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Kapitel 3 Auf Kurs
D.S. Vickers, Kreuzer des Direktorats, Registernummer 103
Lieutenant-Commander Bascom, der erste Offizier der Vickers, tippte an sein Implant und nickte bestätigend. „Alle Fracht an Bord, Captain, und verstaut. Außenschleusen sind geschlossen und verriegelt. Der Lademeister meldet Startbereitschaft.“
„Danke, Eins-O.“ Juliet Harper saß im Kommandosessel auf der Brücke des Kreuzers und versuchte, einen entspannten Eindruck zu vermitteln.
Flug- und Gefechtsbrücke waren bei den Kreuzern vereint und unterschieden sich in den verschiedenen Schiffstypen kaum. Gleichgültig wie groß ein Schiff auch sein mochte, es waren im Prinzip immer dieselben Funktionen, die von einer Brücke zu steuern waren. Eine Brücke war kompakt und übersichtlich und man verschwendete keinen Platz. Die der Vickers enthielt die Arbeitsstationen des Piloten, der traditionell als Rudergänger bezeichnet wurde, die des Navigators und die des Kommunikationsoffiziers, der traditionelle „RO“, also „Radio Operator“ genannt wurde sowie die des Waffenkontroll-Offiziers „Arms“ und der System- und Schadenskontrolle „Tech“. Diese Stationen waren in Form eines Hufeisens angelegt, wobei der Rudergänger vorne in der Mitte saß. Hinter ihm, im offenen Ende des Hufeisens, befanden sich die Sitze des Captains und des ersten Offiziers. Einer der beiden Notsitze hinter ihnen war bereits von Senior-Chief Huggins belegt und alles wartete auf das Erscheinen von Senior-Captain van der Dongen.
Die D.S. Vickers war Juliet Harpers erstes Kommando. Sie hatte vier Jahre als Eins-O auf einem der älteren und kleineren Kreuzer der Interstellar-Klasse gedient, dann ein Jahr auf einem der APS. Seit zwei Wochen befand sie sich nun endlich an Bord „ihres“ Schiffes. Harper verstand, dass man ihr beim ersten Flug einen Senior-Captain als Berater zur Seite stellte, dennoch fühlte sie sich dadurch ein wenig unbehaglich. Das war wohl immer so, wenn sich zwei Captains bei der Arbeit beobachteten. Selbst wenn man perfekt arbeitete, beschlich einen stets die Frage, ob der andere es nicht vielleicht noch eine Spur besser gekonnt hätte. Immerhin waren die Kompetenzen klar geregelt. Juliet Harper war der kommandierende Captain und würde letztlich die Entscheidungen fällen und die Konsequenzen tragen.
Das Schott zur Zentrale summte auf.
„Senior-Captain auf der Brücke“, meldete der Eins-O prompt.
Van der Dongen nickte Harper kurz zu und setzte sich dann auf den freien Notsitz hinter ihr. „Bereit, Captain Harper.“
„Eins-O, leiten Sie den Start ein.“
„Aye, Captain.“ Bascom wandte sich nach links. „Tech?“
„Alle Stationen besetzt und bereit“, meldete der System- und Schadenskontrolloffizier prompt. „Alle Systemanzeigen auf Grün und bereit.“
„Arms?“
„Alle Waffensysteme gesichert.“
„Nav?“
„Flugkorridor berechnet und Daten mit Ruder synchronisiert. Alle Scanner und Sensoren auf Blau und aktiv. Keine Objekte im Flugkorridor erfasst.“
„Rudergänger?“
„Bestätige Synchronisation der Daten. Ruder bereit.“
Bascom leckte sich unbewusst über die Lippen. „Tech, Triebwerke starten und Kontrolle an Ruder übergeben.“
„Aye. Schutzblenden vor Triebwerksschächten werden zurückgefahren. Yukami-Antrieb gezündet. Schubwerte steigend. Übergebe Kontrolle an Ruder.“
„Bestätige Triebwerkskontrolle“, kam es vom Rudergänger. Der Kopf unter dem VR-Helm bewegte sich unmerklich. Die Hände des Piloten lagen entspannt um die Joysticks in den Armlehnen seines Sitzes.
