Kitabı oku: «DIE ANKUNFT», sayfa 4
Kapitel 8
Diese Mistqualle von Kriegstreiber!
Kapitän Jenis kochte. Er war außer sich. Er tobte vor Wut und hätte dem General am liebsten ein Feuerwerk unter dem Allerwertesten bereitet, dass es ihn zerfetzt hätte. Mit Hilfe seines Schiffschefinformatikers hatte er herausgefunden, welche Art von Arbeiten der General vornehmen ließ. Die Decodierung seiner Programme hatte einige Tolonmonate gekostet. Jenis konnte einfach nicht glauben, dass sein Vize Fanzru Ta-Sarjowair an diesen Arbeiten teilnahm, ohne etwas zu sagen. Einige der für Sariah bestimmten Raumsonden an Bord waren mit Nuklearsprengsätzen und Laserkanonen ausgestattet worden. Ihre Computerprogramme verrieten, dass dort ein nuklearer elektromagnetischer Impuls ausgelöst werden sollte, ein Impuls, der eine technisierte Zivilisation planetenweit lahmlegen kann. Weitere Sonden trugen sogar Nuklearsprengsätze, die in Meereshöhe detonieren und Flutwellen erzeugen konnten – Tsunamis, die ganze Küstenstädte vernichten konnten. Transportsonden schließlich trugen Heere von Nanorobotern, programmiert darauf, Infrastruktur- und Versorgungsnetze zu infiltrieren und zu zerstören, Trinkwasserreservoirs zu vergiften und etwaige militärische Verteidigungsanlagen zu deaktivieren. Das war Kriegsführung! Der General bereitete tatsächlich heimlich einen Angriff auf die Bewohner des Altakolsystems vor. Er musste Fazzuwär stoppen. Und er musste Ta-Sarjowair wegen seines Doppelspieles zur Rede stellen.
Er traf sie im Gästequartier des Generals.
„Das trifft sich gut!“, wandte er sich an den General persönlich. „Ich wollte auch sie sprechen.“
„Kapitän?“, sagte der General überrascht von Jenis‘ frostigen Ton.
„General, ich habe Information, dass sie eine Okkupation der eventuell technisierten Zivilisation im Altakolsystem vorbereiten – eine kriegerische Okkupation.“
„Das stimmt, Kapitän“, entwich es Ta-Sarjowair. Er antwortete an Stelle des verdutzten Generals.
„Vizekapitän! Sie schweigen!“, donnerte der General los. „Kapitän Jenis, egal was sie vermuten, ich habe das Oberkommando über diese Mission. Und ein geheimes Missionsziel zu befolgen – im Auftrag der IPO-Kommandantur!“
„Ich glaube es nicht …“, wollte Jenis ansetzen.
„Kapitän!“, wetterte der General weiter. „Ich erteile ihnen hiermit den Befehl, die Vorbereitung der notfalls kriegerischen Okkupation einer eventuell technisierten Zivilisation im Altakolsystem zu unterstützen und über dieses geheime Missionsziel der Crew gegenüber zu schweigen!“
Jenis erschauderte. Er schnappte nach Luft, um sich zu beruhigen, überlegte eine ruhige Antwort. Entscheidungen, erst recht eine solche über Leben und Tod, überlässt man nicht der Leidenschaft oder der Angst, sondern dem Verstand, dachte er. Trotzdem konnte er nicht ruhig bleiben. Nicht angesichts solcher Pläne.
„Das wollen sie wirklich durchziehen?“, brüllte er. „Sie glauben doch nicht im ernst, dass meine Mannschaft und ich sie dabei unterstützen werden! Das widerspricht der Ehre und der Moral. Es widerspricht unserer Religion, den Grundsätzen unserer Zivilisation und …“
„Kapitän, ich habe ihnen einen Befehl erteilt!“, zischte der General.
„General, ich habe ihnen widersprochen, Ich bin Zivilist und werde einen solchen Befehl nicht befolgen“, gab Jenis zurück.
„Vizekapitän! Kapitän Jenis verhaftet und seines Ranges enthoben!“
Ta-Sarjowair verschränkte die Arme, schwieg und sah den General trotzig an.
„Vizekapitän! Sie sollen Kapitän Jenis verhaften! Ich verhänge das Kriegsrecht. Sie unterstehen meinem Befehl und sind ab sofort Kapitän und Kommandant der Altakolia I.“
Ta-Sarjowair schwieg. Jenis schmunzelte.
„Sicherheit!“ Der General rief die Wachmannschaft über Videophon herbei. Drei Wachleute stürmten in das Gästequartier des Generals.
