Kitabı oku: «Goldstück-Variationen»
Michael Klonovsky
Goldstück-Variationen
Reaktionäres vom Tage
Acta diurna 2018
Für Greta,
die tapferste Schulschwänzerin
seit Pippi Langstrumpf
Überheblichkeit ist etwas Widerliches, und je moralischer sie sich gibt, desto widerlicher ist sie.
C. S. Lewis
Für den mittelmäßigen Menschen war die organische Verschmelzung mit dem System der leichteste Weg, sich von der eigenen Außergewöhnlichkeit zu überzeugen.
Ryszard Legutko
Endlich macht die Zeit den Saul
Zur Verfolgung schwach und faul.
Carl Schmitt
Doch lacht nur zu,
ihr leichtsinniges,
lustgieriges
Göttergelichter!
Euch seh’ ich
noch alle vergeh’n!
Richard Wagner, »Siegfried«, 2. Aufzug, Alberich
INHALT
Vorbemerkung
Acta diurna 2017
Januar
Februar
März
April
Mai
Juni
Juli
August
September
Oktober
November
Dezember
Personenregister
VORBEMERKUNG
Das Menschengeschlecht ist zwar heillos darüber zerstritten, was gute und was schlechte Gewohnheiten sind, aber eine geheimnisvolle Einigkeit herrscht über die Nützlichkeit von Gewohnheiten als solchen. Deswegen erscheint nun Band fünf der Acta diurna. Da mit Erstlesern hier kaum zu rechnen ist, verzichte ich auf eine Erklärung des Formats; im Ausnahmefall gibt eine Internet-Suche oder die Lektüre eines der Vorgänger-Bücher rasch Aufschluss.
Bei aller physiologischen, hygienischen und sittlichen Gebotenheit, die Acta diurna fortzusetzen, wird es doch immer komplizierter, aus dem Material der Online-Version eine Druckfassung zu destillieren. Die Fülle der verlinkten Texte, Meldungen und Statistiken, die vielen zitierten Leserzuschriften, Bilder und Grafiken, der Tagesaktualität geschuldete Korrekturen oder Ergänzungen sowie die überhaupt von Jahr zu Jahr wachsende Textmenge lassen zumindest Zweifel an der Kompatibilität der beiden Darreichungsformen aufkommen. Insofern verkörpert der vorliegende Band ein vorläufiges Ende. Der nächste – sollte es dazu kommen – wird eine veränderte Form finden müssen.
Beispielhaft für die Unmöglichkeit, die Online-Variante im Druck wiederzugeben, möge der Eintrag vom 24. August sein. Das Original enthielt 17 Links, darunter zwei zu ausführlichen Betrachtungen über Zustände und Mentalitäten in Afrika, einige weitere zu exemplarischen Fällen rohester Gewalt sowie drei Fotos junger aggressiver Afrikaner, die in die spanische Exklave Ceuta eingedrungen waren. Eine wachsame Journalistin gruppierte Auszüge aus meinem Text in gewohnter Manier zu einer Collage, um mich gefährlicher Ansichten zu überführen. Am 6. September kommentierte ich in der Online-Version diesen Vorgang wie folgt:
»Das Tourette-Syndrom zwingt den an Koprolalie Leidenden, immer wieder schmutzige Worte auszurufen. Viele pathologische Progressisten werden von einem vergleichbaren Syndrom gepeinigt, das sie zum zwanghaften Ausstoßen von Worten wie ›Rassist!‹, ›Nazi!‹, ›Sexist!‹ zwingt. Über Erfolge einer medikamentösen oder therapeutischen Behandlung der zweiten Gruppe liegen leider kaum Erkenntnisse vor. Ein beachtlicher Teil dieser Geplagten ist stattdessen in den Medien untergekommenen, wo sie versuchen, in häufigem Kontakt mit ihresgleichen ein relativ normales Leben zu führen. Aber eher verstärken sich die Affekte dadurch noch, und immer wieder kommt es zu peinlichen Zwischenfällen in der Öffentlichkeit. So versuchte sich eine arme Frau in der Frankfurter Rundschau Erleichterung zu verschaffen, indem sie mich als Adressaten für ihre zwanghaften Zuschreibungen wählte. Nicht jeder vermag die Nöte solcher Menschen zu tolerieren. Manchen« – und hier folgt wieder ein Link, diesmal zu einer ausführlichen Replik eines anderen Autors auf die maulende Myrte – »ist das unangenehm, weil ja auch Kinder zuhören.«