„RO, erbitten Sie Startfreigabe von der Lower Area Control.“
Die Stimme des Kommunikationsoffiziers wurde hörbar. „D.S. Vickers, Registernummer 103, an Lower Area Control Mars: Wir sind bereit zum Start.”
Jede besiedelte Welt verfügte über zwei voneinander getrennte Flugkontrollen: Die Lower Area Control war für alle Flugbewegungen innerhalb der Atmosphäre zuständig, die Upper Area Control für alle außerhalb der Lufthülle. Diese Überwachungszentren gewährleisteten, dass es zu keinen gefährlichen Situationen kam.
„Lower Area Control Mars an D.S. Vickers: Ihr Flugkorridor ist bestätigt und frei. LACM übergibt Flugüberwachung bei Erreichen der Atmosphäregrenze an UACM. Sie sind freigegeben zum Start. Guten Flug, Vickers.“
In allen Luftfahrzeugen, die sich in der Nähe des Flugkorridors bewegen würden, zeigten die Navigationshilfen und Instrumente nun einen farbig hervorgehobenen Bereich mit einem Warnhinweis.
„Startfreigabe ist erteilt, Captain“, meldete Bascom.
„Rudergänger: Start”, befahl Harper.
“Aye, Captain. Start eingeleitet.”
Die schweren Schutzblenden waren vor den Schächten der vier Yukami-Triebwerke zurückgefahren. Die elektrisch angetriebenen Turbinen waren auf Leistung und die rund um das Landefeld blitzenden Warnlichter waren eigentlich überflüssig, denn die Triebwerke entfachten einen gewaltigen Luftstrom, der im Augenblick in die Bodendüsen umgeleitet wurde.
Der Pilot betrachtete die virtuellen Anzeigen, während er den Triebwerksschub mit der einen und die Ausrichtung der Düsen mit der anderen Hand steuerte. Was er dank seines Helms sah, wurde zugleich auf die holografischen Schirme der Brücke übertragen.
Die Schubwerte überstiegen jetzt die Masse des Kreuzers. Man spürte keine Bewegung, aber die Höhenanzeige veränderte sich langsam und dann mit steigender Geschwindigkeit. Das Shriever-System, welches künstliche Schwerkraft erzeugte, verhinderte, dass man innerhalb der Vickers Bewegung oder Andruck spürte, während außerhalb des Schiffes die Triebwerksstrahlen den Plas-Beton des Landefeldes peitschten und den Kreuzer nach oben trugen.
„Höhe Einhundert Meter“, meldete Tech. „Landestützen werden eingefahren und gesichert.“
Aus dem senkrechten Aufstieg wurde jetzt zunehmend eine Vorwärtsbewegung. In einem relativ sanften Winkel von fünfzehn Grad stieg die Vickers auf und beschleunigte zunehmend.
„Vorbereiten für Jentao“, befahl Harper mit ruhiger Stimme.
Tech-Master-Chief McCormack betätigte einige Schaltungen. Es waren antiquiert wirkende Schalter und Tasten, mit denen ein Raumschiff gesteuert wurde. Man war sehr schnell von sensorgestützten Impulsfeldern abgerückt. Die Gefahr, dass sie bei Schwerelosigkeit und in einem Raumanzug fehlerhaft ausgelöst wurden, schätzte das Militär als zu hoch ein. In den Schächten des Jentao-Impulstriebwerkes begann es leicht zu flimmern, als die Schubeinheiten vorgewärmt wurden. Der sehr effektive Antrieb durfte erst in den oberen atmosphärischen Schichten aktiviert werden. „Jentao bereit, Captain.“
Die Vickers beschleunigte weiter. Die Luftwirbel unterhalb des Schiffes ebbten allmählich ab, während der Schub nun nach hinten geleitet wurde und die Atmosphäre immer rascher verdrängt wurde. Rund drei Kilometer über der Marsoberfläche durchbrach die Vickers bereits die Schallmauer.
