den Zeithorizont, den man sich zugesteht, anzupassen. Erfolgt dies nicht, würde jemand wie ich in eine Blockade geraten und vielleicht krank werden. Insofern gehe ich auch ferner liegende Planungen an. In meinen Ausführungen über die Zusammenhänge, Ursachen und Auswirkungen meiner betrieblichen Insolvenzen möchte ich deshalb damit beginnen, über die von mir ausgedachte Gründung der privaten Erwachsenenbildungs-Schule zu berichten.

Das Bildungsinstitut wurde aufgrund einer privaten Initiative gegründet, um Arbeitsmarktchancen von Umweltberufen auszuloten und entsprechende Bildungsgänge auszuarbeiten und anzubieten. Zur fachlichen und öffentlichen Unterstützung wurde ein Umweltkongress kreiert und unter der Schirmherrschaft mehrerer Ministerpräsidenten und Umweltbundesminister durchgeführt.

Gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit und in ihrem Auftrag wurden über viele Jahre praktische Umweltschützer (dabei handelt es sich zumeist um Fortbildungsgänge mit sehr praktischen Anforderungen für Teilnehmer ohne Ausbildungsabschluss), Umwelttechniker, Umweltpädagogen, Umweltinformatiker und Betriebliche Umweltmanager ausgebildet und am ersten Arbeitsmarkt platziert. Im Laufe der Zeit boten auch andere öffentliche Einrichtungen diese Ausbildungsgänge an und der Teilarbeitsmarkt war bald gesättigt. In meinem Bildungsinstitut gab es diese speziellen Bildungsgänge deshalb nicht mehr, dafür etablierten wir uns als allgemeiner Anbieter für verschiedenste berufliche Trainings- und Bildungsgänge.

Wir verfügten über ca. 70 modular anpassungsfähige Seminar-Typen mit eigenen Prüfungen durch Bildungsträger und Fachverbände sowie mit IHK-Abschlüssen. Über 50 festangestellte Mitarbeiter in zwölf bundesweit verteilten Büros sorgten für ein effizientes Bildungsmanagement. Ein Pool von über 350 freien Dozenten stand mit fachlicher Kompetenz für den Lehreinsatz zur Verfügung. Spezielle Abteilungen beobachteten den Arbeitsmarkt, um neue Nischen zu entdecken, die von Arbeitslosen zu besetzen waren, oder um berufliche und betriebliche Trainingsmöglichkeiten und allgemeine Kontakte zu Unternehmen als potenzielle, zukünftige Arbeitgeber herauszufinden.

Ein eigenes Bildungsmodell war dazu da, die Teilnehmer fachlich zu schulen, ihnen aber auch Eigeninitiative und Selbstbewusstsein angedeihen zu lassen.

Das Gesamtkonzept bestehend aus den Arbeitsmarktkontakten, dem Bildungsmodell und den Beratungs- und Vermittlungsmodulen führte nicht selten zu Vermittlungsquoten von nahezu 100 Prozent. Das heißt, fast alle Teilnehmer der Kurse hatten danach eine feste Stelle.

Ein spezielles Verfahren der gruppenweisen Rekrutierung von Arbeitsuchenden kam der Arbeitsmarktproblematik besonders entgegen. Ebenso die aktive, vorausschauende Mitarbeit in Projektgruppen, wie zum Beispiel für die Neuansiedlung von Callcentern oder Warenhäusern in einer bestimmten Region, die zu passgenauen Weiterbildungen und Auswahlverfahren führte und damit zu gezielten und erfolgreichen Vermittlungen.

Im Zuge der Europäisierung führten wir mit Partnern in verschiedensten Ländern gemeinsame, innovative Weiterbildungs- und Vermittlungsprojekte durch. In drei Städten bauten wir anerkannte Fachschulen als feste Bildungseinrichtungen auf. Bundesweit sorgte eine ausgeklügelte Logistik für den entsprechenden Einsatz von EDV und sonstigen Lernmitteln, um auch in entlegeneren Regionen, in denen sich die Ansiedlung eines Bildungsträgers nicht gelohnt hätte, kompetente Angebote machen zu können. Die vorhandenen Schulungskapazitäten umfassten bis zu 1000 Plätzen, zwischen 400 und 930 Teilnehmer insgesamt wurden ganztags unterrichtet.

