Kitabı oku: «Das Niedersächsische Kommunalrecht», sayfa 2
II. Der praktische Fall und das Referat
Speziell bei den Verwaltungsfachangestellten wird als Prüfungsleistung ein praktischer Fall durchgespielt, in dem der Prüfling in die Rolle eines kommunalen Bediensteten schlüpft, die bzw. der entweder eine Beratung gegenüber einer Bürgerin bzw. einem Bürger oder einer anderen bzw. einem anderen kommunalen Bediensteten durchzuführen hat. Der Prüfling erhält zunächst einen Aktenauszug und kann sich auf das durchzuführende Rechtsgespräch entsprechend vorbereiten. Ebenso wie bei der Klausur sollte er auch hier den Aufbau der Prüfung der formellen Rechtmäßigkeit vor Augen haben, um dem Gespräch eine entsprechende Stringenz geben zu können.
Hinsichtlich der Ableistung von Referaten als Lehrgangsleistung ist auf die jeweilige Fragestellung abzustellen. Prüfungen der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit von Entscheidungen der Vertretung werden entsprechend dem Klausuraufbau dargestellt. Für Referate zu allgemeinen kommunalen Fragestellungen kann auf die allgemeinen Lehren der Rechtsanwendung Bezug genommen werden, da das Kommunalrecht insofern keine Besonderheiten zum übrigen Verwaltungsrecht vorhält.
C. Die Prüfung der formellen Rechtmäßigkeit von Entscheidungen der Vertretung
Im Folgenden wird zunächst – wie beim Klausurtypus eins – die Prüfung der formellen Rechtmäßigkeit dargestellt. Die Darstellung beginnt mit dem Einleitungssatz, dass gemäß der Aufgabenstellung der Tagesordnungspunkt xy bzw. die Tagesordnungspunkte xy und yz der Vertretung der Kommune in ihrer Sitzung vom xx.xx.xxxx in formeller und materieller Hinsicht zu überprüfen ist bzw. sind. Es folgt der Hinweis, dass mit der Darstellung der formellen Rechtmäßigkeit des ersten zu prüfenden Tagesordnungspunktes begonnen wird.
I. Verbandszuständigkeit
Bei der Verbandszuständigkeit hat der Prüfling festzustellen, ob die Kommune, deren Vertretung den Tagesordnungspunkt in ihrer Sitzung beschlossen hat, überhaupt in sachlicher und örtlicher Hinsicht zuständig ist. Da dieser Prüfungspunkt in der Regel unproblematisch ist, sollte die Prüfung in der Darstellung nicht zu umfangreich erfolgen. Gemäß dem Grundsatz, dass im Rahmen der Aufgabenbearbeitung lange Ausführungen über Unstreitiges zu unterbleiben haben bzw. lediglich die Tatbestandsmerkmale in aller Kürze als gegeben vorliegen, sollte nur eine kurze Feststellung im Urteilsstil erfolgen. Vielmehr sollte der Prüfling sein Hauptaugenmerk auf die Bearbeitung und Darstellung der strittigen Tatbestandsmerkmale bei den übrigen im Rahmen der formellen Rechtmäßigkeitstatbestandsmerkmale lenken.
Die Ausführungen zur Verbandszuständigkeit beginnen mit der Feststellung, dass sich die Verbandszuständigkeit aus der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit zusammensetzt.
1. Sachliche Zuständigkeit
Sodann schließen sich die Ausführungen zur Festlegung der sachlichen Zuständigkeit der Kommune an.
Aufgrund spezialgesetzlicher Regelungen kann im Ausnahmefall die Wahrnehmung von öffentlichen Aufgaben, die zwar im Gemeindegebiet erfüllt werden sollen, nicht der Gemeinde zufallen z. B. aufgrund eines Spezialgesetzes wie z. B. im Rahmen der Abfallbeseitigung gem. § 6 I 1 NAbfG oder die Trägerschaft für weiterführenden Schulen gem. § 102 II NSchG. Derartige Ausnahmevorschriften sind allerdings in der Kommunalrechtsklausur nicht prüfungsrelevant.
Spezielle Zuständigkeitsregeln für die Kommune können sich ferner direkt aus den Vorschriften des NKomVG ergeben, so z. B. für folgende Aufgaben des eigenen Wirkungskreises wie z. B. die Bestellung einer Gleichstellungsbeauftragten § 8 NKomVG, der Erlass der Hauptsatzung § 12 NKomVG, die Verleihung des Ehrenbürgerrechts § 29 NKomVG, die Übernahme von Bürgschaften § 121 NKomVG, der Erwerb von Vermögen § 124 NKomVG und die Veräußerung von Vermögen § 125 NKomVG.