Schließlich erreichte der Kreuzer jene Bereiche, an denen die Lufthülle zu dünn für die Atmosphäretriebwerke war. Der Rudergänger betätigte eine virtuelle Schaltung. Das dünne Pfeifen der Yukami verstummte, die Schubsegmente des Jentao flammten bläulich auf und verliehen dem Schiff weitere Geschwindigkeit.
„Lower Area Control Mars hat an Upper Area Control übergeben“, meldete der Kommunikationsoffizier.
„Nav, synchronisieren Sie Kursdaten für Verlassen des solaren Systems. Tech, bereiten Sie das Aufladen des Hiromata vor.“
Beide Männer bestätigten die Befehle.
Juliet Harper warf einen kurzen Blick auf den Zeitmesser. Vom Abheben bis zum Erreichen des Weltraums hatte die Vickers zwanzig Minuten und siebzehn Sekunden benötigt. Bei einem Alarmstart hätte sie es auch in fünf Minuten geschafft.
Kapitel 4 Keine Gnade
Branab, Dreischiff-Truppentransporter der Norsun
Die Befehle von Hoch-Wort Neldor waren eindeutig: Wenn möglich ein oder zwei Worte der Flachschlitz-Nasen fangen, damit man sie befragen konnte, andere eventuelle Überlebende stechen und die neue Waffe des Feindes bergen oder, wenn dies nicht möglich war, vor Ort so gut analysieren, wie dies möglich war.
Neldor wählte den erfahrenen Stachelführer Melbar zum Wort des Enterkommandos. Im vorderen Verbindungselement des Dreischiffes öffnete sich der Hangar, der bei den Norsun, der Tradition gemäß, als Nest der Kleinschiffe bezeichnet wurden. Melbar führte zwölf von ihnen hinaus, vollgestopft mit Bions und einer Gruppe ausgewählter Hände der Maschine. Die Bions würden töten und die Hände der Maschine ihrerseits versuchen, das Geheimnis der fremden Waffe zu erkunden.
Die Norsun klassifizierten ihre Kleinschiffe nach der Anzahl der Kugeln. Es gab keine schlanken Mittelteile, welche die Kugeln miteinander verbanden, nur eine verschiedene Zahl an Kugeln, die, wie die Perlen an einer Schnur, aneinandergereiht waren. Die Einkugeln waren reine Bodengleiter, Zweikugeln hingegen schnelle Jäger, die innerhalb einer Lufthülle oder im Vakuum des Weltraums gleichermaßen operieren konnten. Die Dreikugeln erfüllten die Aufgaben von Bombern oder kleinen Transportern.
Melbar führte zwölf der neuen Vierkugeln. Mit fünf Metern Durchmesser und einer Gesamtlänge von zwanzig Metern ging es darin sehr beengt zu. Die vordere Kugel beinhaltete die Bordwaffen und die Steuerung, die hintere die Maschinenanlage und das kleine, aber sehr leistungsstarke Triebwerk. Die beiden mittleren waren nichts als hohle Behälter, deren Innenwand lediglich mit einer ganzen Reihe von hakenförmigen Halterungen versehen war. Doch die Bions waren nicht anspruchsvoll und nutzten sie, um sich während der Manöver ihres Kleinschiffes festzuhalten. Die sechs mitfliegenden Hände der Maschine wurden hingegen nicht nach ihrer Bequemlichkeit gefragt. Es kam nur darauf an das wehrlose feindliche Schiff schnellstmöglich zu erreichen und sich Zugang zu verschaffen.
Das treibende Wrack war inzwischen von der gesamten Offensiv-Patrouille umringt, die immerhin einen Kreuzer und einen Truppentransporter eingebüßt hatte. Doch die Verluste waren akzeptabel, besaß man nun doch die Chance, die neueste Waffentechnik der Negaruyen in die Hände zu bekommen.
Melbar stellte eine Funkverbindung mit den anderen Booten her. „Kleinschiff Zwei folgt meiner Eins. Die Übrigen bleiben in Warteposition.“
Das würde den Besatzungen in den anderen Einheiten nicht gefallen, doch Melbar wollte nicht, dass sich seine Stachel an Bord des Feindes gegenseitig behinderten. Zudem war kaum Widerstand zu erwarten. Die Worte und das Hoch-Wort des Gegners waren tot, der Rest der Besatzung ohne Führung, wenn es in den abgeschotteten Bereichen überhaupt Überlebende gab. Melbar bezweifelte, dass man Gefangene würde machen können. Er fand es ärgerlich, dass man welche wollte. Die Bions waren aufs töten programmiert und die paar Norsun würden es schwer haben, die Kreaturen durch direkten Befehl rechtzeitig davon abzuhalten.