Die Ausgangslage für neuartige, attraktive Angebote war aufgrund eines soliden, gewachsenen Geschäftsaufbaus immer gut. Organisation und Finanzmittel waren auf Flexibilität, d.h. auf Schwankungen in der Auftragslage und Zahlungsmoral, eingerichtet.

Es gab auch aufregende Jahreswechsel ohne genaue Prognosen, wie gut es weitergehen würde. Die Anspannung war aber nie besorgniserregend. Wir entwickelten weiterhin neue Konzepte, bei Auftragsmangel wurden keine Büros geschlossen, auch Seminare mit zu wenig Teilnehmern wurden nicht abgesagt.

Schließlich sorgte das interne Controlling für eine genauere Verwendung der Mittel. Wenn wir gegenüber dem alleinigen Auftraggeber in Vorleistung gingen, steigerte das vor Ort das Vertrauen in eine gute Zusammenarbeit. Die manchmal intransparente Zuteilung von Kursen war zwar schmerzlich, wir hatten jedoch genügend Stehvermögen, dies auszuhalten. Es gab auch Fälle, dass überraschend ein Bildungsträger von außen Kurse bekam, obwohl er noch keinen Nachweis über eine spezielle Fachkompetenz hatte. Darüber wurde auch gelegentlich in den Medien berichtet, weshalb wir nicht immer glücklich mit unserem Auftraggeber waren. Unsere Aufgabe an sich – allein mit der individuellen Investition einer Weiterbildung jemanden wieder in den Arbeitsmarkt zu bekommen – war aber phänomenal.

Trotzdem kam ein Krisenjahr, in dem sich das flexible System mit seiner bundesweiten Verteilung bewähren musste. In bestehenden Einrichtungen wurden Kurse nicht genehmigt, in völlig neuen Städten kam man dagegen zum Zug. Das bedeutete einen hohen organisatorischen Aufwand. Doch die Auftragslage versprach sich wieder zu verbessern. In einer Region gelang uns ein ganz neues Modell: Aus der Zusammenarbeit mit politischen Vertretern, der halbstaatlichen Wirtschaftsförderung, der Arbeitsverwaltung und unserem Bildungsinstitut, welches Callcenter-Unternehmen für diese Region akquirierte, ergab sich ein enormer Arbeitskräftebedarf für Neuanstellungen, der nur durch den Einsatz von Arbeitslosen zu befriedigen war. Im Vorfeld von Weiterbildungskursen war unser Bildungsinstitut in alle Personalfragen miteinbezogen und richtete eine neue Callcenter-Schule ein. Das Geld für die Investition wurde beschafft, die Schule sollte 80 Plätze für mindestens fünf Jahre haben.

Es war alles vertraglich unter Dach und Fach, doch die Arbeitsverwaltung entsandte keine Teilnehmer, obwohl es einen Bedarf von über 1000 neuen Mitarbeitern gab. Vier neue Callcenter hatten ihre Ansiedlung zugesagt und organisiert, bekamen aber keine Mitarbeiter. Dem Institut fehlten die Gebühren für die eingerichteten Teilnehmerplätze.

Dieses Kooperationsmodell, welches in offensiver und intelligenter Weise ein Arbeitsmarktproblem lösen sollte, scheiterte. Es war der Beginn einer richtigen Liquiditätskrise.

Die Ereignisse in Leipzig

Zur gleichen Zeit führte unser Institut in Leipzig Fortbildungskurse zum „geprüften Personaldisponenten“ – eine Art Personalfachkaufmann/-frau – durch. Auch hier handelte es sich um ein lang vorbereitetes Kooperationsprojekt, um gezielt einer speziellen Arbeitsmarktproblematik zu begegnen. Zwei Landesregierungen der neuen Bundesländer gründeten staatliche Gesellschaften für Arbeitnehmerüberlassung (Zeitarbeit) – als Zwischenstation (nicht als Dauerarbeitsplatz!) für Arbeitslose eine gute Ausgangsposition, um in den ersten Arbeitsmarkt zu kommen. Für diese Gesellschaften wurden marktorientierte Personaldisponenten gebraucht, die man unter den gemeldeten Arbeitslosen aussuchte und schulte. Unser Institut entwickelte den Kurstyp, stellte vorab die Arbeitsmarktkontakte her, analysierte den Unterschied zu den kommerziellen Zeitarbeitanbietern, bot die Kurse an und bekam den Zuschlag.

