Kitabı oku: «Sky-Navy 08 - Der Wrack-Planet», sayfa 2

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Kapitel 2 Das Trump-Prinzip

Hangar 12-C, Flotten-Basis Arcturus, Hauptliegeplatz der Sky-Navy

Arcturus war die größte der drei Flottenbasen, welche die Hauptwelt des Direktorats und das solare System in der ungefähren Anordnung eines gleichschenkligen Dreiecks umgaben. Die Basen Arcturus, Rigel und Arantes waren allesamt künstliche Satelliten im Orbit um einen Planeten oder, wie im Fall von Arcturus, die Sonne. Arcturus Navy Base bestand aus einer diskusförmigen Scheibe von fast zehn Kilometer Durchmesser, aus deren oberen und unteren Polen die hohen Nabentürme aufragten, in denen unter anderem gewaltige Ortungs- und Kommunikationseinrichtungen enthalten waren. Riesige hydroponische Gärten dienten der Versorgung mit Lebensmitteln. Zwei Decks waren vollständig bewaldet und wurden zur Erzeugung der Atemluft genutzt. Der Bau hatte sich über fast zwanzig Jahre hingezogen und war nur möglich gewesen, da man die Basis nur zu einem geringen Teil aus Tri-Stahl errichtet hatte. Genau genommen bestand lediglich ihr Skelett aus Metall, der Rest war aus jenem Bauschaum geformt, der auch auf dem Mars und in den Kolonien als Hauptbaumittel für alle Gebäude diente. Der Schaum war billig, leicht herzustellen, feuerfest und, abhängig von seiner Dicke, auch strahlungsabschirmend. Kleinstmeteoriten wurden von dem dicken Material förmlich verschluckt, welches sich hinter den kosmischen Projektilen wieder schloss. Wirklich gefährliche Brocken wurden von den Geschützen der Basis abgewehrt. In den Hangars und an den langen Pylonen, die wie die Arme eines Kraken vom Diskus in den Weltraum hinaus ragten, dockten oder ankerten zivile Schiffe und die der Sky-Navy. Kern der hier stationierten Flotte waren drei der gewaltigen Trägerschlachtschiffe, von denen stets eines als Rettungsträger für Katastropheneinsätze bereitgehalten wurde.

Mit Entdeckung des Hiromata-Nullzeit-Sturzantriebs war die Bedeutung von Arcturus als Umschlagplatz für Waren und Menschen zurückgegangen. Handel und Personentransport wurden häufig durch Fast Landing Vehicles wahrgenommen, die man mit einem Hiromata für Langstreckenflüge umrüstete. Trotzdem nutzten die Handelsgesellschaften die Basis gerne, da man hier seine Schiffe überholen und warten lassen konnte.

Die Medien interessierten sich in den vergangenen Jahren nur noch mäßig für die Vorgänge auf Arcturus, doch nun lag die Menschheit im Krieg mit den Greens. Wie es ein Sergeant der Sky-Cavalry so treffend formulierte: Jeder Darmwind des Militärs wurde plötzlich zum Tornado, über den sich die Medienvertreter in aller Breite ausließen.

Medien besaßen ein Gespür dafür, wenn etwas vor sich ging. Was im Hangar 12-C der riesigen Flottenbasis Arcturus geschah, sollte ihnen jedoch verborgen bleiben. So wandte Hoch-Admiral John Redfeather das Trump-Prinzip an, bei dem die Medien durch alternative Informationen von den wahren Ereignissen abgelenkt wurden.

Hangar 12-C war hierfür ideal, da er als Doppelhangar konzipiert war, in dem zwei Schiffe gleichzeitig gewartet oder versorgt werden konnten. Momentan lagen hier die beiden APS-Kreuzer D.S. Marseille und D.S. Blackwing. Während die Marseille für einen weiteren Patrouillenflug neu ausgerüstet wurde, erfolgten an der Blackwing kleinere Umbauten, um ihre tetronische Ausstattung zu modernisieren.

Die Reporter hatten einen kurzen Vid-Bericht über die Vorgänge im Hangar an ihre jeweiligen Medien gegeben, aber bezweifelt, dass es überhaupt eine Erwähnung geben werde, da die Ausrüstung zweier Kreuzer schlicht zu banal war.

Ihre Meinung hätte sich geändert, wäre es ihnen gelungen, einen Blick in die Blackwing zu werfen, zumal sich dieser Kreuzer gravierend von der standardisierten Bauweise der APS-Schiffe unterschied.