Melbar saß auf einer Stange hinter Pilot und Co-Pilot. Die Stange erlaubte es ihm, das Stachelfutteral seines Raumanzuges geschlossen zu halten. Die beiden vor ihm konnten diesen Vorteil nicht nutzen. Obwohl sie Anzüge trugen steckten ihre freiliegenden Stachel in den Pheromonstutzen der Kleinschiffsteuerung. Kam es zu einer explosiven Dekompression, dann waren sie verloren.
„Wir nähern und dem Mittelteil, Wort“, meldete die ausführende Hand des Kleinschiffes. „Soll ich beidrehen?“
Melbar blickte durch die einseitig transparenten Scheiben der Bugkugel. Vor ihnen trieb das Wrack. In der blauen Hülle wurden die dunkleren Linien erkennbar, wo die einzelnen Bauteile des Rumpfes miteinander verbunden worden waren. Alles war dunkel. Nirgends ein Licht, das auf Energie hingewiesen hätte. Für ein Raumschiff war Energie mit Leben gleichzusetzen. Es gab Sichtluken, wie sie früher auch von den Norsun genutzt worden waren, aber hinter keiner von ihnen schimmerte ein Licht. Melbar achtete darauf, ob eine von ihnen vielleicht kurz vom Scheinwerfer eines Raumanzuges angestrahlt wurde, doch nichts deutete auf Überlebende hin. Die zu untersuchende Waffenkuppel befand sich ein Stück vor der Verdickung des Mittelteils und direkt unter dem Rumpf. Die günstigste und schnellste Möglichkeit sie zu erreichen bestand darin, das Wrack durch die schwere Beschädigung zu betreten.
„Steuere das große Loch in der Mitte an, ausführende Hand“, befahl Melbar. Da sein Anzug geschlossen war, konnte er die Pheromone des Piloten nicht deuten, doch er spürte, dass der Norsun ängstlich war. Er scheute instinktiv davor zurück, in jene grauenhafte Wunde einzufliegen, die man dem Schiff geschlagen hatte. „Es ist der einfachste Zugang“, fügte Melbar hinzu. „So brauchen wir uns nicht durch die dicke Außenpanzerung zu brennen, sondern nur eine der Innentüren zu öffnen, die der goldenen Energie widerstanden haben.“
„Dann wird die Luft aus den abgeriegelten Abteilen entweichen“, gab der Co-Pilot zu bedenken.
„Das macht es uns nur einfacher.“
„Aber es könnte Überlebende töten, die vielleicht nicht den Schutz eines eigenen Luftanzuges tragen.“ Der Co-Pilot zögerte kurz. „Das Höchst-Wort will jedoch Gefangene.“
„Wenn die Negaruyen keine Luftanzüge getragen haben, dann sind sie dumm. Dumme Flachschlitz-Nasen kann man nicht befragen, da sie nichts wissen. Wenn sie umkommen, weil wir die Abteile des Schiffes zum Weltraum öffnen, dann ist das kein Verlust. Wichtig sind nur jene, die einen Luftanzug tragen. Jene, die intelligent genug waren, mit einem Kampf zu rechnen. Ausführende Hand, du hast mein Wort gehört. Fliege in das Schiff ein.“
„Jagdsicht“, forderte der Pilot mit dem Äquivalent eines menschlichen Seufzens.
Der neben ihm sitzende Norsun betätigte eine Schaltung. Das Realbild der Bugverglasung wich einer mehrfachen Vergrößerung. Der düstere Tunnel in der mittleren Verdickung des Wracks schien den Betrachtern entgegen zu springen.
