Kitabı oku: «Die Charismatische Bewegung 2», sayfa 3

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1.4.1. Geistliche Kampfführung und Jesusmärsche

Ausgehend von neutestamentlichen Aussagen, die den geistlichen Kampf des Christen mit militärischen Begriffen beschreiben (2Kor 10,3-6; Eph 6,10-17), wurde in der Charismatischen Bewegung eine besondere Art geistlicher Kampfführung entwickelt. Demnach steht der Christ in einer geistlichen Auseinandersetzung kosmischen Ausmaßes. Dämonische Mächte hindern das Wachstum der Christen und die Bekehrung der Ungläubigen.

Die Vorstellung einer militärischen Auseinandersetzung prägt die Sprache der Geistlichen Kampfführung. Da ist die Rede vom „Kampf an der Front“, von „Jesus in der Offensive“ oder von „Grundsätzen zur Einnahme einer Stadt“. Christen werden als „Teil von Gottes Gebetsarmee“ bezeichnet, die an der „himmlischen Invasion“ teilnehmen. Jesus wird hier zum „Kommandeur unserer Armee“, der seine „Präzisionswaffen“ (Gebet) zur Verfügung stellt. Mit dem Wort Gottes soll „zugeschlagen“ werden, bis der Feind „sich nicht mehr erholen und nicht mehr aufstehen kann”. Der Feind muss „rücksichtslos geschlagen werden“. Predigt, Krankenheilungen und Befreiungsdienste werden dabei zu „Gewehren“ und „Handgranaten“.32 Besonders beliebt ist auch die allegorische Übertragung der Schlachten Israels auf die Situation der gegenwärtigen Gemeinde. „Wir setzen unsere Füße auf die Erde in einem Ort und beanspruchen dieses Territorium für das Reich Gottes …”33 „Wir kämpfen ähnlich wie das Volk Israel bei der Einnahme des Gelobten Landes … Wie beim Volk Israel das Land Kanaan … von den Riesen (d.h. von dämonisch degenerierten Menschen) besetzt war, müssen wir dem Feind … unser Erbe abgewinnen …”34 Glücklicherweise bleibt es auf materieller Ebene zumeist bei diesen martialischen Aussprüchen. Tatsächlich fühlen sich viele Charismatiker aber als Kämpfer in einer kosmischen Auseinandersetzung, in der sich hinter einer Krankheit, einer Entlassung, einem Ehestreit oder mangelndem Gemeindewachstum ein Dämon oder der Teufel selbst verbirgt, den es massiv zu bekämpfen gilt. Dass die hier herangezogenen Bibelstellen fest umrissene historische Ereignisse aus der Geschichte Israels beschreiben wird einfach ausgeblendet. So wird die buchstäbliche Inbesitznahme Kanaans zu einer vergeistlichten Einnahme einer geographischen Region. Mit neutestamentlicher Theologie decken sich diese Vorstellungen und die benutzte Terminologie kaum. So wird die Tätigkeit des Christen häufiger mit der eines Sportlers (1Kor 9, 24-27; 1Tim 1,18; 6, 12; 2Tim 4,7) oder der eines Landwirts (Mt 13,1ff; 20,1ff; Mk 12,1ff) als mit militärischen Bildern beschrieben. Zum anderen beschreiben die neutestamentlichen Vergleiche mit militärischem Verhalten eher eine Verteidigungsschlacht als einen offensiven Angriff (Jak 4,7; 1Petr 5,8). Es geht eher darum die geistlichen Angriffe des Teufels zurück zu schlagen, als ihn anzugreifen. Deshalb steht auch die Beschreibung der geistlichen Verteidigungswaffen im Vordergrund (Eph 6,12-17). Darüberhinaus betonen die neutestamentlichen Autoren, dass der Christ im geistlichem Kampf leidet und nicht triumphiert (2Kor 6,1-10; 11,16-33; 12, 9f), dass er sich für das Evangelium des Friedens (Eph 6,15) einsetzt und keinen Vernichtungskampf gegen dämonische Mächte anzettelt. Hier findet eine entscheidende Akzentverschiebung statt, indem der letztendliche Sieg Jesu über alle gottfeindlichen Mächte statt im Himmelreich Gottes, schon hier und jetzt verwirklicht werden soll.