Es war offensichtlich, dass der Landungskreuzer auf dem Rumpf eines modernen APS basierte, doch ebenso, dass es wesentliche Änderungen gab. Die Außenhülle war stärker gewinkelt und wirkte kantiger, die beiden großen Kuppeln der Railguns auf der Oberschale und unter dem Rumpf fehlten vollständig. Das erhöhte nicht nur die Effektivität der tetronischen und optischen Tarnung, sondern erlaubte es auch, den Rumpf auf fünf Meter über den Boden abzusenken. Dies erleichterte das Ausschleusen von Bodentruppen und Fahrzeugen.

Dennoch verfügte das Schiff auch über eine der schweren Railguns. Diese war zwar im Bug eingebaut, was ihren Erfassungsbereich reduzierte, doch das Schiff war auch nicht für normale Kampfeinsätze gedacht. Neben der schweren Waffe verfügte es noch über sechs versenkbare Waffentürme, die mit der üblichen Kombination aus Raketen, Hochenergie-Lasern und 20-Millimeter-Gatlingkanonen ausgestattet waren.

Weit unauffälliger als die baulichen Abweichungen war jedoch die besondere Fähigkeit zur Tarnung. D.S. Blackwing, mit der Nummer 84 im offiziellen Flottenregister, war das erste effektive Tarnschiff der Sky-Navy und sie wurde gerade auf eine Mission vorbereitet, die man tunlichst vor den Medien verborgen halten wollte.

Eigentlich war die Blackwing für geheime Landungsoperationen konzipiert und hatte sich erstmals bei der Erkundungsmission auf Regan III bewährt. Als reines Landungsschiff benötigte sie zwar hohe Transportkapazitäten, war jedoch nicht für Langstreckenflüge und einen entsprechend ausgedehnten Aufenthalt im Raum gedacht. Dies machte einige Veränderungen im Schiff erforderlich, was Captain Jen-Li und seinen ersten Offizier, Lieutenant-Commander Hiroshi Yagoda, nicht unbedingt erfreute.

Jen-Li konnte seine chinesische Abstammung ebenso wenig verleugnen, wie Hiroshi Yagoda seine japanische. Obwohl beide inzwischen gut befreundet waren, genossen sie es sichtlich, sich gelegentlich, vor Anderen, mit Anspielungen auf die traditionelle Gegnerschaft ihrer Stammvölker zu reizen. Während Jen-Li an Bord gerne die Kappe eines chinesischen Mandarins trug, war Yagoda oft mit dem geerbten Samurai-Schwert seiner Vorväter zu sehen. Eine Marotte der beiden Navy-Offiziere, die stillschweigend geduldet und belächelt wurde.

Obwohl die Besatzung aus Angehörigen der Navy bestand, war die Blackwing ein Schiff der Cavalry. Dies war eine Kröte, an der die „Vakuumschwimmer“ mächtig zu schlucken hatten, unterstanden sie damit doch dem direkten Befehl des „Schlammfußes“ Hoch-General Omar ibn Fahed. Zumal andere Crews die der Blackwing hinter vorgehaltener Hand gerne als Transportkutscher bezeichneten und nicht als reguläre Kreuzerbesatzung sahen.

Im Augenblick standen Captain und Eins-O außerhalb des Schiffes, an der Trennlinie zwischen beiden Kreuzern, und beobachteten den Transport zahlreicher Kisten und Transportbehälter, die man an Bord brachte.

„Ich komme nicht umhin zu bemerken, dass unser Schiff den Eindruck vermittelt, als würde ich es für einen Umzug deiner zahlreichen Familie missbrauchen“, sagte Jen-Li in Anspielung auf die Großfamilie, zu der sein Freund gehörte. „Du hast selbst das Klavier eingepackt.“

„Ich wiederum komme nicht umhin, meinen verehrungswürdigen Captain und Freund zu korrigieren. Es ist ein Koto und das ist ein traditionelles Zupfinstrument aus der alten Heimat meiner Vorfahren.“ Hiroshi Yagoda deutete eine Verbeugung an. „Möge mein verehrter Freund mir Dankbarkeit erweisen, dass ich keine schottischen Verwandten habe und nicht meine Sammlung an Dudelsäcken einladen lasse.“