Melbar schätzte die Größe der Öffnung auf den doppelten Durchmesser der Vierkugel. Das war nicht viel Raum zum Manövrieren, doch es würde ausreichen. Immerhin hatte der goldene Energiefinger ein sauberes Loch gestanzt, welches durch die gesamte Breite des Wracks ging. Es gab keine verformten Träger oder Platten des Rumpfes, die ein Hindernis gebildet hätten.
Am Bug des Kleinschiffes flammten Scheinwerfer auf und machten die Zerstörungen noch deutlicher. Sie führten quer durch Wände und Decks. In den Räumen fest verankerte Einrichtungsteile zeigten Schäden, die dem Verlauf des „Tunnels“ entsprachen. Die goldene Energie hatte alles aufgelöst, was sie unmittelbar berührte. Kunststoffe waren verdampft, Metalle halb geschmolzen und bildeten bizarre Strukturen. Ein Teil der sichtbaren Zerstörungen schien auf die explosive Dekompression zurückzuführen sein.
Melbar vergewisserte sich, dass seine stabförmige Energiewaffe aufgeladen und bereit war. Sie verfügte zwar nicht über die goldene Energie, doch die blauen Energiegeschosse waren in der Lage, die dünnen Innenwände des Wracks zu zerstören oder einen Negaruyen in schmorendes Gewebe zu verwandeln.
Der Pilot steuerte das Boot behutsam an die klaffende Öffnung heran. Korrekturdüsen blitzten auf und brachten es in die richtige Position. Langsam glitt die Vierkugel in das Wrack hinein.
„Wort an alle Stachel: Nicht stechen, nur fangen“, befahl Melbar auf der Frequenz der Bions. Er hielt nicht viel von diesen Wesen, auch wenn er ihre Nützlichkeit akzeptierte. Seine Anweisung blockierte jetzt das Tötungsprogramm und zwang die Kampfwesen dazu, Lebewesen nur einzufangen. Melbar hielt die Bioniker seines Volkes für ausgemachte Narren, da es ihnen nie gelungen war, die bionischen Platinen mit differenzierteren Verhaltensmustern auszustatten.
Das Wort des Enterkommandos sah sich aufmerksam um. Er tippte dem Piloten auf die Schulter. „Nullfahrt. Hier ist eine gute Stelle.“
Die Vierkugel war noch nicht ganz in das Wrack eingeflogen. Melbar hatte jedoch im Licht der Scheinwerfer eine günstige Stelle entdeckt. In einem der unteren Decks hatte eine der Drucktüren nicht standgehalten und der dort in den Bugbereich führende Gang lag frei.
Kurz darauf hatten sich die Blenden der Mannschaftsabteile geöffnet. Norsun in Raumanzügen und Bions verließen die Vierkugel. An ihren Leibern waren Gürtel mit schwachen Druckluftdüsen befestigt, mit deren Hilfe sie nun in die Räume des Wracks hinein schwebten.
Die Schwerkraft an Bord war mit den Lebenserhaltungssystemen ausgefallen. Die Lampen der Anzüge zeigten einen leeren Gang. Die entweichende Schiffsatmosphäre hatte alle losen Gegenständen und Leichen der Negaruyen mit sich gerissen. Die Türen an den Seiten des Ganges hatten jedoch standgehalten.
Die Hände der Maschine fingerten nervös an ihren ungewohnten Stabwaffen und ließen den Bions den Vortritt, wenn es darum ging, das Schott zu einem verschlossenen Raum zu öffnen. Der normale Öffnungsmechanismus war durch den Energieausfall blockiert und wahrscheinlich hätte er ohnehin nicht reagiert, um den unter Druck stehenden Raum und die darin befindlichen Negaruyen zu schützen. Die Bions benutzten ihre Körperkräfte und die Stabwaffen, um die Hindernisse zu beseitigen.
Einer der Norsun stieß ein entsetztes Zirpen aus, als ein Schott aufgebrochen wurde und die explosiv entweichende Luft die Leichen zweier Negaruyen in den Gang wirbelte.
In einem anderen Raum gab es tatsächlich einen Überlebenden und dieser setzte sich lebhaft zur Wehr. Er trug nicht nur einen Raumanzug, sondern musste sich zugleich hinter einem massiven und fest verankerten Möbel verschanzt haben. Zudem war er bewaffnet, denn das Feuer seiner Impulspistole zerstörte drei Bions, die in den Raum vordrangen, um den Feind zu überwältigen.