Im geistlichen Kampfgetümmel wird gelegentlich der Unterschied zwischen dem Handeln der Gemeinde und dem Handeln Gottes vergessen. Besonders geistbegabte Charismatiker erwecken den Eindruck, als könnten sie an Gottes Stelle Satan und Dämonen besiegen. Dahinter steht jedoch eine unbiblische Machtanmaßung. In der Auseinandersetzung mit übernatürlichen Mächten sollen Gläubige sich an Gott halten, sich unter seinen Schutz stellen, beten, dass sie von Angriffen des Teufels verschont bleiben (Mt 6,13; 2Thess 3,3) und sich gegen gedankliche Angriffe des Bösen schützen, indem sie sich ihres Heils, des Evangeliums, der Wahrheit vergewissern (Eph 6,10-20). Immer wieder berufen sich charismatische Christen in diesem Zusammenhang auf die den Gläubigen verheißene Mitherrschaft im Reich Gottes (Mk 10,40; 1Kor 6,2f; Offb 2,26). Diese prophetischen Äußerungen aber beziehen sich nicht auf die gegenwärtige Situation der Gemeinde. In Konkurrenz zur Verbreitung des Evangeliums Gottes tritt in der geistlichen Kampfführung die eigene Vollmacht. Insbesondere sei eine Elite von Geistträgern dazu befähigt, geistliche Schlachten zu schlagen.35 Margies ermutigt: Wir haben „das Mittel der Kampfführung, mit dem wir den geistlichen Bombenhagel, der systematisch und ununterbrochen aus der Atmosphäre auf einzelne Personen, Kulturen, Nationen und Gruppen herniedergeht, abfangen, auflösen und unwirksam machen.”36 John Wimber meint, durch stellvertretende Buße, die Sünden der USA gegenüber Japan getilgt zu haben.37 Deutsche Charismatiker wollen durch sogenannte Versöhnungswege eine geistliche Aussöhnung zwischen Deutschland und seinen osteuropäischen Nachbarn vorantreiben. Ein individuelles Sündenbekenntnis, eine persönliche Einsicht und Buße der Betroffenen sei an dieser Stelle nicht mehr nötig. Eine solche Sündenvergebung, die am Evangelium Jesu vorbeigeht, findet sich im Neuen Testament allerdings nicht. In Ermangelung neutestamentlicher Belege stützen sich charismatische Geisteskämpfer vor allem auf alttestamentliche Beschreibungen der Kämpfe Israels. „Wir können diese Berichts nicht nur als alte Geschichten verstehen, wir müssen sie im Licht unserer Auseinandersetzung mit der alten Schlange und Satan … sehen … Unsererseits bedarf es nur eines gewissen Maßes an Willigkeit, diese Parallelen zu erkennen …”38 Hier entscheidet nicht mehr der offensichtliche Literalsinn über die Auslegung eines Bibeltextes, sondern das eigene magische Weltbild bzw. die eigene Erfahrung. Für die aus dem Zusammenhang gerissenen Deutungen berufen sich charismatische Geisteskämpfer auf die Führung durch den Heiligen Geist. Einzelne alttestamentliche Schlachtenbeschreibungen werden zu einem vergeistigten Strategiepapier verbunden, mit dessen Hilfe dämonische Belastungen von Menschen, Städten, Institutionen und ganzen Ländern beseitigt werden können. Dabei sollen prophetische Eindrücke, Zungenrede und geistliches Binden helfen.