Jen-Li erwiderte lächelnd die kurze Verneigung. „Jedenfalls ist es ein ziemlicher Aufwand, den wir hier betreiben müssen.“ Er seufzte leise. „Offiziell werden Arbeiten an unserer unteren Railgun-Kuppel ausgeführt, welche wir, wie ich beiläufig erwähnen möchte, überhaupt nicht besitzen. Inoffiziell werden Quartiere für einhundert Sky-Troopers eingerichtet. Nebst Vorräten für einen Flug, der sich über viele Monate erstrecken kann. Ein immenser Aufwand für diesen Auftrag.“

„Immerhin eine bedeutsame Mission“, meinte Yagoda. „Wüsste die Presse davon, so würde man den verehrten Hoch-General bestürmen, zusätzlich eine Schwadron Reporter an Bord zu nehmen. Die Medienvertreter werden sich die Haare büschelweise ausreißen, wenn sie später erfahren, dass wir vielleicht den Grundstein für eine Verständigung mit den Greens gelegt haben.“

„Jedenfalls bin ich froh, dass die Umbauten endlich abgeschlossen sind“, knurrte Jen-Li. „Die Blackwing wurde für kurze Flüge entworfen. Start von der Basis, acht Stunden Flug zum Ziel, dort anschleichen und die Schlammfüße absetzen, und dann wieder acht Stunden zurück zur Basis. Ein Job für einen Tag und nicht mehr. Damit wir genug Energie für die extrem starken Antriebe, die Tarnvorrichtung und unsere Waffen haben, haben die verehrten Konstrukteure auch nur einen Tag Bordaufenthalt für die Besatzung und die Passagiere kalkuliert. Bestenfalls vielleicht auch drei.“

„Ja, dadurch ließ sich vortrefflich am unnötigen Luxus für die Besatzung einsparen, um den erforderlichen Raum zu schaffen. Immerhin, verehrter Freund, hatte man bei der Konstruktion eine kleine Bordküche und sogar Toiletten berücksichtigt. Ich glaube mich zu erinnern, dass man uns sogar ein paar Betten bewilligte.“

Hiroshi übertrieb schamlos, dennoch steckte einiges an Wahrheit in seinen Worten. Obwohl man bei den gerade durchgeführten Umbauten auch nicht unbedingt an den Luxus der Menschen an Bord gedacht hatte, waren die Veränderungen für einen Langstreckenflug doch erheblich. Eine Truppe, die lediglich einen kurzen Flug vor sich hatte, um dann auf einem Planeten abgesetzt zu werden, benötigte keine Quartiere, Aufenthaltsbereiche und Raum für umfangreiche Vorräte. Genau dies war nun geschaffen worden. Dies war allerdings nur gelungen, in dem man den Raum nutzte, der zuvor den Kampffahrzeugen zugedacht gewesen war. Leider mussten nun auch drei der vier Landungsboote und beide Jagdbomber zurückbleiben, da ihr Hangar ebenfalls für den Aufenthalt der Menschen, Vorräte und Zusatzausrüstung benötigt wurde.

„Es kommen sogar zwei Ärzte an Bord.“ Yagoda betrachtete die Mannschaftsliste auf seinem tragbaren Mini-Comp.

„Keine Ärzte“, korrigierte Jen-Li. „Doktor Lennerson ist Linguist und soll nach einer Verständigungsmöglichkeit mit den Greens suchen, sofern diese zu einer Unterhaltung aufgelegt sind. Und Doktor Braunfels ist Alien-Psychologe.“

„Alien… Was?“

„Alien-Psychologe. Spezialisiert auf außerirdische Völker.“ Der Captain zuckte mit den Schultern. „Das High-Command hat ihn an Bord befohlen, da Braunfels wohl schon intensive Studien bei den Hanari und den Shanyar durchführte. Wenn sich jemand in der Psyche von Aliens zurechtfindet, dann wahrscheinlich Braunfels.“ Jen-Li sah seinen Freund ernst an. „Keine dumme Idee, mein verehrter Freund. Denk einmal an die unterschiedlichen Bräuche der alten irdischen Völker. Was bei dem Einem als freundliches Lächeln galt, war bei einem Anderen eine Kriegserklärung.“

„Dem muss ich zustimmen. Es wäre unschön, wenn eine friedliche Kontaktaufnahme scheitert, weil jemand eine falsche Geste macht. Unser geschätzter Hoch-General ibn Fahed scheint jedoch sicher gehen zu wollen, da er uns einen Troop der siebten Raumkavallerie an Bord schickt. Auf meiner Liste steht ein Captain Custer. Wird Zeit, dass er anrückt. Die letzten Vorräte gehen an Bord und ich möchte nicht länger mit dem Start warten, als unbedingt erforderlich. Ich hoffe, der Mann verläuft sich nicht. Offiziell schifft sich seine Abteilung ja auf der Marseille ein.“