Es war, wie gesagt, unmöglich, den gesamten in Rede stehenden Beitrag auch im Druck wiederzugeben, weshalb er in der vorliegenden Version gekürzt erscheint. Dieser Hinweis ist hier nur eingestreut, damit niemand auf den Gedanken kommt, ich nähme wegen der Politesse etwas zurück. Online bleibt der Text einsehbar. Ansonsten gilt auch für den fünften Band, was für seine Vorgänger galt: Einige Einträge wurden aus Platzgründen – oder weil Dopplungen vorlagen – gestrichen, andere sind gekürzt, gestrafft, aber niemals gemildert worden. Sämtliche Irrtümer gehen auf meine Kappe, und jeden Abend bete ich darum, dass auch alle meine Prognosen sich ihnen beigesellen werden.
München, im Februar 2019 | Michael Klonovsky |
ACTA DIURNA 2018
1. Januar
Silvesterfeier in einem georgischen Restaurant. Die Tische sind üppig gedeckt – bei den Völkern des Ostens gilt es als anstößig, sie abzuräumen, das Essen zieht sich über Stunden, es werden nur die abgegessenen Teller und Schüsseln durch neue ersetzt –, die Speisen sind wundervoll nahrhaft, es gibt wenig für Vegetarier und nichts für Veganer, doch es scheint auch kein einziger Vertreter dieser Observanzen anwesend zu sein. Die Gäste stammen aus allen Teilen der ehemaligen Sowjetunion: Georgier, Armenier, Ukrainer, Russen aus Ostpreußen, Russen aus Moskau, Russen aus Sibirien, Russen aus London, dazwischen einige wenige deutsche Männer, an ihrem Habitus leicht zu erkennen, die sich ihre Partnerinnen importiert haben. Es wird georgischer Wein serviert, auf den Tischen der Kaukasier steht flaschenweise Kognac, am guten Russentisch, dem ein ausweislich seiner Begleiterin reicher Mann mit dem Körperbau und der Physiognomie eines Metzgermeisters und der fröhlichen Laune eines Kindes präsidiert, wird Wodka getrunken, wobei die Speiseberge nahezu unberührt bleiben, man schiebt nur hin und wieder der Wodka (weiblich!) einen »Nachbiss« hinterher. Als die Moderatorin mit dem Mikrophon die Runde macht, um Toasts einzusammeln, wünscht der reiche Russe der Gesellschaft »Gesundheit … nur Gesundheit. Den Rest kauft man sich!«
Das riesige Land erstreckt sich bekanntlich über elf Zeitzonen, also bietet sich zu jeder vollen Stunde die Gelegenheit zum kollektiven Glaserheben, irgendwo sitzt immer jemand, der oder die als Repräsentanten ihrer Weltzeit von der Moderatorin ausgerufen werden kann, beginnend in Chabarowsk am Amur und schließlich endend mit der deutschen Mitternacht. Es gibt Live-Musik – ein Sänger, zwei Sängerinnen, ein Computer –, und die Tanzfläche ist ständig voll. Die Titel wechseln von russischer Popmusik über sowjetische Schlager (die jeder kennt und mitsingt), orientalische Tänze (eine schwarzhaarige, dunkeläugige Schöne reagiert sofort mit den typisch orientalischen Schlangenbewegungen der Arme), bis hin zu Modern Talking. Was komplett fehlt, ist das, was sonst überall läuft.