„Sicherheit, verhaften sie den Kapitän und den Vizekapitän! Sofort!“
Verdutzt sahen die Wachmänner Jenis an. Jenis regte sich nicht.
„Ich verweigere den Befehl zur Vorbereitung ihres Angriffskrieges!“, wiederholte er.
„Ich auch!“, sagte Ta-Sarjowair.
Die Wachleute sahen sich an.
„Wir auch!“, ergänzten sie.
„Sicherheit, verhaften sie den General. Er kommt vor das Bordgericht der Raumstation“, sagte Jenis.
Der General stieß die Wachleute um, noch ehe sie reagieren konnten. Er rannte zum Korridor, flog hastig zur Andockstation. Dort zog er seine Waffe, um die dortigen Crewmitglieder in Schach zu halten. Zum Entsetzen der Anwesenden stellte er sie von „Betäubungsprojektil“ um auf „Töten“. Ein Schuss, und er hätte jetzt die Außenwand durchlöchern können. Die Crewmitglieder wichen zurück. Sie starrten ihn an. Fazzuwär schwang sich in seinen Shuttle. Er öffnete die Andockrampe, vollführte einen Alarmstart und entkam ins All mit Kurs auf die Altakolia VII.
Jenis folgte ihm nicht. Er beschloss, ihn später festzunehmen. Sei friedlich, denn auch sich nicht zu rächen kann eine furchtbare Rache sein – und fruchtbar obendrein, ging ihm durch den Kopf. Es galt, erst einige seiner Viren und Computerprogramme zu deaktivieren. Das Ziel war die friedliche Erforschung und Besiedlung der neuen Welt um Altakol. Um Fazzuwär kann ich mich auch noch später kümmern. Für ihn war dieser Kriegsverbrecher sowieso kein IPO-General mehr.
Eine steife Brise wehte um die Gesichter der Radiofunker. Sie blickten den Händler an, der ihnen das letzte, fehlende Bauteil für die Sendestation geliefert hatte. Sein Gesicht zeichnete sich scharf ab vor der in der Nordsee versinkenden Abendsonne. Georg von Steinfurt, der Ersatzteil-Händler aus Westfalen, strahlte hoch zufrieden, fast wie der Sendemast selbst. Er handelte unter anderem mit Funktechnik-Ersatzteilen. Zufrieden stand er mit seinen Partnern am neuen Sendeturm. Es war der 26. Oktober 1926. Sie feierten, dass der erste Kurzwellensender der Küstenfunkstelle Norddeich Radio auf 68 m Welle in Betrieb ging. Auf der 36 m Welle hatten sie erfolgreiche Kurzwellenversuche sogar mit der Cap Polonio bis kurz vor Montevideo unternommen, später sogar bis Buenos Aires selbst.
„Ein großer Erfolg, Georg!“
Tjark, einer der Radiotechniker, prostete ihm zu. „Nun können wir über Funk um die halbe Welt kommunizieren!“
„Ich freu mich für euch, und dass ich aushelfen konnte!“, entgegnete ihm der eifrige Georg.
Bernhard war glücklich. Er dachte gerade an Charlotte, seine Verlobte aus Erfurt. Er hatte bei Charlottes Vater Otto Wilhelm Köller um ihre Hand angehalten. Obwohl Bernhard aus bravem, katholischen Hause kam, katholisch, wie es ein Münsterländer eben ist, und Charlotte aus preußisch-protestantischem Hause, hatte Otto Wilhelm Ja gesagt. Jetzt waren sie verlobt.
„Die Rechnung für die Hilfe kommt dann in ein paar Tagen per Post!“, frozzelte Georg.
Bernhard lachte über Georgs spitze Bemerkung. Das ließ sich toppen.
„Er schreibt sie euch dann auf einer meiner Schreibmaschinen – so eine, wie ich sie euch an die Funkstation geliefert habe!“, warf er Tjark zu.
„Neumodischer Schietkram!“, gab Tjark abfällig zurück. „In feiner Sytterlin-Handschrift kanntu dat viel bedder lesen!“. Es passte ihm nicht, dass Hein, sein Chef, bei diesem Herrn Bernhard Jedermann diese Schreibmaschine bestellt hatte. Trotzdem erzählte er Georg stolz die Geschichte ihrer Funkstation: August 1924 hatten sie begonnen, Ozean-Wettermeldungen auf Langwelle zu verbreiten. Mitte Oktober 1924 dann den Blindfunk für Schiffe, täglich auf 2290 m. Um 1 Uhr, 13,15 Uhr und 22 Uhr. Anfang 1925 hatte der Nordweststurm drei fast 150 m hohe, im Bau befindliche Türme bei der Sendefunkstelle umgeworfen. Trotzdem ging der erste Kurzwellensender auf 68 m Welle in Betrieb.