„Keine Sorge, Gentlemen, ich habe mich keineswegs verlaufen.“

Die beiden Navy-Offiziere fuhren herum und starrten die kleine Gruppe von Offizieren an, welche die regulären Dienstuniformen der Streitkräfte und keine Bordoveralls trugen. Graublaue Hose und dunkelgrüne Jacke, dazu ein hellgraues Barett. Die halbhohen schwarzen Stiefel, die gelben Schulterklappen und das gelbe Schweißleder der Kopfbedeckung ließen keinen Zweifel über die Zugehörigkeit zur Sky-Cavalry. Am Barett war das gelbe Wappenschild mit dem weißen geflügelten Pferd der Raumkavallerie befestigt. An den rechten Oberarmen das runde Logo mit dem Wappen des Regiments. Zwei gekreuzte Säbel mit der Regimentsnummer, darüber der Schriftzug „7th Regiment of Sky-Cavalry“ und darunter das Motto der Truppe: „For Garry Owen in Glory“.

„Sie haben das Auftreten von Katzen“, stellte Jen-Li an Stelle einer Begrüßung fest.

„Oh, bei Geheimmissionen schleichen wir gerne herum“, erwiderte der mittlere der drei Offiziere, der die drei silbernen Balken eines Captain auf seinen gelben Schulterstreifen trug. Der Mann interpretierte den skeptischen Blick von Jen-Li richtig und lächelte freundlich. „Keine Sorge, wir haben uns nur so schick gemacht, weil wir offiziell an Bord der Marseille gehen. Für Ihre Blackwing, Gentlemen, haben wir natürlich unser Unterzeug dabei.“

„Gut gekontert“, meinte Jen-Li und streckte seine Hand aus. „Jen-Li, Captain der Blackwing, und das neben mir ist mein Eins-O, Hiroshi Yagoda.“

„Captain Peter Custer“, stellte sich der schlanke Kavallerist vor. „Und keine Sorge, George Armstrong Custer gehört nicht zur Familie.“

„Wer auch immer das sein mag“, dachte sich Jen-Li.

Custer deutete zur Seite. „Mein Stellvertreter, First-Lieutenant John Thunder-Elk. Crow-Indianer in der, weiß Gott wievielten, Generation.“

„Indianer wie unser verehrter Hoch-Admiral John Redfeather?“

„Unsere Vorfahren haben sich einst skalpiert“, entgegnete Thunder-Elk würdevoll.

Jen-Li verzichtete auf eine Erläuterung, was dieses „skalpieren“ wohl sein mochte. Jedenfalls schien ihm eine Verwandtschaft zu dem indianischstämmigen Oberbefehlshaber der Direktorats-Streitkräfte nicht zu leugnen. Der Lieutenant besaß eine ungewöhnliche kupferbraune Hautfarbe.

„Das hier ist Second-Lieutenant Holger Bramquist“, stellte Custer den letzten aus der kleinen Gruppe vor. „Er ist Spezialist für unsere Flighter.“

„Sie nehmen die Fluggleiter mit?“

„Wir sind gerne auf alle Eventualitäten vorbereitet, Captain Jen-Li. Die neuen Ein-Mann-Flighter sind zudem leicht modifiziert und können innerhalb einer Lufthülle und im Weltraum genutzt werden. Unsere Koffer sind bereits an Bord?“

„Wenn Sie damit hundertzwanzig Behälter mit Kampfanzügen, diverse Fresspakete und etliche Kisten mit geheimnisvollem Inhalt meinen… Ja.“

Weiter hinten im Hangar war Bewegung. Der E-Troop der siebenten Raumkavallerie kam herein. Allesamt in Dienstuniform und mit einem prallen Seesack über der Schulter. Die Männer und Frauen marschierten in lockerer Formation und man hörte weder Gleichschritt, noch laute Kommandos der Unteroffiziere. Sie bewegten sich auf die Marseille zu, bis sich die Innentore zum Deck der Station schlossen, schwenkten dann ein und nahmen die Blackwing zum Ziel.

Hier wandelte sich das Bild nach zwei lauten Kommandos und die Kompanie stellte sich in Formation, nahm Haltung an und der First-Sergeant machte Custer Meldung. Der wiederum ließ Jen-Li keine andere Wahl, als die Truppe zu inspizieren.