Die kulturprägende Kraft der Sowjetunion zwang den verschiedensten Völkerschaften nicht nur dasselbe Joch auf, sondern amalgamierte sie zu Sowjetbürgern; alle sprechen dieselbe Sprache, singen dieselben Lieder, haben, sofern etwas älter, ähnliche Erinnerungen, sind durch dieselbe Schule gegangen. Dort haben auch Muslime ganz selbstverständlich Puschkin gelesen, klassische Instrumente gelernt und Schach gespielt. Gerade in den islamischen Ländern am Südbauch Russlands machte der Bolschewismus großen Eindruck; das war eine universalistische Religion von immenser Kraft, die sich wie der frühe Islam ausbreitete und alle Hindernisse niederrannte, deren Prediger von Männern mit Pistolen und Maschinengewehren begleitet wurden und sich auf keinen Kompromiss einließen, sie verkündeten die Gleichheit aller Erdenkinder und machten blutigen Ernst damit, das hatte etwas ungeheuer Einleuchtendes. Heute ist dieses Imperium zerfallen, aber seine zumindest in kultureller Hinsicht eindrucksvollen Reste sind zuweilen noch zu besichtigen.
Liebe schon länger hier gut und gern lebende Bürgerinnen und Bürger und drittes Dingens, im vergangenen Jahr ist die Bevölkerung Afrikas um weitere etwa 36 Millionen Menschen gewachsen. Damit ist für unsere Politik ein Rahmen gelegt, den wir nicht wegdiskutieren können. Wir stehen also vor der globalen Herausforderung, dem weiter steigenden Bedürfnis der Menschen, die bald hier leben werden, und ihrer Angehörigen, Vorfahren und Hausgeister nach individueller Mobilität, digitaler Teilhabe, religiöser Toleranz und Klimaschutz gerecht zu werden. Wer anderen eine Grenze baut, soll nicht mit Steinen werfen, sonst fällt er selbst hinein. Wir brauchen einen Marschallstab, äh -plan für Afrika. Wir schaffen das, und wenn dies bald nicht mehr Ihr Land ist, meins ist es nie gewesen. Ihre amtierende Kanzlerinnensprechpuppe
Das einzige, was Brillanz erträglich macht, ist ihre relative Erfolglosigkeit. Zum Glück für die leicht überdurchschnittliche Intelligenz sind die meisten Menschen unfähig, Brillanz überhaupt zu bemerken.
Mehrere Leser haben den Springer-Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner für seinen Welt-Kommentar »Deutschlands Stimme gegen Jerusalem ist beschämend« gelobt und gefragt, ob ich mich zu diesem »klaren Statement« nicht äußern wolle.
Wollte ich eigentlich nicht. Döpfners Text beginnt nämlich mit den Worten: »Wenn man die Geschichte der letzten 100 Jahre – kreisend um das Schlüsselereignis, den Holocaust – etwas (aber nur unwesentlich) vereinfacht, dann gibt es ein Tätervolk, die Deutschen, ein Opfervolk, die Israelis, und eine Gemeinschaft der Retter, die Alliierten.«
Der Chef eines großen deutschen Medienkonzerns besitzt also – oder fingiert es zumindest – ein Geschichtsbild von der Schlichtheit eines totalitär manipulierten Hauptschülers und zugleich die Obszönität des Millionärs, es öffentlich zu machen. Wer sich auf eine dermaßen primitive Weltsicht überhaupt einlässt, ist ein Sklavenwesen, das heute Jerusalem als Hauptstadt Israels verteidigt und der Stadt übermorgen auf Geheiß anderer den Status aberkennt, der ist vollkommen unfrei in jeder Hinsicht seines Denkens. Wer die Tragödien des 20. Jahrhunderts auf ein dermaßen armseliges und ahnungsloses Level zusammenschnurren zu dürfen meint, verdient eigentlich keinerlei Erwähnung meinerseits – jetzt tu’ ich’s ja nolens volens doch –, auch nicht, wenn er sich politisch in meinem Sinne äußert. Warum sollte ich diesen intellektuellen Kretinismus erwähnen? In meinem Diarium irrlichtern doch schon genug intellektuelle Schmalhänse herum.