„Denn man tau!“, lachte Cheftechniker Hein Peterssen seinen Kollegen an. „Wat mokt wi da?“
„Ich sag’s mal hochdeutsch: Abwarten und Tee trinken!“, lachte der. Georg lachte zurück. Vom Strand her kreischten die Möwen.
Gut 800 m abseits von ihnen, weit hinten in den Dünen, schwebte ein kleines Objekt vom Himmel hinab. Es war etwa so groß wie ein Pfirsich und hing an einem kleinen Fallschirm. Es plumpste sanft in den Sand, grub sich einige Zentimeter ein und wurde von der nächsten Welle fast in die See gespült. Niemand hatte es bemerkt, und so blieb die puntirjanische Mikrosonde aus den Tiefen des Alls an der Küste unentdeckt, ebenso wie das Sendemodul der Fremden in den Anden und ihre Schraube, die beide mit dem Kometen niedergegangen waren.
Die Ebbe kam. Die fremde Sonde, nahm ihren Betrieb noch in der Nacht auf. Wenige Meter vom Norddeicher Strand entfernt lag sie im Schlick. Sie zeichnete die Radiosendungen auf, die die Sariahner ausstrahlten. Und sie leitete sie weiter über eine Relaisstation im Orbit, an die Raumsiedler aus Puntirjan.
Jenis flog zu Tüngör, in seine Com-Station. „Der General ist zurückgeflogen“, informierte er. Tüngör seufzte erleichtert. Er wertete Daten aus, die seine neue Späher-Mikrosonde übertragen hatte. Sie kamen aus dem Küstengebiet, in dem sie die modulierten Radiowellen von den Sariahnern entdeckt hatten. Die Sonde hatte ihre Empfangsantennen ausgefahren und meldete der Altakolia neuen Empfang: Wieder eine Art Funkverkehr, irgendeine Folge von Analogsignalen. Weder Tüngör noch seine Quantenrechner konnten sie verstehen, zur Entschlüsselung fehlte noch der Zusammenhang. Aber die Radiosignale belegten erneut, dass die Bewohner des Planeten die Funktechnik beherrschten. Wenn sich ihre Signale erst einmal entschlüsseln ließen, würden sie mit ihnenn kommunizieren können.
Kulik kam nicht zur Ruhe. Leonid Alexejewitsch Kulik, der angesehene Mineraloge aus Petersburg, wollte herausfinden, was da damals in der Tunguska geschehen war. Unbedingt. Er organisierte eine weitere Expedition. 1927 drang seine sowjetische Expedition endlich in das verwüstete Gebiet vor. Kulik befragte lokale Zeugen. Reste des vermuteten Meteoriten-Einschlags waren nirgendwo zu finden. Zwei Jahre später ließ er die Besatzung des Luftschiffes Graf Zeppelin nach einem Krater dort suchen. Über seinen Freund Vladimir Komarows hatte er einen deutschen Luftschiffer auf dem Zeppelin aufgetan. Der hatte zugesagt, bei der geplanten Erdumrundung das vermeintliche Einschlagsgebiet des von Kulik vermuteten Meteoriten mit dem Zeppelin abzusuchen. Sie fanden wieder nichts – keinen Krater, keinen Meteoriten, keine Spuren.
Jetzt, Sommer 1927, war Kulik noch auf eine andere Spur gestoßen. Sie war heiß wie ein Schmiedeeisen im Feuer, das in seinem Forscherherzens loderte. Es kam mit der Post, per Kurier aus dem fernen Nordosten. Es war ebenfalls von Komarow. Komarows Händler, die auf der Suche nach Fellen Taiga und Tundra durchreisten, brachten oft auch andere brauchbare Dinge mit: Räucherfisch und Bernstein, Tee und Gewürze – alles was als Tausch- und Handelsware im fernen Osten zu bekommen war. Kulik jedoch interessierte sich nur für Eines: Mineralien. Komarow hatte Kulik einige wunderschöne Exemplare mitbringen lassen. Kulik hatte sie ihm für einen Freundschaftspreis abkaufen können, zur Untersuchung im Mineralogischen Institut. Sein neustes Stück war in dem Päckchen: ein Mineral aus der Tunguska. Es bestand aus einem Konglomerat von kleinen Kristallen, mikroskopisch kleine Partikel aus Diamantstaub, Graphitsplittern und geschmolzenen Eisen- und Nickelkörnchen. Komarow hatte notiert, es würde dem Meteoriten aus Kargalyk in der Ukraine ähneln.