Jen-Li hätte sich lieber um die Startvorbereitungen gekümmert, konnte und wollte jedoch nicht unhöflich sein. Immerhin gab ihm dies die Gelegenheit, eine Tradition der Navy zu erläutern.

„Ladies und Gentlemen, wenn Sie nun an Bord meines Schiffes gehen, dann wird Ihr verehrter Captain augenblicklich zum Major befördert. Natürlich nicht offiziell, aber ich muss Sie bitten, ihn an Bord ausschließlich mit „Major“ zu titulieren. Um keine Verwirrungen aufkommen zu lassen, Ladies und Gentlemen, denn an Bord der Blackwing kann es nur einen Captain geben.“

„Zur Kenntnis genommen“, bestätigte Custer für seine Truppe. „Bedauerlich, dass damit keine Anpassung meines Solds verbunden ist.“

Ein paar der Sky-Troopers lachten leise, bis ein scharfer Blick von First-Sergeant Nolte sie zum Verstummen brachte.

Hiroshi Yagoda sah dem Zeremoniell mit distanziertem Lächeln zu. Die Truppe machte einen guten Eindruck, doch der musste sich natürlich erst im Einsatz bestätigen.

„First-Sergeant, lassen Sie einrücken“, befahl Custer schließlich.

„Während Ihre Truppe an Bord geht, wird mein Eins-O Sie durch das Schiff führen, damit Sie die Räumlichkeiten kennenlernen.“ Jen-Li deutete eine Verbeugung an. „Mich selbst müssen Sie allerdings entschuldigen, da ich mich nun den Startvorbereitungen widme.“

Kapitel 3 Notlandung

Kandahaar, leichtes Zweischiff der Norsun

Die Kandahaar kam genau an der vorausberechneten Position aus der Schwingung. Sie befand sich direkt am Rand des Sonnensystems, in welchem die Quarantäne-Welt lag.

Doch auf die Bestätigung des Ortungs- und Navigationsoffiziers folgte sogleich eine erneute Schadensmeldung von der Systemkontrolle. „Ausführende Hand der Maschine an das Hoch-Wort: Ich sehe starke Fluktuationen in den Zuleitungen des Schwingungsmoduls. Wahrscheinlich wurde es doch durch die Auswirkung des Zersetzers geschädigt. Ich rate dringend davon ab, die Schwingung nochmals zu benutzen.“

Hen-Talars Kopffühler vibrierten für einen flüchtigen Moment. „Ausführende Hand der Seher, wie weit ist es zum Ziel?“

Der Norsun nannte die Werte und Hen-Talar überschlug, dass der Flug mit Überlicht immerhin zwei Tage betragen würde. Eine lange Zeitspanne, wenn ein Schiff durch den Zersetzer vom Verfall bedroht war. Er konnte jedoch nicht riskieren, mit einer Fluktuation des Schwingungsmoduls in die Schwingung zu wechseln.

„Ausführende Hand des Schiffes, mit maximaler Fahrt Kurs auf die Quarantäne-Welt nehmen. Ausführende Hand der Sprecher, wann können wir die Orbitalstation mit Kurzsprech erreichen?“

„Mit Höchstfahrt sind wir ebenso schnell, wie die Kurzsprechverbindung, Herr“, antwortete der Funkoffizier.

„Dann warten wir mit der Kontaktaufnahme, bis wir kurz vor dem Landeanflug sind“, entschied das Hoch-Wort enttäuscht. Er wandte sich erneut an den Systemkontrolloffizier. „Hand der Maschine, frage nach, ob man die Ursache der Fluktuation kennt.“

Kurz darauf meldete sich einer der Technik-Offiziere. „Hier ist Wosul, Wort der Maschine, Herr. Eine der Hauptverbindungen des Schwingungsantriebs ist beschädigt.“

„Eine Folge der Zersetzung?“

„Nur indirekt, Herr. Der Zersetzer hat einige der tragenden Elemente der Schiffskonstruktion geschädigt. Diese Schwächung der Stabilität und die fortwährende Belastung des Schiffes unter Höchstfahrt, führen unweigerlich zu weiterer Instabilität.“

„Berichte mir, wenn weitere Schwächen auftreten“, befahl Hen-Talar und unterbrach die Verbindung.

Er befand sich in dem, was man eine Zwickmühle nennen konnte. Ließ er die Kandahaar weiter mit Höchstleistung fliegen, belastete der Triebwerksschub die Stabilität des Rumpfes und er konnte, im extremsten Fall, während des Fluges auseinander brechen. Ließ er den Kreuzer jedoch langsamer fliegen, benötigte man mehr Zeit zum Erreichen des Zielplaneten und die Auswirkungen des Zersetzers konnten ebenfalls zu seiner Zerstörung führen.