Eines Tages ließ der örtliche Kursstättenleiter die zentrale Koordination wissen, dass ein Dozent mit der entsprechenden Softwareschulung nicht unterrichten würde, weil er bislang sein Dozentenhonorar nicht erhalten hätte. Laut Vertrag war die Zentrale aber mit der Zahlung nicht in Verzug. Der Dozent kam trotzdem nicht. Da der Kurs schon fast zu Ende war, wurden – mit Genehmigung des Auftraggebers – die Teilnehmer der Softwareschulung eine Woche vorher in die Trainingsbetriebe entsandt.

Dies stellte sicherlich einen Mangel in der perfekten Durchführung eines Kurses dar. Andere Mängel waren aber aus dieser Einrichtung in Leipzig nicht bekannt. Sie wurde regelmäßig besucht, unterstützt und von der Geschäftsführung, der pädagogischen Leitung, dem Controller und dem Qualitätsbeauftragten überprüft. Bei keiner Visitation wurde irgendeine negative Auffälligkeit entdeckt. Also alles in Ordnung. Auch dieser Kurs wurde bis auf diesen kleinen Mangel ordnungsgemäß zu Ende geführt und die Teilnehmer bekamen ein Arbeitsplatz.

Mehrere Monate später nahm der Verwaltungsleiter des Instituts an einer Besprechung im Arbeitsamt Essen teil. Nachdem alle ein neues örtliches Projekt betreffenden Fragen erledigt waren, teilte ihm der Abteilungsleiter des Amtes mit, dass man weiter mit dem Institut zusammenarbeiten würde trotz des Intraneteintrages aus Leipzig. Das Instrument des Intraneteintrages war uns nicht bekannt. Was lag vor? Welche Auswirkungen sollte das haben können? Aus Leipzig erhielten wir auch keine Mitteilung.

Ich fuhr nach Leipzig in das Verwaltungsbüro für zusammengefasste Aufgaben beim Arbeitsamt. Ich sprach vor und man sagte mir, gegen das Institut läge nichts vor. Wir könnten Angebote machen wie bisher. Es gäbe einige Dinge, die wir routinemäßig nachweisen sollten, dann wäre alles in Ordnung. Eine schwarze Liste gäbe es nicht.

In Folge ging es um Unterstellungen, deren Gehaltlosigkeit leicht nachweisbar war. Einmal sollte die Bezahlung der Sozialversicherung bei einem freien Dozenten nachgewiesen werden, was schlecht möglich war. Alles kostete Zeit und Nerven und keiner wusste, was ein Intraneteintrag ist und was dieser bewirkt.

Immer nachdem neu angeforderte Nachweise erbracht waren, wurden wieder neue Nachweise verlangt, und jeweils wurde mündlich zugesagt, der Eintrag würde nun gelöscht werden. Er wurde aber nicht gelöscht. Inzwischen hatten ihn zig potenzielle Auftraggeber gelesen, ohne dass sie eine Ahnung von dem inzwischen 14 Jahre bestehenden Institut hatten.

Wir baten auch die Zentrale der damaligen Bundesanstalt für Arbeit , uns aufzuklären. Dort wollte man dann auch alle möglichen Nachweise, die wir ordnungsgemäß einreichen konnten und deren Sinn unsere Verwaltung nicht verstand. Im Gegenzug baten wir darum, die Zahlungen an uns zu beschleunigen, weil inzwischen unsere Auftragslage zunehmend ins Stocken geriet.