Aufgeregt öffnete Kulik das Päckchen. Seine Hände zitterten. Er nahm den in Papier gewickelten Inhalt heraus, überflog Komarows Grußkarte und wickelte den Inhalt aufgeregt aus dem Papier. Da war es: Das Mineral aus der Tunguska.
Er untersuchte es sofort. Er hielt es für den ersehnten Überrest des Tunguska-Boliden. Nach theoretischen Abschätzungen der möglichen Bahnen des Tunguska-Boliden, die ein befreundeter Astronom für ihn vorgenommen hatte, war ein Steinasteroid der Verursacher des Tunguska-Ereignisses – oder auch ein Komet.
Er mikroskopierte und analysierte. Zur genaueren Bestimmung nahm er sein Hämmerchen. Er konnte es vor Aufregung kaum halten. Er entfernte eine kleine Probe des Minerals. Als er sie abschlug, blieb ihm fastr das Herz stehen. Eine metallische Spitze schaute aus dem Kristallkonglomerat. Es war grauglänzend und wies eine Art spiraliges Gewinde auf.
Er betrachtete das Mineral durch die Lupe. Tatsächlich: Ein Gewinde. Aber eine Metallspitze mit Gewinde im Inneren eines Meteoritenrestes? Was zum Teufel ist das?
Er schlug er ein weiteres Stück vom Mineral ab. Der metallische Stift mit Gewinde war etwa zwei Zentimeter lang. Ein dritter Schlag. Der Metallstift fiel aus dem Kristallbrocken und flog zu Boden. Kulik hob ihn auf, betrachtete ihn genauer. Ein Kopf saß auf dem Stift, fast wie der Kopf einer Schraube. Doch statt eines Schlitzes oder Kreuzes, in den man einen Schraubendreher setzen könnte, erkannte er eine winzige, Y-förmige Einkerbung. Der Metallstift blieb abrupt am Hammer hängen – er war hochmagnetisch.
Zorn kochte in Kulik hoch. Wütend schleuderte er den Hammer samt Metallstift in die Ecke. Das Mineral flog hinterher. Dann fegte er doch alles wieder auf. Ihm kam der Gedanke, dass er es vielleicht trotzdem noch irgendwann weiter untersuchen wollte. Er legte die Brocken in einen Karton. Fluchend verließ er den Raum. Dieser Metallstift, der aus dem Inneren des Kristallbrockens kam, war zweifelsfrei künstlich hergestellt worden. Er war kein Produkt irgendwelcher Vorgänge im Weltraum, kein Asteroiden- oder Meteoritenfragment. „Mist! Von wegen außerirdisch!“, wetterte er. Er geschloss, das kuriose Objekt zu verschenken, an einen Freund. An Georg von Steinfurt. Der hatte das mineralogische Institut mit neuen Büroschreibmaschinen und einem kleinen Funkgerät ausgestattet, das er ihm von Norddeich mitgebracht hatte. Es sollte ein kleines, kurioses Dankeschön sein. Der deutsche Händler nahm es mit beiläufigem Interesse an sich. Es ging mit ihm auf die Heimreise, nach Westfalen.
Kapitel 9
Der General schwitzte. Auf der Altakolia VII brütete er über Daten, die sein Quantenrechner analysierte. Tüngör hatte ihm pflichtgemäß die Radiosignale zugefunkt, die die Orag-Sonde von der Sariah-Oberfläche übertragen hatte. Auch er kam nicht weiter, als er die Bedeutung der Radiosignale zu verstehen versuchte. Er hatte auch ganz andere Probleme.
Plötzlich ging die Kabinentür auf.
Leutnant Sejf, sein Sicherheitschef, kam herein. Er schnaufte aufgeregt. Hektisch trat er vor den General.
„Kommandant, melde gehorsamst: Oberst Hagavar inhaftiert!“, berichtete er.
„Gut gemacht, Leutnant!“, lobte General Fazzuwär, sichtlich zufrieden.