Liegen diese spezialgesetzlichen Zuweisungsnormen aus dem NKomVG nicht vor, so kann der Prüfling in der Regel von der Allzuständigkeit der Kommune, die sich aus Art. 28 II GG i. V. m. Art. 57 I NV herleiten lässt, ausgehen. Nach dieser kann die Kommune ohne besondere gesetzliche Ermächtigung alle Aufgaben an sich ziehen, die nicht durch Spezialgesetz anderen Trägern öffentlicher Verwaltung zugewiesen sind. Es muss sich lediglich um öffentliche Aufgaben handeln, die innerhalb des Gemeindegebiets durchzuführen und die nicht gesetzlich einem anderen Träger zugeordnet sind.
Ergänzt wird die Feststellung der Zuständigkeit im Rahmen der Allzuständigkeit der Kommune um die Überlegung, dass in den Klausurstellungen in der Regel Aufgaben des eigenen Wirkungskreises behandelt werden. In der Vielzahl der Klausuren handelt es sich um Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft wie sie § 5 I 1 NKomVG vorsieht, sodass die sachliche Zuständigkeit mit Hilfe der Wurzeltheorie des Bundesverfassungsgerichts begründet werden kann, sofern die Aufgabe in der Kommune wurzelt und sie auf diese einen spezifischen Bezug hat. Im Ergebnis bietet sich damit z. B. für die Errichtung eines Jugendgästehauses in der Stadt Braunschweig die folgende Formulierung an:
Die Stadt Braunschweig ist im Rahmen der Allzuständigkeit für die Beschlussfassung über die Errichtung eines Jugendgästehauses auf dem Gebiet der Stadt Braunschweig zuständig, zumal es sich um eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises handelt, da der Bau eines Gebäudes im Gebiet der Stadt Braunschweig als Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft in der Gemeinde wurzelt und auf diese einen spezifischen Bezug hat gem. §§ 1, 2 II HS 2, 4, 5 I 1 NKomVG.
Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises werden in der Klausur auch deshalb bereits nicht anzunehmen sein, da der Prüfling ansonsten erst in einem Spezialgesetz die entsprechende Normierung auffinden müsste.
Daneben kann sich die sachliche Zuständigkeit ergänzend aus den Körperschaftsrechten ergeben, die der Kommune aufgrund des § 2 II HS 1 NKomVG zustehen. Hierbei handelt es sich um folgende Körperschaftsrechte:
– Organisationshoheit (z. B. bei der Schaffung von Referaten und Fachbereichen)
– Bauplanungshoheit (z. B. bei der Aufstellung von Bauleitplänen)
– Personalhoheit (z. B. bei der Einstellung eines Beschäftigten)
– Autonomie/Rechtsetzungshoheit (z. B. beim Erlass einer Satzung)
– Gebietshoheit (z. B. im Rahmen der Ausübung von Hoheitsrechten)
– Finanzhoheit (z. B. bei der Beauftragung eines Vertragspartners)
Für die Körperschaftsrecht bietet sich folgende Eselsbrücke an (siehe Anfangsbuchstaben): Opa bittet Paul auch den Gehsteig zu fegen.
Beim o. g. Beispielsfalle, der Errichtung eines Jugendgästehauses von der Stadt Braunschweig, wird folglich noch folgender Satz hinzugefügt:
Ferner ist das Körperschaftsrecht der Finanzhoheit gem. § 2 II 1 NKomVG berührt.
2. Örtliche Zuständigkeit
Die örtliche Zuständigkeit der Kommune ergibt sich aus § 3 I Nr. 1–4 VwVfG i. V. m. § 1 I Nds. VwVfG. Teilweise wird in der Literatur auch eine Begründung der örtlichen Zuständigkeit aus der Allzuständigkeit des § 2 II HS 2 NKomVG hergeleitet. Diese Ansicht überzeugt jedoch nicht, da es sich beim Kommunalrecht um Verwaltungsrecht handelt und daher die allgemeinen Regularien anzuwenden sind.