Melbar sah auf seinen Zeitmesser. Das dauerte ihm viel zu lange. Niemand wusste ob die Negaruyen vielleicht einen Notruf abgesetzt hatten. Wenn das der Fall war, dann konnte schon sehr bald Verstärkung für die Feinde eintreffen. Kurz entschlossen ließ er eine Granate in den Raum werfen, der den Widerstand und das Leben des Gegners beendete.
„Wir müssen zur Waffenkuppel vordringen“, mahnte Melbar und deutete mit der Stabwaffe auf einen der Schächte, die senkrecht durch die Decks führten. „Zwei Ebenen nach unten.“
Wenn man seit Jahrhunderten Krieg gegeneinander führt, dann kennt man die Bauweise des Feindes. Sie öffneten die Abdeckung des Schachtes und Melbar stieß ein grimmiges Zischen aus, als Luft und dicker Qualm entwichen. Unter ihnen musste es ein Feuer gegeben haben. Natürlich würde das Vakuum es nun ersticken, aber es war kein gutes Zeichen. Das Schiff war im dortigen Bereich nicht getroffen worden. Entweder war der Brand aufgrund einer Fehlfunktion entstanden oder, wovon Melbar ausging, die Negaruyen hatten dafür gesorgt, dass der Feind nichts Wertvolles erbeutete.
Seine Befürchtungen bestätigten sich.
In den unteren Räumen fanden sie rund zwei Dutzend Tote. Einige hatten die Helme ihrer Raumanzüge geöffnet und sich einem qualvollen Erstickungstod preisgegeben, andere wiesen Wunden von Impulspistolen auf. Die untere Waffenkuppel war durch Splitterwirkung von Sprengkörpern und das Feuer völlig ausgebrannt.
Auch diesmal würden die Norsun keine neuen Erkenntnisse über den Zersetzer der Negaruyen gewinnen.
Kapitel 5 Routine
D.S. Vickers, Kreuzer des Direktorats, Registernummer 103
Die Vickers beschleunigte mit Hilfe des Jentao-Impulsantriebes der einfachen Lichtgeschwindigkeit entgegen. Captain Juliet Harper saß entspannt in ihrem Kommandosessel. Die Beleuchtung der Brücke war heruntergefahren. Alles Licht stammte von den Sternen, die durch die Klarstahlscheiben ihre ganze Pracht entfaltete, und die Beleuchtung der Konsolen. Die Angehörigen der Brückenbesatzung bewegten sich ruhig und vermittelten den Eindruck von Routine, obwohl es für die meisten von ihnen der erste echte selbst durchgeführte Nullzeit-Sturz sein würde.
Harper genoss die Atmosphäre die auf der Brücke herrschte und konnte für einen Moment sogar ignorieren, das ihr Senior-Captain van der Dongen beständig über die Schulter blickte und gelegentlich mit seinem Senior-Chief Huggins flüsterte.
Sie blickte auf das Hologramm, welches vor ihr im Raum zu schweben schien und das Navigations-Display wiedergab. Dreidimensional und gestochen scharf zeigte es in blauen, grünen, gelben und, sofern feindliche oder gefährliche Objekte erfasst wurden, roten Symbolen alle Bewegungen im umgebenden Weltraum. Eine dünne gestrichelte rote Linie projizierte den Kurs des APS-Kreuzers.
Mit ruhiger Stimme wandte sie sich an den System- und Schadenskontrolloffizier. „Tech, wie ist der Status?“
„Alle Systeme: Grün“, kam die ebenso ruhige Erwiderung. „Abschottung und Versiegelung aller Abteilungen: Grün. Aufladung der Speicherstangen Zwei bis Sechs bei sechsundneunzig Prozent und steigend. Aufladung der Steuerstange Eins bei dreiundneunzig Prozent und steigend. Notentladung der Speicher in Bereitschaft.“
Richtung und Reichweite des Nullzeit-Sturzes wurden von der Ladungskapazität der Speicherstangen des Hiromata bestimmt. Speicherstange 1 war jene, die zum Bug wies und die Richtung und Stärke des Sturzimpulses bestimmte. Sie wurde als Steuerstange bezeichnet. Sie war jetzt ein Stück weiter aus dem Würfelgehäuse des Hiromata ausgefahren und benötigte daher auch etwas mehr Zeit zu ihrer vollständigen Ladung. Für den Fall das etwas schiefging oder der Sturz abgebrochen werden musste, bestand die Option einer Notentladung und Ableitung der Energie.