Hen-Talar entschied sich, auf Geschwindigkeit und die Robustheit der Konstruktion zu vertrauen.

Knapp zwei Tage später erreichte der angeschlagene Kreuzer endlich das Ziel.

„Ausführende Hand der Sprecher, rufe die Orbitalstation und schildere unsere Lage. Sie sollen unseren Landekurs verfolgen und dann ein Rettungsschiff senden.“

„Herr, ich kann die Station nicht erreichen“, meldete der Funkoffizier nach kurzer Zeit. „Möglicherweise steht die Station jenseits des Planeten und wird von unseren Sprechwellen nicht erfasst.“

„Hoch-Wort, wir können nicht warten, bis die Station aus dem Planetenschatten tritt“, mahnte die ausführende Hand der Maschine. „Die Schäden in der Konstruktion haben sich durch die Belastung während der letzten Zyklen ausgebreitet. Jedes Flugmanöver kann nun zum Brechen des Rumpfes führen.“

Hen-Talar verschränkte die Hände auf dem Rücken und wanderte ein paar Schritte durch die Zentrale. Sie hatten keine Wahl. Der Eintritt in die Lufthülle würde eine hohe Belastung für das Schiff mit sich bringen, doch wenn sie im Orbit warteten, so würde dies den Zerfall höchstens verlangsamen. Ein Überleben für die Mannschaft war jedoch nur auf dem Boden des Planeten möglich. Dort gab es eine atembare Atmosphäre, ein erträgliches Umfeld und sie konnten mit der Notausrüstung aus dem Schiff ein provisorisches Lager errichten, bis man sie abholte.

„Ich spreche das Wort“, kündigte er schließlich an. „Ausführende Hand der Sprecher, versuche weiterhin, Kontakt aufzunehmen. Ausführende Hand des Schiffes, wir landen. Ich gebe unser Schicksal in deine erfahrenen Hände.“

„Meine Hand folgt deinem Willen, Herr.“

Hen-Talar wusste, dass der Pilot der Kandahaar erfahren war. Wenn es einen Norsun gab, dem es gelang, das Schiff sicher zu Boden zu bringen, dann saß er gerade an den Kontrollen. Trotzdem verspürte er zunehmende Unsicherheit, als der Kreuzer in der Umlaufbahn langsam schwenkte und in Schwerefeld und Lufthülle eintrat. Die Haupttriebwerke waren abgeschaltet und in den unteren Dritteln der beiden Kugeln öffneten sich die Blenden der Atmosphäreantriebe.

Der besorgte Blick galt den Anzeigen der Systemkontrolle. Etliche Lichter zeigte schon seit Langem das besorgniserregende Grün des Totalausfalls. Nur wenige zeigten ihre volle Funktion in beruhigendem Blau. Einige flimmerten Gelb und Hen-Talar konnte nur hoffen, dass die betreffenden Funktionen bis zum Aufsetzen durchhielten.

Die Kandahaar sank auf ebenem Kiel nach unten. Die große Panoramascheibe der Zentrale diente wieder als Bildschirm, der die näher kommende Oberfläche zeigte. Norsun bevorzugten Planeten mit viel Sonne und viel Pflanzenwuchs. Nicht zu viele Wasserflächen, damit die Luftfeuchtigkeit gering blieb. Diese Bedingung konnte die Welt unter Hen-Talars Füßen immerhin erfüllen, ebenso wie eine atembare Atmosphäre mit den richtigen Druckverhältnissen und eine akzeptable Schwerkraft.

Sker-Lotar trat in die Zentrale und eilte zu Hen-Talar. Das Hoch-Wort hatte die Hand des Wissens aufgefordert, ihm alle verfügbaren Informationen über jene Welt zu besorgen, welche, wenn auch hoffentlich nur für kurze Zeit, die Heimat der Überlebenden sein würde. Außer den Notfallkoordinaten dieses Planeten war den meisten Besatzungen nur sehr wenig über diesen Planeten bekannt.

„Herr, ich konnte deinem Wunsch entsprechen und habe einige Informationen entdeckt.“

Der Wissenschaftler hielt dem Kommandanten einen kleinen Kristallspeicher entgegen.