In Bezug auf das Beispiel mit der Stadt Braunschweig kann folglich wie folgt formuliert werden:
Die Stadt Braunschweig ist für die Errichtung des Jugendgästehauses auch örtlich zuständig, weil dieses auf einem Grundstück innerhalb der Stadt Braunschweig gebaut werden soll gem. § 3 I 1 VwVfG i. V. m. § 1 I Nds. VwVfG.
Der Prüfungspunkt endet mit der Feststellung, dass die Verbandszuständigkeit der Kommune folglich vorliegt.
II. Organzuständigkeit
Steht fest, welcher Kommune die Verbandszuständigkeit zukommt, bedarf es der Festlegung des zuständigen Organs innerhalb der entsprechenden Kommune. Die hierzu notwendigen Ausführungen beginnen mit der Feststellung, über welche Organe die Kommune verfügt. Nach § 7 I NKomVG sind Organe der Kommune die Vertretung, der Hauptausschuss und die Hauptverwaltungsbeamtin bzw. der Hauptverwaltungsbeamte. Da die konkrete Bezeichnung des jeweiligen Organs von der Gemeindeart abhängig ist, ist diese sodann nach § 14 NKomVG festzustellen. Steht die Gemeindeart fest, kann anschließend die konkrete Bezeichnung des Organs dem § 7 II NKomVG entnommen werden.
Beispiel:
Die Vertretung der Stadt Braunschweig hat über den Neubau eines Jugendgästehauses entschieden.
Die Organe der Kommune heißen nach § 7 I NKomVG Vertretung, Hauptausschuss und Hauptverwaltungsbeamtin bzw. Hauptverwaltungsbeamter. Nach § 14 VI NKomVG handelt es sich bei der Stadt Braunschweig um eine kreisfreie Stadt. Folglich heißen die Organe nach § 7 II 2 NKomVG Rat, Verwaltungsausschuss und Oberbürgermeisterin bzw. Oberbürgermeister.
Stehen die konkreten Bezeichnungen der Organe fest, so sind diese und nicht die Oberbegriffe in der folgenden Klausurlösung zu verwenden.
Nunmehr gilt es das konkrete Organ festzulegen, dem die Beschlussfassung über den Tagesordnungspunkt obliegt. Dabei sind zunächst spezialgesetzliche Zuweisungsnormen außerhalb und innerhalb des NKomVG zu beachten.
Zuständigkeiten aus Spezialgesetzen sind z. B. § 38 I NJagdG (Kreisjägermeister in kreisfreien Städten), § 13 II 2 NBrandSchG (Gemeindebrandmeister) und § 9 II NKWG (Berufung eines anderen Gemeindewahlleiters).
Zuständigkeiten aus Spezialregelungen aus dem NKomVG sind z. B.
– die Berufung bzw. Abberufung einer Gleichstellungsbeauftragten § 8 II 1 NKomVG
– die Wahl der oder des Vorsitzenden der Vertretung § 61 NKomVG
– die Wahl der ehrenamtlichen Vertreterinnen bzw. Vertreter der Hauptverwaltungsbeamtin bzw. des Hauptverwaltungsbeamten § 81 II 1 NKomVG
– die Beauftragung einer Beamtin bzw. eines Beamten mit der allgemeinen Vertretung der Hauptverwaltungsbeamtin bzw. des Hauptverwaltungsbeamten § 81 III 2 NKomVG
– die Wahl der weiteren Beamtinnen und Beamten auf Zeit § 109 I NKomVG
– die Berufung und Abberufung der Leiterin bzw. des Leiters des Rechnungsprüfungsamtes § 154 II NKomVG.
Liegt eine spezialgesetzliche Zuweisungsnorm vor, so ist die Prüfung der Organzuständigkeit mit dieser entsprechenden Feststellung beendet. Lediglich dann, wenn – wie es der Regelfall sein dürfte – eine spezialgesetzliche Regelung nicht vorliegt, werden die Organe nacheinander abgeprüft. Die Prüfung beginnt dabei mit der Vertretung und dem Zuständigkeitskatalog des § 58 I NKomVG.