„Danke, Tech. Nav, Ihr Status?“
Der Kopf von Ensign Janine Hooter verschwand fast unter ihrem VR-Helm. „Koordinaten fixiert und Daten synchronisiert. Keine Abweichung messbar. Nav ist bereit für Sturz-Impuls.“
Gerade mit van der Dongen im Nacken wollte sich Harper auch nicht den kleinsten Fehler erlauben. „Nav, überprüfen Sie die Daten.“
Der Helm von Hooter bewegte sich in einer nickenden Bewegung. „Aye, Ma´am. Überprüfung beginnt.“
Alles wurde von den Gehirnimpulsen der Navigatorin gesteuert. Die Resultate ihrer geistigen Arbeit wurden auf das Visier des VR-Helms und die Monitore vor ihr und dem Piloten übertragen. Jedes Schiff verfügte für die Kursbestimmung und deren Berechnung über zwei Parallaxen-Kameras im Bug. Die APS besaßen sogar zwei Paare dieser hochempfindlichen Instrumente, die sich in den beiden großen Railgun-Kuppeln auf der Oberschale und Unterschale befanden. Nun maßen sie erneut die Entfernung zum Ziel, übermittelten die Daten an die zentrale Tetronik, welche zusätzlich die Masse des Raumschiffes, Geschwindigkeit und die Veränderungen, die bis zum Erreichen des Sturzpunktes eintreten mussten, in die Berechnungen einbezog, und die fertigen Werte an Hooter übermittelte.
Im Maschinenraum, rund fünfzig Meter hinter der Brücke, saß Lieutenant Frank Kerner an dem Pult, mit dem die Leistung der Maschinen und die Energieverteilung kontrolliert wurden. Die Kontrollfunktionen waren an die Brücke übergeben worden und die Männer und Frauen in dem großen Raum fungierten nur noch als Beobachter.
„Halten Sie die Augen auf den Kontrollen“, mahnte Chief George Farling den jungen Offizier. Der leitende Ingenieur betrachtete seinen neuen Vorgesetzten mit kritischem Blick. „Bloß weil die Brücke die Kontrolle hat, bedeutet das noch lange nicht, dass wir hier keine Verantwortung mehr tragen. So ausgefeilt die Steuerung auch ist und so zuverlässig die Tetroniken auch arbeiten, es kann immer zu einem Fehler kommen. Vor allem dann, wenn der Mensch seine Finger im Spiel hat.“
„Natürlich, Chief“, stimmte Kerner zu.
Er hatte in den wenigen Stunden, die er nun im Maschinenraum verbrachte, das Gefühl gewonnen, dass der Chief weit mehr Vertrauen in „seine“ Maschinen, als in seine Mitmenschen setzte.
Der Leitstand befand sich in der oberen Ebene und an der Stirnseite des großen Raums, der sich über zwei Decks erstreckte. Trotz der Größe wirkte er eher unübersichtlich und gedrängt. Energieerzeuger, Umwandler, Verteiler, Speicher… Hier hatte alles irgendwie mit Energie zu tun und es war eine Menge davon. Dabei wurden die großen Railguns in ihren Kuppeln von eigenen Reaktoren versorgt. Der Kreuzer war ein Kraftpaket und es galt, diese Kraft zu beherrschen und in die richtigen Bahnen zu lenken.
Durch die große Klarstahlscheibe konnte Kerner, über das Kontrollpult hinweg, einen Teil des Maschinenraums einsehen. Ein halbes Dutzend Männer und Frauen waren dort noch unterwegs und nahmen letzte Überprüfungen vor.