Hen-Talar kreuzte ablehnend die Kopffühler. „Ich habe jetzt keine Zeit, mir ein Sehgerät zu suchen. Schildere mir die Fakten in deinen Worten.“

„Meine Hand folgt deinem Willen, Herr.“ Sker-Lotar deutete eine respektvolle Verbeugung an. „Es ist eine Welt um zu Überleben, mehr nicht. Sie ist trostlos und wenig einladend. Keine Wälder und nicht die gewohnte Sonne. Es ist eine ausgedehnte Hügellandschaft mit unzähligen Senken und Ebenen. Braune Moose und niedriges Buschwerk sind der Hauptbestandteil der Vegetation. Es gibt eine Unzahl an Kriechtieren, jedoch keine Flugwesen.“

„Gefährliche Raubtiere?“, unterbrach Hen-Talar besorgt.

„Nein, Herr. Wenigstens sind die bisherigen Geretteten nie auf welche gestoßen. Die große Mutter und die Mütter haben wohl dafür gesorgt, dass man auf dieser Welt ohne Lebensgefahr auf die Rettung warten kann.“

„Die Weisheit der großen Mutter und der Mütter ist unübertroffen“, erwiderte Hen-Talar automatisch, obwohl er keineswegs davon überzeugt war. Doch solche Zweifel äußerte man nicht laut, wollte man nicht auf einen sehr einsamen Posten versetzt werden oder sogar für immer verschwinden.

„Ausführende Hand der Bionik an das Hoch-Wort“, kam es über den Kommunikator. „Alle Bions sind in die Depots befohlen und dort deaktiviert worden.“

„Gut. Dort sind sie am Besten geschützt, sollte es zu einer harten Landung kommen.“

Die künstlichen Wesen waren für harte Arbeit und den Kampf erschaffen worden, dennoch waren sie gegen starke Erschütterungen empfindlich. Obwohl die bionischen Platinen in ihren Schädeln in einer Dämpfungsflüssgigkeit schwammen, konnten sie bei einem harten Aufprall beschädigt werden und zu Fehlverhalten der Konstruktionen führen. Es gab Berichte über Bions, die in solchen Fällen ihre eigenen Herren angegriffen hatten. Bedauerlicherweise verhinderte die Weisung der großen Mutter und der Mütter, die Wesen so zu programmieren, dass dies unter keinen Umständen geschehen konnte. Die Kommandanten eines Schiffes oder einer Stammwelt sollten die Möglichkeit behalten, die Kampfwesen im Notfall auch gegen dem Wahnsinn verfallene Norsun einzusetzen. Jeder, der sich gegen die große Mutter oder die Mütter wandte, konnte nur dem Wahn verfallen sein.

„Sind die anderen Vorbereitungen abgeschlossen?“ Hen-Talar wusste, dass er diese Frage eigentlich vor dem Befehl zur Landung hätte stellen sollen. Ein Fehler, der ihm nur unterlaufen sein konnte, da er sich so sehr um sein Schiff sorgte. Glücklicherweise steckte sein Stachel im Futteral des Luftanzuges, so dass niemand die Pheromone der Verlegenheit wahrnahm, die er im Augenblick verströmte.

„Alle Hände folgten deinem Willen“, versicherte der Systemkontrolloffizier.

„Dann möge die ausführende Hand des Schiffes uns mit Geschick zur Oberfläche bringen“, meinte der Kommandant erleichtert.

Alle Norsun, die nicht am Arbeitsplatz auf ihre Pheromonstachel angewiesen waren, trugen nun geschlossene Luftanzüge. Die Bions waren in den Depots gesichert und abgeschaltet. Die Notfallausrüstung und Vorräte lagen in den unteren Bodenschleusen bereit. Alle waren informiert, dass eine der Schleusen nicht benutzt werden durfte, da der Zersetzer sie beschädigt hatte. Nun kam es nur darauf an, dass die Kandahaar sanft genug aufsetzte, und die Vorbereitungen nicht dadurch zunichte gemacht wurden, dass die unteren Pole der Hantelkugeln zerquetscht wurden.

Hen-Talar und Sker-Lotar standen Seite an Seite vor der großen Panoramascheibe und beobachteten die Projektion der Landung. Vielleicht hätten sie sich eine sichere Position und einen festen Halt verschaffen sollen, doch sie waren zu gebannt und neugierig, ob die Landung gelingen werde.

Eigentlich war der Vorgang Routine, doch jede Routine wurde zum Abenteuer, wenn das Schiff solche Schäden aufwies, wie die Kandahaar.