Eine wohlbekannte Anwendung der geistlichen Kampfführung sind die Jesusmärsche. Mit Lobpreis, Zungenrede und Bindung geistlicher Mächte der Korruption, Prostitution usw. werden ganze Landstriche von vorgeblich okkulten Einflüssen befreit und für Gott eingenommen. „Eine 80köpfige Gruppe traf sich und ging gemeinsam auf den in der Mitte von Buenos Aires gelegenen Plaza de Mayo und kämpfte dort fünf Stunden lang einen erbitterten Kampf gegen die bösen Geister des himmlischen Bereichs … Als sie den Marktplatz verließen, hatte die Gruppe den Eindruck, dass sie einen Sieg errungen hatte.”39 An die Stelle der Predigt als Mittel geistlicher Auseinandersetzung tritt hier der Wunsch eines direkten Eingriffs in die übernatürliche Welt. Dahinter steht die Vorstellung eines umfassenden geistlichen Kampfes zwischen Gut und Böse, in den geistbegabte Christen entscheidend eingreifen können. „Dadurch erhält das irdische Leben einen eigenartig unwirklichen Schimmer. Deshalb spielt auch das Sprachengebet für das Konzept der geistlichen Kampfführung eine so große Rolle: Seine Vertreter meinen, dass in ihm das Denken aufhört und der Heilige Geist unmittelbar zu wirken beginnt. Entsprechend fordert Berthold Becker bei der geistlichen Kampfführung eine absolute Loslösung vom Ich.”40 Abgesehen von der Anmaßung göttlicher Macht liegt ein Problem der geistlichen Kampfführung in der Uminterpretation des biblischen Weltbildes. Zwischen Gott und die Welt schiebt sich die Sphäre der Dämonen und Geister, gegen die der geistliche Christ anzutreten hat.41 Man könnte auch von einer Wiederverzauberung der Welt reden, die ähnlich wie in esoterischen Kreisen betrieben wird, nur das hier Sprachenrede und Lobpreis eingesetzt werden, um Geistern Paroli zu bieten dort aber magische Sprüche, Amulette oder Meditationen. Eine solche geistliche Kampfführung sucht der Gläubige bei Jesus und den frühen Christen allerdings vergeblich. Nicht nur, dass hier dämonologischen Spekulationen Vorschub geleistet wird, die die neutestamentliche Aussagen zum Bösen weit übersteigen, auch besteht die begründete Gefahr, dass die Verkündigung von Buße und Vergebung vernachlässigt wird.

1.4.2. Dämonenaustreibung und Besessenheit

Der charismatische Buchautor Charles Kraft gründet seine Ausführungen auf die Betreuung von rund 200 dämonisierten Menschen. Seinen Angaben zufolge können alle Menschen, auch gläubige Christen, unter den Einfluss von Dämonen kommen.42 Diese nähmen den Menschen nicht immer gänzlich in Besitz, sondern übten auf ihn einen Einfluss aus, den Kraft auf einer Skala von eins bis zehn misst.43 Oftmals wüßten die Betroffenen von ihrer dämonischen Belastung nichts. Allerdings könnten äußere Symptome wie regelmäßige Schläfrigkeit oder Kopf- und Rückenschmerzen auf die Anwesenheit von Dämonen hindeuten.44 Manche Dämonen meldeten sich auf Anfrage, andere schwiegen trotz Drohungen des Seelsorgers. Dämonisierungen können durch die willentliche Einladung eines Geistes, aber auch durch Vererbung oder Flüche auftreten, meint Kraft. 45 „Man sollte einen Generationsgeist vermuten, wenn man bei dem Hilfesuchenden und in vergangenen Generationen der Familie desjenigen Probleme wie Alkoholismus, Depression, … Furchtsamkeit, Krebs, Diabetes oder beinahe jedes andere emotionale oder körperliche Problem … erkennt“46 Flüche wie „Ich hasse …!“, „Du wirst es nie zu etwas bringen!“ oder ich wünschte, … wäre tot!“ können nach Kraft dazu führen, dass die angesprochene Person dämonisiert wird. Auch die Beschäftigung mit Esoterik, Freimaurerei und Scientology, „sogar viele der harmlos erscheinenden Aktivitäten (z.B. mit der Gesundheit und der Umwelt verbundene) [bringen] die Teilnehmer in die große Gefahr, dämonisiert zu werden.”47 Im Allgemeinen fallen die Dämonen nicht sonderlich auf. Sie verstärken lediglich psychische Probleme, die aus der Vergangenheit des Betreffenden stammen. Probleme mit der Sexualität, mit Zorn, Neid, Konkurrenzdenken, Arbeit, Familie, Lernen usw. können nach Kraft auf dämonischen Einfluss hinweisen.48 Auch Müdigkeit beim Bibellesen oder im Gottesdienst, negative Gedanken im Gespräch mit anderen Christen oder Zweifel an geistlichen Wahrheiten sind für Kraft Hinweise auf die Aktivität von Dämonen.49 Wer keine angenehmen und positiven Gedanken über das Leben und über sich selbst hat oder wessen Selbstachtung niedrig ist, stünde vermutlich unter dämonischem Einfluss.50 Okkulte Bindungen werden, so Kraft, geschwächt, wenn man die emotionalen Probleme des Menschen bekämpft, die den Dämonen als Nahrung dienen.51 Manchmal soll auch ein laut ausgesprochener Befehl den Einfluss von Dämonen bannen. „Wenn ich also in einem Streit gefangen bin oder auf dem Weg zu einem wichtigen Termin in dichtem Verkehr aufgehalten werde, wenn ich das Gefühl habe betrogen, zu werden wenn ich frustriert bin, wenn ich etwas vergeblich suche … all das sind Signale für mich, bösen Geistern zu befehlen, sich aus meinen Angelegenheiten rauszuhalten.”52