Besondere Bedeutung kommt hierbei § 58 I 14 NKomVG zu. So ist die Vertretung für Verfügungen über Gemeindevermögen zuständig, die sich über der Grenze, die in der Hauptsatzung der Kommune normiert ist, bewegt. Um eine Verfügung handelt es sich immer dann, wenn damit eine Minderung des Gemeindevermögens verbunden ist. Zu beachten ist dabei, dass keine Verfügung über Gemeindevermögen vorliegt, wenn bereits Mittel im Haushalt veranschlagt sind. In diesem Fall hat die Vertretung nämlich bereits mit Erlass der Haushaltssatzung nach § 58 I 8 NKomVG über die Verfügung beschlossen, sodass es ansonsten zu einer zweifachen Beschlussfassung der Vertretung käme.
Beispiel:
Die Stadt Braunschweig beschließt den Bau eines Jugendgästehauses und hatte dafür bereits 5 Mio. in den Haushalt eingestellt.
In diesem Fall liegt keine Verfügung im Sinne des § 58 I 14 NKomVG mehr vor, der Rat wäre für die Beschlussfassung nicht mehr zuständig. Es bedarf hier keinerlei Ausführung mehr darüber, ob die in der Hauptsatzung festgelegte Wertgrenze überschritten ist.
Beispiel:
Die Stadt Braunschweig beschließt den Erwerb einer EDV-Software für 150.000,- Euro, für die im Haushalt bisher kein Ansatz vorhanden ist.
Nun liegt mangels vorherigem Haushaltsansatz eine Verfügung im Sinne des § 58 I 14 NKomVG vor, sodass die Zuständigkeit der Vertretung gegeben ist, sofern die in der Hauptsatzung festgelegte Wertgrenze überschritten ist. Ist die Wertgrenze überschritten, so ist die Vertretung für die Beschlussfassung zuständig. Ist die Wertgrenze hingegen nicht überschritten, ist der Rat nicht für die Beschlussfassung nach § 58 I 14 NKomVG zuständig.
Lediglich dann, wenn keine Zuständigkeit der Vertretung nach § 58 I NKomVG festgelegt werden kann, ist hinsichtlich der Zuständigkeit der Vertretung § 58 II NKomVG zu prüfen. Bevor in die Prüfung der in der nummerischen Aufzählung beschriebenen Konstellationen eingetreten wird, ist jedoch zu beachten, dass § 58 II NKomVG nur dann in Betracht zu ziehen ist, wenn es sich bei der Vertretung um einen Rat handelt.
Kann die Zuständigkeit der Vertretung nicht anhand von § 58 I und II NKomVG festgelegt werden, so ist nun zwingend die Zuständigkeit der Hauptverwaltungsbeamtin bzw. des Hauptverwaltungsbeamten nach § 85 NKomVG zu prüfen.
Neben den Zuständigkeitsregelungen in § 85 I 1–6 NKomVG ist die prüfungsrelevanteste Regelung in § 85 I 7 NKomVG zu finden. Hiernach ist die Hauptverwaltungsbeamtin bzw. der Hauptverwaltungsbeamte für Geschäfte der laufenden Verwaltung zuständig. Dabei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der voll justiziabel ist. Geschäfte der laufenden Verwaltung sind solche, die regelmäßig wiederkehren, d. h. keine Grundsatzentscheidungen beinhalten, nach feststehenden Grundsätzen ausgeführt werden und die nach Größe, Umfang und Finanzkraft der Kommune nicht von herausragender Bedeutung sind (vgl. Thiele, Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz, § 85 Rn. 13 m. w. N.; BGH, Urteil vom 27. 10. 2008, NJW 2009, 289). Dabei kann die Kommune bei finanzwirksamen Geschäften Wertgrenzen festsetzen.
Beispiele für Geschäfte der laufenden Verwaltung:
Erlass von Verwaltungsakten, Vermietung von Räumen des Jugendzentrums, Abschluss von Verträgen wie z. B. über die Beschaffung von Verbrauchsmaterialien.
Nicht als Geschäft der laufenden Verwaltung wäre hingegen z. B. die Einführung einer weiteren Abfalltonne für Elektroschrott oder der Erwerb einer großen Ackerfläche für ein neues Baugebiet anzusehen.
Liegt kein Geschäft der laufenden Verwaltung vor, so ist nun auf die Lückenkompetenz des Hauptausschusses gem. § 76 II 1 NKomVG abzustellen. So ist der Hauptausschuss dann für die Entscheidung zuständig, wenn weder eine Zuständigkeit der Vertretung nach § 58 I oder II NKomVG und keine Zuständigkeit der Hauptverwaltungsbeamtin bzw. des Hauptverwaltungsbeamten gegeben ist. Gerade diese Zuständigkeitslücke zwischen der Vertretung und der Hauptverwaltungsbeamtin bzw. dem Hauptverwaltungsbeamten soll der Hauptausschuss schließen.