„Abtreten“, befahl er und sah durch das Panoramafenster der Brücke hinaus in den Kosmos – mit Blickrichtung auf Altakol, um den der blaue Zielplanet kreiste. Er strahlte und suhlte sich förmlich in seiner Zufriedenheit. Der letzte der zwölf Meuterer war arrestiert, der Aufstand auf seiner Station damit im Keim erstickt. Der General hatte die Kontrolle über die Mission vollständig zurückerlangt. Seit seiner Rückkehr von der Altakolia I hatte er seine weiteren Vorbereitungen seelenruhig perfektioniert. Es gab Widerstände in seiner Einheit. Er hatte zwölf seiner besten Offiziere arrestieren lassen müssen, da sie sich den Plänen zur Vorbereitung der Okkupation widersetzten. Auf Oberst Hagavar und seine elf Komplizen wartete ein Bordgericht. Ihre Meuterei würde mit dem Entzug einiger Bürgerrechte an Bord geahndet werden, da war er sicher, auch wenn die Meuterer sein Kommando als Diktatur bezeichneten.
Er genehmigte sich einen Ravrokyl-Tee. Zufrieden arbeitete er weiter an seiner Strategie. Er war viel, sehr viel weiter als dieses Zivilistenteam der Altakolia I. Er hatte über Raumsonden sariahnische Bio-Proben gesammelt und passende Viren züchten lassen, die die Einwohner mit einer Epidemie dezimieren könnte. Sie würden genau so wie die Nanobots in Aerosol-Sprühsonden zur Verteilung in die Atmosphäre gelangen. Dann würden sie über die Atemorgane der Sariahner in deren Nervenbahnen transportiert werden, und von dort aus in die Synapsen ihrer Großhirnrinden. Dort würden sie sich vernetzen, gezielt die Synapsen der höher entwickelten Lebensformen kontrollieren und notfalls blockieren. Ihre Zivilisation wäre somit ausgeschaltet. Sollte dieser Plan misslingen: Einige zusätzliche Fusionsbomben-Torpedos könnten ergänzend künstliche Tsunamis auslösen. Auch plante er, den Funkverkehr der Sariahner lahmzulegen, ihre elektrischen Geräte planetenweit mit einem NEMP-Anschlag außer Funktion zu setzen und die Invasion dann mit weiteren Mikro-Robotern zu starten, nach den künstlich ausgelösten Tsunamis. Und er könnte IR-Laserstrahlen auf die Plutoniumbatterien der Satelliten aussenden. Xings alte Strategie mit dem NEMP-Anschlag gefiel ihm jedoch am Besten. Es garantierte, dass eine mögliche Gegenwehr der Einheimischen gleich mit ausgeschaltet würde, zum Beispiel durch nuklear in den Orbit gejagte thunderwell-Geschosse. Sollten sie ihre Nuklearwaffen gegen die Altakolia einsetzen, würde deren Strahlung ohnehin durch die Strahlenschutz-Plasmablase abgeschirmt, und eine Detonationsdruckwelle würde es im Vakuum des Alls ohnehin nicht geben. Egal, er musste die Einwohner des blauen Planeten einfach nur schnell ausschalten, und komplett. Sollte ein Rest dieser vielleicht sogar federlosen Wesen überleben, dann müsste er auch noch deren Guerillakrieg gegen seine Besatzertruppe bekämpfen. Das wäre schlecht. Seine puntirjanische Besatzungstruppe hatte nur eine begrenzte Anzahl von Kämpfern. Etwaige Verluste ließen sich nicht ausgleichen. Der Gegner könnte kleine, dezentrale Grüppche bilden, die ihm mit einer Nadelstich-Taktik immer weiter schwächen könntzen. Mit thunderwell-Geschossen zum Beispiel. Also musste er den blauen Planeten am Besten gleich ganz entvölkern. Erst danach würde er ausschließlich seinem Oberbefehl unterstehen.
Gerade hob er seine Schnabeltasse gerade an, als der Kabinenlautsprecher dröhnte und ihn aus seinen Gedanken riss.
„Kommandant, melde gehorsamst: Das Radarsystem ist ausgefallen!“, schnarrte Hauptmann Neil Endjeneer von der Astronavigation.
„Grund?“, schnauzte der General.
„Irgendein Systemfehler, wir wissen es nicht, General!“, antwortete Endjeneer.
„Ein Systemfehler? Was ist mit dem Ersatz-Radar?“
„General, wir …“, wollte Endjeneer antworten, da gab es plötzlich einen Knall. Auf dem Korridor erschallte Kampflärm. Die Tür zur Brücke wurde gerammt. Sie sprang auf. Zwei, drei Wachleute flogen in den Raum. Sie stellten sich vor den General. Ihre Waffen waren gezogener.