4. Januar
Für die progressive Literaturwissenschaftlerin ist Casanova ein Frauenfeind.
Das Opernhaus Florenz spielt die Carmen jetzt mit geändertem Schluss; die schöne Zigeunerin kommt ihrem verschmähten Liebhaber Don José zuvor und erschießt ihn, bevor er sie umbringen kann. Um die Sache plausibel zu machen, erscheint der verliebte Deserteur nicht mit einem Messer, sondern mit einer Pistole zum Finale, die Carmen ihm entwindet und gegen ihn selber richtet – woher sollte ein einfaches Mädchen schließlich eine Pistole haben? Der ergreifende Abgesang Josés, dies fassungslose »C’est moi qui l’ai tuée! Ah! Carmen! Ma Carmen adorée!« (»Ich habe sie getötet! Carmen! Meine angebetete Carmen!«) fällt damit natürlich flach (keine Ahnung, wie sie das lösen wollen, ohne das Werk auch musikalisch zu verstümmeln). »Wir denken, es ist wichtig, dass das Theater kein konservativer Ort der Musikkultur ist, es sollte kein Museum sein. Es ist ein Ort, an dem eine Debatte beginnen kann. Carmen wurde vor 150 Jahren in einem ganz anderen kulturellen Kontext geschrieben. Zeiten ändern sich«, erklärt der Produzent. Wie wahr. Nur der Opportunismus bleibt konstant.
»The dramatic departure from operatic orthodoxy is an attempt to shine the spotlight on the modern-day abuse and mistreatment of women, an issue given added resonance by the outrage over the behaviour of Harvey Weinstein and Donald Trump«, hält der Telegraph in seinem Bericht über die neue Jahrhundert-Carmen fest.
Ich hätte ja nichts gegen eine zeitgenössische Carmen, deren Finale einmal so umgekehrt läuft, als Anklage gegen Weinstein und Trump und die anderen Unholde (aber niemals eine blonde Carmen, die von einem »Südländer« erdolcht wird!), für alle, denen die Tosca nicht genügt. Doch dann soll sie auch ein Zeitgenosse schreiben; dass die Unproduktiven, künstlerisch Unfruchtbaren an den Klassikern herummanipulieren, geht mir »wider die Natur« (W. Busch). Schluss. Aus. Gesindel. Boykott!
Die Welt meldet: »Die Zuwanderung von mehr als eineinhalb Millionen Ausländern über das Asylsystem hat zu einem spürbaren Anstieg von Gewalttaten geführt. Das ist das Ergebnis einer vom Kriminalwissenschaftler Christian Pfeiffer geleiteten Studie im Auftrag des Bundesfamilienministeriums.« Die besagte Studie des mysteriösen Instituts, das eigentlich ein e.V. ist, von dem weithin bekannten »Kriminalastrologen« (so Bernd Zeller bzw. Alexander Wendt) Christian Pfeiffer geleitet wird und bislang besonders durch Gefälligkeitsgutachten zur Verharmlosung von Migrantenkriminalität auffiel, kommt also zu dem Ergebnis, dass Wölfe Schafe reißen und der Regen die Erde nässt, thank you very much, aber das haben wir leider Gottes schon vorher gewusst, die Leugner (und Lumpen), die das Gegenteil behaupteten, um ihren Heiligenschein erstrahlen zu lassen, natürlich auch. Nun geht es routiniert ans Abwiegeln. In der Welt – ich könnte schockweise ähnliche Passagen aus anderen Medien zitieren – liest sich das so:
»Allerdings gilt es wie bei allen Statistiken zu beachten, dass die Auffälligkeiten von Gruppen keine Aussage über den einzelnen Gruppenangehörigen zulassen. Die Frage, ob Flüchtlinge generell krimineller sind als Deutsche, ist selbstverständlich mit Nein zu beantworten. Genauso wenig, wie Amerikaner krimineller als Franzosen sind oder Obdachlose mehr als Investmentbanker. Statistisch feststellbare Merkmale einer Gruppe treffen grundsätzlich keine Aussage über ein bestimmtes Mitglied der Gruppe.« (Nein, nur über die Wahrscheinlichkeit, innerhalb dieser Gruppe ein Exemplar mit dem jeweiligen Merkmal zu treffen.)