Bevor die endgültige Festlegung der Zuständigkeit des Hauptausschusses erfolgt, ist vorab noch die Möglichkeit des Vorbehalts- und Vorlagebeschlusses gem. § 58 III NKomVG zu prüfen.
So beschließt die Vertretung gem. § 58 III 1 und 2 NKomVG über die Angelegenheiten, für die sie sich die Beschlussfassung entweder im Einzelfall gem. § 58 III 1 NKomVG per vorherigem Beschluss oder aufgrund von Regelungen in der Hauptsatzung für bestimmte Gruppen solcher Angelegenheiten vorbehalten hat.
Beispiel:
In der Hauptsatzung der Stadt Braunschweig befindet sich ein Passus, nach dem sich die Vertretung für sämtliche Grundstücksankäufe in der Straße „Hohlweg“ die Zuständigkeit vorbehält.
Die Vertretung der Stadt Braunschweig beschließt, sich die Beschlussfassung über den späteren Verkauf eines bestimmten Grundstücks vorzubehalten. Selbst wenn in diesem Fall nach der durchzuführenden Zuständigkeitsprüfung die Hauptverwaltungsbeamtin bzw. der Hauptverwaltungsbeamte als Geschäft der laufenden Verwaltung oder der Hauptausschuss im Rahmen seiner Lückenkompetenz zuständig wäre, obliegt die Beschlussfassung aufgrund des zuvor gefassten Vorbehaltsbeschlusses der Vertretung.
Während die Vertretung bei den Vorbehaltsbeschlüssen die Zuständigkeit an sich zieht, kann ihr auch gem. § 58 III 3 NKomVG die Zuständigkeit aufgrund eines Vorlagebeschlusses durch den Hauptausschuss oder einem beschließenden Ausschuss zugewiesen werden.
Beispiel:
Obwohl die Beschlussfassung dem Verwaltungsausschuss der Stadt Braunschweig obliegt, der allerdings gem. § 78 II 1 NKomVG nicht öffentlich tagt, erhoffen sich die Mitglieder des Verwaltungsausschusses eine größere Akzeptanz über die Sachentscheidung, wenn diese in einer öffentlichen Ratssitzung herbeigeführt wird. Insofern beschließt der Verwaltungsausschuss in seiner Sitzung, die Beschlussfassung per Vorlagebeschluss dem Rat vorzulegen, der nun aufgrund des gefassten Vorlagebeschlusses des Verwaltungsausschusses zuständig wird.
Die Prüfung der Organzuständigkeit endet jeweils mit der Festlegung des Organs, das für die Beschlussfassung über den zu prüfenden Tagesordnungspunkt zuständig ist.
Für die Prüfung der Organzuständigkeit ergibt sich damit folgendes Prüfungsmuster:
– Festlegung der Organbezeichnung gem. §§ 7 I, 14 I–VI, 7 II 1–5 NKomVG
– Spezialgesetzliche Zuweisungsnormen außerhalb oder innerhalb des NKomVG
– Zuständigkeitskatalog für die Vertretung nach § 58 I NKomVG
– Zuständigkeitskatalog für den Rat nach § 58 II NKomVG
– Zuständigkeitskatalog für die Hauptverwaltungsbeamtin bzw. den Hauptverwaltungsbeamten gem. § 85 NKomVG
– Lückenkompetenz des Hauptausschusses § 76 II 1 NKomVG
– Vorbehalts- oder Vorlagebeschlüsse nach § 58 III NKomVG
III. Beschlussfähigkeit
Um einen rechtmäßigen Beschluss über ein Sachthema fassen zu können, ist es notwendig, dass die Beschlussfassung durch die Mitglieder der Vertretung in einer gemeinsamen Sitzung erfolgt, da es sich bei der Vertretung um ein Kollegialorgan handelt. Selbst eine Beschlussfassung aller Mitglieder im Umlaufverfahren ist nicht möglich.
Die Vertretung ist nach § 65 I 1 NKomVG beschlussfähig, wenn nach ordnungsgemäßer Einberufung die Mehrheit seiner Mitglieder anwesend ist (Alt. 1) oder alle anwesend sind und kein Mitglied die Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt (Alt. 2). Insofern sieht das Gesetz für die Beschlussfähigkeit der Vertretung zwei Alternativen vor, die jeweils zwei Voraussetzungen beinhalten. Die Prüfung beginnt stets mit der Alternative 1.