Nach einem seelsorgerlichen Gespräch empfiehlt Kraft die Dämonen herauszufordern, indem man dem Klienten längere Zeit direkt in die Augen schaut, indem man Lobpreis betreibt oder den Dämon durch geweihtes Salböl bzw. geweihtes Wasser verunsichert.53 Dämonen können auch direkt angesprochen werden, meint Kraft: „Meistens versuche ich, den Dämon dadurch herauszufordern, indem ich die Namen von emotionalen oder geistlichen Problemen verwende, von denen ich den Verdacht habe, dass sie von Dämonen verstärkt sind. Typischerweise sage ich etwas wie: Geist des / der …, ich fordere dich im Namen Jesu heraus. Ich befehle dir, dich kenntlich zu machen.“54 Auf die sich anschließende Fragen antworten manche Dämonen durch den Mund des Klienten, andere verzerren seine Stimme, sprechen eine Fremdsprache oder schweigen sich aus.55 Gelegentlich findet die Kommunikation mit den Dämonen auch nur über innerliche Gefühle oder im Hören auf innere Stimmen statt. Kraft hält das Gespräch mit dem Dämon im Hinblick auf das weitere Vorgehen für hilfreich. Zum einen verrät der Geist wann er damit begann, den Klienten an sich zu binden, dann informiert er über die Aktivitäten anderer Dämonen im betreffenden Klienten oder gibt an, mit welcher Strategie er sein Opfer traktiert.56 Durch die Preisgabe dieser Daten wird der Dämon geschwächt, meint Kraft. Außerdem kann der Seelsorger den Dämon später konkret ansprechen und durch die genaue Bezeichnung seiner Tätigkeit, seines Ranges und des Beginns seiner Aktivitäten besser austreiben.57 Nachdem ein Dämon Kraft seine Vorgehensweise verraten hatte, soll dieser erschreckt ausgerufen haben: „Ooooh, jetzt bin ich in Schwierigkeiten!“58 Darüber hinaus sollen die Dämonen im Gespräch an den Tod und die Auferstehung Jesu erinnert werden, was sie zusätzlich schwächt.59 Einzelne Dämonen sind für besondere Sünden (z.B. Zorn, Hass, Furcht, Sorge, Kritik, Zweifel, Spott), psychische Probleme (z.B. Depression, Nervosität, Selbstablehnung, Masturbation, Völlerei, Koffein) oder Weltanschauungen (z.B. Intellektualismus, Zeugen Jehovas, Horoskop, Islam) zuständig, meint Kraft.60 Diese sollten auch als Dämon der Depression, Dämon des Islam usw. angesprochen werden. Häufig finden sich in seinen Klienten mehrere Dämonen. Kraft empfiehlt, sich im Gespräch immer an den Ranghöchsten zu richten.61 „Was bei mir am besten funktioniert, um die Angelegenheit zu besiegeln, ist, Jesus zu bitten, dass er die Engel eine Kiste oder einen Sack über die … Dämonen senken lässt und sie darin einschließt, so dass sie alle zusammen sind und keiner von ihnen entkommen kann.“ 62 Nach einer Sitzung von zwei bis elf Stunden, in der die Dämonen identifiziert und miteinander zusammengebunden werden, befiehlt der Seelsorger den unreinen Geistern zu verschwinden.63 Diese Prozedur kann durch den Einsatz von Engeln unterstützt werden. Zumeist sind die Dämonen eingeschüchtert und kommen dem Befehl nach. Sie verlassen den Menschen durch eine seiner Körperöffnungen (Mund, Nase, Anus, Vagina), schreibt Kraft.64 Das kann sich durch Gähnen, Aufstoßen oder Blähungen äußern. Mancher fühlt sich nach dieser Prozedur glücklich und befreit, ein anderer bedrückt und unsicher.65 Jetzt gelte es, den Klienten mit positiven Segnungen aufzufüllen und die Dämonen an einer Rückkehr zu hindern. Mit den alten Gewohnheiten und Gedanken könnten auch die Dämonen zurückkehren, deshalb müsse Schuld vergeben, der Alltag umorganisiert, neue Gewohnheiten eingeübt und die Beziehung zu Gott gestärkt werden. Dämonisierte Bereiche des Lebensraums sollten befreit werden, wobei geweihtes Öl, gesegnetes Salz, Kreuze, Zungenreden usw. helfen können.66 Oftmals dauere es dann noch lange, bis der emotionale und geistliche Müll, den die Besessenheit hinterlassen hat zu beseitigen.67 „Wenn man zunächst die Dämonen behandelt, denken die Leute oft, dass nun die ganze oder die meiste Arbeit getan sei. Von Dämonen befreit worden zu sein, fühlt sich so toll an und sieht so gut aus, dass es leicht ist, die Notwendigkeit für Innere Heilung zu verdrängen. Die Dämonen können verschwunden sein, aber der wichtigste Teil der Heilung hat nicht stattgefunden …“68 Dazu gehören die Aufarbeitung von Gefühlen der Wertlosigkeit und Selbstablehnung, die aus der Kindheit stammen sollen.