„Was zum …“, entwich es Fazzuwär, da erblickte er hinter den Wachleuten Ta-Sarjowair, den Vizekapitän der Altakolia I. Fazzuwär versuchte, an ihm vorbei an seine Waffe zu kommen. Sie lag auf dem Arbeitspult.
„General, ich warne sie! Meine Waffe ist entsichert!“, schnauzte Ta-Sarjowair.
„Was hat das zu bedeuten?“, fragte er völlig fassungslos. „Ich hatte sie doch …“
„General!“, erwiderte Ta-Sarjowair, „Ich erkläre sie hiermit für festgenommen!“
Kapitän Jenis und Kapitänleutnant Talru flogen in den Raum, ihre Waffen ebenfalls im Anschlag. Jenis sah dem sprachlosen General in die Augen.
„General Fazzuwär, sie stehen in der völkerrechtswidrigen Vorbereitung eines Angriffskrieges. Sie sind ihres Amtes und Dienstgardes enthoben. Abführen!“, kommandierte er seine Wachleute.
Kapitänleutnant Talru und ein Wachmann nahmen den General in ihre Mitte und geleiteten ihn zum Korridor.
Jenis sah Ta-Sarjowär an. Ihr Coup war geglückt. Sie hatten sich mit einem Frachtshuttle-Geschwader auf die Altakolia VII begeben, planmäßig und unangemeldet. Es hatte das gesamte Wachcorps der Altakolia I transportiert, ausgerüstet mit Sturmwaffen. Jenis hatte den Befehl zur Entmachtung und Inhaftierung von Fazzuwär erteilt, hatte sich persönlich an dessen Spitze gesetzt und beschlossen, den „General“ für seinen Verstoß gegen das IPO-Grundgesetz und den Verrat an den Grundsätzen der Moral endlich zur Verantwortung zu ziehen. Zur Sicherung der Altakolia-Mission. Sie kamen als Befreier der inhaftierten Offiziere, nicht als Okkupanten.
Drei Annus lang hatte Jenis seine informellen Kontakte zum Offizierscorps der Altakolia VII genutzt. Er hatte inszeniert, dass kurz vor Eintreffen des Shuttlegeschwaders auf der Altakolia VII das Radar „ausfiel“. Das das Überraschungsmoment war auf seiner Seite.
General Fazzuwär war völlig ahnungslos. Noch immer starr vor Fassungslosigkeit blickte er Jenis an, als die Wachleute ihn in den Korridor zwängten. Kapitänleutnant Talru versuchte, die Tür zu schließen, da hatte sich Fazzuwär von dem Schock erholt. Er bäumte sich auf, schrie vom Gang aus zur Brücke: „Jenis, das ist Meuterei! Entweder wir bereiten die Okkupation oder Vernichtung der Altakolier vor, oder ich vernichte die Altakolia VII, ihre Mission war umsonst!“
Dann trat und schlug er um sich. Er biss den verdutzten Talru in den Hals, konnte sich befreien und flog durch den Eingang der Brücke zum Bedienungspult. Er versuchte, an den Selbstzerstörungsknopf zu gelangen. Ta-Sarjowair kam ihm zuvor. Mit voller Wucht schlug er auf seinen Arm. Er traf die Konsole. Fazzuwär zuckte und wich zurück. In diesem Moment traf ihn ein Faustschlag von Jenis, der hinzugeeilt war. Fazzuwär flog in hohem Bogen auf den Brückenboden. Er rappelte sich auf, schlug dem Wachmann neben ihm die Waffe aus der Hand, bevor dieser sie abfeuern konnte, und richtete sie auf seinen Kopf.
„Ihr Idioten! Ihr seid alle dumme Idioten!“, rief er. Und dann drückte er ab.
Als er sich von seiner Überraschung erholt hatte, flog Ta-Sarjowair zu Fazzuwärs Leichnam herüber. Er beugte sich über ihn.
„Er ist tot, Kapitän, hat sich erschossen.“, sagte er betroffen.
„Ich weiß.“, sagte Jenis. „Wir beschäftigen uns jetzt nicht weiter mit dem, was getan worden ist. Mich interessiert, was nun getan werden muss.“
Dann flog er zu Talru, versorgte seine Halswunde und nahm ihn mit zur Krankenstation.
Georg von Steinfurt fluchte durch das Abteil. Plötzlich war das Licht ausgegangen. Die Versorgung mit Elektrizität war unterbrochen. Ein Schaffner eilte aus Richtung der Dampflokomotive durch den Zug und kam in das Abteil.