Nach § 65 I 1 Alt. 1 NKomVG muss zunächst eine ordnungsgemäße Einberufung nach § 59 NKomVG vorliegen. Eine ordnungsgemäße Einberufung nach § 59 I 1 NKomVG setzt zunächst voraus, dass die Hauptverwaltungsbeamtin bzw. der Hauptverwaltungsbeamte alle Ratsmitglieder schriftlich oder durch elektronisches Dokument unter Mitteilung der Tagesordnung einlädt.
Zuständig für die Einladung ist folglich die Hauptverwaltungsbeamtin bzw. der Hauptverwaltungsbeamte. Im Falle einer Verhinderung wird sie bzw. er durch die bzw. den Ratsvorsitzenden gem. § 59 III 3 NKomVG vertreten.
Die Hauptverwaltungsbeamtin bzw. der Hauptverwaltungsbeamte muss alle übrigen Ratsmitglieder einladen, selbst wenn der Verwaltung bekannt ist, dass ein Ratsmitglied z. B. aufgrund Urlaubs nicht an der Sitzung teilnehmen kann. Wird die Einladung von der bzw. dem Ratsvorsitzenden ausgesprochen, so ist auch die Hauptverwaltungsbeamtin bzw. der Hauptverwaltungsbeamte einzuladen.
Die Einladung muss schriftlich oder in elektronischer Form ergehen, weitere formelle Anforderungen wie eine Originalunterschrift sind nicht erforderlich.
Der Einladung muss die Mitteilung der Tagesordnung angefügt sein. Eine Tagesordnung ist die Zusammenstellung aller Punkte, über die in der Sitzung beraten oder entschieden werden soll. Sofern die Tagesordnung im Vertretungsfall von der bzw. dem Ratsvorsitzenden gem. § 59 III 3 NKomVG aufgestellt wird, so ist über die Tagesordnung ein Benehmen mit der allgemeinen Stellvertreterin bzw. dem Stellvertreter gem. § 59 III 4 NKomVG herzustellen. Ein Benehmen erfordert kein Einvernehmen. Der Einladung müssen mangels gesetzlichen Erfordernisses keine schriftlichen Beratungsunterlagen beigefügt werden.
Sind die Voraussetzungen unproblematisch als gegeben anzusehen, sollte der Prüfling dies im Urteilsstil kurz feststellen. Vorliegend hat der Bürgermeister Junker alle Ratsmitglieder mit Schreiben vom 12. 04. 2021 unter Beifügung der Tagesordnung schriftlich eingeladen. Die Voraussetzungen des § 59 I 1 NKomVG liegen folglich vor.
Ist die Einladung hingegen nicht von der Hauptverwaltungsbeamtin bzw. dem Hauptverwaltungsbeamten versandt worden, so bietet sich folgende Formulierung an, sofern die weiteren Tatbestandsmerkmale unproblematisch sind:
Zunächst müsste die Hauptverwaltungsbeamtin bzw. der Hauptverwaltungsbeamte alle Abgeordneten unter Mitteilung der Tagesordnung nach § 59 I 1 NKomVG schriftlich eingeladen haben. Vorliegend wurden alle Ratsmitglieder unter Mitteilung der Tagesordnung mit Schreiben vom 12. 04. 2021 schriftlich eingeladen. Dieses ist jedoch nicht von der Hauptverwaltungsbeamtin bzw. dem Hauptverwaltungsbeamten erfolgt, sondern durch den Ratsvorsitzenden Bossdorf. Da der Ratsvorsitzende die Hauptverwaltungsbeamtin bzw. den Hauptverwaltungsbeamten nach § 59 III 3 NKomVG bei der Einberufung der Vertretung vertritt, ist die Versendung der Einladung durch Bossdorf als Ratsvorsitzenden rechtmäßig, zumal auch der Bürgermeister Junker eine Einladung erhalten hat. Folglich sind die Tatbestandsmerkmale des § 59 I 1 NKomVG erfüllt.