Inzwischen hatten wir selbst die lokalen Arbeitsämter, bei denen Kurse liefen oder eingereicht werden sollten, über den ganzen Sachverhalt informiert. Über 20 Kurse wurden nach extra anberaumten Qualitätsprüfungen der Behörde fortgesetzt – ein wunderbarer Vertrauensbeweis – und knapp 20 Kurse wurden neu zur Genehmigung eingereicht.

Eine weitere dringende Kontaktaufnahme mit der zuständigen Stelle bei der Zentrale der Bundesanstalt sollte den Zweck erfüllen, auf die sich zuspitzende Situation hinzuweisen: Einerseits sei man im Intranet negativ gelistet, andererseits sollten neue Kurse genehmigt werden und auch die Kursgebühren würden nur schleppend angewiesen. Die Dame am Telefon sagte mir nur, es gäbe über 40.000 Bildungsträger, da hätte man jetzt keine Zeit für unser Anliegen.

Vorbereitete Kurse in weiteren fünf Städten waren genehmigt, rechtsgültige Verträge mit den Studienteilnehmern lagen vor, die Kursbeginne rückten immer näher – auf einmal stornierten die zuständigen Arbeitsämter von sich aus den Kursbeginn.

Bis zu diesem Zeitpunkt konnte unser Institut allen Zahlungsverpflichtungen nachkommen. Niemand wurde freigestellt. Aber mit dieser geballten Aktion ging es in Richtung Insolvenz. Gegen die Stornierung der Kurse konnten wir nichts machen. Die Zeit der noch laufenden 23 Kurse ging langsam zu Ende. Das würde es dann gewesen sein. Aus das Lied.

Seit den ersten Signalen einer Liquiditätskrise war über ein halbes Jahr vergangen, ohne dass wir hätten eingreifen können, weil wir von der nachrichtendienstähnlichen Methode des Intraneteintrages erst fünf Monate nach Eintrag von jemandem erfahren hatten, der über seine Dienstverpflichtung hinaus ganz einfach dachte, wir müssten das wissen.

Die Ereignisse überschlugen sich. Inzwischen hatte sich im Zuständigkeitsbereich des den Eintrag auslösenden Arbeitsamts Folgendes zugetragen: Der dortige Kursstättenleiter kündigte und bat um eine vorzeitige Beurlaubung, weil er sich als Rechtsanwalt freiberuflich betätigen wollte. Das Bildungsgeschäft wäre ihm zu unsicher geworden. Keiner hatte nur den leisesten Verdacht, dass das nicht stimmte. Längst hatte er alle von uns jahrelang durchgeführten Kurse beim Arbeitsamt eingereicht und noch während seiner Anstellung genehmigen lassen. Keinem seiner langjährigen Kollegen, die ihn auch sonst unterstützen, war etwas aufgefallen.

Noch besaßen wir die Kraft, sofort einen neuen Kursstättenleiter zu engagieren. Der Intraneteintrag bestand nach wie vor. Wir stellten den neuen Kollegen in der Behörde vor und wurden, wie man so schön sagt, scheißfreundlich empfangen.

Ich bekam noch einen extra Termin bei der aus München nach Leipzig versetzten Abteilungsleiterin. Sie saß hinter ihrem Schreibtisch, ich durfte an dem daran rechtwinklig angelegten Besprechungstisch sitzen und hinter meinem Rücken auf einem Stuhl in der Ecke des Zimmers saß eine Sachbearbeiterin mit einem Schreibblock – die sogenannte sowjetische Sitzordnung, wie man mich einmal aufklärte. Ein Verhör. Ich verzichtete darauf und las diesen zwei Hyänen die Leviten: „Ich gestatte Ihnen nicht, die Verantwortung für den Intraneteintrag zu leugnen und zu behaupten, Sie könnten dafür nichts“. Dieser Satz war und ist für mich wichtig, von den beiden Damen wurde er nicht verstanden.

Ich verließ das Büro und ging durch die ultramodernen Gänge mit überall aus den Lautsprechern tönender Hintergrundmusik hinaus. Und kam nie wieder. Wir hatten dort keine Kurse mehr. Die noch laufenden Kurse wurden an einen anderen Bildungsträger ohne Einhaltung von Copyright übergeben: „Abgewickelt“.