„Verehrte Herrschaften, bitte bewahren sie die Ruhe! Die Versorgung mit Elektrizität ist in Kürze wieder hergestellt!“
„Gott sei Dank!“, flüsterte die Dame neben ihm.
Das Licht in den Abteils flackerte wieder auf.
„Nasdarowje“, lachte der Russe, der gegenüber von Georg im Abteil saß. Er holte entspannt ein Fläschchen Wodka aus seinem Reisegepäck und setzte es sich an den Hals.
„Na dann Prost!“, meinte Georg. Leicht angewidert lächelnd lüpfte er seinen Zylinder. Georg war von kleiner Gestalt, und er hatte vergessen, ihn abzusetzen. Er saß nun schon drei Stunden im Zug von Petersburg über Kamenz nach Münster, der Provinzhauptstadt von Westfalen. Er wollte zur Handwerkskammer, zum Treffen der westfälischen Büromechanikermeister-Innung. Dort wollte er natürlich Bernhard Jedermann wiedersehen, seinen alten Freund und Kollegen Benno, der mit ihm in Norddeich gewesen war. Er brachte ihm die Daguerrotypie von dort mit, die Aufnahme von der Strandparty. Ja, Georg mochte ihn, seinen „Benno“. Er bewunderte, wie Benno es geschafft hatte, vom Ballonfahrer und Luftwaffenpionier in Belgien nach Krieg und Kaisersturz zum Büromaschinenmechaniker zu werden. Von ihm hatte er das das Handwerk gelernt.
Benno empfing ihn am Bahnhof in Münster. Er stellte ihm seine Verlobte aus Erfurt vor. Er hatte Charlotte Köller dort im Gebäude der Regierung kennengelernt, als er eine seiner Schreibmaschinen verkaufte. Beim anschließenden Kaffeetrinken hatte ihre gemeinsame Geschichte begonnen. Und nun waren sie verlobt. Charlotte war nach Münster gekommen. Oft noch gingen sie in den Boniburger Wald zurück, um sich an ihre Nacht „Boniburg in Flammen“ zu erinnern.
Benno und seine Lotte sprühten vor Glück. Sie umarmten sich liebevoll. Vor lauter Wiedersehensfreude beschlossen sie spontan, gleich morgen ihr Aufgebot zu bestellen und die Hochzeit auf den 19. August 1927 zu legen. Sie nahmen eine Pferdekutsche und fuhren nach Wolbeck. Auf Bernhards Hof. Hier führten sie lange Gespräch über die alten Zeiten – die Herren bei einigen guten Zigarillos, die Damen des Hauses im Nebenraum beim Kaffeekränzchen. Die bevorstehende Hochzeit war DAS Thema. Lottes Bruder werde kommen, Ernst Otto Wilhelm Friedrich Köller persönlich, obwohl er mit der Marine noch in Argentinien lag. Und ihre Eltern. Benno berichtete aufgeregt, eine Besucherdelegation der Handwerkskammer würden am Hochzeitsbankett teilnehmen, ein obligatorische Kiepenkerl und die komplette Doppelkopf-Runde. Sogar der Pastor von Herz-Jesu habe sein Kommen angekündigt. Georg zeigte Benno seine Mitbringsel. Er übergab ihm die Norddeicher Photographie. Dann zog er seine Faust aus der Hosentasche. Er hielt sie Benno hin und öffnete sie mit theatralischer Miene.
„Schau mal, was ich in Petersburg entdeckt habe!“
„Was ist das?“, fragte Benno.
„Ist das nicht ein seltsames Ding?“, meinte Georg. „Ein Geschenk für dich, du Handwerksexperte der Feinmechanik. Eine ganz besondere Schraube. Kein Schraudreher der Welt passt hier hinein – kein Kreuzschlitz, kein normaler Schlitz, und für dieses Gewinde habe ich auch nirgends eine passende Mutter gefunden. Sie ist aus einem hochmagnetischen Metall. Das zieht alle Eisenmuttern und –schrauben an, selbst aus größerer Entfernung. Da schau.“
Georg nahm eine Reichsmark, legte das Nickelstück auf den Tisch und näherte die Schraube dem Geldstück. Auf einmal bewegte sich das Geldstück, schon aus größerer Entfernung – und Zack! Es haftete an der Schraube. Benno staunte nicht schlecht.