Liegen die vier Voraussetzungen nach § 59 I 1 NKomVG vor, so ist ferner die Einhaltung einer ordnungsgemäßen Ladungsfrist gem. § 59 I 2 NKomVG i. V. m. der Geschäftsordnung der Vertretung zu prüfen. Während sich die Ladungsfrist von einer Woche zur Zeit der NGO und NLO noch aus dem Gesetz entnehmen ließ, sieht das NKomVG keine konkrete Ladungsfrist vor. Hierüber muss die Geschäftsordnung der Vertretung eine Regelung enthalten. Im Regelfall wird an der früher gesetzlich vorgesehenen Ladungsfrist von einer Woche festgehalten. Sodann bedarf es einer Fristberechnung, zu der die Regelungen der §§ 186 ff. BGB in analoger Anwendung heranzuziehen sind.
Wird die Einladung per Brief versandt, so findet entgegen der allgemeinen Vorschriften im Verwaltungsrecht die 3-Tages-Fiktion keine Anwendung, da die Einladung nicht bundesweit, sondern lediglich kommunal versandt wird. Insofern gilt die Einladung am Tag nach der Aufgabe zur Post gem. § 130 I 1 BGB analog als zugegangen. Da es sich bei der Zusendung eines Schriftstückes um eine Ereignisfrist handelt, gilt gem. § 187 I BGB analog der Fristbeginn am nächsten Tag. Gem. § 188 II BGB analog endet die Frist – bei Unterstellung einer Wochenfrist – mit Ablauf des Tages der nächsten Woche, der dem Ereignistag entspricht. Die Frist ist demnach gewahrt, wenn die Sitzung ab dem nächsten Tag stattfindet.
Im Folgenden werden in den drei Beispielen die klausurrelevanten Fristenprobleme behandelt.
Beispiel 1:
Die Einladung wird am 01.07. an alle Ratsmitglieder versandt. Es gilt eine Ladungsfrist nach der Geschäftsordnung von einer Woche, die Ratssitzung soll am 09.07. stattfinden.
Es gilt folgende Fristberechnung:
– Versand der Einladung am 01.07.
– Zugang (= Ereignistag) gem. § 130 I 1 BGB analog am 02.07.
– Fristbeginn gem. § 187 I BGB analog am 03.07.
– Fristablauf gem. § 188 II BGB analog mit Ablauf des 09.07., daher ist die Ladungsfrist nicht gewahrt.
Beispiel 2:
Die Einladung wird am Samstag, den 01.07., per Boten überbracht, die Ladungsfrist beträgt laut Geschäftsordnung eine Woche, die Ratssitzung soll am 09.07. stattfinden.
Es gilt folgende Fristberechnung:
– Zugang (= Ereignistag) gem. § 130 I 1 BGB analog am Samstag, den 01.07., da an diesem Tag per Boten ausgeliefert
– Fristbeginn gem. § 187 I BGB analog am Sonntag, den 02.07.
– Fristende gem. § 188 II BGB analog mit Ablauf des Samstages am 08.07., Ladungsfrist gewahrt
– § 193 BGB findet keine analoge Anwendung, da keine Leistung an einen Dritten zu bewirken ist, insofern verschiebt sich das Fristende nicht auf den nächsten Werktag.
Beispiel 3:
Einladung am 01.07. zur Post, Tagesordnung wird per Post am 03.07. nachgesandt, Ladungsfrist laut Geschäftsordnung eine Woche, Ratssitzung am 09.07.
Es gilt folgende Fristberechnung:
– Versandt der Einladung zwar am 01.07., jedoch wurde die Tagesordnung erst am 03.07. versandt, somit ist der 03.07. für die Fristberechnung maßgebend
– Zugang (= Ereignistag) gem. § 130 I 1 BGB analog am 04.07.
– Fristbeginn gem. § 187 I BGB analog am 05.07.
– Fristende gem. § 188 II BGB analog mit Ablauf des 11.07., Ladungsfrist nicht gewahrt
Sind die Voraussetzungen des § 59 I 1 NKomVG gegeben und ist die Ladungsfrist nach § 59 I 2 NKomVG i. V. m. der Geschäftsordnung gewahrt, so liegt eine ordnungsgemäße Einladung gem. § 59 I NKomVG vor. Damit ist die Vertretung jedoch noch nicht beschlussfähig, da § 65 I 1 Alt. 1 NKomVG noch das Vorliegen einer weiteren Voraussetzung erfordert.
Als zweite Voraussetzung für eine Beschlussfähigkeit nach § 65 I 1 Alt. 1 NKomVG bedarf es noch der Anwesenheit der Mehrheit der Mitglieder der Vertretung. Um das Vorliegen der Mehrheit als gegeben anzusehen, bedarf es zunächst der Feststellung der Größe der Vertretung.