Das zitiert der Journalist nicht, das »meldet« er in einer »Nachricht«. Weil diese tumben Gesellen partout nicht kapieren wollen, dass die in belehrendem Ton vorgetragenen second-hand-Meinungen von Journalisten kaum jemanden außer vielleicht ein paar Kollegen interessieren und man von ihnen Berichterstattung oder wenigstens die Trennung von Kommentar und Meldung erwartet, liest kaum mehr einer diese Gazetten. Selbstverständlich sind Flüchtlinge nicht krimineller als Deutsche, sie begehen nur mehr Straftaten. Wäre Mustafa – das ist ein Pseudonym, keinesfalls will ich alle Träger dieses schönen Namens stigmatisieren – genauso aufgewachsen wie Martin, in dieselbe Schule gegangen, in denselben Kreisen verkehrt etc. pp., er wäre selbstverständlich so wenig kriminell wie jener. Und umgekehrt wäre Martin an Mustafas Stelle eben etwas verhaltensauffälliger. Wir sollten vielleicht noch darauf insistieren, dass beide idealerweise auch jeweils dieselben Eltern, Geschwister, Ehrbegriffe und religiösen Vorstellungen haben müssten.
Was uns der Welt-Mensch und mit ihm der gesamte in der westlichen Hemisphäre herrschende Zeitgeist sagen wollen, ist, dass es zwischen Gruppen eigentlich keine Unterschiede gibt, speziell nicht in puncto Kriminalitätsneigung und Intelligenz, und wenn doch, dann ist der weiße Rassismus daran schuld. Wenn irgendwann einmal alle Familien, Kulturen, Ethnien, Nationen, Religionen und Klassen aufgelöst sind, weil die Menschen sich völlig durchmischt und kollektiv individualisiert haben, dann wird auch diese herzlose Stigmatisierung nach Gruppenzugehörigkeiten enden. Sicherheitshalber wählt unser Journalist kompatible Vergleichsgruppen und schreibt, Amerikaner seien nicht krimineller als Franzosen oder Obdachlose als Investmentbanker. Wie wäre es indes mit Afghanen, Rumänen oder Algeriern im Vergleich mit Franzosen? Sind Zigeuner krimineller als Mormonen? Begehen Uhrmacher mehr Straftaten als Luden oder Bauarbeiter? Fragen über Fragen.