Gelegentlich sollten Menschen sich im Rahmen einer tiefenpsychologischen Sitzung in den Mutterleib hineinversetzen, empfiehlt Kraft. Wenn sie schon als Embryonen dämonisiert wurden, könnten sich die Klienten plötzlich wieder an die geistlichen Ursachen ihres Leidens erinnern.69 Die am häufigsten Dämonen zugeschriebenen und durch geistliche Kampfführung ausgetriebenen Erkrankungen, werden in der Allgemeinmedizin zumeist psychosomatischen Ursachen zugeschrieben.70

Zwischen diesen, überwiegend auf Erfahrungen beruhenden Empfehlungen und biblischen Aussagen zum Umgang mit Dämonen besteht eine gewisse Spannung. Ohne Zweifel wissen die biblischen Autoren um die Realität von Dämonen (Mt 10,1; 12,43f; Lk 22,3-6; 8,28-31). Sie verstehen darunter übernatürliche Wesen, die gegen Gott arbeiten, Menschen in Abhängigkeit bringen und ihnen schaden wollen. Von dämonisierten Christen lesen wir im Neuen Testament nichts, höchstens von ihrer geistlichen Auseinandersetzung mit dem Bösen (Mt 6,13; Lk 22,31f; Eph 6,10ff; Kol 1,13), der durch Gedanken und Umstände Christen anzugreifen versucht. Dass Dämonen vererbt werden, dass sie sich automatisch mit einem Fluch oder einer negativen Aussage in einem Menschen festsetzen, wird in der Bibel nicht erwähnt. Die ausgedehnte Hierarchie und Namengebung der Dämonen sucht man in der Bibel ebenfalls vergeblich. Eigenschaften wie Neid und Stolz sind werden als sündige Eigenschaften bezeichnet, mit denen sich viele Menschen auseinanderzusetzen haben (Eph 2,1ff; 4,17ff; Jak 1,13ff; 4,1ff), auf einen dämonischen Ursprung dieser Eigenschaften deutet nichts. Für die mehrfach von Kraft empfohlene meditative Rückerinnerung an die eigene Zeugung, Geburt und frühe Kindheit zur Auffindung und Aufarbeitung dämonischer Belastungen, findet sich in biblischen Schriften kein Hinweis. Während der zahlreichen in den Evangelien beschriebenen Exorzismen unterhält sich Jesus nur einmal relativ kurz mit den Dämonen (Lk 8,26ff). Von einer Schwächungsstrategie ist dort wenig zu lesen, auch greift der Sohn Gottes in seiner anschließenden Dämonenaustreibung auf keine der von dem Geist erhaltenen Informationen zurück. In der neutestamentlichen Gemeinde findet sich kein Hinweis darauf, dass Seelsorger sich in längeren Gesprächen an Dämonen wandten.