Unterhalb der Äquatorlinien der beiden Kugeln peitschten die Flammen des Atmosphäreantriebs wie glühende Kränze hervor. Die aufgeheizten Luftmassen wurden verdrängt und um das Schiff schien ein Orkan zu herrschen. Selbst ein relativ kleines Schiff, wie ein Kreuzer der 200-Meter-Klasse, besaß eine enorme Masse. Sie musste entsprechend ausbalanciert und langsam zu Boden gebracht werden.

Die ausführende Hand des Schiffes war ein Virtuose, denn sie verließ sich nicht auf die Anzeigen der Instrumente, sondern flog den Kreuzer mit Instinkt und sensiblen Händen. Langsam sank die Kandahaar durch die Atmosphäre tiefer, erreichte die unteren Schichten, in denen ein Überleben möglich wurde.

„Ausfall der Schubdüsen in Zwölf und Sieben“, warnte der Systemkontrolloffizier.

„Ausgeglichen“, kam der wortkarge Kommentar des Piloten.

Hen-Talar seufzte. Bei den Schäden der Kandahaar war mit dem Ausfall einzelner Düsen zu rechnen gewesen, dennoch war diese Nachricht höchst unerfreulich. Der Ausfall musste durch den verstärkten Schub anderer ausgeglichen werden. Das bedeutete eine erhöhte Belastung der ausgleichenden Triebwerksteile und deren umgebender Rumpfstrukturen.

Ein metallenes Dröhnen war über die Lautsprecher zu hören.

„Bruch zweier stützender Elemente am Übergang vom Heck zum Mittelteil“, kam die Meldung einer Hand der Maschine. „Rumpfstabilität gefährdet!“

Hen-Talar verzichtete auf einen Kommentar. Jeder an Bord wusste, dass die Stabilität gefährdet war. Hoffentlich brach die Kandahaar nicht vor dem Aufsetzen auseinander.

„Ich fahre die Landedorne aus“, berichtete der Pilot.

Im unteren Drittel jeder Kugel schoben sich nun die Dorne hervor. Schlanke, dünne und spitze Teleskopelemente, die das Schiff auf dem Boden stabilisieren sollten. Jedes Hantelschiff setzte mit den verstärkten unteren Polen seiner Kugeln auf, die sich dann, je nach Untergrund und Masse des Schiffes, in den Boden drückten. Die abgespreizten Dorne verhinderten, dass es zum Kippen oder gar Rollen kam. Auf den Raumhäfen gab es Landeschalen, welche die Kugeln aufnahmen und ein Einsinken verhinderten.

Hen-Talar hoffte, dass der Untergrund der Landestelle hart genug war, um ein zu weites Nachgeben zu verhindern. Es wäre unangenehm gewesen, sich von den Bodenschleusen den Weg ins Freie graben zu müssen. Doch das war vielleicht immer noch besser, als die oberen Schleusen in hundertachtzig Meter Höhe zu verwenden. Mit der Ausrüstung über die Rundung des Rumpfes nach unten zu gelangen, wäre höchst schwierig.

„Wir haben zwei Dorne verloren.“ Die Stimme des Systemkontrolloffiziers klang resigniert.

„Wir werden nicht rollen“, versicherte Hen-Talar. „Der Untergrund wird weich sein und uns ausreichend Halt geben.“

„Ausführende Hand der Seher, ich brauche die bionischen Augen in Blickrichtung nach unten“, mahnte der Pilot. „Sende die Wellen verstärkt in den Boden, damit ich den richtigen Landeort wählen kann.“

Hen-Talar beobachtete, dass die Fühler von Sker-Lotar merklich zitterten. Er konnte die Frucht des jungen Wissenschaftlers gut verstehen. Die Landung kam in die kritische Phase des endgültigen Bremsschubs. Brach das Schiff unter der Belastung auseinander? Versagte der Antrieb und das Schiff zerschellte am Boden? Gab der Boden unter dem Gewicht der Kandahaar nach und verschlang den Kreuzer?

Der Pilot erhöhte den Bremsschub. Das Schiff begann zu schütteln und zu vibrieren. Aus einigen der abgeschotteten Abteilungen gingen panische Meldungen ein. Streben brachen, beschädigte Decks und Wände verformten sich unter der Belastung. Mehrere Segmente lösten sich von der Außenhülle und stürzten in die Tiefe.

Ein harter Schlag erschütterte das Schiff.

Hen-Talar schloss mit seinem Leben ab. „Nun brechen wir auseinander und stürzen in den Tod“, dachte er benommen.

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