Zur Studie. Sie nimmt Niedersachsen als typisches pars pro toto für ’schland, das nur am Rande. Auf Seite 60/61 gibt es eine Tabelle »Zustimmung zu islamisch fundamentalistischen Aussagen«. Quelle ist eine niedersachsenweite Befragung unter muslimischen Schülern anno 2015 – inzwischen dürften sie noch etwas optimistischer geworden sein –, welche unter anderem folgende Zustimmungswerte auf folgende Aussagen ergab:
–Der Koran ist das einzig wahre Glaubensbuch; die darin festgehaltenen Regeln müssen genau befolgt werden. 69.6 Prozent (Jungen 69.0/Mädchen 70.3)
–Der Islam ist die einzige wahre Religion; alle anderen Religionen sind weniger wert. 36.6 Prozent (35.0/37.6)
–Ich kann mir gut vorstellen, selbst für den Islam zu kämpfen und mein Leben zu riskieren. 29.9 Prozent (27.1/32.6)
–Die islamischen Gesetze der Scharia, nach denen zum Beispiel Ehebruch oder Homosexualität hart bestraft werden, sind viel besser als die deutschen Gesetze 27.4 Prozent (32.2/22.5)
–Muslime werden auf der ganzen Welt unterdrückt; dagegen müssen sie sich mit Gewalt zur Wehr setzen. 19.8 Prozent (24.0/15.2)
–Es ist die Pflicht jedes Muslims, Ungläubige zu bekämpfen und den Islam auf der ganzen Welt zu verbreiten. 18.6 Prozent (16.9/20.1)
–Muslimen ist es erlaubt, ihre Ziele notfalls auch mit terroristischen Anschlägen zu erreichen. 3.8 Prozent (4.8/2.9)
Für jeden politisch und vor allem perspektivisch denkenden Freund des Rechtsstaates und des Pluralismus müssten die Alarmglocken schrillen angesichts dessen, was da heranwächst. Doch der Kommentar in der Studie gibt Entwarnung: «Nur ein kleiner Teil der Muslime stimmt im Durchschnitt allen Items zu (Hervorhebung von mir – M. K.). Dies trifft auf 10.8 % der Muslime der niedersachsenweiten Schülerbefragung 2015 zu. Werden die Ergebnisse zusammengefasst, so ist unter Nutzung eines neu entwickelten Messinstruments zur Erfassung islamisch extremistischer Einstellungen zu konstatieren, dass sich etwa jeder neunte muslimische Jugendliche zustimmend äußert. Werden die hier ebenfalls berichteten Raten zu rechtsextrem und linksextrem eingestellten Jugendlichen zum Vergleich herangezogen, so ist dieser Anteil nicht übermäßig hoch.«
Wenn also unser Mustafa zwar sagt, dass die Scharia über jedem weltlichen Gesetz steht und es die Pflicht des Muslims sei, Ungläubige zu bekämpfen, dafür aber terroristische Anschläge ablehnt, wird er vermittels des neu entwickelten Messinstruments unter die eher harmlosen Feinde des Rechtsstaates rubriziert. Und jeder zehnte Martin denkt – und handelt – im Grunde ebenso, nur halt auf links- oder rechtsextreme Weise. Wer aber, außer vielleicht H. Maas, wäre bereit, seine Lesart des Grundgesetzes notfalls auch mit terroristischen Mitteln durchzusetzen?
Weiter im Text: »Die PKS Niedersachsens zeigt ferner für das Jahr 2014, dass die ab 14-jährigen Frauen bei den Tatverdächtigen der Gewaltkriminalität nur einen Anteil von 12,4 % erreichen, obwohl sie im selben Jahr 50,9 % der Wohnbevölkerung stellten. Frauen sind offenbar erheblich weniger gewaltorientiert als Männer. Die Annahme erscheint berechtigt, dass sie bei Konflikten eher auf gewaltfreie Lösungen hinwirken und versuchen werden, die zu ihrem engeren sozialen Umfeld gehörenden Männer entsprechend zu beeinflussen. (…) Die große Mehrheit der männlichen Jugendlichen und jungen Männer, die im Verlauf der letzten beiden Jahre als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind, lebt hier ohne Partnerinnen, Mütter, Schwestern oder andere weibliche Bezugspersonen in reinen Männergruppen. Die gewaltpräventive, zivilisatorische Wirkung, die von Frauen ausgeht, kommt dadurch weniger zum Tragen, während einem anderen Faktor größeres Gewicht zukommen kann: die Orientierung an gewaltlegitimierenden Männlichkeitsnormen».
Man achte auf die hohe Zustimmungswerte bei Schülerinnen zu radikalen Positionen oben. Wahrscheinlich sind die frommen Schwestern von der Gesellschaft in Kaltland aggressiv gemacht worden. Man sieht schließlich im gesamten Orient kaum etwas anderes als unter dem zivilisierenden Einfluss ihrer Frauen friedfertig ihr Wasserpfeifchen schmauchende Moslems. Es ist wie eigentlich immer bei Pfeiffer: Behauptungen, Mutmaßungen und Unterstellungen werden mit Zahlen verrührt zur rosigen Prognose. Die Regierung ist zufrieden, die Medienclaque applaudiert.