Überhaupt erinnert der von Kraft geschilderte Umgang mit Dämonen eher der esoterisch, schamanistischen Praxis. Hier nimmt der sachkundige Schamane Kontakt mit der Geisterwelt auf und erfährt die dämonischen Hintergründe körperlicher und seelischer Leiden. Anschließend werden den verantwortlichen Geistern Opfer angeboten oder sie sollen durch Gebete und Rituale zur Aufgabe gebracht werden. Häufig werden in diesem Zusammenhang auch alle alltäglichen Schwierigkeiten auf den Einfluss missgünstiger Geister zurückgeführt.

Bei der hier dargestellten Therapie bestehen verschiedene Gefahren: A. Notwendige medizinische Behandlungen werden unterlassen, weil man sich auf einen vermeintlich dämonischen Hintergrund konzentriert. B. Tiefgehende Angst und Verunsicherung kann dadurch ausgelöst werden, dass alltägliche Charaktereigenschaften und geistlicher Zweifel auf dämonischen Einfluss zurückgeführt werden. C. Regelrechte Verzweiflung kann entstehen, wenn persönliche Probleme, für die Dämonen verantwortlich sein sollen, nicht dauerhaft verschwinden. Der Betreffende wird neben seinen seelischen oder körperlichen Schwierigkeiten noch durch die Vorstellung belastet, ein Dämon wohne in seinem Inneren. D. Durch die Konzentration auf die vorgebliche Aktivität der Dämonen können im Alltag unnötige Ängste geweckt und der Blick auf Gott verstellt werden. E. Es besteht die Gefahr, dass die wahrgenommene Verantwortung für eigenes Handeln zurücktritt, weil Dämonen die Schuld an eigenem Versagen zugesprochen wird. F. Labile Persönlichkeiten können durch die intensive Beschäftigung mit Dämonen eine radikale Verschlechterung ihres Wohlbefindens oder gar den Ausbruch einer psychischen Erkrankung erleben. G. Durch die Konzentration auf eigene übernatürliche Erfahrungen tritt die Bibel als Leitschnur des Glaubens zurück. H. Falsch gehandhabte Konfrontation mit übernatürlichen Mächten, kann statt zu einer Befreiung zu einer Bindung an dieselben führen. I. Die Verwendung von Formeln, Symbolen und heiligen Gegenständen fördert beim Hilfesuchenden magisches Denken. Der Vorstellung wird Vorschub geleistet, in der sichtbaren materiellen Welt verberge sich eine unsichtbare geistliche und man könne diese übernatürlichen Mächte mit innerweltlichen Methoden beherrschen. J. Lange, suggestive Seelsorgegespräche, durch die Erinnerungen an mutmaßliche dämonische Belastungen durch frühere Generationen oder in der frühen Kindheit gesucht werden, können dazu führen, dass betreffende Erinnerungen erst jetzt erzeugt werden und den Klienten unnötig belasten. K. Die Konzentration auf behauptete dämonische Hintergründe entwerten die innerweltlichen Ursachen falschen Verhaltens und erschweren deren Verarbeitung. L. Die hier geschilderten Befreiungspraktiken stehen in der Gefahr, christlichen Glauben unsachgemäß mit schamanistischen und okkulten Vorstellungen zu vermischen. M. Die Dämonisierung fremder Weltanschauungen erschwert die sachliche und intellektuelle Auseinandersetzung mit deren Anhängern.

Biblische Dämonenaustreibung geschieht vor allem durch Gebet, Fasten und gelegentlich mittels Befehl im Namen Jesu (Mk 3,13ff; 9,29; Lk 9,1ff; Apg 16,16ff). Menschen können auch frei werden, wenn sie ihr Leben Jesus Christus anvertrauen.