Die Anzahl der Abgeordneten der Vertretung richtet sich nach § 46 NKomVG. Bei Gemeinden, Samtgemeinden und Landkreisen ist ausgehend von der Anzahl der Einwohnerinnen und Einwohner gem. § 46 I bzw. II NKomVG die Anzahl der Abgeordneten zu bestimmen. Die Zahl der Regionsabgeordneten beträgt gem. § 46 III NKomVG 84 Abgeordnete. Nach den Sonderregeln der § 46 IV und V NKomVG kann es zu einer Divergenz bei der Anzahl nach § 46 I–III NKomVG kommen.
Die Abgeordneten heißen in Gemeinden und Samtgemeinden gem. § 45 I 3 NKomVG Ratsfrauen und Ratsherren, in den Landkreisen Kreistagsabgeordnete bzw. Kreistagsabgeordneter und in der Region Hannover Regionsabgeordnete bzw. Regionsabgeordneter.
Da ein Mitglied der Vertretung gem. § 45 I 2 NKomVG per Gesetz die Hauptverwaltungsbeamtin bzw. der Hauptverwaltungsbeamte ist, ergibt sich folglich immer eine ungerade Anzahl der Mitglieder der Vertretung.
Um beschlussfähig zu sein, muss die Mehrheit der Mitglieder der Vertretung anwesend sein.
Beispiel:
Die kreisfreie Stadt Braunschweig hat 244.000 Einwohnerinnen und Einwohner.
Nach § 46 I NKomVG gehören dem Rat folglich 54 Abgeordnete an, die nach § 45 I 3 NKomVG Ratsfrauen und Ratsherren heißen. Hinzu kommt nach § 45 I 2 NKomVG der Oberbürgermeister, sodass die Anzahl der Ratsmitglieder 55 beträgt. Die Mehrheit der Mitglieder des Rates sind folglich 28. Laut Sitzungsniederschrift sind 30 Ratsmitglieder erschienen, also ist die Mehrheit der Ratsmitglieder anwesend.
Liegt eine ordnungsgemäße Einberufung nach § 59 NKomVG vor und ist die Mehrheit der Ratsmitglieder anwesend, so liegt die Beschlussfähigkeit der Vertretung gem. § 65 I 1 Alt. 1 NKomVG vor. In diesem Fall erfolgt keine Prüfung der Alt. 2 mehr.
Die Vertretung gilt nach § 65 I 3 NKomVG dann solange als beschlussfähig, wie die Beschlussfähigkeit nicht angezweifelt wird. Da die Beschlussfähigkeit in der Regel zu Sitzungsbeginn festgestellt wird, kann also beim zu prüfenden Tagesordnungspunkt darauf verwiesen werden. Weitere Ausführungen werden nur dann erforderlich, wenn z. B. kurz vor dem Tagesordnungspunkt Ratsmitglieder den Saal verlassen und eine Überprüfung der Beschlussfähigkeit verlangt wird.
Sind die Voraussetzungen des § 65 I 1 Alt. 1 NKomVG hingegen nicht erfüllt, so werden anschließend die Voraussetzungen des § 65 I 1 Alt. 2 NKomVG geprüft. Hiernach müssten zunächst alle Ratsmitglieder anwesend sein und keiner darf eine Verletzung von Verfahrensvorschriften rügen.
Die Prüfung der Anwesenheit aller Ratsmitglieder erfolgt anhand der §§ 45 I 2, 46 NKomVG wie oben dargestellt. In der Regel ergibt sich die Anzahl der anwesenden Ratsmitglieder aus der Sitzungsniederschrift oder aus dem Bearbeitervermerk.
Ferner dürfte eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht gerügt worden sein. Eine Rüge liegt vor, wenn das rügende Mitglied der Vertretung unter Benennung der konkreten Verletzung deutlich macht, dass die Sitzung nicht durchgeführt werden soll. Ein bloßer Hinweis stellt hingegen noch keine Rüge dar.
Ist die Vertretung auch nicht nach § 65 I 1 Alt. 2 NKomVG beschlussfähig und wird die Sitzung der Vertretung dennoch durchgeführt, so sind alle Abstimmungen und Wahlen nicht nur rechtswidrig, sondern sogar nichtig.
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