„Mensch Georg! Woher ist das?“
„Aus Petersburg, von Kulik. Ich habe sein Institut mit Olivetti-Schreibmaschinen ausgestattet. Zwölf Stück hat er mir abgekauft!“
„Gratuliere, ein gutes Geschäft!“, meinte Benno. „Was die Russen alles so haben…“
„Ja, eine echte Kuriosität aus dem Osten. Kulik meinte, er habe sie in einem Mineral aus der Tunguska gefunden.“
„Wenn das man wahr ist!“, lachte Benno, „Am Ende ist das kuriose Ding noch von den Chinesen!“
„Ich schenk es Dir – zu eurer Hochzeit!“, antwortete Georg lachend.
Die Schraube aus Puntirjan wanderte in Bennos Hand und von dort in seine neue Münsteraner Schreibmaschinen-Werkstatt. Sie war ihm dort einige Zeit nützlich. An einen längeren Schraubenzieher geheftet, half sie ihm, mit ihrer Magnetkraft andere Schrauben herauszuangeln, die er im Inneren der reparierten Maschinen verloren hatte. Am Ende jedoch kam sie in seinen kleinen Kuriositäten-Karton in Wolbeck – die alte Schraube aus der Tunguska .
Die Militärstation hatte einen neuen Kommandanten. Drei Puntirjandays nach Fazzuwärs Freitod hatte Jenis seinen Vize Ta-Sarjowair zum Kommandanten der Altakolia VII ernannt. Ta-Sarjowair hatte Oberst Hagavar und die anderen elf zuvor arrestierten Offiziere befreit und wieder in ihre Positionen gesetzt. Leutnant Sejf saß mit drei weiteren Unterstützern Fazzuwärs in Haft und wartete auf sein Bordgerichtsverfahren.
Jenis kehrte mit dem Wachcorps auf die Altakolia I. Er beförderte Tüngör zum Vizekapitän, an Stelle Fanzru Ta-Sarjowairs. Jenini wurde von seinem Vater auf Tüngörs ehemaligen Posten befördert. Jenis war glücklich, dass dadurch eine Übergangsphase entstand, in der sich Tüngör und Jenini besser kennenlernen konnten.
Die Mannschaften der beiden Raumstationen kamen wieder zur Ruhe. Alle hatten wieder Vertrauen zu den Vorgesetzten gefasst und taten eifrig ihren Dienst. Für die Zeit der Ankunft bereiteten sie die Entsendung neuer Planetenspäher-Raumsonden vor. Die Astronavigations- und Informatik-Teams sollten Algorithmen zur Berechnung der weak-stability-boundary-Bremsmanöver aus den Sondendaten programmieren. In den nächsten Annus sollten zur Bahnenergie-Erniedrigung und Abbremsung nicht nur die Laserstrahlen der Vorboten-Stationen im Altakol-Orbit genutzt werden, sondern auch drei Himmelsobjekte des äußersten Altakolsystems – erst ein äußerer Kleinplanet und dann die beiden Monde des äußeren, blauen Gasriesen.
Die Altakolia I und VII waren noch immer im tiefen, interstellaren Raum, fast noch auf Höchstgeschwindigkeit. Sie wuesen noch immer eine relativistische Geschwindigkeit auf. Die monatliche Funkbotschaft vom fernen Puntirjan traf daher noch immer in Abständen ein, die etwas kürzer als ein Monat waren, und die Fixsterne in Flugrichtung zeigten eine kleine Blauverschiebung. In entgegengesetzter Richtung waren sie rotorange.
Hochgespannt wartete das Team auf weitere Signale der vor vielen Annus von Tüngör neu ausgesandten Planetenspäher-Raumsonden. Sie hatten den Zielplaneten noch genauer unter die Lupe genommen. Die Roboterschiffe hatten Landesonden konstruiert, die an den Polen und auf dem Grund der Ozeane (nahe den transatlantischen Telegrafie- und Telefonkabeln) niedergegangen waren. Weitere wurden automatisch in den Wüsten, Hochgebirgen und Regenwäldern abgesetzt. Sie sammelten Daten, analysierten Telefonsignale und Bioproben und erschlossen mögliche Siedlungsorte. Auf einem südlichen Kontinent hatten sie sogar einen Salzsee gefunden, große Mengen Lithiumsalze in hoher Konzentration. An Rohstoffen also kein Mangel. Die Radarsonden hatten die Infrastrukturen der dortigen Zivilisation ausgemacht, Ballungszentren, Verkehrsstraßen, eine gigantische Mauer und Spuren von Landwirtschaft gescannt, ihren Bergbau und Seeverkehr registriert. Weitere Landesonden untersuchten Lebewesen wie Wüstenkrebse und -flöhe, Seevögel, Insekten und Mikroben zuhauf. Auszuwerten gab es genug. Arbeit für viele Puntirjan-Jahre.
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