Farling bemerkte seinen Blick. „Zeit für die Manöverstationen, …Sir.“
Kerner sah darüber hinweg, dass der Chief ein wenig zögerte, bis er die respektvolle Anrede gebrauchte. Er aktivierte den Lautsprecher. „Leitstand an alle Techs: Überprüfungen abschließen und auf die Manöverstationen. Melden, wenn bereit.“
Kerner sah prüfend auf die Ladeanzeigen. Die Speicherstangen und die Steuerstange des Hiromata waren fast vollständig aufgeladen. Soeben erfolgte eine Korrektur der Steuerstange, die mit ihren Teleskopelementen eine winzige Spur eingezogen wurde. In den Tests für die Berechnungen eines Hiromata-Nullzeit-Sturzes war Frank einer der Besten gewesen. An Hand der veränderten Länge schätzte er, dass der Kreuzer beim Sturz rund zweihundert Lichtjahre zurücklegen würde. Er war immer wieder fasziniert davon, wie selbstverständlich man inzwischen Entfernungen im Raum überbrückte, für die man noch vor wenigen Jahren sehr lange mit dem Cherkov-Überlicht unterwegs gewesen war.
Farling beugte sich über seine Schulter und drückte auf die Lautsprechertaste. „Ballard, bewegen Sie Ihren dicken Hintern! Es ist Manöverstation befohlen!“
Kerner räusperte sich verlegen. Er hätte darauf achten müssen, dass sich alle Techs auf ihre Stationen begaben. Als man nur den Überlichtantrieb verfügbar hatte, hielt man es nicht für erforderlich, spezielle Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Scanner und Sensoren verhinderten die Kollision mit einem fremden Objekt. Doch so schnell diese Hilfsmittel auch waren, wenn ein Schiff aus dem Nullzeitsturz kam, dann konnte es sich direkt in der Flugbahn eines kosmischen Objektes befinden. Selbst eine Tetronik mochte dann vielleicht nicht schnell genug zu reagieren. Bislang war es während der interstellaren Raumfahrt nur zu zwei solcher tragischer Vorfälle gekommen. Inzwischen verlangten die Sicherheitsbestimmungen, dass die luftdichten Abteile eines Schiffes beim Sturz abgeschottet wurden und die Besatzung ihre Sicherheitsstationen einnahm. Jene, die für die Schadensbekämpfung eingeteilt waren, mussten ihre Raumanzüge geschlossen tragen. Während der langen Friedensperiode hatte man es nicht einmal für notwendig erachtet, dass sich die Besatzungsmitglieder anschnallten. Bei den Kämpfen gegen Piraten und Greens war man eines anderen belehrt worden.
Techniker Ballard sah schuldbewusst zum Leitstand empor, reckte den Daumen nach oben und hastete aus dem Maschinenraum. Niemand hielt sich wegen eines Sturzes dort auf. Nicht wegen der Gefahr einer Explosion oder Entladung, sondern weil der Lärm bei einem Sturz, selbst mit Gehörschutz, nahezu unerträglich wurde.
„Muss gleich so weit sein“, sinnierte Kerner. „Die Ladung nähert sich hundert Prozent.“
Weiter vorne im Schiff und ein Deck höher, hatte die Navigatorin nochmals die Aufnahmen der Parallaxen-Kameras und die Berechnungen zum Sturz mit der Tetronik überprüft. „Nav an Captain: Koordinaten fixiert und Daten erneut synchronisiert. Keine Abweichung messbar. Nav ist bereit für Sturz-Impuls.“
„Danke Nav. Tech?“
„Aufladung der Steuerstange Eins bei 99,97 Prozent und steigend. Korrektur. Aufladung der Speicherstangen Eins bis Sechs nun 100 Prozent. Aufladung für Nullzeit-Sturz abgeschlossen.“
„Rudergänger?“
„Ruder an Captain: Alle Werte synchronisiert. Alle Anzeigen Grün.“
„Freigabe zum Sturz, wenn bereit.“ Juliet Harpers Stimme klang weiterhin völlig entspannt.
„Ruder Aye. Freigabe zum Sturz, wenn bereit. Nullzeit-Sturz wird eingeleitet. Sturzimpuls erfolgt in Zehn… Neun… Acht…“
Sturz.
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