Ein letztes Zitat: »Hinzu kommt ein Aspekt, der sehr zu beachten ist, wenn die Zahlen von polizeilich registrierten Tatverdächtigen den zentralen Ausgangspunkt einer Kriminalitätsanalyse bilden. Sie beruhen nun einmal primär auf der Anzeigebereitschaft der Opfer. Diese aber wird offenbar stark von der ethnischen Zugehörigkeit des jeweiligen Täters beeinflusst. (…) Je fremder der Täter ist, umso eher wird angezeigt.«
Es gibt dafür zwar keinen stichhaltigen Beleg, klingt aber gut. Alexander Wendt hat freilich auf einen Aspekt hingewiesen, den diese Leute immer übersehen, nämlich dass die tatsächliche Kriminalitätsrate dann ungeheuer hoch sein müsste, weil die vielen nicht angezeigten Straftaten durch Biodeutsche die exorbitant anwachsende Migrantenkriminalität ja weit überträfen. Und wie war das eigentlich in den Jahren vor 2015? Muss ein alter deutscher Schlager mit neuem Text versehen werden: »Kein Schwein zeigt mich an«?
Die Tagesthemen setzten gestern Abend der Manipulation verlässlich das Sahnehäubchen auf. Die Sprecherin suggerierte bei der »Meldung« zur besagten »Studie«, die Gewaltkriminalität der Migranten resultiere daher, dass sie »keine Bleibeperspektive« besäßen; eine dauerhafte Aufnahme samt Familienzusammenführung könnte die Aggressionen für immer befrieden.
So etwas hätte sich Karl Eduard v. Schnitzler wahrscheinlich nicht getraut.
»Feuerwehr-Präsident schlägt Alarm: ›Angriffe werden immer brutaler‹«, schreibt Bild. »Acht Angriffe auf Einsatzkräfte und 57 Attacken gegen Einsatzfahrzeuge zählte alleine die Berliner Feuerwehr zum Jahreswechsel. Rettungssanitäter wurden sogar mit Schusswaffen bedroht.« Der Mann heißt Hartmut Ziebs, geht mit keiner Silbe auf den mindestens mutmaßlichen Täterkreis ein – hatten wir früher wahrscheinlich auch schon, wurde halt nicht angezeigt – und sagt im Interview: »Alle Innenminister verurteilen diese Attacken. Aber das reicht nicht. Warum gehen die Bürger nicht auf die Straße und demonstrieren gegen Gewalt an Feuerwehrleuten? Angriffe auf die Feuerwehr sind Angriffe auf unsere Werte. Das Innenministerium in Hessen hat eine Schutzschleife in rot-weiß-blau als Zeichen der Solidarität herausgebracht. Rot für die Feuerwehr, weiß für die Rettungssanitäter und blau für die Polizei. Diese Schleife kann jeder als sichtbares Symbol gegen Gewalt auf Einsatzkräfte tragen.«
Wenn hinreichend viele Solidarisierer die republikanische Schleife tragen, kann das nächste Silvester ja kommen! Pfeiffer wird parallel dazu eine Studie abliefern, dass gerade zum Jahreswechsel Perpektivlosigkeit und fehlende familiäre Einhegung zu Ausschreitungen führen. Aber mal Ernst beiseite: Der Feuerwehrchef ist ein gestandener, bislang offenbar nicht der Debilität verdächtigter Mann um die Sechzig, und er sondert solchen infantilen Schwachsinn ab. Sind diese Leute verrückt oder gekauft? Dass hier etwas absichtlich und vorsätzlich geduldet wird, kann ja kein Zurechnungsfähiger mehr übersehen.